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Full text of "Philologus"

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PHILOLOGUS, 





ZEITSCHRIFT 


DAS KLASSISCHE ALTERTHUM. 


HERAUSGEGEBEN 
VON 


ERNST VON LEUTSCH. 


Fünfunddreissigsier Band. 


— ee — 


GOETTINGEN, 
VERLAG DER DIETERICHSCHEN BUCHHANDLUNG. 


MDCCCLX XVI. 





Inhalt des fünfunddreissigsten bandes. 


Verzeichniss der mitarbeiter von bd. XXXIHI—X XXV nebst 


ihren beitrágen ss o9 o9 ot on | 


Das fünfte buch der Odyssee und das prooemium des ersten 


buches. Von Ph Wegener. . . . . . . 6 © + 
Zum Homer. Von A. Skerlo. . . . . . . . . 
Die homerischen hymnen auf Apollo. Von Ph. Wegener. . 
Der homerische hymnus auf die Demeter. Von demselben 


Hesiod. Scut. Herc. 243. Von Ernst von Leutsch . 


Theogn. 39. Von demselben. . . . . . © «© . . . 


Pindars zweite pythische ode. Von Fr. Mezger 

Zu Pindars Isthmien. Von R. Rauchenstein . 

Ein fragment Pindars, Von Erwin Rohde . . . . . 
Aeschyl. Eum. 218. Von R. Schulze . 

Sophocl. Antig. 4. 5 nochmals. P. W. Forchhammer. 
Soph. Antig. 582. Von E. A. J. Ahrens . . . . . 


Pag. 


VII 


410 
559 
217 
227 
533 
367 
430 
255 
199 
704 
201 
19$ 


IV | Inhalt. 

Pag. 
Sophocl. Elect. 1. Von Ernst von Leutsch . . . . . . 642 
Soph. Elect. 11. Von demselben . . . . . . . =~. . 670 
Soph. Elect. 13. Von demselben . . . . . . . . . 684 
Soph. Elect. 42. Von demselben . . . . . . . . . 288 
Soph. Elect. 47. Von demselben . . . . . . . . . 429 
Soph. Elect. 514. Von demselben . . . . . . . . . AOD 
Zur Vita Sophoclis. Von demselben . . . . . . . . 278 
Sophokles als feldherr. Von demselben . . . . . . . 226 
Sophokles und lophon. Von demselben . . . . . . . 254 
Eurip. Androm. 36. Von demselben . . . . . . . . 558 
Zu dem Hippolytus des Euripides. Von C. Schliak . . . 707 


Mittheilungen aus einer Tzetzeshandschrift von Arist. Plutus. 
Vou F. A. von Velsen . . . . . . . . . . + . 696 


Zu Thucydides b. IIl. Von R. Rauchenstein . . . . . 577 


Die rede des Brasidas bei Thucyd. IV, 126. Von Ad. 
Torstrick e CI e e e e . e . . . e . . . e 108 


Die expedition gegen die Drilen. Von W. Vollbrecht . . . 445 
Zenon von Elea. Von Ferd. Schneider . . . . . . . 602 


Untersuchungen über die platonischen handschriften. Von 
M. Schans. . . . 6 . © . . . ew ew . . . . 648 


Bemerkungen zum kritischen apparat Platon’s, Von dem- 
selben. . . . . . 4. 4. s... . s. ++ 368 


Zu Platon’s Kratylos. Von demselben. . . . . . . . 369 
Zu Platon’s Politeia, Von Liebhold . . . . . . . . 370 
Zu Timon Phliasius. Von Fr. Kern . . . . . . è . 373 


Inhalt, 


Handschriftliches zu Lysias. Von E. Rosenberg. . . . » 
Zu Aeschine. Von A. Weidner . . . . . . . . . 
Aeschines, Jahresbericht. Erster theil. Von E. Rosenberg. 


Kritische bemerkungen zu Demetrius zegè éounvetas. Von 


C. Hammer. . + © ong 
Helladius und Libanius. Von R. Forster. . . . . . . 


Etymologica. Scr. G. Schoemum . . . . . «© + «© « 


Zum Pseudolus des Plautus. Von A. G. F. Lorenz . . . 
Verg. Aen. 1, 454, Von Fr. Mezger . . . . . . . . 
Catull. XIV», Von Ernst von Leutsch. . . . . . . 


Studien über Horaz. I. François Gujets randbemerkungen 
zum Horaz. — Il. Horat. Carm. HI, 14, 10. — HI. Hor. 
Carm. IV, 3, 17 und IV, 8, 28. Von Th. Fritzsche . 


Zu Horaz. Von A. Weidner. . . . . 
Zu Properz. Von H. Kistlin 


Bemerkungen und erläuterungen zu P. Papinius Statius. Von 


demselben . . . . . © © . © © © « « « 493. 


Zu Martialis Von demselben . . . . . © . . . 


Zu Pisos Annalen. Von Ernst von Leutsch 


Zu Cornelius Nepot. Von J. Latimann . . . . . 476. 


Liv. XXII, 12. 4. XXIII, 47. XXX, 38, 4. Von G. 


F. Unger . . . . . © © © © © . . 180. 204. 


Liv. XXXIV, 2, 12. Von A. Weidner. . . . . . . 


Beiträge zur charakteristik der sprache des Vellejus Pater- 


culus, Von C. von Morawshi. 


VI Inhalt. 


Zum prolog von Tacitus Agricola. Von C Peter. . . . 576 
Zu Justinus. Von G. F. Unger. . . . . . . . . . 202 
Eutrop. VIII, 10. Von E. Wagener . . . . . . . . 109 
Bemerkungen zu Hygin's fabeln. Von Robert Unger. . . 274 
Cic. Quaest. Tuscul, -V, 11, 34. Von Fr. Zeyss . 
Cic. Nat. Deor. Il, 2: 143. Von H. Kôstlin . . . . . 715 
Zu Cicer. or. pro- Rosc. Amer. 2. 7. Von A. Weidner. . 718 
Quintilianus. Jahresbericht. Von Ferd. Meister . . 534. 685 
Zur accentlehre Quintilians. Von J. Claussen . . . . . 378 


Zu Minucius Felix. Von Ernst Klussmann . . . . . . 206 


. Zu den kyprischen inschriften, Von H. L. Ahrens . . . 1 
Oskische inschriften. Ven W. Corssen . . . . . . . 115 


Die zahl der Elymerstädte. Von G. F. Unger. . . . . 210 
Scenische alterthümer. Jahresbericht. Von Albert Müller . 289 
Die webstüble der alten. Von A. L. Ahrens . . . . . 385 


Die praeposition cwm in verbindung mit dem relativum. 
Zweiter artikel. Von A. Gref . . . . . . . . . 671 


Auszüge aus schriften und berichten der gelehrten gesell- 
schaften so wie aus zeitschriften. . . . 213. 378. 568. 720 


Indices. Composuît G. Tell. . . . . . . . . . . 737 


Verzeichniss der excerpirten zeitschriften . . . . . . . 704 





Verzeichniss der Mitarbeiter. 


Bd. XX XIII—XXXV (siehe bd. XX XII, p. VD. 


Herr E. A. J. Ahrens in Coburg|Herr K. E. Georges in Gotha 33, 


vv Ww 


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v 


84, 7 
H. L. Ahrens in Hannover 88, 
885. 577. — 35, 1. 885. 
J. Becker in Frankfurt 83, 868. 
H. K. Beniken in Gross - Glo- 
gau 33, 564. 
Th. Bergk in Bonn 88, 244. 
A. Bischoff in Schweinfurt 38, 
687. — 84, 1. 561. 
A. Brieger in Posen 33, 431. 
H. Buchholtz in Berlin 88, 
216. 461. 
J. Claussen in Altona 85, 378. 
W. Corssen in Lichtenfelde T 
85, 115. 
D. Detlofeen 
, 40. 
W. Dillenburger in Breslau 
84, 697. 
B. Dinter in Grimma 84, 710. 
A. Dóring in Dortmund 33, 
881. 718. 
À. Duncker in Hanau 33, 156. 
H. Düntzer in Kóln 84, 880. 
À. Eussner in Würzburg 88, 
788. — 84, 166. 
P. W. Forchhammer in Kiel 
88, 98. 871. 465. — 85, 201. 
C. Frick in Hóxter 88, 741. 
L. Fritzsche in Güstrow 88,718. 
Th. Fritzsche in Güstrow 34, 
186. 572. — 85, 477. 
H. Frohberger in Chemnitz t 
89, 844. 476. 


in Glückstadt 


188. 226. 818. — 34, 64. 225. 
Gerber in Glückstadt 88, 617. 
788. 

L. Gerlach in Dessau 38, 13. 


193. 

G. Gilbert in Gotha 38, 46. 
O Gilbert in Góttingen 83, 189. 
G. Gótz in Leipzig 34, 295. 

A. Greef in Göttingen 88, 
736. — 35, 671. 

W. Hammer in Bamberg 34,375. 
C. Hartung in Sprottau 38, 
148. — 34, 206, 599. 

C. Haupt in Plön 83, 373. 

M. Hertz in Breslau 34, 757. 
W. Hertzberg in Bremen 83,1. 
E. Herzog in Tübingen 33, 
876. — 34, 497. 

J. Hilberg in Wien 33, 698. 695. 
E. Hiller in Halle 84, 226. 
O. Hirschfeld in Wien 84, 85. 
J. Jessen in Kiel 83, 191. 

O. Kámmel in Dresden 84, 
516. 665. 

G. Kaufmann in Strassburg 34, 
235. 386. 729. 

F. Kern in Stettin 85, 878 
E. Klussmann in Rudolstadt 
85, 206. 

H. A. Koch in Pforta + 33, 703. 

Ph. Kohlmann in Posen 88, 
128 — 84, 474. 569. 

H. Kóstlin in Hamburg 34, 
755. — 46, 498. 564. 


VIII 


Herr P. Langen 


» 


» 


Verzeichniss der mitarbeiter. 


708. 741. — 84, 28. 

J. Lattmann in Clausthal 85, 
476. 601. 

E. v. Leutsch in Góttingen 88, 
12. 28. 97. 127. 147. 155. 
185. 215. 417. 480. 460. 631. 
702. — 84, 177. 588. 560. 
598. 665. 709. 728. 752. 757. 
— 85, 198. 226. 255. 278. 
288. 867. 409. 429. 538. 558. 
642. 670. 684. 

C. Liebhold in Rudolstadt 88, 
697. — 84, 872. — 35, 370. 

À. O. F. Lorenz in Berlin 85,153. 

A. Lowinski in Deutsch-Crone 
38, 373. 

K. Lugebil in Petersburg 33, 67. 

J. Mähly in Basel 33, 248. 

F. Meister in Breslau 84, 740. 
— 35, 534. 684. 

R. Menge in Weimar 33, 721. 

F. Mezger in Augsburg 85, 
480. 563. 

A. Müller in Flensburg 38,682. 
— 85, 289. 

C. Müller in Gôttingen 34, 74. 

J. J. Müller in Zürich 34, 96. 

A. Palles in Bombai 88, 698. 

R. Peiper in Breslau 88, 561. 
686. 787. 742. 

R. Peppmüller in Halle 84, 180. 

C. Peter in Jena 88, 571. — 
85, 876. 

R. Rauchenstein in Aarau 88, 
566. — 35, 255. 577. 

Fr. Ritter in Bonn T 84, 447. 

E. Rohde in Kiel 85, 199. 

E. Rosenberg in Ratibor 88, 
560. 702. — 84, 65. 759. — 
85, 181. 268. 

F. Rühl in Königsberg 33, 368. 

K.Schädel in Hannoverf33,685. 

M. Schanz in Würzburg 34, 
874. — 85, 868. 648. 

F. Schmalfeld in Eisleben 84, 
677. 

F. Schneider in Gartz a. o 
35, 602. 


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in Münster 388, Herr O. Schneider in Gotha 34, 414. 


G. Schómann in Danzig 35, 561. 
E. Schulze in St. Petersburg 
33, 730. 
W. Skerlo in Graudenz 85, 559. 
A. Spengel in München 88, 722. 
L. Spengel in München 88, 
574. 610. 
H. Steinberg in Berlin 38, 449. 
W. Studemund in Strassburg 
84, 270. 
R. Suchier in Hanau 88, 814. 
Fr. Susemihl in Greifswald 
83, 431. 
G. Teichmiller in Dorpat 84, 
F. Teufel in Cerlsruhe 84, 574. 
R. Thiele in Halle 84, 193. 
A. Torstrick in Bremen. 85, 103. 
Fr. Umpfenbach in Frankfurt 
94, 284. 
G. F. Unger in Hof 83, 29. 
227. 688. 691. 781. — 84, 
50. 206. 869. 446. 515. 
85, 180. 204. 205. 210. 566. 
R. Unger in Halle 88, 348. 
867. 418. 448. 475. 616. — 
84, 27. 89. 73. 84. 186. 165. 
158. — 85, 279. 
W. Vollbrecht in Ratzeburg 
85, 445. 
C. Wagener in Bremen 88, 
871. — 35, 102. 
E: go eber in Weimar 33, 880. 
M. Wecklein in Bamberg 84, 
per, 296. 539. 

agener in Magdeburg 85, 
217. 227. 410 »gdeburg 
A. Weidner in "Darmstadt 85, 
561. 565. 
E. Wolfflin in Erlangen 33, 
66. 189. 186. — 84, 187. 
178. 412. 
Fr. Zeyss in Marienwerder 36, 

4. 


L ABHANDLUNGEN. 


J. 
Zu den kyprischen inschriften. 


1. Eines der merkwürdigeren ereignisse auf dem gebiete 
der sprachforschung und namentlich der griechischen ist die ent- 
zifferung derjenigen inschriften kyprischeu dialektes, die in einem 
ganz eigenthiimlichen schriftsysteme abgefasst sind. Nachdem die 
Engländer Lang, Smith und Birch zuerst den weg gezeigt und 
bahn gebrochen hatten, ist dann die lösung der schwierigen auf- 
gabe durch Johannes Brandis in dankenswerther weise weiter 
gefördert, aber doch nur bis zu dem unbehaglichen stande, dass 
nunmehr unzweifelhaft vorlag, in der seltsamen schrift sei wirklich 
griechische sprache kyprischen dialektes enthalten, aber für jeden 
kenner griechischer spruche und ihrer dialekte eben so fest stehen 
musste, die Brandis’sche lesung habe ganz unmigliche texte her- 
gestellt. Erst den an jene publication sich rasch anschliessenden 
gleichzeitigen bemühungen von zwei verschiedenen seiten her, näm- 
lich des jenenser gelehrteu Moritz Schmidt?) und des Strass- 


1) Versuch zur entzifferung der kyprischen schrift 
in Monatsb. d. Berl. acad. 1873, p. 643—671. . 


2) Anzeige der Brandis'schen arbeit Jen. LZ. 1874, nr. 6. 

Nachtrag ebd. nr. 16 (enthält eine anzahl der inschriften in 
gewöhnliche griechische schrift: umgesetzt). 

Die insebrift von Idalion und das kyprische Syl- 
l&bar. Eine epigraphische studie von Moritz Schmidt. Jena. 
Mauke's verlag 1874 (102 und VI p. Lithograpbirt unter beignbe 
von 16 inschriften in der originalen schrift nebst der umsetzung in 


Philologus XXXV. bd. 1. 1 


2 Kyprische inschrifteu. 


burger paares Deecke und Siegismund?) ist es gelungen nicht 
bloss eine erhebliche zahl der schriftzeichen theils richtiger theils 
ganz neu zu bestimmen, sondern auch, was viel wichtiger, das 
ganze system der rüthselhaften schrift aufzudecken und wit hülfe 
dieses gewonnenen verständnisses den wahren luut der wichtigsten 
inschriften, iusoweit es überhaupt die eigenthümliche natur der 
schrift erlaubt, im ganzen und grossen mit überzeugender sicher- 
heit darzustellen. | ZEE | 

Moritz Schmidt, der durch seine früheren werthvollen arbeiten 
über den kyprischen dialekt-and die lykischen inschriften für die 
beschüftigung mit dem probleme der kyprischeu inschriften in be- 
| sonderem masse berufen erschien, hat (gestützt auf ein reiches 
materiul von abklatschen und collationen theils der edirten in- 
schriften theils underer noch nicht edirter) in den beiden ersten 
kupiteln seiner schrift „Auffindung kyprischer inschriften 
in landesüblicher schrift“ (p. 1—10) und „Die ersten 
entzifferungsversuche“ (p. 11—23) eine historische ein- 
leitung gegeben und dann in dem dritten „Unser entziffe- 
rungsversuch“ (p. 24—90) eine genetische darstellung seiner 
eigenen entzifferung, die in sehr belehrender weise erkennen lässt, 
wie die entzifieruag von ihrer ersten schmalen basis aus durch 
scharfsinnige benutzung jedes sich bietenden unbaltes immer mehr 
boden erobert hat. Jedoch, obgleich in den letzten paragraphen 
die resultate einigermassen zusammengefasst sind, hat doch die ge- 
wählte art der darstellusg unausbleiblich eine sturke zersplitterung 
des stoffes mit sich geführt, und namentlich, wenn man bei den 
iuschriften für die durch die umsetzung in griechische schrift be- 
zeichneten auffassungea nach erläuterung und rechtfertigung sucht, 
kann man solche im texte der abhandlung bald nur selir mühsam 
bald gar nicht finden. Ein übelstand ist auch, dass die abhandlung 


griechische schrift und einer tafel mit autographischer wiedergabe 
einer inschrift). 

Zweiter naehtrag. Jen. LZ. nr. 32 (mit bezugnahme auf die 
arbeit der Strassburger). 


NE Anzeige der Brandis' schen ‚arbeit Liter. centralbl. 1874, 


Die wichtigsten kyprischen inschriften, umschrieben 
und erläutert von Wilhelm Deecke und Justus$iegismund. 
Strassburg i. E., in Curtius' Studien b. VII, p. 217 - 264 (mit einer 

schrifttafel). | 


Kyprische inschriften, — 3 


beld in ihren verschiedenen theilen, bald der deutung der inschriften 
gegenüber manche widersprüche zeigt. Immer aber bleibt die lei- 
stung eine höchst dankenswerthe. — 

Aber auch Deecke und Siegismund (beide lehrer am prote- 
stentischen gymnasium zu Strassburg) haben keinesweges das üble 
prognostikon gerechtfertigt, das ihnen M. Schmidt durch das ge- 
ringschätzige urtheil über ihre anzeige der Brandis’schen arbeit 
gestellt hat 4). Dieselben haben keinen einblick in die entziffe- 
rungs-werkstati gegeben, sonderu nur in den vorbemerkungen die 
resultate ihrer forschungen in bezug auf die schriftzeichen und 
auf die art ihrer verwendung kurz und klar zusammengestellt, 
dann aber die behandelten zwölf inschriften (zum theil durch nene 
collationen unterstützt) durch ausführlichere commentare erläutert, 
sodass ihre arbeit eine sehr willkommene ergänzung des Schmidt- 
schen werkes bietet. Vor abschluss derselben baben sie noch 
Schmidt’s ersten nachtrag benutzen können, der freilich dessen for- 
schungen noch auf einer mangelhaften vorstufe zeigt, aber nur 
weniges daraus sich angeeignet, weil sie in den wichtigeren 
pumeten ‘bereits selbständig auf dieselben resultate gekommen wa- 
ren, in andern aber auf ihrer abweichenden auffassung beharrten. 
la diesen hat dann Schmidt zum theil späterhin durch fortgesetzte 
forschung auch seinerseits dasselbe urtheil gewonnen. Gerade die 
übereinstimmung der beiderseitigen forscher in den wichtigsten re- 
aultaten, und zwar grösstentheils auf grund ganz unabhängiger 
arbeit, gibt eine gute bürgschaft für die richtigkeit derselben. 
Aber es sind doch manche differenzen geblieben, und wenn in die- 
sen die Strossburger zum theil weniger richtig geurtheilt haben 
als M. Schmidt, so verdient in andern stücken wieder ihre auffas- _ 
sung den vorzug, und im ganzen dürfte durch ihr verdienst das 
verständniss der kyprischen inschriften nicht unerheblich weiter 
gefördert sein als durch Schmidt 5). | | 

2. Durch einverständniss von beiden seiten steht nunmebr 


4) P. 32 „ein sehr dürftiges machwerk“; p.64 „so wenig er (der 
rec. im Lit. centralbl.) sich im übrigen seiner aufgabe gewachsen 

5) Besonders werthvol! und folgenreich ist ihre entdeckung, dass 
in dieser kyprischen schrift das consonantische jod graphischen aus- 
druck gefunden hat, s. nr. 11, und nicht minder diejenige einer auf 
-wy ausgehenden form des Gen. sg. Decl. II, s. nr. 7. 


1° 


4 . Kyprische inschriften. - 


fest, dass die kyprische schrift eine silbenschrift ist, aber nicht in 
dem sinne, dass jede gleichlautende silbe durch ein besouderes zei- 
chen ausgedrückt würde, sondern nur insoweit, als jedes zeichen 
eigentlich die geltung einer silbe hat, nämlich entweder eines ein- 
fachen vocales oder eines mit einem nachfelgenden vocale verbun- 
denen consonanten, und dass die letztere art von zeichen die — 
geltung nackter consonanten nur durch die besondere art ihrer 
verwendung nach einer bestimmten convenienz erlangt. Bei den 
vocalen hat die verschiedenheit der quantitàt keinen ausdruck ge- 
funden; die dipbthonge erfordern immer zwei zeichen. Unter den 
consonanten sind die mutae sehr dürftig bedacht, indem tenuis, me- 
dia und aspirata eines jeden organs nicht von einander unter- 
schieden werden. Ausser diesen finden sich die vier liquidae, der 
zischlaat s und die labiale spirans » ausgedrückt; über j und die 
doppelconsenanten herrscht noch kein einverständaiss. 


Von hervorragender wichtigkeit sind die beiderseitig ent- 
deckten regeln, nach denen sich die verwendung der silbenzeichen 
für nackte consonanten richtet, d. h. für die vor andern conso- 
nanten oder im aüslaute stehenden. Dieselben sind Schm. 60 ff. 
und DS. 226 ff. bei wesentlicher übereinstimmung etwas verschie- 
den gefasst. In auschluss an die letztere darstellung , welche die 
bessere grundlage zu gewühren scheint, kônnen sie noch etwas 
präciser und in einer kleinigkeit berichtigt folgendermassen aus- 
gedrückt werden. 


a) Jeder auslautende consonant wird durch dasjenige sil- 
benzeichen bezeichnet, in dem er mit e verbunden ist, wie ko.ro.ne. 
== ydo», to.i.se. = Toig. 

b) Jeder anlautende consonant vor einem andern und 
jede inlautende muta summt 79) vor einer liquida erhält dasje- 


6) Das gelten dieser regel für 7 ergibt sich aus e.w.ve.re.ta.sa.tu. 
= söpenrdoe I, 4*), das DS. 227 durch ein offenbares versehen 
(neben der gleichbedeutenden form e.ve.re.fa.sa.fu. I, 14, die aller- 
dings zweideutig ist) unter die folgende regel gestellt ist. Durch 
ein anderes versehen ist ebd. a.pi.ti.mai.li.ko.ne. II, 3 mit der lesun 
"ABiduilxo» als beleg für die behandlung von fd aufgeführt, währen 
es wegen du unter die regel über muta c. kg. gehören würde. Ein 


*) Die römischen siffern hier und im folgenden beziehen sich auf die 
unten behandelten kyprischen inschriften. 


Kyprische insebriften, — u 


nige- silbenzeichen, das den nachfolgenden vocal enthält, wie 
po.io.li.se. = miodis, sa.ta.sija.se. = Sraoljus, veretu.se = 
Fontes, pilo.kw.po.ro.se. =  GAoxvngoc, ka.si.ke.me.fo.i.se. = xu- 
Gsyvtoss, e.u.ve.re.ta.sa.tu. = evpontacam. 

c) In. allen andern fällen erhält ein inlautender conso- 
sant, dem ein anderer folgt, das silbenzeichen mit dem vorherge- 
henden vocale, wie a.ra.ku.ro. == doyvgw, ko.lo.ki.ai. = Toiylus, 
mi.si.lo.ne. == ug Qv, ku.te,se.tu.se. = xuréoruce, i.nu.la.li.si.me.na. 
== Ivaladicptra, eke.so.si. = £40004. 

d) Enklitische wértchen gelten bei der anwendung obiger re- 
geln für bestandtheile des wortes, an das sie sich lehnen, wie 
ta.sa.te. = a 00e, to.so.te. = 10088, ta.sa.ke. = sag ye, ka.sa.pa.i 
== xüg nis, SiSike. = oly xt. | | 

Für die auslautenden consouanten sind offenbur die silbeu- 
zeichen mit e gewählt, weil dies der schwüchste vocal ist, sodass 
es hier gleichsam die rolle eines stummen e hot. Aber auch bei 
den verbundenen consonanten muss die schreibweise auf innern 
gründen beruhen, aus denen sich die verschiedenheit der behand- 
lung erklärt. Schmidt hat nun p. 67 dus sehr plausibel klingende 
princip aufgestellt, die wahl des zeichens für den consonanten richte 
sich nach dem vocale der silbe, zu welcher er gehóre. Für die meisten 
falle ist das unverkennbar zutreffend ; aber bedenken entstehn be- 
sonders bei denjenigen fällen, wo im inlaute c mit einem folgen- 
den consonanten verbunden ist. Denn wenn hier Schmidt in wi- 
derspruch mit der herrschenden Auffassung silbentheilungen wie 
G050-705, pso-Fog, xutéo-rade und sogar émo-rug (?) aus einer 
unedirten inschrift anerkennt, so hätten dieselben zum wenigsten 
nicht wie selbstverständliche hingestellt werden dürfen. Aber al- 
lrdings scheint die kyprische schreibweise zu bezeugen, dass das 
€ in jenen fällen stärkere beziehung zu der vorangehenden silbe 
kette als zu der nachfolgenden; und liefert damit für die lehre 


dritter fehler ist es, wenn Lima. meno, r^ 2 4 von DS. in wider" 
sprach mit ihrer eigenen regel ixuauuérog (also mit mut. e. lig.) ge- 
lesen und unter die folgende regel gebracht ist. — Zweifelhaft bleibt 
ur, das DS. der folgenden regel unterworfen haben, indem sie 
a.ra.ma.ne.u.se. T, 21 ' Agauvsëc lesen (Schmidt ’ Apauersss oder ' 4ou«- 
eos, ich selbst “Ayudvevs), "wogegen Schmidt p. 57 ma.na.me.no.t. in 
einer unedirten inschrift -urauivos gelesen und somit ur mit mut. e. 


lig. gleichgestellt hat. 


6 Kyprische inschriften. 


von der silbentheilung einen beachtungswerthen beitrag”). Aehn- 
liches gilt ven der mit einem folgenden c verbundenen muta in 
.€,ke.so.si. I, 31, von Schmidt deshalb besser &yco(v)ss gelesen als 
von DS. Æo(r)o. Es ist aber eine auffallende inconsequenz, wenn 
Schmidt anderseits fe.ki.si.o.4. XIII, 2 für -deyofos genommen und 
p. 60 ausdrücklich die theilung ds-yofos anerkannt hat; das wort 
bedarf einer andern auffassung. Auch scheint es schwer die durch 
Schmidt's lesung von a.piti.miliko.ne. II, 3 als diutino» ge- 
. forderte theilung d-fds den obigen silbentheilungen entsprechend 
: zu finden; unten wird sich eine andere lesung des namens her- 
ausstellen. | 

3) Es ist klar, dass bei diesen eigenthümlichkeiten der ky- 
prischen schrift auch nach richtiger deutung der einzelnen zeichen 
der lesung ein grosser spielraum bleibt, zuerst weil die kurzen 
und langen vocale nicht unterschieden sind, dann weil jedes eine 
muta enthaltende zeichen eine dreifache auffassung gestattet, end- 
lieb weil es nicht selten zweifelhaft sein muss, bei welchen sil- 
benzeichen der vocal für stumm zu nehmen sei. Dazu kommt noch 
die unsicherheit, welche daher entspringt, dass vor einem folgenden 
consonanten die inlautende nasale immer und die auslautende oft 
des ausdruckes durch die schrift entbehrt, s. nr. 6. Aber auch 
bei der deutung der einzelnen zeichen bleibt mancher zweifel, ins- 
besondere in den kleineren inschriften, welche zum theil weniger 
gut überliefert sind, zum theil aber (besonders die paphischen in- 
schriften) von der hauptquelle, der idalischen tafel, sehr abwei- 
chende zeichen enthalten, deren sichere deutung durch ihre selten- 
heit erschwert wird. Es ist deshalb nicht zu verwundern, wenn 
die beiderseitigen forscher, obgleich in den grundlagen wesentlich 


7) Ein anderer beitrag wird dadurch gegeben , dass das suslau- 
tende » der präpositionen E nit dem folgenden vocale regelmässig in 
ein silbenzeichen zusammengefasst wird, einerseits in der zusammen- 
setzung wie s.na.la.li.si.me.na, = iv-alalicuiva , o.ne.le.ke. = ôv-l9mes 
(analog auch pa.no.ni.o.ne. = nar-wrior), anderseits im eigentlichen 
präpositionalen gebrauche, wie shu.no.ro.ko.s.se. = Thor soxosg (TA. = 
cir, 8. nr. 18); ebenso auch überall das » des artikels, wie £o.ma.ra. 
kw.ro.ne. = tov Epyvoor, ta.naita. NAME, = Tür "A9ava»,. to.nas.lo.ne, = 
tov allwr, to.ni.tosale.i. == tov 'v 105 La. Nicht anders ist in pe.re. 
ta.li.o.ne. = nig (oder meg’) 'Hdalsov I, 27 mit dem @ der präposition 
verfabren und mit den muten der elidirten iie A QE Dawe in ka.te.ti.ja.ne. 
I, 27 = xar ar, a.po.i. II, 8 = ag’ of und sonst. E ist aus- 
lautendes c nie auf gleiche weise behandelt, s. zu inschr. 


Kyprische inschriften. o. 7 


einverstanden, doch: in der deutung nicht selten auseinander ge- 
gangen sind, und wenn sie bald in diesen fallen bald auch in sol- 
chen einer übereinstimmenden auffassung mehrfach auch für andere 
deutungen platz gelassen haben. Da ich nun in manchen fallen 
eine neue richtigere auffassung ausfindig- gemacht zu haben glaube, 
in andern aber schon vorliegende deutungeu weiter bekrüftigen zu 
kónnen, werde ich im folgenden die von Schmidt und Deecke-Sie- 
gismund behandelten 20 inschriften unter hinzufügung einer 21sten 
von Schmidt nur im: original -texte mitgetheilten der besprechung 
unterziehen ®). Dabei soll von jeder inschrift zuerst nach dem vor- 
gange von Deecke-Siegismund der text mit umsetzung der silben- 
zeichem in lateinische schrift wiedergegeben werden, wobei die 
tenuis immer auch als media oder aspirata gefasst werden kann. 
Auch die für das verständniss sehr fürderlicheu divisoren, st. h. die 
trennungszeieben, wodurch in den meisten inschriften die einzelnen 
wörter oder auch complexe euger verbundener wörter ohne strenge 
consequenz gesondert werden (bei Deecke-Siegismund zum theil un- 
genauer behandelt), sind sergfaltig, wenn auch nicht der form 
nach, . wiedergegeben. Eine zweite columue enthält den in ge- 
wöhnliche griechische schrift übertragenen text, welcher möglichst 
die wirkliche aussprache darstellen soll. Diesem sind dann auch 
die varianten (doch s. unt.) ven Deecke- Siegismund und Schmidt 
beigegehen, aus denen sich zugleich die ubweichungen des la- 
teinischen textes von dem bei Deecke-Siegismund erkennen lassen. 
jn klammern habe ich auch die kesungen in Schmidt'a erstem nach- 
trage zugefügt, insoweit sie von denen der baupterbeit wesent- 
licher abweichen, damit erkennbar werde, in wie weit Schmidts 
forschungeu von den Strasshurgern benutzt werden konnten. Bei 
der wichtigsten inschrift, der idalischea tafel, ist eiter eine 
würtliche übertragung in die xou angehängt, um als kurze er- 
läuterung der eigentbümlichen kyprischen formen und ausdrücke 
| e 

8) Ausser den schriften van Brandis, Schmidt und Deecke-Siegis- 
mund hahen mir leider nur sehr wenige hülfsmittel zu gebote ge- 
standen, nämlich aus dem haupt-quellenwerke Numismatique et In- 
intions Cypriots. Par. H. de Luynes. 1852 sorgfältige durch- 
seichn n der inschriften, die mein alter freund geh. archivrath 
Grotefend früher für sich gemacht hat, und Zascriptions Cypriotes in- 


édites. Par M. de Vogüe im Jonrnal Asiatique. Sixième Série. Vol. 
XI (1868) p. 491—502 mit Pl. III. IV. 


8 . Kyprische inschriften. 


zu dienen, nur aus diesem gesichtspuncte zu beurtheilen. Bei jeder 
inschrift folgt endlich eine genauere besprechuug der zweifelhaf- — 
teren puncte, - | 
4) Jo dem texte mit lateinischer schrift bin ich von dem ver- 
fahren der strassburger formal in folgenden stücken abgewichen. 
Zuerst habe ich die einzeluen silbenzeichen lieber mit Brandis durch 
punete als durch striche gesondert. Ferner habe ich die stummen 
vocale nicht durch die schrift kenntlich gemacht, weil dieser text 
ja nur den originaltext ersetzen soll, dessen zeichen jene stumm- 
heit nicht erkennen lasseu. Endlich habe ich, was wichtiger, den 
fünften vocal nicht durch y, sondern mit Brandis durch u ‘wieder- 
gegeben, um nicht der entscheidung der frage vorzugreifen, ob 
dieser vocal im kyprischen dialekte den gewöhnlichen laut des 
griechischen v gehabt habe oder den älteren laut des lateinischen — 
. und deutschen u, der im französischen und holländischen gleich- 
falls zu dem von y abgeschwächt ist. Im griechischen hatten 
einige dialekte die ältere aussprache beibehalten, namentlich der 
böotische, bei dem sie gewöhnlich mit rücksicht auf die bei dem 
gebilcetsten theile der Griechen herrschende aussprache durch die 
schreibung ov (auch für das kurze v) ausgedrückt wurde, s. Diall. 
I, 180 ff, 196 ff, II, 519, ganz so wie am gewöhnlichsten bei der 
übertragung rómischer namen und wórter in griechische schrift, s. 
Corssen ausspr. 1, 344; ferner der lakonische dialekt, für den 
zahlreiche glossen dieselbe schreibung mit ov bieten Diall, II, p. 18. 
Aber hier zeigen jüngere inschriften auch ein o statt des kurzen 
v, das gleichfalls nur für eine andeutung der alterthümlichen aus- 
sprache zu nehmen ist, wie auch nicht selten das lateinische w in 
griechischer schrift durch o wiedergegeben ist, s. Corss. I, 345. Es 
ist aber keinesweges anzuuehmen, dass überall, wo das v in der 
schrift beibehalten ist, auch die attische aussprache desselben ge- 
herrscht habe, wie denn die böotischen inschriften zum theil und 
die älteren lakonischen quellen Was v zeigen, «ohne dass eine; ver- 
schiedenheit der aussprache von dem ov denkbar wäre. Man :derf 
mit ziemlicher sicherheit annehmen, dass so alterthümliche dialekte 
wie der eleische und arkadische, obgleich ibre quellen durch die 
schrift keine abweichende aussprache des v erkennen lassen, doch 
dessen alten laut: bewahrt haben. Zu einer veränderung der 
schrift war hier bei der entfernung von dem attisch-iouischen ein- 


Kyprische inschriften. | 9 


flusse eben so wenig veranlassung als bei den Lakonen, deren 
aussprache nur von den grammatikern durch ov bezeichnet zu sein 
scheint. Dasselbe gilt im vollsten masse von dem kyprischen dia- 
lekte, für den sich überdies noch bestimmte spuren der alten aus- 
sprache finden. Dahin gehört zuerst das in den kyprischen glossén 
bei Hesychius nicht selten erscheinende o für v, s. M. Schmidt in 
Zeitschr. f. vgl. SprW. IX, 366; denn dasselbe wird wie in den 
obigen fällen nur für einen ausdruck der alten aussprache des v 
zu nehmen sein, weshalb auch die inschriften kyprischen dialektes 
keinen wandel des v zeigen. Ein directerer beweis für die alte 
aussprache des fünften vocales im kyprischen dialekte ergibt sich 
aber noch, wenn von mir (s, unt. zu I, 16) richtig angenommen 
ist, dass die hesychische glosse Cotcas : doayual, welche das 
semitische wort zus, zuza darstellt, dem kyprischen gebrauche ent- 
nommen und auf der idalischen tafel diese münzbenennung zweimal 
(I, 16. 26) durch ein für zu. zu nehmendes zeichen mit der bei 
geldangaben üblichen abkürzung angedeutet sei. Ueber einen an- 
dern ähnlichen fall s. zu inschr. V. 

5. Auch der text in griechischer schrift hat einige solche, 
mehr nur formale abweichungen. Zunächst ein äusserlicher prakti- 
scher grund hat mich veranlasst statt des s subscriptum überall 
ein » adscriptum zu setzen, wie es nicht allein die alten in- 
schriften in der unzialschrift bieten, sondern auch in der carsiv- 
schrift die älteren handschriften, nämlich weil einigemal jenes + — 
gerade zu anfang einer zeile steht, wührend ich doch zweckmässig 
gefunden habe auch in dem griechischen texte die zeilen scharf zu 
sondern. Es empfieblt sich diese ältere schreibung aber auch in 
der hinsicht, dass sie deutlicher erkennen lässt, wie das mit langem 
vocale verbundene +, was freilich überall für die ältere griechische 
sprache gilt, keinesweges für stumm genommen werden darf, son- 
dern nur für schwachtimend, mag es auch dieses schwachen lautes | 
wegen zuweilen abgefalleu sein. Ueber seinen mangel im dat. sing. - 
der beiden ersten declimationen s. unt. nr. 8; ausserdem fehlt es 
in der 3 sg. conj. insehr. I, 12. 24. 25. 29, wie häufig im dori- 
schen dialekte Diall. H, p. 36, 3. Ein bestimmteres merkmal für 
das tönen dieses + im kyprischen dialekte bietet die idalische bi- 
linguis II, 4, wenn hier das letzte zeichen des vermeintlichen wy 
abweichend von der gewöhnlichen und auch iw dieser inschrift 


10 Kyprische inschriften, 


mebrfach erscheinenden gestalt des i. nach Deecke-Siegismund p. 239 
vielmehr dem von Deecke-Siegismund auf der idalischen bronze- 
tafel als ji. gelesenen (s. ur. 11) gleich ist (Schmidt hat in seinem 
texte freilich das gewöhnliche zeichen). Wenn nun Deecke-Siegis- 
mund nichtsdestoweniger dieses zeichen als 4, und zwar als 4 sub- 
scriptum. anerkannt haben, so scheint mir doch die natürlichere und 
fast unabweisbare annahme vielmehr zu sein, dass hier gerade eine 
ältere dreisilbige form für rvyg erhalten sei. Dagegen spricht 
keinesweges, wie Deecke-Siegismund geglaubt haben, der umstand, 
dass das nebenstehende adjectiv dye34 (richtiger dta9ür) das ge- 
wühnliche i. zeigt; denn ganz in derselben weise baben die lesbi- 
schen dichter im dat. pl. das adjectiv mit der abgekürzten endung 
mehrfach zu dem substantiv mit der älteren volleren endung ge- 
stellt, wie égeresg yoßascı, auegloig Pporossi, s. Diull. 4, 112. 
Wenn aber der kyprische dialekt zur zeit jener inschrift noch eine 
endung des dat. sg. decl. I (oder vielmehr des locativs, s. nr. 8) 
auf -aji kannte und wenigstens ia einer feierlichen religiusen for- 
mel verwandte, so ist um so weniger zu glauben, dass in der ge- 
wöhnlichen eodung -d< das » ganz stumm gewesen sei. 

6. Eine andere wesentlich nur formale abweiehung des grie- 
chischen textes bezieht sich auf die in diesen inschriften erschei- 
nende eigentbimliche behandlung der nasale. Dieselbe ist nämlich 
vor einem folgenden consonanten im inlaute niemals ausgedrückt 
wie ati. = Grif, d.to.ro.po.se. = ü»9Qu mec, all.rijatune = 
ardguavray, pe.pa:me.ro.ne, = meprauéqtur, auch tote. = zóvde, 
ebenso wenig aber im auslaute der prüpositionen 1» — é» und 
Muy {= ovy, s. nr. 13) und des artikels vor dem folgenden. eng- 
verbundenen worte consonantischen anleutes, wie ilu. ka. = iy 
foras, shutukai. = Mur ruyus, to.ko.ro.ne. = 10v yügor, to.pai. 
tone. = ray nuldwr, ta.po.to.li.ne. = zur todo. Nur in zur 
nig Höalsov 1, 27, wo die verbindung mit dem zunächst fol- 
genden worte loser ist, hat der artikel die nasale bewahrt. An» 
derseits aber fehlt dieselbe auch dem relativum in 70 Æ#pelepes 
1, 21. Deecke-Siegismund und Schmidt haben sich nun überein-- 
stimmend dahin entschieden, dass in jenen fällen nicht ein vollstän- 
diger schwund der nasale anzunehmen sei, und baben sie deshalb 
in der griechischen schrift ausgedrückt, nämlich Deecke-Siegismund 
überall durch ein eingeklammertes (»), Schmidt aber fast immer 


K yprisehe insehriften. —— 11 


einfach durch die ergänzte nasale unter ausdruck der euphonischen 
verwandlungen in y und w°). Es ist aber klar, dass die nasale, 
wenn auch nicht ganz unterdrückt, doch nur einen sehr schwachen 
laut gehabt haben kann, der dazu berechtigte sie nicht für einen 
vollen consonanten zu halten und in der schrift unberücksichtigt zu 
lassen. Dies baben auch Deecke-Siegismund, die sich über die 
sache p. 231 sehr richtig aussprechen, mit ihrer art der schrei- 
bung gemeint. Aber diese ist ziemlich unbequem, und da die ver- 
schwiegene nasale der kyprischen inschriften eine augenfällige ühn- 
lichkeit mit dem anuswara des sanskrit zeigt, so habe ich es für 
das zweckmüssigste gehalten für dieselbe diese sehr sachgemüsse 
und praktische bezeichnung zu wühlen. Es entsteht aber noch die 
frage, ob die unterdrückung der auslautenden nasale in der kypri- - 
schen schrift sich wirklich, wie Deecke- Siegismund und Schmidt 
angenommen haben, nur auf die obigen fälle beschrünke. Aller- 
dings ist in den meisten andern füllen das schliessende » auch vor 
consonanten bewahrt, wie zó* ydQo» toy 1, 8, zw muldwy zu» 
I, 11. Aber es ist doch nicht zu verwundern, wenn jene entschie- 
dene neigung zur abschwüchung der nasale sich wenigstens in ver- 
einzelteren fallen auch anf den auslaut selbständiger wörter er- 
streckt hat, wozu schon der erwähnte fall mit dem relativum einen 
übergang bildet. Es werden sich aber zwei fälle finden, Inschr- 
1, 19. 21, wo bei unbefangenem urtheile der mangel des » im 
acc. sing. decl. II bei substantiven anerkannt werden muss, und 
ausserdem [nschr. IV ein ? für das enklitisch angehüngte prano- 
men Ir. | 

7. Nicht so ganz nur formaler natur ist meine abweichende 
schreibung in bezug auf eine andere ‘scheinbar entgegengesetzte 
erscheinung, die das » in diesen inschriften zeigt. In zahlreichen 
fállen hat nümlich, wie von Deecke-Siegismund p. 232 ff. richtig er- 
kanot ist, der gen. sing. decl. II durch anfügung eines » die endung 
-wy erhalten. Es gehören dahin noch einige fälle mehr, als von 


9) Dies wird durch si» sig ’Hdalsov I, 27 (wo freilich Schmidt 
gegen das ausdrückliche zeugniss des schriftzeichens riu) nicht em- 
pfohlen , und Deecke-Siegismund scheinen den euphonischen wandel 

die verschwiegene nasale gerade wegen ihrer nicht consonanti- 
schen natur mit recht in abrede zu stellen. Uebrigens hat Schmidt 
ohne consequenz zuweilen den artikel unaccentuirt mit seinera nomen 
verbunden, einigemal auch die nasale eingeklammert. | 


. 12 Kyprische inschriften. 


Deecke -Siegismund anerkannt sind, nämlich: 1, 1 zw now. 
"HàuAtw» — & voi Didoxunowv pére rà "'Oracayogav, 
2. 'Ovácuior 10v Ovacextngwy, — 4 üve puod Qv, 5 ari 


1 prodwy x am ia $yqgQuyr, 6.7 «1 18 ágyé Quy. 
weds Ww ruldrwy, — 11 rw muldwr wy Oracixé nur, 
15 ái 1d dynçouwr t$ mio Ur, 19 Oogzov tor Ov p i- 


pins (2), 23. 24 105 muldas 10g Ovacliwy, 25. 26 
doy vou» (während z. 6. 13. 15 in derselben verbindung &gyvow), 
30. of "Ovudsxtnows naldeç; AM, 1 Keriwr xa °PHdullwr, 
2 10 nenupéowr, 3 o ‘Afidiulixwr, X ’Ovaoi= 
ppuxog -0 Sracscoíxuv, XVII faci)gog Eystiuwr. Die 
sache ist vollkommen evident und in wahrheit das ei des columbus, 
was aber dem verdienste der strassburger herren durchaus keinen 
eintrag thut. M, Schmidt, der sich diese entdeckung hat eat- 
geben lassen, und in jenen formen überall gen. pluralis anerkannt 
hat, ist (um anderes zu übergehen) vicht allein gezwungen ge- 
wesen die wunderlichen plurale deyvees und puodof (s. Deecke- 
Siegismund) zu dulden, sondern in verschiedenen füllen sogar zu 
ganz desperaten erklürungen seine zuflucht zu nehmen, s. unten zu 
I, 1. 3. ll, 3. X, wie auch I, 6 zu der dreisten lesung von to. 
als zwv vor einem vocale. Auch in Nuchtr. IF hat sich Schmidt 
noch nicht entschlossen die richtigkeit der entdeckung anzuerken- 
nen, sondern nur diese frage der singular-genetive „mit » èpedx. 
als zweifelhaft zu bezeichnen. | 

Etwas ähuliches findet sich nur im arkudischen diulekte , wo 
in zwıd zw émnbaulw Teg. 38 von Deecke-Siegismund richtig 
twy-i für 10-1 anerkannt ist; sonst haben diese genetive hier re- 
gelmüssig den uusgang -w, einmal -ov. Mit recht haben sich nun 
Deecke-Siegismund gescheut in diesen formen ein ephelkystisches » - 
anzuerkennen, weil dies gerade den kyprischen inschriften im 
stärksten masse fremd ist (s. unt. zu Inschr. XIX. XX), aber | 
auch keine andere erklürung der auffallenden erscheinung versucht, 
Es fallt aber auf dieselbe einiges licht, wenn man bedenkt, dass 
us, griech. os, ursprünglich die allgemeine casusendung für den 
gen. singularis ist, die ihr c ausser decl. Ill und den femininen 
von decl. 1 (wo aber der arkadische dialekt -uv aus -«o) auch in 
manchen dorisdhen formen der pronomine erhalten hat (Diall. Il, 
248 ff), und dass ein alter ausgang -wç im gen. singularis decl. 


Kyprische inschriften. 13 


l| genau dem -«g der feminina in decl. I entspricht. Danach be- 
greift es sich, dass in den kyprischen formen auf -wy das » nicht 
neu zugefügt, sondern an die stelle des ülteren ç getreten ist, ge- 
rade wie in der verbalendung der 1 pluralis -uev = skr. -mas, 
lot, -mus, dor. -ues, in dem adverbialen suffixe -Iev = skr. -tas, 
lat. -£us, und in manchen vereinzelteren fällen, wo zum theil auch 
gerade dorische dialekte das » haben, wie dor. mégvrg = nt- 
ovoi(r), altr = altr, Évdog = Evdor, dagegen rhodisch und the- 
räisch av = #t7g, rheginisch uud = add, s. Diall. If, 87. 
Bei solcher natur dieses » ist aber kein grund es mit Deecke-Sie- 
gismund wie einen überflüssigen zusatz durch kleinere schrift aus- 
zusondern, und ich babe es richtiger mit den andern buchstaben 
als vollberechtigt in reih und glied gestellt. 

8. Die zweideutigkeit aller vocale hinsichtlich ihrer quan- 
titàt bringt für die umschreibung in gewóhnliche griechische 
schrift mehrfache zweifel. So zuerst im dat, singularis decl. ll. 
Deecke - Siegismund haben hier das -o.i. der inschriften regelmässig 
ohne weitere. rechtfertigung durch das gewöhnliche -w wiederge- 
geben und nur inschr. II einen locativ "EdoJ4o? anerkannt. Da- 
gegeu Schmidt hat nach analogie des büotischen und arkadischen 
dialektes überall -o, vorgezogen, s. p. 81. 82. So sehr dies uber 
auf den ersten blick durch die enge verwandtschaft des arkadischen 
dialektes empfohlen wird, so entstehen doch gewichtige bedenken 
durch diejenigen falle, wo jenen dativen das schliessende s fehlt, 
nämlich Hi, 8 ro Ania 10 *Au-, XM rs Geo 12 Mni Ovi, 
XIV, 3 10 nid», X. XI rà ‘Vàorzi, Xi, 3 10 Vude- 
quolwi XV, 3 tw Maynetw, VII tw roíxon. Denn wahrend 
bei der schreibung -« oder besser -ws sich der abfall des , als 
eines stumm gewordenen begreifen lässt, ist bei anerkennung der 
aussprache -os das schwinden des 4, von Schmidt immer durch ein- 
geklammertes s bezeichnet wie ro(î), geradezu unverständlich. 
Freilich haben Deecke-Siegismund ein solches auch für den rela- 
tiven plural of I, 31 angenommen, aber, wie sich zu der stelle 
zeigen wird, entschieden irrig. Die sache bedarf aber einer etwas 
gründlicheren untersuchung, für die der von Deecke-Siegismund in 
inschr. III richtig anerkannte locativ “Edudsot (Hôuiuoï) einen 
guten ausgangspunct bietet. Es ist nämlich ein solcher kypri- 
scher lecativ auch in payoï: évtog . Hugo Hes, (= uuyoi) 


14 Kyprische iuschriften. 


erhalten, und es wird sich bei der besprechung der einzelnen ia- 
schriften ergeben, dass nicht allein auch ’Auvx4oî II, 3 für einen 
ähnlichen locativ zu halten sein dürfte, sondern dass auch in 1, 8 
roi duri roi "-fAungiazas und I, 31 rot Swit roi HOalÿÿs echte 
locative vorliegen, und dass somit der locativ des kyprischen dia- 
lektes sich nicht bloss auf ortsnumen uder vereinzelte adverbia- 
lische bildungen erstreckte, sondern dem sanskrit entsprechend in 
allgemeinerem lebendigen gebrauche geblieben wur. War dies aber 
der fell, so wird man diesen locativ mit grösster wahrscheinlich- 
keit auch in der verbindung mit der präposition jy = dv anzuer- 
kennen haben, mag nun der sinn ein streng localer sein, wie I, 9 
Lr Eles und I, 20 P Zfusdog dgovozi, oder ein temporaler wie 
I, 1b rot Q. pérs, oder ein sonät übertragener wie I, 3 3° 266 
püyas und in der formel 3 ‘rogue XI, XVII, 2. XIX, 4, 2 zi- 
yas GGuÿus XUI, P wyoj bas II, 4. Der locativ ist aber 
auch in der merkwürdigen codetruction der präpositionen do und 
gE (kyprisch du, #71) mit dem scheinbaren dative anzuerkennen, 
welche der kyprische diulekt mit dem arkadischen gemein bat, wie 
I, 5 EIN 107 polxos tot Puosdijzoc, V. 11 47 soi 'yoQos zoide, H, 8 
dp ol 1, 8, 17 dav ras [Os "más fae pog ras (17. 18 1% 
Maàavtjas sas medijas), I, 24 EM ras CEs raide. Es ist derselbe 
fall wie bei den ausdrücken von'Wa, engl. from there statt der 
älteren von dan(nen), from thence, indem auch hier die präposition 
der entfernung mit einer locativen form auf die frage wo statt 
mit einer ablativen verbunden ist. Es ist nun aber sehr beach- 
tungswerth , dass in allen jenen füllen, wo ein locativ anerkannt 
werden darf, niemals ein schwinden des , stattgefunden hat, weder 
in decl. I noch in decl. IT, und dass dasselbe in der schreibung 
avyaÿs II, 4 (s. ob. nr. 5) noch besonders gekräftigt erscheint. 
Ganz anders stebt es mit den übrigen fallen des dativs. Zuerst 
mit denjenigen, wo der echte alte dativ, dem des sanskrit und des 
lateinischen entsprechend, anzuerkennen ist. Bei diesem sind schon 
vorher zahlreiche beispiele des geschwundenen s aus decl. II bei- 
gebracht (alle in weibungsformeln), und damit stimmt aus decl. I 
14 Arava tay II, 1 und das von mir als dativ anerkannte ev- 
ywiad inschr. X. Nicht anders aber steht es auch mit dem in- 
stramentulen gebrauche des dativs, der besonders bei der präpu- 
sition ovv klar ist. Denn die formel 7A) zuydı zeigt inschr. XI 


Kyprische inschriften. 15 


allerdings das s, entbehrt aber desselben in 7M* zuya XV, 4, und 
in XII, 3 wird danach das vor riya stehende unklare zeichen 
gleichfalls für Av zu nehmen sein. Es lassen sich hieraus fol- 
gende schlüsse ziehen. Zuerst dass der kyprische dialekt in deel. 
Il einen auf -os ausgehenden locativ bewahrt hatte, ganz der alt- 
indischen endung è (aus «-i) entsprechend , bei dem ein schwinden 
des , nicht eintreten konnte. Ferner dass umgekehrt der eigent- 
liche dativ dieser declination auf -ws ausgegangen sein mugs, weil 
bei diesem das schwinden des , nicht aelten eintritt. Der ausgang 
-un erklärt sich aber für den eigentlichen dativ daher, dass hier 
der alte kennlaut & mit der dativ-endung ‘è == «i contrabirt ist, 
also ws aus a-ai. Die form für den instrumentalen gebrauch ist 
in decl. Il nicht nachzuweisen, wird aber wie senst mit dem echten 
dativ zusummengefallen sein, wie sie denn auch in decl. } mit die- 
sem die schwandfähigkeit des + tbeilt. Sonst musste in decl. 1 
der ausgang dés locativs aus á-i (s. jedoch mr. 11) und des dativs 
aus d-ai wesentlich auf dieselbe form -ü; hineuskemmen. in decl. 
SII zeigt auch der kyprische dialekt den dativ mit der eigentlich 
dem locativ zukommenden enduag -s. Jedoch hat sich die eigent- 
liche dativ-endung -&+ = skr. -é, lat. -ÿ in dem compositum #- 
paldepes I, 21 (vgl. XII, 1) erhalten, wie nicht winder in der 
pamensform diesteépns, die in alten attischen iaschrifien erhalten 
und auch bei den attischen dichtern (statt 4îroégns) durch die 
linge der zweiten silbe bezeugt iat, s. Thes. Il, 1470 A. Spuren 
derselben auch in der homerischen sprache habe ich Philol 1Y,: 
594 nachgewiesen. Ueber den plurslen locativ lüsst sich aus den 
kyprischen inschriften nicht urtlieilen. Während nun also der ky- 
prische dialekt in decl. Il einen locativ auf -os neben einem dativ . 
auf -wı hat, gewöhnlich aber jener in die form des dativs aufge- 
gaagen ist, scheint umgekehrt im arkadischen dialekte der dativ 
die form des locativs angenommen zu haben; denn wührend die 
dative anf -os in der inschrift vou Tegea allerdings meistens lo- 
calen sian zeigen, scheint 1. 20 dixaorngıev 10 ysvôpevor rot 
winds zus Lapíav doch nur für einen echten dativ gehalten wer- 
den zu können. Im bóotischen diulekte erklären. sich die dative 
auf -os sus einer verkürzung des ersten vocales im diphthonge 
un, 8. Diall. I, 193. 194. 

9) Zweifel über die wahl des langen oder kurzen vocales 


16 Kyprische inschriften. 


können ferner auch bei den casus und derivaten der wörter auf 
-sug eintreten. Deecke-Siegismund und Schmidt haben hier gleich- 
mässig das € vorgezogen, wie fuosdézoc, Kerıkzez, Legéjijav I, 20 
(tégevay Schmidt), der letztere p. 84 mit dem eingeständnisse, dass 
die frage schwierig zu entscheiden sei, aber in der meinung, dass 
auch die sprachforschung die formen mit e fordere. Wenn damit 
die sprachvergleichung gemeint ist, se hat diese über jeue schwie- 
rigen bildungen doch uur sehr unsichere, schwaukende und nichts- 
beweisende vermuthungen vorgebracht. Innerhalb der griechischen 
sprache aber weiset alles darauf hin, duss vielmehr der lange vocal 
der ültere sei. Denn bei Homer findet sich ausser dem diphthon- 
gischen ev und es (wie Paola) der kurze vocal bis auf ganz 
vereinzelte ausnahmen nur in eigennameu, denen immer eine grös- 
sere freiheit gestattet zu sein pflegt. Später erscheint dann der 
lange vocal entschieden vorherrschend gerade im lesbischen und 
als es im böotischen dialekte (Diall. I, #37. 205), die besonders 
viel alterthümliches bewahrt haben, und auch die attischen decli- 
natious-formen lassen sich nur verstehen, wenn man ältere mit 7 
zu grunde legt, s. m. Griech. formenl. p. 174. Man wird also - 
anzunehmen haben, dass in diesen wörtern der diphthong &v aus 
nu geworden ist, gerade wie der jüngere lonismus anch veug für 
vis hatte, und wie überall in diphthongen der erste lange vocal 
sich sehr leicht verkürzt hat. Die verkürzuug vor dem conso- 
mantischen (später ausgefallenen) - hat gleichfalls in der decli- 
nation von r706, und zwar schon bei Homer, ihre analogie. ‘Bei 
der alterthümlichkeit des kyprischen dialektes hat mau nuu allen 
grund für denselben das ältere 7 anzuerkennen, und dem tritt auch 
der nächstverwandte arkadische dialekt nicht hinderlich entgegen, 
da aus demselben über die gestaltungen der wörter auf -:ég nichts 
bekannt ist als die auch dem kyprischen dialekte (inschr. XVIII) 
gemeinsame nominativ-form [eg/c. Diese aber führt gerade auf 
eine alte form -nug zurück, und es ist sehr wohl denkbar, dass 
in den kyprischen inschriften und nicht minder bei Homer bei die- 
sen wärtern und ihren derivaten auch in dem diphthonge eigent- 
lich das n richtiger sei. 

10) Mit besserem rechte haben Schmidt und Deecke-Siegismund 
den kurzen vocal in der endsilbe des aec. pluralis decl. ll. vorge- 
zogen, wie 7òg xadeyrijtoc, beiderseits unter berufung auf die ana- 


Kyprische: inschriften. 17 


logie des arkadischen diulektes, und mit derselben rechtfertigung 
haben Deecke-Siegismund auch tyev I, 10. 22 = yes geschrieben, 
während Schmidt hier inconsequenter weise Zyn» gesetzt hat, aber 
p. 84 auch öyer für zulässig hält. Für die verkürzung der end- 
silbe hätte aber ausser dem::arkadischen dialekte auch in den glos- 
sen Hesych. 20509’ Fomag : xdPev ques. igus und debxeg: 
.... axovsıg. Kungsos (s. zu I, 16) eine gute stütze gefunden 
werden können. Denn die endung -ec für -esç in 2 singularis 
zeugt dafür, dass der kyprische dialekt die auch in einem theile 
der dorischen dialekte. bald stärker bald schwächer erscheinende 
neigung zur verkürzung der auf ç und y ausgehenden endsilben 
(vgl. Diall. U, p 21) in: besonderem masse besessen hat, Der 
‘glosse of Bode : 10 élec. Kungeos traue ich nicht genug, um 
hier mit M. Schmidt Zeitschr. f. vgl. SprW. IX, 366 sogar auch 
eine verkürzung der vucalisch auslautendeu silbe anzuerkennen, 
nämlich für Pois, was Bergk geradezu hat herstellen wollen; 
mir scheint die besserung fodsus noch wahrscheinlicher. Wenn in 
den glossen dPoilesy : bsyovr. Kungsos (nach avdogor, wes- 
halb Salmasius richtig avJoíCes) und du pure lCeew : 10 Guvuyur 
tov Anumopiaxov xagnov. Kungios diesen kyprischen verben die 
infinitiv-endung -es gegeben ist, su ist dies nur, woran M. Schmidt 
a. a. o. nicht hätte zweifeln sollen, eine sehr gewöhnliche unge- 
nauigkeit der glossographen, die nur den kyprischen ausdruck ins 
auge fassten und ihn dabei in der gemeinen form des infinitivs 
aufführten. Gerade diese infinitive auf -v werden von jener nei- 
gung zur verkürzuog der endsilben am leichtesten getroffen, in deu 
Tabulae Heracleenses z. b. ausschliesslich, s. Diall. 11, 176. 

11. Deecke-Siegismund haben besondere silbenzeichen für 
ja, je, ji anerkannt, die sich nach p. 222 hauptsächlich mit para- 
sitischer - entwickelung des lautes j nach vorhergehendem e (auch 
os) finden; während in "Edadséjs und iegéjjav 1, 31. 20 der ge- 
brauch des zeichens ji. statt i. eine andeutung gebe, dass nicht 
diphthongisch c, zu lesen sei. Anders hat Schmidt über diese zei- 
chen geurtheilt. Das vou Deecke-Siegismund für ja. genommene 
erklärt er p. 25. 26. 47 für ein nach vorhergehendem , gebrauch- 
tes zeichen des « und:'hut es überall durch « wiedergegeben. Das 
fi. der Strassburger hat er stillschweigend, selbst ohne es in der 
zeichentafel aufzuführen, als eine blosse modification des gewöhn- 

Philologus. XXXV. bd. 1. 2 


18 Kyprische iuschriften. 


lichen zeichens für i behandelt, was es allerdings seiner gestalt 
nach möglicherweise sein könnte. Schon Brandis p. 665 hatte es 
für ein i am ende des wortes oder raumes erklärt, wo die erste 
bestimmung für drei unter den vier beispielen des gebrauches passt, 
keine von beiden für das letzte, nümlich für das fast zu anfang 
. der zeile stehende wort i.e.reji.ja.ne. I, 20. Aber auch Deecke- 
Siegismund haben, wie schon eben nr. 5 bemerkt ist, in tu.ka ji. 
M, 4 dus letzte sonst von ibnen als ji. gedeutete zeichen nur für 
eine graphische modification des i. genommen. Endlich vor den 
beiden zeichen, welche Deecke-Siegismund als je. gefasst haben, ist 
das erste 1, 6. 16 von Schmidt ungedeutet gelassen und das an- 
dere im inschr. XVI. XVIII erscheinende, weil er diese inschriften 
nicht behandelt hat, gar nicht erwähnt. Die Sclmidt'sche auÿ- 
fassung des fraglichen ja. scheint mir nun sehr wenig glaublicbes 
zu haben. Denn wie wäre es wol erkJürlich, dass um eines vor- 
hergehanten + willen, das bald durch sein eigenes zeichen ausge- 
drückt, «built in andern silbenzeichen enthalten ist, für das u ein 
ganz anderes zeichen ohne unterschied des lautes gewählt sein 
sollte? Vielmehr wenn nach dem laute + so häufig statt des er- 
warteten a. ein gänzlich verschiedenes zeichen gefunden wird, 
scheint mir die folgerung fast unabweislich, dass dadurch eine auf 
veranlassırng des vorhergehenden + modificirte aussprache bezeich- 
uet werde. Daun liegt aber kein gedanke näher, als dass dem + 
vor dem folgenden vocale sich ein vermittelndes j angeschlossen 
habe, wie dem u und v im lateinischen und griechischen nicht sel- 
ten r und Fe z. b. ageotevcovta Curt. p. 574, das pamphylische 
ógoiíf für deed po Diall. M, 44 und gerade such mebrfach in 
den kyprischen inschriften und münzlegenden, wie xazeoxev pase 
XIX, 3, Evc€APovz0g u.a, s. Deecke-Siegismund p. 222. Es wird 
aber II, 1 in dem namen M:xje9wr, wie am richtigsten zu lesen, 
sich auch ein ja. ohne parasitische natur des j berausstellen. Ist 
aber die erkeuntniss gewonnen, dass die kyprische sehrift wirklich 
einen ausdruck für deu consondutischen laut jod hatte, der dem 
griechischen anscheinend sonst gänzlich fehlt, so erhält dadurch . 
auch die erkeanung der seltenen silbenzeichen je. und ji., besonders 
nach vorhergehendem ı, eine stütze. Eine schwierigkeit macht 
dabei, dass nach Deecke-Siegismund für je. zwei ganz verschiedene 
zeichen dienen, das eine 1, 6. 16, das andere in den grabschriften 


Kyprische inschriften. 19 


XVI. XVIII, die allerdings auch sonst eigenthümlichkeitea der 
schrift zeigen. Besondere uufmerksemkeit aber verdient das zei- 
chen ji, bei dem nur in xzddcje I, 6 der parasitische gebrauch 
des j angenommen werden kann, in den drei übrigen fällen seines 
vorkammens, Wenn Deecke-Siegismund in “Zdudséjs 1, 31 und 
íeoejujuv I, 20, richtiger "Hdadsijs und isprjijav (s. nr. 9), es 
nur statt i. gesetzt sein lassen, um die diphthongische aussprache 
& zu verhüten, so scheint mir das wenig glaublich, Vielmehr da 
diese bildungen von wértern auf -evg eigentlich ein c verlangen 
und in dem kyprischen inschriften vorherrschend zeigen, liegt es 
nahe bier in dem j einen stellvertreter des ¢ zu erkennen, wie 
dieses in der aliwandlung jener wörter auch der Isis-hymous durch 
s ersetzt bietet, nämlich fa«ezg 1, 19. IV, 1 und yorz:wy 1, 
19, und wie auch die für die jüngeren louier und Aeoler bezeug- 
ten formen Paoslziog und Bauctheos (Diall. I, 117) nur aus einem 
älteren facing erklärt werden können, in dem dass oder eigent- 
lich j ein vertreter des ursprünglichen ¢ war. Ich habe darüber 
näher in meinem programme ‘Pg (1873) p. 9 gehandelt und finde 
jetzt in den obigen kyprischen formen eine schöne bestätigung der 
dert gegebenen darstellung. 1n diesen scheint übrigens der wandel 
des c in j durch das nachfolgende « befördert zu sein. Endlich 
hinsichtlich der form zuyejs Il, 4, welche ich vorher nr. 8 als 
loeativ nachgewiesen habe, ist zu beachten, dass schon vor län- 
gerer zeit in Zschr. f. vgl. SprW. IH, 83 von mir der nach- 
weis geliefert ist, der freilich keine genügende anerkennung ge- 
funden zu haben scheint, dass die weiblichen stümme der a-decli- 
nation ursprünglich nicht auf à, sondern auf ai auslauteten, Dazu passt 
nun gerade dieser locativ zuyoje nämlich aus zuyus-ı, ganz vor- 
trefflich. Ob in demselben eine delnung des vocales eingetretea 
sei wie iu dem skr. locativ dhardjám mit der verstärkten eudung 
lässt sich nicht mit sicherheit erkennen. 

12. Man darf hiernach auch zeichen für jo. ju. vermuthen; 
jedoch haben Deecke-Siegismund aus dem umstande, duss überall 
consequeat 4.0. geschrieben sei, p. 225 den schluss gezogen, dass 
ein zeichen für jo. überall gefehli habe. Aber derselbe ist doch 
nicht zwingend, da auch vor den andern voculen das , mehrfach 
ohne parasitisches j erscheint, und man wird nur annehmen dürfen, 
dass das i vor o ein geringeres bedürfniss hatte jene bindung 


9* 


20 Kyprische inschriften. 


mit dem folgenden vocale zu suchen als vor a, e, i. Men kenn 
daher, da das wort yoavopevov I, 6 in der wiederholung desselben 
zusummenhanges I, 18- seinerseits mit einem unbekannten zeichen 
statt des o. wiederholt ist, leicht daran denken dieses zeichen für 
jo. zu nehmen und yoavjouevoy zu lesen als eine präsensbildung 
mit j. Jedoch "wird sich unten zu I, 6 ergeben, dass doch noch 
wahrscheinlicher yoavtojevoy zu lesen und jenes zeichen für so. 
zu halten ist. Ausserdem findet sich dasselbe nur Inschr. VI, wo 
es von Brandis p. 667 nr. 45 wie I, 18 (hier auch von Schmidt) 
‘für ein anderes zeichen des o genommen ist, indem er die letzte 
gruppe ohne zweifel verkehrt w dea lies't (von Schmidt ohne 
deutung gelassen), in der nunmehr Zwria als genetiv eines eigen- 
namens erkannt werden kann. 

Ein zeichen für za. ist bereits von Deecke-Siegismund in 
demjenigen worte der idalischen tafel entdeckt, das von Brandis 
und Schmidt y& gelesen ist (I, 8. 10, 17. 23. 24. 28. 30), da 
es in der mehrzahl dieser stellen ganz unverkennbar die bedeutung 
von yj zeigt. Aber es ist eine sehr missliche annabme, dass statt 
des sonst überall erscheinenden silbenzeichens ka. in diesem worte 
ohne verschiedeubeit der aussprache ein anderes gewählt sein 
sollte, und es ist deshalb ein sehr glücklicher gedanke von Deecke- 
Siegismund vielmehr eine eigentbümliche form für y7 zu muth- 
massen, und zwar (a, weil einerseits ein zeichen für sa. noch 
nicht bekannt war, und weil andererseits ein dialektischer gebrauch 
von È für y sich rechtfertigen lässt. Freilich haben Deecke-Sie- 
gismund dafür im grunde nur Hesych. CevoucFas: yeica090 
beigebracht (auch EtM. 408, 39 Cevw và yew. xal Levoac- 
Sas r0 yevcac?a:), da die ausserdem verglichenen arkadischen 
formen (Aw für Budlw, Legedgov für Papasgov, émlugeiy für 
émBugeiy weiter abliegen. Aber gerade für y7 ist, was ihnen ent- 
gangen, als älteste form dj@ anzuerkennen, aus der durch ver- 
schmelzung des dj in g!?) die gewöhnlichen formen ya, yf, yaîa 


10) Gans analog mit der häufigen und bekannten verschmel- 
zung von dv in b, nümlich in der weise, dass durch die aufoahme 
der spirans das organ der muta in das der spirans gewandelt wird. 
Jene bisher nicht beachtete verschmelzung des dj in g lüsst sich auch 
in andero fällen erkennen. Namentlich begreift sich so die identität 
des prüfixes aya mit die, (e, da, d; ferner die auffallende begriff- 
liche verwandtschaft der wurseln das und yeu, besonders in deueo 


Kyprische inschriften. 21 


geworden sind, darch verlust des d eine form jd, aus der sich 
weiter ala = yaïa erklärt, durch. verlust des j da in Sauame 
uod sonst (s. Diall. IJ, 82, Philol, XXII, 207 ff.), das ich jetzt 
wirklich als identisch mit y& anerkenne. Eine form djà ist am 
uomittelbarsten bezeugt EtM. 60, 8 oi y&Q 4ogpwig vj» yin d&v 
Afyovos xaì diav, worin sich, wie ich schon früher bemerkt 
habe, eine reconditior doctrina erhalten zu haben scheint, da Cicero 
N. D. IH, 23 als die eltern des ältesten Hermes, der als der sa- 
mothrakische zu erkennen ist, Coelus und Dia nennt, während 
Varro dieses samothrakische paar an einer stelle Coelum und 
Terra, an einer andern Jupiter und Juno nannte, s. Welcker Gr. 
götterlehre I, 329, der die Dia mit Jıwyn und der römischen erd- 
góttin Dea Dia (Preler R. Myth. 425) verglichen bat. Es ist 
nun hierin ein altes femininum djà (für, djdu) als benennung der 
erde zu erkennen, das dem namen des himmels skr. djdus (Acc. 
djüm) entsprach, wie denn himmel und erde als das natürliche ur- 
altheilige gétterpaar erscheinen. Das kyprische $& = y7 stimmt 
am genauesten mit einem alten Zac = Zeug, das sich in dem 
homerischen accusative ZZ» erhalten hat, wie da mit der form 
das, s. Philol. XXIII, 206. Die entstehung des È aus dj ist 
überall die gewóhnlichste und findet sich gerade auch in den ky- 
prischen glossen Hesych. xo ef. (cod. xogllu): xagdlu. Tuquos 
und Cues... . zwei. Kéóngios, vgl.zu I, 10. Wenn nun schon 
hierdurch das von Deecke-Siegismund gefundene C4 == yj, das von 
Schmidt in nachtr. II nicht ganz verschwäht wird, eine genügende 
sicherung erlangt za haben scheint, so ist diese noch sehr ver- 
stirkt, falls mir zu I, 10 der nachweis gelungen ist, dass in der 
formel vposs Cav I, 10. 23, 28 keineswegs Ca = y7 zu erken- 
ven sei, sondern ein zweites kyprisches (@ = Cwy, weil dadurch 
die richtige deutung des zeichens za. um so evidenter wird. 
Dieses findet sich ausserdem nur lnschr. XII in der formel ?- 
riyas alada, wo Schmidt es wieder für ka. genommen und ~ 
dya9d gelesen hat. Die bilinguis bietet in derselben formel HM, 
4 ein ziemlich verschiedenes, aber doch möglicherweise nur für 
eine variation zu haltendes zeichen, das Schmidt in der umschrei- 
bung gleichfalls durch ya wiedergegeben hat, dagegen p. 67 


hervortretend, womit auch Skr. jam = dam (domare) und yaubqie 
= Bkr. gémétr und jamdi zusammen zu halten. - 


22 | Kyprische iuschriften. 


durch ye (üyedg), indem er es, wie auch Deecke-Siegismund ge- 
than haben, für das silbenzeichen ke. nimmt, obgleich dieses in der- 
selben zeile und in seinem übrigen vorkommen eine zwar’ ähnliche 
aber doch wieder nicht unerheblich verschiedene  gestalt zeigt. 
Eine kyprische form @ladog für ayatog, die in Inschr XIII 
sicherer vorzuliegen scheint, lässt sich mit CaSeog. = ]yá9toc 
vergleichen, welche wörter keinesweges composita von 9e06, son- 
dern: mit dya8 dg zusammengehörig sein werden, wie für 7yd9s0g 
(statt &ydPeog mit metrischer debnung) bereits von alten etymolo- 
gen und unter den neueren von Göbel angenommen ist. Beach-- 
tungswerth ist: aueh Hesych. & Cegoçc: éyañôc, wo die reihen- 
folge das von Alberti verlangte dlecgog empfiehlt. Auf eine wei- 
tere deutung dieser scbwierigeu wörter mag ich hier nicht ein- 
gehen, In II, 4 wird aber das zweideutige zeichen nun gleich- 
falls richtiger für za. als für ke. zu nehmen und @ladas zu 
lesen sein, zumal da auch die form dyedog auffällig ist. — 
Ein silbenzeichen zu. habe ich 1, 16. 26 nach schwächeren in- 
dicien vermuthungsweise atrerkenneo zu dürfen geglaubt, s. unt. 
zu 1, 16. | | 
13. Einen ausdrirek für den doppelconsananten § haben Deecke- 
Siegismund in einem silbenzeicheu xe. anerkannt, das in folgen- 
den wörtern (uach ihrer lesung) erscheint: xügu& V, suvuë |, 
2. IX, 2 1, 5. 6. 11. 24, &Eogusn E, 12 (bis). 24. 25, mit va- 
rlirter gestalt in éf- XX, 1, ausserdeta nur noch Brandis p. 658 
nr.'14 in einer dunklen gruppe Br. Mas. 2. Diese auffassung 
des zeichens scheint besonders durch die kfine bilinguis V ge- 
sichert zu werden, wo der in griechischen buchetuben geschriebene 
text, in dem doch uhne zweifel gleichfalls Kyprischer dialekt zu 
erkennen ist, gerade xao: bietet, und so hatte deam schon Birch 
das zeichen für & genommen. Dagegen Brandis p. 858 nr. 14 
hat es als c gedeutet und Schmidt, obgieich er sufangs in seiner 
| abhandlung mehrfach xQvE ‚schreibt, in der schrirttafet p. 55 es 
als co erklärt und p. 57 zweifelnd als o oder Gt gedeutet, in der 
umschreibung der inschriften aber überall durch «c ausgedrückt. 
Bestimmt hat sich derselbe in Nachtr. I dahin ausgesprachen, das- 
zeichen köune nicht für xe. genommen werden, weil in #.fe,80,51. 
—=#£o{v}oi 1, 31 (woraus von Deecke-Siegismund p. 225 weniger an- 
sprechend nur der mangel eines xo. geschlossen ist) und in te.pi. 


. 


Kyprische inschriften. | | 23 


teki.si.o.i. XII, 2, das er (freilich unrichtig) in zuamıdeyaloı um- 
schrieben hat, der ausdruck für deu laut È aus zwei zeichen zu- 
sammengesetzt sei. Jenes zeichen werde einen laut wie im büoti- 
schen 20, 200 == iE oder wie:das auslautende o für E im italio- 
tischen favaus = püva£” ausdrücken. KWirz er will statt des 
doppelconsonanten & eine besondere art des zischlauts anerkennen, 
die sich auch in anderen .dialekten gefunden hahe, aber hier, unge- 
nau durch o oder co ausgedrückt sei. Für diese auffassung, dunch 
welche auch das immerhin auffällige, wenn auch nicht unerhörte 
35 vor consonanten beseitigt wird, lässt sich noch einiges andere 
aufführen. Zunächst dass in der Hesychischen glosse 2070 9° 
Eoneg: nodev nxeig. IIquos (auch: von Schmidt anh. If kurz an- 
gezogen), wo gond?’ offenbar für éx moder, wirklich do für 2 
geschrieben erscheint, und ebenso ausser dem höotischen und thes- 
salischen dialecte auch im arkadischen, dem nächsten verwandten 
des kyprischen. Ein anderes kyprisches beispiel von c für:£ bie- 
tet sich in Hesych. cou »«: aktrg. Jlaguos, von M. Schmidt in 
coaAu gebessert, das für Sunty stehen soll. Aber eine EvrÀq, 
eig. ein schabemesser und nach der übnlicbkeit auch. eine art von 
kleinem schwerte, sonst dofzavov genannt, istivon einer aE£(»q 
sebr verschieden, und es scheint vielmehr klar, dass couru die 
kyprische form für ein Sovvy von Efw (st..&e0) ist, das freilich 
nicht gefunden wird, aber in richtiger bildung das werkzeug des 
Eetr, d. h. der thätigkeit des zimmermanos. bezeichnet, also beit 
oder axt. Schon Engel Kypr. I, 591 hat oouve auf st. ZAR 
(wol sphalma), Eafrw, Edavov zurückgeführt. Ferner lässt die 
night: selten erscheinende schreibung ven 06 für c vor folgendem 
cousonanfen (Diall. II, 100. 557) die existenz eines dickeren 
zischlautes ip. den dialekten erkennen, in welchem Boeckh zu €. 
I, nr. 25 nicht ugwabrscheiulich den laut des. alten san (Dial, fl, 
88) vermuthet hat;. indem er zugleich das in der deutschen aus- 
sprache und zum theil!agch schrift vielfuch für s vor consonanten 
eingeiretene sch verghtiébi.. Diesen dickeren zischlaut nun in dem 
ans È gewordenen; &, ag anzuerkennen ist man um so mehr be- 
rechtigt, weil; awe das sanskrit in shash = ££, sex denselben 
übergang. zeigt. Mit der annahme aber, dass dus fragliche zeichen 
der kyprisches schrift jenen zischlaut darstelle, lässt das xaQvE in 
der griechischen schrift der kleinen bilinguis, über das Schmidt sich 


24 Kyprische insehriften. 


gar nicht ausgelassen bat, sich in der weise vereinigen, dass in 
ermangelung eines gebrüuehlichen griechischen buchstaben für jenen 
dialektischen zischlaut als notbbehelf das È der gemeinen sprache 
genommen sei, wie sonst o oder oo, während derselbe zwischen 
E und g eigentlich in der mitte stand. Am meisten schwierigkeit 
macht das viermal wiederkehrende von Deecke-Siegismund 2£ogvu£n 
gelesene wort, über das zu I, 12 genauer gehandelt werden muss, 
Hier genügt die vorläufige bemerkung, dass sich in demselben 
allerdings eine form des aoristus | von einem verbum auf —w 
finden wird, die denen mit c (älter 00) entspricht, wofür in der 
Doris grossentheils E. Man begreift, dass auch hier jener zugleich 
mit oo und mit 5 nahe verwandte dickere zischlaut ganz am platze 
erscheint. Allerdings zeigt die form xareoxev-ace XIX, 3 nur das 
gewöhnliche c; aber auch sonst sind in diesen inschriften variatio- 
nen des dialekts zu bemerken, und möglicherweise könnte jene 
form auch zu einem xuraoxevaw gehören, wie in sehr junger 
zeit ein Znıoxevaw erscheint. 

Wenn ich nun also mit Schmidt dahin übereinstimme, dass das 
fragliche zeichen nicht den eigentlichen doppelconsonanten $ ent- 
halte, sondern einen dickeren zischlaut, so kann ich doch nicht 
billigen, wenn er diesen durch das gewöhnliche o wiedergegeben 
hat, weil dabei die eigenthümlichkeit des kyprischen dialekts nicht 
zu richtigem ausdruck kommt. Vielmehr habe ich geglaubt bei 
der übertragung der zeichen in lateinische schrift die bezeichnung 
she. wühlen zu dürfen (den zusatz des e verlangt das system der 
kyprischen schrift), wie durch sh ja. auch der dickere indische 
zischlaut umschrieben wird. In der griechischen schrift aber bat 
das aus dem alten san gewordene zahlzeichen sampi 7A die mög- 
lichkeit geboten den kyprischen laut in einfacher weise auszu- 
drücken. IZ 

Nicht minder wird das von Schmidt uud danach auch von 
Deecke-Siegismund als su. gedeutete seltene zeichen richtiger für 
Shu. zu nehmen sein. Dasselbe findet sich nämlich 1, 28 in der 
von Schmidt c)» ogxos, von Deecke-Siegismund curvogxo:s ge- 
lesenen gruppe und in einer von Brandis p. 662 nr. 31 aus Br. | 
M. 1,3 beigebrachten noch ganz duukleu stelle, ferner. mit müssig 
variirter gestalt Inschr. XV in der von Schmidt aufs) zvzo ge- 
‘lesenen formel und Inschr. Xl, wo Schmidt's conjectur nach seiner 


Kyprische inschriften. 25 


versicherung durch eine bessere collation bestütigt ist. Es be- 
schränkt sich also der gebrauch des zeichens zunächst auf die pri- 
position: cvy, weshalb Deecke-Siegismund p. 224 auch die deutung 
zw. denkbar gefunden haben. Dafür ist nun nach dem obigen 
shu. an die stelle zu setzen. Eine form 7M» aber, die den über- — 
gang zwischen Ev» und cv» darstellt, wird dem kyprischen dialekte 
leichter zuzutrauen sein als die jüngste verweichlichte form cv» !!). 

Endlich darf man auch daran denken eiu entsprechendes sil- 
benzeiehen sha. aus den complexen zu entnehmen, welche von 
Deecke-Siegismund va.na.sa.se. XVI. XVII. und a.na.sa.se. XVIII 
gelesen und sinngemüss für -avaooas, dvacdas genommen sind. 
Aber einerseits ist an allen drei stellen das als sa. gedeutete zei- 
chen von dem sonst iu dieser geltung gebrüuchlichen verschieden, 
wie freilich auch sonst die paphischen inschriften, zu denen jene 
drei gehören, manche eigenthümliche schriftzeichen bieten. Ander- 
seits wird sich alsbald in nr. 14 ergeben, dass die jenen lesungen 
zu grunde liegende annahme, in den kyprischen inschriften seien, 
wie in den ältesten griechischen, geminirte consonanten nur ein- 
fach ausgedrückt, auf sehr schwachen füssen steht. Wenn hier- 
durch die lesung mit oo bedenklich wird, so spricht dagegen für 
ein kyprisches ruvuMa == Gvuoou der umstand, dass auch diesen 
femininen auf -cox eine form auf -E& zur seite steht. Denn dass 
dota, pu£u, auaka (von dox, wux, Gy) nicht mittelst eines suffi- 
xes sa gebildet sind, lässt sich aus der kürze des « erkennen, die 
überall, wo dieselbe nieht einer jüngeren verkürzung verdankt wird, 
auf das suffix -«« zurückweist. Somit wird die endung -E« in 
jenen: wörtern nur eine modification der gewöhnlichen -cc« und 
der nicht selten mit dieser gleichstehenden -Ca sein, Unmittel- 
barer erscheint jene natur der endung -5« in Hesych. daa: 
Iaducca. "Hnuuguru, wo Salmasius nicht übel duAus« bessern 
wollte, aber auch eine durch ausstossung des À aus dAd&a ent- : 
standene form erkanut werden kann, wobei denn auch 9udacca 
in glaublicher weise auf Sléoou zurückzuführen ist; das 9 für ó 
ist nach macedonischer weise, vgl. Hesych. du Aa ygav: 9dlac- 


.11) Wie der echte doppelconsonant § in:der kyprischen schrift 
durch zwei zeichen ausgedrückt ist, wird es nach Schmidt's richti 
bemerkung auch mit y in gleicher weise gehalten sein, wovon sich 
aber noeh keine beispiele gefunden: haben. Ä 


26 | Kyprische inschriften. 


cav. Muxıdores. Der ursprung des E aus der verschmelzung einer 
muta mit j, der biernach in jenen femininen aozunehmen ist, liegt 
klar am tage in den ionischen formen di£cc, tgsdd¢ für diococ, 
7040006 und wird auch am natürlichsten in dA£&w von st. alex aner- 
kannt. Somit habe ich, da bei diesen kyprischen räthseln ohne 
einige dreistigkeit nicht auszukommen ist, ein pévaTha ‘anzuer- 
kennen gewagt, dessen dicker zischlaut 7^ auch hier seine ver- 
wandschaft einerseits mit no, anderseits mit 5 bewährt. 

"14, Schmidt und Deecke-Siegismund. haben übereinstimmend 
angenommen, dass, wie in der ältesten griechischen schrift, so 
auch is der kyprischen verdoppelte consonanten nur einfach aus- 
gedrückt seien. Demgemäss haben sie, während die inschriften 
nur den einfachen consonanten bieten, beiderseits gelesen .4704- 
kon M, 3. XII, 2 (Deecke-Siegismund p. 238) und Siuysdoc I, 20, 
und auch rallalsouére, wie Deecke-Siegismund I, 26, ist von 
Schmidt p. 65 anerkannt, obgleich dieser in der umschreibung 
Irulal- gesetzt hat. . Ferner hat Schmidt "Ana Vi. XIV, 3, 
Kuüuxcuv XV, 1, gp I, 27, anderseits Deecke-Siegismund ix- 
popptvog.l, 4, cvrvógxoic I, 28, cuvacoag XVI. XVII, aragoas. 
XVIII. Bei der betrachtung der einzelnen stellen wird sich aber 
ergeben, dass iraAAaJigpéva, lxpopp£rog und cvrrogxoi; zweifellos 
irrige lesungen sind, ferner dass die schreibungen XSfuwdoc und 
7699 durch den dialekt der inschriffen nicht sowohl empfohlen als 
abgewebrt werden, und dass die schreibung des namens Aullı- 
xdwy auf höchst unsicherem fundamente ruht. Ueber (c)urdoous, 
das noch am meisten für sich hat, ist vorher nr. 13. gesprochen 
worden, Es bleibt also nur a;po.lo.ni. übrig, das allerdings nicht 
*Anuhuivs gelesen werden kann, weil diese form weiter keinen an- 
halt hat, wohl aber” 4nzAdg»s was auch Deecke-Siegismund p. 228 für 
denkbar, aber in keiner weise wabrsclreinlich erklärt haben. Denn 
wenn auch bei Plato Craiyl. 405 C. auf das “Anddy der meisten 
und besten handschriften nichts zu geben ist, so bürgt doch die 
gesicherte thessalische namensform '^fsiov» (Diull. 1, 220) für dus 
ältere ’AnAwv (mit schwer zu bestimmenden accenten, da die be- 
tonung bei Plato keinen werth hat) das ounmehr gerade dem 
kyprischen dialekte vindicirt werden muss, weil die lesung 4304 
Awr: mit verdoppeltem consonanten nach obigem in den inschriften 
keine genügende stütze findet. Leider findet sich auch anderseits 


Kyprische inschriften, 27 


kein sicheres und ‚entscheidendes beispiel für den ausdruck eines - 
geminirten consonanten durch zwei silbenzeichen. Nur in Inschr. 
XVII babe ich die gruppe *Ku.ru.ro.se.. in der aber die deutung 
des dritten zeichens nicht für sicher gelten darf, Ayvogos ge- 
lesen. Es scheint aber, da gemicirte consonanten nothwendig zu 
zwei verschiedenen silben gehören, die sparsamere schreibung dem 
syllabarischen systeme der kyprischen schrift überall wenig zu 
entsprechen. | | | 
15. Das auslautende c ist vor folgendem vocale bei der par- 
tikel x&c abgeworfen in xà "ar I, 5 und xà HdoAfov M, 1 nach 
der richtigeren lesung (wogegen xug « I, 2. 4. 7. 15. 16. 27. 
xus- Oraoliwı 1, 14), desgleichen bei der prüposition HOG == H00ç 
in dem compositum xosyouevoy I, 19. 21 nach der einleuchtenden 
deutung von Deecke-Siegismund. Es zeigt sich hierin ein aofang der 
in dem kyprischen dialekte der Hesychischen glossen stark her: 
vortretenden neigung das o zwischen vocalen zu tilgen oder viel- 
mehr nach lakonischer weise in den asper zu verwandeln (s. M. 
Schmidt Zschr. f. vel. SprW. IX, 367), die sich aber sonst ín 
dem dialekte der inschriften nicht findet, wie auch die lakonische 
noch nicht bei Alkman. Mit jenen füllen haben Deecke-Siegismund 
p. 236 auch z& puvagous XVII zusammengestellt, wozu nach 
meiner lesung noch 74 üyjowr |, 5. 15 kommt. Es sind aber 
diese fille, wie schon der mangel des ¢ vor - erkennen lässt, 
von jenen verschieden, und es ist hier vielmehr eine abge- 
schwächte form des gen. sg. decl. | zu erkennen, die natür- 
lich am leichtesten bei dem artikel eintreten konnte. Während 
nämlich der ursprüngliche ausgang dieses casus, den wir nach ar. 
7 als -aog zu setzen haben, im arkadischeu dialekte gleichmässig 
bei masculinum und femininum zu -av geworden ist, nur den 
weiblichen artikel zc ausgenommen, bat der kyprische dialekt — 
für die maskulina gleichfalls den ausgang -uv, nur I, 18 nach 
dorischer weise ^;fugvíj« und nach meinen lesungeu VI, 2 Zwrée, 
XVIII, 2 Cooziva, für die feminine dagegen -as, und zwar ge- 
wöhnlich auch im artikel rc. Aber es ist klar, wie leicht hier 
eine abschwücbung durch die abwerfung des so wenig constanten 
g eintreten konnte. Sehr bemerkenswerth ist uber, dass das schwiu- 
den des auslautenden ¢ in einigen fällen auch den nom. sg. decl. 
JI getroffen hat, nämlich Inschr. XI '4gucioquio 0 Agioiuyoguu, 


28 Kyprische inschriften” (1). 


wo Schmidt durch eine zweifellos fehlerhafte besserung -zog ge- 
wonnen hat, XIV, 1 o.na.si.o.ro. | a..., wo der von Schmidt ge- 
gebene text deutlich den divisor zeigt, so dass der name nicht mit 
Schmidt p. 38 für verstümmelt gehalten werden kann, und endlich 
XII, 1 4(pe)l9eus zwi, wo nach dem Schmidt’schen texte das 
c durch einen punkt über dem zeichen mi. angedeutet zu sein 
scheint; Schmidt hat stillschweigend -Seu:ç gelesen. Nicht ganz 
gleichartig ist der gebrauch von 6 für das relative ög I, 12, da 
hier der artikel mit relativem sinne erkannt werden kann, der frei- 
lich selbst das alte ç verloren hat. | 

16. Ein ausdruck des spiritus asper ist bis jetzt in der 
kyprischen schrift nicht gefunden. Die accentuation ist im stàrk- 
sten masse problematisch, und ich würe deshalb sehr geneigt ge- 
wesen sie ganz fallen zu lassen, wenn nicht griechische schrift 
ohne accentzeicheu dem auge gegenwürtig gar zu fremdartig er- 
schiene. Um nun aber irgend ein princip zu befolgen, babe ich 
die erwägung massgebend sein lassen, dass der kyprische dialect 
angenommener massen (nr. 10) hinsichtlich der endsilben, die be- 
sonders durch die betonung beeinflusst zu werden pflegen, gleich 
dem arkadischen am meisten mit dem dorischen dialekte stimmt, 
und habe deshalb, olme irgend eineu werth darauf zu legen, das 
system der dorischen accentuation, die von der gemeinen nicht zu 
erheblich abweicht, zu grunde gelegt; Schmidt und Deecke-Siegis- 
mund haben dieselbe nur zuweilen gelten lassen, während sie 
meistens der vulgären betonung folgen. 

Die bisher erürterten abweichungen meiuer texte von Deecke- 
Siegismund und Schmidt sind grüsstentheils, insoweit sie mehr 
formaler natur sind und häufig wiederkebren, in der Varia Jectio 
nicht berücksichtigt. 


Kyprische inschriften. 


I. Brouzetafel von idalion Luyn. Pl. VIII. IX, 
(Schmidt 1, Deecke-Siegiemund 8). 


A. . | 
1. o.te.|ta.po.to.li.ne.e.ta.li.o.ne.|| 1. öre ra arch Hodadlwy xat- 
Varia lectio. 


Deecke Siegismund: l. ods — 'Edalidr xatercoxwv — |Mä]dos. 
Schmidt: Bddlor. xatepooxor (xareropxour * 308). | 


ivegyracarto (lvzoytdoa*) — 
Tauxsper) ioroi (i*r9) 


Kyprische inschriften (1). 


ka.te.vo.ro.ko.ne.ma.to.i. | ka. | 


se.ke.ti.e.ve.se. | i.to.i. | pi.lo. 
ku.po.ro.ne.ve. te.i. to. o.na.sa. 
ko. | 





(deyvgo *** 5 ** vo, *) — ser (roi) 


zur 


(dießıgıdra). 


8. (a* 12) ya, — 


29 


epogxov Mados zus Kewj- 
Fes, È tot Dioxinguy Fe- 
tes tw Ovacayo- 


2. rau. | pa.si.le.u.se. | sa.ta.si. | 2. gav, faosdevs Sruotxumgos 
ku.po.ro.se. | ka.se.a.po.to. |i. zug d rode “Houde res 
se. | e.ta.li.e.ve.se. | a.no.ko. avwyov Ovdosdov 10v 'Ova- 
ne. | o.na.si.lo.ne, | to.no.na. CIxVa- 
siku.po. 

3. ro.ne.to.ni.je.te.ra,ne. | ka.se. | 3. Qu» roy ljarjga» zug 1ôç 
to.se. | ka.si.ke.ne.to.se, | i. xucsyyntos ljacdui rds av- 
je.sa.ta.i, | to.se. | a.to.ro.po. Sownog rog ! mà) puyus 
se. | to.se.ita.i. | ma.ka.i. | bes- | 
iki. | 

4. ma.me.uo.se, | a.ne.u. | misi. | 4. uapuévog Uvev puodwr. xac 
to.ne. | ka.sa.pa.i. | e.u.ve.re. nus evconiucuiv Paosdeis 
ta.sa.tu. | pa.si.leu.se, | ka. zus d node Ovaoí- 
se. | a.po.to.li.se. | v.na.si. 

5. loi. | kase. | to.i.se | ka.si. | 5. Awe xds Toig xuosyrvytosc 
ke.ne.to.i.se. | a.ti.to.mi.si.to. ar ww pod xa att tà 
ne. | ka.a.ti, | ta.u.ke.ro.ne.| öriewv dopérus EIN toi 
to.ve.na.i.. | e.she.to.i. | 

6. vo.i.ko.i. | to.i.pa.si.le.vo.se.| | 6. rolxos toi fuordncos xàç 
ka.se.. | e.she.ta.i.po.to.li.ji. TA Tb mA OQyUQU ta. 
a.ra.ku.ro. | ta.lta. | e.tu.va. Lra. 7 dupuvose art 10 
no.i.je. | a.ti.to. 

7. a.ra.ku.ro.ne. | to.te. | to.ta. | 7. dgyvour twde 10 1aürwr 
la.to.ue. | pa.si.le.u.se. |.ka. facevo xág a ntodsc ’Ovu- 
se. | a.po.to.li.se. | o.na.si.lo.i. | olAws xüg roig xuo- 
ka.se. | to.i.se, | ka.si. 

8. ke.ne.to.i.se. | a.pu.ta.i. | za.i.| | 8. yoyzoss dat zu Cae tas Pa- 
ta.i.pa.si.le.vo.se. | ta.i.to.i.ro. Gijrcog ras TOi duri 10i 
ni. | to.i. | a.la.pi.ri.ja.ta.i. | "Ahungujutas 16 yweor | 
to.ko.ro.ne. | 

Varia lectio. 

Deecke-Siegismund: 8. 4. {ua]ye Ix[ua]upérog 5. 10 è rien] 
om. 6. deyvow sa’ ta. 4 duraroijy. 7. w(r)ds 10(v) 
:ü (v) 19 sowrs 19 ' Algiosjare (?) 

Schmidt: 2. (Ovacaycgov) — ’Hddlıov (' Hdalérec) 8. 4. 'Ove- 
eizınoor — (larioor) — (i vg * xa) iyuauévos (bu*uévoc) — zacanas 


5. wunogwav xG(c) avts tavxegwy (xaavi 


6. & (i^) — coyiow [= | f= 7 to*vo* 


7. (doyvoov) rwrds 


ta jw 105 iedvi (i 10 pu) — "Alaußgudizes 


30 — Kyprische inschriften (J). 


9. to.ni.to.i. | e.le.i. |'to.ka.ra.u.! 9. zov i" rof. fe, 16 Lave pe 
o.me.no.ne. | o.kato.se. | a. vor "fxaros dlarw xas Ta 
la.vo. | kae. | ta.te.re.ki.ni. réoyrija Tu ?méra 
ja. | ta.e.pi.o.ta. 

10. pa.ta. | e.ke.ne. | pa.no.ni.o.| 10, maze sev au) Ww VEO Spas 
ne. | u.va.ise. | za.ne. | a.te.| (ar deir. n xé ow Ova- 
lene. | e.ke..| sse. | o.na.si. Orlov i] 106 
lo.ne. | e.to.se. | | 

11. ka.si.ke.ne.to.se. | e.tose. ||11. Kay VIITOS 7 _Tög na(dag 
pa.i.ta,se. | to.pa.i.to.ne. | to. | Tw nudwov tev Oracixi- 
nu.na.si.ku.po.ro.ne, | e.she.| © 7m» EIN roi ywgor zoide 
toi. | ko.ro.i. | to.i.te, mE 

12. eshe. | o.vi.she. | i.te.pa.i. | 12. EMwglMAn, "hie nai, 6 £N - 





o.e.she. | o.vi.she. | pe.i.se.i. Nr, neloss Orusiiwi xag 
o.na,si.lo.i. | ka,se, | to.i.se. | 10Îg xuOtyrAToL- 


ka.si.ke.ne.to.i. 
13. se. | e.to.i.se. | pa.i.si. | to.na 19. c 7 roig mascot toy &oyvgor 
ra.ku.ro.ne. | to.te. | a.ra. ku, 1008, agyvow 10.Fau. 
ro. | tu.l.ta. 
14. kae. | o.na.si.lo.i. | o.i.vo.i.| 
a.ne.u. | to.ka.si.ke.ne.to.ne. | 
to.na.i.lo.ne. | e.ve.re.ta,sa.tu. | 


14. xac ‘Ovacthun olcus urev 
TU* xacsyyntwr roy là 


| Eronraoarv Paodev- 
| 


pa.si.le.u. 

15. se. | ka.se. | a.po.to.li.se. | to. (15. $ xüg us mio dopéves 
ve.na.i. | ati. | ta.u.ke.ru. ‚ne. | uri 1a vy nowy 10 AGO oy 
to.mi.si.to.ne. | a.ra.ku.ro. | | Goyuow ne.ITI Ine. 
pe.ll J.pe. 

16. ILzu.e. | e.to.ko.i.je. | pa.si. | 16. I Cui n duixoije Buosdevs 
le.u.se. | ka.se. | a.po.to.li.se. | xüg a mtd Ovaoct- 
o,na.si, 

17. loi. | ati. | to.a.raku.ro.} to. | 17. Awe uri. 70 doyvow Tide 
te. | a.pu.ta.i. | za.i. | ta.i.pa. anv the QUi rüs Baci oc 
si.le.vo.se. | ta.i.ma.la.ni.ja. tat Mularlja- 

18. i, | tai. | peti.ja.i. | to.ko.ro. | 18. + rác medias 16 yweor rà 

Varia lectio. 

Deecke-Siegismund: 9. "'O(»)xe(v)toc. “À Fu 10. nav wüyor 12. 
étogóty, idé ma è itogéEn 18. doyiow ie Te, 15. 16. ra 
vynouwr] om. — Tü(r) puodor doyógw ho uv. E. (?). 5 dwxoijn 18. 
media — yoav[i]usvor — Ago. 


Schmidt: 9. xegevdusvov (xepov-) oxeTOG cda po (daro) — roryna 
10. Zynv navwviwr (mor) v*ıs (v*aig) yav Eyn (exc) IL 12. és (é*; 
-— ic (i*)o*c (o**) sdenas o8¢ o*c (os*o**) 18. tay dgyboor wurde 
deyécu r Ile (coyioo . . .) 14. esha (ler) Exonia carte 
(irontace*) — Tavxpwr (tavxegor) 15. 16. zw» poo dy dgyego 
SIHIS ns # doxos* (dwxos) 17. (roë doyvgou roids &*) — ya — 
(*Aaven ) 18 ([ms]dío) — zagmvöusvor (zagov-) Austria ala pw 
(alaro) — teéyvsa. 


Kyprische inschriften (I). 3 


| xoavbopevor’Aunrija dia cò 
xdg. 1a TÉQ- 


ne. | to.ka.ra.u.zo.me.no.ne. | 
a.me.ni.ja. | a.la.vo., | ka.se. 
ta.te.re. | 

19. ki.nija. | ta.e.pi.o.ta. | pa.ta., | 19. yryjx ta èmora noia, 10 
to.po.e.Ko.me;no.ne. | posse. | noëyoueror nóg Oogro iù 











to.ro.vo. | to,tu.vi.mi.o.ne ka.|  Ou-sulwr xüç nù- 
se. | po. 

20. se. | tani.e,re.ji.ja.ne. | fase. | 20. ¢ rdv leonjyar rc MO drug 
a.ta.na.se, | ka.se. | to ka.po. xdg 18 xanov rà» È Stu 
ne. | to.ni.si.mi.to.se. | a.ro. dos dgotou- 
u.ra. mE 

21. i.to.ti.ve.i.te.mi.se. | o.a.ra.ma. | 21. 4, 70 Apeldeusc 9 “Agua~ 
ne.u.se.e.ke, | a.la.vo. | to po. revg NIE Gaurd, 10 motyo- 
e.ko.ure.no.ne. | po.se. | pa.sa. uevov nog llacayóga- 
ko.ra. 

22. ne. | to.no.na.sa.ko.ra.u. | ka. | 22. », zóv ’Orucayoguv, zus tá 
se, | tu.te.re.ki.ni.ja. | ta.e. TÉoyvu 1ù mora n : 
pi.o.ta. | pa.ta. | eke.ne. || ' rev zarwríog d- 


pa.no.ni.0.se. | u. 
23. vase. | za.ne. | u.te.li.ja. 





23. pei Cav dredlja lora. n xÉ 


i.o.ta. | e.ke. | si.se. | o.na. 01 Ovaouor n róg rmaldas: 
si.lo.ne. | e.to.se. | pa.i.ta.se. | tog ‘0- 
to.se. | o. | 
24. na,si.lo.ue. | e.she.ta.i. za.i. || 24. saofAwr EA u Cas rade 
ta.i.te. | i.e.she. | to.i. | ka. 6 EIN 10i xunos 10ids ÈTNw- 
po.i. | to.i.te. | e.she. | o.vi. filmy, T- | 
she. | i. | 
25. te. | o.e.she. | o.vi.she. | pe.|25. ze, 0 ÉMwpiMn, seloes Ova- 
i.se.i.o.na,si.lo.i. | e.to.i.se. | otlws N roig matot tov üg- 
pa.i.si. | to.na.ra.ku.ro.ne. | yvoor zöde, doyvgw- 


to.te. | 8.ra.ku.ro. 
26. ne.pe.Hfl.pellzu.e. | ite. ||26. » ze II E m Il bv. n. 
ta.ta.la.to.ue. | ta.te. | ta.ve. "uu ta’ Ódhrov ı1ude tà 


Varia lectio. 


| Deecke-Siegismund : 19. TÀ 60 pw tw») 4ovuior (?) 20. Ziu- 
pudos 21. Aoeuveds (?) — Glew 22. navwviws 94. 95. 
] (?) 8 — dEapvin, id, 0 soovey 26. 40 ur. E. (?) idi za 1a- 


ÀAd(v)no» — ride lvaldalicutva. - 


Schmidt: 19. mw (mov) tydpevoy nóg Tooro tov Tu*uor (ro**usov) 
20. iegssav — Ziumdos (Ziuidos apoipu) 21. Aerideus 6 " 40a- 
pavess (Aooveds) — alagw (alaso) tou nw (mov) éyôusroy — (lla- 
céyopory) : 22. (Ovacayógov) — toégvia — narmwrins (n«voviog) — 23. 
vr yar —-tyy (ext) ... V4. dg (8) — È dc (ce) — és o*c (o%*) 
25. idi ces o*c (es* 0**( — thy apyvowr twrds «oyvoov 26. SI IS IL 
us idi 1a 1«Àártor. | 


$2 


27. pa.si.le.u.se. | ka.se. | a.po. : 27, faovdevs xüg & nróAw xa- 
to.li.se. | ka.te.ti.ja.ue. | i.ta. 1i£95a» TF rd 910v. tev 
ti.o.ne, | ta.na.ta,na.ne, | ta. | "A9avar car nig 'H- 
ne.pe.re. 

28. ta.li.o.ne. | ahu.no.ro.ko.i.se. | 28. duhor dv Boxsets pj) Avaus 
me.lu sa.i. | ta.se. | ve.re.ta. Tag poiras 14006 UVpaic 
se. | ta.sa.te. | u.va.ise. | za. té». 
ne. | 

29. o.pi.si.si.ke. | tase. | ve.re.| 29. ont 0‘ à xe zug ponrus 1dode 
ta.se.ta.sa.te | lu.se. | a.no. Aven » Gvoolju ro» yérouv. 
si ja. vo.i.ke.no.i.tu.ta.sa.ke. zug yt 

$0. za.se.tn.sa.te. | ka.se. | to.se. || 30. Cite rode xs tóc xdmog 

= ka.po.se. | to.so.te. | o.i. | o. toode ob "Ovanızungwr na«(- 
na.si.ku.po.ro.ne. | pa.i.te.se. | des xdg zur naudwr ob nu- 
ka.se. | to.pai.to.ne. | oi.pa.| — 

31. i.te.se. | e.ke.so.si. | a.i.ve.i.| | 31. (dec Eso aicel, of 10i 


Kyprische inscbriften (T). 


pi.je. | ta.te. | i.un.la.li.si.me. | 
na. | 











o.i.to.i.ro.n.i, | to.i. | e.ta.li. 
eji. | i.o.si. | 


pina ta se iralaliouéra 


dwri Toi "Hdadsijs Fu os. 


Varia lectio: 


Deecke - - Siegismund: 27. 98. mep' Kdd)ior Corvo gxo:s — roms 
29. one Fontàs 31. &o(»)o* — . 9) Kv) 10 sows To ‘Hdalstjo two. 
Schmidt: 27. noQ 28. paou — vis yày 20. onsososxe 
— Fam — (yevos*) 31. (É£ovas) — toi) ipwrs (tà sowvs — twos). 


C. 


‘Ore rjv "ow ’Idallov EmoAsogxovv Mido xat Kirssîc, 
dy 16 Drioxvxgov Etes vov Ovacaysga, Zruclxvagos xal 4 
xóÀic "Idaisig nvuryov "Ove orhov tov lutijou xaÙ TOUG 
xudsyyntovg douse tous áv9 Qu xovg Toug Èv 1j px Beßin- 
pérovg. zul RI ovrédero Punks xoi 1 nos 'Oractio xoà 
Toig xa Guy vios üvil tov ussdov xci dviù 107 éngelgou dov- 
vor Èx tov olxov tov Puoihëuw xai ix TU noàtuc ágyugov 
tuAuvroy. N didoln ávil 100 deyvolov tovde TOU rad vtov 
Pacihevs zul 7 mos; 'OvacíAo xui toig xu GLY VITO‘ uno "e 
rüs ung. Puosdéws tig (ev) tup ouo 10 Akapıngarn 10v 
8 xügor 10» èv 19 Ehes, 1óv &nroueror "Qxuvrog dunekörog, 


OS t mi 


f 


0D 200 à 


10 xai tà téoyrn tà énovru návro Eye Our nuon èvjos ext 
11 ffov dred. Riv ng 'Ovácilov À 1005 xacyvirouc 7 TOvE 
12 naidag rav nulduv tuv "Ovacixóngov ix rov tuçou zoude 

e5won, 5390 "p 0ç (ay) dolor, 1108 Oruclhg xal iig xu- 
13 Giyritos: 7 roig naioi tov agrugov rorde, deytgov tadurioy. 
14 Kai ’Oruoliw olo areu ir xuciyratwr twr &ÀÀwy Gvr- 


Kyprische inschriften (I, 1). 83 
víJuso fucshsèc xai 7 mods dowm dvi rob dmsyelgov roi 15 
puusdoù agyugov d' redéuss;, B [ovcac Nuov. 1 didoln Ba- 16 
Gslede xal 5 mólig OruG(Ap avit tov ágyógov tovds ro zig 17 
yüs tig Paosdéws rig Mudavius tas mediados roy ywpov tov 18 
antôperor “Apevia aumediivos xai tè Tíoyyn ta énôvru, tov 19 
moocezoperor 2006 Qovgoy zöv Quiulov (?) xui neds tiv 20 
ibgesav tic Adijyng xai wy xjxor r0» dv Zipidoc deovga, 21 
ov 4Adepuss 6 ’Agpuvoug elyer durnediova, tov nQoctyópevoy 
mods Iadayogay 10r Ovacuyoga, xal id tkoyvy 1à dadvra 22 
mavia Eyew Gv» wisn dence Ent flor died Ova. dd» ric 23 
Oracuor n roùç xaidug rovg OvacíAov ix ing yîg rijode f 24 
éx 100 xnnov roede tEwep, Erder, ds (ar) REuion, os Ova- 25 
ofl i] toig æuioi tov ügyvgor torde, ceyvgov d' meléxeis 26 
PB Covoas nusov. “EvOey 1v déliwy rude te Eng ta 1e èy- 27 
yeyoauptra Puordevs xai ) mods xattIgear dg rh» Seor 
thy "Any riv ntoi ’Idalior our dpxoss py Adam ris ÿr- 28 
teag taoda mi fov. Ènei Ti dv tag Qiiqus ruode Avon, 29 
«rogcía ol yévesto. Tus ye yüç 10068 xai move xirove 30 
tovsds of ’Ovacizingov nuides x«l rw» nuldwr of mœuides 31 
EEovass del, of (kv dv) 14) dip 10 ’Idulusi wos. 


Z. 1. Die Strassburger buben gerade zu anfang dieser in- 
schrift unglück gehabt; ihr irrthum xarecdgxwy für ein compo- 
situm von Ogxoc zu nehmen ist verhängnissvoll geworden. Sie 
sind nämlich dadurch veranlasst das erste wort o.te. als «ds zu 
deuten und in der inscbrift einen eidlichen vertrag zu finden, durch 
den küuig Stasikypros und die bürgerschaft von Idalion sich gegen 
die Perser und Kitier verpflichten dem aus Kition zur behandlung 
der verwundeten verschriebenen arzte Onasilos nebst seinen brüdern 
in geld oder länderei einen gewissen lohn zu zahlen. Die vielen 
bedenken dieser auffassung sind, wie p. 240 drei ilir beigegebene 
fregezeichen erkennen lassen, den verfassern selbst nicht ganz ent- 
gangen; namentlich ist ausser dem angenommenen seltsameu ver- 
hültmisse der Perser ihnen mit recht besonders schwierig erschienen, 
dass Onasilos für die dv i7 payn verwundeten berufen wird, ohne 
dass dieser kampf näher bezeichnet wäre. Ferner sind dieselben 
durch jene deutung auch bewogen in z 5. 15 eine unnatürliche 
construction anzunehmen (s. unt.) und in z. 28, um das in z. 1 
vermeintlich gefundene digamma von Goxoç nicht ganz fallen zu 
lassen, in Gwrvoguor eine ganz verkünstelte und verwerfliche le- 
sung aufzustellen. Aber für ögxoc ist das digamma überall aus 

Philologus. XXXV. bd. 1. 3 


84 Kyprische inschriften (I, 1). 


dem innern hiatus von dn/opxog mit unrecht gemuthmesst; die ho- 
merischen gedichte zeugen aufs entschiedenste für neckton vocali- 
schen aelaut, und die alten von Vekonomides publicirten lokrischen 
inschriftes von Chaleion und Naupaktos, die das digamma beson- 
ders treu bewahrt zeigen, haben das wort ohne c. Sehr viel 
richtiger bat Schmidt p. 42 xarepooxwr wit zoAsogxeiy verglichen 
und p. 68, indem er jenes o.te. für ore nimmt, in dem ersten sutze 
die zeitbestimmung erkannt „als die Meder und Kitier Idalion be- 
lagerten*, wodurch nun die uoyn z. 5 verständlich wird und auch 
alle übrigen anstösse wegfallen. Der in zoAsopxer» enthaltene 
stamm fox ist ohne zweifel mit dem von £gxog identisch, insoweit 
dieses eine umschliessende verzäunung und dann auch den um- 
schlossenen raum bezeichnet, Spuren des digamma von £oxog er- 
scheinen bei Homer in den biaten E, 90 ov: agu Egxea und c, 
102 wort £gxlov; aber eine viel grössere anzahl von stellen wider- 
strebt freilich dem digamma. Ein theil derselben zeigt die bedeu- 
tung äbwehr, schutz gegen etwas, wie Foxog Peléwr, in 
welchem sinne das wort offenbar mit dem äolischen dgxog loyvQw 
Péievs Alc. 15, 4 identisch ist und zu dgxrir, arcere wie auch 
der wurzel dix gehört, entschieden ohne digamma. Es begreift 
sich aber, dass frühzeitig eine vermengung dieser beiden verschie- 
denen wörter foxoc eintreten und den efwas jüngereu homerischen 
säugern dadurch das bewusstsein des digamma iu dem ersten ab- 
gestumpft werden konnte, Auf weitere etymologische combina- 
tionen mag ich mich hier nicht einlassen. Sowchl Deecke-Siegis- 
mund als Schmidt p. 88 haben nun ihr xarerogxwr für eine con- 
trahirte form (aus -xoor) genommen. Aber nach der analogie des 
arkadischen dialektes, der in der grossen inschrift von Tegen die 
gewöhnlichen verba contracta sämmtlich in äolischer weise mit 
starker flexion bildet und namentlich auch L 18 Caproviw, 52 La- 
peoviec, wird auch hier richtiger ein verbum xeracogxwps anzu- 
erkennen sein, von dem dann 3 pl. praet. nach einem ganz allge- 
mein geltenden gesetze, das aber speciell von dem höotischen 
dialekte bezeugt ist (Diall. 1, P 46, nr. 6), , auf das verkürzte 
-ov ausgeben muss, also XUTEFOQXOY. 

Während nun Schmidt in dem obigen puncte richiiger geur- 
theilt hat, ist er dagegen durch das verkennen der kyprischen 
genetive singularis auf -wy (s. vorbem. 7) zu -der wunderlichkeit 


Kyprische inscbriften (1, 1—-3). 35 


verleitet statt des einen eponymos QAoxvmeog ra? OraGuyoQuv 
(wahrscheinlich des cgysegevs 175 vijcov) p. 68 eine behörde gs- 
Aoxurrgos oder eine obe dieses namens anzuerkennen, aus deren 
collegium oder aus deren. mitte gerade damals Onosagoras (sic) 
als vorstand auf ein jahr oder kürzere zeit fungirte. 

In dem namen von Idalion ist das anlautende e., das die ky- 
prischen inschriften hier und sonst überall zeigen, von Schmidt für 
7, von Deecke-Siegismund für e genommen, wobei diese die con- 
stante länge der ersten silbe bei den griechischen und römischen 
dichtern aus einer metrischen production erklüren. Schmidt hat 
sich für seine auffassung p. 83 ausser jener länge der silbe auf 
die sagenbafte etymologie aus sîdov “dicov Stepb. B. und auf die 
ävlischen formen dxzäves, ywnuvdior für dxiives, weu- (Dial. I, 
95) berufen, und ich bin ilr um so mehr gefolgt, weil auch das 
kyprische selbst ein schwunken zwischen & uud 7 erkennen lässt, 
da i. z. 24 offenbar nichts anderes ist als ? — 7 oder, das die 
inschrift oft bietet, vgl. auch zu inschr. XV, 3 über ma.ke.ri.o. — 
Mayigío, und XVII, 2 Oogriva. Das von Deecke-Siegismund 
gelesene "EduAuor (wie auch Il, 1 Kery xa "EduAwov) als con- 
trabirte form des gen. pluralis von *Edulueuc ist zweifellos falsch, 
da die contraction für den kyprischen dialekt, der in den würtern 
auf -euç (wenigstens in den betreffenden inschriften) noch das £ 
oder ein stellvertretendes j (vorbem. 11) zeigt und überall:das alte 
xy erhalten zu baben scheint (vorbem. 9), ganz unglaublich erscheint. 
Besser ist daher Schmidt's "Hdadcov; uber dem alten griechischen 
sprachgebrauche entspricht doch viel besser zro2 '"HóuA(w» = 
*"Idulfov, s. vorbem. 7, wie von mir auch Il, 1 gelesen wird. 

Die lesung Mido:, von Deecke- Siegismund für unsicher ge- 
halten, weil über das silbenzeichen ma. noch zweifel waren, ist 
jetzt ganz festgestellt, nachdem in inschr. XV jenes zeichen als 
erstes eines namens ma.ke.ri.o. gefunden ist, während zugleich ky- 
prische inschriften griechischer schrift einen ’AndAAwv Maytgioc 
oder Muysiquos geliefert haben, s. Schmidt p. 66. 

Z. 2. 3. Schmidt. ist hier wieder durch das verkennen des 
genetivs auf -wr zu dem verkehrten "Ordodar rov "Ovactavaoov 
verleitet , wobei er p. 69 eine obe der Onasikypren vermuthet. 
Aber auch die andern stellen, wo derselbe name erscheint, 2. 11. 


36 Kyprische inschriften (I, 2—4). 


30, werden nur verstündlich, wenn man den Onasikypros als vater 
des Ünasilos und seiner brüder erkennt, 

Z. 3. 4. Sebwierigkeit mucht ikima.meno.se, Das von 
Deecke-Siegismund herausgebrachte ixuauuéyoç, das „vielleicht 
blutbenetzt, verwundet von ixualrw“ bezeichnen soll, er- 
scheiot in der angenommenen bedeutung ziemlich abenteuerlich, 
widerspricht aber auch, wie schon anm. 6 bemerklich gemacht ist, 
den von Deecke-Siegismund selbst aufgestellten leseregeln, die für 
jene lesung vielmehr $ka.ma.- fordern würden. Auch die annahme 
der einfachen schreibung eines geminirten consonanten ist nach © 
vorbem. 14 unrichtig. An ähnlichen fellern leidet die von 6. 
Curtius zugegebene vermuthung eines ixuauéroç von xüurw, wo- 
bei ?- anscheinend die reduplication vertreten soll!) Schmidt 
hat lpujauévog geschrieben, ohne irgend eine andeutung zu geben, 
wie diese rätbselhafte form verstanden werden solle. Mir scheint 
es am natürlichsten ein derivat der wurzel ik anzuerkennen, die im 
lat, icere gerade den von zusammenhange geforderten sion hat, 
nämlich ‚in pugna ictos“. Das griechische bietet freilich eine 
spur dieser wurzel zunächst nur in Hesych. ixzé« : dxovtsoy, 
mámlich als instrument des icere 19) (genaueres s. unt.), und viel- 
leicht in 2x d G4 : époouïjou, wofür M. Schmidt alyuaca: ver- 
outlet, während es mit diesem vielmehr nur synonym sein wird, 
vgl. EtG. 24, 1 alypatesv ro xiveîv. Aber auch alyur lässt 
sich leichter aus der gunirten wurzel ik erklären als mit Curtius 
p. 668 und Pott WW. I, 516 aus «x-iun mit einem ungewöhn- 
lichen überspringen des + Der kreis der verwandtschaft erweitert 
sich, wenn man mit Priscian. X, 1, 479 anerkennt, dass icere 
eigentlich dasselbe wort mit jacere ist, Die bedeutungen beider 
verba vereinigen sich nämlich auch in dem griechischen Salles 
und sind im lateinischen nur für die beiden verschiedenen formen 
der wurzel auseinandergegangen, von denen ik offenbar aus jak 


12) Curtius beruft sich anf Hesych. xsxuères : xexoniaxey. Das 
dürfte aber aus xéxuaxs verderbt sein und bringt jedenfalls in keiner 
weise eine für den sinn der inschrift passende bedeutung. 

18) Sehr uurichtig hat W. Dindorf Thes. IV, 576. A Îréx gebes- 
sert („Aaud improbabilter‘ nach M. Schmidt), während er selbst ebd, 
720. D nachgewiesen hat, dass ire keinesweges, wie sum theil ge- 
glaubt war, als bezeichnemg des speeres verwandt ist, sondern des 
schildes. 


Kyprische inschriften (1, 3. 4). 87 


susammengezogen ist. Diese wurzel jak erscheint nun aber unter 
nothwendigem verluste des j auch im griechischen, nämlich zu- 
nächst in Hesych. ax zéa : dogursov (cod. dogara), xuuak, das 
offenbar mit dem obigen Ixrée von w. ik identisch ist. Aber ei-. 
gentlich ist axıda, contr. dxij (wofür häufig falsch Gxraía und 
dxın, 8. Thes. 1, 1, 1357, C., 1367. A) der name des baumes 
sambuous hollunder, der nach ausdrücklichem zeugnisse zu spee- 
ren benutzt wurde, s. LSeg. 63, 26 Bachm. fcrs dérdgov, 0 xa- 
AMizoas dxrg (l Gxtij), ag où ta axovria téuveras, Phryo. Bekk. 
28, 8 v; deri, rot utd, ag’ où 14 dxovria réuveros. Ks ist 
biernach klar, dass der baum von einem verlornen dxıor = ja- 
culum benannt ist, nämlich nach seinem producte wie z. b. ovxéa, 
cwx von ovxov, dass dann aber der baumname wieder zur bezeich- 
nung des speeres gedient hat wie geAln lanze, vgl. auch Freu 
schild. Ein anderes paragogon jenes dxro» ist axzlc, das in der 
byzastinischen sprache auch den baum dxz bezeichnet. In seinen 
gewöhnlichen snwendungen uuf die strahlen der sonne, des blitzes, 
der augen entspricht es auf das genaueste dem deutschen strahl, 
mhd. strdle f., und hat gleich diesem unzweifelhaft ursprünglich 
die bedeutung eines geschusses, wie denn in allen jenen anwen- 
dungen auch ó6Aoc gebraucht wird. Aber auch xw» speer wird 
nunmehr viel glaublicher auf w. jak == ik zurückzuführen sein 
als, wie allgemein geschieht, auf w. ak mit dem begriffe scharf, 
spitz. Eigentlich ein altes participium bedeutet das wort dann 
den treffenden und verwundenden (fuAlwv, feriens), was 
für diese waffe viel bezeichnender erscheint als die erklürung 
„scharf seiend*, wie u. a. L. Meyer Vgl. Gr. II, 87 1%). Auch 
erscheint nan Hesych. Wxovtes : Gxovrlhorres, das man wegzu- 
bessern bemüht gewesen ist, gar nicht so unglaublich, nämlich als 
einziger verbaler rest des alten äxw == jacio. Hiernach darf also 


14) Die von Curtius nr. 2 und Fick p. 1 gemachte zusammen- 
stellung von dxe» mit skr. apa", die von jenem durch die dem indi- 
echen worte beigelegte bedeu „wurfgeschoss“ besonders plausibel 
gemacht ist, beruht nur auf schein. Nach PWb. I, 510 bedeutet 
aran „schleuderstein, stein, fels", verwandt mit agna stein und agman 
stein = éxuev amboss und nach Hesych. kyprisch dAergéfarov 
mörserkeule (Curt. nr. 3) Es ist hier also der begriff stein of- 
fenbar der wesentliche und der gebrauch zum schleudern nur ein zu- 
fälliger. 


38 Kyprische iuschriften (J, 9-—5). 


nun ein altes ixfua = ulyun, axwy angenommen werden, ‘woher 
ein kyprisches verbum Lupa- mit part, perf. lxiuap£rog, ziemlich 
= fxoruopéros, nur wohl mit etwas weiterem sinne = ffefAg- 
pévog, ictus. 

Mit ka.sa.pa.i. hat sich Schmidt p. 60 noth gemacht und hier 
sogar xa(¢) cupg zu lesen vorgeschlagen. Zweifellos richtig ist 
von Deecke-Siegismund x«c zu, erkannt, vgl. z. b. Plut. Phaedr. 
229. C xul xov tle dors fwuòs avrods, und noch besser, da na, 
na = nc, muc (Diall. II, 369 4f), das bei Herodot beliebte xaf 
xw6, Her. Ill, 108. 150, V, 102. VII, 194. In ähnlicher weise ist 
nus Buch z. 12 gesetzt. Der hiufige anscheinend pleonastische 
gebrauch der indefiniten adverbia zov, 7, zwc entspricht der 
gleich gewöhnlichen urbanen verwendung von 76, Ti. 

Das folgende verbum -ceyracFu: ist von dem z. 28. 29 er- 
scheinenden rcgia = Ödrjrgu abgeleitet find bedeutet also eine 
ójtQ« „einen vertrag“ machen. Nach der natürlichen construction 
sind mit demselben die folgenden dative "Ovaotdws xai 101ç xu- 
Oiyvjiosg zu verbinden, nicht mit doptru, zu dem Deecke-Siegis- 
mund, durch die unrichtige auffassung der ganzen urkunde (s. zu 
z. 1) gezwungen, sie gezogen haben; eben so z. 14. Den sin- 
gular, der bei dieser stellung der worte vollkommen zulüssig ist, 
haben dieselben an beiden stellen wegen z. 6. 16 (s. unt.) dem 
von Schmidt gesetzten plural anscheinend mit recht vorgezogen. 
Was dieser mit seiner wunderlichen schreibung ?wvvogi«oariv ge- 
meint hat, ist mir unverständlich, Richtig urtheilen Deecke-Sie- 
gismuod über eüroqacarv neben der ursprünglicheren form 2-gn- 
1«0u1v z. 14. Die kyprische schreibung zeigt gerade deutlich, 
dass das v in jener ein echter vocal und also ev ein echter diph- 
tbong ist. 

2.5. Mit taukero.ne. hier und z. 15 haben weder Schmidt 
‘noch Deecke-Siegismund etwas anzufangen gewusst, Diese möchten 
ein wort wie 2ziyssga oder noch lieber ein wort für arzueimittel, 
etwa üy(s)nga, erwarten; aber das anlautende ra mache schwie- 
rigkeiten. Mir scheiut nun dieses ganz evident der artikel sein 
zu müssen, und zwar kann es dann nur 214 als gen. sing. fem. 
für zug sein wie in zá cav«7Nag inschr. XVII (vgl. vorbem. 15). 
Somit ist in u.ke.ro.ne. ein gen. sing. fem. decl. ll zu suchen, und 
ich babe in demselben vygQw» als gen. singularis eines vynoog f. 


Kyprische inschriften (I, 5—7). 39 


 amerkannt, das für ein compositum von gelo zu nehmen, Das 
präfix v- findet sich ausserdem in Hesych. vAoyog : orgarde. 
JlegyaTos und ist für eine partikel zu nehmen, die auch den stei- 
gerungsformen $-Gregoc, v-Grarog und dem kyprischen prüpositio- 
nalen bras; z. 10. 22. 28 zu grunde liegt. Die bedeutung dieser 
partikel erscheint am deutlichsten ‘in üorsgos, Sorazos. Denn diese - 
sind ganz synonym mit dnforeges, Önlorurog (über die steigerungs- 
suffixe -Oregoç, -Grazos s. zu inschr, II, 3), die auf ein om- zu- 
rückgehen, woher auch ó;309e und àxícow. Diese aber bilden 
den directen gegensatz zu 700098 und mgoccw von zgo, wie häu- 
fig ini au no0, z. b. MMgoundeug ’Emundeve, mooyovos éxtyovos, 
zoóAoyog énfdoyoc, und lassen dadurch erkennen, dass jenes óm- 
nur eine andere form für éaf ist, die sich ausserdem auch in He- 
sych. bwsffaA : nrépra (vgl. intu Aos : nrtova:) und 0 xtoa- 
Swrgov : 5 íwigc tov rooyoù (sonst àní(cgw:Qov) erhalten hat, 
wo von M. Schmidt und Thes. V, 2092. A unrichtig verderbniss 
des e in o angenommen ist. Es erscheint auch das o ebenso in 
lat. ob, osk. op = Erf. Wie also in Uoregos, voraros das è = 
et, so lüsst sich auch, da éxsdéyeodus der gewöhnliche ausdruck 
für das ausheben eines heeres ist, #Aoyog == orouroç als éni- 
Zoyos, d. b. als exercitus conscriptus fassen. Dass sich auch das 
kyprische vcass gut auf den begriff von Zi zurückführen lässt, 
wird unten zu z. 10 erhellen. ‘Wenn nun aber jenes v- mit zi 
synonym ist, so ist das von mir ‚hergestellte kyprische & üyngog 
nichts anderes als das gewöhnliche ró éntyesgor, wobei wegen des 
weiblichen geschlechtes am besten das bóotisehe à covyygugoc C. I. 
nr. 1569 und arkadische & ovyygapog Teg. I, 1. 55 verglichen 
werden kann. Der ausdruck ist bier in dem sinne eines über den 
eigentlichen lohn hinaus gegebenen zugeldes zu verstehen, vgl. He- 
sych. önljsıga : ta unig rov puodov didouera 10ig yesgorty- 
raiç, wie denn im oriente auch jetzt regelmässig ein solcher 
bekschisch erwartet wird. In z. 15 ist deshalb dieses zugeld 
tygpog tH uigDuy» = 109 10900 genanut. 

2. 6. 7. Sicherlich bezeichnet Foîxog hier nicht das schatz- 
haus, wie Deecke-Siegismund wollen, sondern das besondere kénig- 
liche vermögen im gegensatze von 27h züs mode, vgl. Il. 45, 558. 
"Avrüoy’, ei uiv di ue xelevers olxoter addo | EPugAm éridoüvai. 
In der bezeichnung der geldsumwe durch die gruppe f= | f= (se 


40 Kyprische inschriften (I, 6. 7). 


auch z. 13) haben Deecke - Siegismund das zeichen |», das in der 
kyprischen schrift ta. bedeutet, hier an der ersten stelle für das 
phónizische zeichen der zahl zehn genommen, an der zweiten als 
abkürzung von z«4avr«, sodass eilf talente herauskommen. Diese 
deutung trügt aber doch nach allen seiten den stempel der un- 
wahrscheinlichkeit, auch hinsichtlich des betrages der summe, was 
die verfasser vergebens zu bemänteln suchen. Der arzt Demokedes 
wurde nach Herod. Ill, 131 von den Aegineten für ein talent ge- 
dungen, dann von den Athenern für 100 minen, zuletzt von Poly- 
krates für zwei talente. Die natürlichste annahme scheint mir nun, 
dass das zeichen fa. beidemal als abkürzung für vaAavzor dient, 
und dass nach einer kyprischen sitte dieses münz-sigel. auf. beiden 
seiten der zahl gesetzt ist, gerade als wenn wir schreiben wollten 
rthlr. 57 rihir., welche sitte auch bei der andern summe z. 15. 
26 bestütigung finden wird. So kommt dann die glaubliche summe 
von 1 talent heraus, wobei dann natürlich z. 7 zwde 10 taiarwr 
als gen. singularis zu lesen ist. Schmidt hat bei beiden geldsum- 
men sich jeder erklärung enthalten. 

In dvFavoljn und der correspondirenden form z. 16 scheinen 
mir Deecke - Siegismund zunächst in der erklärung des letzten zei- 
chens, das ausserdem. bis jetzt in einem unverstündlichen bruch- 
stücke Vog. HI, 3 gefunden ist, einen glücklichen griff gemacht 
zu haben. Durch seine erklärung als je. sind hier nämlich zwei 
optative gewonnen, die dem zusammenbange der rede sehr gut 
entsprechen, wenn man den seltneren gebrauch des optativ ohne 
ow oder wg in hauptsitzen der oratio obliqua anerkennt, vgl. 
Kübner Ausf. Gr. p. 593, anm. 2. Unrichtig haben Deecke-Sie- 
gismund durch „es möge geben“ übersetzt; der optativ setzt. viel- 
mehr den von evFontacaw abhängigen infinitiv dof&vas fort, also 
richtiger „es werde geben“. Denn allerdings scheinen die beiden 
verba dem zusammenhange nach den begriff des gebens enthalten 
zu müssen und von Deecke-Siegismund richtig für derivata der 
wurzel do genommen zu sein, zunächst dvfavoljn (wie Deecke- 
Siegismund geschrieben haben) als von einem dufurw, das mit 
parasitischem F-von der wurzelform dv == do gebildet sei. Diese 
ist von ibnen durch lat. duim, umbr. pur-tuvitu u. a. gerechtfer- 
tigt, vgl. Corssen Kr. nachtr. 239, Ausspr. 1, 364, Curt, n. 270; 
aber auch gerade für den kyprischen diulekt wird sich spüter 


Kyprische inschriften (I, 6—8). Mm 


tmechr. II, 3 ein beleg derselben finden, der noch nicht erkannt 
war Am meisten schwierigkeit macht die angenommene form 
des optativs mit verstärkendem y, die sich sonst nur bei der star- 
ken flexion und den contrahirten verben findet; Deecke-Siegismund 
sind über diesen punct etwas leicht weggegangen. Mir scheint 
eine form duFuvosjs besser gerechtfertigt werden zu können. Der 
dem griechischen optativ entsprechende potentialis des sanskrit 
bildet nämlich iu der ersten conjugation, welche den griechischen 
verben auf -w gleichsteht, die 1 singularis auf -Yam, 7. b. tud- 
djam, wes für 2. 3 singularis in consequenter weiterführung die 
endungen -djas, -èjat ergeben würde, während hier die kürzeren 
fermen -de, - (= gr. -otc, -os) herrschend sind. Jenem durch 
die analogie der ersten person geforderten -djat entspricht nun 
aufs genaueste ein kyprisches -oı je. Es stimmt dazu aber auch 
die gemeine endung der 3 pluralis -oser, kyprisch olıne zweifel 
-osjer, die allerdings auch einer 8 singularis -oln entsprechen 
könnte. Ausserdem hat sich jene art der optativ-flexion, bei der 
die eigentlichen endungen durch einen kurzen vocal verstürkt sind, 
in dem äolischen optativ des aor. I erhalten nämlich singul. 1. 
-ua, 2. -tiag, 3. -ese, plur. 3. -ssur. Schmidt hat sich zu den 
beiden fraglichen formen selr negativ verhalten, In nachtr. Il 
bat er freilich die deutung jenes zeichens als je. nicht unbedingt 
verworfen, aber doch sehr unwahrscheinlich gefunden, dass das 
e des optativs durch ein parasitisches j noch verstärkten ausdruck 
gefunden habe, während es im lesbischen Zayonv ganz weggefallen 
sei, was aber offenbar für den sehr verschiedenen kyprischen dia- 
lekt nicht das geringste beweist; auch hat er dufuvofjy ohne 
weitere angabe der gründe unter die völligen &moru gerechnet. . 

Z. 8. Ueber Za = y} s. vorbem. 12. Die gruppe ta.i.to.i. 
ro.ni. ist von Deecke-Siegismund zu Î(>) tw sous gelesen und 
x. 91 o.i.to.i.roni. o(T) l(») zw gw», unter zusetzung eines 4, 
wobei sie ein few» oder four mit der bedeutung „bezirk, gebiet“ 
ale von dem semitischen Zr stadt abgeleitet anerkennen. Schmidt 
bat x. 8 rà iy roi iguri und z. 31 of ro(i) iQu»« geschrieben, 
beidemal unter zufügung eines +, und fasst p. 68 igo als ein 
periektikon im sinne von ,heiligthümercomplex, tempelgütercom- 

“ ohne an der contrahirten form von íegog anstoss zu neh- 
men, die dem dialekte der kyprischen inschriften sonst fremd. ist. 


42 Kyprische inschriften (I, 8. 9). 


Es ist aber vielmehr, ohne dass der mangel eines subscribirten oder 
andern , angenommen zu werden braucht, zu lesen zus roi (en, 
und z. 31 of roi fwyé und ein (uy m. echten indogermanischen 
ursprunges anzuerkennen, nämlich identisch mit dem zendischen 
ravan m. ebene, thal, das Fick p. 166 mit lat. rü-s, goth. 
rims zomog und adj. svgvymwoos, ags. rü m m. spatium, locus, adj. 
spatiosus zusammengestellt bat. Aus ravan konnte durch zusam- 
menziehung leicht guy werden; das analoge zow» (so schon Hom.) 
lässt die zusammenziehung durch die andern formen sgwdreg (Hom.), 
menu, motu erkennen und ist von Fick p. 129 mit skr. provana 
abschüssig zusammengestellt. Eine spur jenes' stammes rav- 
findet sich auch in Hesych. jawd0v : dygaviov, yQosxov, von 
M. Schmidt für eine verstümmlung ans dyçavAdr genommen, aber 
doch wohl eher («v-Aó» zu theilen und auf ein fau = rü-s zu 
beziehen. Das neuentdeckte (uv zeigt z. 31 einen weiteren sinn, 
da es hier das ganze gebiet von ldalion bezeichnet, z. 8 einen en- 
geren auf ein stück jenes gebietes beschränkten. Synonym würde 
z#oa sein; da ich aber in der paraphrase ein musculinum ge- 
brauchte, habe ich djuoç setzen zu dürfen geglaubt, das bei Homer 
auch jenen weiteren sinn zeigt. In dem rot $wri liegt num deut- 
lich ein echter lucativ vor, welcher der präposition à» nicht bedarf, 
wodureh die anderen schwierigkeiten der lesung beseitigt werden. 

Die folgende gruppe ist vou Schmidt wegen eines noch jetzt 
bei Idalion befindlichen. ortes "Æluuxroa (s. p. 49) “ddeuPysd ros 
geschrieben, wobei man aber nicht einsieht, weshalb er das f vor- 
gezogen und dem ausgange auffallender weise -u4 statt des sonst 
von ihm gesetzten -a gegeben hat; in der abhandlung ist p. 60. 
68 "Alapngsuse gesetzt. Deecke-Siegismund haben für ihre le- 
sung keinen weiteren anbalt gehabt. 

Z. 9. Die gruppe ha.ra.w.o.me.no.ne. wiederholt sich in der 
purallelstelle z. 18, nur dass hier statt des zeichens für o ein an- 
deres sehr seltenes erscheint, das deshalb von Brandis p. 667 nr. 
45 und Schmidt für ein zweites zeichen dieses vocales genommen 
ist, was sehr bedenklich, weshalb Deecke-Siegismund auch die be- 
deutung desselben noch für unsicher halten. Ihre lesung ygavo- 
uerov t. 9 (Schmidt hat keine deutung versucht) scheint mir nun, 
obgleich sie selbst sich sehr zweifelad aussprechen, durchaus preis- 
würdig zu sein. - In z. 18 könnte man, wie schon vorbem. 12 


Kyprische inschriften (1, 9). 43 


bemerkt ist, leicht an youvjouerovy denken, wird aber doch rich- 
tiger jenes zeichen für 20. nehmen und yoavbôuevoy lesen. Denn 
diese einschiebung des È bei verbis puris, auch sonst nicht eben 
selten (Curt. p. 612 ff). ist EtM. 485, 41 ff. gerade für den ky- 
prischen dialekt mit dem auffallenderen beispiele xaAnlo statt fol. 
xalju = xaléw bezeugt, und ein ygavtw findet auch in dem 
wesentlich identischen y0w$w (s. unt.) eine stütze. Dass sich in 
derselben inschrift die formen yoavw und yguutw gleichbedeutend 
nebem einander finden, ist nicht auffallender als die schreibung 
eëFenrucate 2. 4 neben ?Fográcu:w z. 14.  Deecke - Siegismund 
meinen nun, weil yoave Il. ‘E, 138 „streifen, leicht verwunden“ 
bedeute, künne youvouus hier wohl den sian von „berühren, an- 
grenzen“ haben, der dem zusammenhange entspricht. Sie hätten 
diese bedeutung besser begründen können. Denn gerade der ver- 
langte begriff der annäherung und berührung wird in dem homeri- 
schen yeavog vou sehr guten auctoritäten anerkannt, nämlich 
Sch. A. yavog, Sch. BL. 97, EtM. 182, 37 yow dmoër rà 
&nropae xai ninosdlw, èE ov nmagaywyor yQav« (nach Et. Par. 
nr. 2630 aus “Hoaxdeldns regi Éruuoloytuc), wozu EtG. 100, 41 
die stelle E, 138 gefügt ist; ferner EtOr. 67, 1 fou ("ua you 
to ninciabw muga i10» yeüiu 10 muguywyor yQuv c (mit E, 
138). ot1w DiAo&erog àv 16 negì porocvAlafwr, woher das erste 
auch EtM. 408, 32 mit 7 wg Afyes "Roos, Eustath. 1063, 30 
(yeatoas) xouiüg xai yooùs noskv Enupyr dot. Die jetzt 
vorberrschende erklirung durch „ritzen, leicht verwunden", bei den 
alten Evous, xaratvou, ÉmEvou, Guvbni, yoayaı (s. Scholl, Pa- 
raphr., Apoll. Lex. 168, 25, Hesych., Eustath. 531, 10 youvous 
zo énsmoiiic Séous elg adtay Tor ygoUr ro Owuatoç) ist danu 
aus jenem begriffe der berührung, zugleich mit unrichtiger bezie- 
bung auf yows, nach dem zusammenhange der homerischen stelle 
erst geschlossen worden, s. besonders Eustath. 1547, 62 avous 
x&1à TOUS madasodg zul 10 HıyElv xai apacdus, oFev youvous 
ro rob yooòs avou, EtM. 814, 3 yoù . . . 10 Ew, 2 où xgavo 
zeavow "IAsudog € yoavog arti 100 amity tn GAlyor 10v yowra, 
Imtvor, ntor mgeseyyloy. ano tov YQuwros, you, olov nooopudoy 
xai mgoogicy. Aber viel besser ist die seltnere erklärung durch 
mangas, s. Hesych. yoavon : xuregvdy, wAygy und Choerob. iu 
Psalm. 74, 29 ge 10 nigocw, ti ov xara magaywyhy yoavw 


44 | Kyprische inschriften (I, 9). 


(mit E, 138), wie auch in Quint. Smyrn. XI, 76 fva yeavcaria 
dıw&n (von dem drachen, dem der schwanz abgehauen) dieselbe 
auffassung vorliegt. Denn yoavw im sinne von mágGcw wird 
durch. den gebrauch bei Herodot gestützt, VI, 75 évéyoave dg 10 
meoCwnoy tO oxjmıpov. Es hängt aber auch 24/006 mit #e- 
iuoaı, nflag, nAnclor eng zusammen (Curt. nr. 367), also mit 
dem begriffe der nähe. Auch in der glosse Fygavcer : dné- 
tuyevy Hes., die sich auf eine verlorne stelle beziehen muss, seigt 
die erklürung den begriff der berührung. Diese wiederholt sich 
in Hesych. ygavcas : xatakvoa. yourus. Omacuı. yeawpas. im- 
zuyeiv, wo die erklärungen yguva:. cauda sich auf das von you 
abgeleitete 7owbw oder ein damit gleichgestelltes youviw beziehen. 
Ein zweites seltneres yowlw zeigt sehr entschieden den begriff 
der engen berührung, s. Hesych. yowles : curante, ynlagè, 
Eurip. Pb. 1625 yorara un zowier Qua, Med. 497 w dela yelo, 
fc ov mod Maußavov, xal 1@rde yordtwr, wo mummy xegQuG- 
peda xaxov moog &»Ógoc. Sehr gut hat Eustathius p. 467, 24 
unter benutzung der euripideischen stellen dieses verbum mit dv yoQ 
(besser éyyoq@) zusammengestellt, das EtM. 313, 55 sehr richtig 
durch éyyutatw, rav êyyuç erklärt ist, indem zugleich mittelst 
eines èyyoavw auch èyyolmiw daher ubgeleitet wird, wie auch Eu- 
stath. 925, 32 èrzesug9eîs durch dv you yerouevog erklärt ist. 
Dieses yofuntw, das entschieden deu begriff der engsten berührung 
enthält, erscheint mit yewfw ganz übereinstimmend gebraucht in 
Eur. Andr. 530 Alscov yovvucs decnorov yoluaıwr (Scholl. 
mooceyy(Gc»), anderseits dem herodotischen gebrauche von yoavw 
sehr ähnlich in éyygfuszrc rd xévroa vom stechen der biemen 
und scorpione, ferner èyyg/uypas noch häufiger synonym mit 2uze- 
Adour, turigzias Man darf nicht zweifeln, dass yeluctw mit 
éyyow, qoavw, youbw zu demselben kreise gehöre, dann aber auch 
mit, yodw, dem die alten richtig den in yg7090s sehr deutlich er- 
scheinenden grundbegriff von zAnosalw geben. Alle diese wörter 
aber haben mit yows in wahrheit nichts zu schaffen, sondern gehen, 
was hier nicht weiter ausgeführt werden kann, auf yefg zurück, 
‘ wie schon Eustath. 925, 36 durch y&Q0, y(9, yelatw, xolpmro 
angedeutet und von Buttmann Gr. Il, 327 für einen theil derselben 
entschieden anerkannt ist. Dabei ist für ye/o eine alte stammform 
queF, xouF anzunehmen. In gleicher weise stehen mijgow, ne- 


Kyprische inschriften (1, 9). 45 


Adcat, méÀac, mÀnc(or (w. mad) mit xuAsp;, palma in enger be- 
ziebung. Wenn nun für yewlw Theoguost. 142, 23 die schrei- 
bung ohne + susscr., dagegen EtM. 677, 23 die mit einem solchen 
anerkannt ist, so zeugt das nunmehr entdeckte kyprische youulw, 
mit yowbuw offenbar identisch, für die richtigkeit der ersten schrei- 
bung wenigstens bei dem den begriff der engen berührung entbal- 
tenden, nicht von yows abgeleiteten verbum. Dass weder ygavw 
noch yewlw sonst im medium erscheinen, ist bei der seltenheit des 
gebrauches ohne belang. Auch die construction dieses mediums 
mit dem genetiv ist bei der verwandtschaft der bedeutung mit 
anısodas, EyeoFas u. a. sehr begreiflich. 

Dass in dem von Schmidt ungedeutet gelassenen o.ka.to.se. der 
genetiv eines personennamens stecke, ergibt sich besonders aus der 
paralleistelle z. 18, und es kann dies nicht wohl ein anderer sein 
ala auf -ac, gen. -avroc. Deecke-Siegismund haben unter anknü- 
pfung an "Oyxu u, a. ein "Oyxa(»)rog gesetzt; mir Lat ein '"Qxarogc 
ven "Qxec glaublicher geschienen , da dieser name sich einerseits 
durch die analogie u. a. von Keddug, -avrog (vgl. x&AAiGrog, 
wxcoroc), anderseits durch die personennamen Axluwr, "Quipor, 
"“Quuros, "QuuAlos, "Qxelloc (besonders dorisch) rechtfertigen dürfte. 

Das folgende wort a.la.vo., das z. 18 in derselben verbindung 
mit zoauLöuevov vorkommt, z. 21 aber von 77e abhängig erscheint, 
ist von Schmidt gleichfalls nicht gedeutet, von Deecke-Siegismund 
aber GAfw gelesen und auf ein kyprisches uAFwg = «Aws tenne 
bezogen, indem sie z. 9. 18 &1:w für genetiv, z. 21 für accusativ 
nehmen. Aber nicht allein scheint es gewagt dem kyprischen dia- 
lekte jene attische declination zuzutheilen, sondern es ist auch der 
begriff tenne für jene greuzbestimmung ein wenig angemessener, 
da eine solche nach alter sitte nur ein zeitweilig auf dem 
felde zugerichteter platz war. Ferner habe ich in meinem pro- 
gramme Tigislege (1871), p. 21. 31 für dlwr, ülwg die 
wurzel lav nachgewiesen, aus der Aw (statt lau) geworden ist, 
womit eine form «AFwg sich nicht verträgt. Wenn sich Deecke- 
Siegismund wegen des digamma auf Hesych. diovu : xijnos 
(Alb. xix0¢) berufen, auf die Rulinken das Kwzgsos der folgenden 
gione áAovgy« bezogen hat, so stimmt dies nicht mit der herr- 
schenden annahme, dass hier nur der sonst im thessalischen dia- 


46 Kyprische inschriften (I, 9). 


lekte übliche wandel des w in ow stattgefunden habe’). Für 
eine andere erklärung von a.la.vo. findet sich ein anhalt in der 
glosse Hesych. «Au : Faduccur. 7 olros. Kuxgeos. Hier hat M. 
Schmidt die erklärung ofvog für corrupt erklärt und Rauke’s kühne 
besserung övu& (wegen LBachm, 64 18 aia : rj» Fadaccar. N 
tig twy Ovurwv Olvigrag, was sich auf oed" dlu Od. o, 455 be- 
zieht) beifallswerth gefunden; ferner Kuzgsos ,,certissima emenda- . 
tione in xozQia verwandelt, das sich gleichfalls auf o, 455 be- 
ziehe, nümlich auf die erklürung des Kallistratos, s. Scholl. B. H. 
M. Q. ó di Kuddlozgaios ouduAu (H. ovdcda, B. Q. oid’ ddu) 
nuga 10 lv 16 ovdo xeiodus, Eustath. 1828, 2 Kuddlorgarog dè 
oùdala was, aol, xa) ngomagotvtóvug vri toU xonqua 7} 
luc Avuaru maga xov ovdoy, No tov Purjou, xefpeva. Kalli- 
stratos wollte also ein von ovdog abgeleitetes oudula = xongic, 
woraus aber allerdiugs (was Schmidt zu erwähnen versäumt hat) 
bei Suidas und Zonaras ,,pessimo errore“, wie Buttmann zu den 
Scholien richtig sugt, ein «Au : td xoxQu« entnommen ist. Lo- 
beck Prolegg. 260 führt auch ein Gla : ta xongsu Hes. an, 
das aber nur auf verwechslung mit Suidas zu beruhen scheint. 
Ist es nun aber wirklich nothweudig oder doch gerathen denselben 
thôrichten irrthum durch besserung auch in Hesychius hineinzu- 
tragen? Ist ein kyprisches üAu oder «Za im sinne von olvog so 
ganz unglaublich, dass man jenen bedenklichen schritt doch wagen 
müsste? Mir scheint ein «Au = ofroc, und zwar als echtes indo- 
germanisches wort, in alto. öl..ags. eulu, engl. ale (aus altem ak) 
= bier eine gute stütze zu finden. Denn dass verschiedenurtige 
berauschende getränke mit demselben namen bezeichnet siud, hat 


15) Für diesen wechsel als dem kyprischen dialekte zukommend, 
obgleich er in den inschriften nirgends erscheint, hat M. Schmidt 
Zeitschr. f. vgl. SprW. IX, 292. 366 noch folgende hesychische glos- 
sen angezogen" ovei : guiai, indem er aus der folgenden glosse 
ovdoa@i : nueis. Kingsos das gentile dorthin zieht; #00va : nogsvov. 
dyanawov, indem ‘er égova : drdnavosc oder 800081 : &ranavov bes- 
sert und Kongios aus der vorhergehenden glosse dazu nimmt; endlich 
povoaires : Napaxonter, aiverae, WO eine andeutung des kyprischen 
ursprunges günzlich fehlt. Man sieht, auf wie schwachen grundlagen 
das vermeintliche kyprische ov für « beruht. Die zweite jener glos- 
sen habe ich in meinem programme Pg (1872) p. 16 in égove : 
navov; Granavov als imp. eines époveus gebessert und schon dort lie- 
ber thessalisohen dialekt anerkannt. . 


Kyprische imschriften (I, 9). 47 


ja seine bekannte analogie in pédv wein, ags. medu, ahd. metu 
m. honigtrank, skr. madhu houig, aber auch ein berauschendes 
getrünk aus anderen stoffen bezeichnend. Als derivate jenes «Aa 
== olrog (vielleicht corrumpirt auch in du Aa : aumelog Hes, 
enthalten) können auch leicht gelten Hesych. Gite : ökußagyor 
(corrupt auch «TQ : 05Ufagor), offenbar eine lakonische form für 
ülig oder dÀ(g, eine art von becher bezeichnend, und wit unkla- 
rerem suffix das schon homerische aiecov becher, dessen über- 
lieferte alte etymologien sämmtlich unbrauchbar sind, wie nicht 
minder die Benfey’sche WL. 11, 248 von Fad krümmen, wäh- 
rend das wort bei Homer eutschieden des digamma entbehrt. Auch 
fehlt es für @Au = olvog nicht an andern etymologischen anknü- 
pfungen. Denu wenn Od. È, 464 der olvog das epitheton AAsog 
erhält und dann in seiner berauschenden kraft beschrieben wird, 
so liegt die vermutlung nahe, dass die benennung ZÀa mit n460ç 
und seiner echten sippe, namentlich divw, auch etymologisch zu- 
sammenbinge. Uurichtig sind von den alten und neueren etymo- 
logen jene wörter (Curt. p. 546 wenigstens 74505) sehr allgemein 
zu dAüc9us und seinem zubehöre gestellt. Aber der homerische 
gebrauch, um mich auf diesen zu beschränken, zeigt in beiden 
wörtern sehr entschieden nicht dea begriff von irren, sondern 
ven ausser sich sein, palvecdu, furere, und zwar erscheint 
dave gerade ganz synonym mit pedvesy und ebrium esse in ihren 
übertragenen anwendungen. Am häufigsten bezeichnet es das aus- 
sersichsein vor übermässigem schmerze, 2, 12 vom Achilleus nach 
‘dem tode des Patroklos, E, 352 von der durch Diomedes verwun- 
deten Aphrodite dyJopévn üdurpow, s, 398 von Polyphem, als 
ibm das auge ausgebranni ist (wo Ameis und Giseke Lex. Hom. 
89a sehr wunderlich yegoiy civwy verbiuden); übnlich Oppian. 
Hal. V, 228 dx ó' óóvrdw» Ing Öloög uedun, Theocr. 22 (20), - 
98 [ci dé nAnyaig uedvwr, Lucret. II, 1064 ebrius argeris mul- 
fis miser wndique curis. Dagegen 6, 138 7 divas, On [gov 
lvíagsag vergleicht sich mit Demosth. Phil. I, c. 15 2xeïror us- 
Dour 16 ptyedes Tür agayuurwr, Hor. Od. I, 37, 12, fortuna 
dulci ebria und dem deutschen siegtrunken, Endlich in X, 70 
of x’ duor uluu móvug dÀweSorit; negi Oud) nelcori’ dv nço- 
9vQoq; (die zeuneltes xvres des Priamos) erscheint noch eigent- 
licher der begrift der durch ein herauschendes getränk hervorge- 


48 Kyprische inschriften (1, 9). 


rufenen trunkenheit, vgl. Jo. Apocal 17, 6 xal eldoy tjv yevaixa 
peduovdur dx 109 aluaroç ıwr áylov», Plin. N. H. XIV, 22, 28 
ebrius sanguine civium. Wie ferner olrog jAsog E, 464 der be- 
rauschende wein ist, so wird goérag zA(e)é O, 128. f, 248 
am treffendsten durch sinnberauscht wiedergegeben werden. 
Wie nun peduw (usdulw Theognost. 149, 4) von pédv abgeleitet 
ist, so darf es sehr wahrscheinlich dünken, dass aAvw (aÀvíw 
Theogn. 1. |., Arcad. 165, 24, äolisch nach EtM. 254, 14) ven 
einem “Av stammt, das genau dem germanischen alu entsprechen 
würde. Auf dasselbe lässt sich leicht 7205, 74edg für d&Ar-og, 
dÀg-sóg zurückführen. Man kann auch daran denken den namen 
des amicus Aulon fertilis Baccho Hor. Od. 11, 6, 10, feliz vi- 
tibus Aulon Martial. XIII, 125 bei Tarent für cin aus jenem 
adv gebildetes periektikon zu nehmen, nämlich aus cÀc-w» mit 
dem bekannten überspringen des = wie dovgog aus dogr-oc und 
revgov == nervus, Es lasst sich auch die benennung des . weines 
aus einer einfachen wurzel al in begrifflicher hinsicht verstehen. 
Denn wie der berauschende wein von lon. fr. 9 dsgoivoog genannt 
wird und eben so von späteren Dionysos, so ist der begriff von 
divw Soph. 0. Tyr. 914 durch ,,jvyov yag alges Fupoy Oldinovg 
&yav Aunaor auvrolas0ı“ genau ausgedrückt. Man darf daher 
jene wurzel al hier in dem sinne erheben auerkennen, welchen 
am deutlichsten das lat. altus zeigt!9). Wenn nun durch die 
obigen combinationen das überlieferte kyprische «Aa = olvog ge- 
nügend gerechtfertigt zu sein scheint, so lässt sich in dem a.lu.ve 
der inschrift ein davon abgeleiteteg periektisches @Aurog erkennen. 
Das suffix va erscheint nämlich schon zuweilen im sanskrit als 
verkürzte gestalt von vant mit dem begriffe der fille, wie képa-va 
== kèga-vant langhaarig, vgl. L. Meyer Vgl. gr. ll, p. 613 und 
dazu “Iuaos, Himaus = skr. himavant. Aus diesem suffix er- 
klären sich dann die periektika auf -sdg und -d¢, wie Gupeoc, 
Cvgóg mit parasitischem  statt F und dgersoç, égevog der LQuva 


16) Vgl. Curt. nr. 528b, Corssen Ausspr. I, 530, Fick p. 16, 
denen ich aber darin nicht beistimme, wenn sie dieses aj mit skr. ar 
gleichstellen. Vielmehr scheint mir dasselbe eine modification vor 
en zu sein, das im griechischen dvd sehr entschieden den begriff auf- 
wirts zeigt, wie äldos, ulius, alter, goth. alis neben skr. anja, antara, 
goth. antÀar. 


Kyprische inschriften (I, 9). A9 


habende baum, aber auch ’Egiweog, nach Strab. XIII, 598 Teayug 
T romoc xal igweu onc in Troas, und offenbar in gleichem sinne 
s ertsname iu Doris und sonst, also mit einem ’Egsroes (suff. 
vant) ganz gleichbédeutend. Für eine modification jenes suffix va 
ist auch das periektische —vg zu halten wie doruxeuç, Oellevg, 
vgl. I, Meyer Ii, 615. Wie aber das mit dem suffixe vant ganz 
synonyme mant im. sanskrit gleichfalls die verkürzte gestalt ma 
zeigt, z. b. djuma = djumant leuchtend, so hat auch des suf- 
fix -uoç mit jenem -F6ç analog iu doevuos waldung die pe- 
riektische bedeutung. Es darf hiernach áAa-póg, das auch einen 
weinstock bezeichnen könnte, in dem sinne weingarten ge- 
nommeu werden, was für die stellen der inschrift aufs beste passt; 
namentlich ergibt sich aus z. 21, dass der dA«rog ein xÿnoç in 
besonderer anwendung ist. Man kano nun aber, da &lwy neben 
der bedeutung tenne bei Homer vorzugsweise den begriff eines 
dunsloguros 1dnog zeigt, auf den gedanken kommen, dass eigent- 
lich zwei verschiedene wörter zu unterscheiden sind, nämlich dAq7 
(ursprüaglicher cima, s. m. progr. de Theocr. carm. aeol. III, 
p. 13 uod Tigislege p. 31) tenne von w. lav und diwy 
weingarten aus &Za-p7. Denn jenes periektische suffix er- 
scheint auch in -weiblicher verwendung, wie in den baumnamen 
auf -va, z. b. oliva von olgoy, und den gewöhnlicheren auf -£u 
wie duxía, (vgl. auch die lateinischen baumnamen auf -us), am ähn- 
lichsten mit «Awn in dem ortsuamen Olvwz, Olvon, der offenbar mit 
Olvovg, Olroëeou ganz synonym ist. Die gleichfalls schon bei Homer 
erscheinende bedeutung eines baumgartens könnte dann für eine 
erweiterung des ursprünglichen begriffes genommen werden 17). 

Die gruppe te.re.ki.nija. ist von Deecke-Siegismund réoyssja, 
von Schmidt ze£yrıw gelesen. Während die form zégyvog so gut 
als zo&yvog beglaubigt ist, babe ich jene besonders wegen des ar- 
kadischen dugysa in der inschrift von Tegea vorgezogen. 

Z. 10. Deecke-Siegismund haben hier p. 251 nach ihrer 
lesung den sehr unverständlichen und unglaublichen sinn gefunden, 
dem Onssiles und seinen brüdern werde länderei gegeben mit der 
bestimmung ‚das ganze ohne abgabe verküuflich zu haben mit aus- 


17) Bei dieser sonderung erklärt sich auch, weshalb in nodexapnos 
Glwy lociture y, 122 die sonst überall zulässige herstellung .der form 
diga nicht möglich ist, vgl. de Theocr. carm. aeol. III, p. 14. 


Philologus. XXXV. bd. 1. + 


50 Kyprische inschriften (I, 9. 10). 


nahme der lündereien, d. h. der nutzniessung“ und in der pareliel- 
stelle z, 22. 23 ,sie im (oder zum) allverkaufe abgabenfrei zu 
haben, ausgenommen die ländereien“, während p. 240 für beide 
stellen der sinn angegeben ist „ihnen dufür land zu geben. dessen 
ertrag sie (aber nicht das land selbst) steuerfrei verkaufen kön- 
nen“. Wenn sie dabei z. 10 zv» wrıov und z. 22 zavw»(wg als 
adverbium wit gleichem sinne lesen, so ist, von andern bedenke» 
abgesehen, das getrennte nay wmoy mit adverbialem sinne !5) doch 
gauz undenkbar. Schmidt hat hier zur aufklürung nichts beige- 
tragen, indem er den sinn seiner lesungen raywmor und zarwrian 
ganz im dunklen lässt und nur p. 31 das àolische xayrursag 
(= narıciog) vergleicht; auch das folgende wort bleibt bei ibm 
durchaus problematisch. Mir scheint nun wenig rweifelhaft, dass 
án zuywrsog ein mit Orly7ps, @vupnr, ov&vaQ u. a. ausammenbün- 
gendes wort zu erkennen ist; diesem wortstamme wird gerade 
für den kyprischen dialekt der lebendige gehrauch durch die zalıl- 
reichen personennamen mit °Oyuo- bezeugt, wie in dieser inschrift 
*Ov&ciAog (auch ein Kyprier 'Orgaikog Herod. V, 104 ff), 'Ora- 
olzungog, Ovacayogac, inschr. X "Oractpoxoc, XIV 'Oractwgos. 
XXI ’Ovaoinuog, auch "Ovdommos Suid. Es ist aber rrauvumoc 
in seiner bildung mit àgrov»iog zu vergleichen (s. auch zu iuschr. 
XXI) und in dem sinne „mit dem ganzen nutzen“ zu versteler, 
wie von Strabo, Diodor u. a. das adjectiy wuvoixiog im sinne ven 
navomel, navoixt, mavosxlg, d. i. our 049 1G olx gebraucht 
wird. Es fragt sich aber, welche formen des wortes an beiden 
stellen anzuerkennen sind. In z. 10 erscheint es natürlich aur@vsor 
als acc. sing. masc. generis zu fassen und auf das vorhergehende 
soy quio» zu beziehen, gerade wie auch das folgende dzedy» von 
Deecke-Siegismund mit recht für den nach äolischer weise gcbil-. 


18) Deecke-Siegismund meinen. auch, dass wegen des digamma - 
von wvog vielleicht richtiger nayrémor und navrwriws zu lemen sei, 
nämlich mit. »» statt vr. Es ist das dieselbe idee, aus der das rer- 
kehrte cuvvogxoss z. 28 hervorgegangen ist, in dem dialekte dieser 
inschriften ohne allen anhalt; auch ist, wie vorbem. 14 nachgewiesen, 
die geminirende lesung des » unberechtigt. Ausserdem, da bei Ho- 
mer gros mit zubehör durchaus dem digamma widerstrebt, scheint 
es trotz iwro/uy» und trotz skr. wasnas, lat. vénum (Curt. nr. 448) 
doch sehr bedenklich dem ;griechischen worte das 7 zuzuschreiben. 
Denn da va oft in o zusammengezogen ist, kann dyoç aus einem 
6ovog = skr. vasnas geworden sein. 


Kyprische inschriften (1, 10). 51 


deten acc. singularis von dzeAng genommen ist und nothwendig zu | 
xgov gehören muss. Auch sonst finden sich adjectiva auf das 
erste von zwei vorhergehenden substantiven bezogen (Kühner A. 
gr. II, 71), was hier um so eher geschehen konnte, weil das „sei 
ta rÉQyvija nda in wahrheit nur bedeutet „sammt allen pflanzen“. 
Dem entsprechend ist dann z. 22 navwvlag als acc. plur. masc. generis 
zu lesen und auf 20 zwgov ... zug T0 xümov zusammen zu bezie- 
hen. Freilich sollte man nun auch ázsA(jag lórag erwarten; aber 
das neutrum dreAlja lora, das sicher nicht mit Deecke - Siegismund 
nur auf zégywj« zu beziehen ist, aber an sich in beziehung auf 
alles vorhergehende vollkommen richtig erscheint, wird sich auch 
neben dem masculinum zarwvlog als geringe. inconcinnität des aus- 
drucks entschuldigen lassen. Man könnte sonst auch allenfalls das 
adverbium zavwvíog vorziehen, wie bei jungen schriftstellern zar- 
.Önpwg im sinne von zurômuei vorkommt. 


Der complex u.va.i.se. = vpasc, der jetzt auch von Schmidt 
so gelesen werden muss, nachdem er in nachtr. II das zeichen va. 
aserkannt hat, ist von Deecke-Siegismund für eine prüposition ge- 
semmen, die ausser, ausserhalb zu bedeuten scheine und an 
lat. cehe-, vè- in vehemens!?) vècors erinnere; auch sei man ver- 
sucht skr. vahis ausserhalb zu vergleichen, In der verbindung - 
vase Ly (ausser z. 23 auch z. 28 in anderem zusammenbange) 
soll dann Là» wahrscheinlich. ges. pluralis sein (was aber z. 10 
nicht zulässig, da es sich hier eur um einen einzigen yeyoc han. 
delt) und bedeuten „mit ausnahme der länderei“, wodurch aber kein 
für mich fassbarer sinn gewonnen wird. Es scheint mir nun aber, 
dass s. 10. 23 am natürlichsten eine bestimmung zu erwarten ist, 
wodurch dem Unasilos sammt seinen brüdern und bezw. dem Ona- 
silos allein für die gegebene lünderei abgabenfreiheit auf lebens- 
seit sugesichert wird, die sich aber auf die erst hinterher (z. 11. 


19). Die althergebrachte auffassung von vehemens als compositum 
van mens scheint mir durchaus verkehrt uud richtiger von L. Meyer 
Vgl. Gr. II, 269 ein derivati mit dem suffix ment- anerkannt zu sein. 
Dann ist aber vehemens (obgleich auch von Corssen Ausspr. I, 104. 
als die ältere form dargestellt) aus vémens zerdehnt wie mths aus 
mf = skr. mé. gr. pos und cohors aus córs, vgl. curtis und: cratis 
hürde, goth. haurds Fick p. 36. Ganz dieselbe art der zerdelinung 
zeigt sich im ahd., wie mahal, bii für mäl, Uil, s. Grimm Gr. J, 
188 ff. Mehr hierüber in meiner festschrift ,,491ÿ und Vila! p. 22. 


4°. 


52 Kyprische inschriften (I, 10). 


23) erwähnten nachkommen nicht erstrecken sollte; denn es ist 
doch nicht leicht denkbar, dass die abgabenfreiheit der ganzen fa- — 
milie für ewige zeiten ertheilt wäre. Auch z. 28 scheint es sina- 
gemüss, dass die eide dahin lauteten die verträge auf lebenszeit zu 
halten. Und allerdings scheint es sehr möglich, dass [& in jenen 
drei stellen nicht die kyprische form für y ist, sondern vielmehr 
für [wf (Lon). Denn die in dem verbum erscheinende doppelform 
des stammes Ca und Cw ist auf eine ursprünglichere form (af zu- 
rückzuführep , aus der [à entweder durch contraction aus fufa 
werden konnte oder auch ohne sufüx aus Cav wie Zé, yuh aus 
dau. Gerade der kyprische dialekt zeigt aber die stammform 
:tu(g) in der glosse [des : Bivet (?) xod set (Cyr. 171 Gas: 
gpodows mvei), vgl. Caé£vreg : svéovres. Denn bei der engen 
verbindung der begriffe athmen und leben ist durchaus nicht 
zu. zweifeln, dass hier derselbe stamm wie in [jr vorliegt, und 
catich die alten grammatiker haben (aw auf &w ro mréw zurück- 
‚geführt Epim, Hom. 181, 34, EtG. 230, 45, EtM. 410, 34, wo- 
bei zusammensetzung mit der partikel {x oder auch (EtM.) pleo- 
nasmus des U angenommen wird. Auch für das hesychische Cues 
ist durch. die cyrillische erklärung oyodoews zvei die zusammen- 
setzung mit Ca anerkannt, wie für Zusrzes von H, Stephanus Thes. 
IV, 4. B durch das vorgeschlagene opodgws mrfortes, wogegen 
M. Schmidt dieses für dsafvres stehen lässt. Aber die echten he- 
sychischen. erklärungen lassen nichts von einer zusammensetzung 
merken, und Lobeck Path. I, 100 hat deshalb lieber einen pleo- 
nasmus des & anerkennen wollen, woran natürlich nicht zu denken, 
Es bleibt also zunächst nichts übrig als einen stamm («F mit der 
bedeutung athmen, leben anzuerkennen. Der ursprünglichere 
begriff des athmens erscheint auch noch recht deutlich, wean die 
homerische formel dcu yaiay Ens aveles te xol fone, P, 447. 0, 
131 in h. Cer, 365 durch omoca Cues te xai Epes ersetzt ist. 
Da nun aber der griechische anlaut | sehr gewöhnlich einem j der 
verwandten sprachen entspricht, so ist man berechtigt neben jenem 
CaF auch eine wurzelform jav zu vermuthen. Auf diese aber muss 
man geneigt sein das homerische jw; zurückzuführen, wenigstens 
in seinen anwendungem 4, 276 uno Zeyuposo lwzc, A, 308 dx 
dréuoso wmoleninyxrovo lwîs, wo es von den alten durch nvoj 
erklärt wird, und 27, 127 devoow Jy nugu vqvoi: sveds daloso 


Kyprische ioschriften (I, 10). | 58 


lan» (v. 1. 2ownv), wo man es von dem hulilus ignis versteht, in 
beiden verwendungen also synonym mit dizi. Dazu kommt noch 
die eine besychische erklärung yuyn ?°), die sich auf eine ver- 
lorne stelle zu beziehen scheint, vgl. skr. diman seele = üÿruir, 
Giri. Ein bedenken entsteht nur daraus, dass der in allen jenen 
drei stellen vor dem worte erscheinende unerlaubte hiatus für au- 
lautendes digamma zu zeugen scheint ?!), in welchem falle man 
dasselbe: mit (FM, vis verbinden kano, vgl fg dvfuov, nvgóg ut- 
yog, was dem sinne der stellen sehr gut entspricht ??). Die wur- 
zelform jav konnte ferner durch zusammenziehung leicht in iv 
übergehen, sus welcher form sich aufs natürlichste alF-wv leben,. 
aev-um , aetas für aev-tas erklären, nämlich als mit vocalverstär-- 
kung gebildet. Mit diesen wörtern gehören, wie die meisten: 
sprachvergleicher anerkannt haben, auch zusammen skr. dju-s le- 
bend, mensch, lebenszeit, djus n. leben (im PWh auf an. 
athmen zurückgeführt), indem der in ihnen anzuerkennende stamm. 


20) Hesych. Zw : dnoq.ogd. nvon. gan. «vyr. Vvyy. zanvöc. cour. 
xo«vy$. Von diesen erklärungen beziehen sich go»; und xvavyz auf 
den gewöhnlicheren gebrauch von der. Wenn aber M. Schmidt 
„anogepd bop ad iwx» speelant, avyy wuyy xanvóg quo referam nescio, 
so geht dmogoege vielmehr auf &ríuowo lun, vgl Pollux III, 94 ane- 
poed .... xai nrevudiwr anoßoin xoi óduge, nvevuatog ngoaßoiy und 
Thes. I, 2, 1784. B, und wegen sep, das für alle drei homerische 
stellen passt, s. EtOr. 75, loj 9 uera noses Quvic Souq. Ferner avyy 
und xanvos beziehen sich auf nvpos wy, vgl. Hes. étuis : cnavyacua. 
xvoj und nvoòs direi Od. n, 290. :, 9, bei Eustathius durch xanvde 
erklärt, wonach also jene erklürungen aus der bedeutung avoy herge- 
leitet sind. Zu H, 127 gehürt auch die letzte erklürung bei Ápio p. 
EtG. 607, 12 Zaun puri, won, gÀcf, vgl. Hes. Gdévuij : nvor. qÀót. 
Wegen yoyn s. ob. | 

21) Dasselbe bedenken gilt auch gegen die beziehung des wortes 
auf w. «5 hauchen, woher Curtius 2r:587 das wort mittelst einer 
kühneren reduplication abgeleitet hat, freilich nur die bedeutung - 
„stimme, schall« erwähnend, in welcher das wort bei Homer aller- 
dings keine spur des digamma zeigt, was einen. wink gibt zwei ver- 
schiedene wörter anzuerkennen, vgl. anm. 22). | 

22) In der bedeutung Boy ist iw; nur eine andere form für ld 
und i, s. meine nachweisungen in Zeitschr. f. vgl. Spr.W. III, 88 ff. 
92. 103. Ebenso kann sich ein fiwy zu einem fia = fic verhalten, 
das in wahrheit in fia erhalten ist. Denn fic ist aus dfis gewor- 
den, vgl. Hesych. doss : diresse, was aus Oréc zu erklären. vgl. 
Hes. 196 : e : Koÿres — dedQosuwg : dedosxws (cod. dosxus) und 
Diall. II, 51, Curt. p. 447, auch lat. cras = skr. cvas. Der anlaut 
dp ist aber bekanntlich oft zu 8 geworden. Uebrigens hat diese 
wurzel df, wie hier nur angedeutet werden kann, ursprünglich den 


begriff binden. 


54 Kyprische inschrifien (I, 10), 


. dju nur eine andere gestaltung von div ist, wie zuerst Benfey 
WL. I, 9 nachgewiesen hat. Aber are mit zubehör, das man 
allgemein hierher bezogen hat, gehört vielmehr zu skr. èva anus, 
wie ich früher genügend nachgewiesen zu haben glaube 35). — 
Wenn nun aber das $& an jenen drei stellen der inschrift, wirk- 
lich = (wy, so liegt darin zugleich der volle beweis für die rich- 
tige deutung des zeichens za. Die partikel vFass zeigt die grösste 
ähnlichkeit mit den skr, adverbien auf -dis, wie nikdis niedrig, 
candis allmählich, und lässt sich in natürlicher weise auf die zu 
x. 5 besprochene mit éai synonyme partikel è zurückführen, wo- 
bei parasitisches digamma zu erkennen. Es wird also auch in 
Ufusc der wesentliche begriff von êxi erkannt werden dürfen, das 
c. acc. sehr gewöhnlich das erstrecken über einen raum bezeichnet, 
zuweilen auch dem des zeitlichen erstreckens, wie modo» #72 y0d- 
yov Od. #, 407. o, 414, én’ Qu zul uécov ipao n, 288, dm 
avdownwv yevedv Xen, Cyr. V, 4, 2 (Kühner A. gr. II, 437), 
sodass also vrass Dv == ia) Blov so viel wäre als das gewöhn- 
liche dd flov. | 

Zweifellos richtig ;ist e.ke. | si.se. (auch z. 23), wo Schmidt 
sinnlos &yn oso, von Deecke-Siegismind 7 x£ 015 gelesen und als 
el xé wg gedeutet. Wegen ÿ = el stützen sie sich auf das von 
mir Diall. II, 380 beigebrachte. Dass Schmidt das ausserdem 7. 
29 vorkommende org == seg nicht erkannt hat (nach p. 89 ist, 
was si.se. bedeute, noch ganz ungewiss),.ist in der that auffallend, 
da ein kyprisches interrogatives a(g durch Hesych. of Bois : 
tb dee. Kungsos bezeugt ist. 

Z. 12. Grosse schwierigkeit macht die gruppe e.se. | o.ru.so, 
(nach der lesung von Deecke-Siegismund), die hier und in der pa- 


23) Wenn Lobeck Khem. 4 und Curtius nr. $87 richtig die be- 
iffe athmen und schlafen für eng verwandt erklärt haben, 
nn würden auch late, ass, davw hierher gehören, .die ich sehon 

früher auf die mit {af lautlich identische wurzel djav zurückgeführt 
habe. Die annahme der apraehvergieichenden etymologen (früher 
auch von mir gutgeheissen), dass der stamm fa, io, nur dine modi- 
fication derjenigen wurzel sei, aus der skr. g'iv, lat. vie, gr. goog her- 
vorgegangen sind, muthet demgiauben doch etwas zu viel zu. Anch 
dicta, von Curtius p. 488 ru (xw gezogen, scheint «mir giinzlich 
fremd. Es hat als wesentlichen begriff den der anordnung des le- 
bens, und die zweite auf schiedsrichterlichen sprach bezügliche :an- 
wendung von diae, Pierio lässt gleichfalls den grundbegriff des 
orduéys erkennen. 


Kyprische inschriften (1, 10—12). 35 


rallelstelle z. 24. 25 je zweimal erscheint. Schmidt, der das von 
jenen für xe. genommene zeichen als eine besondere art von c 
deutet (von mir durch sh bezeichnet, s. vorbem. 13) und das zei- 
chen rw. ungedentet lässt, hat gar nichts damit anzufangen ge- 
wusst; iu nachtr. Il erklärt er jedoch, e.se. sei gewiss ein adver- 
bium, mit dem lakonischen 2£e7 zu vergleichen, Deecke-Siegismund 
haben bei ihrer lesung den nach dorischer weise mit & gebildeten 
aor. | eines verbums auf -{w anerkannt, das mit 2£oglfw gleich- 
stehe, Für den simu würde dies ganz angemessen sein, wenigstens 
nach dem jüngeren gebrauche von @oofCev, wo es ganz den sinn 
vou éxfulinr, tieluvve hat; aber das v statt s erscheint doch 
sehr bedenklich. Weniger gewicht lege ich auf den von Schmidt 
in nachtr. Il daher entnommenen einwand, dass das e.xe. immer 
durch einen divisor abgetrennt ist. Pripositionen sind in dieser 
iuschrift von ihrem casus mehrfach durch den divisor getrennt, 
wie dvi z. 5. 15. 17, soc z. 19. 20, #71 z. 24, und eben das- 
selbe koante natürlich bei einer selchen lockern zusammensetzung 
mit einem verbum stattfinden, welche tmesis erlaubt. Aber frei- 
lich ist eine solche gerade in é£ogé£es nicht anzuerkennen, weil 
dieses nicht ein compositum von ögfleıw, sondera ein derivat von 
Kzogoc ist. Aber wie die einschiebung des augmentes sich früh- 
seitig, in wahrheit durch einen sprachfehler, auf solche falle iudi- 
recter zusammensettung erstreckte, so wäre es auch nicht zu ver- 
wuodera, wenn die inschrift durch den divisor die trennbarkeit der 
präposition irrthümlich anerkennes. sollte. Ja sogar, da das innere 
augment sieh auch auf verba ausgedehnt hat, die nicht einmal se- 
cundire composita sind, sondern eine prüposition nur scheinbar 
enthalten, wie dıaszav und dıaxoveiv, ist es denkbar, dass auch 
bier. der divisor selbst einem gréberen sprachirrthume verdankt 
werde, und diese möglichkeit dient gerade meinem eigenen erklä- 
rungsversuche zur voraussetzung. Das von Deecke-Siegismund für 
rw. genommene zeichen, das ausserdem nur z. 19 iu einem eigen- 
namen erscheint, ist nämlich von denselben (wie auch von Schmidt 
p 53) dem in der kleinen bilinguis inschr. V als ru. gesicherten 
gleichgestellt, ist aber diesem doch nur in entfernterem masse àbn- 
lich. Dagegen zeigt es enge verwundtschaft mit deu zeichen ji. 
o4, ma, za., indem es gleich diesen zwei von einander abgekelirte 
lunulae zur gruudlage bat, die nur durch einen ‘oder zwei bald 


56 . Kyprische inschriften (1, 12). 


oben bald unten in verschiedenen richtungen schwebende kleine 
striche modificirt ist. Das fragliche zeichen hat einen solchen 
strich unten. Am nüchsten stehen ji., das einen entsprechenden 
strich oben hat, und va., wo zwei striche unten. Da nun anch 
sonst bei den kyprischen schriftzeichen die analogien der gestalt 
nicht obne bedeutung sind, wage ich um so eher das noch unbe- 
kannte zeichen von vi. anzuerkennen und dann jene gruppe ohne 
rücksicht auf den divisor #7\wF(7Nn zu lesen, nämlich als aorist 
eines verbums &wfflw. Um dieses aber verständlich zu machen, 
bedarf es einer etwas ausführlicheren betrachtung. 

Das griechische hat einige präpositionale adverbia mit dem 
suffix -w, nämlich i&w, low, dow, xatw nebst dem aus 29e», 
dnwitow, dnwrdiw zu schliessenden arw; verschiedenartig sind 
necoow und dalcow (von ont = imi), weil hier das suffix -cow. 
Unter jenen hat fw eine syrakusische form Zo, (Diall. II, 365), 
dem Zy9o, : %&w Hesych. unbekanaten dialektes zur seite steht, in 
. dem Valckenaer richtig 2yaot (besser Zyoos) erkannt zu haben 
scheint. Das entsprechende syrakusische Eydos (ebd.) ist von einer 
verstärkten form der prüposition gebildet. ^ Aehnlich ist aber 
auch das aus xugosde, sagoltegos zu entnehmende nupos, das 
gleich zugog (neben den dorischen #fog und #rdoc) von einer mit 
#06, skr. pra ursprünglich gleichbedeutenden form smog oder rape 
gebildet sein -muss 24). Nach Herodian EtM. 663, 28 war. schon 
im alterthume eine von ibm verworfene ansicht, dass wegen der 
form fto, richtiger f£ mit + subscr. zu schreiben sei, und dieser 
schluss auf eine ursprünglichere form -@ erscheint auch vollkom- 
men gerechtfertigt, wenn auch die schreibung mit -w, die von den 
grammatikern einstimmig gelehrt wird, schon durch die ältere pa- 
radosis gesichert gewesen sein muss. Auf etwas anderes aber 
führen die formen Hesych. dvou : Ava. “Iwveg und F£ovS a : 
èxx65. Denn während dieses allerdings dem thessalischen dialekte 
zugeschrieben werden kann, der w in ov wandelte, so ist doch der 
las dieser wechsel fremd, und das ionische &vov für &yw wird 
sich nur ous einem älteren &rwv erklären lassen. Der unbequeme 
diphtheng wv, den die griechische sprache überall selten uud im 


24) Curtius nr. 847 hat wegos, négosÿs nebst goth. fatira unna- 
türlich von dem gans synonymen ago, skr. pra, lat. pro gesondert. 


. Kyprische inschriften (1, 12). ' 57 


awsgenge nirgends bewahrt hat, konnte einerseits das v leicht ver- 
lieren, anderseits dasselbe, wie nach langen vocalem nicht selten 
(s. vorbem. 9) in + abschwächen, woher dann die ferm -@ und 
weiter -os, endlich aber auch in ov übergehen, wie qu häufig in 
ov und n, ws in &, 06. 


Diese alte form auf -œu bestätigt sich auch durch verschie- 
dene von prüpositionalen adverbien auf -w stammende derivate. 
Am bekanntesten ist das von einem ungebrüuchlichen üréow abge- 
leitete adjectiv óxzegqiog, d. h. im obern stock eines hauses be- 
‘ findlich wie 9dAapos $zegqog (vgl. Lobeck Path. I, 452), dessen 
substantivisch gebrauchtes neutrum $xesgdiov, vrregwior schon bei 
Homer zur bezeichnung des oberstockes dient *5), Für vmegdioy 
wird die schreibung mit , anerkannt Theognost. 130, 22, EtM. 
780, 9, ist aber den handschriften meistens fremd (unsow’ IT, 184 
auch Ven.), wie auch bei dem adjectiv, s. Lobeck a. a. o. Eine 
andere substantivirte form desselben wortes ist dzcogu gaumen, 
schon Hom. Il. X, 495.d2egoiny, nach der lage im munde be- 
sannt. Die schreibung mit s wird Theognost. 106, 24 ausdrück- 
lich verlangt, obgleich dasselbe auch hier gewöhnlich fehlt, wie 
bei Homer auch im Ven. Die echtheit des , in jenen wörtern hat 
nun Lobeck a. a. o. richtig aus dem mit vreg@os wesentlich 
identischen üregoiog geschlossen, das aus den hesychischen glossen 
$xegosaloptvov : umsgnpavevopévou — Uzegoundaptvos : 
Smsonparoivies zu entnehmen ist. Zu vmegotog stellt sich. aber 
edcQosog: sodo, von den kritikern für corrupt genommen und 
in weuig glaublichen weisen gebessert, aber ganz richtig von 
sage her einen solchen bezeichnend, der sich nicht als vneQotog 
über andere, sondern ihnen zur seite und gleich stellt. Eia xa- 


25) Sehr onglücklieh hat die sprachvergleichung nach dem vor- 
gange von Pott E. F1, I, 279 in dem -wo»r dieses wortes die skr. 
wurzel vas wohnen zu entdecken geglaubt, s. Benfey WL. I, 297, 
Curt. nr. 206, hier nicht ohne zweifel vgl. p. 578, wie denn auch 
Pott selbst WW. II, 2, 477 bedenklich geworden ist. Uebrigens ist 
zu bemerken, dass die form mit v bei Homer nur im acc. pluralis 
Sn:ega erscheint, und zwar immer mit der elision unzog’ IT, 184. «, 
862. 8, 858. d, 751. 760. o, 49. r, 602. y, 356. v, 1. 864, dagegen mit 
wd sing. émegehor, $nrQumiq, plur. ünspdım;, adv. iusgoío9siv, wonach 
zwei verschiedene wörter ru sondèrn sein dürften, nämlich m vasega 
und ein abgeleitetes 1 éaspelsor. In der späteren sprache ist die 
zweite form durch contraction mit der ersten zusammengefallen. 


58 — Kyprische inschriften (1, 12). 


toiog ist zu entuehmen aus dem wunderlichen xazoi:ópervog der 
Septuaginta Abac. 2, 5 ,0 dé xarovopevos xai xataygoraris, arde 
Giuly und bei Philo VII, p. 652 ,,0 ydg xatosdpevog fithziootw 
oix dvézyeras, auf das sich folgende glossen beziehen: Hesych. 
xaToso pevog : O perù mingogpoglus muotevwr. 5j 0 dv onoAqvec 
pegoperoc. xa) 6 vaeonpareudueros und (nach xurosyou£vwy) 
xarosóptvog: ümepoowy; Phot. Suid. LBachm. 274, 3. xaz056- 
pevoc : dvouctwy (0 voultuv gut Zonar. Phav.) £avroy péyar 
xai pour, umegnpavos (UxeQngdvec Suid., xai óncQnparevopserog 
Zonar); Gloss. MS. in XII Proph. (s. M. Schmidt zu Hes.) 
ZUTOLWWENOG : Urmegoguiv. vasgnpavevoperog. ünurüv. Da ein 
compositum xazofouas in dem erforderlichen siune undenkbar er- 
scheint, ist xaroswueros, das auch in der zweiten hesychischen 
glosse durch den platz gefordert wird, für das richtige zu halten 
und das xarovXoJao, auf ein.xaroiog zurückzuführen wie ène- 
gosdteo Jus auf ümegoiog. Es bezeichnet dann aber xazoíog, xa- 
toswmevog einen von oben herab handelnden, einen xatuggordy und 
satafitrwv ni yAvacpg, vgl. Poll, HI, 52. Mit $nequiog ist 
aber ferner zusammenzuhalten 2E d rs0oç, das für ein comipositum 
von wy genommen ist (wie schon Sch. Eur. Med. 621), aber in 
den quellen seiner bedeutuug nach durchaus nur als derivat von 
FEw erscheint, nämlich Hesych. 2Ewasov : £xzozor, Hw, Eur. 
Suppl. 1038 dwpazwv Pumog fffinze (= iiw), Med. 621 yoo- 
silwv douaruwy aac, Alc. 549 ıWrde duuuruwr dEwrloug 
Fevivas olEas (== iw Orrag) Arist. Thesm. 881 avzog d? Hoe- 
reve Evdov tor 7 'Éumog; Aristid. v. I, p. 235 Sdlarra dEwsiog 
dem xdàzog entgegengesetzt, Arg. Arist. Lys. zag ui» #wnlovs, 
wo Dübner éÉw bessern will Geneigter könnte man sein bei 
xü-onog = xarnpis und xurwmay = xampeiv (zuerst bei Ari- 
stóteles) die zusammensetzung mit wy önzuerkennen, wenn nicht 
gerade die analogie mit xarnpy¢ (s. unt. dazu riethe auch hier 
nur ableitung von der präposition xard zu vermuthen. Anderes 
ähnliches übergehe ich, weil das urtheil zu unsicher. Aber die 
yergleichung von 2fwmtog mit vmegwiog lehrt, dass bei beiden eine 
form auf -w-iog zu grunde liegt, die sich gerade aus alten ad- 
verbialen formen éEww, tafgwe erklärt. In tè regga (unm. 21) 
und 4 bnegoia ist denn das ; aus dem alten v geworden, das aber 
leicht auch wegfallen konate. | 


Kyprische inschriften (1, 12). 59 


'Dass aber jenen adverbialen bildungen auf -wv ältere auf 
-du zu gruude liegen, die ganz dem locativ singularis der stimme 
auf i und w im sanskrit entsprechen, lassen die -formen auf -av 
erkennen, die sich aus den nachfolgenden betrachtungen ergeben. 
Besonders belehrend ist die lesbisch - &olische. form xuguva oder 
ndoava 2°) für zar Diall. I, 36, die sich auch in dem neuen 
üolischen gedichte Theokrit's gefunden hat, wo vs. 4 Bergk rich- 
tig augavag für zagavAacg, auch in ualloragavog Thevcr, 26 
(21), 6 enthalten, vgl. m. progr. de Theoer. carm. Aeol. Il, p. 11. 
Ein dorisches mag ist aus den compositen bei Pindar sünd- 
euos P. 12, 16 und yadxonagaos P. 1, 44. N. 7, 71 zu entneb- - 
men?") Als böotische form ist waen« zu betrachten, das von den 
grammatikern für äolisch ausgegeben wird, wäbrend EtG. 296, 17 
in xaddenagnos eine toom) Boswtixy das & in n anerkannt ist, 
vgl. Diall. 1, 191. Bei Homer ist zagtio( in der attischen ge- : 
stalt überliefert; aber für eine ältere form nagyat oder nagyat 
zeugen die homerischen composita xadAimagnos, pedromdonoc, qoi- 
vixonagnos, yolxonagpoc, bei denen aber die übliche schreibung 
mit y viel schlechter beglaubigt ist als die ohne + subscriptum ?9); 
ferner das homerische of», bald synonym mit zegsua bald 
einen pferdeschmuck bezeichnend, und das von deu attischen und 
alexandrinischen dichtern im sinne von wagesa gebrauchte nugnic, 
auch contrahirt xogrc. Vergleicht mari nun diese verschiedenen 


26) Dieser accent ist Epim. Hom. 348, 18 überliefert und lässt . 
sich durch ähnliches rechtfertigen, vgl. Diall. I, 109. Die AOxx. II, 
$01 als üolisch bezeichnete form nagoseé für magesaé würde an sich 
nicht unglaublich sein, nämlich als analog mit ##spoios 8. ob., wenn 
nicht. die anderen zeugnisse dazu‘ nôthigten eine corruptel aus nd- 
gavaı oder nagyaé anzunehmen, s. Diall. L 96. 191. 

*. 27) In folge meiner erinnerung Diall. II, 148 hat Bergk -ndpgos 
edirt; aber „ohne dass diese schreibun aus „gen handechriften nach- 

wiesen wäre. Die angabe zu N. 7, 71 ,yalxondeçor sch.“ ist irrig, 
di 28) Kellendogog mit » subser. Vic ostath. 67 , 45 anerkannt. 
Dagegen Epim. Hom. 343, 18 (maperai) iv ovrdéces dia vob n dei, wo- 
bei der zusammenhang zeigt, dass nicht etwa y gomeint ist; auch ist 
EtM. 487, 6, EtG. 295, 39 — 296, 17 in xeddirnugnos nur die angeb- 
liche áolische verwandlnng des es in y anerkannt. Der ambrosianische 
palimpsest hat consequent xallsndanos ohne +, s. Buttmann m Scholl. 

d. p. 586, und der syrische palimpsest in der einzigen stelle, wo er 
ein compositum von naged bietet, Y, 297 yalxonagnos. Ebenso hat 
der venetus in jenen compositen immer x ohne », nur yadxormuozion 
P, 294 und zadleriaopos T, 246 ausgenommen, welche stellen in jün- 
geren ergünzungen der handschrift stehen, 


60 | Kyprische inschriften (I, 12). 


formen, so erscheint ea: nothwendig ein älteres wagdra zu grunde 
zu legen, Aus diesem erklären sich sofort das lesbische mugava, . 
das dorische "aud und das für muogsov, xa«gríg und die com- 
posita auf -mdonoc zu grunde liegende xor. Aber das attische 
mago setzt mit nothwendigkeit eine ältere ionische form «gp 
voraus??), und ebenso das homerische zugeıal, wenn man be: diesem 
nicht dreister eine falsche umschreibung aus /ZAPEAI annelimen 
will, das richtiger #upnai zu lesen gewesen wäre. Nicht weni- 
ger muss das büotische xagñd aus einem älteren wagasa oder 
xugua geworden sein, s. Diall. I, 186 ff. und p. 191. Somit. ist, 
auch wenn die schreibungen -m«gn05 und -maQuog verworfen 
werden, doch die existenz von alten formen ugu« uud zagın 
für gesichert zu halten. In diesen muss aber das , aus dem f¢ 
der grundform magdza geworden sein (vorbem. 9), die ihrerseits 
auf ein altes adverbium zagav von naga zurückgeht. Denn dass 
in maçeruf, das Benfey WL. If, 335 und Curtius nr. 619 in eine 
höchst unglaubliche verbindung mit ovg gebracht haben, einfach ein 
derivat der práposition zag zu erkennen ist als bezeichnung der 
beiden seiten des antlitzes??), scheint keinem zweifel unterworfen, 
Eine gute analogie gewährt die oben besprochene gleichfalls von 
der lage entnommene benennuog des benachbarten körpertheiles 
vega von unto. 

Ein altes xarav. schliesst sich aus dem derivat xozzg5c nie- 
dergeschlagen mit xozggeiv (dor. xazag ac : ánogrjcag. 


29) H. Stephanus Thes. VI, 457. A erwähnt ein ionisches zagyg 
„teste Etym.". Aber in den edirten etymologiken wird diese form 
nicht gefunden und scheint von Stephanus nur durch einen gedücht- 
nissfehler aus dem böotischen (äolischen) sagyd gemacht zu sein. In 
Eustath. 67, 43 170 nagescay nagninv 966 léyssy 0 nosytys ist offenbar 
meoysoy zu schreiben. | 

80) Sehr naturgemüss erscheint der gebrauch des duals wie bei 
docs. Es war auch Il. T, 84 nagsıd acc. offenbar die altüberlieferte 
lesart, die Ixion ganz richtig als dual fasste, wührend Ptolemüus von 
Askalon aus unbegründeter abneigung gegen den dual ein neutrum 
tà nagssa anerkannte, s. Epim. Hom. 373, 18, wo die letztere auffas- 
sung angenommen ist wie auch Scholl. A T, 35 und EtM. 653, 26, 
ohne zweifel aus Herodian, s. Herod. ed. Lenz I, 872, 24. ‘Nach je» 
nem scholion haben Aristarch und Aristophanes narsias geschrieben, 
wührend in Scholl. BL. jenem das neutrum zugeschrieben wird, wie 
auch X, 491 für nagssas in Scholl. A demselben das neutrale apsıd 
beigelegt ist, das gleichfalls ale dual für die richtige lesart:gel- 
en . 


Kyprische ‘insebriften (I, 12). 6 


dvsdous, von M. Schmidt obne grund bezweifelt), wo des v, F in 
q übergegangen ist. Das synonyme xurwrog mit xatwasiiy, wahr- 
scheialich aus xurwfoç, ist vorher bemerkt. Ebenso ergibt sich — 
ein vrsgiv aus dem mit vermehrtem suffix gebildeten vz4Qng«rog | 
(dor. tnegdgavoc Pind. P. 2, 28) nebst vrsgnpareiy u. a. mit ent- 
gegengesetztem begriffe, irrig für ein compositum von palvar ge- 
halten, aber vielmehr für ömega« F-avog und mit dem vorher gefun- 
denen ixegoiog (von vreguwv) wesentlich identisch. — 

Besonders beachtungswertb sind aber mehrere verba auf -ave 
(nur im aor. I und futurum erscheinend). Zuerst 8£a $a, : èbedeîy 
Hesych., :0 èEedeîv É£auoas Poll. VI, 88, woher der komiker 
Platon Comm. gr. fr. IH, 628 Mein. zov éyxfpador ifavca;, was 
Eustath, 1547, 57 falsch erklärt ist, vgl. Lobeck Rhem. 12; da- 
ber é£avorne, nach Hesych. und Poll. VI, 88 eine andere be- 
mennung einer xgecyga oder áQwuyw, d. b. eines instrumentes zum 
herausholen des fleisches aus dem kochenden wasser, nach EtM. | 
346, 56 von Aeschylos gebraucht, vgl. auch Hesych. EEusp£rag: 
ágryg, eine lakonische form für é£asçérns. Ferner Alem. fr. 97 
ur nga» xaravOtig, nach Eustath. 1547, 60 = Sœpurlos, 
und Soph. Ant. 620 noir zwvQl Feou@ módo rig *Qgocavoy im 
sinne vou admovere. Endlich zwei kyprische formen der art bei 
Hesychius, nämlich Zvavo» : Evdeç. Kungsos, von M. Schmidt in 
Eydvor gebessert, aber vol. IV, 2, p. 160 vielleicht nur durch ein 
sphalma, aber gut Evavoy geschrieben, also für Zravoor, und 6 x a v- 
ov3eg Zulaulros, von Bergk unter zustimmung von M. Schmidt 
(vgl. Auct. Emend. p. 44a zu 67, 28) in cnaÿoy : Jc gebes- 
sert, was für zavooy stehen soll, aber vielmehr aus £xzavóv oder 
vielleicht noch richtiger aus druvo» (vgl. unten zu. z. 29) verderbt 
als kyprischer form für Zzavco», die genauer durch in{9eç zu er- 
klüren gewesen würe. Diese verba sind keinesweges, wie Lobeck 
ad Aj. p. 358, Rhem. 12 geglaubt hat, composita eines simplex 
«vw, sondern gleich dem lat. exuo, (s unt.) derivata der präposi- 
tionen, die zunächst auf adverbiale formen av, xrav, WOO Cav, 
trav, Exav (xav) zurückzuführen sind. Es wäre nun auffallend, 
wenn sich nicht auch an die gewöhnlichen adverbial- formen auf 
-« ähnliche verbalbildungen angeschlossen hätten, und man muss 
‚sich.sehr versuchtffühlen vieles hierher zu ziehen, worin jetzt zu- 
ssammensetzung mit 00 gesehen wird. So 2£Woas im sinne von 


62 US Kyprische inschriften (I, 12). 


Bufale, expellere, vgl. ags. àtjan, $tan (von dt) ejicere, ex- 
pellere, ahd. àzôn, ga-dzön (von &z) excludere, uud &woroa 
als instrument zum herausholen (vgl. 2&avozie). Desgleichen 
dnüous, schon bei Homer häufig im sinne von umovere, ohne dass 
überall der begriff des gewaltsamen wSsïy ganz augemessen er- 
Schiene, dem in &mwcaro cxà yégona 2, 508 das 7xa sogar zu 
widersprechen scheint; vgl. mhd. vonen eutfernen von präp. von, 
Auch drücoe, zeigt in der einzigen homerischen stelle o, 553 of 
piv avWoavıes mÀfor dg mou» nichts von der kraft des WIety, 
sondern ist nichts anderes als Gvayayé090:, sodass es als derivat 
von ava, vw viel verständlicher ist. Aber freilich haben die 
Griechen offenbar schon frühzeitig solche bildungen selbst auf 
dt» bezogen und ibnen deshalb das prüsens auf -@9éw und das 
innere augment zugetheilt, sodass eine genauere scheidung unthun- 
lich wird (vgl. unten über dy@oaz). 

Aus den formen auf -&v konuten durch den übergang des v 
in , auch solche auf -as und weiter -as werden, und auf diese 
weise dürften vielleicht die präpositionalen bildungen auf -a zu 
erklären sein, die freilich auch andere auffassung zulassen *'), näm- 
lich nagal und vxal mit Szas9a schon bei Homer, xara Apoll. 
de synt. p. 309, 28 und Jo. Al. 27, 30 bezeugt, aber nur in xa- 
zasßarng un zubehör gefunden (xatasBardg schon Hom. Od. 1, 
110), dial bei Aeschylos, dal nur bei jüngeren dichtern °°). 

Weiter aber zeigt sich eine in -u verkürzte endung jener 
adverbia in lat. indu — dor. frdes und den verben exuo, induo 
nebst dem aus subucula su entuehmenden subuo, die keinesweges 
nach der herrschenden ansicht. für composita zu nehmen sind °°), 
sondern für derivata der prüpositionen; am deutlichsten erhellt die- 
. ser ursprung in den manvichfaltigen anwendungen von exuo. Aus 


81) So ist zageí Curt. nr. 446 für die einem skr. gor entspre- 
chende locative form genommen, wofür besonders auch. dus lat. prae 
su „sprechen scheint, das Curtius pr. 380; freilich. won. zagd geson- 

at. 

82) Meri findet sich nur Simon. fr. 87, X in dem von Bergk 
für ussefoviia aus conjectur gesetzten usreiBolie; dessen unrichtigkeit 
ich schon in meinem programme Simonidis lamentatio Danaae (1853) 
nachgewiesen habe. | 
| ) Nach der gewöhnlichen auffassung mit einem dem griecki- 
schen dv gleichstehenden stamme du, nach Pott WW. I, 1, 626 mit 


einer wurzel u = skr. vjé. 


Kyprische inschriften (1, 12). es 


einer entsprechenden bildung supers "erklärt sich das adjectiv su- 
perbus für supere -us, wie sich in inschriften wirklich findet, und 
aus einem entsprechenden vx:Qv die synonymen griechischen wörter 
vm£ofog und mit schwererem suffix ÿreggiulos (von Lobeck Pro- 
legg. 91 gut für ein paragogon von vnfefios genommen), wo fi 
und 9 = 7. Alle drei ausdrücke sind synonym mit üregoïos und 
vneenpavig, die vorher als derivate der präposition ü#£o erkannt 
sind 54). Auch hier hat mam unrichtig zusammensetzung aner- 
kanat?5); aber das wahre verhältniss wird noch besonders klar 
durch Hesych. uneg fay (I. vneofar): tzegway, wo sehr un- 
glückliche besserungsversuche gemacht sind. Aber deutlich liegt 
dem worte ein uxegfog = tmeg@os zu grunde. 

Um nun auf das fragliche wort der inschrift zurückzukommen, 
so ist es klar, dass von jenen alten adverbial- formen auf -wv 
leicht auch verba auf -wrilw gebildet werden konnten. Von die- 
ser art lässt sich ein aywe/Cw erkennen in Aret. p. 24, 14 
drwioros yévytas (1 arwicrog), d. i. sursum feratur, aber auch 
wohl mit z = r (vgl oben éfwmos, xatwzos) in Hesych. 
avwrnsotovy : doguror. Arugaxıov. üvenloıpopov. Denn die 
erste und letzte erklärung scheinen hier nur auf falschen etymo- 
logien von w. ow und óz(Qouuas mit dr- priv. zu beruhen, wäh- 
‘rend die mittlere den echteren sinn eines dywmordy = ärwpioror 
bezeichnen wird, womit zu vergleichen Herod. VII, 139 of flaguA£a 
avwodperos. Zu jenem &vwritw werden aber auch gehüren He- 
rod. I, 157 25 Jedr àvQoas 1óv dv Boayxtôrc, VI, 66 dvwictov 
yevoutvow ig tv Hudiny, wo man allgemein (s. Buttmann Ausf. 
gr. Hi, 314) fehlerhafte formen für d»oigos, ávoícrov anerkanat 
hat, obgleich der aorist ofcas sonst nur in sehr junger sprache 
erscheint. Es dürften aber vielmehr dvwtous und drwiciov, wie 


84) Auch das adverbium vn#0g sv scheint mir nach form und be- 
wenigstens eben so leicht mit ünéofsos verbunden werden zu 
önnen als mit óz40gv$jc, wohin man es gesogen hat (Curt. nr. 447). 

Man kann es als neutrum eines $zéggévc fassen, das mit einem $nég- 

gsos ebenso identisch ist als der name des homerischen hirten Me 

lav9ség mit seiner andern form Meàár9soc. Freilich kann aus diesem 
öntogews sich leicht auch das nachhomerische émzeogvic entwickelt 
haben. EE 

85) Nämlich $négfiog von fia (Curt. nr. 639), dneggiados nach 

Buttm. Lexil. II, 218 und Curt. p. 708 von w. gv, superbus nach 

Curt. nr. 639 von w. ba (8a) oder fu. | 


64 | Kyprische inschriften (1, 12). 


richtiger zu schreiben, zu jenem «rwilw gebören, wobei danu das 
unzusammengesetzte drwicas allerdings mit &Gy-êveyxeiy synonym 
ist, indem der begriff des &r«a der wesentliche. Mit diesen Hero- 
dotischen ausdrücken hat Buttmaon auch Hesych cdywoardy : 
èyxAytov zusammengestellt, indem er &vqGzov : dvaxAgior ver- 
schlägt. Noch richtiger wird cywioroy zu schreiben sein (die 
glosse steht zwischen &vwdoy und dywourtes, mit jener freilich 
ausser der reihe), während &yxAnzo» ganz richtig erscheint, Denn 
die junge griechische sprache hat éyxaAsiGJou, besonders in seinen 
derivaten Fyxlmroç, #yxAgrsvw, nicht selten im sinne von èxx- ap- 
pellare, s. Thes, Ill, 86. D — 87. B. — 432. A. Jedoch wäre 
auch ein contraliirtes &rworor oder auch ein Gyworoy von dem 
obigen ricos in demselben sinne sehr wohl denkbar, wie sich 
denn dieses wirklich in ganz analoger:weise gebraucht findet, s. 
Thuc. VIII, 93 25 ro9g zoAsufovg dvüious (my nov), Dio Cass. 
Lil, 17 è5 10v d7uov ta nouyuur aveiors. Es mag aber nicht 
selten in derartigen formen das alte wi, dann contr. © durch 
blossen fehler zu w geworden sein, wie z. b. für «co, Herod. 
I, 157 v. ]. dywoas. Als simplex hat sich das alte dvywlcas, frei- 
lich mit unzutreffender erklärung, deutlich erhalten in Hesych. 7 y 0 s- 
Ora: meoonvéyIn, moocernvextus, wo oy aus wi, o. Das anu- 
loge é£wlou stimnit nun in seiner bedeutung ganz mit dem oben 
besprochenen éwoas (gleichfalls vielleicht öfters aus fous ge- 
worden) und den aualogen deutschen verben ags. ùljan, Fian, abd. 
üzon im sinne vou expellere, aber auch mit exuere, wie bei Ta- 
citus avitis bonis exuere. Ueber die kyprische bildung des aorists 
mit dem dickeren zischlaute 7^ = sh ist vorbem. 13 gehandelt. 
Es ist aber, um dies zu wiederbolen, die schreibung e.she. | o.vi.she. 
allerdings eine fehlerhafte statt e.sho.vi.she. und nur daraus zu er- 
klüren, dass dus verbum irrthümlich für ein trennbares compositum 
genommen ist. 

Die gruppe i.ie.pa.i. ist von Schmidt durch die schreibung 
sdenus als unverständlich bezeichnet, wogegen er in der parallel- 
stelle z. 25 und auch z. 26 i.te. als 1d anerkannt hat. So auch 
Deecke-Siegismund, die ausserdem z. 12 i06 zu, indem sie an- 
geben, dass hier und z. 25 10? den nachsatz cinleite, dagegen z. 26 
seine gewöhnliche coordinirende bedeutung habe.  Jener vermeint- 
liche gebrauch im nachsatze, sonst ohne beispiel, erscheint aber sehr 


Kyprische inschriften (I, 12). ^ 65 


wenig glaublich, und ich lese das i.te. an allen drei stellen viel- 
mehr ize als kvprische form für rer mit , für e wie in ly. 
Der abfall des » wird gerechtfertigt durch Hesych. Fox 09” £g- 
weg: moder xac. Mugsos (M. Schmidt ohne noth #o9ér), of- 
fenbar für ix x09sy und richtiger 2on09° zu betonen, Ob sods 
oder zo:6 anzunehmen sei, ist hier nicht zu erkennen, und ebenso 
ist die form der inschrift zwischen {9e und ’{rs zweideutig; ich 
habe aber die tenuis vorgezogeu zunächst wegen der form gyre in 
dem alten Foedus Eleorum C. I. nr. 11, die bisher verkanut ist. 
Hier lautet nämlich der schlusssatz nach Boeckh's lesung: a? dé 
110 ta youpea tal xaddoltorro, alie. péias alız reéora ulss da- 
pog evs’, imago x evéyouo ti "vrai éyoauuére. Hierin ist 
aber à» irrig für ior, genommen (Diall. 1, 282. 1], 319) und 
kann enderseits auch nur künstlich mit andern als plural = «ici 
gefasst werden. Aber die interpunction der inschrifi nach dZuos 
zeigt deutlich, dass vielmehr fz’ für êvre = Fev zu nehmen ist 
und auch hier den nachsatz beginnt; ‘wegen des mangels der co- 
pula bei ulze -alıs, vgl. in der grossen inschrift von Tegea |. 41 
etre legdy efie. dapoosov eire Tdsor und |. 54 cire legdr elie da- 
pocsor. Die tenuis statt 9 ist euch iu ‘yraûr = rare. 
Dasselbe wort ist ferner das lat. inde, das gleichfalls zuweilen im 
nachsatze steht, wie Plaut. Curc. II, 3, 84 ostium ubi conspexi, 
exinde me illico protinus dedi. Aus dem griechischen vergleiche 
man u. a. Thuc. ll, 84 wc dì dxexglravro, trisvder di) x14. 
Ganz entsprechend ist aber auch der gebrauch von 709 Aesch. 
Ag. 200 Zus} d° dvayxag idv Mnudvor — 16989 16 zavióroAuov 
peovely petéyrw und der háufige homerische gebrauch von zw im 
nachsatze; denn dieses ist die richtige schreibung statt des ge- 
wöhnlichen 16 und die ursprüngliche bedeutung = 109+y anzuer- 
kennen, vgl. Diall. 11, 374, m. Griech. formeul. p. 104 aum. 6 
und über die von Apollonius und Herodian bezeugte und gebilligte 
schreibung Herod. ed. Lenz I, 492 ff. In z. 26 wird sich das 
selbe "fre = i Sev statt des vermeintlichen 7d? in anderem ge- 
brauche gleichfalls sehr angemessen zeigen. Uebrigens ist #v9er, 
el. Eyze, kypr. frre, lat. inde = skr. alas. Wegen des in diesem. 
fehlenden n vgl skr. adh-as, adh-ara mit lat. inf-ra, inf-eri, goth. 
und-er. Das euklitische aus ist z. 12 heigegebeu wie in . xdc . 
nu z. À. | 
Philologus. XXXV. bd. 1. 3 


66 Kyprische inschriften (J, 12—16). 


Sehr gut haben Deecke-Siegismund in mefoes, das für Schmidt 
ganz räthselhaft geblieben ist, unter vergleichung von 077, 
anomwe, poena eine dialektische form für ceíces, close ‚erkannt, 
unter beziebung auf Fick Spracheinh. p. 81, wo sehr gut das zu- 
sammengehôren von zfyw mit xofyn nachgewiesen ist, wenn auch 
nicht alle gemachten combinationen zu billigen sind. | 

Z. 13. Ueber die geldsumme s. zu z. 6. 

Z. 14. Die eigenthümliche form aliu» = d240r, aus dem 
alien dAjog (lat. alius) durch überspringen des j geworden, ist von 
Deecke-Siegismund gut dureh Hesych. alidreomoy : &AAowo- 
zg0r0v geschützt (auch ELM, 35, 3 alAdrgomog : dAdosorgonos). 
Schmidt hat durch die schreibung aslwy das wort zweifelhaft ge- 
lassen und äussert sich p. 65 ziemlich unverständlich, jene gruppe 
bedeute wohl z@v dàAu» (wie in anh. I geradezu geschrieben ist) 
„vgl. auch EtM. 34, 10 «Fe disi rot xe1à Kungsos, es müsste 
denn: an alios, ulélios, dédsos zu denken sein“ (d. i. = ovyyau- 
foo). So auch p. 32 „ur aiu» = zur allwr?“ Dagegen 
p. 86 ,rwr alidwy (GAwr)® und p. 87 „ob zur «ior ror di- 
Awy bedeute, ist noch'micht völlig sicher; air, wie padsor = 

dMov wäre zweifellos GAÀw»'* und..gleich nachher ,:dv allwr“, 
| Die einem allog = &24og'vermeintlich widerstrebende form iva- 
AuMguéra z. 20 wird unten eine andere erklärung finden, 

Z. 15. 16. Ueber za tyjowy ff. s. zu z. 5. Die gruppe to. 
mi.si.to.ne., von Deecke-Siegismund rò(v) 090» und von Schmidt 
tüv wioduy gelesen, ist nach der dort gegebenen erklärung des 
vorhergehendeu wortes für gen. singularis zu nehmen, sodass & tyngo¢ 
TU uscdev == 10 én(yugor rov psodoù das zugeld zum lohne 
bezeichnet. :Die geldsumme hier und z. 27 ist von Schmidt wie- 
der gar: nicht gedeutet, von Deecke-Siegismund aber in einer ganz 
unannehmbaren weise, indem sie das die vier ersten einsen auf bei- 
den seiten einschliessende zeichen, auch sonst = pe., für abkürzung 
von réune nehmen, und dabei das erste ze. mit den folgenden 
vier einsen als zehner fassen, das zweite ze. mit den folgenden 
zwei 'insen als einer, sodass 97 beruuskommen, dann dos folgénde 
zeichen ‘(von Schmidt für ti. genommen , nach Deecke-Siegismund 
diesem nur: entferat. ühnlieh); ‚als bezeichnung der mine deuten und 
endlich das weitere e, alsiabkiirzung von Edudssvg, also zusammen 
97 idalische minen, Eine glaublichere deutung‘ wird durch die 


Kyprische inschriften (1, 15, 16). 67 


folgenden zusammenstellungen an die hand gegeben: Hesych. x é- 
Aexvg 2... . 9 Craduloy ESaurnuioy doyaïor of dì dexup- 
veatov (cod. dwdex-) — nusmélex(x)or : toiuvaîov 7 re- 
Teapraiow 5] merréurour® T0 yùo dexdprovy mélexe (meg 
Mus.) xateizus nagu Iagloss; Eustath. 1878, 56 weléxewr pi» 
ov pla omuuolu dnioî yug 7j AMEN Gpwvuples Aoyp xaT 1086 
alas; xal Cradudr lv Konm EEuprow 7 dexduvovr. Ks er- 
gibt sich hieraus, dass in Kreta und Kypros rechnungsmünzen 
unter den namen nexus (so wird auch von Musurus richtig ge- 
bessert sein) und 7wsrflexxos üblich waren, offenbar aus der zeit 
her, wo üxte und halbäxte als zahlungsmittel dienten, nicht überall 
von gleichem wertlie, aber bei den Paphiern nach ausdrücklichem 
zeugnisse der mélexvc zu zehn minen als bequeme mittelstufe zwi- 
schen mine und talent, also wohl auch in Kition und Idalion. Mit 
grósster wahrscheinlichkeit wird nun das doppelte pe. als abkür- 
zung voa zéAexvg zu betrachten sein, wie in der andern suwme 
z 6. 13 ta. für zíAarror, so dass die von den beiden pe. einge- 
schlossenen II I (vgl. zu z. 6) zunächst die summe von 4 ms- 
A£xsg = 40 uvai bezeichnen. Schwieriger ist das folgende zu 
deuten, Das nach der zalıl II folgende zeichen scheint mir wach 
sorgfältiger vergleichung aller betreffenden stellen im Luynes'schen 
focsimile dem ti., wofür Schmidt es genommen hat, zwar sehr 
ühnlieh, aber dock verschieden zu sein, und ich wage darin das 
noch unbelegte zeichen für zu. zu vermutlien, das hier als abkür- 
zung einer kyprischen miinzbenennung (vou dient, vgl. Hesych. 
Coso«s.: doayual. Denn dieses wort stammt aus dem semiti- 
schen = syr. zuz, chald. zusa und konnte sich leicht auch bei 
den kyprischen Griechen eingebürgert haben. Ist die deutung 
richtig, so liegt darin zugleich ein beweis für die kyprische aus- 
sprache des fünften vocales, welche durch die schreibung Covcas 
in gewohnter weise ausgedrückt ist. Endlich in dem letzten zei- 
ehen e, mag ich nicht eine ebkürzung des ethnikons erkennen, 
weil auch den geldangaben z. 6. 16 ein solches micht beigegeben 
ist, sondern verstehe lieber eine abkürzung von zu«cv oder nach 
analegie des arkadischen dialektes in der inschrift von Tegea 7. 
25 nusscor. Somit wäre hier die hauptsumme der zedéxesg, wie 
bei dem r«Aarror z. 6. 16, durch einschliessung in das wieder- 
holte münzzeichen hervergeliolien, die kleinere münze aber nur mit 


. 5* 


68 Kyprische inschriften (I, 15—19). 


einer einmaligen bezeichnung bedacht. Die ganze summe betrüge 
40 minen 2'/?; drachmen. Weshalb eine so wenig runde summe, 
lässt sich natürlich nicht sagen. 

Das von Deecke-Siegismund gesetzte dwxoij7 ist von ihnen 
für den optativ eines präsens dwxw genommen, das sich zu idwzea 
ähnlich verhalte wie fxw zu 7xa, indem sie ausserdem skr. dác, 
„darbriugen, gewähren“ heranziehen. Curtius vergleicht in der an- 
merkung noch cAéxw neben 6dAw4Aexa. Schmidt, der das letzte 
zeichen des wortes ungedeutet lässt, muss wohl etwas ähnliches 
im auge gehabt haben, wenn er das übrige doxos (nachtr. I dw- 
xo) geschrieben hat. Die beziehung auf 7x«w scheint mir sehr 
unzutreffend, weil hier der perfectische sinn ganz fern liegt. Bes- 
ser passt schon óÀíxo, wenn man die beziehung auf das nachho- 
merische dAwiexa, das in dem x nur zufällig stimmt, bei seite 
lässt. Am zutreffendsten erscheint jedoch skr. där,-ati. Es scheint 
aber der kyprische dialekt noch ein anderes beispiel eines durch 
verstärkendes x gebildeten präsens zu bieten, nämlich in Hesych. 
deuxés : üngentc. axovers. Kung. Hier hat M. Schmidt 
Zeitschr. f. vgl. SprW. IX, 298 unter vergleichuog von dextieg : 
. dxevag Cyrill. die erklärung dxovs auf ein kyprisches ate; == 
ding bezogen, aber zu Hesychius dies fallen lassen und vielmehr 
die von Stephani vorgeschlagene besserung von dxovtig in xoxo» 
als „non male“ bezeichnet, wobei er dann zugleich Kungos in 
xongsovy verwandeln will, eine art der besserung, welche derselbe 
u. a. 0. p. 290 f. noch auf vier glossen angewandt bat. Aber 
ein kyprisches Gefxes = axovess scheint sich gut rechtfertigen zu 
lassen, nämlich á&(-xw als verstärkte form von alw, wobei de(0«: 
axovos Hesych. das mittelglied bildet. Dabei wird freilich das + 
von díu nicht mit Curt. nr. 586 für das präsens-bildende j ge- 
nommen werden dürfen. Weshalb ich dwxosje geschrieben habe, 
s. zu z. 6. 

2. 18. S. zu z. 9. | 

Z. 19. Schmidt hat hier und z. 21 auch noch in nachtr. Il 
an seinem mw éyoueror festgehalten und roegoperov für nooey— 
== mgogeg- für falsch erklärt. Aber die ausstossung des © ist 
von Deecke-Siegismund genügend gerechtfertigt (s. vorhem. 15) 
und nicht minder durch vergleichung von wonoeyns der ausdruck 
nçoceyouevos mit gleichem sinne. 


Kyprische inschriften (I, 19—21). 69 


Aus to.ro.vo. haben Deecke-Siegismund (s. p. 230) sehr un- 
wahrscheinlich den dual zw (orw gemacht (freilich sehr zwei- 
felnd), weil die lesung z0(r) Qópo(v) nicht zulässig sei, da das 
schliessende » nur beim artikel abfalle. Viel glaublicher hat 
Schmidt darin einen eigennamen TQoco oder nach p. 52 4ewro 
gesucht, was auch Deecke-Siegismund nicht ganz abweisen. Aber 
in diesem falle kann man doch schwerlich umhin den abfall des 
schliessenden » auch bei einem nomen anzuerkennen, wofür sich 
alsbald z. 21 noch ein anderer beleg finden wird, vgl. vorbem. 6. 
Statt jener alles anhaltes entbehrenden namensformen dürfte aber 
vielmehr ein Odgcog zu erkennen sein, vgl. Oovgos Zußagfıng 
Theon. Progymo. 3; denn auch das adjectivische dovoos ist aus 
9égpo; geworden wie dougos aus dopr-os. Den folgenden com- 
plex haben Deecke-Siegismund to.tu.ru.mi.o.ne. gelesen und neben 
jenem rà (ero zweifelnd als za») devplwr gedeutet. Schmidt, 
der jenes vermeintliche ru. ungedeutet lässt, hat tov Tu*usor. 
Aber Deecke-Siegismund haben mit recht bemerkt, dass, wenn die 
erste gruppe einen personenuamen darstelle, die zweite wahrscheiu- 
lich den vaternamen in der kyprischen genetivform auf -wy ent- 
halte, wodurch dann die stelle mit z. 21 zó nosyousvov nog lla- 
cayoguy tov "ÜvacayóQav ganz parallel wird. Jenes von Deecke- 
Siegismund für ru. genommene zeichen ist aber oben zu z, 12 
vielmehr als vi. erkannt, und es dürfte nun am wahrscheinlichsten 
tov Oupslwr zu lesen sein, wobel der personenname Oucigsos 
von Sog mit parasitischem ¢ herzuleiten ist, vgl. "ÆrSiuoçg von 
av 0ç. | 

2. 20. Die lesung von si.mi.to.se. als Sippsdoc, wie Deecke- 
Siegismund und Schmidt, ist nach vorbem. 14 unrichtig ; auch gibt 
der kyprische dialekt sonst keinen beleg für die üolische gemi- 
nation der liquida, sondern zeigt sich ihr durch afdog für &Adoç 
(z. 14) vielmehr weniger geneigt als irgend ein anderer dialekt. 
Zipidog stimmt mit den nicht-äolischen uamensformen Ziuos, Zt- 
por, Zipvios u. a. | 

Z. 21. Schmidt hat die gruppe ti.ve.i.te.mise. durch AfFt- 
Jeux wiedergegeben, wie er p. 51 auch für môüglieh balt a.i.ve.i. 
z. 91 alr( oder al;ı zu lesen, p. 67 veiko.ma. zıxova. Wie er. 
sich diese lesungen gerecbtfertigt hat, ist nieht wohl zu errathen. 
In vorbem. 8 ist darauf hingewiesen, dass das 4-65- des namens 


70 Kyprische inschriften (1, 21— 26). 


die ältere form des dativs darstelle, von der sich gerade bei diesem 
worte such in dem namen Æsssrpépyç (vorbem. 8) und in den ho- 
merischen gedichten spuren erhalten haben, uämlich in der deh- 
nung der endsilbe, die immer in der formel Sit flos und noch 
uuffallender in Ad wo B, 781 eintritt. Inschr. XII bat denselben 
personennamen im einer weniger sicheren überlieferung. 

Die gruppe a.ra.ma.ne.s.se. ist von Deecke-Siegismund “dgupu- 
vevg gelesen, von Schmidt “dgapaved¢ und in der ebhandlung p. 
57. 86 "Jouawvg, wobei immer eine topische benennung von 
einem demos oder dgl. her verstanden ist. Aber von einer derar- 
tigen näheren bestimmung einer person findet sich in diesen ky- 
prischen inschriften nirgends ein ‚sicheres beispiel; wohl aber ist 
die durch deh vaternamen im genetiv sehr gewöhnlich und gerade 
such in dieser inschrift z. 1. 2. 21 sicher und auch z. 19 von 
mir anerkannt, und ich sehe nicht ein, warum eine solche nicht 
auch hier stattfinden sollte. Denn wenn man das wort paroxyto- 
nirt, kann es sehr wohl der genetiv eines namens auf -n¢ decl, 
MI sein, der nach der weise des ionischen dialektes und einiger 
dorischen (Diall. II, 214) aus -sos contrahirt ist, Den von mir 
anerkannten namen ’ÆAouérns vergleiche man mit ”Agpereidng 
AOxx. Il, 299, 3, Keil Inserr. Boeot. nr. XXX, das auf ein *4fo- 
pévns decl. HI schliessen lässt, und auch mit "Æopéras (g. -a), 
sohn des spartanischen tyraunen Nabis Polyb. XX, 13, 4. Ky- 
prisches « für s wird sich auch in dudtog = déArog s. 26 
finden. Ueber da reg s. zu z, 9. Hier kann a.la.vo. nicht wohl 
etwas anderes sein als der accusativ „der xzxog, den Divithemis 
als weingarten hatie^, sodass der mangel des schliessenden » aner- 
kannt werden muss, vgl. vorbem. 6. Ueber zoeyousrov zu z. 19. 

Z. 22. 23. Ueber marwrlos ff. zu z. 10. 

Z. 24. 25. S. zu z. 12. Das 5 x. 24 nehmen Deecke- Sie- 
gismund p. 252 für eine kürzere form von idé and, wenn es 
nicht aua diesem graphisch abgekürzt sei. Viel richtiger hat 
Schmidt p. 89 eine andere form für 7 anerkannt, das in der in- 
sebrift z 10. 11. 13. 28. 25 erscheint, s. zu “Hdadlwy z. 1. 

Z. 20. Ueber die summe s. zu z, 15. 16, über frs = &- 
Sev zu z. 12. Hier bedeutet es einfach inde, darauf. Das von 
Deecke-Siegismund aus dem folgenden herausgebrachte zu radc(1)- 
rw ade, ta -émix vads lrullaliopéve „das (verabredete) über 


Kyprische inschriften (1, 26). 71 


die tuleute, diese ausgetauschten worte“ ist in jeder hinsicht un- 
glaublich, auch schon um deswillen, weil es sich in den verträgen 
nicht bloss um talente handelt (in wahrbeit um. ein. talent), son- 
dern auch um andere kleinere summen, dann aber insbesondere um 
landschenkung. Die abweichende lesung bei Schmidt ra ze tvadu- 
)souéra (das er aber nach p. 61. 67 auf 2v-cddnittw „unter ein- 
ander abmachen“ bezieht) dient auch. nicht dazu das verständniss 
zu fördern. Bei meiner lesung 74° dvdrw nehme ich daArog für 
die kyprische form von déAzoc, vgl. Hesych. da Axsov : mvaxiov. 
oiov yeuupur(dsor (nach daAw), wodurch das dialektische a des. 
wortes gestützt wird, auch wenn man die besserung dadz(ov vou 
Alberti für entbehrlich hült und auch das x statt z für dialektisch 
nimmt; M. Schmidt’s besserung ya4/diov ist schwer verständlich, 
Ferner îvalalicutva ist nicht auf ein 4AAgA(Qw zu beziehen, wo- 
gegen einerseits das durch z. 14 gesicherte kyprische alAog für 
&ÀAog streitet, anderseits die uuzulüssigkeit der lesung i»«AÀ- (s. 
vorbem, 14), sondern auf das mit dAs/pw synonyme und engver- 
wandte dlrw, s. Hesych. dA(veav : QÀelgey — àÂtrus : 
lnaMias — d Àeivas : 70 enudeipar tolgo — inadetvus: 
éxadsipas — xarabetvas : xuruui£as (Alberti xazaderos, viel- 
leicht xazacpEas) ; Phot. xazadîra: : xuradupus (1. xaradeipas); 
ferner dAosuóg, das in der bedeutung yofoux oder àzGAuwig 
ré» tolywy mehrfach, namentlich aus Sophokles her, bezeugt ist, 
s. Thesaur. I, 1, 1570. D. und M. Schmidt zu Hesych. uAoı na 
(L &Aosuog). Es ist offenbar das lat. li-n-0, dessen wurzel im 
griechischen scheinbar ein prothetisches « angenommen hat, eigent- 
lich als ersatz eines abgefallenen consunanten, vgl. Corssen. Beitr. 
19, Nachtr. 62 ff., Ausspr. I, 177. Von diesem dA(ro ist dAc- 
Aou das richtig gebildete perf. passivi. Wie aber das lat. linero 
auf das schreiben angewandt ist und das davon abgeleitete littera 
eigentlich den aufgestrichenen buchstaben, bezeichnet (auf 
depFégas, papyrus u. dgl), während rode» und scribere eigent- 
lich vom eingraben der schrift gilt (in stein, erz, wacbs), s. 'Cora- 
sen, so konnten auch dAeígo und dAlvw auf das schreiben ange- 
waudt werden, und jenes ist in diesem gebrauche gerade aus dem 
kyprischen dialekte her bezeugt, nämlich Hesych. 2leswygsoy : 
yougelov. Kunosos, von H. Stephanus Thes. I, 1417 B. gut in. 
Glesntngioy gebessert und als aframentarjum gefasst (Meineke un- 


72 Kyprische inschriften (1; 26. 27). 


glücklich Gheswtygsoy : yrugeior), und dspdPegudesgpos: 
roupparodidioralos maod Kenolow. Die letzte glosse lässt auch 
erkennen, dass dip3éoas das in Kypros übliche schreibmaterial 
waren; freilich sind derartige ausdrücke auch nicht selten beibe- 
halten, wenn zu demselben zwecke später ein anderes material 
verwandt wurde, wie denn Sokrates Plutarch. Q. Gr. p. 297. F. 
sogar von dig fQuic yoÀxaig spricht. Jedoch können jene déAros 
immerhin für dspFégus zu nehmen sein, vgl. Hesych. 69g 39.4Qa : 
oe» déiros. yoaupatior, wie denn der gebrauch von déires 
überall ein sehr weiter ist, vgl. Eustath. ad Dion. p. 242 Oxo 
— ánAdg oi fBífAo.. Wenn nun gesagt ist, der könig und die 
bürgerschaft hätten ra‘ déAtwy rode 14 cemju td 15 lvalalsouére 
im tempel der Athena deponirt, so ist rads ra cénija diesen 
wortlaut, d. h. den bis dahin angegebenen inhalt der beiden 
vertrige und der darüber ursprünglich ausgefertigten urkunden 
(d£âros), und ra zs Irallulsonevu „und das hinzugefügte“, 
wie ¢yygagw mehrfach im sinne von 7900ygepw gebraucht ist, 
nämlich den von rdg ye z. 29 an angehängten zusatz. Man hat 
nimlich das gauze verhültniss nicht so zu verstehen, wie Schmidt 
p. 90 annimmt, als sei dem Onasilos und seinen brüdern für ihre. 
obne honorar geleisteten dienste die remuneration erst nachträglich 
verwilligt ; sondern die urkunde sagt ja mit klarsten worten, dass 
die verträge sich nicht auf acta, sondern auf agenda der ärzte be- 
ziehen, was Deecke-Siegismund auch richtig erkannt haben. Es 
sind aber ursprünglich zwei verschiedene verträge abgeschlossen, 
der eine mit Onasilos und seinen brüdern, der andere mit Onasilos 
allein, beide auch auf der tafel durch den absatz z. 13, wo das 
. letzte drittel leer gelassen ist, scharf geschieden. Es sind aber 
diese verträge zunächst auf zwei déÂros geschrieben gewesen, 
worunter man, wie bemerkt, dspdéqus verstehen kann, oder auch 
im eigentlicheren sinne des wortes sfraxes. Später aber hat man 
sich veranlasst gesehen noch den zusatz z. 29 zdg ye ff. hinzuzu- 
fügen und unter feierlichen eiden eine auf das dauerhaftere mate- 
rial der bronzetafel eingetragene protokollarische urkunde über das 
ganze in dem tempel der Athena. zu deponiren. 

Z. 27. Schmidt hat nach lesbischer weise (Diall; I, 151) wepp 
geschrieben ; aber die äolische gemination. der liquidi ist dem kypri- 
schen dialekte fremd (s. zu z. 20) und auch die doppelte auffassung 


Kyprische inschriften (1, 27— 29). 73 


des einfach geschriebenen consonanten nach vorbem. 14 unzulässig. 
Deecke-Siegismund haben nach delphischer weise (Diall. 11, 357) 
meg’ mit elision; aber das natürlichste scheint ein apokopirtes iQ 
anzuerkeanen, wie auch das alte Foedus Eleorum nug nolfuw = 
aeg: modspuov hat. 

Z. 28. Das seltsame cvrrogxoss bei Deecke-Siegismund ist 
nur durch den irrtbum veranlasst, ögxog habe das digamma, s. zu 
z. 1; über Moy s. vorbem. 13. Das richtige Avous und =. 29 
Avon ist nunmehr ouch von ‘Schmidt in Nachtr. Il anerkannt, nach 
seiner angabe auch von Blau gefunden. Mit Schmidt habe ich 
lieber ronzag als mit Deecke-Siegismund -onz«s betont; denn die- 
ses conta ist unverkennbar nur eine durch ausstossung des o ver- 
weichlichte gestaltung von ógro«, wie das pindarische oxürtor = 
Gxntoov, auch homerisch oxywrovyog. Nicht anders verhält sich 
auch des weibliche suffix -z55 zu -zgsg und im grunde auch das 
männliche -zng (-za) neben -170 und -zwg. Ueber üras Cay s. 
zu z. 10. 

Z. 29. Mit Deecke-Siegismund 67: (von Schmidt ungedeutet) 
als dialektische form für dre anzuerkennen würde mir unzulässig 
scheinen, auch wenn nicht in z. 1 ore festgestellt wäre. Nicht 
glaublicher ist das von Curtius vorgeschlagene jgs, das mit lat. 
ubi (das in. wahrheit = 035 wie ruber = dgudgds) und opge 
verglichen wird. Vielmehr da zu z. 10 die alte form ôxf für ànf 
nachgewiesen ist, scheint es mir kaum zweifelhaft, dass dné als 
kyprische form für dre zu losen ist, welche conjunction mit ézi 
zweifellos eng zusammenbüngt. Ueber 015, von Schmidt wieder 
nicht verstanden, a. zu z. 10. Das neue wort &yocfa, vou Deecke- 
Siegismund ,friedlosigkeit* übersetzt, scheint von Schmidt, da er 
nicht betont hat, für zweifelhaft gehalten zu sein, ist aber wohl 
als sicher anzuerkennen, Der ausdruck wird verstündlicher, wenu 
man bedenkt, dass dosog den directen gegensatz von Jegög und 
sacer bildet, sodass cvocija Fos yévosso so viel ist als das lat. 
sacer esto im schlimmen sinne, in welchem das griechische Fegög 
nicht üblich ist, sondern statt dessen èrayns iorw, wie auch @yog | 
im gegensatze zu óoía steht, vgl z. b. yog xexrnosius Aesch. 
Sept. 1017. Der gebrauch der partikel ye ist bier freilich sehr 
auffallend, aber das von Schmidt p. 29. 88 dafür vorgeschlagene 
x] == éxti doch ganz unmöglich. 


74 Kyprische inschriften (1, 34. 1). 


Z. 31. Die schreibung éyo- mit Schmidt entspricht der ky- 
prischen schrift, die deutlich zwei consonanten. anerkennt, besser 
als é- von Deecke-Siegismund. Ueber of rot duri ff. s. zu 
z. 8. Weun Deecke-Siegiamund hier Twos ohne » haben in wider- 
spruch mit ihrem ££o(»)s& und mit dem xglvwvor u. a. des arkadi- 
schen dialektes, so wird dies nur ein sphalma sein. - 


ll. Bilinguis von Idalion. Lang in Transact. of the 
Soc. of bibl, Archeol. Vol 1. 1872. 
(Schmidt 2, Deecke-Siegismund 2). 


i. .... pasilevose | miliki]1. ... . Baosdijcog Mixja- 
ja.to.no.se. | ke.tio.ne. | ka.e.| — 9wrog Kerlwr xu. "HóoMwv 


ta.li.o.ne. | pa.si.le.u. BaciAes[ po. 1 oc 
2. .... menane.| topepame|2. cézes 71; I, Enayolpe- 
| ro.ne. | ne.vo.so.ta.ta.se. | to.) var zw nérauéowr ve “OTIS 
na.ti.ri.ja.ta.ne, | to.te. | ka.te.| Tüv 'adgsidtuv 1006 xaréosuce 
se.ta.se. | o.va.na.she. 6 puvaTN 
3. .... o.8.pi.timili.ko.ne. | 13. &uwfwr Badipauoc] d 
to.a.po.lo.ni, | to.a.mu.ko.lo.i.|| "fidiplAxu» 10 "Anlüwm 16 
n.po.i.vo.i. | ta.se, | e.u.ko.la.se] — ""fpuvxhoi, dg ol cos rag eù- 
| qwhag ——— 
4. .... petuke. | itukaji | aj4. átw» r£Aoc E]néôuxs. D sv- 
za.ta.i. | za aladas.. 


Deecke-Siegismund: 1. Milxs/d$uvos Kerr xa ’Edalv 2. um . 
var TO(v) — vercorarag — pévaË 8. ABiduilrwy zu "Andllon 18 
"Aus xio 4. néruye (v) téye dysoQ. 

Schmidt: 1. MilxiaS9urog Kinov (Kınürv) xav 'Hdolvor 2. uévav 
romsnaueoor venonirag (TO nencueowy veocotatas ?) — o*vag 3. ' AB- 
dipilzo» trols) "Anölluvs vo(3) "A*xdlwe (’A[psjxodm) dyosgos tas sóyolag 
(sug stywias) 4. *ruys (doxe) lv rye dyadà. . 


Die inschrift ist auf einem steine, der offenbar als basis einer 
statue diente. Alle zeilen sind rechts (also in ihren anfángen, da 
die schrift nach links läuft) stark verstümmelt, weniger links. 
Da der umfang der lücken aus Deecke-Siegiswund und Schmidt 
nicht zu erkennen ist und ich das facsimile nicht habe benutzen 
können, machen die vou mir versuchten ergäuzungen in dieser hin- 
sicht keinen anspruch auf: genauigkeit. Ueber der kyprischen in- 
schrift stelt eine noch stärker verstümmelte dreizeilige phünizische, 


Kyprische iuschriften (II, 1). 75 


deren von Deceke-Siegismund mitgetheilte herstellung und deutung 
durch Th. Nöldeke das beste vertrauen verdient, — 

Z. 1. Der name des königs, von Schmidt MiuxıuIwv, vou 
Deecke - Siegismund MAxyjaIwv gelesen, ist in dem phünizischen 
texte mikjthn geschrieben, was von Nöldeke Melekjathon gelesen 
wird. Schmidt p. 27 hat ‘damit den namen des bekannten phöni- 
zischen schriftstellers Jayywrsd Sw oder Tayyovniudwy verglichen. 
' Zufällig finde ich Journ. Asiat. ser. VI, vol. 11, p. 443 in einer 
von Zotenberg pulilicirten phónizischen iuschrift auch den namen | 
zdjfhn = Zadjathon und dazu die bemerkung, dass auch andere 
phönizische namen auf -jathon gefunden werden. Schmidt, der das 
vierte zeichen des, namens nicht für ja,, sondern für a. nimmt 


(vorbem, 11). hat nun ganz consequent nach analogie von Zoyyu- 


madwr den zweiten theil des wortes -sé9wy geschrieben, wie 
derselbe in der gewöhnlichen griechischen schrift allerdings ausge- 
drückt sein musste, Wenn man aber mit Deecke-Siegismund das 
zeichen ja. anerkennt, so ist es unnatürlich anzunehmen, dass das 
phônizische -jathon in kyprischer aussprache -ijd wy gelautet habe, 
und man hat vielmehr der phünizischen form ganz entsprechend als 
zweiten theil des namens -j&Jcwv» anzuerkennen. Dann bildet 
mi.liki. den ersten theil und ist MiAsx- zu lesen s vgl. Hesych. 
Malixd : sóv ‘Heoxtée "Apatovoves, wo gleichfalls das se- 
mitische melek nach kyprischer -aussprache iu der zweiten silbe das 
+ angenommen hat, wie dies auch im namen Melxéornç aus dem 
phönizischen Melkart der fall ist. Noch besser stimmt Milichus 
(v. L Milicus) Sil. It, Ill, 104 als name eines mythischen künigs 
von Spanien, abnherrn der Imilce, den Movers Phoen. I, 326 trotz 
der linge der ersten silbe zweifellos richtig nicht für das grie- 
chische Meflsyog genommen hat, sondern für das semitische melek, 
molech, wofür auch der name der Imilce zeugt, den der dichter 
ausdrücklich von dem des ahnherrn. ableitet. 

Die von Deecke-Siegismund gesetzten contrahirten genetive 
pluralis Kersdiv und "EdoAwo» sind hier eben so wenig zulässig 
als letztere form 1,.1, und es war hier wie dort der kyprische 
gen. singularis auf -wy herzustellen; über die schreibang ’Hdu.- 
s. ebend. Das anfangszeichen dieses namens zeigt hier eine guns 
ungewöhnliche : gestalt, die von dem üblichen auch z. 3 in «v- 
xwlüg erscheinenden zeichen des e. sehr stark abweicht. Schmidt 


76 Kyprische inschriften (ll, 1. 2). 


bat es deshalb vielmehr für je. genommen, dessen bekanntes zei- 
chen freilich gleichfalls sehr verschieden ist, und Kerr xa’ "Hda- 
Asov gelesen, ja sogar in seinem texte das gewöhnliche zeichen te. 
stillschweigend substituirt, anscheinend nur aus conjectur, wie er 
sich dergleichen besserungen mehrfach gestattet hat. Es ist aber 
auch sein Kéuo» zar ’Hdadsov unverständlich und streitet mit 
dem von Schmidt selbst p. 48 anerkannten sinne „unter der re- 
gierung des königs Milkiathon über Kition uud Idalion“, der um 
so sicherer zu verlangen, weil die künige von Kition und Idalion 
auch aus phônizischen inschriften (s. Deecke - Siegismund) bekanat 
sind. Ueber die form xa für xág vor vocalen s. vorbem. 15. 
Die annahme eines zwiefachen zeichens derselben bedeutung in 
dieser inschrift haben Deecke-Siegismund dadurch gestützt, dass 
dasselbe auch bei ka. uud ko. der fall sei. Für jenes ist nämlich 
gerade bei jenem xa eine ungewöhnlichere form gebraucht, die 
aber doch von der gewöhnlichen nur mässig abweicht; für ko. 
dient z. 3 zweimal] ein zeichen, das sich von dem gewühnlichen 
nur durch abrundung unterscheidet, aber dadurch einem po. fast 
gleich wird. Es sind also diese fälle doch nicht ganz analog mit 
dem gebrauche zweier günzlich verschiedener zeichen für e., und 
es bleibt hinsichtlich des ersten zeichens von “Hdudsoy ein verdacht 
hängen, vgl. zu luschr. lll. — Die erginzung facv[posog 
ist von Deecke-Siegismund vorgeschlagen. 

Z. 2. Die ergänzung ‚rss III I‘ gibt der phönizische 
text an die hand, wo „im jahre Il I der herrschaft des Melek- 
jathon“, vgl. lnschr. VIII tes III“, VII „En II. Nach Deecke- 
Siegismund ist diese angabe des regierungsjahres zu anfang der 
ersten zeile verloren gegangen, wo mir doch nicht der rechte 
platz für dieselbe zu sein scheint. Ich glaube vielmehr, dass dort 
das jahr des oberpriesters angegeben war, das auch I, 1 in dem 
nl tot Diloxungwv pére erkannt ist. In dem verstümmelten an- 
fang der zeile hat Schmidt. mena.ne. wenigstens fragweise ohne 
glück für uzvav = piva genommen und in to.pe.pa.me.ro.ne. mit 
einer gróberen versündigung gegen den dialekt tw» méum dpue- 
Qu» gesucht. Sehr gut haben dagegen Deecke-Siegismund das 
erste wort in éxayo]pmevay ergänzt und in pe.pa.me.ro.ne. xe(v)- 
raufgwy erkannt, sind aber, weil sie dieses für gen. pluralis ge- 
nommen haben, mit dem to. in verlegenheit gerathen und haben, 


Kyprische inschriften (Il, 2). 77 


um dieses zá(») lesen zu können, dreister annelımen müssen, dass 
to. aus ta. verlesen sei,: welches zeichen allerdings von jenem nur 
durch den mangel eines striches abweicht. Meine lesung 'Emuyo- 
perav tw nénapégwy, wo letztes für den kyprischen gen. singu- 
laris auf -wy (vorbem. 7) zu nehmen ist „des fünftägigen zeit- 
raumes der epagomenen“ (vgl. xaza mevPrucgov Xen, Hell. VII, 1, 
4) hilft diesem übelstande ab. Mit recht haben Deecke-Siegismund 
bemerkt, dass die fünf 2ruydpevas quéoa: des ägyptischen kalen- 
ders in Kypros leicht durch die herrschaft des Amasis eingang 
finden konnten. 

Das folgende wort ist für Schmidt um so mehr ein unge- 
lóstes räthsel geblieben, weil er sich durch einen neuen abklatsch 
der ipschrift bat verleiten lassen rezsorarag zu lesen. Aber auch 
Deecke-Siegismund haben nichts brauchbares gefunden. Sie mei- 
nen, dass in ne.vo.so.ta.tu.se. unverkennbar yé po- „ueu“ enthalten 
sei, und da nach der revision von Euting das letzte zeichen viel- 
mehr ein ne. zu sein scheine, vermuthen sie veFooruroy „neuauf- 
gerichtet“, auf dvdosuvia bezüglich, wobei sie also wieder das 
zweite ta. in to. bessern müssen. Mir scheint es, da nothwendig 
eine bestimmung des einzelnen tages erwartet werden muss, sebr 
deutlich zu sein, dass hier ein vepoorurog als ein mit vécarog, 
rtaros verwandter und gleichbedeutender zuperlativ anzuerkennen 
ist. Das suffix -dorazoc, mit dem derselbe von dem stamme yEc- 
gebildet ist, erscheint nur als eine modification der häufigen stei- 
gerungs-suffixe -£otegog, -éciarog (besonders auch dorisch Diall, 
11, 387) und der seltneren -{oregoç, -forurog, und namentlich ver- 
hält sich rezoozuzos zu vézurog ganz wie pvg£atarov : dou- 
1x10» Phot. (mit unrecht Thes. V, 1320. C, in puyalrarov gebes- 
sert) zu puyuros. Mit jenen griechischen steigerungs-suffixen sind 
aber sebr richtig die lateinischen auf -ister und -istimus vergli- 
chen, die in den vereinzelten bildungen magister, minister, sinister, 
sinistimus, sollistimus erscheinen, wobei nur den superlativischen 
des einfache suffix -fama zu grunde liegt, dann aber auch das ge- 
wöhnliche superlativ-suflix -issimus als aus -istimus geworden, s. 
Bopp Vgl. Gr. II, 32 ff, Corssen Ausspr. ll, 42. 211. 550. Es 
ist also vez -dorutog ganz analog mit dem gleichbedeutenden no- 
vissimus für nov-istimus. Das abweichende o kann man auf ver- 


78 = Kyprische inschriften (Il, 2. 3). 


schiedene weisen zu erkkirea versuchen 3°). Der genetiv reco- 
Ordtug stutt des gewöhnlichen -dativs lässt sich durch ähnliches 
rechtfertigen, wie 176 aërñç jutpag Isocr. p. 170. A und. anderes 
der art, s. Kübner A. Gr. H, 323. 385. Jedoch da das letzte 
zeichen des wortes unsicher und nach Euting vielmehr einem ne. 
ähnlieh ist, köante es vielleicht ein ji. gewesen sein, das nicht zu 
schwer mit ne. verwechselt werden kann, so dass vefocratajs als 
temporaler locativ zu lesen wäre, vgl. z. 4 zuyajs und vorbem. 
8. — Ueber paral = vorbem. 13. . 

. Z. 3. Die ergänzung ist durch den phônizischen text „setzte 
unser herr Bualr(am)“ geboten, wie Deecke-Siegismund anerkanat 
haben, ohne einen griechischen ausdruck zu geben. In dem namen 
habe ich die phüuizischen vocale beibehalten, obgleich die jüngeren 
griechischen quellen BeeAfefos1, Beedtefovf, Besdodune, Besdge- 
ywg haben; die griechische endung ist nach dem muster des fol- 
genden namens gegeben. Diesen hat Schmidt ' Afdipl(Axwy gelesen, 
was sich mit dem systeme der kyprischen schrift nicht wohl ver- 
einigen lässt (s. vorbem. 2), und p. 43 als nomiuativ für den namen 
des weihenden genommen, der von dem Moabiter-gott Milkom ab- 
geleitet sei, hat dies auch in Nachtr. I] noch festgehalten, Viel 
richtiger aber haben. Deecke - Siegismund, die ° Afsdul2xwy schrei- 
ben, nach anleitung des phönizischen textes, wo Banlram als der wei- 
hende genannt ist, jenen namen als den (im phönikischen texte ausge- 
falienen) vaternamen anerkanot, der im genetiv der kyprischen form 
auf -wv. stehe; für die richtigkeit dieser auffassung zeugt auch 
. der vorgesetzte artikel. Da auch sämmtliche frühere von Schmidt 
selbst p. 16 ff. beigebrachte erklärungen des phönizischen textes 
dazu zwingen in ";£f- den vaternamen zu suchen, ist derselbe of- 
fenbar nur durch sein verkennen des genetivs auf -ws verleitet.- Es 
ist dieser name nun aber derselbe, der Jerem. 38, 7 mit unrich- 
tiger vocalisation Ebedmelsch lautet, in der septueginta 'ffideg£Aay 


36) Die beste analogie scheint mir lat. posterus, postumus zu bie- 
ten, verglichen mit dem synonymen ünictégos, ónísrarog. Denn ich 
ewelfie nieht, dass diejenige ansicht richtig ist, welche in lat. post 
etc., skr. papk’a eine &pokope anerkennt. Es würden dann on-jorsgog, 
(o)p - oaterus zu theilen sein. In vergoc, veraros, welche zu I, 5 mit 
Oniouges, Oniorerog zusammengöstellt sind, ist der anlautende vocal 
der suffixe nach dem vocale entbehrlich gewesen oder durch con- 
traction geschwunden. Tiefer kann ich auf die untersuchung dieser 
steigerunge-suffize hier nicht eingehen. m o 


Kyprische inschriften (Il, 3). 79 


ó Aldlwy dv5go evvovyec, wie als die phünizische form von Nöl- 
deke Abdmelck gesetzt ist. Wegen der grücisirten endung -psdxoc 
vergleichen Deecke-Siegismund ,,'4fó&pog u. a.“ Noch näher 
stehen Malyoçs, nach Eunap. vit. Porphyr. in syrischer sprache 
= Paoieus, und Milicus bei Silius, s, zu. z. 1. Auch ist diese 
art der gräcisirung semitischer namen überall eine höchst gewühn- 
liche, wie in zalıllosen beispielen bei Jesephus, s. b. ’/uxwßog, 
Tuonmos. Die. kyprischen iuschriften bieten noch in TaucAnxoc 
= 'VfudAgxog = Amalek Inschr. VI ein recht deutliches beispiel. 
Die schreibung 4fidu-, die der form des status consirucius: eat- 
behrt, scheint mir aber weniger richtig, und ich habe '/ffidiu- 
vorgezogen, da die semitischen sprachen eine alte form des status 
constructus auf -i hatten, von der auch noch das hebräische ein- 
zelne reste zeigt (s. Gesenius Hebr. Gr. ss. 90), während sie 
häufiger in eigennamen erscheint, wie Abi-melech, Hanni-bal. Auch 
lässt sich zweifeln, eb nicht richtiger '4fidipiA(xuv za schreiben. 
Uebrigens bedeutet der name eigentlich „diener des königs“; es 
wird aber unter melek hier der phönizische Herakles zu verstehen 
sein, vgl. M íAixa : vov HooxMa. “AuaFovoros Hesych. 

Ueber “AnAGv s. vorbem. 14, Für die lesung des folgenden 
haben Deecke-Siegismund sich darauf gestützt, dass einerseits aus 
einer inschrift ein zu Idalion verehrter “A7dddwy "Auuxluiog be- 
kannt ist, und dass. anderseits in dem phönizischen texte der Bi- 
linguis der betreffende gott rshf mkl genannt wird, während 
reshef auch sonst als kyprisch-phönizischer name des sonnengottes 
bekannt ist, Somit haben sie dus phünizische wort in mykal vo- 
calisirt und aus dem kyprischen texte; das dem a. folgende zeiclien 
als my. deutend, rg "Aux gewonnen, welche form statt {ue 
xhalem : sie als eine ältere zu rechtfertigen suchen mit der vermu- 
thung, duss "fuvxius gerade erst nach dem alten 's0AAw» "Auv- 
zog bensunt sei. Nach Schmidt p. 67 haben auch Schröder und 
Blau, AfuvxóAo lesend, den amykläischen Apollon verstanden, und 
Schmidt selbst, der in Nachtr. I *4[pi]xóAq geschrieben hatte, in 
der abhandlung aber p. 66 die besserung to.i.mu.ko.lo.i. vorschlägt, 
um eine dem phönizischen :mkl .genauer entsprechende ‚namensform 
zu gewinnen, und in der umséhreibung der inschrift ohne deutung 
des zweiten zeichens ’ 4*z0Aws gegeben hat, zeigt sich in einem 
anhängsel einem Mutin = dpvilafe geneigter , findet aber 


80 Kyprische inschriften (Il, 3. 4). 


die form mit recht auffallend. Dieses bedenken ; das gleichmässig 
auch das "uvxio von Deecke-Siegismund trifft, wird gehoben 
durch die anerkennung von ’Auvxdoî als locativ, sodass zw 
! dare ww "duvxioi mit rà "Hraüvo ras "Hohe Inschr. HI 
genau corresposdirt. Aehnlich ist "AnoAlwr * Auvxdaîos Aristopb. 
Lys. 1299 6 Æuuxlag 0:05 genannt. Die locativ -form ’ Auv- 
xloi von ?*Auvxios rechtfertigt sich durch Kexvyvot von Kíxvrva. 
In der betonung dieser locative habe ich nicht von der gemeinhin 
befolgten regel Herodian's abgehen migen, wonach die überzwei- 
silbigen perispomenirt werden, auch wenn sie von barytonen stam- 
men, s. Herodian, ed. Lenz I, 502, obgleich ich gegen die rich- 
tigkeit dieser regel bei den eigentlichen locativen auf die frage 
wo starke bedenken hege. 

Die folgende gruppe bat Brandis p. 655, nr. 8 «.go.i.o.i. ge- 
lesen und dxovos gedeutet. Auch Schmidt hat das zweite zeichen 
für ko. genommen und &yos cos gelesen (freilich jetzt mit andeu- 
tung eines zweifels über das yo), indem er p. 49 zweifelnd &yos 
für «to nimmt mit y für « wie in Hesych. 9éuyov : 10 9uior, 
@ xadalgovoi. Saiuulvios, wo aber Meineke sehr beifallswerth 
Seutoy = Feniov gebessert hat, was der platz der glosse erlaubt. 
Beide lesungen haben sich an den phônizischen text anschliessen 
wollen, wo nach dem namen des gottes nach áltern erklärungen 
(Schmidt 16) ,,may he hear his voice and bless him oder ähnlich, 
wogegen Nöldeke ,deun er hörte seine stimme, gub segen“, was 
jo sich viel glaublicher erscheint. Schmidt hat aber a. a. o. auch 
für móglich gehalten, dass jenes zeichen viehnehr po. sei (über die 
ähnlichkeit von ko. und po. gerade in dieser inschrift s. ob.), und 
für diesen fall " Aßofros = “Avi als heiname des Apollon vorge- 
schlagen, was in jeder hiusicht verwerflich. Deecke - Siegismund 
haben nun entschieden das zeichen für po. erklärt und dann die 
gruppe a.po.i.vo.i. sehr schön dy’ os cos gelesen, wofür ich nur 
nach vorbem. 8 dg of ro gesetzt habe. Dieses dg’ ol = dy’ 
ov entspricht nun dem „denn“ des phônizischen textes, wofür noch 
bitte angeführt werden können, dass Thes. V, 2267, C. dy’ ov 
im causulen sione von quando quidem aus Philo beigebracht ist. 
Das verbum des bórens ist mit Deecke-Siegismund in der nächsten 
lücke zu suchen. 

Z. 4. Hier habe ich zunächst jenes verbum aus der Lomeri- 


Kyprische inschriften (H, 4. IN). Br 


schen sprache her ergänzt, vgl 4, 190 «puwy diovoa. Das erste 
erhaltene zeichen der zeile, obwohl von Schmidt auch jetzt noch 
nicht gedeutet, scheint dech unverkennbar, auch wie die gestalt 
bei Schmidt wiedergegeben ist, pe. zu sein. Wenn nun aber 
Deecke-Siegismund xeruys gelesen und in 2]a£ıyye ergänzt haben 
mit der annahme, dass dem „gab segen“ des phönizischen textes 
hier ein „er ist des segens theilhaftig geworden“ eutsprochen habe, 
so erscheint dies doch zu wenig glaublich. Die natürliche auffas- 
sung muss dem phönizischen texte entsprechend den ausdruck ,gub* 
verlangen, was auch Schmidt gefühlt zu haben scheint, wenn er 
Nachtr, I *dox: gelesen hat, was er hinterher nach richtigerer 
deutung des mittleren zeichens hat verwerfen müssen, Aber das 
von Deecke-Siegismund in I, 6 eutdeckte kyprische verbum dvFvo 
hat gelebrt, dass der kyprische dialekt statt do auch die wurzel- 
form dv hat, von welcher der aorist idiru = iÓwxa gebildet 
sein konnte, und so babe ich denn (é)xéduxe = ênéduxe geschrie- 
ben, vgl. Eur. Bacch. 1128 dai’ è Seog eduagerav ensdidov ge- 
qoiv. Als das passendste wort, um das ,segen* des phönizischen 
textes auszudrücken, ist mir 2405 erschienen, vgl. Od. 0, 496 ei 
yàg én’ cejow téAog mueréonos yérouso, Aesch. Sept. 260 airov- 
mére pos xoüpor el doígg rédoc. Ueber ruyaÿs s. Vorbem. 5. 8, 
über alas Vorbem. 12. Ä 


Il. Auf dem bronzenen griffe eines opfergeräthes 
von Idalion. Luyn PI X. 


(Schmidt 11, Deecke-Siegismund 4). 


1. ta.e.ta.na, | ta.i. | e.ta. 1. 2a Hıuva iii "Hda- 
2. li.o.i. | pa-ke.ra. — | 2. Aoi Iaxga- 


Deecke-Siegismund: ' A9dva. tè "Edalsoi. 
Schmidt: ’49dva tà "Hdadios (1 l''Hdaliw llaxoQo-) 


Das anfangszeichen des von Deecke-Siegismund und Schmidt 
"Adve geschriebenen namens ist ein unzweifelhaftes e., wie auch 
von Schmidt ausdrücklich anerkannt ist, während Deecke - Siegis- 
mund stillachweigend gebessert haben. Mao wird aber weder 
einen schreibfebler der inschrift annehmen dürfen noch die namens- 


Philologus. XXXY bd. 1. 6 


82 Kyprische inschriften (111. IV), 


form "E9ava glaublich finden können, da die idalische Athena 4, 
20. 27 "Aura heisst und von einer wandelbarkeit des vocales der 
ersten silbe sonst keine spur ist. Ich habe deshalb vorgezogen 
°Hrcva als kyprische form für ’Irwyn zu schreiben, das Steph. B. 
8. "rwv als beiname der Athena bezeugt ist, wie häufiger J1w»(a, 
"howac, ’Irwrls. Ueber kyprisches » für 5 s. zu I, 1. Wegen 
-ava für -w»p vgl Meuva = Me9uyn. Sein "HóaAío, will 
Schmidt nach p. 67 in sehr unwahrscheinlicher weise als adj. fem. 
„der idalischen^ genommen wissen, zieht hier aber noch das nicht 
minder verwerfliche 74 ? ’HduAle vor, obgleich iv vor vocalen das 
» behält und auch der divisor dagegen spricht, Auffallend ist es, 
dass der name 'HóuA,ov hier wieder, wie II, 4, ein anfangszeichen 
hat, das von der gewöhnlichen hier auch in efa.na. erscheinenden 
gestalt des e. stark abweicht (hier freilich ein anderes als II, 1), 
und man kann dadurch auf den gedanken kommen, dass der an- 
laut jenes namens doch ein anderer als einfaches 7 oder e ge- 
wesen sei. Jedoch findet sich die hier erscheinende gestalt des 
vermeintlichen c. ausserdem XVII, 2 in ’Eyer(uwv, 3. iegñoc und 
XX, 1 zweimal in solchen verbindungen, die gleichfalls die be- 
deutung e. zu bestätigen scheinen. In der letzten gruppe, deren 
letztem zeichen sich ein horizontaler strich anschliesst, ist von 
Deecke-Siegismund wie jetzt auch von Schmidt eine abkürzung des 
namens IJuyxgaty¢ anerkannt. Jedoch ist die lesung, besonders 
des ra., nicht sicher. 


IV. Auf dem bronzenen stiele einer opferkelle von 
Idalion Vog. IV, 10. 


(Schmidt 8, Deecke-Siegismund 5). 


en tied kolo, "Apts x«rtOn È ads Hdi res 


ki.a.i. Torytas 
Deecke-Siegismund : a[meke. Schmidt: ’4% xarids. 


Das zweite zeichen haben Deecke-Siegismund zweifelnd für 
me. genommen und danach an den ägyptischen namen Aah-mes = 
“Apuois gedacht, Aber es ist vielmehr deutlich das in * Auvxlot 
M, 3 unerkannte mu., von dem es sich bei Vogüe nur durch den 


Kyprische inschriften (IV —VI). | 83 


mange} eines punctes unterscheidet, der im Schmidt’schen texte 
sogar vorhanden ist. Schmidt hat denn auch die identitát mit 
jenem zeichen anerkannt und in dem anhängsel eventuell "uve 
oder ° Auvs verlangt. Es wird dies aber der ägyptische uame 
* Apovs sein, s. Thes. 1, 2, 151 D, wodurch wieder ein beleg für 
die dumpfere aussprache des fünften kyprischen vocales gewonuen 
wird, vgl. Vorbem. 4. 

Das von Schmidt gesetzte xazf%s haben Deecke - Siegismund 
wit reclit für den kyprischen dialekt unmüglich gefunden, aber 
doch bei ibrer eigenen lesung an der construction des verbums 
mit dy c. dativo woblbegriindetes bedenken gefunden. Es ist aber }- 
bier gar nicht die präposition, sondern das pronomen, s. Hesych. 
V» : avi (?) avimy. avıov. Kings, also „Amus hat's ge- 
weiht“. Ueber den mangel .des » s. Vorbem. 6. Sehr merk- 
würdig ist die form xur£9n, da sich ein #9», ys, n oder Mwy, 
ws, w sonst durchaus noch nicht gefunden hat. Aber wohl bietet 
das sanskrit u-dhän, ds, at und a-dan, ds, dt. 


V. Kleine Bilinguis von Golgoi Veg. 111, 1. 
(Schmidt 12, Deecke-Siegismund 1). 
ka.ra.she. | e.mi. | x&QV7A dus 


Daneben KAPYZEMI. Schmidt hat in der abhandlung 
diese inschrift unentziffert gelassen (wenigstens hinsichtlich des 
ersten wortes), aber in Nachtr. I! xágvg anerkannt, vgl. Vor- 
bem. 13. 


VI. Von Golgei Cesn. nr. 18... 
(Schmidt 13). 


ne.te.ke.a.po.lo.ni.ka.ma.le.ko.se.zo. | 0. OlvéFyxe ^ niei Ta- 
te.a. padnxog Zwréa. 


Schmidt: 'AnoÀÀo» Kaua . . . 


Schmidt hat das weitere nicht entziffert. Aber die von ihm 
bezeugten zeichen lassen zuerst den namen Topodyxog erkennen, 
effeabar das semitische Amalek, dus in der septuaginta ° 4uaAéx 


6* 


84 — Kyprische inschriften (VI. VIT). 


geschrieben ist, aber mit grücisirter form "4 £uaAgxog Joseph. A. J. 
II, 1. 2, Steph. Byz. s. Tow oAiras und > AudAnyos Apollin. Ps. 
82, 13. . Denn das anlautende Ajin des namens ist in andern fällen 
auch von der Septuaginta durch y ausgedrückt, wie in Jaja und 
Topogéa, s. Genesius Hebr. Gr. Q. 6, 2. Aber auch in Steph. 
Byz. l'opo Air as, E3vog rg ‘Idovpaias, 7 xd ° Aualrxov ' Lua- 
Agxirig nn, und Joseph. A. J. II, 1° zus "Idovpatag xv T'o- 
BoAtrıv Ayouévyy, wie auch in Stepb. Byz. l'éfala : .... 
Itf anys te xai 'Mualgxiuc 5 và» ’Idovpalwr ywea perwro- 
pacdn, werden Pouolizut, Tofolins, TeBañnry den stamm des 
namens Amalek mit y statt Ajin enthalten. Der vatername Zw- 
téag erscheint dagegen als ein echt griechischer, vgl. Dilwyidys 
Zurov aus Kreta Paus. Vl, 16, 5, richtiger wohl Zwroi voa 
einem aus Zwrfas conirahirten Zerc (natürlich nicht die echte 
kretische form, die Zuwzíag gelautet haben wird); ferner Zwoag 
C. I, nr. 950, mit Zwräg eigentlich identisch. Analog sind Sw- 
tag iu einer spartanischen inschrift C. I. nr. 1279, 23, Sw 
(richtiger wohl Zwrzc) in einer attischen nr. 244, 13, Zwzus 
und Zwräg Thes. VII, 1736. A. (diese betonung wohl richtiger, 
obgleich Herodian AOxx. IV, 335, 21 die paroxytone schreibung 
zu schützen scheint), Swofag und contrahirt Zwojs (G. Swoov) He- 
_rodian, ed. Lenz II, 321, 13 — 683, 11 u. a., Zoofaç häufig, 
. Zwoäg Thes. VII, 1729. D. Zweideutig, ob Zwofov oder Zw- 
 Gfov von nom. -sas C. I. nr. 2194b. Nahe verwandt sind Zw- 
tayog und Zwrsxoc, s. Keil Anall. 107. 


Vi. Von Golgoi Cesn. nr. 8. 


(Schmidt 14). 
1. to.ti.o.se.to.vo.i. 1. zw diòs tH pol 
2. ko.i.i.se. 2. xu» loa 
3, eti. | ILS) —. 8. Eu I. 


Die iuschrift kann schwerlich vollständig sein. Wenn sie 
von Schmidt in obiger weise richtig gelesen ist, zeugen der man- 
gel des c in 4:65 und Ex (von proc) und der gebrauch des , 


97) Duroh t sind erloschene oder verdunkelte zeichen angedeutet, 
durch ? wohlerbaltene, aber unbekannte. 


Kyprische iuschriften (VII X). 85 


statt si in Ica == elon (wofür man freilich vielmehr 700 erwarten 
sollte) und & = péres für jüngeres alter. Letzteres hat Schmidt 
p. 87 richtig mit dem arkadischen 74/9» Teg. l. 20 zusammen- 


gestelit. 


VIH. Von Golgoi Cesn. nr. 11. 
(Sohmidt 7). 


1. eteillla - - - - - - 1. fee Hé -- - -- 
2. ta.ve.i.ko.na.ta.te.ne.a, -| 2. mi puxóva wade Nea 


Die inschrift scheint auch zu ende schwerlich vollständig und 
Nea nur der anfang des namens zu sein, während Schmidt Nfa 
als vollständigen namen betont hat. | 


IX. Von Soloi Vog. IV, 8. 
(Deecke-Siegismund 6). 


1. o.va.na.she. | sa.ta.si.ja.se. | 1. 6 pdva7^ Zruoljag 
2. sa.ta.si.ka.ra.te.o.se. | | 2. Zracisoureos. 


Statt Zraotjac hat Schmidt p. 4. 44 auffallender weise Zza- 
oivog gelesen, obgleich das zeichen ja. (von ihm sonst für a. ge- 
nommez) vollkommen deutlich und von no. ganz verschieden ist. 


X. Brit. Museum. 
(Schmidt 5, Deecke-Siegismund 7). 


1. to.ite.o.i. | to.u.la.tai, | o.na.si, | 1. zwı Fede s YAdras Ova- 


vo.i.ko.se, | o.sa.te.si.vo.i. Gípoixog 0 Ziucspol- 
2. ko.ne. | ka.te.se.ta.se.e.u.ko.la.| | 2. xw» xuréorace evywid. i 
itu. kai, TUYO LS 


Sowohl Schmidt als Deecke - Siegismund haben den nominativ 
eua anerkannt, diese mit der erklärung „wahrscheinlich. in dém 
concreten sinne es ist ein gelübde“ Das scheint mir wenig 
glaublich, und ich lese lieber evywid als dativ (Vorbem. 8) zur 
bezeichnung des grundes, wie sich auch ung evywiijs gebraucht 
findet. Durch verkennüng der genetiv -form auf -wv (Vorbem. 7) 


f 


86 | Kyprische inschriften (X—XII). 


ist Schmidt p. 69, wie auch schon Nachtr. I, zu der gesuchten er- 
klárung veranlasst, 0 Zracspolxwr bedeute so viel als ó Izaoı- 
colxw tH Studscolxw. 


XI. Cesn. or. 7 bei Doell Catal tab. X1, 2 in Mém. 
de Acad. de Set. Petersbourg Ser. VII, T. XIX. 


| (Schmidt 8). 
1. ti.°.i.te.mi, | to.i.te.o. 1. Ape)lPepi(c) zur Dew 


2. to.a.po.la.ni. | o.ne.te.ke. 2. zw "Andr óvtO qaa 
3. *.tu.ka. | 3. [Mi] zuge. 


Nach dem texte bei Schinidt (auch p. 41) sind das zweite 
zeichen der ersten zeile und das erste der letzten durch kleine 
hochstehende sigeln ersetzt, das zeichen se. aber nach mi. z. 1 
durch einen über diesem zeichen stehenden punct oder kleinen 
strich, vgl. Vorbem. 15. Schmidt hat hier in der umschreibung 
stillschweigend -Jeusç gesetzt, dagegen jene sigeln nicht aufge- 
löst, aber p. 41 Z4ip(Oepag gelesen (s. zu I, 21) und p. 88 ov(»). 
Ueber °.474@v, Vorbem. 14. 


XII. Cesnol. nr. 4 
(Schmidt 9). 


1. e.po.to.se. | ka.te.se.ta.se. | to.i. | 1. “Epwdog xaréorace 164 
2. ti.0.i.ta.pi.te.ki.si.o.i. | | 2. duale (19) Didızıatos 
3. i.tu.ka.i.a.za.to.i. (3 b ys. aladas. 


Schmidt: 'Eyoroc ('Enodoc) — ranıdıyaios (ninditip) — dyadg. 


Aus der zwiefachen Schwidtschen lesung des eigennameus 
lässt sich vermuthen, dass das zweite zeichen nicht, wie in seinem 
texte, ein unzweideutiges ko. ist, sondern von einer gestalt, die 
einen zweifel zwischen ko. und po. gestattet, s, zu Il, 1. 3. Wie 
nun HI, 3 statt des vou Schmidt gelesenen &yos (a.ko.i.) vielmehr 
ay? ol (a.poi.) zu erkeunen ist, so wird auch hier po. die richti- 
gere uuffassung sein, und ich vermuthe, dass der name, über dessen 
genauere gestalt Schmidt nicht im klaren zu sein angibt, "Eywdog 
au lesen ist, Es wird nümlich Aristoph. Vesp. 1191. 1398 ein 


Kyprische inschriften (XII). 87 


ausgezeichneter pankratiast *Epovdfwr erwähnt, nach den scholien: 
ò dv eis 'Oeumacs gegopevog “Epovdlwy Mawahwos oF, 
vgl. Hesych. 'Egod(íw» : "Egaroodérns did ros. 5: ’Epwilwra 
Greyçagpes, Mouvdlor mequodovizne mayxganucryr-8 dè IToAfuwr 
dia rob d (cod. 'Egudiov — “Epurior -— uéralov requodix0r). 
Man erkennt, dass die echte form dieses arkadischen namens ’Eyw- 
diwy ist, woraus auf einen namen “Egwdos ‚zurückgeschlossen wer- 
den darf, von dem jener eigentlich ein,petronymiken. Es ist aber 
"Egudog für ein compositum von ódé4- zu nehmen, in welchem der 
anfangsvocal des zweiten theiles gedehnt ist, wie auch sonst so 
häufig 55), also ursprümglich etwa einen 00g Em olx(a valwv be- 
zeichnend, Das erscheinen des namens in Kypros enthält wieder 
ein kleines zeugniss für die arkadische verwandtschaft. 

In z. 2 hat Schmidt (vgl. auch p. 27), wenn man nicht etwa 
zäaë deyosot lesen welle, für te. die besserung in to. vorgeschla- 
gen, die allerdings durch zusatz eines kleinen striches leicht be- 
werkstelligt: werden kann, und dann zwmideysios = zw émdehQ 
verstanden, Jedoch te.ki.si.o à. kann nach Vorbem. 2 nicht -deyouos 
gelesen werden, uud diese inschriften bieten sonst auch kein hei- 
spiel der krasis. Dazu ist 2mdéSsog nicht gerade ein walrsehein- 
liches epitheton des gottes. Ein solches wird allerdings ia der 
fraglichen gruppe zu suchen sein, uud da. scheint zunächst jene 
besserung to. = rw fast unvermeidlich, um deu artikel des epi- 
thetons zu gewinnen, Dieses selbst lese ich Dideyioles und finde 
für dasselbe durch folgende allerdings kühnere combimationen einen 
passenden sinn. Hesychius bietet die glossen ogldes : yoodui 
payecosxal, und opldy : xoodj, die man gut mit lat. fides ver- 
glichen bat (Curt. nr. 297). Auch dem kyprischen dialekte kann 
man leicht ein gid-. zutrauen, wie u. a. der lakonische dialekt gir 
für ogi und anderes der art bietet, s. Diall. If, 109. Aus dem 
stamme gid konnte ein gideyos gebildet werden wie otéà - syog 
und zahlreichere paragoga auf -uyoç, und zwar entweder in jenem 
sinne vou; oyldeg oder, wie yogdr und lat. fides, mit anwendung 


88) Freilich nicht bei den compositen von üdos. Jedoch vgl. 
Hesych. 2£wdıa : &odog. twdse, wo M. Schmidt mit Thes. III, 1317. D. 
itodía bessert, für welches wort ebd.-A die schreibung é£odsia als 
die richtigere anerkannt ist. Mir scheint aber 2§aidsa vielmehr eine 
alte richtige bildung mit dem suffix -s4, und nur in der erklärung 
ist Æodia oder ifodeia zu bessern. | 


88 Kyprische inschriften (XII—XIV). 
auf darmsaiten, und davon weiter gsdeyizac. Somit wäre o Jug 
6 Ordeylovog der schutzgott der gidsyiras, d. i. der wurstmacher 
(für tempelschmäuse) oder der fidicines, wie er als Mayetpsos (In- 
schr. XIV) der gott der uaysıpos ist. Ueber cladds = ayaSos 
s. Vorbem. 12. 


XUN. Cesnol nr, 9. 
(Schmidt 10). 


1. oassi.oro.|a... |. 1. ’Ovactwoo °A . . . . 
2. o.ne.te.ke.to.te.ti, . . 2. bvéPnxe rode Ds. . 
3. to.a.po.lo.ni. 8. 10° Andvi. 


Schmidt: 1. ‘0racsogo 8. ’Anölluns. 


Der name "Ovastwgos scheint mit àwgog == olxos (nach der 
einen erklärung bei Hesychius) zusammengesetzt zu sein, vgl. Ova- 
Gfcosxog. Ein ähnliches wort findet sich Eurip. Cycl. 52 in den 


v 


worten des chores zu dem widder des Kyklopen: fay’ è 
vunay w xegdore prlofôéra oraciwgoy Kuxlwnog Aypoßora, wo 
man oraosweos gebessert und den iwodg = gvAak der orang = 
ora9 dg verstanden hat. Aber cracícoQo» dürfte ganz richtig sein. 
Es scheint nämlich ?wpog in der angeblichen bedeutung olxog zu 
lave zu gehören und eigentlich den ort des 2avey zu bezeichnen, 
also den aufenthalt von menschen oder vieh. Mit dem synonymen 
oracrg wäre es dann in ein eompositum cracfwoog oder auch viel- 
leicht oracfwgor n. verbunden. Der chor fordert den widder ge- 
rade auf zum gehôfte des Kyklopen die heerde heimzuführen. 
Ueber den mangel des schliessenden ç s. Vorbem. 15. Schmidt 
p. 38 erklürt den namen für verstümmelt, was aber sein text nicht 
erkennen lässt. Ueber '4nAd». Vorbem. 14. 


XIV. Inschrift von Pyla, 
(Schmidt 6). 


1, ki.li.ka.o.na.t.?. 1. Ifàyso Nu .. 

2. a.l.ta.u.po.pa.ue.t.t 2. ata an’ spay... 
8. to.ma.ke.ri.o.ttt 3. zu Maynetolı. . 
4. o.ne.te.ke.shu.tu.ka. | 4, Ovédmxe MS rye. 


Schmidt: 1. Kslsxdw» 4.. 3. 10(5) Maysgiolı) 4. Xr) size. 


Kjprische inschriften (XIV. XV). 89 


Schmidt hat angenommen, dass das auslautende » des von ibm 
gesetzten namens Kıllıxamy mit dem anfangsvocale des folgenden 
wortes in ein silbemzeichen verbunden sei, was nach anm. 7 (vgl. 
zu Insehr. XVIII) unzulässig ist, und jenen namen mit dem des 
sprichwörtlichen Milesiers Kıllszwy gleichgehalten , aber auch ein 
Pede» punischen ursprunges unter vergleichung von IXMfxag 


Polyb. 36, 31 nicht verworfen, auch aus einer unedirten kypri - E 


schen inschrift den namen ki.li.kavo.se. == KiMxagos beigebracht. 
Dieser lässt nun deutlich erkennen, dass in der vorliegenden in- 
schrift ki.li.ka.o. für den namen des weihenden zu nehmen und ab- 
werfung des schliessenden ¢ anzuerkennen ist, vgl. Vorbém. 15. 
Da nun nach Vorbem. 14 auch die geminirte lesung des À un- 
richtig ist, ziehe ich vor Z{yao und in jener andern inschrift 
FüyaFoc zu lesen, nämlich als phönizischen namen, vgl. den ba- 
bylonischen könig JíAyopog Ael. H. A. XII, 21. Das folgende 
bis ta. wird den vaternamen enthalten, wie auch nach Schmidt 
Blau angenommen hat, indem er IWAlızawv " Aye | aulda liest, wo- 
bei aber das erloschene vorletzte zeichen ín z. 1 vernachlässigt 
ist, Auch ist hier das letzte zeichen unsicherer, da es die gestalt 
des ke. in umgekehrter richtung darstellt, wie auch das zweite in 
z. 2, das über der figur des mi. noch einen haken hat, nach 
Schmidt noch unbekannt. Der name dürfte gleichfalls ein semiti- 
scher und zwar vielleicht ein mit Nabu- zusammengesetzter sein 
wie Nafovyodovécog u. a. Das folgende a.po.pa.ne., von Blau 
kühn in a.po.lo.ni. gebessert, von Schmidt nicht gedeutet, habe ich 
für dn’ dupay genommen, d; h. „in folge göttlicher stimmen“, vgl 
Soph. 0. C. 102 xar’ oupag dy ”AnoAAwvog, wobei man hier 
aber vielleicht an träume denken kann, vgl Hesych. ópg: 
e + + + üvelgov garracpare. In Maynotws habe ich den langen 
vocal vorgezogen, weil die formen May(gios und Mayélgsog in 
den von Schmidt angezogenen inschriften griechischer schrift langen 
vocal erkennen lassen, vgl. zu 1, 1; dieser beiname des Apollon 
scheint aber deutlich den schutzgott der puraqn zu bezeichnen, 
vgl. zu Inschr, XII. 


XV. Grabschrift von Palai-Paphos Luya. XI, 
Veg. IIl, 2a. 
(Deecke-Siegismund 8). 
1. ti.mo.ka.ri.vo.se.pa.si.} | 1. TipoyagsFoc faeii]- 


90 Kyprische inschriften (XV. XVI). 


2. vo.se.ta.se.va.ua.sha.se. 2. Fes tag pavalNag 
3. to.i.je.t.o.se. 3. rw tje[en]oc. 


In Tiuoydospos als gen. von Tipdyagis (sc. rapoç) ist von 
Deecke- Siegismund das F als ungenauere schreibung anerkannt. 
Es ist nur zur beseitigung des inneru hiatus eingetreten und ver- 
tritt das nach , natürlichere parasitische j. Unrichtig ist von 
Deecke - Siegismund Kvngoxgárrog aus Inschr, XXI verglichen, 
was nur eine falsche lesung. Ueber pava7hus Vorbem. 13. 14. 
Das dritte zeichen der dritten zeile findet sich &usserdem nur In- 
schr. XVII als zweites zeichen desselben wortes und ist in beiden 
füllen von Deecke- Siegismund für je. genommen, nämlich ijeg£Fog 
und fjcpns. Ich habe davon nicht abgehen mögen, obgleich das I, 
6. 16 als je. anerkannte zeichen. gänzlich verschieden ist und weder 
. Segnjijax I, 20 noch fegjos XVI, 3. jenes parasitische j zeigen. 

Des fünfte zeichen derselben zeile findet sich nur in den pa- 
phischen inschriften, nämlich als vorletztes der wörter is0705 hier 
und XVI, 3, faciA2og XVI, 1, oz£og XIX, 2. XX, 2, ferner in 
verbiedungen, wo es deutlich den artikel 6 darzustellen scheint, 
XIX, 1. XX, 1 (bis) und mit geringer verstümmlung zu anfang 
von XVII. Schmidt hat es überall für vo. genommen, welche 
deutung aber nicht allein dureh die letzten fälle sehr unwahr- 
Scheinlich wird, sondern auch dadurch, dass Inschr. XV neben 
jenem fegyog (Schmidt feg£roc) auch fao:A7ros mit dem gewöhn- 
lichen ganz verschiedenen zeichen für vo. bat. Viel richtiger 
- haben daher Deecke-Siegismund ein zweites (paphisches) zeicken 
für o. anerkannt, dessen gewöhnliches zeichen auch in den paphi- 
scben inschriften gar nicht vorkommt, nur mit ausnahme einer 
aweifelhaften lesart in XVIII. 


XVI. Grabschrift von Palai-Paphos Vog. Ult, 2b.c. 


(Schmidt 15, Deecke-Siegiamund 9). 


A. 1. pa.si.le.o.se. 1. Bacnoc 

2. e.ke.ti.mo.ne. 2. Eyettuwr 

8. +.i.e.re.o.se. 8. [rw] fsgijoc 
B. 4. ta.va.na.sha.se. | A. 14 fava Mag. 


Schmidt: maes?cog iysnuor ?upsroc 


Kyprisehe inschriften (XVI. XVII). 91 


Die kleine inschrift B. (von Schmidt nicht gegeben) ist vom 
Deecke-Siegismuud gut mit der andern combinirt und diese auch. 
gewiss nach anleitung von Inschr. XV richtig gelesen, obgleich - 
das in aciAZog für le. genommene zeichen, von dem in XV, 1 . 
nur ein kléiner rest erhalten, von dem gewóhnlichen le. gänzlich 
verschieden ist: es ist das wieder eines der eigenthümlichen pa- 
phischen zeichen. Schmidt scheint au dem verständaiss der in- 
schrift besonders durch das verkennen des genetives "Eyer(ptov 
gehindert zu sein. 


XVII. Grabschrift von Neo-Paphos Vog. IV, 5. 


(Deecke-Siegismund 12). 


1. o.i.je-re.se.ta.se.a.na.sha.se, 1. $ beons tig avaMas 
2. Sku.ru.ro.se.to.T.ve.nai.o.ka.i. | 2. |” 4]yugéos Oo[o] pyva. i [o]- 
| | ^ qoe | 


Z. 2 ist von Deecke- Siegismund als unlesbar gar nicht ge- 
geben. Aber.unter den vier letzten zeichen sind das erste und 
vierte ganz deutlich i. Das dritte, von Deecke-Siegismund auf 
der schrifttafel zweifelnd für ti. genommen, stimmt vielmehr we- 
sentlich mit demjenigen, welches III, 2. XV, 1. XX, 1 als ka. 
anerkannt ist, nur durch gerundetere gestalt des obern tbeiles ab- 
weichend, Man wird dadurch gedrungen hier die beliebte schluss- 
formel i,tuka.i. = P ruyas anzuerkennen, obgleich das zweite 
zeichen von dem gewöhnlichen tu. (das auch die paphische in- 
schrift XIX, 2 in. derselben formel zeigt) gänzlich abweicht und 
vielmehr mit dem ersten der ersten zeile stimmt, das hier für o. 
zu nehmen. Wie aber dieses für eine verstiimmelte gestalt zu 
nehmen sein wird, so darf man auch daran denken das gleiche 
nur in einem winkel bestehende zeichen für eine verstümmlung des 
tu. zu balten, auf dessen züge es freilich weniger leicht zurück- 
geführt wird. Es bleibt aber auch eine andere müglichkeit. Das 
aviautende alte z ist nämlich zuweilen auch vor v in c überge- 
gangen, namentlich in ov, aber auch in cvxov u. a. (Diall. II, 64). 
Da uun der kyprische dialekt in gig, cic für zg, ug eine beson- 
ders arffallende neigung für den wandel des 7 in c zeigt, so ist 
es wohl denkbar, dass in demselben neben zuy@ eine form cvya 


92 | Kyprische inschriften (XVI). 


bestanden babe (vgl. lesbisch-äolisch zu und ov) und man kann 
hier um so eher 3 ovyas lesen und das fragliche zeichen für sw. 
nehmen, nachdem das bisher für su. gehaltene zeichen eine andere 
deutung gefunden hat, s. Vorbem. 13. 

Das vorhergehende der zeile muss fast mit mothwendigkeit 
den namen des priesters und den vaternamen im genetiv enthalten. 
In jenem ist das erste zeichen augenscheinlich verderbt und er- 
laubt ziemlich beliebige deutung. Das dritte ist von Deecke-Sie- 
gismund in der schrifttafel als unenträthseltes zeichen (unter un- 
richtiger hinweisung auf das zeichen ki., das nur geringe ähnlich- 
keit hat) mit demjenigen zeichen in XIX. XX zusammengestellt, 
das dort die deutung als rw. finden wird, und darf allerdings für 
‚identisch gelten. Somit habe ich [a.]Ku.ru.ro.se. gelesen und für 
"Arudbog genommen, das mit dem attischen namen ° 4yvÿÿsoç zu 
vergleichen ist. Den vaternamen to.f.ve.na. habe ich, das erlo- 
schene zeichen für ro. nehmend, Oo[o]z/va gelesen als genetiv von 
Oogryvas, dem ein Oovgfrns gemeinen dialektes entsprechen würde 
(über kyprisch 7 für°s s. zu I, 1), und sehe darin eine patreny- 
mische bildung von dem I, 19 gefundenen Oogpos = Ooùgos. 
Mit unrecht hat nämlich Lobeck Prolegg. 214 die behauptang 
aufgestellt, in allen echtgriechischen namen und appellativen auf 
-fvng sei das ı kurz. Das von ihm als hypokoristikon bezeichnete 
àlagívnc : vefigóg Hesych. , das man noch richtiger ein patro- 
nymikon nennen dürfte, ist offenbar analog mit den weiblichen 
patronymiken auf -{yn, wie Evyvivy, ‘Qxeavtrn, und muss daher 
langes < haben. Ihm entspricht ein patronymisches Oovglwne, ky- 
prisch Oogpnvus, wobei auch die analogie der etruskischen namen 
auf -sna sud -ena, in denen gleichfalls patronymische bildung an- 
zuerkennen ist, sehr beachtuagswerth erscheint. Schmidt bat p. 
5. 38. 51 in den zeichen io.T.ve.na.i. (von denen das i. oben zur 
formel j* zvyas gezogen ist) den iufinitiv docévos gefunden, wobei 
er an den beiden ersteu stellen anscheinend das zweite erloschene 
zeichen ignorirt hat, an der letzten aber, wo das zeichen fo. als 
ergänzt bezeichnet ist, das erste sicher für to. zu haltende, das 
XV, 3. XIX, 2. XX, 2 wesentlich in derselben gestalt erscheint, 


Kyprische inschriften (XVIH). 93 


XVIII. Iavduga 1869. B. XX, nr. 478, 2 (Neo- o 
| Paph:0s). 


(Schmidt 4). 


to.n.la.ta.i. ka.te.se.ta.se.shu.tu.ka.i.|rà "YAdras xaréoracs 7Nó wíyas 
a.ri.si.to.pa.to.o.a.ri.si.ta.ko.ra.u.| "dgscroparo 0 ^ Agsoruydguv. 


Der iu der Pandora gegebene text hat nach Schmidt p. 58 
zwei szeilen, deren untere den anfang bildet und mit fu.ka.i.a. 
schliesst. Eine von Schroeder in Neo-Paphos gekaufte inschrift 
ganz desselben inhaltes, von Schmidt für ein falsificat erklärt, hat 
nach p. 57 gleichfalls zwei zeilen in derselben stellung, deren 
zweite mit tu.ka.i. beginnt. Schmidt hat daraus geschlossen, dass 
die echte iuschrift vielmehr einzeilig war, und bat die copie der 
Pandora, die er (ohne genügenden grund) „herzlich unverständig“ 
nennt, theils mit hülfe des angeblichen falsificates theils aus con- 
jectur gebessert, aber übe- seine änderungen nicht zu der inschrift 
selbst, sondern erst nachträglich zu nr. 15 einige auskunft gege- 
ben. In Nachtr. Il versichert er dann, dieselben seien durch eine 
nachtrüglich erhaltene bessere copie bestätigt. Da dieser angabe 
zunächst im wesentlichen geglaubt werden muss, bin ich der 
Schmidt’schen herstellung bis auf einen punct gefolgt, obgleich es 
mir recht wohl denkbar ist, dass zwei echte inschriften desselben 
inhaltes, aber mit verschiedener brechung der zeilen und andern 
kleinen differeuzen wirklich existirten, wie ja auch Inschr. XIX 
und XX sich ähnlich verhalten. 

In ‘Yidras und zuyas ist nach JJa»duQo das letzte zeichen 
von dem gewöhnlichen i. gänzlich verschieden. Auch die Schroe- 
der'sche inschrift hat in “YAcras ein ungewöhnliches zeichen, da- 
gegen in róyó) das bekannte. Ich wage nicht irgend welche 
schlüsse zu machen. Für die präposition vor zvyas hat Maydwga 
ein deutliches i., dem nur ein strichelchen fehlt, dagegen Schroe- — 
der ein anderes zeichen, das dem von Schmidt hergestellten shw. 
niber steht. Wenn zwei inschriften anzuerkennen sind, ist ein 
wechsel des ausdrucks zwischen ?- rvyus und. Av ruza: denkbar. 
Ueber 7Av, wo Schmidt cv(v), s. Vorbem. 13. Entschieden falsch 
ist Schmidt's „sichere correctur“, durch die: em in a.ri.si.to.pa.to.o. 
(wofür die Sebroeder’sche copie e.ri.si.to;na.to.sm.), das letzte o. in 


94 Kyprische iuchriften (XVIII— XX). 


das zeichen so. verwandelt und "4oicrógavrog 0 gewonnen hat 
(p. 58 ° Æoiorwva auf grund der Schroeder'schen inschrift). Die 
verbindung eines auslautenden consonanten mit dem anfangsvocale 
des folgenden wortes in ein silbenzeichen, die hierbei angenommen 
wird, gilt nur für das » von iv, 7» und dem artikel (s. anm. 7), 
nie für c, nicht einmal in x«g und dem artikel, vgl. xdg à mous 
I, 2 u. s. w., xig Ovaoliws I, 14, rag ^-49avag 1, 20, tag eù- 
zwiäg M, 3, tag GvaThus XVII, zug 'a9Quizog 10g I 1661, 3, 
wo immer ka.se., ta.se., to.se,, und ist für das schliessende ¢ eines 
selbständigen wortes vollends unzulässig. Vielmehr ist hier, wie 
in andern fällen (Vorbem. 15) ein abwurf des ¢ anzuerkennen. 
Das sa. der Schroeder’schen copie scheint nicht minder ein blosser 
febler zu sein als das na. für pa. 


XIX. XX. Grotteninschriften von Neo-Paphos 
Vog. IV, 6. 7. 


(XIX. Schmidt 16, Deecke-Siegismund 10 — XX. Deecke-Siegismund 11). 


XIX. 1. ta,t.pa.se. | o.a.ru.po.se.' 4. Oc [ov]nac 0 * Aovfos [o] ue- 
me.ka 2 cree se. | yalxnvev]o — 

2. +.si.ne. | to.se.pe.o.se.'u.'2, EMpalos zo onéos [rdde 

ces" Hen n] 

8. ka.se. | ka.te.se.keur.va.|8. xac xateoxev puce "A[rdw 

sea. - - -- ri. "Ayirolgs —— 
i u.la.ta,i.i.tu.ka,i. A, Mara 3° zuyan 
XX. 1. ta.ru. pa. se. | o.a.zu.po.|1. Qugvrras 6 “AguBos 0 peya- 
se. | o.me.ka.ke.n.e.t. xqve[v]; EMpaow 
se. | e.she. pu. aine. | | 
2. to.se.pe.o.se. | }.te.}.ke.|2. s oméoc [ro]de [F1ronce [*-4]- 
re.se, | }.po.ta.t. ia mA) ‘Yidzas. 


la.ta.i. 








In Inschr. XIX sind die zeilen hinter der stelle, wo oben 
abgebrochen, durch einen alten riss im felsen getheilt, wodurch der 
umfang der lücken jim zweiten theile der zeilen unklarer wird, 
Weder Schmidt noch Deecke-Siegismund haben vollständigere um- 
schreibungen dieser verschwisterten inschriften geliefert, deren 
zweite besser erhaltene für die herstelluug der ersten die besten 
dienste leistet, weshutb es schwer verständlich ist, weshalb Schmidt 
jene bei seite gelassen bat. 


Kyprische inschriften (XIX. XX). 95 


Beide inschriften haben nun zu anfang unverkenubar den nà- 
men des weihenden und den vaternamen im genetiv mit dem artikel. 
Die lesung wird dadurch erschwert, dass beide namen dasselbe 
zeichen enthalteu, das ausserdem nur XVII, 2 gleichfalls in einem 
dunkleren personennamen erscheint. Schmidt hat dasselbe ohne 
weiteres für ra. genommen, dessen gewöhnliches zeichen ganz ver- 
schieden ist, ohne glaubliche namen dadurch zu gewinnen (er gibt 
Ta.00.nu.0: po.a.0a.00.6); Deecke-Siegismund haben die deutung 
des zeichens gar nicht versucht. Mir scheint die auffassung des- 
selben als ru. sehr glaublich, da es dem in Inschr. V als ru. ge- 
sicherten zeichen nicht zu fern steht (es kann nämlich gleichfalls 
auf zwei nach rechts hin offene winkel zurückgeführt werden), 
und da nun sofort aus fa.ru.pa.se. der name Oagvras gewonnen 
wird, den namentlich eiu könig der Molosser führt. In dem vater- 
namen ist auch das auf jenes zeichen folgende zweifelhaft. Deecke- 
Siegismund und Schmidt haben dasselbe freilich übereinstimmend 
für ro. genommen, wobei jetzt ein unbrauchbarer näme "ovg 
herauskommen würde. Aber dasselbe erscheint ausserdem XX, 2 
in einem solchen zusammenhange, dass es das zweite des namens 
°Anàév sein muss (s. unt), und bewährt sich dadurch als po. 
wenn auch dessen gewöhnliches zeichen, das aber den paphischen 
inschriften fremd ist, eine ganz verschiedene gestalt hat. In a.ru. 
po.se. habe ich dann "Agußog als genetiv von *“Aovy erkannt, 
womit der Sidonier °_40vfas Od. o, 426 und der epirotische name 
°AevB(f)as, wie such ” Apupog in einer inschrift von Thespia C. 
I. nr. 1630 zu vergleichen. Der diesem namen vorgesetzte ar- 
tikel ó ist von Schmidt durch die lesung go (s. zu XV) verkannt. 
im nächstfolgenden halten Deecke-Siegismund me.ka. wegen der 
grossen abweichung der zeichen für unsicher, Jedoch ist das 
zweite derselben in XIX unverkennbar das gewöhnliche ka. (hier 
auch von Schmidt anerkannt), wührend seine in XX überlieferte 
gestalt sehr genau mit demjenigen mässig abweichenden zeichen 
stimmt, das auch schon an andern stellen für ka. gefunden ist, s. 
zu XVII, 2 Etwas unsicherer ist das erste zeichen, aber doch 
von dem gewöhnlichen me. nicht zu sehr abweichend und der an- 
geblich auf münzen sich findenden gestalt besonders. in XIX (von 
Schmidt nieht ausgedrückt) höchst ähnlich. Somit scheint me.ka. 
genügend gesichert. Deecke-Siegismund suchen nun hier eine be- 


96 Kyprische inschriften (XIX. XX). 


zeichnung der heimath. Da eine solche aber in diesen inschriften 
sich in keinem sichern beispiele einem persenennamen  beigegeben 
findet (vgl. zu I, 21), so erkenne ich lieber einen amtstitel. . Das 
wort muss bis zu dem in beiden inschriften vor dem divisor er- 
haltenen ¢ reichen. Vor diesem haben Deecke-Siegisinund in XX 
den ausfall von drei zeichen angedeutet, was aber für den raum 
augenscheinlich zu viel ist. Es können höchstens zwei fehlen, sehr 
wohl aber auch, wie ich annehme, nur ein einziges; in XIX. ist, 
wie bemerkt, der umfang der lücke sehr unsicher. Aus o.me.ka. 
ke.u.e.].se. habe ich nun sehr leicht ö meyaxnveld]; gewonnen, das 
freilich erst der erläuterung bedarf. Die hesychischen glossen 
xia: xadcepara und xeta : xudagpara (vgl. xeswoacdus: 
xudnguodas — xt curo: xudngato — xewdns : xadagog 
— aqdsv: ... xadagoy) bieten nämlich einen ausdruck für 
religióse reinigungsmittel, der sich in der amphiktyonischen in- 
schrift C. L nr. 1688 in anderer form wiederfindet. Denn wenn 
hier 1, 34 gelesen wird „Sue dv “Arualtas rosxrevar xqvar, 
so habe ich Diall. II, 491 unter vergleichung von Sophron's rgıx- 
wa Glfipaguuxwr, und weil jene glossen den plural zeigen, mit 
zuversicht hergestellt zoixre$a» xnüwr, welche besserung der zu- 
stand der inschrift erlaubt. Es entspricht hier also den formen 
xnta (richtiger xx zu schreiben) und xeîa ein altes xnva, das 
aber nicht mit Boeckh xyta zu schreiben ist, sondern ohne diärese 
xnva, und auf ein älteres xja zurückgeht, dessen r in jenen for- 
men zu 4 geworden ist, vgl. Vorbem. 11. In enger yerbindung 
mit diesem worte steht ohne zweifel der priestername xoígc, rich- 
tiger xo»wjg zu schreiben als dialektische form für xosevc, s. Hesych. 
" xoígg : tedevs Kußelgwv, 0 xudalgwv qoréa. ob dà x0ng, ferner 
xos0Ang : begeug, vgl. fegóAag. Ebendahin gchÿrt das in den 
. drei spartanischen inschriften des reiseberichtes von Conze und 
Michaelis p. 41 ff. (Ann. dell Inst. di corrisp. areh. T. XXXIII) 
unter opferdienern erscheinende xosuxrne 1, 23 oder xoaxrjg II, 
26. HI, 26, dort unglücklich als coactor gedeutet. Wenn nun 
jenes xong auf eine form xoîa zurückzuführen sein wird, so 
konnte der kyprische dialekt vou, xyit- herr auch leicht ein xquevg 
haben, vgl. íegevc von iegd,, Ht& meyaxmqueuc ist dann deutlich 
zz deyuemvsug, wenn auch, dieser gebrauch des utyo- in der bes- 
sern gräcität sich. nicht: findet, sondern erst im byzantinischen aus- 


Kyprische inschriften (XIX. XX). 97 


drecke, wie peyuxnouË als benennung für Christus. Aber die 
möglichkeit einer solchen zusammensetzung in der kyprischen 
sprache ergibt sich genügend aus der vergleichung der ähnlichen 
altindischen composita wie maha-déva, maha-rüg'a, und auch die 
MeyaBvbos, die priester der ephesischen Artemis scheinen zu ent- 
sprechen, obgleich hier der zweite theil des namens unklar ist. 
Es ist aber eiu priester des Apollon zu verstehen, in dessen cultus 
die reinigungen eine besonders wichtige rolle spielten. | 
Dass das in XX folgende e.she.pa.si.ne. nicht wohl EN 77404 
gelesen werden könne (Schmidt p. 53 ni náciv), haben Deecke- 
Siegismund richtig bemerkt. Das y ég. ist diesen kyprischen in- 
schriften überall gänzlich fremd und fehlt auch vor vocalen, wie 
age I, 21, fyocos I, 31, xuréorace II, 2. X, ênéôuxe Il, A, dré- 
Inze VI, xareoxevcace XIX, 3, Éyonce XX, 2; hier würde es 
vor einem consonanten noch weniger am platze sein, vgl. zasof I, 
13. 25. Wenn aber Deecke-Siegismund &€faow lesen und das 
folgende 10.se.pe.o.se. für den genetiv zw 07705 nehmen wollen, so 
bat dies doch zu wenig ansprechendes. Die natürliche annahme 
ist, dass die inschriften gerade die weihung der grotte, an deren 
eingange sie stehen, an 'j£zólAw» 'YAargg enthalten. Denn dass 
diese grotte von Vogüe unrichtig für ein grand tombeau genommen 
ist (wonach Schmidt p. 53 aw£og durch , grotte, gruft, todten- 
kammer“ erklärt), und dass sie vielmehr eine dem gotte geweilte 
war, haben Deecke-Siegismund richtig erkannt. Nehen den beige- 
brachten beispielen von Apollo-grotten hütten sie aber nicht gerade 
die wichtigsten übergehen sollen, nämlich die orakel-grotte zu 
Delphi, die für gleichen zweck dienende zu Klaros, Tac. Ann. II, 
54 und insbesondere auch die zu "Fos bei Magnesia dem Apollon 
geweihte grotte Paus. X, 32, 4, da der kyprische “Awdddwy YAa- 
Ins zu jener cultusstätte ohne zweifel in enger beziehung steht, 
vgl. Engel Kypr. Hl, 666. Ich lese nun &Ayacıy = éxparoir. 
Zum.verstündniss des sinnes, in welchem das wort hier gebraucht 
ist, gibt die glosse £xga»cig : arodestis Hes. anleitung. Es 
erscheint nämlich awodeszvuvas, besonders bei Herodot und Xeno- 
phou, in dem sinne von assignare, au weisen, zum eigenthum 
übergeben, aber nur bei jenem auch von dem übergeben eines 
besitzes an eine gottheit, also im sinne von weihen, nämlich V, 
89 Alax ripevog anodéEuvig und za piv Aîaxò réueros ame- 
Philologus. XXXV. bd, 1. 7 


98 Kyprische inschriften (XIX. XX). 


deEav, VII, 178 oi Æelgot oic» Grénoics Puuor ve amtditar. 
Hiernach verstehe ich ÆMoace == axcdatw als apposition zum 
folgenden satze in dem sinne „als weihung*. In XIX ist nur 
sine. erbalten, nnd, wenn das Vogüe'sche facsimile ganz zuver- 
lissig ist, fehlt davor nur ein einziges zeichen, nicht zwei, wie 
Schmidt angedeutet hat, und noch weniger drei, wie Deecke - Sie- 
gismund angenommen haben, indem sie [e.xe.pa.]si.ne. ergänzen. 
Jedoch ist ein kleiner fehler des facsimile wohl denkbar, da z. 3 
um zwei zeichen weiter vorspringt, uud ich habe mir die stärkere 
ergänzung angeeignet, weil es zu wenig wahrscheinlich ist, dass 
das einfache quo, was man sonst annehmen müsste, mit Ego 
gleichbedeutend gebraucht sei. 

Nach ones ist von Deecke-Siegismund in XX gut [to.]te 
ergünzt und das ia XIX erhaltene zeichen uw. durch leichte ergän- 
zung eines kleinen striehes in to. gebessert, wobei freilich jetzt 
nicht zwde, sondern rode zu lesen, wie auch Schmidt p. 53 70 
. 080g (rode). Sehr gut ist dann von Deecke-Siegismund in XX 
tkerese. als [?]yxonce gedeutet, was dem andern vorschlage éyn- 
qnos bei weitem vorzuziehen; der stamm 79a bat ursprünglich die 
allgemeine bedeutung geben, die leicht auch auf das religiüse 
weihen angewandt wird. Auch ihre vermuthung, dass in XIX 
dieses &yonoe vor dem erweiternden xdg xareoxıvcace ausgefallen 
sei, darf für wahrscheinlich gelten. Ich habe aber noch ze zuge- 
fügt um den umfang der ergänzung mit dem in z. 2 nothwen- 
digen mehr in einklang zu bringen. In XIX folgt auf jene verba 
des zeichen a. noch vor dem felsenriss; ganz am schluss der zeile 
ist ein deutliches ri. mit dem divisor zu erkennen (auch von 
Schmidt dafür genommen), das aber Deecke - Siegismuud für ein 
sicheres ni. erklüren (worin es allerdings durch zufügung des un- 
terstriches verwandelt werden kann) und mit jenem a. ergünzead 
in a.[po.lo.]ni. verbinden, Aber es ist durchaus nicht glaublich, 
dass diese zeile nach dem risse nur drei zeichen gehabt habe, 
wührend die erste sehr sicher deren acht hatte, und ich vermuthe 
deshalb, dass jenes a, allerdings das erste zeichen von ’AnAün 
ist, dann aber vor 'Yldra: ein in der kürzeren inschrift XX feh. 
lendes anderes epitheton folgte, Und «war passt sehr gut die er- 
gänzung [°4yrr0]es, da diese sonst dem Zeus zukommende benen- 
nung auch dem "AnoAlwrKngvelos angehörte, s. meine anmerkung 


Kyprische inschriften (XIX —XXI). 09 


eboH. Theocr. p. 504. In XX ist zwischen #yonce und "YAazas 
me dunkle gruppe von vier zeichen, von Deecke-Siegismund für 
po.lo.ni. genommen, indem sie die ,scheivbar widersprechenden - 
"ichen* für verstümmelt. erklären. Das ist das erste allerdings 
| sehr, dass es in beliebiger weise gedeutet werden kann. Da- 
gen das zweite scheint ganz gut erhalten und ist genau das- 
ibe, das in z. 1 als vorletztes des vaternamens erscheint, dort 
’n Deecke-Siegismund ohne ertrüglichen anhalt für ro. genom- 
en. Hier zeigt es nun als zweites zeichen des zu erwartenden 
po.lo.ni. sehr deutlich seine bedeutung po., die vorher auch schon 
2. i zur geltung gebracht ist. Das dritte zeichen erscheint 
tet als ta., kann aber durch verlängerung des horizontalen stri- 
res sehr leicht in lo. verwandelt werden, Auch die erhaltenen 
ste des verstümmelten vierten zeichens können nicht zu schwer 
if ein ni zurückgeführt werden. Somit scheint a.po.lo.ni, ge- 
igend gerechtfertigt. 


XXI. Brit Mus, (Lang), Schm. autogr. tafel. 


Diese von Schmidt ohne erlüuterung mitgetheilte inschrift 
elit sich nach sicherer ader wahrscheinlicher deutung der zeichen 
igendermassen dar; | 

1. ku.po.ro.ko.ra.ti.vo.se.e.mi.o.la.o. 
2. o.te.o.mo.u.po.si.se.0.na.si,ti mo.se, 
3, ti.i.so.ni.ta.se.ti.pa.se.e.mi. 

Der anfang ist von Deecke-Siegismund p. 259 unrichtig Ke- 
joxQdrécoc gelesen, wofür statt des zeichens ko. vielmehr ka. 
in müsste, richtiger von Schmidt p. 7 ÆKurgw xoga 41:06, 
oran sich noch ein deutliches Jul schliesst, sodass die inschrift 

einer statue der Aphrodite gehört, welche selbst redend einge- 
hrt. ist, wie nicht selten, z. b. in einem epigramme des Dio- 
nos Anth. Plan. 158 mit dem anfange ‘Ls zQ£ze, Aotepls ety’. 
‘are aber der wirkliche anfang der inschrift erhalten, so könnte 
r genetiv Kungw schwerlich richtig sein, und men müsste viel- 
hr ein hypokoristisches KvxQu = Kumgoytresa erkennen, vgl. 
pou == ’Agypodim oder *Apgoytresa und Toi. = Touoyé- 
‘a. Jedoch schon die wortstellurg xoga frog deutet darauf 
1, dass mau es mit versen zu thun hat, deren erste auf einem 


7* 


100 Kyprische inschriften (XXI). 


andern steine stehende hülfte verloren ist, und auch das reden der 
göttin trägt unverkennbar einen poetischen charakter. Danach 
woge ich folgende lesung und hypothetische ergänzung. 
1." Ads pavaMa] Kungw xoa diróc qu. lohaiw 
2. Fora’ — ww] wde, ópo9 noci "Qracírpuog. | 

Aus der dritten zeile weiss ich nichts zu machen; nur zu 
ende hat sie ein deutliches jut. Zu dem ergünzten anfange ver- 
gleiche man den eingang des Isis-hymnus Alyunıov Puclisıa, wo 
die gôttin gleichfalls selbst redet und sich später mehrfach durch 
ade (ohne èyw) einführt, und wegen Aphrodite als herrscherin von 
Aegypten Hymn. Ven. 293 Kungoso düxriperng pedéoven, Pind, 
Scol 1, 14 Kungov deanoıwa, Aelian. V. H. HI, 42 7 rc Ke- 
spov Boci(c, Horat. Od. I, 3, 1 diva potens Cypri u. a. Die 
echte kyprische benennung ist aber, wie men aus Inschr. XV. 
XVI. XVII erkennt, &vaoca gewesen. In der zweiten zeile hat 
man noch den namen der weihenden frau zu denken, einer tochter 
des lolaos und gattin des Onasitimos. Der hiatus nach «de ist 
durch die hauptcüsur entschuldigt An ôuoÿ ist nicht etwa in 
dialektischer hinsicht anstoss zu nehmen. Das -où der localen 
adverbia (wofür dorisch -e7, lesbisch -us) ist nicht von der art, 
dass ihm in der strengeren doris und den äolischen dialekten -w 
entspráche, das dam auch im kyprischen dialekte zu verlangea 
würe, sondern dieser kann es sehr wohl mit der ias und atthis 
gemein gehabt haben. Wenn die dorische und die lesbische form 
besser dazu stimmten, könnte man geneigt sein dasselbe alte suffix 
du, ov zu erkennen wie in den zu I, 12 besprochenen präpositio- 
nalen adverbien. Das ende der zeile ist von Schmidt p. 38. 40 
"Ovactripog gelesen. Da diesen in Kypros beliebten namen mit 
’Ovao- (s. zu I, 10) nicht selten ionisch-attische formen mit 'Orzc- 
zur seite stehen, scheint die länge des & gesichert, wobei dann 
"Ovactnpog für den hexameter ganz unbrauchbar ist. Aber wie — 
das övn6ı- jener composita dem aor. I övjcas und dem verbalen 
nomen ovnos¢ entspricht, so sind auch bildungen aus der unver- 
stärkten wurzel ora denkbar, die im dem aor. H dvacSae er 
scheint. Dahin gehören anscheinend die in attischen inschriften 
vorkommenden namen "Oraoog C. I. nr. 272, ’Ovaod nr. 749, 
"Ovacíxiaa nr. 594, in denen ein langes & unattisch sein würde, 
Aebnliches gilt von ’Orcowr in einer inschrift von Paros ur, 2886, 


Kyprische iaschriften (XXI). 101 


wad für kurzes a zeugt auch die form *Ovaocwy Choerob. ad 
"Theod. I, 77, 8, wenn unverderbt. Kurz es scheinen den bildun- 
gen mit óvàg-, öyno- gleichbereehtigte mit dvac- zur seite ge- 
standen zu haben, wie in ähnlicher weise z. b. SootFeog neben 
4wetFeog gesichert ist. Die form *Ovaotripog, wenn überall su- 
lissig, musste hier aber vorgezogen werden, weil sie durch me- 
trische dehnung der ersten silbe für den hexameter brauchbar ge- 
macht werden konnte. Das von mir gesetzte "Qvactrspos vergleicht 
sich zumächst mit @Asolxapno;, wAsoloıxog u. a. von w. oA. Die 
ähnlichkeit ist noch grösser, wenn man annehmen darf, dass in 
dem stamme ovü- das a in wahrheit kein ursprünglicher bestand- 
theil der wurzel ist, sondern ein zusatz wie das e in öAccus, 
@Asos- von w. öl, das o in Ópoca, und gerade auch das a in 
dapacus, Aapuclorquros a. =. von w. dap. Für diese annahme 
spricht ausser einigen jüngeren verbalformen (s. Kühner A. Gr. I, 
880) und den derivaten égsoëroç und kypr. auvwreog (s. zu I, 
10), auch die sprachvergleichung. Denn unter den verschiedenen 
versuchten combinationen erscheint als die natürlichste doch die 
Zusammenstellung mit skr. van, für welches ausser der angeblichen 
bedeutung juvare, to serve aus der vedischen sprache auch die von 
gewinnen belegt ist, und dem deutschen winnan, das in dem 
einen theile seines gebrauches aufs beste mit drivacda: stimmt, 
wie gewin = ovnosc. Es ist dann anzunehmen, dass das ursprüng- 
liche va in dem griechischen dy in o zusammengezogen ist, wie 
häufig 59). Freilich ist in dem stamme dva- des a fester ver- 
wachsen als 3. b. in dapa- und dadurch dehnungsfühig geworden. 

Man sieht, dass besonders die kleineren inschriften noch für 


89) Diese combination, zuerst von Pott EF. I, 255 vorgeschlagen, 
ist von ihm auch WWD. II, 2, 187 ff. festgehalten. Benfey, der sich 
WL. I, 385 dieselbe angeeignet hatte, ist II, 950 durch unbegründete 
annehme eines fiolischen üvavap (unter falscher berufung auf Diall. 
I, 92. 191) auf abwege geratben, aber im Sanscrit-English Dictionary 

812a zu der früheren auffassung zurückgekehrt. Beide forscher 

ben aber unrichtig eine griechische wurzelform For anerkannt, 
während dieser stamm nach dem zeugniss der homerischen sprache 
des £ zweifellos entbehrt hat. Uebrigens sind in ekr. van und dem 
deutschen winnan offenbar mehrere ursprünglich verechiedene wur- 
zeln zusammengeflossen. Namentlich scheinen dieselben in der be- 
deutung laborare deutlich mit den griechischen stämmen sr und xor 
zusammenzugehören, die auf eine wurzel kvan zurückgehen, also die 
anlautende muta verloren zu haben. _ 


102 Kyprische ínschriften, 


mancherlei zweifel raum lassen. Jedoch ist au hoffen, dass ciner- 
seits durch vermehrung des bekannten materials, anderseits durch 
sorgfáltige neue collationen mancher schon edirten inschriften die 
müelichkeit eines sichereren urtheils geschafft werden wird. M. 
Schmidt, der nach seinem vorworte mit einem apparate kyprischer 
iuschriften von 71 nummern gearbeitet hat, meistens vortrefflichen 
papierabklatschen und sonst zuverlüssigen copien (uicht selten in 
mebrfechen exemplaren), wird sich den grössten dank verdienen, 
wenn er seine schütze recht bald der allgemeineren benutzung zu- 
günglich macht. 


Hannover, | H. L. Ahrens, 





— Eutróp. VIII, 10. 


Eutrop. VIII, 10 schreibt W. Hartel (p. 56, 18): Seleuciam 

iae urbem. nobilissimum cum quadraginta milibus homi- 
num cepit. Hartel hat die conjectur Sylburgs quadraginta in den 
text aufgenommen, die mir nicht richtig zu sein scheint; ohne allen 
zweifel muss an dieser stelle die zahl quadringentis stehen. Dies 
bestätigen nicht allein sehr gute handschriften und die übersetzung 
des Paeanius, sondern auch diejenigen schriftsteller, welche den 
Eutrop als quelle benutzt haben. Zuerst haben von den hand- 
sehriften der Bambergensis aus dem neunten jahrhundert uud der 
Monacensis aus dem zehtten jahrhundert die zahl CCCC, während 
wir im Cod. F oder Gotbanus aus dem neunten jabrhundert qua- 
dringenta finden, eine lesart, aus der eher quadringentis als qua- 
draginia herzustellen ist. Dann übersetzt Paeanius diese stelle 
durch Orgatiwrwy Terpaxisuvglwv (ed. Verheyk p. 634). Und 
zuletzt haben spätere schriftsteller auch die zahl quadringentis. So 
Festus cap. 21: Seleuciam, Assyriae urbem, cum quadringentis mi- 
libus hostium cepit; — Orosius VII, cap. 15 ed. Havercamp. p. 492: 
Antoninus Seleuciam. Assyriae urbem. super Hydaspin fluvium sitam, 
cum quadringentis millibus hominum cepit; — Isidori Chronicon 
ed. Roncalli (11, p. 443): Hic (Antoninus) ad Parthos profectus 
Seleuciam Assyriae urbem cum quadringentis millibus hominum 
cepit. — Hieronymus hat freilich nach der ausgabe von Roncalli 
(I, p. 461/462): Seleucia Syriae urbs cum COC millibus hominum 
a Romanis capta, aber auch diese zahl, selbst wenn es die in deu 
besten handschriften überlieferte ist, spricht melr für quadringentie 
als für quadraginta. | MEE 

Bremen. C. Wagener. 





II. 


Die rede des Brasidas bei Thukydides IV, 126. 


Um den Perdikkas an dem bunde mit Sparta festzuhalten, 
hatte Brasidas mit ibm einen zug gegen seine feinde, die make- 
donischen Lynkesten, unternommen. Aber trotzdem sie diese be- 
siegten, wurde die unterwerfung derselben nicht erreicht. Denn 
die Illyrier, welche Perdikkas zu einem hülfszuge gedungen hatte, 
trafen zwar ein, schlossen sich aber, wahrscheinlich aus besorgniss 
für die eigne unabhängigkeit, den eben besiegten Lynkesten an. 
Uster diesen umständen hatten die verbündeten den rückzug be- 
schlossen, der dem Brasidas auch aus anderen gründen wünschens- 
wertb war. Bevor sie aber die zeit und die ordnung des abmar- 
sches festsetzen konnten, warf sich das makedonische heer, ia der 
nacht von panischem schrecken ergriffen, in wilde flucht, in welche 
auch Perdikkas selbst bineingerissen ward. So ihrer bundesge- 
nossen beraubt, zum rückzug gezwungen mit einem feind im rücken, 
der eben bedeutende verstärkungen empfangen, verstärkungen deren 
kampfesweise und kriegerische eigenschaften völlig ungewiss waren, 
bedurften die Griechen ausser der ermahnung auch einer ermuthi- 
gung; und diese suchte ihnen Brasidas, so weit die kürze der zeit 
es verstattete, zu geben durch eine belehrung über das wesen der 
feindlichen schasren und ihrer kampfesart. 


104 Thukydides. 


„Wenn ich nicht vermuthete dass ihr, peloponnesische männer, 
dadurch dass ihr allein gelasseu seid und weil die gegen euch 
Anrückenden Barbaren sind und zahlreich, in bestürzung grerethen 
seid, würde ich nicht, wie ich es nun zu thun genüthigt bin, mit 
meiner ermunterung eine belehrung verbinden; nun aber will ich 
in einer kurzen erinnerung und empfehlung in bezug auf den ab- 
zug der unsrigen und die menge der gegner, versuchen euch von 
den bauptsachen zu überzeugen". | 

Dies ist die propositio; sie bildet ein ganzes, wie schon da 
viv dé zeigt, und es wäre nicht zu begreifen wie Classen sagt: 
woos ev, einführung des ersten theiles, dem mit flagfigQosc dé 
der zweite folgt“, wenn nicht eben jenes uf» dastünde, Allein 
dies wort ist entweder zu tilgen oder, wie mir wahrscheinlicher, 
es war an seiner stelle ausgelassen und ist nun an unrechter in 
den text gerathen. Dies unglückliche jq» reicht noch über die 
zeit des ülteren scholiasten binaus; denn er schreibt zu dem an- 
fang der rede: spocsusaxi) Evvosd dors, xal ovre zaraaxeuny qu 
ovre cuumiouona. — Unter zagaíveGsg ist die empfehlung 
verstanden, wie sie sich dem feinde gegenüber zu verhalten haben, 
und bildet die praktische seite zu dem urourmua. —  Ihí3tw 
habe ich aus noth ungenügend übersetzt; es enthält nicht nur des 
überzeugen, etwas sei so, sondern auch die anregung zu dem ent- 
schluss, demgemäss zu handeln ; wie denn durch ürouyqua und 
magulvecis diese beiden seiten des begriffes aus einander gelegt 
werden. 

„Nämlich tüchtig zu sein in kriegsthaten geziemt euch nicht 
wegen jeweiliger anwesenheit von verbündeten, sondern ob eurer 
innewobnenden mannhaftigkeit, und vor keiner überzahl anderer 
furcht zu hegen, die ihr ja auch nicbt aus solchen staaten her 
seid wo viele über wenige herrschen, sondern vielmehr über die 
mehrzahl wenigere, die durch nichts anderes die herrschaft erwor- 
ben als dadurch dass sie in der schlacht die oberhand behielten*. 

Er nimmt seine argumente aus dem wesen der Peloponnesier 
und aus dem wesen der barbaren; diese stehen in einem gegen 
satz, und deshalb scheint mir jenes u£v, welches wir oben strichen, 
bier eingesetzt werden zu müssen: dya9oig piv yag évas opir 
nooonxei. — Aber wie sonderbar dass alle handschriften zu 
geben scheinen dy aig où molloi GMywr ügyovow. Dedurch 


Thukydides, 108 


kommt, nach undé, grade der entgegengesetzte sinn heraus, und 
alle die gequälten interpretationen der editoren können daran nichts 
ündern!) Ohne zweifel ist das où wegzuschaffen; nur drängt 
sich die frage auf, wie es dahingekommen. Hier zeigen sich zwei 
möglichkeiten. Die eine wird angedeutet von Haacke, wenn er 
sagt, dv alg küune für dv dxelvass yaQ genommen werden. In 
der that, wenn man das rosovrwy absolut nimmt, „die ihr ja auch 
nicht aus so gearteten verfassungen stammt“, und den relativsatz 
der herrschaft des zoioviw» entzieht, wie denn einige Ausgaben 
auch vor d» aig ein kolon setzen: so ist die neue negation un- 
umgünglich, uad konnte leicht eingesetzt werden. — Dies ist der 
eine weg; der andere aber ist viel wahrscheinlicher. Wie, wenn 
Thukydides, als er OY schrieb, nicht ov sondern ov gemeint. 
hatte? wenn das idv al; erst eingesetzt wäre nachdem man das 
OY falsch gelesen, und nun genöthigt war das unertrügliehe - 
asyudeton wegzuschaffen? Diese vermuthung, die von Abresch 
berriihrt, balte ich unbedingt für richtig; sie erklärt zugleich wie 
es kommt, dass keine handschrift auch nur eine spur des richtigen 
erhaltem hat: denn es ist klar dass gleieh der welcher dieses 
werk aus den papieren des Thukydides herausgegeben hat, wenn 
er einmal jenes OY falsch aufgefasst hatte, nothwendig dv al 
einsetzen musste, so dass das riehtige und von Thukydides ge- 
wollte in dem herausgegebenen werke nie gestanden bat. 

Der sinn ist also: dass wenige über viele siegen, das ist euch 
xürgtov: hat doch mur dadurch die handvoll Dorier sich die reich 
bevôlkerten landschaften des Peloponneses unterworfen. Nun, was 
jene um der berrschaft willen thaten, das thuet ihr jetzt für eure 
rettung. — Nicht gut scheint mir, dass Classen von politischer 
gewöhnung und von staatsverfassung spricht. Nicht deshalb sollen 
die Peloponnesier jetzt keine überzahl fürchten weil zu hause die 
perióken nicht mitstimmen, sondern weil .die Spartiaten stets ein 


1) Reisig hat diese stelle zweimal behandelt. Erst hat ein freund 
sie ihm angezeigt als ein beispiel de confusione enunciationum ubi ne- 
gatur aliquid: . . . . addidit ( Thuc.) purliculam où quasi superius. uzdi 
abesset. Coniect. in Aristoph. I, 31. Leipz. 1816. Dann giebt er 1822 
in seinem commentar zu Soph. Oed. Col. v. 350, in einer hôchst con- 
fusen abhandlung folgende erklärung: tn eo stabiitur per où, ud: 
oöy xs. Beide „erklärungen‘, die sich einander aufheben, sind 
gleich nichtig. 


106 Thakydides, 


heerlager sind in einem lande das nie gegen die überzahl erobert 
haben und behaupten, Dasselbe konnten zu ihrer blüthezeit die 
Türken von sich sagen. 

„Von den barbaren aber, die ibr aus mangel an bekanntschaft 
mit ihnen fürchtet, müsst ihr aus dem vorher gegen die Makedonen 
unter ihnen bestandenen kümpfe sowohl wie nach dem was ich 
aus ihrem betragen abnehme und von anderen hire, euch überzeu- 
gen dass sie durchaus nicht fürchterlich sein werden“. 

Der gedauke bat hier, wie nicht selten bei Thukydides, 
etwas provocirend gewagtes: die Peloponnesier werden dos 
TU» Pagßapwr genannt, und unmittelbar darauf werden sie auf 
deu kampf verwiesen den sie vorher gegen einen theil derselben 
bestanden haben. Allerdings sind zu den Iynkestischen Makedonen, 
die sie recht gut kennen, da sie dieselben so eben geschlagen, iu- 
zwischen die Illyrier hinzugekommen, die sie noch gar nicht ken- 
nen; und es ist wahr zu sagen dass sie von den bekannten plus 
den unbekannten, als einheit gedacht, noch keine erfahrung haben. 
Aber das eigentbümliche orovprov, man möchte hinzusetzen das 
abdadig seines stiles, zeigt sich doch auch hier. Denselben cha- 
rakterzug des schriftstellers kann man darin finden dass er sagt 
Tolg Maxedcow adv. Denn da er cap. 124 die feinde stets 
ob Ævyxncral genannt, unter of Maxedovs; dagegen die unter- 
thanen des Perdikkas und also der Griechen bundesgenosseu ver- 
standen, so ist es eine harte forderung hier in den Makedenen 
plótzlich die feinde, die Lynkesten zu erkennen. Nun hat aller- 
dings Thukydides weiter oben (IV, 83) gesagt: giQaztves ênè “Ag 
Qufatos . . . Auyxnorüy Muxedovwy flaciàto,, und dass die Ma- 
kedonen in die zerfallen die Perdikkes regiert und in gewisse 
andere, bat er so eben wenigstens angedeutet, IV, 124 init, in 
den worten: ó pir wy 2xqures Maxedóvwv riv Óvrauo. 
Aber nichts desto weniger ist die thatsache dass hier unvermittelt 
die feinde mit dem namen der freunde bezeichuet werden so son- 
derbar, dass man es den älteren erklärern verzeihen muss, wenn 
sie dies nicht erkennend 20%; Maxtdocir als dat. commodi fassen 
oder es durch ovy» erklären und sich mit dem avro» irgendwie 
abfinden, wie Haacke: partim ex iis ipeis certaminibus quae. iam 
in Macedonum gratiam subiistis, welcher also ausw» mit wy ver- 
bindet, oder wie Bloomfield, dessen ergänzungén für eine nun ver- 


Thukydides, | 107 


gsugene periode der philologie bezeichnend sind: 2E dr (dydvw» 
xaJ ovc) moonyoic9s (xay) avtwy (atv) roig Moxidóow. — 
Die erklürung der vorliegenden erscheinung ist in der situation 
zu suchen. Dem Perdikkas zu gefallen ist Brasidas in das innere 
vergedrungen, dessen feinde hat er geschlagen; und nun werden 
die Griechen von eben diesen Makedoniern, für die sie alles ge- 
than haben, schmäblich im stich gelassen und in eine wirklich be- 
denkliche lage gebracht. Man kann sich denken dass die Griechen 
wüthend sind auf die Makedonier, wie dies denn auch cep. 128. 
è. 4 ausdrücklich gesagt und in seinen folgen entwickelt wird, 
und zu diesem zorn gesellt sich verachtung der feigen gesellen, 
die bei nacht und nebel davongelaufen sind. Jetzt haben sich die 
Griechen mit den vettern dieser braven leute, auch Makedoniern, 
noch einmal zu schlagen; und es ist ganz natürlich dass Brasidas 
diese mit dem namen bezeichnet der in seinen zuhürern mit dem 
zorm zugleich die verachtung entziinden muss. 

„Pflegt doch auch denen die sich zu vertheidigen haben, 
wenn ihnen über die eigenschaften des feindes dor, in wirklichkeit 
krafüos, die meinung der stürke erregt, vorher eine wabrbafte 
belehrung zu theil wird, diese zur ermutbigung zu gereichen, 
wührend anderseits, wenn der feind in solider weise kriegerische 
eigenschaften besitzt, einer der das nicht im voraus wüsste, sich 
leicht allzu tollkübn gegen ihn benehmen würde“. 

Man sieht aus der übersetzung dass ich nicht zQocyevoutsyr 
lese, welches im besten fall nur eine fade erklärung zulässt, son- 
dern zpoytvoufvy. Dies rührt von Imm. Bekker her, er nennt es 
mit recht aptius. Dass die handschriften alle, wie es scheint, in 
dem unrichtigen übereinstimmen, thut nichts, da Bekkers conjektur, 
ausser durch den sinn, auch durch das parallele ngoedag voll. 
kommen gesichert wird. 

Der zweite theil der periode ist auf das seltsamste missvor- 
standen worden, trotsdem schon der ältere scholiast das richtige 
giebt: 8004 dè wp Ivri eloiv Poyvgol, tovrovs el un uic Eungocder 
patos, roAungoregov xal oùx dedws aurois nooUtveyO rjosrak. 
Classen sagt nämlich: „bei wem aber kraft und tüchtigkeit wohl 
begründet ist, auf den wird man mutbiger losgehen wena man 
diese eigenschaft vorher nicht kennt“. Ebenso vor ihm Krüger: 
„nur bei wirklich tüchtigen feinden frommt nichtbelehrung“. Ich 


108 Thuky dides, 


wüsste doch nicht dass „bei wirklich tüchtigen feinden“ iu dem 
letzten kriege den Franzosen » nichtbelehrung gefrommt^ hätte; 
wie auch sonst die weltgeschichte wenig beispiele für ein solches 
frommen bieten móchte. 

Ich muss abwarten ob meine auffassung dieser stelle, welche 
der geltenden grade entgegengesetzt ist, bestritten werden wird. 
Einstweilen genüge, um zu zeigen wie Thukydides über verach- 
tung der gegner denkt, die worte auzuführen die er dem Archi- 
demos in den mund legt, II, 11. è. 4—5 xoAidxig . . 10 FAagoov 
mindos dediòs duesvor fuvvaro roUg mledvac dia 20 xaraogo- 
voUvrug dzugaGxtéOvg yertodas. yo] di dei dv sj nolenla sj 
pi» yvuun Jagoaléovs orgarsvew, vd) de Foy dedidtas nageo- 
seva0d us. u | 

Nun muss aber gefragt werden warum Thukydides die pe- 
riode nicht mit Oca piv ydo, sondern mit xo] yüg 000 pé» an 
fingt. Um dies klar zu machen, fassen wir den gedanken kürzer 
so: währe belebrung. zu rechter zeit thut gut sowohl wean der | 
feind trotz anscheinender stärke schwach als wenn er wirklich 
stark ist.. Es zeigt sich nun, dass der satz nicht nur zur begrün- 
dung des uoSeïr yon dient, sondern erstens dass er dies thut 
durch rückfübrung auf eine allgemeine wahrheit, wie 00% und 
der aorist 2Fdgovve zeigen. Und hier erlaube ich mir aufmerk- 
sam zu machen, dass die leser des Thukydides keinesweges immer 
oder auch nur gewöhnlich das allgemeine im gegensatz des ein- 
zelnen lexicalisch bezeichnet finden werden, etwa durch ein óA«c 
te oder unter umstünden wore: sondern wie hier der allgemeine 
gruud durch ein einfaches auch angeschlossen wird, so bemerke 
ich dass manchmal nach einer reibe von einzelbeiten, die mit sé 
aneinander gereiht werden, das allgemeine ebenfalls mit ze auge- 
schlossen wird. — Also erstens führt dieser satz den vorliegen- 
den einzelfall auf eine allgemeine wahrbeit zurück; dann aber 
gebt er, in seinem zweiten theil, über diesen zweck hinaus. Es 
ist nämlich klar dass die behauptung: dass der feind nicht so 
fürchterlich sein wird, davon müsst ihr euch überzeugen, sich auf 
den allgemeinen satz stützt: denn der wahrheit gemässe belehrung 
über die nur anscheinende stärke des feindes ist stets gut und hat 
die wirkung, die welche ihn bestehen zuversichtlicher zu machen. 
Aber der satz, dass verkennung der wirklichen stärke leicht zur | 


Thukydides. 109 


tellkühnbeit verführt, hat mit dieser begründung nichts mehr zu 
thun; so dass wir fragen müssen warum Thukydides dies hinzu- 
gesetzt habe. Hier zeigt sich nun wieder der psychologische 
blick des meisters. Denkenden männern nämlich, wie denn aus 
solehen damals die griechischen heere bestanden, diesen männern 
die vor kurzem in ihrer heimath, die einen im Peloponnes, die an- 
dern in der Chalkidike, viel schlimmes erfahren, und die sich eben 
jetzt in einer gefährlichen lage befinden, muss es sonderbar, ja 
verdächtig vorkommen wenn der eigne feldherr gegen die alte 
regel der gesunden vernunft sie zur verachtung ihrer feinde auf- 
fordert. Soll daher seine aufforderung irgend eindruck auf sie 
machen, so müssen sie vollkommen überzeugt sein, dass ihr feldherr 
sich darüber wenigstens keinen illusionen hingiebt, wie gefäbrlich 
es ist, einen feind zu veracbten der es nicht verdient. Nun, dies 
eben spricht der zweite theil unsrer periode aus. | 

»Diese aber haben zwar den vortheil dass die erwartung 
ihres augriffs den ihrer unkundigen.schrecken einflösst; denn durch 
ihre massen sind sie cbenso furchtbar für das auge wie ihr lautes 
geschrei nicht aussuhalten ist, und wenn sie die gebärde des ein- 
hauens machen, fühlt man sich wie von ihnen bedroht. Welche 
aber das aushalten, die im nahekampf anzugreifen sind sie nicht 
so vorzüglich. Denn einestheils, da sie nicht in reih und glied 
fechten, wird sich nicht leicht einer was daraus machen einen ort 
aufzugeben wo er bedrüngt wird; und andern theils, da fliehen 
und angreifen ihnen für gleich ehrenvoll gilt, so giebt in ihren 
augen auch keines von beiden einen massstab für die tapferkeit : 
eine solche kampfesart aber die alles dem eignen ermessen über- 
Hast wird wohl am meisten manchem auch den vorwand bieten 
sich auf anstündige art in sicherheit zu bringen; ferner, wenn es 
sich darum handelt entweder mit uns handgemein zu werden oder 
ohne etwas aufs spiel zu setzen es dahin zu bringen dass wir vor 
schrecken davoalaufen, so halten sie dieses mittel für zuverlässiger: 
sonst würden sie wohl jenes versuchen. Endlich seht ihr deutlich 
dass all das schreckniss das ihnen vor dem kampfe innewobnt, 
der sache nach geriog ist und nur auf auge und ohr einen ein- 
druck macht“. 

Die übersetzung ist hier sehr frei verfahren, ohne sich doch 
genug zu thun. — Ein gewisser humor liegt in ovy duotor, 


110 Thukydides. 


smicht entsprechend“, wie auch die herausgeber bemerken; dus- 
selbe konnten sie bemerken von tos i; yeigas dÀJat» moro mago» 
T0 ixgofjct» tuus dmvóvveg fyouvias. — Ob éxpoffonr 
richtig ist, uud nicht dafür éxpofjoas geschrieben wart es ist 
wenigstens erlaubt den zweifel aufzuwerfen, da es an analogien 
zu nsozorsgdv doriv éxpofnour gänzlich fehlt. Die stelle Xen. 
Anab. Il, 4, 19, die Krüger anführt, ist ganz andrer art. — 
Das wichtigste was zu bemerken wäre ist die gliederumg des 
satzes vou ovse ydQ rat: an. Es sind vier glieder des beweises, 
sümmtlich durch z£ in beziehung zu einander gesetzt, und von 
denen das vierte alle vorhergehenden zusammenfasst , gleichwehl 
aber, in der oben bemerkten weise, dies verhültniss nicht lexika- 
lisch markirt. Jeder andere schriftsteller hätte vermuthlich ge- 
schrieben öAwg ze zur t0 neoënugyor dewov an’ avrür Spare 
cagwç . . . Da diese vier glieder, von denen zwei wieder eine 
begrüudung bei sich führen, ein satzgefüge bilden, so ist demge- 
mäss die interpunction zu ändern. Ungemein schwer zu übersetzen 
ist cve$edsyxtov xal to Grdgsior Eye. Man könnte versucht seia: 
»80 giebt in ihren augen auch keins von beiden den beweis oder 
die widerlegung der tapferkeit*. Denn #2eyyog ist beides. 

„Haltet ihr nun dem stand wenn es auf euch zukommt, und 
setzet dann so oft es an der zeit ist euren rückzug in guter ord- 
sung uud in reih und glied fort, so werdet ihr sowohl diesmal 
schneller aus aller geführde kommen als auch für die zukunft er- 
kannt haben dass dergleichen haufen denen welche ihren ersten 
angriff abwarten, iu verschiebung dcs angriffs ihren mannesmuth 
mit drobungen aus der ferne prahlend zu erkemnen geben; die ih- 
nen aber weichen, dass sie denen, in aller sicherheit ungestüm, 
auf dem fusse folgend, ihre beherztheit zu fühlen geben“, 

Das relativum womit der satz beginnt vereinigt ie sich die 
Summe des vorher ausgeführten; jeder weiss wie gern die Grie- 
chen es anwenden, und wie sehr es sich durch seine lebbaftigkeit 
von dem rubig anschliessenden relativum der lateinischen sprache 
unterscheidet. Es verdiente daher wohl einen eigenen namen: 
man könnte es das emphatische relativum nennen, — Der 
xaigog ist der moment wo ein angriff der feinde abgeschlagen ist; 
dann nehmen die Griechen den durch den angriff unterbrochenen 
rückzug wieder auf, av9ss. Dies scheint mir richtiger als, wie 


Thukydides. | 111 


Classen. erklärt: „wie ihr vorgerückt seid, so auch wieder . . .*. 
Auf dem wege den man gekommen wieder zurückgehen, kann so 
viel ich weiss nur durch moli» ausgedrückt werden. Ja : 
asd = rursus : iterum. Der irrthum ist veranlasst durch die 
zweideutigkeit des deutschen wieder. Brasidas beginnt ja den 
rückzug unmittelbar nach seiner rede, c. 127 rosavra 0 Bgactdag 
mxagoivégac Önfys 10 Crqurevuu, und macht erst halt um den er- 
sten ansturm der barbaren abzuweisen. Man vergleiche nach 
e. 127: ij wm noury Spy nagd yrépnr érréornour (dies ent- 
spricht dem 0 Unopelrartes) xai 10. Aotnóv Émipeoouevoug uiv de- 
zöpsvos. fpuvorro (durch einen schlimmen druckfehler hat Classen 
fuurario), fouyaloriwr dì avroi uneywigovy. Wenn ich aber 
diese stelle vergleiche, muss ich mich doch fragen ob nicht auch 
au unserer stelle ebenso gut das imperfectum zu lesen sei, sma- 
yovıs; statt vmayayories. Es konnte leicht dem ürouelrarres as- 
similirt werden, und doch hat es mit beiden würtern eine sehr 
verschiedene bewandtniss. “Yropelvavtes löst sich auf in vmopet- 
vare: denn es ist klar dass hier von einem einmaligen vorgang, 
von dem abschlagen des ersten angriffs der barbaren, die rede ist; 
das folgende aber würde man, scheint mir, auflösen in orar xaspög 
js (d. b. jedesmal wenn ihr einen angriff abgeschlagen habt), 
Smaysre, nicht vaaydyer. Dies stelle ich als vermuthung hin; 
ganz unmöglich aber scheint mir defapevoss, und ich schreibe 
dafür unbedenklich defouévoss. Waun suchen denn die barbaren 
nach chinesenart die Griechen durch geschrei und wüstes waffen- 
geklirr in schrecken zu setzen? Offenbar während ihrer mehr 
erwähnten pu#447015, bevor die Griechen ihren ersten anfall, zj» 
aQuinv Epodor, abgeschlagen haben; denn ist das einmal ge- 
schehen, so wissen die Griechen waren sie sind, und die barbaren 
kónnen sich von noch so viel drohungen keinen erfolg mehr ver- 
sprechen. Dieser moment kann aber nur bezeichnet werden | durch 
das futurum dsSouéros. 

Eh wir jedoch von dieser rede des Brasidas scheiden, müssen 
wir noch die frage erörtern, ob wir recht gethan unter der p#4- 
Ancıs, welche zweimal, $. 5 und 6, darin vorkommt, das erste 
mal lediglich die erwartung des angriffs, das andere mal eine 
absichtliche verzügerung des angriffs zu verstehen. 

An sich heisst pelle» nicht zögern, sondern bevorstehen, 


112 Thukydides. 


und auch dieses nur insofern das bevorstehende zu erwarten ist; und 
dadurch unterscheidet sich ro usAloy von dem Zcopevoy, welches das 
bedeutet was geschehen wird gleichviel ob erwartet oder unerwartet, 
während, :0 wzAdoy auch von dem gesagt wird was schliesslich 
nicht geschieht, wenn man es vernünftiger weise erwarten muss 
und so lange man es erwarten muss. Aristot. de Gen, et Corr. 
B 11. 337b 4: 6 pui» yoQ uAndig elneiv Or, otras, dei rovr0 
sival nots dindîg Ste Eouv © dé vvv And, eintiv om peas, 
ovdi» xwive pn yevéodus péllur yàg av (dele av) BadiCew ug 
ovx av Badlasıer. S. p. 463b, 22—31. Man sieht dass uéllser 
wesentlich bezogen ist auf das beobachtende subjekt, während 
EceoFus rein objektiv ist, Zugleich erhellt aber wie ueAlsır zu 
der bedeutung des zögerns kommt, welche unzweifelhaft häufig im 
sprachgebrauch vorliegt. Denn da das pédAew sein ende er- 
reicht durch das eintreten der handlung, so braucht einer nur den 
zustand zu verlängern wo der andre sagt péddes: dies ergiebt aber 
eine absichtliche verzögerung. 

Wenden wir dies nun auf die erste der stellen an wo die 
pedAnoss vorkommt, so scheint mir nicht zweifelhaft dass die bar- 
baren mit dem angriff absichtlich zögern. Sie werden ja nicht so 
thöricht sein die Griechen auzugreifen während diese in schlacht- 
ordnung dastehen, sondern warten, wie sie dies denn wirklich 
thun, bis die Griechen sich in marsch gesetzt haben. Diese xwi- 
schenzeit benutzen sie um wo môglich durch leere demonstrationen 
die Griechen wie man sich ausdrückt zu demoralisiren. Diese 
demoralisation zu hindern ist eben der zweck von Brasidas rede, 
Dass also das zógern der barbaren ein berechnetes war, nebmen 
wir für erwiesen an. 

Dasselbe erhellt aus dem schluss von 2. 5: tov. . & yaigas 
èi9siv mororegor 10 Exyoßnasv quais axwdvrws jyovvtus (xev 
y&Q &v mqo tovzov éygwrro. Denn da das éxgoffG&v dxrduveg 
ein mittel zum zweck ist, dieses aber nur durch vermittlung der 
meiAnoss möglich ist, so folgt dass auch die pédnosç eim mittel 
zum zweck ist, also in einem beabsichtigten verzögern des 
ongriffes besteht. 

Hienach scheint es haben wir, unrecht gethan, in dieser stelle 
die uéAAnaig durch erwartung, und nicht durch verschiebuug, ver- 


Thuk ydides. 113 


zügerung, oder ein ühnliches wort, zu übersetzen. Aber es scheint 
nur so. | 

Wir haben hier nämlich den fall der so oft vorkommt, dass : 
ein griechisches wort einfach eine thatsache bezeichnet ohne dass 
über. diese eiu urtheil oder eine meinung abgegeben wird. Yidoc 
ist eine unwahrheit; ob bewusst oder unbewusst, ob lüge oder 
irrthum, liegt nicht. in dem worte. Ala» heisst sehr; dieser hohe: 
grad kann ein zu hoher sein, das kommt auf die umstände an; 
aber das wort an sich spricht dies urtheil nicht aus. Jıußadksıv 
heisst in üblen ruf bringen; ob dieser ruf eiu unverdienter und 
dus diafuläe, ein verläumden ist, wird nicht gesagt. Der über- 
' setzer ist hier an den fuss der mauer gedrängt: in den meisten. 
fällen findet sich kein neutrales wort, er muss sich entscheiden, 
und wird ein urtheil aussprechen wo der Grieche sich begnügt die 
thatsache zu melden. So sind die übersetzer in vielen fällen ge- 
nöthigt dem alten autor ein urtheil aufzudrüngen das jener doch 
dem leser anheim stellte. Dass man dies vermeiden muss wo es 
geht, liegt auf der land. 

Und hier geht es nicht nur, es ist auch geboten. Denn ver- 
kürzt würde der satz doch etwa so lauten müssen: yufiÀorrsg u&v 
yoßegol doi», mooculturies d° ovxéts. Der gegensatz von züge-. 
rung wäre beschleunigung : davon steht nichts da. Der gegensatz 
vom geschehen des angriffs ist das bevorstehen und die erwartung 
des angriffs: jede andere übersetzung wäre demnach verkehrt. 

Dass Fhukydides nachher (durch èyg@rro) dus. bevorstehende 
als ein absichtlich hingehaltenes bezeichnet, ist ganz richtig, und 
er kann das thun weil das wort jenes urtheil zulässt;. aber in.dem 
zusummenbang worin das wort zunächst auftritt, ist dies uoch nicht. 
gescheheu, wie der gegensatz zeigt. 

Auders stellt sich die sache 2. 6; hier könute nicht der dat. 
iestrum. puedo stehen wenn sie nicht das mittel zum zweck 
und folglich beabsichtigt wäre; sonst, hätte Thukydides welloyrec 
geschrieben. Hier ist die uélAnoiç ebenso beubsichtigt wie dus 
ihr entgegengesetzie, dy 76) dopañeï dEeîc: denn wie diese glieder 
sich eutsprechen, so auch alle übrigen in dieser trefflichen periode; 
nxounoëci : èrdelxvovias . 10Î uiv thy mum Epodor debo- 
péross : of d’ av stbmow av10ig . ümodey dntiÀoig (dies ist ein 
begrifl) xuru modag.10 dvdesion: +d evwvyor.. Was dies letztere 

Philologus. XXXV. bd. 1. 8 


114 Thukydides, 


wort betrifft, so wird es allerdings wesentlich gleichbedeutend mit 
üvdgeiov gebraucht; ursprünglich aber scheint es zu bedeuten was 
die Engländer animal spirits nennen. Dies würde ganz gut auf 
den physischeu muth der barbaren passen. Dennoch scheint mir 
dies nicht richtig zu seiu. Den barbaren ürdgslu zuzugestehen, 
welche als eine ager] etwas pó»euor ist, wäre zu viel ehre, die 
ihr früberes betragen nicht verdient. Der schriftsteller scheint da- 
her anzudeuten dass die barbaren erst dann en veine kommen, dass 
ihnen erst dann der kamm schwillt, wenn sie ihre geguer weichen 
sehen; dann erst zeigen sie sich ,beherzt** ?), 


2) Nachdem ich diesen aufsatz beendet, fiel mir ein nachzusehen 
wie sich G. Grote über des Brasidas rede und insbesondere über die 
bestrittene stelle äussere. Ich fand (History of Grece. Vol. VI. Chap. 
LIV) eine fülle treffender bemerkungen und glücklicher übersetzun- 

n; aber wiewohl kein nd ist zu zweifeln dass Grote auch die 
gliche stelle richtig verstanden, bedaure ich sagen zu müssen dass 
ich in seinen worten keinen beweis dafür finde: er hat diese steile 
‘Bbergangen. | 
‘Bremen. Ad. Torstrik. 


Cic. Tuscul. Disputat. V, 11, 34. 


Quare demus hoc sane Bruto, ut sit beatus semper sapiens: 
quam sibi conveniat, ipse viderit. Gloria quidem huius sententiae 
quis est illo viro dignior * nos tamen teneamts, ut sit idem bea- 
tissimus, la dieser stelle findet 1. P. Binsfeld im Rhein. museum 
1871, p. 304 tamen anstössig und will dafür etiam lesen, indem 
man nicht eiuen gegensatz, sondern eine steigerung erwarte, wie 
0, 13, 39. 40 Certe omnes virtutis compotes beati sunt. Et hoc 
quidem mihi cum Bruto convenit, ... Sed mihi videntur etiam 
leatissimi, und 5, 27, 76 At ea qui adeptus sit, cur eum beatum 
modo et non beatissimum etiam dixerim (an welcher stelle Hugo 
Weber in seiner Coniecturae Tullianae. Weimar 1871, p. 13 
für das unrichtige bandschriftliche «f treffend at gesetzt hat). 
Allein die steigerung, die an diesen beiden stellen durch etiam 
mit dem superlativ bezeichnet ist, ist hier schon hinlänglich durch 
den superlativ beatissimus ohne diese partikel ausgedrückt; tamea 
aber steht, weil nos dem vorhergehenden illo vito entgegengesetzt 
wird, ebenso wie au den beiden ungeführten stellen der gegensatz 
durch sed und at bezeichnet ist. 

Marienwerder. Fr. Zoyss, 





HI. 
Oskische inschriften. 


1. Wegebauinschrift von Pompeji. 

2, Weiheinschrift von Capua. 

3. Grabschrift von Cumae. 

4. Lucanische grabschrift von Diano. 


In der Ephemerie epigraphica habe ich auf grund einer an 
mich ergangenen aufforderung eine zusammenstellung derjenigen 
oskischen inschriften veröffentlicht, die nach Th. Momm- 
sens werk über die unteritalischen dialekte an das licht gekom- 
men sind (Vol. II, p. 154—194). Diese bezweckte von den in- 
schriften zuverlüssige texte zu geben mit den erforderlichen 
angaben über fundorte, aufbewahrungsorte und litteratur derselben, 
lateinische übersetzungen nach meinem verstündniss der inschriften, 
und kurze erlüuternde bemerkungen. Abbildungen von diesen 
simmtlichen oskischen inschriften nach den von mir selbst genom- 
menen oder von guter hand mir zugegangenem abdrückén und 
zeichnungen der originale und eingehende sprachliche und sachliche 
erklärungen dieser sprachdenkmüler würden mehr raum und ko- 
stenaufwand erfordert haben, als ich der redaction der genannten 
epigrapbischen zeitschrift irgend zuzumuthen wagen konnte. Ich 
beabsichtigte deshalb dergleichen erklärungen von mehreren 
dieser imschriften gelegentlich später an geeigneten 
stellen zugeben, wie ich dies für eine derselben auch aus- 


8° 


116 Oskische inschriften. 


drücklich zugesagt babe (a. o. I, p. 167, n. 20), und bringe hier 
diesen meinen vorsatz zur ausführung. 


1. Wegebauinschrift von Pompeji. 


Am 15. august 1851 wurde dicht bei dem südlichsten thore 
von Pompeji ein travertinstein gefunden mit einer oskischen 
wegebauinschrift, von der ich nach meiner eigenen zeichnung 
und nach einem abdruck von R. Schóne folgenden text gegeben 
. habe, Ephemer, epigr. Il, p. 165, n. 10: 


m. siuttiis .m.n. püntiis . m 
a]fdilis . ekak . viam . teremn[a 
t]tens . ant . pünttram . staf[i 

anam . víu . tereinnatust . per 

X . fussu . vía . pümpaiiana , ter 
emnattens . perek . MI . ant . kai 
la . iüveis . meelikiieis . ekass . ví 
ass . ini . via. iüviia . foi . dekkvia 
rim . medíkeís . pémpaiianefs 


serevkid . imaden . uupseus . iu 


su . afdilis . prufattens. - 


lu dieser abschrift sind die beschädigten, aber in ihrer gel- 
tung noch deutlichen buchstaben durch untergesetzte punkte be- 
zeichnet. Der oskische vokal o ist durch das zeichen & wieder- 
gegeben im anschluss an den oskischen buchstaben dieses vokals: 
V; in der folgenden erklürung aber werde ich diesen laut durch 
den buchstaben o bezeichnen, weil die denselben enthaltenden wort- 
formen dadurch sprachlich deutlicher hervortreten, Der bequem- 
lichkeit des lesers halber stelle ich die lateinische übersetzung der 
vorstehenden inschrift voran, und lasse die sprachliche und sach- 
liche erklärung folgen: ' 


) Oskische inschriften. 117 


Maius Suttius Maii f. Numisius Pontius Maii f. 
aediles hanc viam termina- 
verunt ante pontem Stabi- 

anum . Via terminata est cippis 
X . lidem viam Pompeianam ter- 
minaverunt cippis HI ante ae- 
dem Jovis Meilichii . Has vi- 

as et viam Joviam et decuma- 
nam medicis Pompeiani 

solide ab imo operati sunt, ii- 
dem aediles probaverunt. 


Die mehrzahl der worte dieser inschrift ist nach form und 
bedeutung im wesentlichen bereits richtig bestimmt. Die nachfol- 
gende erklärung wird also hauptsächlich auf die grammatische 
form und die bedeutung derjenigen wôrter eingehen, die für den 
sinn der wegebauinschrift von hervorragender wichtigkeit sind, 
und zum theil noch keine richtige oder vollständige erklärung ge- 
funden haben, indem sie nach einander folgende hauptgegenstünde 
behandelt: 


1, die benennungen von wegen oder land- 
strassen, die in der pompejanischen wegebauinschrift ge- 
nannt sind; 


2. die verbalformen und nominalfórmen, welche 
die art und die ausführung des wegebaus der beiden ge- 
nannten ädilen von Pompeji bezeichnen; 


3. die folgerungen welche sich aus der vorliegenden 
inschrift für die eintheilung und strassenanlage des 
stadtgebietes von Pompeji nach der abgrenzuug des templum 
der italischen augurallehre etwa ziehen lassen. 

Ehe ich suf diese drei punkte eingehe, muss ich über den 
fundort des steines mit der vorstehenden wegebauinschrift 
eine hemerkung vorausschicken. Ich habe denselben bezeichnet 
durch die worte: inventa ante portam Stabianam (Ephemer. epigr. 
M, p. 165, n. 20). Dagegen ist neuerdings wieder behauptet 
worden, der stein befinde sich ,,in dem stabianer thor* (F. Bü- 
cheler, Jenaer literaturz. 1874, p. 610). Dass das irrig ist 
lehren die aussagen zweier italienischer archüologen, welche das 


118 Oskische inschriften, 6 


stabianer thor und den stein unmittelbar nach ihrer. ausgrabung 
sahen und untersuchten, Bern, Quaranta und Guil Miuervini. Der 
erstere bestimmt den fundort des steines folgendermassen, Memor. 
Ercolan. di archeol. Vol. VII, Append. p. 50: Alzasi questa pietra 
— circa là, dove finisce un’ antica via, poco prima di giugnere 
alla porta, che guardia Stabia —; ed a chi dalla citta voglia 
uscire presentasi inclinata indietro un pochino. Mit dieser klaren 
und unzweifelhaften ortsbezeichnung stimmen auch die angaben von 
Minervini überein (a. o. p. 1. 2. 3). Das hier genannte südlichste 
thor von Pompeji nach Stabiae zu ist aber ein einfacher rümi- 
scher bogenbau (Minerv. a. o. p. 11. Overbeck, Pompeji p. 54. 
55. 2 A). Der stein mit der wegebauinschrift stand also am ende 
der stabianer strasse ehe man zu diesem rómischen thor 
gelangt. Minervini berichtet nuu aber weiter, dass im rücken 
dieser inschrift spuren eines älteren bogenbaues sichtbar 
seien (a. e. p. 11: ab dorso della medesima iscrizione appariscono 
tracce di altra più antica costruzione ad arco), und schliesst daraus, 
dass dieser bau das vorrómische thor von Pompeji nach 
Stabiae zu war (a. o.: che questa costruzione era la porta Sta- 
biana), und dass somit der wegebaustein unmittelbar vor 
'jiesem thor seinen platz hatte (a. o.: la iscrizione si troverebbe 
appunto innanzi alla porta). Auf grund dieser nach der sachlage 
einleuchtenden schlussfolgerung habe ich von der inschrift gesagt: 
inventa ante portam Stabianam. In keinem falle hatte also die- 
selbe ihren platz iu dem heute so genannten stabianer thor. 

Ich ziehe nun die benennungen der vier in der in- 
schrift genannten wege in betracht. | 

Der erste derselben ist bezeichnet dureh die worte: [alidilie 
ekak víom teremn[at|tens ant ponttram Staffijanam = aediles hic 
viam terminaverunt ante pontem Stabiunum. In diesen worten 
wird die pronominalform eka-k für einen acc. sing. fem. erklärt 
mit der bedeutung han-c, also entstanden aus "ekan-k für "ekum-k, 
in dem das m des acc. sing. fem. *ekam, nachdem es sich dem gut- 
tural der enklitischen partikel -k — lat. -ce zu gutturalem n 
assimiliert hatte, ausgefallen sei; und das soll folgen aus den la- 
teinischen schreibweisen Quictilis, nuc u. a. für Quinctilis, nunc 
(F. Büchel. a. o. p. 610). "Vou diesen beiden wortformen weist 
Quictilis (C. I. Lat. I, 841) das schwinden eines gutturalen n der 


Oskische inschriften. 119 


stammsilbe auf, aber nicht den ausfall eines aus. der accusativen- 
dung m entstandenen n; huc für hunc aber gehört’ einer grabschrift 
der späten kaiserzeit an, die auch sexio, anima, hoc statt sextum, 
animam, huno aufweist (Bull. d. lost. a. 1861, p. 36, verf. Aus- 
spr. I, 261. 2 A). Das ältere und klassiscle latein kennt nur die 
accusativformen hun-c, illun-c, istun-c, tun-c, nun-c, han-c, illan-c, 
istan-c, mit erhaltenem n statt m des accusativsuffixes. Die an- 
geführten lateinischen schreibweisen können also nicht beweisen, 
dass im oskischen eka-k ein aus accusativischem 1 entstandenes n 
vor k geschwunden sei. Für diesen ausfall findet sich nicht nur : 
im Oskischen sonst kein beispiel, sondern die pronominalformen 
ion-c für *iom-c, acc. sing. masc. vom pronominalstamm i-, erwei- 
tert zu io-, und eizazun-c für *eizazum-e gen. plur. fem. vom pro- 
nominalstamm eizo- beweisen auch durch ihr erhaltenes x statt m 
vor c, dass der acc. sing. fem. vom pronominalstamme eko- *ekan-k 
gelautet haben muss nach art der oskischen accusativform ion-c 
und der lateinischen han-c, istan-c, illan-c, dass mithiu cka-k keine 
accusativform ist. Neben eka-k finden sich die oskischen formen 
des abl. sing. fem. von pronominalstämmen mit der augefügten : 
partikel -k, -c : eisa-k, eiza-c, exa-c, ía-c und die abl. sing. mase. 
ueutr. eisu-c-en, eizu-c neben eisod und eksu-k, die alle das ublativ- 
suffix -d vor dem folgendem -k, -c eingebusst haben, wie die la- 
teinischen ablativformen ha-c, ista-c, illa-c, ho-c, isto-c. Daraus 
folgt, dass cku-k asbl. sing. fem. ist, durch ausfall des ablativischen 
d entstanden aus "ekad-k, und „hier“ bedeutet (Huschke, Osk. und 
Sabell. Sprd. p. 181, verf Ausspr. I, 336. I, 914, 2 auf. 
Bruppach, Lautl. d. Osk. spr. p. 90. Ender, Formenl. d, Osk. 
spr. p. 68. Gl. p. 29). Ein ablativisches adverbium cka-k hier 
neben einem lokativischen eki-k hier ist so wenig befremdlich wie 
exa-c neben exei-c (verf. a. o, I, 386. I, 914. Ender. a. o. GI. 
p. 29), und im lateinischen die ablativischen adverbien ha-c, ista-c, 
la-c neben den locativischen hi-c, isti-c, illi-c. Die ablativform 
eka-k passt auch vollkommen in den zusummevhang der in rede 
stehenden wegebauiuschrift, wie sich uach der erkiärung der worte 
ant ponttram. Stafianam ergeben wird, und ebenso gut passt sie 
an den drei anderen stellen, wo eka-k vorkommt (Momms, , Unter- 
ital, dial. X, 20, p. 180. X, 24, p. 183, verf. Ephem. epigr. 
I, p. 188, n. 79. Ender. a. o. Gl. 29). Dass osk. penti-ra-m, 


120 Oskische inschriften. 


„brücke“ bedeutet, lat. pont-em, ergiebt sich daraus, dass das us- 
kische wort für ,thor* veru ist und für „weg, strasse“ vía (verf. 
Ausspr. I, 179, anm. 2 A.) Pontt-ra-m ist mit deppeltem i ge- 
schrieben statt mit einfachem wie alttrel (Aufr. Z. f. vergl. spr. 
11, 57. Momms. Unterit. dial. p. 247). Die oskische stammform 
pont-ra- ist also mit dem suffix -ra weiter gebildet von der wur- 
zelform pont-, an welche der lateinische nominalstamm pont-i- in 
pont-i-um das suffix -i gefügt bat, und diesen italischen wértera 
stehen zur seite skr. panth-an, path-i-s pfad, kchsl. pat-s weg, 
gr. ndr-o-g pfad, tritt, mut-éw trete (Curt. Gr. Et. n. 349. 4 aufl. 
verf. Ausspr. II, 179. 2 A). Die oskische präposition ant ent- 
spricht der lateinischen ante, antid- (a. o. H, 321, anm. 606. 908). 
Die worte ant ponttram — ante pontem bezeichnen, da dér Sarnus 
und die brücke über denselben ausserhalb der ringmauern und des 
stabianer thores von Pompeji lagen, jedenfalls einen raum aus- 
serhalb der stadt. Wie im lateinischen ante portam, im ita- 
lienischen innanzi alla porta, im griechischen 7700 mvidwy, im 
deutschen vor dem thor bedeutet: weiter hinaus vom mittelpunkt 
der stadt als dieses thor, so muss man das oskische ant ponttram 
verstehen : weiter hinaus als die brücke des Sarnus vom mittel- 
punkt der stadt Pompeji aus. Das ergiebt sich auch daraus, dess 
in alter zeit der Sarnus dicht an der südlichen stadtmaner vou 
Pompeji mit dem stabianer thor vorüberfloss, Plin. H. N. HI, 5, 
62 S.: Pompeii haud procul spectato monte Vesuvio, adluente vero 
Sarno amne, dass mithin der raum zwischen diesem thor und der 
stabianer brücke so gering war, dass derselbe nicht als eine be- 
sondere strasse, als via ant pontiram Stafianam bezeichnet sein 
würde. Unter dieser vía ist vielmehr die landstrasse gemeint, die 
von dem alten stabianer thor von Pompeji bei dem fundort des 
wegebausteines über die brücke des Sernus führte, die, wie das 
verbum teremnattens der inschrift desselben lehrt, mit. grenzsteinen 
oder irgend welchen grenzzeichen versehen. wurde, welche das län- 
genmaass angaben, mit welchem die strasse gemessen war. So 
standen spüter an der ganzen länge der rümischeu landstrassen bei 
Pompeji meilenzeiger, milliaria (Overb. Pomp. I, 15. 2 A). Die 
erste mausseinheit jenes alten oskisch-samnitischen längenmaasses 
erstreckte sich vom stabianer thor und dem standorte des wege- 
bausteines aus über die dicht davor befindliche brücke des Sarnus 


Oskische inschriften. 121 


bineus, zum grössten theil jenseits derselben; hier ant pontiram 
Stafanam waren somit alle grenzzeichen des lüngenmaasses der 
strasse mach Stabiae aufgestellt mit susnalme jenes ersten steines, 
der am anfangspunkte derselben seinen platz hatte. Die inschrift 
des steines konnte also sehr wohl sagen ekak viam „hier den weg“ 
statt "ekank viam „diesen weg“, und dann die genauere angabe der 
hauptstrecke dieser landstrasse, auf der die durch teremnatiens aus- 
gedrückte handlung statt gefunden hat, zwisehen der Sarnusbrücke 
und dem gebiet von Stabiae durch die worte ant pontiram Sta- 
fianam bezeichnen. Diese vía Stafiana durch das landgebiet von 
Pompeji bildet also die südliche fortsetzung der heu- 
tigen strada Stabiana, welche die stadt Pompeji von norden . 
nach süden, von der Porta del Vesuvio bis zur Porta di Stabia 
durchschueidet. Es unterliegt keinem zweifel mehr, dess die 
stadt Pompeji mit ibrem landgebiet nach den 
grenzbestimmungen des lemplum der italischen 
augurallehre eingetheilt und von strassen und 
wegen durchzogen war (B. Quaranta, Mem. Ercol. d. arch. 
Vol. VH, Append. p. 89 f. Nissen, Das "Templum, p. 63. 64 f. 
Fiorelli, Gli scavi di Pompei dal 1861 al 1872. Append. p. 11), . 
und dass die strada Stabiana der cardo maximus dieser einthei- 
lung innerhalb der stadt war. Demnach ist die landstrasse vom 
stabianer thor über die brücke des Sarnus nach dem gebiet von 
Stabiae hin, die viam ant ponttram Stafianam der cardo maximus 
des landgebietes vou Pompeji, welcher den südlichen theil dessel- 
ben in eine südöstliche und eine südwestliche hälfte theilt. 

Die bezeichnung des zweiten weges, von welchem die 
wegebauinschrift spricht, ist via Pompaiiana — ant kaila Joveis 
Meelikiieis = viam Pompeianam — ante aedem Jovis Meilichii. 
Via Pompaiiana kann nicht eine strasseinnerhalb der 
stadt Pompeji bezeichuen, etwa die jetzige via de sepolcri, da 
man nirgends im alterthum eine strasse innerhalb einer stadt nach 
dem namen derselben benannt hat, wie schon Garrucci und Huschke 
hervorgehoben haben (Mem. Ercol. d. arch. Vol. VII, Append. p. 34. 
Usk. Sab. sprachd. p. 187). Eine via Pompaiiana in Pompeji | 
hat es so wenig gegeben wie eine via Romana in Rom, oder wie 
heut zu tage in Berlin eine berliner sirasse, in Paris eine rue de 
Paris existiert. Die via Pompaiiana war also eine landstrasse 


122 Oskische inschriften. 


ausserhalb der stadt, die durch das landgebiet von Pompeji 
nach einer benachbarten ortschaft hinführte, und aller wahrschein- 
lichkeit nach von deh bewohnern dieser den namen erhalten hat. 
Auf derselben ist die durch des verbum teremnattens bezeichnete 
handlung vorgenommen worden, und zwar auf einer strecke der- 
selben, die bezeichnet wird durch die worte: ant kaíla Jovele Mee- 
Mkileis — ante aedem Jovis Meilichi , von denen das nomen kaila 
sogleich unten etymologisch erklärt werden wird. In diesen worten 
kann man nicht umhin, ant kaila = ante aedem zu erklären aus 
der bezeichnuug des ersten weges ant ponttram == ante pontem, 
so dass ant in jener wie in dieser verbindung den sachlichen sinn 
hat: weiter hinaus vom mittelpunkte der stadt Pompeji. Die ab- 
grenzung des wegemaasses auf der vía Pompaiiana ist also durch 
die üádilen von Pompeji M. Siuttiis uud N. Pontiis vorgenommen 
worden auf einer wegstrecke von einem tempel des Jovis Meili- 
chios vor einem thore der stadt an bis zur grenze des landgebietes 
von Pompeji hin. Da die via Pompaiiana und die viam ant pont- 
tram Stafiunam nach Stabiae unmittelbar nach einander genannt 
sind, da die strecken dieser landstrassen, auf denen die durch te- 
remnattens bezeichnete einrichtung getroffen ist, iu entsprechender 
weise durch ant kaila und ant ponttram bezeichnet sind, so ist 
wahrscheinlich, dass die via Pompaiiana in südlicher richtung 
durch das landgebiet von Pompeji führte wie die viam ant pont- 
tram Stafianam, die strasse nach Stabiae, dass sie also ein 
zweiter cardo wer, der diesem cardo maximus parallel lief. 
Für diese wahrscheiulichkeit werden sich uvten noch weitere au- 
haltepunkte finden, Es bleibt nun von der bezeichnung des zweiten 
weges das wert kaila zu erklären. Alle etymologien desselben, 
die von den falschen lesarten "kaula oder “kalla ausgehen (verf. 
Ephem. epigr. Il, p. 167), sind selbstverständlich hinfällig. Jeden- 
falls bezeichnet kaíla Joveis Meelikiieis einen dem Jovis Meilichios 
(Garrucci, Mem. Ercol. d. arch. Append. p. 33 f.) geheiligten ge- 
genstand. Ich habe kaila in verbindung gebracht mit cailare, 
caelare und caclum bunzen, spitzmeissel, und das wort caelatum 
signum erklärt (Ephem. a. o.). Der einwand, dass „dergleichen 
bewegliche dinge keine grenzmarken bilden* (F. Büchel. a. o. 
609), wiegt nieht schwer, da gütterbilder bei altären oder gottes- 
häusera stehen bleiben, wo sie einmal stehen. Nichts desto we- 


Oskische inschriften. 123 


niger gebe ich meing erklärung von kaíla jetzt auf, hauptsüchlich 
deshalb, weil in römischen wegebauinschriften standbilder von göt- 
tern, so viel ich weiss, sonst nicht erwähnt werden, wohl aber 
mehrfach tempel derselben, so zum beispiel Or. 6616: ‘vias circa 
aedem Minervae lapide turbinato testamento sterni iussit, Or. 3310: 
viam Augustam ab via Annia extra portam ad Cereris silice ster- — 
nendam curarunt, und weil an den landstrassen vor den thoren 
Roms und anderer stüdte vielfach tempel der gôtter erbaut waren 
(Bergier, Hist. d. chem. R. I, p. 264 f. Il, 33). Ich stimme also 
den früheren erklürern der wegebauinschrift von Pompeji darin bei, 
dass katla irgend ein dem Jovis Meilichios geheiligtes gebäude 
war, also aedem, templum, fanum, delubrum oder sacellum bedeutet. 
Kaila ist kürzlich wieder für ein wort derselben wurzel wie lat. 
caulae erklärt worden mit dem sinne von zgífoAor, also von lat. 
consaeptum, locum maceria cinctum (F. Büchel. a. o. p. 610). 
Caulae, nur im plural vorkommend, bedeutet ,hürden, umfriedigung, 
vermachung, verzäunung für das vieh, namentlich für schaafe 
(Fest. p. 46 Muell, Verg. Aen, IX, 60), und wird daher von den 
glossographen neg/ßoAoı, udvdgas, Exavisc erklärt (Fest. a. o. not 
Müll) Lucilius braucht caulae in der übertragenen bedeutung 
schranken des himmels, des leibes oder des gaumens (VI, 492. Il, 
951. HI, 255. 700. 706. VI, 839. IV, 618. 658). Daher be- 
deutet cuulae auch die umfriedigung eines gotteshauses oder got- 
tesbildes (L. Corn. de XX qu. €. L Lat. I, 202, Il, 41. Murat. 
J. 191, 3. Macr. Sat. I, 9), Cau-la-e bezeichnet niemals ein 
,hohles* ding, hat daher mit cav-u-s und mit ca-e-lu-m , mit demo 
es wieder vermengt ist (F. Büchel. a. o. p. 610), nichts gemein; 
cau-la-e stammt vielmehr mit cau-tu-s, cav-e-re, cu-s-to-s, cu-ti-s, 
scu-tu-la u. a. von wz, sku- bedecken, so dass es die hürden, die 
umfriedigung als „deckendes, schirmendes, behütendes'* ding be- 
zeichnet (verf. Ausspr. I, 358: vergl. I, 370, 2 aufl). Wäre osk. 
kuila mit diesem cau-la-e von derselben wurzelform cav- ausge- 
gangen, so müsste es durch ausfall eines v aus “kav-i-la entstanden. 
sein. Da aber das oskische inlautendes o fester hält als das la- 
teinische, wie Gaaviis, suveis, suvad, Luvikis u. a. neben lat. 
Gaius, sui, sua, Lucius lehren (Bruppach. Lautl. d. osk. spr. 
76), so kann man nicht annehmen, dass in osk. kafla das inlau- 
tende v geschwunden wäre, das sich in lat. cau-la-e zu u erweicht 


124 Oskische inschriften. 


erhalten hat. Dem lateinischen cau-la-e würde ein oskisches "cav- 
lo-s entsprechen, wie den lateinischen wortformen aut, thesaurum, 
Loucina, Loucanam, Newceria u. a. die oskischen avt, thesavrom, 
Lovkl, Lovkanateis, Luvkis Jovkiloi, tovtiks, lovfreis, Novlanos, Nuv- 
-krinwm (verf. auspr. I, 315. 670. 671. 2 A. Bruppach. a. o.) 
Also osk. hefla hat so wenig gemein mit cau-la-s, als dieses mit 
ca-e-lu-m; kaíla kann auch nicht verwandt sein mit lat. ca-e-Iu-m, 
gr. xo-i-Ao-g (verf. a. o. I, 370), sowohl wegen der festigkeit 
des inlautenden v im oskischen als auch wegen der von cav-w-s 
hohl weit abliegenden bedeutung „gotteshaus“, die kaíla nach dem 
zusammenhang, in welchem es vorkommt, haben muss. Ich stelle 
daher kaí-la zusammen mit -cil-iu-m in domi-cil-iv-m eigentlich 
„haushülle‘“, daher „wohnung, wohnsitz“, cil-iu-m eigentlich „hülle“, 
dann „augenhülle, augenlid‘“, ndd. hill-e vorrathsraum von der wur- 
zel kil- „decken, hüllen“ einer nebenform von wz. kal- decken, 
bülen in gr. xaÀ-(u hütte, vorrethsraum, xad-s0-¢, xaÂ-sa-ç 
háuschen, skr. gäl-@ haus, khal-a-m scheuer (verf. ausspr. I, 460. 
461. 462 f). In osk. kafl-a ist das i cer wurzelform kil- zu af 
gesteigert (vergl. a. o. I, 374 f.). Also bedeutet kaíl-a eigentlich 
‚haus als „hüllendes“ und dann gotteshaus wie lat. aed-es : haus als 
„feuerstätte“ und dann gotteshaus, tempel (a. o. I, 374. II, 228). 

Die bezeichnung eines drittten und vierten weges 
durch das gebiet von Pompeji ist enthalten in den worten des 
letzten satzes der in rede stehenden wegebauinschrift: ekass víass 
ini via Joviia ini dekkviarim medikeis Pompaiianeis = has vias et 
viam Jovium et decumanam medicis Pompejani. Die beiden ersten 
worte ekass víuss bezeichnen die in den beiden vorhergehenden 
sätzen genannten wege, die víam ant ponttram Stafianam und die 
via Pompaiiana, von denen die erstere sicher von norden nach 
süden lief, die zweite aller wahrscheinlichkeit nach; die folgendea 
worte enthalteu also die bezeichnungen eines dritten und vierten 
weges durch das landgebiet von Pompeji (Garrucc. Mem. Ercol. 
d. arch. Vol. VII, Append. p. 49 f.). 

Der dritte weg wird genannt vía Joviia, .hat also seine 
benennung Jov-iia jedeufalls erhalten von dem gottesnamen Jovi-, 
und zwar, weil ein heiligthum dieses gottes an dieser landstrasse 
gelegen war. Ebenso sind die vias Herculis einer rümischen wege- 
bauinschrift (Grut. I., p. 150, 9) von einem Herkulestempel in 


Oskische inschriften. - 125 


ihrer unmittelbaren nähe benannt. Da sich nun ergeben hat, dass 
vor den thoren von Pompeji an der vía Pompaiiana, ein tempel . 
des Jovis Meilichios, die kaila Joveis Meelikiicis, gelegen war, so 
ist der schluss nahe- liegend, dass es eben dieser Jovis und dieses 
heiligthum desselben war, nach welchem die via Joviia benannt 
war. Dann lag also dieser tempel sowohl an der vía Joviia 
als an der via Pompaiiana. Und da es nicht glaublich ist, dass 
zwei kuuststrassen parallel durch das landgebiet von Pompeji 
liefen, die nur durch die lánge oder breite eines tempels von ein- 
ander getrennt waren, so darf man schliessen, dass die vía Jo- 
viia die vía Pompaiiana schnitt und dass der tempel des - 
Jovis Meilichios an der kreuzung dieser beiden wege 
gelegen war. Das ist um so einleuchtender, da römische got- 
teshäuser und kapellen ja so häufig an kreuzwegen lagen. Wenn 
nun die vía Pompaiiana, wie oben als wahrscheinlich hingestellt 
ist, parallel mit der viam ant ponttram Stafianam von norden 
mach süden lief, dann muss die sie schneidende via Joviia die rich- 
tung von osten nach westen gehabt haben, also im verhältniss zu 
jenem cardo maximus, der strasse nach Stabiae, ein decumanus 
des südlichen landgebietes von Pompeji gewesen sein, 
Die vierte landstrasse ist bezeichnet durch die worte: 
via — dekkviarim medikeis Pompaiianeis = viam — decumanam me- 
dicis Pompeiani. In meiner lateinischen übersetzung dieser stelle 
in der Ephemeris epigraphica steht statt medicis verdruckt medices 
(II, p. 166), und es ist jedenfalls meine schuld, dass ich diesen 
druckfehler nicht gesehen habe. Dass es aber wirklich ein sol- 
cher ist, erhell daraus, dass ich die endung -eís von medikeis 
Pompaiiuneis ja nie anders erklärt habe denn als suffixbildung des 
gen. sing. vou stàmmen auf consonanten und auf -o, dass ich als 
endungen des nom. plur. dieser stämme stets -8 und -o-s angege- 
ben habe (Ausspr. H, 1037, c. 1. 2. Gen. sing. 11, 1044, c. 2. 
nom. sing.), und -dass ein nom. plur. mit der bedeutung medices 
Pempeiani an der obigen stelle keinen vernünftigen sinn giebt 
(vergl. Jenaer littz. 1874, p. 696. Nachtr. z. art. 567). Wenn 
mir trotzdem dieser druckfehler mit einer fülle von worten als 
grammatischer fehler, als durchlöcherung der grammatik, als lapsus 
zur last gelegt wird (F. Büchel. a. o. 609), so finde ich das von 
dieser seite her vollkommen erklürlich. Dass die genitive medíkeís 


126 Oskische inschriften. 


Pompaiianeís nicht von dem folgenden worte serevhid abhängen 
können, wird weiter unten aus sprachlichen und sachlichen grün- 
den nachgewiesen werden. Wichtig für das verständniss der ganzen 
inschrift ist nun die benennung des vierten weges via dekkviarim. 
Schon B. Quaranta hat gesehen, dass in den buchstaben dekk- des 
letzteren wortes der anfang des dem lateinischen decumanam ent- 
sprechenden oskischen beiwortes vou vía enthalten sei; er ging 
nur darin fehl, dass er -viarím für ein besonderes wort ansah 
(Mem. Ercol. d. arch. vol. VII, Append. p. 88 f). Das adjectivum 
dekk-vi-arí-m ist mit dem suffix «ari gebildet von dem nominal- 
siamm dekv-ia- der dem umbrischen tekv-ia- in dem gen. sing. 
tekv-ia-s entspricht (Tab, Iguv. II, 6, 1. Aufr. u. Kirchh. Umbr, 
sprd. If, 336 f. Huschke, Osk. Sab. sprd. p. 184: verf. Ephem. 
epigr. If, p. 167). Dieser nominalstamm ist mit dem suffix -ia 
gebildet von dem stamm des zahlwortes der zehnzahl osk. debw-, 
umbr, teku-, und bedeutet so viel wie gr. dex-c-¢ „gesammtheit 
von zehn“, Das suffix -ari in dekkv-i-ari-m hat im oskisehen sein 
s erhalten wie dasselbe suffix in den lateinischen bildungen iug- 
ari-s (Grut. I, p. 35, 12. vergl. Or. H. 6137) cavi-are-s (hostiae) 
milit-ari-s, salut-ari-s u. a. (verf. krit. beite. p. 332). Da nua 
nachgewiesen ist, dass in der eintheilung und strassenführung der 
stadt Pompeji nach den grenzbestimmungeu des templum eine der 
hauptstrassen der stadt, welche dieselbe v om nolaner thor im 
osten bis zur westlichen stadtmauer durchzieht, der de- 
cumanus masimus war, fast rechtwinklig durchschnitten von der 
strada Stabiana, dem cardo maximus (Nissen , über das templum, 
p. 63 f. Fiorelli, Gli scav. d. Pomp. d. 1861. a. 1871, App. 
p. 11), so habe ich das oskische adjectivum dekkv-i-ari-m in der 
bedeutung dem lateinischen decu-m-ana-m gleichgesetzt ( Ephem. 
a. o., vergl. Nissen, das templum, p. 12). Demgemäss ist also 
die via dekkviarím eine durch das landgebiet von Pom- 
peji sich hinziehende via decumana, eine fortsetzuug 
des decumanus maximus innerhalb der stadt, die an der ost- 
seite derselben bei der Porta di Nola ansetzte und bis zur grenze 
von Nola reichte. Durch: dieses ergebniss wird die richtigkeit der 
oben ausgesprechenen ansicht bestätigt, dass. die vie Joviia ein 
zweiter decumanus war, welcher den cardo : via Pompaiiano, 
also auch den cardo maximus des südlichen landgebietes von 


Oskische inschriften. | 127 


Pompeji, die vfam ant ponttram Stafianam rechtwinklig 
schnitt. 

Von den accusativen viam dekkviarim == viam decumanam 
hängen ab die genitive sing. medikeis Pompaiianeis, welche denje- 
nigen obersten beamten von Pompeji bezeichnen, von welchem 
jener weg ursprünglich herrührte. In derselben weise sind rö- 
mische landstrassen benannt oder bezeichnet mit dem titel des 
obersten staatsbeamten, der sie angelegt hat, zum beispiel Grut. 
149, 4: Imp. Caes. divi f. Aug. — viam superiorum coss. tem- 
pore inchofatam) — Gadeis usque perduxit, und in der kaiserzeit 
sind eiae consulares , viae praetoriae solche, die von eonsuln oder 
prätoren angelegt sind, Dig. XLII, tit, 8, 2. 22: Publicas vias 
dicimus, quas Graeci Bacsexds, id est regias, nostri praetorias, 
alii consulares vias appellant; a. o. Q. 23: Privatae viae —, in 
quas exitur de via consulari (vergl. Bergier, Hist. d, chem. R. IH, 
90 f.) Die oskische bezeichnung viam dekkviarim medikeis Pom- 
paiianeís entspricht also der römischen via consularis, viam. supe- 
riorum eonsulum tempore inchoatam. Wie bei den Römern der 
neubau, die erste anlage der strassen in der regel nicht sache der 
ädilen war, sondern der consuln oder der censeren, und später der 
kaiser, wohl aber die erbaltung, der ausbau und die ausbesserung 
derselben, so lehrt die wegebauinschrift von Pompeji, dass ein 
medix der stadt eine strusse des landgebietes dersel- 
ben zuerst angelegt hat, und dass später zwei ädilen von 
Pompeji dieselbe ausgebaut und vervollkommuet oder 
bloss ausgebessert und wiederhergestellt haben. 

Die nun folgende untersuchung wird die bezeichnungen der 
ausführung und der art des wegebaus darlegen, den die 
beiden ädilen von Pompeji ausführen. 

Hier ist zunächst die bedeutung der drei verba uupsens, te- 
remnattens und prufattens genau festzustellen, welche die aufein- 
ander folgenden acte des wegebaus bezeichnen. | 

Die oskische verbalformen uwp-s-ens, odw-a-evg 3 pers 
plur. ind. perf. = lat. operati sunt, up-s-ed 3 pers. sing. ind. 
perf. = lat. operatus est, op-s-a-nna-m acc. sing. fem. gerund. = 
lat. operandam, sind von einem dengminativen oskischen verbal- 
stamm op-s-7- der conjugation auf -G gebildet, der dem lateini- 
schen op-er-ii- entspricht, ia den oskischen iuschriften „bauen, 


128  Oskische ioschriften, 


bauen lassen“ bedeutet, und von hochbauten wie von wegebauten 
gebraucht wird (Momms., Unterit. dial. p. 306, verf. z. f. vergl. 
spr. XI, 323. 329. 330. 363. XIN, 185. : Ausspr. Hf, 1080, c. 3, 
Ender, Formenl. d. osk. spr. gl. p. 54, verf. Ephem. epigr. il, 
p. 169, n. 23, p. 187, n. 78, p. 188, n. 79). Der denominative 
verbalstamm osk. op-s-a- lat. op-er-a- ist gebildet von lat. op-os, 
op-us, skr. ap-as werk, das mit up-i-sci, ap-tu-s, etrusk. ap-er-u-co 
3 pers. sing. ind. perf. „baute“ von wz. ap- fügen, verfertigeu, 
machen stammt (verf. Spr. d. Etrusk. I, 689. 690). In altlateini- 
schen inschriften bedeutet op-us vorwiegend „bauwerk“ und zwar 
des hochbaus wie des wegebaus, opus, facere: „bauen“, opus fa- 
ciundum curare: „bauen lassen“ (C. I. Lat. 1, p. 588, c. 2). Den- 
selben sion hat op-us auch bei lateinischen schriftstellern in ver- 
bindungen wie lex de opere faciundo, redimere opus, und bei 
kriegsschriftstellern wird opus häufig vom befestigungsbau gesagt. 
Also in der wegebauinschrift von Pompeji bedeutet uupsens : opus 
fecerunt und die verbindung víass uupsens : vias fecerunt. Da bei 
den Rómern der strassenbau so hervorragend ausgebildet war, so 
weisen ihre wegebauinschriften eine fille von ausdrücken auf, die 
den wegebau bezeichnen, wie: viam fecit, fece, faciundum curavit, 
fieri iussit, confici. iussit, perduxit, munivit, stravit, straverunt, re- 
stituit, refecit, refici curavit , reparavit , restaurar(i) fecit u. a. 
Im oskischen ist nur das eine verbum upsa- für den wegebau er- 
weislich, und mit diesem wird auch der ausbau oder die herstel- 
lung eines weges durch ädilen bezeichnet, den ein früherer medix 
angelegt hat, wie oben nachgewiesen ist. 

Die verbalformen ter-e-mn-a-tlens 3 pers. plur. perf. act. = 
lat. ter-min-a-verunt, ter-e-mn-a-tu-st 3 pers. sing. perf. puss, = 
lat. ter-min-ata est gehören zu dem denominativen verbalstamm der 
conjugation auf -a ter-e-mn-@-, umbr. ter-mn-@ in ter-mn-a-8 = 
lat. ter-min-a-tus (AK. Umbr. sprd. II, 390 f. 392), lat. ter-min-à-. 
Dieser ist gebildet von dem nominalstamme osk. ter-c-mno-, durch 
vokaleinschub entstanden aus ter-mno-, umbr. ter-mno- in fer-mnu, 
ter-mne-s, ter-mno-m-e (AK. Umbr. sprd. Il, 119. 252 f. 260. 264) 
lat. ter-mino- in ter-minu-s ,,grenzzeichen“. Von dem stamme osk. 
ter-e-mno- für ter-mno-, tersmeno- sind ausser dem verbalstamme 
ter-e-nn-@- noch gebildet die form des acc. plur. jer-e-mni-ss = 
at. fer-mino-s, in welcher der o-stamm  ter-e-mno- sich zum 


Oskische iuschriften. 129 


I-stamm fer-o-mai- abgeschwächt hat (vergl. verf, Ausspr. Il, 605. 1043, 
e. 2. 1044, c, 1. Schwüch. d. nomst. 2 A.), und ter-e-menn-io nom, 
acc. plur. neutr. grenzzeichen, grenzateine, lat. ferminalia (a. o. I, 
580), mit dem suffix -io weiter gebildet vom stamme fer-e-meno-, 
ter-meno-'). Allen vorstehenden italischen wortformen liegt ein 
italischer nominalstamm ter-meno- „grenzzeichen“ zu grunde mit 
dem suffix ital. -meno, -mino, -mno, gr. -wevo, skr. -mana (verf. 
a. o. I, 528. Il, 258). Ihnen zur seite steben lat. ter - men, ter- 
mon grenzzeichen gr. tég-uwy, zeg-pa grenzzeichen, ziel, ahd. 
dru-m ende, endstück, und alle diese wörter stammen mit lat, 
tra-n-s, in-ir-a-re, ex-ir-a-re, skr. tar-a-s durchdriogend, tar-as 
durchdringende kraft, tar-a-la-s sich hindurch bewegend von wz. 
tar- durchdringen überschreiten (Curt. Gr. et. n. 238. 4 aufl., verf. 
Ausspr. l, 511 f. 513 f. 2 aufl.). Also bezeichnen osk. ter-e-meno- 
ter-e-mno-, umbr. ter-mno-, lat. ter-mino- dus grenzzeichen als 
ndurchdringendes, durchschneidendes, treunendes, scheidendes“ ding. 
Der denominative und causative verbalstamm osk. ter -e-mn-d- 
umbr. fer-mn-4-, lat, fer-min-a- bedeutet somit „grenzzeichen ma- 
chen, mit greuzzeichen versehen“. Er bedeutet niemals messen, 
vermessen, abmessen oder bauen, und dadurch, dass man dem oski- 
schen verbum ter-e-mn-ü-um die bedeutung mesare oder viam fa- 
cere untergeschoben hat, ist in die erklürung der wegebauinschrift 
von Pompeji lauter verwirrung bineingebracht worden. Auf den 
wegebau augewandt bedeutet lat. terminare die greuzzeichen des 
lingenmaasses, der maasseinheit hinstellen, mit welchem der weg 
gemessen ist, mögen das nun pfähle, säulen, cippen oder sonstige 
steine sein. Daher steht terminar(unt) auf altrömischen cippen 
eder meilensteinen geschrieben (C. 1. Lat. 1, 609. 613. vergl. a. o. 
608. 610), und die verbalformen terminavit , terminaverunt fiaden 
sich in römischen wegebauinschriften häufig neben dem nomen 
cippo, wie noch weiter unten zur sprache kommen wird, Für 
terminavit, terminaverunt finden sich in denselben auch die aus- 
drücke ierminos statui iqueit, iussit. (Willm. Exempl. I. Lat. I, 
865. 866) und serminos exaltaverunt (a. o. I, 850). Allerdings 
wird bei den römischen wegebauten auch die breite des weges 


1) Unrichtig habe ich früher von. ter-e-mni-ss und (er-e-menn-to 
von einem consonantischen stamme ter-e-men- abgeleitet (Ausspr. 1, 
573. 574. 2 A.) 


Philologus. XXXV. bd. 1. 9 


130 Oskische inschriften. 


nach fussen bestimmt (Grut. 1, p. 201, 1. Dig. XLIII, tit. 8, 
$. 21); aber grenzsteine oder sonstige greuzzeichen dieses breiten- 
maasses werden natürlich nicht gesetzt. Aus dem gesagten ergiebt 
sich, dass in der oskischen wegebauinschrift viam teremnattens 
elenso wie lat. viam terminaverunt bedeutet: sie baben den weg 
mit grenzzeichen des lüngenmaasses versehen, und vis teremna- 
just wie lat. via terminata est: der weg ist mit grenzzeichen des 
lingenmaasses versehen, so dass sich dieselben an der alten strasse 
durch das landgebiet von Pompeji ebenso hinzogen wie später die 
milliaria an den römischen landstrasseu, 

Die verbalform pruf-a-ttens 3 pers. plur. ind. perf. == lat, 
prob-a-verunt steht in der pompejanischen wegebauinschrift nach 
wwpsens wie in underen oskischen bauinschriften prof-«-tted 3 pers. 
sing. ind. perf. == lat. prob-d-vit nach opsannam deded = lat 
operandam dedit. (Momus. Unterit. dial. p. 183. 180. 184, verf. 
Ephem, epigr. M, p. 188, n. 79) und nach aamanaffed baute, liess 
bauen (Momms. a. o. p. 181, verf. Ztsch. f. vergl. spr. XI, 334 f. 
Ephem. epigr. a. o. u. 76). Diese perfectformen geküren zu dem 
denominativen und causalen verbalstamm der conjugation auf -a 
osk. prof-a-, lat. prob-a, der gebildet ist von dem nomimalstamme 
osk. profo-, lat. probo- „gut“, der also „gut heissen“ bedentet. 
Der sian der worte aídilis — viass — wupsens, iussu aídilis prufattens 
ist also: die ädilen haben die wege ausbauen oder herstellen las- 
sen, und dieselben ädilen haben den bau gut geleissen und dem 
wegebaumeister abgensmmen und bezalılt. 

Die ausführung uud art des pompejanisehen we- 
gebaus bezeichnen ausser den besprochenen verbalformen noch 
die nominalformen imaden, serevkid und das zweimal verachiedea 
abgekürzt geschriebene wort perek. per. Das zusammengesetzte 
ertsadverbium imad-en besteht aus dem abl. sing. fem. imad = 
lat. ima und dem enklitisch angefügten locativ -e-x vom pronomi- 
nalstamm i-, der dem lateinischen -i-n in pro-i-n, de-i-n gleich ge- 
bildet ist, so dass imad-en bedeutet inde ab ima parte (verf. Ztsch. f. 
vergl. spr. V, 126. "Ausspr. M, 914. 915.  Ender. Formeal. d. 
esk. spr. Gl. p. 34), Diesem oskischen imad-en entspricht in wort 
und sinn lat. ab imo in einer römischen wegebauinschrift, Willm. 
Ex. |. Lat. I, n. 790: Clivom stravi lapide ab imo —, iterum 
eundem ab imo levavi, der sache nach in wegebauinschriften auch 


Oskische inschriften. 131 


. 6 fundamento (Grut. J. p. 590, 9. Berger, Hist. d. chem. R. I, 
p. 166) a fundamentis (1. R. Neap. 3643 == Or. 3213) ab fun- 
damentis (Or. 6591). 

Ueber das wort serevkid ist neuerdings gesagt worden, es 
sei abl. sing. von einem stamme serevku-, sei verwandt mit servare 
de caelo und ob-servare, und bedeute „hut und aufsicht; von die- 
sem serevkid hänge der vorhergehende genitiv medíkeís ab, und 
diese beiden wörter zusammen hätten den sinn: ex auctoritate me- 
dicis (F. Büchel. a. o. p. 609).  Ser-v-a-re in der verbindung 
ser-v-a-re de caelo und in dem compositum ob-ser-v-a-re ist ein de- 
nominatives verbum von dem adjectivstamme ser-vo-, ursprünglich 
sar-vu - fest, gauz, heil, von dem sogleich weiter die rede sein 
wird, und dieses ser-v-a-re (de caelo) bedeutet eigentlich ,,geistig 
feststellen, durch beobachtung feststellen *, daher „beobachten“. 
Gesetzt nun serevkid wäre von der grundbedeutung „feststellung 
durch beobachtung, beobachtung xu dem sinne Aufsicht, hut“, in- 
spectio, custodia gelangt, dann würde aus der angeblichen verbin- 
dung medikeis serevkid folgen, dass der oberste beamte von Pom- 
peji, der medix als aufseher und hüter bei den wegebauten amtlich 
thätig gewesen wire, welche die beiden niederen beamten der stadt, 
die ádilen unternommen und gut gebeissen haben: da das niemand 
glauben kann, so wird dem serevkid, das doch „aufsicht, hut“ be- 
deuten sollte, kurz hinterher der sinn ex auctoritate „infolge der 
urheberschaft, auf veranlassung, auf anordnung“ beigelegt, der völ- 
lig verschieden ist von ,,aufsicht, but‘, und vollends mit servare de 
caclo und observare nicht die geringste begriffsverwandtschaft hat. 
Und gesetzt, man könnte trotz alle dem «5 für möglich halten, 
medikeis Pompaiianeis serevkid bedeute ex auctoritate medicis Pom- 
peiani, dann müsste doch nothwendig der name dieses medix, 
des urhebers und anordners des wegebaus, der hauptperson bei der _ 
sache, genannt sein. Wo in lateinischen wegebauinschriften 
durch ex‘ auchöritate oder iussu die urheberschaft oder anordnung 
eines wegebaus durch den höchsten staatsbeamten bezeichnet wird, 
da ist immer der name des urhebers oder anordners dieses 
baus genanut, so zum beispiel, Willm. Ex. I. Lat. I, 849: Ex 
auctoritate imp(eratoris) Caesaris divi Troiani Parthici fili) divi 
Nervae nepotis Traiani Hadriani Aug(usti) — L. Mestius Rusti- 
cus r(ecta) r(egiono) restituit cet. Or. H. 6618: [A]ano viam de- 


9* 


132 Oskische inschriften. 


ream — restiiwit iussu Ti. Claudi Caesaris Aug(usti) Germ(a- 
nici) imperatoris L. Rufellius Severus primipilaris (vergl. Grut. 
I. p. 197, 4. p. 198, 3. 4. p. 199, 1). 

Also aus sacblichen und sprachlichen gründen kann medikeis 
serevkid nicht bedeuten ex auctorilate mediois eder medicis iusen. 
Oben ist nachgewiesen, dass die worte via — medékeis Pompaiia- 
neis zusammengebóren und eine bezeichnung der landstrasse sind 
wie lat. viam superiorum consulum tempore incho(atam) und vis 
consuluris, Die ablativische oskische wortform ser-e-v-ki-d kann 
sich also nur auf die art des wegebaus beziehen. Daher haben 
ältere erklärer in derselben die bedeutung silice finden wollen, das 
in lateinischen wegebauinschriften mehrfach vorkommt in verbis 
dungen wie Or. H. 6617: viam silice sternendam, a. o. 6615: 
viam lupid(e) siliee) — stern/endam) curfaverunt) idemq(ue) pre- 
baverunt) (vergl. Or. H. 6616. Grut. I. p. 150, 5. Bergier, 
Hist. d. chem. R. l, p. 64). Aber mit silice lässt sich osk. ser-6-v- 
ki-d um so weniger etymolagisch susammenbringen, als dem le 
teinischen worte das gleich gebildete etruskische sil-c == sil-i-o-om 
zur seite steht (verf. Spr. d. Etrusk. I, 472. 681. 682). Ich be- 
gründe nun eingehender die etymologie von osk. ser-e-v-ki-d, die 
ich bereits vorläufig ausgesprochen habe (Ephem. epigr. Il, p. 167). 
Das wort ist mit lat. ser-v-o-re „festhalten, erhalten, bewahren" 
und mit ser-v-a-re „durch beobachtung feststellen“ in der verbir- 
dung ser-v-a-re de caelo und in dem compositum ob-ser-v-a-re aus- 
gegangen von dem nominalstamme ser-vo- ,fest, ganz, beil“, der 
enthalten ist in ser-vu-s knecht als „unversehrt“ erhaltener. kriegs- 
gefangener und in den namen lat. Ser-y-iw-s, etrusk. Ser-v-e, Ser-v-i 
heben etrusk. Sar-v-e-na-s, skr. sar-va-s vollständig, ganz (verf. 
Spr. d. Etrusk. 11, 112. 121), skr. sär-a-s kraft, stärke, tauglich- 
keit von wz. sar- fest, stark, unversehrt sein (verf. ausspr. I, 485 f.). 
Vom stamme ser-vo- ist im oskischen mit dem suffix -ko weiter 
gebildet der adjectivstamm ser-vi-ko- wie von touta- der adjectivstamm 
tou-ti-ko- in tou-ti-com, tov-ti-k-s (a. o. Il, 1086, c. 3. 2 aufl). Aus 
ser-vi-ko- wurde durch ausfall des i ser-v-ko- wie aus *Jooi-k-iio-(: 
Jov-k-iio-i (Bruppach. Lautl d. osk. spr. p. 51) und aus ser-v-ke- 
durch vokaleinschub ser-e-v-ko- wie aus lat. Hel-v-iu-s, osk. Helle 
v-i-s (verf. a. o. II, 388). Vom stamme ser-e-v-ko- ist das ab- 
lativische oskische adverbium ser-e-v-ki-d „feat“ ebenso gebildet wie 


Oskische inschriften. | 188 


vom stamme am-prufo- das ablativische adverbium am-pruß-d = 
lat. im-prebe, und wie im lateinischen vom stamme facilumo-: fa- 
cilumed (a. o. II, 469). Demnach haben die oskischen worte: 
viass — serevkid imaden wupsens genau den sinu: vias — solide ab 
imo operati sunt. Wie in der oskischen wegebauiaschrift serevkid 
die festigkeit des wegebaus hervorhebt, so in den entsprechenden 
römischen urkunden der ablativ silice oder der ausdruck viam mu- 
sire (C. I. Lot. HW, 3270. Willm, Ex. I. Lat. I, 799. Ephem. 
epigr. Il, 199, 7. 200, 7). Nach den angestellten untersuchungen 
rômischer laudstrassen wurde die festigkeit derselben 
ersielt durch lagen von grisseren steinen und fest gestampfte 
schichten von kleinen steiuen, sand uad gerülle in verschiedener 
zahl und reibenfelge über einander (Bergier, Hist. d. chem. R, I, 
p. 174 f. ll, p. 17 f. E. Paullus, Die Rómerstrassen mit besond. 
rücks. auf d. rim. zehentlaud, p. 18. J. Schlett , Ueber Rümer- 
strassen mit bes. rücksicht auf d. lsarkreis, p. 28 f. Overb. 
Pomp. I, 15. 2 A). Da der censor Appius Claudius im jahre 
912 v. Chr. eine derartige feste landstrasse von Rom nach 
Capua buute, so ist begreiflich, dass um dieselbe zeit, wie sich 
unten ergeben wird, als Campanien schon unter rümiseher ober- 
hoheit stand, zwei ädilen von Pompeji ähnliche chaus- 
sierte, feste landstrassen in dem landgebiete von Pom- - 
peji herstellten. Dass diese oben mit steinplatten belegt gewesen 
sein müssten, folgt aus den ausdrücken serevkid imaden nach der - 
ebigen erklürung nicbt. | 

Es bleiben. nun noch die abgekürzten schreibweisen porek. III 
nach teremnaiteus und per. X nach teremuatust zu erklären. Dass 
diese nicht eine bestimmung der breite des weges nach fussen oder- 
schritten enthalten künnen, hat sich aus der bedeutuug des verbums 
teremna- „grenzzeichen des wegemaasses setzen“ ergeben. Es fragt 
sich also ob perek. per. hier ein lingenmaass des weges bedeuten, 
des durch grenzpfähle oder grenzsteine bezeichnet ist wie lat. 
pedes, millia pedwm, passus, millia passuum oder ein gränzzeichen 
des längenmausses. Duss perek. nicht pedes oder passus bedeutet, 
ergiebt sich schon aus der daneben stehendenden siffer Ill, denn 
die adilen können doch nicht sagen, dasa sie bloss drei fuss oder 
drei schritt längs des weges grenzzeichen geseizt haben, oder 
alle drei fuss oder schritt ein solches. Perek. kann auch ety- 


134 | -Oskische inschriften. 


mologisch mit lat. ped-es nichts gemein haben; demn die pom- 
pejauische grafütiuschrift: pd. M. M. — lat. pedes M. M. (verf. 
Ephem. epigr. II, p. 177, n. 46) lehrt, dass dem lat. ped-es 
gr. mód-:c im öskischen ein wort mit dem stamme ped-, pod- ent- 
sprach, und oskisches d wird nicht zu r (Bruppach. Lautl. d. osk. 
spr. I, 63). Es ist aber doch sehr wabrscheinlich, dass die Cam- 
paner und Samniten die lünge des weges mit dem natürlichen 
maas von fuss und schritt manssen, wie die Latiner, und somit 
 wnwahrsebeinlich dass perek. per. ein anderes lüngenmaos des we- 
ges bedeute. Bei der vorliegenden frage ist nun aber besonders 
zu beachten, dass perek. III und per. X nicht bei demjenr — 
gen verbum der inschrift stehen, welches bedeutet 
„den weg bauen“, bei wupsens, sondern bei den verbal- 
formen feremnattens, toremnatust mit dem sinn ,grünzszel . 
chen des langenmaasses des weges setzen“. In latei- 
nischen wegebauinschriften fioden sich bezeichnungen des lüngea- 
maasses der wege wie millia passuum, . millia. passus, pedwm millia, 
pedes häufig neben den verben fecit, refecit, munit, sternendam cu- 
 ravit, sternendam curoverunt, siravi u. a. (Or. 3312. 3324. C. 
I. Lat. 11, 3201. Willm. Ex. I. Lat. I, 799. 821. 790 u. a). — 
Aber neben terminare 'egrünzzeichen des wegemaasses setzen“ fin- 
‘den sich jene bezeichnungen nicht, ausser wenn zugleich cippo 
dabei steht, so weit ich babe nachkommen können. Auch Heusen, 
den ich in der sache um eine auskunft ersuchte, schreibt mir, dass 
ibm „keine lüngenbestimmung bei erwähnung der termination erin- 
nerlich sei“. Es ist also unglaublich, dass in der oskischen wege- 
bauinschrift von Pompeji umgekehit bei teremnattens, teremnatust 
die lángenbestimmung durch perek. per. angegeben würe, hingegen 
bei uupsens, sie bauten den weg, nicht. In lateinischen wege- 
bauinschriften erscheint neben terminavit, terminaverunt häufig der 
‚ablativ cippo (Gud. I. p. 73, 5. Grut. p. 196, 3 = Willm. Ex. 
I. Lat. I, 847. Grut, I. p. 197, 4. p. 198, 34. p. 199, 1. Qua- 
ranta, Mem. Ercol. d. arch. vol. VII App. p. 68. 69, vgl. Willm. 
a. o. I, 848. 849. 850), und termin(arunt) findet sich auf altrö- 
mischen cippen geschrieben. Daraus muss man schliessen, dass in 
der oskischen wegebauinschrift via — teremnattens perek. III be- 
deute: ciam terminaverunt cippis ribus und viu teremnatust per. 
— X: via terminata est cippis decem, dass also perek, per. ahge- 


Oskische inschriften. 135 


kürzte schreibweisen für das wort sind, das im oskischen cippus 
bedeutet. Das lässt sich auch etymologisch begründen, wie ich 
das bereits angedeutet habe (Ephem. epigr. p. 167). Ich stelle 
per-e-k. zusammen mit umbr. per-ca stab (AK. Umbr: sprd. il, 107. 
247. 413. Aufr. Ztscl. f. vergl. spr. II, 57) lat. per-ti-ca stange, 
stab, maasstab, gr. meg-ovn spitze, nadel, stachel, zz:Q-a spitze, 
ntQ-d-o durchdringe, durchbohre, durchstosse, z&(Q-«w durchdringe, 
durchbohre, durchstosse von wz. par- durchdringen, hindurchbrin- 
gen, hinüberschaffen (Curt. Gr. et. n. 356. 357. 4 aufl.). Alle diese 
umbrischen, lateinischen und griechischen wörter bezeichnen dinge, 
die am oberen ende sich zuspitzen oder sich verjüogen, und sind 
von ihrer befähigung zu „durchbohren“ benannt. Auch grenzpfähle, 
grenzsteine, meilensteine und cippen laufen in der regel spitz zu 
eder verjüngen sich nach oben wie stangen und stübe, Also 
konnte im oskischen ein nominalstamm per-ku- einen grenzpfahl, 
grenzstein oder meilenstein bezeichnen wie umbr. per-ca einen stub 
lat. per-ti-ca einen stab, eine stange. Aus per-ka- konnte im os- 
kischen durch vokaleinschub per-e-ka- werden wie aus *ter-menn-iu: 
ter-e-menn-iu, aus “Hel-v-ii-s : Hell-e-v-ii-s aus *ser-v-ki-d : ser-c- 
v-ki-d. Per-e-k. III neben teremnattens und per. X neben teremna- 
iust müssen instrumentale ablative plur. gewesen sein, sind also 
zu ergänzen zu per-0-k(ais) III, per(ekaís) X mit der endung des 
abl. plur. der femininen stimme auf -Z wie exuis-cen (verf. Aus- 
spr. 1, 695. 2 A. Ender. Formenl d. osk. spr. p. 60). Ich 
glaube somit durch sachliche und sprachliche gründe erwiesen zu 
haben, dass die abgekürzten schreibweisen per-e-k., per. 
die bedeutung cippis habea. 

Ich fasse nun schliesslich die ergebnisse der verste- 
heuden untersuchurg über die oskische wegebau- 
iaschrift zusammen. | | 

Nach den neueren untersuchungen über die eintheilung. und 
strassenführung von Pompeji nach den grenzbestimmungen des ita- 
lischen templum war die stadt in vier regionen von unglei- 
cher grüsse getheilt durch einen won osten nach westen 
gezogenen decumanus maximus und einen denselben schneidenden 
von norden nach süden laufenden cardo maximus, und durch die 
fortsetzung dieser linien über die ringmauern der stadt 


136 Oskische inschriften. 


hinaus wer das umliegende landgebiet von Pompeji in 
vier entsprechende bezirke getheilt. 

Der decumanus maximus der stadt war die vom nolaner 
thor im osten bis zur stadtgrenze im westen laufende strasse, 
jetzt Strada Nolana, della Fortuna und delle Terme genannt. 

Der cardo maximus war die von der Porta del Vesuvio im 
norden bis zur Porta di Stabia im süden die stadt in ihrer 
ganzen breite durchschneidende Strada Stabiana. 

Durch die diesen strassenlinien parallel gezogenen decumani 
und cardines war die stadt Pompeji in zahlreiche viertel getheilt 
(Nissen, Das templum p. 63. 64 f. Fiorelli, Gli scavi di Pomp 
d. 1861 a. 1872. App. p. 10). 

Dem decumanus maximus innerhalb der stadt, der 
Strada Nolana u. a. entspricht im landgebiete derselben 
die vía dekkviarim genannte landstrasse, die fertsetzung 
jenes decumanus über das östliche und das westliche thor der 
stadt hinaus, nach osten zu die landstrasse von Pompeji bis zum 
gebiet von Nola. 

. Dem cardo maximus innerhalb der stadt, der Strada 
Stabiana entspricht im landgebiete von Pompeji die 
durch viam ant ponttram Stafianam bezeichnete land. 
strasse, die von der Porta di Stabia über die brücke des Sarnus 
nach süden lief bis zum gebiet ven Stabiae. Daraus folgt mit 
wahrscheinlichkeit: 

ein zweiter decumanus des landgebietes von Pom- 
peji war die via Joviia; 

eiu zweiter cardo desselben war die via Pompaiiana; 

am schneidepunkte beider strassenlinien lag die 
kaíla Joveís Meelikiieis, der tempel des Jovis Meilichios ; 

der durch die erklürte wegebauinschrift be- 
zeugte bau der beiden ädilen von Pompeji M. Siuttiis 
und N. Pontiis ist ein ausbau, eine verbesserung oder 
eine wiederherstellung der vier genannten strassen 
im landgebiet der stadt, Bei diesem erhalten die beiden 
decumani desselben, die via dekkviarim, die ein früherer medix an- 
gelegt hatte, und die vía Joviia ein festes fundament von untea 
auf; die beiden cardines des landgebietes, die vía ant ponttram 
Stafianam und die via Pompaiiana werden mit grenssteinen 


/ Oskische inschriften, = 137 


des wegemaasses versehen, die den römischen cippi oder mil- 
liaria entsprechen. 

Die zeit der abfassung der wegebauinschrift von 
Pompeji lässt sich wenigstens annüherungsweise bestimmen. 
Die übereus regelmässigen gradlinigen und reelitwinkligen buch- 
stabenformen derselben stammen entschieden aus einer jüngeren 
zeit, als die spitzwinkligen und stumpfwinkligen, unregelmüssigen 
buchstsben der weileinschrift von Agnone, jetzt im britischen mu- 
seum, von der ich A. Murray in London eine vortreffliche photo- 
graphie verdanke. Da uun diese nicht vor der mitte des vierten 
jahrhunderts angefertigt ist (verf. Ausspr. Il, 110. 2 A), so ist 
die wegebauinschrift jedenfalls nach dieser zeit geschrieben. Das 
lehrt auch das fehlen des auslautenden m der formen des acc. 
sing. via Pompaiiana, kafla, Joviia, das sich sonst, abgesehen von 
den lukanischen und mamertinischen inschriften mit griechischer 
schrift, uur in den spätesten inschriften mit einheimisch oskischer 
sehrift findet (verf. Ephem. epigr. Il, p. 155), die nicht lange vor 
dem verschwinden der oskischen sprache aus dem amtlichen und 
geschäftlichen verkehr Campaniens um 180 v. Chr. (Mommsen Unt. 
dial. p. 107), ja vielleicht zum theil noch spáter abgefasst sind. 
Die beamtentitel medíkeís und aídilis der wegebarinschrift und die 
oskische sprache derselben in einer amtlichen urkunde lehren, dass 
dieselbe vor dieser zeit abgefosst ist. Also ist sie etwa zwi- 
schen 300 und 180 v. Chr. aiedergeschrieben. Da 
zu dieser zeit bereits die im jahre 312 v. Chr. augelegte via 
Appia von Rom nach Capua bestand, so ist erklärlich dass in — 
derselben ádilen von Pompeji landstrassen des landge- 
bietes der stadt. chaussierten und mit meilensteinen 
versahen. 


2. Weiheinschrift von Capua. 


Nicht lange vor dem 1. october 1873 wurde auf dem gebiet 
der alten stadt Capua ein ziegel von der form einer stele 
gefunden, auf der einen seite mit dem relief eines ebers, auf der 
anderen mit drei rosetten versehen, und auf beiden seiten mit 
einer weiheinschrift gleichen inhalts beschrieben, jetzt im 
museum zu Capua. Diese inschrift ist zuerst herausgegeben und 


138 Oskische inschriften. 


erklärt von G. Minervini (Bullet. della Commission. conservatr. di 
Terra di Lavoro. Tornat. del 1 Ottob. 1873, p. 99. 100) und 
darauf von mir (Ephem. epigr. II, 162, n. 13). Seitdem verdanke 
ich G. de Petra zu Neapel papierabdrücke von den beiden iu- 
schriften, welche einige berichtigungen der bisher bekannt gewor- 
denen texte ergeben. Nach denselben lauten die beiden weibein- 
schriften mit einer ergánzung: 

a. auf der seite mit dem relief des ebers in zwei reihen vou 
aben nach unten geschrieben: 


ekas . iüvilas . ifvei . flagiuí stahint 
minnieis . kafsillieis . minateis . ner(nm) 


b. auf der seite mit den rosetten in drei reihen von oben 
mach unten geschrieben 


minieis . kaisillieis . minateis . ner(um) 
ekas . iuvilas . iüvef . flagiui 
stahint. 


In der ersten inschrift ist minnieis unzweifelhaft, in der 
zweiten minieís durch zwei papierabdrücke gesichert. Das wort 
nach ekas das Miuervini an beiden stellen iuvilas ; abdrücke von 
Janelli sollen angeblich beidemal itvilas ergeben (F. Büchel. a. o. 
609). Aber die beiden mir vorliegenden abdrücke der zweiten iu- 
schrift lassen keine spur cines diakritischen punktes in dem buch- 
staben v von iuvilas wahrnehmen, und G. de Petra schreibt mir, 
dass von einem solchen auch in dem original nichts zu sehen ist; 
hingegen in der ersten inschrift ist invilas sowohl durch den pa- 
pierabdruck als durch die ausdrückliche aussage von G. de Petra 
bezeugt, Die buchstaben der ersten der beiden inschriften sind 
kleiner, von gedrungener form mit dicken schenkeln von ungleich- 
urtiger stärke, wie sie pinselinschriften aufweisen: die buchstaben 
der zweiten sind grösser wit gleichmüssigeren schenkeln, und die 
formen des a, h und t sind im ganzen mehr rechtwinklig als. in 
der ersten. Das spricht dafür, dass die erste inschrift bei dem re- 
lief des ebers etwas älter ist als die andere. 


Die weiheinschriften auf den beiden seiten des ziegels ent- 
halten dieselben worte, aber in verschiedener reihenfolge, in der- 
selben weise wie die weiheinschriften auf den beiden seiten eines 
anderen ziegels von Capua, der auf der einen seite mit einem eber 


Oskische inschriften. 139 


auf der anderen mit einem frauenkopf verziert ist (Ephem. epigr. 
M, p. 160, n. 10). Die lateinische übersetzung der ersten der 
beiden obigen inschriften lautet nach meiner erklärung: 

Hae iuvantes res (yagsonjosa) Jovi Fulguratori - 

stent (sacrae) Minii, Caesellii, Minatis nobilium. 

G. Minervini hat den oskischen beinamen des Jovei.: Flag-iu-1 
richtig verglichen mit lat. flag-r-a-re, fulg-ur, gr. qléy-w, so dasa - 
derselbe eigentlich den ,brennenden* bedeutet, also der sache nach 
Fulg-ur-a-tor-i. -Derselbe hat ferner in der inechrift die familien- 
namen von drei dedicanten erkannt, a. o. p. 101: ravvisiamo nel 
ner una complessiva determinazione della mobile condizione delle 
Famiglie in esse commemorate de’ Minii, de’. Cesellii, de’ Minazii, 
und ich habe dem italienischen gelehrten darin beigestimmt, dass 
hier nur. die familiennamen der drei dedicanten genannt seien. 
Dieser sachverhalt ist seitdem dabin entstellt worden, ich hätte 
„aus dem einen dedicanten drei gemacht“ als ob ich „aus der rei 
epigraphicae disciplina gelernt, dass bei den Samniten mode (!) ge- 
wesen sich einfach Hinz und Kunz (!) zu nennen“ (F. Büchel. Jen. 
littz. 1874, p. 609). Also weil ich zugestimmt habe, dass in der 
vorstehenden weiheinschrift nur die familieanamen von drei. 
vornehmen Capuaneru genannt seien, deshalb soll ich mir cinbilden, - 
die Samniten hätten sich bloss mit rufnamen henannt. Indem ich 
die ausdrucksweisen, in welchen dieser fehlschluss vorgetragen wird, 
auf sich beruhen lasse, werde ich zuerst beweisen, dass Miterviai 
vollkommen recht hatte, in der weiheinschrift von Capua die fa- 
miliennamen von drei dedicanten zu sehen, daun, dass 
vielfach in oskischen, lateinischen und etruskischen 
inschriften der geschlechtsname oder familienname 
allein geschrieben steht, nachdem vornamen und bezeichnun- 
gen der abstammung neben den familiennamen Hngst sitte ge 
worden waren. 

Der genannte gelehrte behauptet also, Miniets ( Minnieis), Cai- 
sillieis, Minateis seien drei namen eines dedicanten, muss also Minieis 
(Minnieis) für einen vornamen Minateís für einen zunamen ansehen. 
Minius kommt bei lateinischen schriftstellern als vorname vor (Cat. R. 
R. 161. Liv. XX XIX, 13. 17. Vergl. Momms. Unterit. dial. p. 270. 
G. de Petra, Giorn. de scav. d. Pomp. n. s. I, p. 239. Verf. Ztsch. 
f. vergl. spr. XX, 104). Deshalb habe ich die sigle Min. auf 


140 ' Oskische inschriften. 


einer bronzeplatte der Basilicata mit lateinischer schrift und -oski- 
scher form des familiennamens Soies als vorname des vaters im 
genitiv Minis erklärt (Ephem. epigr. Il, p. 198, n. 90). Will 
man aber für die namensformen Minieís und Minnieis in den vor- 
stehenden inschriften von Capua eine zuverlässige erklärung geben, 
so verlangt die methode besonnener forschung, dass man in erwi- 
gung zieht, welche bedeutung dieser name sonst ia inschriften 
oskischer sprache mit einheimischer schrift bat, namentlich in sel- 
chen von Capua. Nun aber finden sich im den grabschriften eines 
samnitischen erbbegrübnisses von Capua die formen des familien- 
namens oder geschlechtsnamens Minies nom, sing. masc. und Mit 
nieis gen. sing. masc. (verf. Ztschr. f. vergl. spr. XX, 101 f. 104 f. 
Ephem. epigr. ll, 159, n. 2. 5). Daraus folgt, dass auch in des 
weiheinschriften von Capua Minieis, Minnieis dieselben familien- 
namen sind wie jene des capuanischen erbbegrübnisses, Dazu 
kommt, dass Minius in lateinischen inschriften ein häufiger fami- 
Henname ist (C. J. Lat. 1, p. 586, c. 2. Hl, p. 727, c. t. I, 
p. 1080, c. 3. Willm, Ex. I. Lat. II, p. 943), auch auf ehemals 
oskischem sprachgebiet (Momms. 1. R. Neap. ind. nom.), und dass 
derselbe familienname auch bei den Etruskern beimisch ist, zum 
beispiel in Minias’ gen, sing. fem. (verf. Spr. d. Etrusk. 1, 218. 
H, 92). 

Min-ater-s habe ich für den gen. siog. eines familiennamens 
mit dem suffix -ati erklärt wegen der oskischen formen des gem. 
“og. Lovkam-atet-s, Herent-atei-s und wegen der bei den Römern 
und Ktruskern gebräuchlichen familiennamen mit dem suffix -ati 
(Ephem. epigr. H, p. 162). Diesem oskischen familiennamen Min- 
atets entspricht genau der etruskische Min-ote nom. sing. masc., 
Min-ate-s gen. sing. masc. Min-ati nom. sing. fem. (verf. Spr. d. 
Etrusk. I, 295. II, 92). Von dem stamme Min-uti- des oskischen 
und etruskischen familiennamens ist mit dem suffix -io weiter ge- 
bildet der lateinische Min-at-iu-s (C. 1. Lat. 1, y. 586, c. 2. Il, 
p. 727, c. 1), auch auf ehemals oskischem sprachgebiet (Momms. 
I. R. Neap. ind. nom.). Minatius kommt als vorname vor (Fa- 
brett, C. 1. Ital. Gloss. p. 1175). Ob die sigle Min. des 
vornamen Minatius oder Miniue bedeutet, lüsst sich nicht in jedem 
falle mit sicherheit entscheiden. Aber weder in lateinischea in- 
schriften erscheint Minatius jemals als 2uname, noch in etruski- 


Oskische inschriften. 141 


schen Minate. Daraus folgt, dass auch osk. Minatete kein zu- 
neme ist, sondern ein familienname wie etrusk. Minate, Mi. 
nates, Minate, lat. Minatius. 

Ich habe die abgekürzte schreibweise ner. der weihein- 
schriften von Capua ergänzt zu dem auf der tafel von Bantia 
vorkommenden gen. plur. masc, ner-um mit der bedeutung fortium, 
nobilium, principum (Ephem. epigr. a. 0.), dem grundsatz gemäss, 
dass man abgekürzt geschriebene wörter einer zu erklärenden in- 
schrift nach wirklich vorhandenen wörtern in inschriften derselben 
sprache erklären muss. Dem oskischen gen. plur. masc. ner-um 
stehen zur seite die umbrischen pluralformen des wortes ner-f acc. plur. 
masc, wer-us dat. plur. masc. generis. Singularformen dieses wortes 
sind weder im oskischen noch im umbrischen noch in einer ande- 
ren italischen sprache erweislich. Also fehlt jede berechtigung, ia 
dea vorstehenden weiheinsehriften eine form des gen. sing. vom 
stamme ner- zu ergünzen, die nirgends vorkommt. 

Schon aus dem gesagten erhellt, dass die worte Minie(s ( Min- 
nisis).  Kaieillieís, Minateis ner(um) bedeuten Mini, Cassel, 
Minatis nobilium. 

Dieses ergebniss werde ich nun weiter sicher stellen durch 
den beweis, dass die oskisch redenden stämme, die 
Etrusker und die Römer in inschriften die personen 
häufig der kürze halber bloss mit dem familicanamen 
eder geschlechtsnamen bezeichnen, ohne jeden anderen 
zusaiz. — 

Der familienname allein steht im nom. siug. in 
eskischen inschriften verschiedener art; so Maakdiis auf 
einer münze von Aurunca (verf. Ephem. epigr. IL p. 184, n. 72), 
Sabinis = lat. Sabinius auf der wand eines hauses von Pompeji 
(a. o. n. 39), Upile = Opilius auf der einen seite eines thonge- 
füsses von Cumae, und Ufis = Ofius auf der anderen seite des- 
selben (a. o. n. 18), wo nichts berechtigt die beiden namen zu der 
benennung einer person -zu verbinden, Vilineis auf einem ziegel 
von Pompeji (a. o. n. 48), Z7egx:vos auf einem ziegel von Mon- 
teleone (Momms. Unterit. dial. p. 192, XXXVIII. p. 285 f.). Der 
familienuame allein steht im gen. sing. in csgevece auf einem 
grabstein von Sorrente (a. o. p. 190. XXIV) Korzesmg auf einem 
ziegel von Monteleoné (a. o. p. 192. XXXVIII, p. 272). Ebenso 


142 Oskische inschriften. 


steht der familienname allein von dedicanten auf ziegeln von Ce 
pus und Cumae, welche reliefs derselben art, ja zum theil ganz 
dasselbe bildwerk aufweisen wie der in rede stehende ziegel von 
Capua mit dem eber, deu rosetten und den beiden weiheinschriften 
der drei vornehmen Capuaner; so der gen. plur. allein: Kluvo- 
fiium == Clovatiorum auf einem ziegel in form einer stele von 
Capua (verf. Ephem. epigr. IL p. 163, n. 14), Upsim == Opsio- 
rum auf einem ziegel von Cumae mit relief der gôttin der nacht 
(a. o. n. 19), und der nom. sing. Kluvo[tis| oder der gen. sing. 
Kluva[tets] auf einem ziegel vor Capua mit reliefs eines ebers und 
. eines frauenkopfes und zwei weiheinschriften für die góttin diuvia 
(a. o. n, 10). Genau so sind also die drei dedicanten Minies 
(Minnieis), Kaisillieis, Minateís auf dem ziegel von Capua mit 
dem relief des ebers und den beiden weibeinsehriften für den Jo- 
vet Flagiui bloss mit ihrem familienuamen bezeichnet. 

In etruskischen inschriften sind dedicanten, künstler, 
verstorbene und in kunstwerken dargestellte personen vielfach 
bloss mit dem familiennamen benannt, nachdem längst bei den 
Etruskern nicht bloss vorname, familienname, genitiv des vaterna- 
mens, zuname, sondern auch mannigfache bezeichnungen der ab- 
stammung von der mutter und der verheirathung in der personen- 
benennung sitte geworden waren (verf. Spr. d. Etrusk. If, @. 583) 
Ueberaus häufig findet sich allein der familienname des de 
dicanten in widmungsinschriften auf thongefässen, bronzen, gräbern 
und grabdenkmülern. Von diesen führe ich hier nur an allein 
stehende familiennamen von dedicanten in campa 
nisch-etruskischen weiheinschriften auf gefüssen von 
Nola, Capua u. a, zum beispiel die nominative sing. Teci (a. o. 
I, 475. 476. 795), Scarpunies (a. o. I, 427. 781), Niifalus (a. o. 
I, 1001), Thenus (a. o. 1, 1002) Sarakus (a. o. I, 319), uud die 
genitive sing. Veltinei(s) (a. o. I, 521: 435), Kanuties (a. o. |, 
527). Diese letzteren entsprechen also den campanisch-oskischen 
alleinstehenden familiennamen der dedicanten im gen. sing. Minieis 
 (Minnieis), Kaisilliess, Minateis. 

Auch die Römer schrieben nicht selten statt. ihrer vollstän- 
digen mehraamigen personenbenennung bloss den geschlechts- 
namen oder den familiennamen. Auf ihren münzen sind 


bloss mit dem geschlechtsnamen. genannt die miinzheamten Oper - 


Oskische inschriften. 153 


m(fus), Fur(ius), Pomp(eius), bloss mit dem eognomen, das die 
familie eines geschlechtes bezeichnet Me(tellus), Cina, Flaus, Tur- 
d(us), Cetegus, Murena, Natta, Magnus, Faustus, Caesar, Libo, 
Longin(us), Philippus u. a. (Momms. Gesch. d. rim. münzw. p. 
44—-290. C. 1. Lat. I, p. 129—139). In einer pränestinischen 
grabschrift ist nur der familienname des verstorbenen: Vatronius 
genannt (Ephem. epigr. I, p. 30, n. 122); ja sogar ein römischer 
censor wird allein mit seinem familiennamen bezeichnet: [in cen- 
su|re Caecili (Momms. t. Tiburt. Ephem. epigr. Il, p. 199). 

Somit ist erwiesen dass in den beiden weiheinschriften des 
siegels von Capua die worte: Miniets (Minnieis), Katsillieis, Mi- 
nateis ner(um) bedeuten: Minii, Caesillii, Minatis nobilium. 

Ich habe nun noch das wort iov-i-la-s, iuv-i-la-s derselben in 
erwägung zu ziehen. Es ist behauptet worden, dieses sei nom. 
sing. fem. eines adjectivums, gebildet vom gottesaumen Jovef und 
bedeute res ad lovem pertinentes, „vielleicht der blitzsühne die- 
nend* (F. Büchel. a. o. p. 609). Wollten die vornehmeu Ca- 
pusner dem „blitzenden“ gott gerüth zur „blitzsühne“ weihen, so 
müsste man erwarten, dass sie dasselbe nach dem charakteristischen 
beinamen des „blitzenden gottes“ Flagiu/ benannt hätten. Aber 
auch wenn iov-i-la-s, iuv-i-la-s nicht dinge bezeichnen, die zur 
blitzsühne gehören, so ist doch seine ableitung von iove/ und die 
angebliche bedeutung ,dem Jovis gehörige. sachen“ unglaublich. 
In römischen weibeinschriften sind redeweisen wie "Iovi Iovialia 
stent oder "Marii Martialia dederunt ganz ohne beispiel. Ebenso 
kommt sonst in oskischen, umbrischen oder etruskischen weihein- 
schriften eine derartige ausdrucksweise nicht vor. Und das ist 
begreiflich, denn ausdrücke, die auf den sinn hinauslaufen „dem 
guite gehörige dinge dem gotte schenken'* enthalten einen wider- 
spruch in sich, da man niemandem etwas schenken kann, was ihm 
schon gebért. Und wenn wenigstens das vermeiutliche oskische 
adjectivum, das res ad Iovem pertinentes bedeuten soll im nom. 
sing. neutr. gebraucht wäre, also etwa “iovila, "iwvila lautete, 
dano könnte man allenfalls zugeben, dass dasselbe substantivisch 
gebraucht wäre in der art wie lat. Cereulia, Floralia, Saturnalia, 
Volcanalia u. a. Aber einen nom. plur. fem. des adjectivs iovilas, 
iuvilas als substantiv gebraucht mit dem sinne „sachen ‘des Jovis“ 
kann man so wenig der oskischen sprache aufbürden, wie im la- 


144 Oskische inschriften. 


teinischen der nom. plur. fem. Zoviules für sich allein als substan- 
tivum vorkommt und sachen des lovis bedeutet, und so in der 
verbindung “Jovi Ioviales stent in einer römischen weiheinschrift 
erscheint. 

Ich muss daher bei meiner erklärung verharren, dass iov-i- 
la-s, iuv-i-la-e acc. sing. fem. eines subatantivums ist, das mit lat. 
iuv-a-$ „es erfreut“ und mit iu-c-undu-s für "iov-i-c-undu-s ven 
einer wurzel stammt und res iwvantes, erfreuliche gegenstinde ya- 
georjesa für die gottheit bedeutet. (Ephem. epigr. Il, p. 162). 
Man kann iwv-a-t „es erfreut, ergétet mit iuv-a-re helfen ab- 
leiten von der wurzel ju- bewahren vor, abwehren, oder von der 
wurzel ju anzieben, an sich ziehen, anspannen, festhalten (Boelitl. 
w R. sanskrwb. VI, 138 f). Mir ist dus letztere einleuchtender, 
se dass iuv-a-t von der sinnlichen bedeutung „zieht an, fesselt'' 
zu der vergeistigten „ist anziehend, fesselnd, ist erfreulich, ergötz- 
lich“ gelangt ist. Von dieser wurzel iu- wurde mit vokalsteige- 
rung von wu zu ou ein verbalstamm iov-É-, jünger iuv-;- der itali- 
schen conjugution auf -e gebildet. Von diesem sind weiter ge- 
bildet lat. *iov-i-c-undu-s, iu-c-undu-s (verf. Krit. beitr. p. 43. 
128 f. Nachtr. p. 146 f. Ausspr. H, 575 f, 2 A.) und der os- 
kische nominalstamm iov-i-la-, jünger inv-i-la- in dem nom. plur. 
fem. iov-i-la-s, iuv-i-la-s. Von derselben wurzel ward daneben 
ein verbalstamm der conjugation auf -& : iov-G-, jünger iw-@- 
gebildet, der in lat. iuv-a-& vorliegt. Neben der älteren oskischen 
form iov-i-la-s steht die jüngere iuv-i-la-s wie neben Lovk-l, 
Lovk-an-atei-s Nov-l-anuem die jüngeren formen Luvk-i-s, Luv-i- 
k-i-s, Nuv-kr-inu-m. Der stamm iov-i-kr- ist eine bildung mit dem 
femininen suffix, Ji wie. die lateinischen substantiva cande-la, me- 
de-la, suade-la, tute-la u. a. a-la für "ag-sw-la, ma-la für "mag- 
su-la (a. o. I, 640. 641), und mit dem suffix -io : nub-i-le, nub-i- 
lu-s vom verbalstamme nub-é- (a. o. I, 456). Demnach bedeutet 
iov-i-la-s, suv-i-la-s „erfreuliche gegenstände“, und im zusammen- 
hange der in rede stehenden weiheinschriften: „erfreuliche gaben“ 
für die gottheit, So bedeutet gr. yagsornosa : yuglsrra dea 
(Hes.) und wird so gebraucht in verbindung mit verben die dar- 
bringen, weihen, opfern bedeuten wie yagsorfgen zoig Jtoig no- 
zeAsiv, gaquariiqua uvanderas, yagsorigin Outer, eoxtala Due xai 
gaquorigia, Arrian. Peripl. P. E. p. 13, 10: ruvra ovp naria 


Oskische inschriften. 145 


zagııngıa 1 iul Gvuxssrus. Diesen griechischen ausdrücken 
einer weibeformel entsprecheu die oskischen der weiheinschrift 
von Capua: ekas iovilas (iuvilas) Iovei Flagiuí stahint = hae iu- 
vantes res (zugiosngıa) Iovi Fulguratori stent. 


3. Grabschrift von Cumae. 


Die grabschrift eines steines von Capua in form einer aedi- 
cula, jetzt im museum zu Neapel lautet : 


Statie Silies Salavs. 


Ich habe dieselbe wiederholt und eingehend besprochen und 

nachgewiesen, dass sie zu übersetzen ist: 
Statjus Silius Salvius, 
und aus vornamen familiennamen und zunamen eines verstorbenen 
besteht (Z. f. vergl. spr. XI, 325 f. XX, 97. Ephem. epigr. ll, 
p. 164, n. 17). Kürzlich ist die behauptung vorgetragen worden, 
osk. Salavs sei nichts anderes als lat. salvus und könne so viel 
bedeuten wie lat. vivit, vivus fecit oder vivos (F. Bücheler. Jen. 
littz. 1874, p. 610). Wenn im lateinischen salows gleichbedeu- 
tend wäre mit vivus, und wenn in lateinischen grabschriften sal- 
vus den sinn hätte vivus fecit oder vivit, dann wäre wenigstens 
einige berechtigung vorbanden, zu schliessen, dass Salavs in der 
oskischen grabschrift von Cumae denselben sinn haben könnte. 
Da aber die bedeutungen von lat. vivus und salvus ganz ver- 
schieden sind, und da salvus in lateinischen inschriften niemals den 
sinn tivus fecit oder vivus hat, so fehlt dem versuch ein oskisches 
Saluvs mit dieser bedeutung zu beschaffen, jeder sprachliche boden. 
Als möglich wird zugelassen, dass Salavs ein zuname “Salvus sei. 
Meine ansicht, dass Sal-u-v-s aus osk. Sal-a-v-ii-s entstanden sei, 
wird abgefertigt mit der äusserung, die annalime, dass Sal-a-v-s 
aus Sal-a-v-ii-s habe „verstümmelt“, das ganze suffix ,ausgemerzt* 
werden können gründe sich bloss auf „uukritische vermengung* 
von oskischen vor- oder bei- und gentilnamen, indem man Heírens 
und ZZeirenis „in einen topf wirft“, weil die Lateiner nur Heren- 
nius kennen, Upils wegen des lateinischen Opilius durch Opilius 
statt durch Opillus, Upfals durch Upfalius wiedergiebt (F. Bü- 
cheler a. o.). 
Philologus. XXXV. bd. 1. 10 


146 Oskische iuschriften. 


Ich beleuchte zunüchst die letzte dieser belauptungen, dass 
die nominativformen Upil-s, Upfal-s von den anf -lo auslautenden 
stämmen Upilo-, Upfalo- gebildet seien. Oskische nominalatamme 
die auf -lo auslauten, werfen im nom. sing. das nominativzeichen 
s mit dem vorhergeheuden stammvokal o ab, und lauten in diesem 
casus uuf -l aus; so die zunamen Aukil, Mutil = lat. Mutilus, 
Fiml, die vornamen Mill, Puakul und das appellutivum famel = 
lat. famulus (Momma. Unterit. dial, gloss., verf. Ztsch. f. vergl. spr. 
XI, 324. XX, 102. Ausspr. 11, 605. 2 A. Ender. Formeal. d. 
osk. spr. p. 48. vergl. gloss. Bruppach. Lautl. d. osk. spr. p. 
48. 92. Stephauy, De nomin. Oscor. declinat. cum Latin. compar. 
p. 14) Dass im umbrischen der nom. sing. von stimmen auf 
lo ebenso abgestumpft wurde wie im oskischen und auf -} aus- 
lautete, lehrt umbr. Kate- == lat. caiu-lu-s (AK, Umbr. sprd. J, 
115. 116). 

Im lateinischen sind ebenso durch abwerfung der nominativ- 
endung -os, -ws nach | abgestumpft die nominative sing. famu4 
für fumu-lu-s, con-sol, con-sul, prae-sul, ex-sul, sub-sul, sub-tel und 
spätlateinisch fge- für figu-lu-s mas-ce-l für 'imas-cu-lu-s — (verf. 
Ausspr. ll, 593. 605. 2 À). Im etruskischen hat dasselbe schwin- 
den der nominativendung -os, -us nach } stattgefunden in den no- 
minativen sing. Clantl, Siansl, Thanchvil, Thanchuvil, Thanachvel 
neben Thanchvilus (verf. Spr. d.:Etrusk. I, 126. 127. 154 f. 347. 
348. vergl. 317). Wie nach | so wird auch nach der anderen 
liquida r die endung -os-, -ws des nom. sing. von O-stämmen ab- 
geworfen im oskischen, umbriseben, lateinischen und etruskischen 
(verf. Ausspr. Il, 592 f. 605. 2 A. Spr. d. Etrusk. 1, 348—354. 
836 —838). 

Nach diesem gesetz der italischen und insbesondere der oski- 
schen nominativbildung konnte der nom. sing. masc. der stämme 
Upilo-, Upfalo- nur °Upil, “Upfal lauten wie von osk. Mutilo-, 
famelo-, Paakulo- die nom. sing. masc. Mutil, fumel, Paakul. Dar- 
aus ergiebt sich unwiderleglich, dass die nominstivfurmen Upil-s, 
Upfal-s nicht von den stimmen Upilo-, Upfalo- gebildet sind, son- 
dern von den stimmen mit dem suffix -io : Upilio-, Upfalio-, dass 
semit Upil-s der oskische familienname st, der dem lateinischen 
Opil-iu-s entspricht (Minerv. Bull. Nap. n. s. f, 163, verf. Ztscli. f. 


Oskische inschriften. 147 


vergl. spr. XI, 324. XVIII, 254 f. XX, 102. 103. Ausspr. II, 
605. 2 A. Ender a. o. p. 48. 49). 

Die nominativform Heiren-s kommt vor auf einem campani- 
schen ziegel, Ephem. epigr. ll, 183, n. 69: Heirens Frus upsed == 
Herennius Frontus operatus est. Neben Heiren-s stehen die nomi- 
native des oskischen familiennamens Heirenn-i-s, Herenn-iu, Heren-i 
(Verf. a. o. II, 1078, c. 3). Deneben erscheint zu Pompeji und 
sonst auf ehemals oskischem sprachgebiet der lateinische familien- 
name Herenn-iu-s (C. I Lat. IV, p. 230, c. 4 Momms. I. R. 
Neap. Ind. nom.), und ebenso häufig auch in anderen lateinischen 
inschriften (C. I. Lat. J, 581, c. 2. 11, 723, c. 3. HI, p. 1076, 
c. 3, Willm. Ex. I. Let. I, p. 332). Seiten ist der zuname He- 
renn-iu-8 (C. I. Lat. II, p. 738, e. 4). Bei Livius kommt einmal 
der vorname eines Campaners Zerenn-iu-s vor (XXXIX, 13). 
Von einem familiennamen, zusamen oder vornamen mit dem stamme 
Heireno- ist weder im oskischen noch üm lateinischen eine spur zu 
finden. Selbst wenn man nun Heiren-s in der obigen ziegelinschrift 
als vorname fassen wollte, so würde er doch ven dem stamme 
Heiren-io- herzuleiten sein wie Upil-s von Upil-io-, und dem cam- 
panischen vornamen Herenn-iu-s entsprechen. Da aber jenem Hei- 
ren-s in oskischen inschriften nur die familiennamen Heírenn-i-s, 
Herenn-iu, Heren-i zur seite stehen, kein vorname desselben stam- 
mes, so ist der schluss vollkommen richtig, dass Heiren-s familien- 
name ist, nicht vorname (Minerv. Bull. arch. Nap. n. s. ill, 119. 
Fabr. €. I. Ital. Gl, p. 566, verf. Ztsch. f. vergl. spr. XI, 324. 
XVIII, 255. XX, 103. Ausspr. 11, 605, 2 A. Ender. a. o. p. 
49. Gi. p. 32). | 

Den nominativen Upil-s, Upful-s, Hairen-s von den stämmen 
Upil-ie-, Upful-io-, Heiren-io- geben nun die vollste sprachliche 
berechtigung, Sal-a-v-s der grabschrift von Cumae vom stamme 
Sal-a-v-io- herzuleiten. Neben dieser nominativform steht der zu- 
name oder familienzunume Sal-a-v-ii-s einer grabschrift von Capua 
(verf. Ephem. epigr. Il, p. 159, n. 2), durch vokaleinschub .ent- 
standen aus Sal-v-ii-s. Diesem entspricht der lateinische familien- 
name Sal-u-v-iu-s auf ehemals oskischem sprachyebiete (Momms, 
1. R. Neap. Ind. nom.) Daneben ist häufig der lateinische fami- 
liennawe Sal-v-iw-e (C. I. Lat. I, p. 594, c. 1. H, p. 729, c. 3. 
Hi. p. 1033, c. 2. Vil, p. 320, c. 1. Willm. Ex, I. Lat. ll, p. 


to* 


148 . — @skisehe inschriften. 


355), auch in Pompeji und sonst auf ehemals oskischem sprachge- 
biet (C. I. Lat. IV, p. 237, e. 3. I. R. Neap. Ind. nom.), nicht 
selten der zuname Sal-v-iu-s (C. I. Lat. I, p. 594, e. 1. Hl, p. 
743, e. 4, li, p. 1108, c. 1. VI, p. 826, c. 1. Willem. Ex. J. 
Lat. p. 396), selten der abgekürzt geschriebene vorname Sal-v-iu-s 
(C. I. Lat. I, p. 594. c. 1. Willm. a. o. ll, p. 402). Diesen 
oskischen und lateinischen formen des familiennamens entsprechen 
die etruskischen Sel-v-i, S'al-v-i-s, S'al-v-i-s (verf. Spr. d. Etrusk. 
Il, 101. 106). Ein familienname, zuname oder vorname Sal-vu-s 
eder eine nebenform desselben von stamme Sal-vo- ist in oski- 
schem, lateinischem und etruskischem nicht erweislich; also ist 
auch osk. Sul-a-v-s nicht von einem stamme Sal-a-vo- für Sal-ve- 
gebildet, sondern mit dem zunamen Sal-a-v-ii-s und dem familien- 
namen lat. osk. Sal-a-v-iu-s vom stamme Sal-a-v-io- für Sal-v-ie- 
wie Heíren-s mit Heirenn-i-s vom stamme Heirenn-io- Upil-s vom 
stamme Upil-io- und Upfal-s vom stamme Upfal-io. Demnach ist 
Sal-a-v-s in der grabschrift von Cumae derselbe zuname wie 
Sul-a-v-ii-s in der grabschrift von Capua (verf. Ztsch, f. vergl. apr. 
XI, 325. XVIII, 255. XX, 103 f. Ausspr. Il, 605. 2 A. En- 
der, a, o. p. 49. Gl. p. 49). Der lantvorgang, durch welchen in 
diesen nominativformen das suffix -io vor dem s des nominativs 
gaoz geschwunden ist, bat an den angeführten stellen lüngst seine 
eingehende erklürung gefunden. Die lautfolge io assimilierte sich 
erst zu ie und dann weiter zu ii; das ij verschmolz zu 7, dieser 
vokal kürzte sich und schwaud endlich ganz. Durch denselben 
' lautvorgang entstanden im lateinischen die nominativformen quinc- 
unz, dec-unx u. a. aus "quinc-unc-iu-s, "dec-unc-iu-s neben unc-ia 
(verf. Ausspr. H, 605. 2 aufl.), in etruskischen nominativformeu auf 
s mit vorhergehenden consonanten von stümmen auf -io wie Tin-s, 
Putlin-s’, Thur-s', Ucur-s, Camar-a Avil-s Satil-s u. a. (verf. Spr. 
d. Etrusk. 1, 362 f). Wenn jemand diesen in seiner allmähligen 
stufenfolge an der hand der thatsächlich vorkommenden italischen 
nominativformen von stimmen auf -io längst eingehend und genau 
nachgewieseneu lautlichen vorgang „ausmerzen“ nennt, so kann die. 
ser unklare bildliche ausdruck an der sache nicht das mindeste 
ündern. E 

Die behauptungen osk. Sal-a-v-s sei lat. sal-vu-s, bedeute 
aber vivus fecit, und Upil-s, Upfal-s, Heíren-a, Salav-s seien von 


Oskische inschriften. 149 


den stimmen Upilo-, Upfalo, Heireno- ealvo- gebildet, sind also 
irrig, und was zu gunsten dieser aufstellungen von einer ,uukriti- 
schen vermengung“ oskischer familiennamen mit vornamen und 
zunamen vorgebrecht worden ist, steht mit der thatsächlichen 
wahrbeit nicht in einklang. 


4. Lucanische grabechrift von Diano. 


lo einem manuscript von Mandelli, De Lucania der bibliothek 
zu Neapel befinden sich zwei abbildungen einer inschrift in oski- 
scher sprache mit griechischer schrift auf einem marmorstein, den 
der genannte italienische gelelirte auf dem gebiete der stadt Diano 
in Lucanien vorgefunden hat. Die erste dieser abbildungen (a. o. 
vol I, p. 94) ist durch die zweite auf grund einer revision des 
originals verbessert. 

Nach abschriften dieser abbildungen von Tb. Mommsen und 
den durchgepsus’ten zeichnungen derselben von G. de Petra babe 
ich den text dieser inschrift folgendermassen gegeben : 


A. Aanovis Hux rag 

Omes mew aso. Exo 

Zulups paie 
(Ephem. epigr. Il, p. 153), und auf grund einer untersuchung über 
die schreibweise und die sprachformen der inschrift habe ich die- 
selbe folgendermassen ergänzt und erklärt: 


A. Aanong [uxçns 
Osug nuo œo(o) exo (deder). — 
Zalarg vale . 
Aulus Lamponius Paqui filius 
Oppius pium sacrum hoc (dedit). — 
Salvius (Salvi) vale . 

Nath meiner erklirung enthält der erste satz dieser inschrift 
die widmung der begrübnissstütte als sacrum (diis ma- 
sibus) durch A. Laponis, der zweite den abschiedsgruss au 
einen verstorbenen aus dem geschlecht oder der. 
familie der Laponis mit zunamen Salavs Gegen diese 
erklärung ist behauptet worden, die vorstebende inschrift sei gar 
keine grabschrift sondern eine weiheinschrift zu einem votivge- 


150 Oskische inschriften. 


schenk für rettung und genesuag für einen gott der nicht genannt 
sei (F. Bücheler Jen. littz. 1874, p. 610). Zu diesem zweck wird 
dem letztem satz derselben: Salava vale der sinn beigelegt: ob con- 
servatam salutem suam, oder: pro salute et incolumitate (valetu- 
dine). Da sich nun keine möglichkeit zeigt,. diesen sina ans den 
wortformen, wie sie auf dem stein geschrieben stehen, mittelst 
sprachgemässer erklärung herzustellen, so wird behauptet vale sei 
ein abgekürzt geschriebenes wort, da „die volle wertform nicht 
mehr in die zeile zu bringen war“, und zwar sei dieses vale wahr- 
scheinlich ein adjectivum mit dem sinne validus. Nach dem worte 
vale ist nun aber in den beiden facsimile der inschrift von Diano 
noch.raum für einen buchstaben. Hätte der schreiber aus mangel 
an raum hier zu einer abkürzung des letzten wortes seine zuflucht 
nehmen müssen, so würde er jenen noch verwendbaren raum zur 
hiozufügung noch eines buchstabens verwandt haben, durch welchem 
klar geworden würe, dass hier ein adjectivum mit dem sinne von 
validus gemeint sei, nicht die verbalform vale. Dass der steinmetz 
aber überhaupt für die vorliegende inschrift nicht durch mangel au 
raum bedrüngt war, sieht man daraus, dass er uach eko am ende 
des ersten satzes absetzte, die letzte zeile Salavs vale mit beden- 
teud grösseren buchstaben schrieb wie die beiden vorhergehenden, 
und am ende derselben wieder einen leeren raum liess. Die be- 
hauptong, vale sei ein abgekürzt geschriebenes wort, entbebrt also 
jeder epigraphischen begründung. Ferner besitzt ja die oskische 
sprache ein adjectivum valae-mo-m mit der bedeutuug val-i-d-is- 
simu-m von derselben wurzel wie val-e-re (verf. Zisch. f. vergl. spr. 
V, 90 f. Ausspr. Il, 114. 2 A. Ender. Formenl. d. osk, spr. 
. Gi. p. 30). Stände nun auf dem steine von Diano eine form ‘va-la 
gesehrieben, danu hätte man eine sprachliche berechtigung, hier 
von einer abgekürzt geschriebenen adjectivform des stammes val-aeo-, 
val-sio- zu sprechen; du die form aber vale lautet, so würde, 
selbst wenn hier die voraussetzung einer abyekiirzten schreibweise 
gerechtfertigt wire. aus dem adjectivum val-ae-mo-m zu folgern 
ela, dass cale kein theil eines adjectivums ist. Also auch sprach- 
lich ist die annabme eines solchen haltios. Das dem vale vorher- 
gebende wort Sal-a-v-s wird auch hier wieder tür sal-vu-s aus- 
gegeben wie in der grahschrift von Cumae, während aber dort 
dem wort: der sinn vivus fecit oder vivit untergeschoben wird, 


Oskische inschriften. | 151 


sell es hier in der inachrift von Diano wieder einen ganz anderen 
sinn haben, námlich ob salutem (conservatam) oder pro salute, also 
wieder nicht die bedeutung, die es nach seiner wurzel und casus- 
form haben müsste: der heile, unversehrte, gesunde, Es ist nicht 
nöthig diese art von interpretationen zu charakterisieren. Nach- 
dem oben nachgewiesen ist, dass Sal-a-v-s in der grabschrift vou 
Cumae nom. sing. eines zunamens vom stamme Sal-a-v-io- ist, folgt 
daraus, dass anch Sal-a-v-s in der grabschrift von Luc» 
nien nom. sing. desselben zunamens ist. Der behauptuag 
Saluvs vale bedeute ob salutem conservatum oder pro salute et in- 
columitate (valetudine), ist dumit jeder boden sprachlicher móg- 
lichkeit entzogen. 

Ich habe also das vellstándig ansgeschriebene oskische wort 
vale für identisch erklärt mit der in lateinischen grabschriften 
häufigen zweiten pers. sing. imperativi val-2 lebe wohl von einem os- 
kischen verbalstamm der conjugation auf € val-e-, der dem lateini- 
schen pal-&- genau gleich ist, da die oskische sprache diese con- 
jugationsklasse aufweis't wie die lateinische, umbrische und etrus- 
kische (verf. Ausspr. II, 351. 732. 2 A. Spr. d. Etrusk. ll, 527. 
528. II, 2. 536.  Euder. a. o. p. 36). Der oskische satz: Salavs 
vale = Salvius (Salvi) vale ist also ein abschiedsgruss an einen 
verstorbenen der lucanischen familie Laponis mit dem zunamen Sa- 
lave wie im lateinischen, (C. I. Lat. 1, 98: P. Cordí mater vale; 
a. o. 1, 94: Euclesis Cestia 1. vole u. a. Der nomiualiv Salate 
het die hedeutung des vocalivs wie lat. deus gr. Seos, gíAog u. a. 
(verf. Ephem. epigr. H, p. 157). Nun wird es zwar für „wun- 
derlich“ erklärt, dass bier Salave nicht genauer benannt sei (F. 
Büchel. a. 0.); aber das ist doch nicht wunderlicher, als dass in 
der oskischen grabschrift vou Sorrento der verstorbene bloss mit 
dem einen namen pique genannt ist, in einer lateinischen grab- 
schrift von Praepeste bloss mit dem tumiliennamen Valronius, dass 
römische miinzmeister so oft bloss mit ihrem familiennamen oder 
familienzunemen beuanni sind, ja dass in dem ersten der vorste- 
hendeu abschiedsgrüsse die mutter des P. Gordus gurnicht wit 
namen genannt ist. Jeder geschlechtsgenosse, anverwandte und freund 
der Laponis wusste, wer mit dem Sulave gemeint sei, weun er 
die grabschrift von Diano las, und das genügte für ihren zweck. 

Nachdem sich herausgestellt hat dass Saluvs vale nicht deu 


152 Oskische inschriften. 


sian haben kann: ob salutem conservatam, sondern: Salvius (Salvi) 
vale bedeutet, fallt jede möglichkeit hinweg dass der erste satz 
der inschrift von Diano zusammen mit dem zweiten die weihein- 
schrift eines votivgeschenkes für rettung und genesung sei. Jener 
erste satz: A. Aanovıg Iaxpns Ones aww aso(o) exo (dede) : 
Aulus Lamponius Paqui filius Oppius pium sacrum hoc (dedit) ist 
und bleibt also die widmungsinschrift eines grabes, 
das durch dieselbe als sacrum (diis manibus) erklürt wird. Das 
wort ais-(0) habe ich als acc. sing. neutr. verstanden desselben 
stammes wie sabell. ais-o-s bittopfer, umbr. es-un-u opfer, volsk. 
es-ar-is-tro-m opfer, skr. ish-li-s wunsch von wz. is- wünschen, 
so dass die grundbedeutung jeuer italischen wörter eigentlich „ge- 
bet“, preces, imprecatio ist (Verf. Ausspr. I, 375. 2 A. Ephem. 
epigr. ll, p. 156). Zu diesen gehören auch etrusk. es'-tla opfer, 
opfergegenstände (verf. Spr. d. Etrusk, I, 507. 889) es -e-1-k 
heilig, geweiht (a. o. I, 923), ais-a-r, aes-a-r nom. sing., es-a-ri 
dat, sing. gott als „angebeteter“, aise-ra-s dat. plur. göttinnen (a. 
o. 1, 634). Das oskische wort ais-(o) konnte die beiden bedeu- 
tungen heiliger, geweihter gegenstand und heilige handiung, opfer 
in sich vereinigen wie lat. sacrum. Es bezeichnete in der lucani- 
schen grabschrift die grabstätte als geweiht, geheiligt den güttern 
der unterwelt wie lat. sacrum (diis manibus). Dass sich in der- 
selben kein wort für grab oder.grabdenkmal findet, ist so wenig 
befremdlich, als dass ein solches wort in lateinischen widmungsia- 
schriften von begrübnissstitten fehlt (Willm. Ex. I. Lat. I, 326. 
327. 242. 232. 231 u. a.) In weiheinschriften etruskischer grä- 
ber und grabdenkmäler ist überaus häufig das wort, das diese 
bezeichnete, als selbstverständig weggelassen (Verf. spr. d. Etrusk. 
1, 548 f. 590 f) Die lucanische grabschrift von 
Diano besteht ‘also aus einer widmung der grabstütte 
durch A, Lamponis und aus einem abschiedsgruss oder 
nachruf desselben an seinen verwandten (Laponis) Sa- 
lavs, Ebenso enthalten inschriften römischer gräber dis 
stiftungsinschrift des grabes und den nachruf an die 
verstorbene person, wie züm beispiel :C. J. Lat. 1,:1256: 
L. Manneius Q. medic. veivos feci, Docu «dì Mevexgdıng 
Anunsglov Toalliaròs guomdg olvodoms Le» ixolysev. — 
Massuma Sadria S. f. bona proba frugei salve. 
Lichtenfelde. W. Corssen. 


IV. 
Zum Pseudolus des Plautus. 


Pseud olus, nicht Pseud ulus, nannte Plautus selbst sein stück: 
sonst bätte er nicht die paronomasien bilden können 1205: Ede- 
pol hominem uérberonem Pseüdolum: ut docté dolum Cómmen- 
tust; 1244: Stiperauit dolüm Troianum, dique Ulizem, Psoá- 
dole s. s 

Auf das wortspiel in letzterem verse hat schon Naudet auf- 
merksam gemacht, wenn er auch mit Guyet das dolum Troianum 
falsch vom trojanischen späher Dolon verstand: s. Théâtre de 
Plaute, trad. nouv. (collection Panckoucke), VIII (Paris 1837) 
p. 485 ad v. 1221. Gegen Ritschl’s Pseud ulus opponirten Osann, 
Z. f. A.-W. 1849, nr. 28, p. 193 ff. (allerdings nicht mit genü- 
genden beweisen: Ritschl, praef: Pseud. p. VIII, Opusc. II, p. 404 sq. 
not.); O. Seyffert iu der zweiten these seiner dissertation (de uers. 
bacch., Berol. 1864) und, mit überzeugenden gründen, im Philol. 
XXV, p. 448, aum. 3; desgleichen Fleckeisen in den N. jahrb. 
f. philol. XCIH (1866), p. 9 ff., dem Usener im Ind, lectt. Gry- 
phisw. 1866, p. VIII beitritt. Auch Corssen, Ausspr. Il", p. 73—76 
bält Pseudolus für die unzweifelhaft ältere form, für die vielleicht 
nach der Gracchenzeit, als auch in ücht lateinischeu würtern das 
suffix olus in ulus umzulauten begann, ein Pseudulus aufgekom-. 
"mon sei. “So mag der titel, den die haudschriften des Nonius vou 
einer varronischen Satira Menippea überliefern, Pseudulus Apollo 
gelautet haben. S. über dieselbe, die sonst völlig unbekannt ist, 


154 Plautus. 


Bücheler im Rh. mus. n, f. XIV, p. 430 f. und in der kleineren 
Petroniusausg. p. 201. | 
V. 9 sq. R: 


Duórüm labori ego hóminum parsissém lubens: 


Mei té rogandi et tís respondendi mibi. 
So Ritschl und Fleckeisen; das et tis stammt her von G. J. Voss, 
de anal. IV, 4, der darauf geführt wurde durch Gellius NA, XX, 
6!) Nachdem hier ÿ. 7 der genetiv nostri in verbinduagen 
wie nostri misertus (oblitus) est richtig zusammengestellt ist mit 
dem mei in ebendenselben, heisst es weiter 9. 8: „Mei“ autem 
casus interrogandi est, quem genetiusm grammatici uocant, et ab 
eo declinatur, quod est ego“; huius deinde pluratiuum est „nos“. 
»Tui* aeque declinatur ab eo, quod est „tu“; huius itidem plura- 
tiuum est ,uos* è. 9. Sic namque Plautus declinauit in Pseudolo 
in hisce. uersibus: (folgen 3—6). „Mei“ euim Plautus hoc in loco 
non ab eo dixit, quod est „meus“, sed ab eo, qued est ego“. è. 10. 
' Itaque si dicere «elis. ,pairem mei“ pro „pairem meum, quo 
Graeci. modo 10» natéga pou dicunt, inusitate quidem, sed recte 
profecto eaque ralione dices, qua Pluutus dizit „lebori mei pro 
»Jubori, meo“. In diesen worten liegt durchaus nichts, was zur 
aufnalime eines tis nótbigt; im gegentheil spricht die zusammen- 
stellung von mei und fui in à. 8 und das gleich nach dem tui im 
d. 9 folgende citat grade dafür, dass Gellius in. seinem Plauine- 
exemplar hier mei und twi neben einander las. Will man ein- 
wenden: „aber im folgenden spricht er ja nur von mei“, so kann 
darauf nicht blos mit einem: „was für mei gilt, gilt natürlich aueh 
für tei, das er sich nicht die mühe gab ausdrücklich hinzuzufügen“ 
geantwortet werden, sondern vielmehr mit der frage: „wie sollte 
Gellius, hätte er neben dem mei ein tis gefunden, sich die gele- | 
genheit haben entgehen lassen diesen seltenen archaiemus zu erör-. 
tern“? Das scheint mir ebense undenkbar, als wenn er hier, wo 
er mei erklären will, mis gelesen hätte. — Wenn G. J. Voss 


1) De arte gramın., Amstelod. 1662, ed. II, tom. II, p. 193. Von 
anderen beweisen für mis kennt et einen aus Trinummus, Scena Salsi- 
potenti d. h. IV, 1, obne nähere angabe; vermuthlich das mis 822 R., 
was auch Meursius falsch interpretirte; und das später anzuführende 
ennianische Ingens eura mis (Ann. 181 V.); für tis führt er richtig an 
Mil. glor. IV 2, 42. | B 


Plautus, 155 © 


demungeachtet fis vermuthete, so war der grund dazu wohl die 
sonderbare schreibung der Gelliushandschriften, die (s.. Ritschl’s 
annot. crit. ad Pseud. 6) et in tif; et uiti/, et tuiti/ bieten, welch’ 
letzteres es ja auf der hand liegt zu deuten: tif m. 1, tui s. | 
add. m. 2; ein uuwissender späterer abscbreiber müsste dann das 
fui in die zeile hinunter gezogen haben. Aber wie kam denn ein 
tif in die Gelliushandschrift? Sollte vielleicht eher umgekehrt 
ein grammatiker, der seine.gelehrsamkeit zeigen wollte, dem iui 
in den versen des alten komikers ein tie beigeschtieben ‘haben? 
Die stelle wird noch râthselhufter, wenn wir unsere Plautushand- 
schriften ansehen: et te BCD, et tui F, ed. priuc., Nonius; desgl. 
J. F. Gronov (wie in seinem Gellius) und alle folgenden vor 
Ritschl. Ich wage hier keine entscheidung, bevor Studemund's ab- 
druck des A vorliegt. 

Nur erscheint es mir sehr unwahrscheinlich , dass Plautus, 
der stets nach assonanz strebt, in zwei parallelen gliedern bier. 
mei und tis, Bacch. 1200 tis und mea (opera) geschrieben haben 
sollte. Die handschriften geben an letzter stelle i/ für ti/ das 
nach C. E. G. Schneider’s vorschlag G. Hermann, Ritschl und 
Fleckeisen aufnahmeu. Man wird sich im Pseudolusverse (der aus 
den Bacchides ist völlig verschrieben) entweder zur aufnahme eines 
mis neben ti/ (mit Ausonius Popma ?); „fortasse uere“ Ritschl) ent- 
schliessen oder mei und tui behalten müssen: Bathe’s vorschlag 
meo und tuo verstósst zu sebr gegen die überlieferung. In der 
aufnahme solcher archaischen formen wie mis und tis ist aber, 
wenn sie nicht aus irgend einem grunde ausdrücklich gefordert 
werden, vorsicht auzurathen. Sie sind zwar bezeugt von den 
grammatikern, s. die citate bei Neue, Lat. form. ll, p. 126 f. è. 2 
(Priscian denkt an eine imitatio Graecorum, die auch duplices ge- 
netiui gehabt hätten: éuov und &uovg = mei und mis! Weit 
verständiger Gellius a. a. o. 2. 10). Aber von belegstellen giebt 
es nur éine, noch dazu im höchsten grade unsichere, der von Pris- 
cian erhaltene vers aus den Annalen des Ennius (131 V.): ingens 
cura mis concordibus aequiperare. Die letzten werte sind sicher 


2) De usu antiqu. locut. I (nicht II, wie bei Ritschl verdruckt 
ist) cap. 10, p. 598 der ausg. von À. D. Richter, Lips. et Drosd. 1741. 
Vou anderen beweisen für mis wird hier nur angeführt Pocy. V, 4, 


> 


74: rebus mis agundi:, natürlich ganz falsch. 


156 Plautus. 


verschrieben , und ein mis hier, wo mihi (oder mihist), wie Sca- 
liger bemerkt, überaus nahe liegt, erscheint so unglaublich, dass 
men einen irrthum Priscian’s annehmen muss?) — Aus dem 
"Corpus gramm. Latt. von Keil füge ich noch, weniger bedeutende 
zeugnisse bei seite lassend, die worte des Sergius hinzu (IV, pe 
502, 2 sqq.): In genitiuo plerumque geminantur, ut ,.mis uel 
„mei“, ,tis uel „ini“: dicimus enim tui (sic!) causa te rogo et 
„sis causa te rogo“, „mis causa te rogo“ et „mei causa te rogo“. 
Sed „mis“ et lis a consuetudine recesserunt, habes tamen in 
Plauto. Bei diesem sind handschriftlich bezeugt und zur ver- 
meiduug eines unertrüglichen hiats durchaus nothwendig: Trin, 343 
né tis dlios misereat, Mil. glor. 1024 L. quia tis egedt.  Viel- 
leicht ist auch mit Luchs, im Hermes VI, p. 274, Capt. 764 her- 
zustellen: quia mis miseret neminem; man beachte, dass die rede 
an allen drei stellen ein über den gewöhnlichen dialog hinausge- 
hendes, pathetisches geprüge trägt. 

Was schliesslich die syntaktische erklärung jener genetive 
mei — iui oder mis — tis betrifft, so liegt hier eine aus der 
grammatisch oft undeutlichen ausdrucksweise der (alten) volks- 
sprache erklärliche unregelmüssigkeit vor. Diese bedachte nicht, 
dass das possessive pronomeu eigentlich zu labori gehören müsse, 
sondern verband es rasch mit dem, was ihre aufmerksamkeit be- 
sonders in beschlag nahm: mit den beiden personen, duorum ho- 
minum, wozu also mei und fui, als possessive genetive von ego 
und #s, in apposition stehen. Schon Gellius scheint sie ganz 
richtig verstanden zu haben; die neueren interpreten machteu sich 
viel unnütze beschwer mit ihnen, wie u. a. die verworrene aumer- 
kung in der vulgata zeigt, bis Ledewig in seiner recension der Bothe’- 
schen ausgabe Z. f. A.- W. 1842, p. 1071 das richtige wieder 
hervorzog. Ibm schliesst sich. Holtze an, Synt. prisc. script. Lat. 
I, p. 350, und macht auf den ähnlichen full aufmerksam , in dem 
das, was einer person gehört, mit der person selbst verglichen 
wird: z. b. Haut. 393 quoius mos masumest consimilis nostrum, 
statt consimilis moris «ostri , „mit euch“ statt „mit eurem cha- 
rakter*, Uebrigens sind ja verwechslungen der verschiedenen ge- 

3) Nachträglich sehe ich, dass auch Vahlen in einer späteren ab- 


bandlung, Rh. mus. XVI, p. 574 f., mihist lesen will und an ein mise- 
verständniss Priscian’s glaubt, wenn auch sonst ein mis sicher sei. 


Plautus. 157 


netive der persönalpronomina nicht so selten: nostrorum (-arum) 
‚und wostrorum (-arum) für nostrum und wostrum (gen. partit.) 
kommen etwa zwólf mal vor bei den alten dramatikern, s. Most, 
270 L. mit der anm., wozu noch Poen. Il], 1, 37 und Hec. 216 
zu fügen sind; misereri nostrum und westrum fand Gellius a. a. o. 
%. 11 bei Gracchus und Claudius Quadrigariug;. selbst bei Cicero 
finden sich ja, um von dem fast durchgängigen omnium nostrum 
und omnium westrum abzusehen (vgl. Haut. 386 uitam tuam. — 
omniumque adeo wostrarum), einzelne verweclslungen, s. Madvig’s 
Gramm. 2. 297, in den anm., und Hoffmann zu Cicero's ausgew. 
briefen, III, 5, 4; 8, 3. 

104—106. In B C D steht, ein paar unwesentliche schreib- 
fehler abgerechnet : 

Spero alicunde hodie me bona opera aut haec mea 
Tibi inuenturum effe auxilium argentarium. 
Atque id futurum unde unde dicam nefcio. 

V. 106 geben CD unde drei mal hinter einander. Was 
Ritschl in der ausgabe im texte hatte: Atqui (wohl richtig) fd 
futurum unde, unde dicam néscio, war schwer verständlich und 
scheint jetzt von ihm selbst aufgegeben zu sein, da er im Rhein. 
mus. XXV, p. 311 futurum cunde dicam vorschlägt. Bis eine 
erschöpfende untersuchung über cubi, cunde, cusquam, cuter u.s. w. 
vorliegt, welche formen gleichzeitig mit Ritschl! auch Bergk in den 
Beiträgen zur lat. gramm. I, p. 119 uns licht zog, und denen auch 
Studemund in dem so eben erschienenen bande I seiner ,Studien* 
(fascic. 1, p. 230, not. 4, p. 233, not. 3) nicht abgeneigt scheint, 
möchte ich nur futurum «nde esse dicam vorschlagen. — Warum 
in 104 me durch mea verdrängt und in 105 nach Tibi gesetzt 
werden soll, habe ich nicht finden können ; auch glaube ich nicht, 
dass der völlig verschriebene schluss des verses durch Ritschl’s 
(bona opera) hercle aut mala geheilt worden ist: schon die stel- 
lung des hercle erregt bedenken. Weit besser, aber wohl zu kühn, 
ist O. Seyffert’s bona opera, ut antidhac (cfr. 16 sq., 109 sq.). 
Man hat das bona operu, wie schon die lesart des F zeigt: bona 
opera aut mala, verstanden ,im guten" und also im folgenden 
einen begriff für „im bösen“ gesucht, so dass an fechina, machina 
oder ein anderes der zahlreichen plautinischen wörter für „listigen 
anschisg^ zu denken wäre, wenn nur eines sich dem verse fügen 


158 Plautus. 


wollte. indessen scheint die ganze zusammenstellung im guten 
oder im bösen“ im munde eines Pseudolus wenig wabrscheinlieb, 
und es dürfte in der corruptel eher ein zweites adjectiv zu (bona) 
opera stecken, sei es nun „schnell ersonnen*, „küha ausgeführt“, 
eder ein anderez hier passendes. 

Während die erste scene des Pseudolus im gnozen gut über- 
liefert ist und durch den überaus lebhaften, aufs reichste ausge- 
statteten dialog einen seltenen genuss gewührt, auch von interpo- 
lationen frei ist), zeigt sich dagegen die ganze zweite scene 
(== 12 + 3 + 4 uulg.) im hohen grade mit solchen angefüllt; 
es ist öfter der fall in den plautinischen komödien, dass grade die 
. nach den meistens am besten componirten und überlieferten ein- 
gangsscenen folgenden scenen es sind, in denen sich ein nachbesserer 
recht breit machi: ich erinnere nur au Mostell. 1, 2 und 3, Mil. 
glor. If 2, und dann an Ill 1, erste hälfte (bis 765 R.) Es ist 
Usener’s verdienst im prooemium zum greifswalder sommerindex 
1866, in dem das ganze canticum Ballio's 133—229 kritisch be- - 
handelt wird, auf solche einschiebsel aufmerksam gemacht zu haben. 
Zuerst wird v. 142 At faciem quom aspícias eorum, havi endli 
uidentur : ópera fallunt. stillschweigend aus dem texte entfernt: 
gewiss mit recht, da er einen ganz isolirten- uud mit der übrigen 
rede des Ballio wenig stimmenden gedanken eathalt; ebenso wer- 
den die sinnlosen worte 151 Nempe ita animali estis «os uincite 
hoc duritia ergo gestrichen als „ex ueren 152 pessime conficta" 
(p. 10). Von den versen 155 sq. die Ritschl zu kübn mit ein- 
ander vermengt hatte, erkaunte bereits Fleckeisen ; dass sie im 
anschluss an die handschriften zu lesen seien: 


V. 155: Adsistite omnes cóntra me et quae lóquor aduortite 
ánimum, 

V. 156: Huc ádhibete auris, quae égo loquar, plagigerula 
| genera hómiuum. 

Die einzige wesentliche änderung ist Bothe's plagigerula für 

das handschriftliche plagigera, metrisch nothwendig und ächt plau- 


4) Nur gegen 91 hat Madvig (s. die annot. crit. bei Ritschl) ver- 
dacht erhoben, und gewiss begründeten: denn der vers ist ja sehr 
auffallend neben 98, und. der einsatz, mit dem Pseudolus herausplatzt 
92 sq., wire kräftiger und schlagender, wenn 91 fehlte. Doch wage 
ich nicht ibn ohne weiteres zu entfernen. Ä 


Plautus. | | 159 


tinisch: Most. 861 L. Zugleich sab Fleckeisen, dass vom deu bei- 
deu ganz dasselbe besagenden versen nur éiner ächt sein könne, 
und klammerte deshalb 156 ein; desgleichen Usener, L |. p. 8—10, 
der den vers für eine ursprünglich am rande beigeschriebene pa- 
rallelstelle aus irgend einem. anderen stücke hält. Ich möchte 
jedoch wegen des in 155 ungewöhnlich als präposition gebrauchten 
contra (Mil. glor. 101 L. aum.; Müller, Nachtr, zur plaut. pros. 
p. 99) und wegen der weit ansprechenderen zweiten vershülfte von 
156 eher diesen zweiten vers für den ächten halten, wozu auch 
Müller a. a. o. und Bergk im Philol. XVII, p. 56 und in den 
Beitr. z. lat: gr. I, p. 83 geneigi scheinen, man möge ihn nun 
mit Bergk ll. ll. schreiben plagigera genera homonum oder, wie 
oben angeführt, mit Bothe, was ich wegen der bei Plautus hüu- 
figen und nicht selten, wie hier, herabsetzend und schmähend ge- 
brauchten diminutive vorziehen würde: vgl. scutigerulus Cas. M 3, 
44; munerigeruli (ohne jene nebenbedeutung) Pseud. 181; damni- 
geruli Truc. Il 7, 1; gerulus Baech. 1003, gerulifiguli ibd, 381. — 
Auch 166 Pernam callum glandium sumen face in aqua iaceant. 
satin audis? muss sicherlich mit Usener p. 5 und 13 sq. günzlich 
entfernt werden, da er hier völlig unpassend und nach Stich. 360 


pernam ef glandium deicite fabricirt erscheine, Ich mache noch — 


aafmerksam auf Pernam suis, abdomen, sumen, glandium Curc. 323 ; 
Pernam, sumen, glandium ibd. 866 ; Esto pernam, sumen suis, 
speotile, callum, glandium Carbon. fr. 2; Capt. 903 sqq., Men. 210. 

V. 201. Die metrische schwierigkeit in der überlieferten 
wortfolge Id tibi profecto taurus feet veranlasste Ritschl zu der 
umstellung Tibi id profecto. Müller, Plaut. pros. p. 249, und 
Usener behalten die bandschriftliche wortfolge, die letzterer durch 
A. Spengel’s theorie von gewisser metrischer freiheit im ersten 
fusse (T. Maccius Plautus p. 113, wo diese stelle fehlt) rechtfer- 
tigen zu wollen scheint. Auch Fleckeisen behielt in seiner aus- 
‚gäbe die überlieferung bei, schlug aber später in den N. Jahrb, f. 
philol. bd. CI (1870), p. 784 anm. vor, eine alte affırmativpar- 
tikel corgo für profecto hier und anderswo einzusetzen, wodurch 
mehrere metrische anstôsse geboben werden würden. Das nach- 
drückliche Id tibi an der spitze des satzes ist gewiss zu halten, 
und ich kann mit dem vorschlage Bergk's, Beitr. 3. lat. gr. !, 
p. 85 f. anm, nicht einverstanden sein: Déwinzere ad taárum, item 


160 Plautus. 


stringam dd carnarium: hic tibi | Profécto taurus fiet. Der fehler 
muss im folgenden stecken, und da Geppert in den Plantin. stud. 
il, p. 60 aus A den ,schreibfehler* PROFECTVS notirt, ist viel- 
leicht Id tibi protenus taurus fiet zu lesen, wenn auch der 
dactylische wortfuss bei den anbüngern der Lachmann schen „regel“ 
bedenken erregen wird. Die schreibung protenus ist durch Nouius 
p. 255b sqq. ed. Basil. gesichert, über die bedeutung (,,sofort, als- 
bald*) genügt eine verweisung auf Corssen's durlegung , Aussp. 
u. s w, IP, p. 419 f, aum. 

V. 205—208. Ob auch hier in v. 207 mit Ritschl, Fleck- 
eisen und Usener eine dittographie zu 206 zu erkennen ist, bleibt 
bei der beschaffenheit der überlieferung vorläufig noch unsicher. 
Die stelle gehört zu deu verzweifeltsten in dem an schwierigkeiten 
aller art überreichen stück, und nur eine glückliche entaifferung 
des A wird es vielleicht noch vermögen sinn und metrum in die 
an und für sich nicht so verdächtigen worte 207 zu bringen. 
Restitutionsversuche im engen anschlusse an die handschriften ge- 
ben O. Seyffert im Philol, XXV, p. 449 ff., vgl. dazu Müller, 
Plaut. pros. p. 89, und A, Spengel, T. Maccius Plautus p. 148, 
nach Weise's vorgang, gegen welchen W. Christ einspruch erhebt 
in deu ,,Metr. bemerk. zu den Cant. des Pl.“ p. 52 (= Sitzungs- 
berichte der bayr. akad. d, wiss. 1871, 1). Dagegen entfernt 
Usener p. 6 und 17 die worte nimis sum stultus (205) als glos- 
sem zu nimium indoclus fui, streicht ganz den von Ritschl und 
Fleckeisen eingeklammerten vers 207 und vertheilt : 

205: Sed nímium fui indoctus . nempe illi audeant id facere 

206: Quibus ut seruiant suos illos cogit amor. 

PS. Vah face. 
CAL. 
Quid est? 

208: Male morigeru’s. 

PS. 
Male facis mihi, quom sermone huic obsonas. 

Hiergegen ist einzuwenden, dass ein demonstrativum vor Qui- 
bus unentbehrlich scheint, dass die wiederholung von illos zwecklos. 
ist, und dass sowohl das Male morigerus des Calidorys wie auch. 
das Male facis mihi des Pseudolus unpassend, ja letzteres fast un- 
verständlich ist. Und da im A eben dieses offenhare glossem das 


Plautus. 161 


Scht plautinische Male morigerws (wozu ein mihi wohl kaum ent- 
behrt werden kann) verdrängt hat, so scheint auch darauf kein. 
grosses gewicht gelegt werden zu können, dass der A das Vak 
auf zeile für sich vor NIMIVSSTVLTVS hat, wie Geppert in 
den Plautin, studien II, p. 62 mittheilt, sondern man muss für 208 
mit Fleckeisen und Kiessling (in den N. jalirb. f. philol. bd, XCVII 
(1868), p. 641) der palatinischen recension den vorzug geben 
und lesen: 
PS. Vah tice CAL. Quid est? PS. Male mihi mori- 
geru’s, quóm sermoni huius óbsonas. 
(der B hat C. Vah tace P. Quid cfl; huius für huic schlug schon 
Ritschl vor in der annot crit).  Hieran schliesst sich denn 
gut 209: 
CAL. Täceo, PS. At taceas málo multo quam tacere te 
aütumes, | 
wo das autumes eine conjectura palmaris Th. Bergk's ist, Philol, 
XVII, p. 40 ff., vgl. led. un. Hal, aest. 1862, p. VII, aufgenommen 
von Usener. — In vs. 206 sq. kann nichts gethan werden, bevor Stude- 
mund’s collation des A vorliegt; Geppert a. a. o. p. 60 las PRO- 
HIBEBIT und EOS QVOD SOLENT; der vers scheint eine 
weitere ausführung des quibus ut seruiant suos amor cogit ant- 
heiten zu haben, etwa Immo semper prohibebit eos suos amor, ne 
faciant adversum eos, quod wolint (molint?). — In 205, der 
neck Geppert a. a. o, p. 62 auch im A mit audeant schliesst, 
kann in der ersten vershälfte die überlieferung zur noth gehalten 
werden, wenn sum gestrichen und fui umgestellt wird (Séd nimis 
stultus , nimium indoctus féi:), obgleich grade das letzte wort, 
worin Seyffert a. a. o. die interjection fu! finden wollte, starkes | 
bedenken erregt. In der zweiten vershälfte verbessert Bugge, 
Philol. XXXI, p. 252, sehr ansprechend Ne illi haud audeant, 
»vgl. Bacch. 1056, Mil. 11*. 

Nachdem Ballie 225—220 seine drohungen gegen Phoenicium 
ansgestossen hat, entsteht zwischen dem in leute verzweiflung aus- 
brechenden Caliderus und seinem sklaven ein kurzes, höchst er- 
regtes zwiegesprüch. Pseudolus ist zwar auch erbittert über die 
schändlichkeit des kupplers, behält aber seine fassung und sucht 
den aufgeregten jüngling zu beruhigen (237): In rém quod sit 
pramériaris, quam re dduorss animo auscülies. Die darauf fol- 

Philologus. XXXV. bd. 1. 11 


162 | Plautus, 


gende antwort (238) Nugae istaec sunt: non iscundemsb, mis 
emáns fucit stülte. (durch ein Pérgin? des Pseudolus zum verse 
vervollständigt) hat einen für die augeublickliche lage und stim- 
‚mung des Calidorus so wenig passenden inhalt, dass ich fast an- 
nehmen möchte, sie sei, anderswoher entlebnt (denn aa und für 
sich ist der vers ja gut), erst am rande beigefügt und dann in den 
text germthen, Wie viel passender erscheint, nach den in stets 
steigendem affect rasch und kurz einander folgenden wechselreden 
235 sq. als gipfel der rathlosen verzweiflung Calidor's, sein O 
Pseidole mi, sine sim nihili! mit dem er sich dem Pseudolus um 
den bals wirft. Darauf dieser ungeduldig und unwillig: Mittin 
me? Sine modo ego dbeam. So möchte ich lesen statt des hand- 
schriftlichen Mille me sis. P. sine. C. modo ego ubeam, was 
Müller, Plaut. pros. p. 430, in folgender fassung behält: Mitte 
me sis. PS. Sine modo ego abeam. Dass die letzten vier worte 
richtig sind, erkannte Ritschl in der praef. Pseud. p. XIV, und 
Fleckeisen setzte sie in den text; für das Mitte me sis lesen 
" beide wohl zu kühn: sine sie. PS. Sino. — Jm folgenden verse 
240 empfiehlt sich für Ritschl’s. Nunc iu sapis demwm zur ver- 
volistiudigung des verses vielleicht eher Nunc tu sapis sane; 
vgl. Cas. 615 G. Sapia sane; sane sapis Pseud. 662, sane sapit 
Men. 790, sane sapio Amph. 448; recte sopio Pseud. 496, rectius 
supimus Ter. Ad. 832. 

luzwischen hat Ballio auf der entgegengesetzten bübnenseite, 
von wo aus er die beiden anderen noch gar nicht bemerkt hat, 
die mädchen biueingeschickt und rüstet sich nun mit den worten 
241: It dies: ego mihi cesso . i iu praé, puere zum abgang , so 
dass Culidorus erschrocken (denn er muss ihn ja jetzt um jeden 
preis sprechen) dem Pseudolus zuruft: Heüs, abit (er ist schon 
fortgegangen !): quin réuocust  Pseudolus hat keine so grosse eile 
(242): Quid pröperas? Placide! desto mehr aber Calidorus: At 
príus quam abéat! und vollends Ballio: Quod hoc mdlum? tam 
plécide is, piiere? Kz folgt nua eine von den im Plautus nicht 
seltenen scenen, wo eiue person eine andere anredet, die nicht 
sehen noch hören will, sondern nur sich beeilt fortzukommen. Es 
wird uns hier oft sehr schwer uns vorzustellen, wie das arrange- 
ment solcher auftritte gewesen sein mag (ich erinnere nur au Tris. 
IV 3, bis 1070, und an Merc. V 2, bis 885), und mauche ganz — 


Plautus. 163 


natürliche und nicht abzuweisende fragen müssen unbeantwortet 
bleiben. Z. b. die hier so naheliegende: musste Ballio nicht so- 
gleich den das gesprüch beginnenden Pseudolus an der stimme 
erkennen, da sie doch früher schon mit einauder zu thun gehabt 
batten (233 s.., 270, 837)? Oder noch eher: warum kehrt er | 
sich nicht segleich um, wie man doch, wenn man eile bat, zu thun 
pflegt, besonders nach einem so ‚uffälligen grusse, wie ihn Pseu- 
dolus darbringt : 

243: Hédie nate, heus hódie nate, tibi ego dico, heus hédie nate. - 

Hätte er es gethan, würde er sowohl den Pseudolus sofort 
erkennt haben als auch den Calidorus, der ihm früher schon man- 
ches geld gebracht het (247 sq., 305, 320); er thut es aber 
sicht, denn sonst könnte er nicht noch 251 sagen: quisquis es. 
Diese bedenken also nothgedrungen bei seite lassend, müssem wir 
was im übrigen ein môglichst klares bild von dem spiel der han- 
deladen personen zu machen suchen und der bühnenkenntniss des 
als sceneinstrueteur fungirenden dichters vor allem eweierlei zu- 
trouen, was die nóthige ükonomie mit zeit und raum durchaus er- 
fordert: anweisung der schauspieler zu raschem, behendem agiren, 
und möglichst schnellen, schlagenden abschluss solcher spannenden 
swischenscenen. Die vorliegende denke ich mir num folgeuder- 
massen. 

Der schauplatz ist in Athen auf offener stresse, nube einem 
wach dem hafen fübrenden thore. Die rückseite der bühne stellt 
drei háuser der: das am meisten rechts (vom zuschauer), dem 
ausgang nach dem forum (und aufs land hinaus) zanächst gelegene 
ist des des Hallio: deun auf die bitte des als cacula verkleideten 
und angeblich aus der fremde (vom hafen her) kommenden syko- 
phaeten (051): Séd mihi propera mönstrare ubi sit és lenonie 
asdium, antwortet der mit ihm, also von der linken (hafeu-) seite 
her, kommende Pseudolus: Tértium hoc est (952). Vom thore aus 
ist es das siebente: so zählt der vom hafen kommende Harpax 
595—598. Das mittlere haus gehört dem Simo (526, 890), das 
linke dem Callipho (411, 456). Wenn also am schlusse der er- 
eten scene Calidorus und Pseudolus sich ganz nach links zurück- 
gezogen haben, kann der aus seinem hause tretende und die vor 
demselben postirten serui und seruae so lange (133—229) anre- 
dende Ballio meistens jenen beiden den rücken kehren, wodurch 


11° 


104 Plautus. 


ihr unbemerktbleiben und ihre zwischenreden 198 ff. 201 ff. den 
zuschauern um so walirscheinlicher werden, Nachdem nun Ballio, 
wie bereits gesagt, eilig den weg von seiner hausthüre zum sce- 
nenausgange angetreten hat, wird er durch die aurede des Pseu- 
dolus 243—245 zwar zum stehen gebracht, kehrt sich aber nicht | 
um, sondern macht sich nach vier kurzen repliquen mit einem 
Nimis molestu’s (249) wieder auf den weg, so dass Calidorus 
drängt: Repreliende hominem, adsequere, und Pseudolus selbst kei- 
men anderen rath weiss als quer über die bühne zu eilen und 
den abgehenden (i puere 249) den weg geradezu zu verlegen: 
occedamus hac obuiam 250. Ballio hört den ungelegenen frager 
von hinteu herankonimen und will mit einem Iuppiter fe perdat, 
quisquis es, noch schneller davongehen: — da taucht der abschre- 
ckende kopf seines „alten freundes“ (233) unmittelbar vor ihm 
auf, mit einem äusserst glücklich angebrachten, zweideutigen Te 
wolo jene verwünschung parirend, und hinter ihm der Calidoras, 
so dass Ballio, das bevorstehende langweilige klagelied ahnend, 
wohl recht aus herzensgrund das At uos ego ambos ausstässt. 
Er sucht dann auf einem umweg e (Vortec hac, puere, te 252) 
den ausgang zu gewinnen, verfolgt von Pseudolus, der ihn zuletzt 
sogar anfasst, aber mit einem barschen Omitte abgefertigt wird. 
Da beginnt Calidorus selbst zu flehen: Ballio, audi, aber ebenso 
vergebens: unter vier kurzen repliquen gewinnt Bellio den aus- 
gang und ist mit dem schroffen Dicito quando habebis 258 im be- 
griff zu verschwinden, als der kluge Pseudolus das zauberwort 
ausspricht, das den herz- und gewissenlosen menschen zu allem 
bewegt: Potin vt semel modo, Büllio, huc cum t4o lucro re- 
spicias? (264), und er wirklich gehür schenkt. 

Die dazwischenstehenden fünf verse 259—263 künnen nicht 
von Plautus sein. Ich will kein besonderes gewicht darauf legen, 
dass sie sich nieht in den kretisch-trochäischen rythmus fügen, der 
sich bisher ungezwungen ergab; dass 263 fuit und est gegen den 
plautinischen sprachgebrauch verstossen, vgl. Becker in Studemund’s 
Studien I 1, de interrog. obl. p. 253, cl 310; dass 260 ff, 
Mortua «erba nunc re facis eine höchst auffallende wortstellung 
ist (man könnte ja umstellen Móriua ré facie uérha nunc), dass 
die metaphora res mortua sonst nicht bei Plautus vorkömmt °), 


5) Sollte hier vielleicht eine verkehrte anwendung des sprich- 


Plautus. | 165 


and dass rem aciem agis (nach Cistell. IV 2, 36, Ter. Phorm. 
‘419 u. a, w.) hier dürch nichts motivirt ist: aber ist das denk- 
| bar, dass Plautus, der doch unläugbar theatralischen tact und prak- 
tische routine besass, nach der gelungenen kurzen und schroffen 
abfertigung 255—258 noch sich selber und seinen schauspieleru 
unnütze, den effect nur schwächende mühe gemacht haben sollte 
mit einer so breiten und doch inhaltsleereu wieder- 
holung des vorigen? Und ist vollends das möglich, dass er den 
Pseudolus sagen lassen kann 262: Nosce saltem huno: quis 
est? — nachdem Ballio 251 beide gesehen und erkannt 
hat, wie noch zum überfluss aus seinen antworten 255—258 
deutlich hervorgeht? Plautus mag sich bei der composition seiner 
stücke mancherlei inconsequenzen schuldig gemacht uud in späteren 
acten oft vergessen baben, wos er in den ersten geschrieben : ein 
so krasser widerapruch aber in dieser kurzen, genau zu in- 
struirenden scene scheint mir undenkbar. Die fünf verse siud 
entweder spätere schauspielerinterpolation, wie sie z. b. an der 
ganzen partie 1079— 1086 nachgewiesen ist von A. Kiessling ia 
seinen sehr verdienstlichen bemerkungen zum Pseudolus, Rhein. 
mus XXI, p. 422 f., oder, was ich eber glauben möchte, sie 
verdanken ihren ursprung einem der fälscher, die, wie wir. bereits 
im grossen canticum sahen, durch beifügung von parallelstellen aus 
anderen stücken oder durch eigene fabrikate den text so arg ent- 
stellten. | 
Da in den obigen citaten mehrere abweichungen vom texte 
Ritschl’s und Fleckeisen's vorkommen, stelle ich die verse 243—264 
hier zusammen mit kurzer angabe der aufgenommenen ände- 
rungen. | 
Pseudolus. 
Hédie nate, heus, hôdie nate: tibi ego dico: heus, hódie nate, 
Redi ét respice 4d nos . te, tam étsi occupátu's, 
245.. Morámur . mane: ém, conloquí qui uolánt te. 
Ballio. 
Quid béc est? quis ést, qui morám mi occupáto 
Moléstam optulít ? 


wortes „de irritis conatibus": uerba fiunt mortuo (Phorm. 1015) vor- 
liegen? Vgl. Poen. IV 2, 18: uerba facit emoríuo; Bacch. 519: ad 
sepulerum mortuo. dizit logos. | 


160 Plautus. 


Pseudolus. | 
Qui tibí sospitális 
Fuit. . 
Ballio. 
Mortuést, qui fuit: qui sit, dsust. 
Pseudolus. 
. Nímis superbe. 
mE Ballio, 
Nímis molestu’s. 
Calidorus. 
Réprehende bominem, adséquere, 
Ballio, - 
I, puere. 
Pseudolus, 
250. Qecédamus hac obuiám. 
Ballio. 
Juppitér te . 
Perdát, quisquis és. 
Pseudolus. 
"Te uolo, 
Ballio, 
| At uos ego ámbos. 
Vorte hac, puere, t& 
Pseudolus. 
Non licét conloqui te} 
Ballio, 
At mihi non lubét, 
Pseudolus. - 
Sin tuámst quippiam fu rem! 
Ballio. 
Licétne, opsecró, bitere án non licét? 
Pseudolus. | 
Vah, 
259 a, Manta. 
| Ballio. 
Omitte, 
Calidorus, 
Ballio, audi, 


Plautus. 167 


| Ballio. 
25» b + 256. Surdás sum. profécto ináni logístae. 
| Calidorus, 
257. Dedi, dum faft. 


Ballio. 
Non peté, quod dedfsfi. 
Calidorus. | 
258. —. | Dabé, quando erit. 
| | Ballio. 
Dicité, quando habébis. 
Pseudolus. 
264. Potins üt semel modo, Bállio, huc cum tio lucro respícias! 


Die beideu trochäischeu verse unterbrechen die kretischen an 
den beiden apannendsten stellen, wo am lebhaftesten agirt wird 
und Calidorus miteingreift, wie oben genauer dargelegt. — — 244 - 
te scheint mir hart zu fehlen; tam etsi schreibt jetzt auch Ritschl, 
Trin.? 679; tam etsi’» occupatus Fleckeisen, Müller Pl. pr. p. 
762. — 245 em 0. Seyffert, Stud. Plaut. p. 22; chenso Usener ia 
den N. Jahrb. f, philol. CVII (1873), p. 399 f, — 248 qui sit, 
wsust Bursian ia den N. Jabrb. f. philol. LX XVII (1858), p. 512; 
ebenso Bergk, privatim. — 249 sqq. Im cod. B, den ich nach- 
eollationirt babe, sind die grossen imitialen , deren wichtigkeit — 
Ritschl! selbst hervorheht in der annot. crit. zu 243, erhalten in 
folgenden wórtern: Nimis vor molestus, Reprehende, Accedamus, 
Jappiter, Perdat, At, Non vor licet, Licet vor meopse || cro (sic), 


“ EP 
Omitte, Dedi, Dicito (so m. 1, erstes i radirt), Moriua, Nosce, 
Iam dius’ (sie, dana 2—3 spatien vor Scio) — 252 hac, puere, 
te Müller, Nachtr, z. Pl. pr. p. 139 f. — 253. Mit dea hand- 
schriften, auch Brix zu Capt? 123; quipiam Fleckeisen. — 
255 eg. Die metrische anordnung ergiebt sich ungezwungen aus 
den handschriften und ist beibehalten von Studemund, de cant. 
Plaut. p. 46, und 0, Seyffert, de vers. bacch.. p. 32 und 48; 
nur messen beide den vers Surdus e. q. s. als dim. bacchiacus -- trip. 
iami, catalectica, da sie inanilogislae als éin wort im voc. pluralis fassen. 
Einfacher scheint es mit Salmasius. inani logistuc (dat. incommodi) zu 
sthreibeu und es auf Calidorus zu beziehen, den amator: 308, 731. 


168 Plautus. 


Studemund ist nicht ohne bedenken wegen der bedeutung von lo- 
gista, die dech vielleicht in der komödie, wo logi „leeres ge- 
schwätz“ so häufig ist, denkbar sein mag; Rost, opusc. Plaut. I, 
p. 95 hält nur inaniloquus für richtig ; Bursian a. a. o. schlägt 
vor inani's: logi isiaec. Das metrum bleibt jedenfalls unverändert, 
— 257 puto „rechne“ für peto: Bergk, privatim, vielleicht rich- 
tig. — 258. Dicito Bugge, Philol. XXXI, p. 252 f. — 264. 
cum tuo lucro Müller, Nachtr. z. pl. pr. p. 140. 

Es folgt die grosse trochäische septenarscene 265—893, die 
in mehreren partien, wie in der ganzen schilderung des wechseln- 
den gemüthszustandes Calidor's und in dem schimpfterzett 357 ff, 
sehr gelungen, in anderen aber von ermüdender breite ist. Na- 
mentlich 307—320 möchte man gerne entbehren; gegen 307 er- 
heb schon Bursian a. a. o. verdacht, als spütere erweiterung voa 
$06. Sichrere kenuzeichen von verderbniss zeigt schon die erste 
replique des Ballio: denn 268 Nón potest (potis est Fleckeisen) 
pieldti opsisti huic, situti res sunt oéterae bleibt an dieser stelle, 
selbst wenn man mit Kiessling, Rhein. mus, XXIII, p. 414 f, 
sicus für wt schreibt (so haben nämlich die handschriften), doch 
völlig unverständlich, und gehórt, wenn er überhaupt ächt ist, 
nach 285, wie schon Ladewig im Philol. XVII, p. 457 f. gese- 
hen hat. Der nächste vers, 

Déos quidem, quos máxume aecumst, metuere, eos mi- 

| numi facit, 
ist, selbst wenn man ihn mit Ritschl] in der annot. crit. und Fleck- 
eisen dem Calidorus giebt, so ganz überflüssig, klingt so fremd- 
artig im Plautus und sieht einer versificirten raudglosse eines ge- 
lebrten lesers so ähnlich, dass man iln wohl unbedenklich entfernen 
kann, — Auch 284 ist verdächtig: Ndm id hio metuit, né illam 
wendas 6b simultatém suam, Die erklärung der furcht dea Cali- 
dorus ist für den längst in alles eingeweihten zuschauer und leser 
ganz überflüssig, und 285 Fit occasió, si uellet, iim pridem ar- 
gentum di daret schliesst sich besser an das At dabit, parabit 
288 an. Das incorrecte simultatem suam ist zwar nicht ohne 
beispiele, vgl. Amph. 1006 terrore moo, Phorm. 1016 neclegentia 
tua und odio tuo, Madv. Gr. 8. 297 b, anm. 1, aber simultas ist 
ein unpassender ausdruck für das verhältniss zwischen Ballio und 
Calidorus, besonders im munde des sklaven: es ist ein hiherea 


Plautus. 169 - 


stilgattungen angehöriges wort und findet sich in den palliaten nur 
noch Phorm. 232 in schwungreïicherer diction. — Ich übergehe 


andere stellen, die zwar ohne allen schaden für die composition der 
scene fehlen könnten, wo es aber doch bei dem blossen verdacht 
sein bewenden haben muss, sz. b. die schon genannte partie von 
307 (oder doch von 309) bis 320 incl, die matten verse 299 sq. 
und die sehr unklaren ausdrücke und auepielungen 301 sq. (von 
einer theüerung des üles zur zeit der auffiibrung der komödie wird 
Birgends etwas berichtet , so viel ich habe finden kónnen); aber 
wm schlusse der scene sind 390-392 ganz unerträglich. Pseu- 
dolus, entschlossen dem Ballio einen streich zu spielen, batte 385 sq. 
gesagt ‘Ad eam rem usust hómine astuto, dócto, cauto, cállido 9), 
Qui inperata eofécta reddat , nón qui wigilans dérmiat, und gleich 
darauf empfohlen 389: Prépera, addue hominem hic cito, woran 
sich vortrefflich 393 anschliesst: CAL. Iam hic faxo aderit. PS. 
Pétine ut abeas? Tibi moram dictis creaa. Schon Ladewig 
machte in sehen „Plautin. studien“ Philol. XVII, p. 457 darauf 
aufmerksam, dass jene forderung Ad cam rem u. s. w. sich durch- 
des nicht vertrüge 1) mit 697 sq. wo Calidorus vom markte zu- 
rüekkelrt in begleitung seines freundes Churimus uud diesem sagt: 
Peeádolus mi ita ínperauit, at aliquem hominem sirénuom ,  Béne- 
wolentem adduceren ad se, worauf Charinus erwidert Séruas im- 
periém probe: Nam eb amicum et béneuolentem dicis. — 2) mit 
890—392, wo Calidorus mit einem male anfángt: Patici ex multis 
sunt amici, hómini certi qui sient, Pseudolus dieses zugiebt: Scio 
ego istuc (das folgende ist verschrieben) und mit der aufforderung 
sehliesst Aique exquacre ex idis multis énum, qui certus siet. 
Ladewig wurde nun durch die wegen des amicus scheinbare über- 
einstimmung zwischen 590—392 und 697 sq. und auch durch die 
wiederkolung des verses 384 (der jenem ‚ersten verlangen des 
Preudolus nach einem homo asiusus doctus cautus callidus 385 sq. 


6) So ist wohl dieser vers zu lesen. Ritschl fand im A: callido 
und vermuthete daher Aomine astuto docto scito für das hominem astu- 
fan docium scitum der handschriften, was Fleckeisen auch in den 
text setzte. Im A konnte jedoch scifwm et, was die palatinische re- 
cension vor callidum bietet, nicht gelesen werden: Geppert las aber 
statt dessen C4VTO vor CALLIDO, Plautin. stud. Il, p. 61, was 
das richtige sein wird, da scitus nicht recht mit den drei anderen 
adjectiven stimmt; das usyndeton ist ja ächt plautinisch. 


170 Plautus. 


vorangeht) au einer späteren stelle: 11 1, 11. zu der annahme ge- 
führt, dass wir in 390— 392 die band des dichters hätten, wäh- 
rend 384—386 unächt seien, nämlich nach einer von ihm mit 
vorliebe befelgten theorie spätere ausfüllung einer im texte vorge- 
fundenen lücke; im dieser lücke hube die aufforderung des Psen- 
dolus am Calidor, sich mach eimem amicus ceríus umzusehen, ge- 
standen und dann wären gefolgt 390—392, 387—389, 393; zu 
letzterer umstellung wurde Ladewig veranlasst durch den in die 
augen springenden vortreffüichen anschluss des Iam faxo hic aderit 
393 an das Propera: adduc hominem huc cito 389, der schon obes 
bervorgehoben wurde. — Ich glaube die‘ schwierigkeit anders 
lösen zu können. Der vers 384 Höc ego oppidum ddmoenire ut 
hédie capiatár uolo kehrt allerdings im canticum ll, 1 als elfter 
vers wieder; aber an einer stelle, wo sewohl Ritschl (Opusc. II, 
p. 279 sq. cfr. 768 sq.) wie Bergk (Z. f. A.-W. 1852, p. 349— 
352) starke interpolationen nachgewiesen haben, Bergk’s vor- 
schlag zur herstellung der betreffenden stelle ist so einfach und 
ansprechend, dass man es fast bedauert nachträglich zu bemerken, 
wie ihm durch zufall das frühere vorkommen des elften verses 
hier (als 384) entgangen ist. Hier kann er nicht entbehrt wer- 
den, wie Ritschl mit recht betont, es sei denn dass man zu der 
weitgreifenden annahme schreiten wollte, er sei aus II, 1, 11 hier 
beigeschrieben und habe eine andere, üchte fassung verdrängt, was 
mir aber wegen der fast durch's ganze stück festgehaltenen bild- 
lichen ausdrucksweise unwahrschelnlich ist: vgl. ausser If, 1 be- 
sonders 766: lam égo hoc ipsum oppidum éxpugnatum (dro eril 
lenónium, und 1064: arx Ballionia. — Ist nun also 384 unent- 
behrlich und sind demnach auch die folgenden verse bis 389 incl. 
nicht anzutasten, so fragt es sich, wie der widerspruch zwischen 
dem hier verlangieu homo astutus doctus cautus. callidus und dem 
697 sq. gebrachten homo strenuos, amicus et beneuolens, zu lösen 
sei. Ja das ist eben einer von jenen kleinen widersprüchen , die 
man bei Plautus, wie bei anderen dramatikern, bisweilen findet; 
bei jenem fast in jeder grösseren palliata: ich erinnere an die in 
meiner einleitung zum Miles gloriosus p. 42—44 dargelegten und 
hoffe sehr bald an einem anderen orte mehrere aus dem Pseu- 
dolus darlegen zu können. Als Plautus 384 sqq. schrieb, schwebte 
ihm das bild des bei der intrigue zu verwendenden sykopbanten 


Plautus. | 171 


ver: als Charinus kommt, hat er jenes vergessen und wendet sich 
ganz der schilderung dieses liebenswürdigen heiteren jünglings zu, 
die ihm denn auch trefflich gelungen ist. — Aber jemand, der 
den kleinen widerspruch durchaus beseitigen wollte, schob zur ver- 
mittelung die (auderswoher geholten oder selbst fabripirten?) verse 
390—392 ein uud bedachte nicht, dass er hierdurch, ohne jeden 
motivirten übergang, zwischen zwei eng zusammengehörende verse 
einen ganz fremden gedanken eindrüngte, der noch dazu mit dem 
charakter des Calidorus und mit der eile, die sein anliegen hat, 
gar nicht stimmt. Ob der gedanke vollends auch schief ausge- 
drückt war, ist bei der beschaffenheit der überlieferung namentlich 
391 schwer zu entscheiden: uirumque kann nicht richtig sein, da 
man ja doch nicht einen dilectus halten kann unter den amici 
qeuci, qui homini certi sient, und den amici multi (qui homini 
certi non sient), um éinen zu finden, qui certus sict. Daher ist 
auch Ladewig's utrimque (Z. f. A.-W. 1842, p. 1074) nicht zu 
halten, uud in v. 392 multis jedenfalls verschrieben; ein ulcum- 
que, wie Acidal ?) wollte, hat Plautus nur Epid. 1, 1, 47: Utcumque 
in alto uentus est, exin uelum wortitur (== Poen. Ill, 5, 9) and 
Bacch. 662 (unsicher) Was im A die ursprüngliche fassung ge- 
wesen ist, überlasse ich scharfsinnigeren zu ergründen: Usener und 
Bugge haben es versucbt, N. Jahrb. f. philol. XCI (1865), p. 264 
und Philo. XXXI, p. 454; Geppert’s mittheilungen ans demsel- 
ben, Piautin. stud. 11, p. 60 und 58 f., lassen dus baldige er- 
scheinen des Studemund’schen abdrucks noch mehr wünschen. 

Der folgende monolog des Pseudolus, I, 4 uulg., zählt unter 
seinen 21 versen jedenfalls 3, vielleicht 4 oder 5, unüchte. Zuerst 
hat Kiessling im Rhein. mus. XXIII, p. 419 den störenden v. 403: 
Facit Mud uerisimile, quod menddciumst, dem a. ch durch Bergk's 
änderung Facile illud e. q. s. (ind. Haleus. 1858/59, p. VI) nicht 
recht aufgeholfen wird, als einschiebsel entfernt: erst dann tritt 
die nöthige eoncinnitüt zwischen 401 sq. und 404 sq. ein. Noch 
viel breiter macht sich der interpolator in den drei folgenden versen: 


7) Seine worte sind Divin. p. 349: Nescio quid hoc interpretatio- 
nse est ad utrumque uocem, cum Lambinus astuium ct incertum desig- 
nari ait. Utrumque est ulrorumque, certorum sctl. amicorum et incer- 
torum. Eorum dilectus tubetur. Veteres tamen utrinque, quod sensui 
aeque apium; mec ineptum ulcumque, st quis ita malt. 


172 Plautus. 


406. .Atque égo me iam pridem huíc daturum dixeram, 
407. Ac uólui inicere trágulam in nostrám senem: 
408. Verum fs nescio quo pácto praesensít prius, 
die ja übrigens recht gut gelungen sind. „Im ersten verse be- 
stätigt der Ambrosianus die von Ritschl gemachte umstellung me 
iam pridem huic, im zweiten geben die handschriften sümwtlich 
At statt Ac Geppert, Plaut. stud. I, p. 70. Aber die unächtheit 
dieser verse, die Geppert a. a. o. p. 71 bezweifelt, geht hervo. 
aus folgenden gründen: 1) in der gunzen ersten scene kommt auch 
nicht das mindeste von ihrem inhalte vor: denn erst hier erfährt 
Pseudolus die noth, iu der sein herr sich befindet, und giebt das 
versprechen ihm zu helfen selbst auf kosten des vaters; 2) der v. 
408 steht im directesten widerspruch mit 418—426 im anfange 
der folgenden scene: denn erst dort bekannte Pseudolus zu wissen, 
dass Simo von der verlegenheit seines sohnes gehört habe und 
schon ahne, dass es auf ihn abgesehen sei; er hätte also 426 sx- 
gen müssen iterum praesensit. Deshalb streicht auch Sauppe in 
den Quaest, Plaut. (ind. Gotting. 1858/59), p. 6 den vers. — 
Drittens konnte das tragulam inicere 407 leicht gebildet werden 
nach folgenden stellen: Epid. V, 2, 25: 
Trágulum in te inícere adornat: néscio quam fubricám facit. 
Cas. Il, 4, 18: | 
Ego pol istam iam áliquouorsum trágulam decídero. 
Poen. IV, 2, 97: 
Sátine, priusquam unümst iniectum télum, tum instat álterum! 
Most. 570 R. 555 L.: | 
Contínuo adueniens pílum iniecistí mibi. 
Auch Weise, Die komódien des Pl. kritisch nach inhalt und form 
beleuchtet I, p. 172 f., verwirft die verse (und überhaupt den gan- 
zen monolog!), desgleichen Ludewig im Philol. XVII, p. 456 f., wo 
er noch darauf aufmerksam macht, das huic 406 ganz beziehungslos 
dastehe; die verse seien ausfüllungen eines grammatikers in einer 
textlücke, in der wahrscheinlich Pseudolus. seinen vorsata ausge- 
sprochen habe, dem Ballio, der ihn so geärgert, zu prellen, s. 234, 
882, 524—530, 675—677. 
Ob aber auch v, 409, der allerdings entbehrt werden könnte, 


Plautus, 173 


auch so unbedingt, wie Ladewig will, zu streichen ist, scheint mir 
doch nicht völlig sicher. Allerdings kommt dieser vers: Sed oón- 
primunda uôx mihi atque ordiiost auch HI 1 wieder vor: 22 
(= 788 R.) und kann dort wegen des wortspieles mit dem Con- 
primere dentes 787 keinesfalls entbehrt werden, so dass er also 
hier (409) verkehrten ortes stände: -es ist aber die frage, ob jene 
scene auch wirklich von Plautus herrührt, Einen vers der- 
selben, 768, hat Sauppe (dem Ritschl später beigetreten ist im Rh. 
mus. XV, p. 430, vgl. Opusc. H, p. 258) als unücht erwiesen in 
den eben erwühnten, sehr dankenswerthen Quaest. Plaut. p. 8, 
deren inhalt wohl, von der nicht nóthigen athetese des verses 177 
und dem zu unsicheren auen argentum? 1325 abgesehen, in jede 
künftige ausgabe des Pseudolus übergehen wird. Mir scheint die 
ganze scene, deren inhalt der widerlichsten art ist, späterer schau- 
spielerzusatz, auf die niedrigste klasse des publicums oder doch 
auf die niedrigste art der erhaschung seines beifalls berechnet. 
Der puer hat sonst gar nichts im stücke zu thun: denn der 855 
angeredete ist der pedisequos Ballio's. Die scene ist für die com- 
position des stückes vóllig entbehrlich: zur ausfüllung der nöthigen 
pause zwischen 764 sqq., wo Pseudolus abgebt um den Simia zu 
instruiren, und 905, wo er mit diesem zurückkehrt, genügt völlig 
die scene mit dem koche Ill, 2 (dessen ankunft schon 157 und 
169 f. in aussicht gestellt war), die überhaupt geschickt mit dem 
gauzen in verbindung gesetzt ist: vgl 561 mit 895—904 und 
1068 sq., 1089 sq. Hierdurch und durch die erwägung, dass die 
rückkehr des Ballio, gegen den Simia IV, 1 uud 2 ius feld ge- 
fübrt wird, doch motivirt werden musste, wird es sicher, dass auch 
diese scene (HI, 2) aus demselben griechischen original stammte, 
dem der Pseudolus überhaupt entlehnt ist, so dass hier keine con- 
tamination vorliegt. — Wird es nach diesen allgemeinen ge- 
sichtspunkten vielleicht nicht unwahrscheinlich, dass lil, 1 späterer 
zusatz ist (verdüchtige einzelheiten habe ich bisjetzt nicht 
bemerkt), so wird auch die móglichkeit zugegeben werden müssen, 
dass v. 409 ursprünglich I, 4, 16 stand, und von dort für Ill, 1, 
22 entlehnt wurde. | | | 
Die letzte (fünfte) scene des ersten actes ist auch nicht ganz 
wnangetastet vom interpolator geblieben, obwohl der vorzüglich 
fliessende dialog ihm nur wenig gelegenheit bot seine erweiterun- 


174 | — Plaatus. 


gen auzubriegen. Als solche haben Ritschl und Fleckeisen die 
zwei balbverse istuo dberat lóngius und Illát erat praésens 502 sq. 
gut erkannt, desgleichen die unmetrischen und (selbst wenu mau sie mit 
A. Spengel, Plaut. p. 40 f, durch ein conuenit in einen vers ver- 
wandelt) ganz überflüssigen worte nach 543: De istac re aw si 
de eu re unquam inter nos conuenimus, vielleicht auch v. 467, um 
nicht von 485 (== 527) zu sprechen. Desto stärker ist, wie 
schon oben berührt, 1, 1 interpolirt ;; dann aber hören die ein- 
achiebsel allem anscheine nach fast völlig auf: mit ausnehme der 
ven mir verdüchtigten scene Ill, 1 uud der von Kiessling in den 
Symb. philol. Bonn. p. 838 f. als feinere dittographien zu 737— 
744 bezeichneten verse 745—750 (worin ich nicht beipflichteu 
kann), liegt nur noch 1079— 1086 entschieden unüchtes vor, wie 
schon oben beiläufig bemerkt wurde; ich hatte mir schon vor jah- 
ren die gauze stelle eingeklammert, da sie, wie schon dus erste 
sufmerksame durchlesen des Pseudolus ergiebt, neben der 896 ff 
erzählten begegnung auf dem markt und neben 1067, dem grell- 
sten widerspruch, unmöglich bestehen kann. 

Zum schluss möchte ich ein paar einzelne stellen besprechen. 
V. 549: Quia rus ut irem, iam heri constilueram. Diese lesart 
der handschriften wäre nur haltbar, wenn man annehmen dürfte, 
dass auch iu statuo und compositen des u zur zeit des Plautus 
noch zuweilen lang gebraucht worden würe; aber solche messung 
ist nur bei einsilbigen stümmen nachweisbar : plui Men. 63, fait 
Pseud. 285, firimus Capt. 262, adnizit Eon. Ann. 136 u. s. w. 
vgl. Fleckeisen im Rhein. mus. XIV, p. 631 f. und Corssen, 
Ausspr. 11°, p. 680 f. Bothe und Weise behalfen sich mit dem 
constituueram des Salmasius, Ritschl und Fleckeisen schrieben init 
Reiz consiitiweram, letzterer aber bewies alsbald a. a. o. p. 628 ff, 
(wo unsere stelle fehlt) die unzulässigkeit solcher formen, mad 
Ritschl ist ihm jetzt beigetreten opusc, ll, p. 258. Müller, Plaut. 
pros, p. 553 anm., fesst den vers als frage, also Quin == Quine: 
„das verlangst du von mir, während ich doch —? und fügt hinzu: 
„der schluss ist leicht anders zu berichtigen“. Ich wage den vor- 
schlag mecum statueram, wofür ich freilich aus der komödie truts 
alles suchens nur Hec. 195 beibringen kann: nam constitui cum 
quodam hospite, me esse illum conwenturam. Letzteres ist ja aber 
bei Cicero häufig, der auch sagt Verr. IH, Ai, v5: si habuisti 


Plautus. 175 


statutum cum animo ac deliberatum ; Livius hat sfatwere apud ani- 
mum VI, 39, 11. 

V. 560 sq., we Sauppe |. l| p. 7 und Fleckeisen (still-- 
schweigend) dic unlıalibare personenvertheilung Ritschl’s überein- 
stimmeud berichtigt haben, sagt Simo At ego dd forum ibo: iam 
ddero hic und Psendolus ermabnt jiciutüm redi. Aber das iam 
adero hic (im A: iam adero, in den übrigen hundschriften iam hic 
adero) kasa wicht richtig sein. Plautus hat in solchen häufigen 
redensarten des tiglichen lebens fast immer feststehende folge” be- 
stimmter wörter, an die seine leser sich dermassen gewöhnen, dass 
jede abweichuag sie stutzig macht und zum genaueren untersuchen 
auffordert. So ist hier schon das nelien ere weit seltnere adero 
auff'allig, noch viel mehr aber die nachstellung des hic bei Ritschl 
und Fleckeisen oder dus fehlen desselben, nach cod. A, bei Sauppe 
1. 1. Ich glaube, dass Riautus auch hier nur idm hic ero schrieb, 
und führe dafür folgende stellen an: Amph. 969 Jam Me ero, 
quem il censebis ésse me. — — Aciuisim redi. So cod. B nach 
eigener collation, nur cum illic. — — Epid. HI, 3, 43 Reuértere ad 
we extémplo. — Continuo hic ere (desgl). — Cas. IH, 1, 12 
Cura, ego ad forém modo ibo . iam hic ero, — Bene ámbula. — 
Ps. 331, Rud. 444, 1224: Ium hic ero. — Cas. Il, 3, 2: Ego 
hic ero. — Men. 225, Aul. I, 2, 11 und 26: Ium ego hic ero. — 
Cas. IV, 2, 7: ego cras hic ero. — Stich. 67 «ut iam egomet 
hic ero. — lid. 537 iam ego apud te ero. — Cas. HI, 6, 18 
Ego iam intus ero (cod. A, die übr. codd. Iam inius ero; Geppert 
Jam ego intus ero). Vgl. Ter. Haut. 872 Ego domi ero. — 
Adero fiude ich nur, und durch das metrum geboten, Bacch. 100 
Prius hic adero; Aul. H, 3, 7: iam ego hic adero; Stich. 66: Iam 
ego domi adero, — Amph. 545 (= I, 3, 47) bat B: Prius tua 
epinione hic adero bonum animum habe. — Fleckeisen setzt enim 
mach Prius ein und eo vor bonum; letzteres kaum richtig, wie 
Luchs in Studemunds ,sindien* I, 1, p. 16 not. bemerkt: habe 
animum. bonum ist die gewóholiche wortstellung (Mil, glor. 804, 
1236, 1357, Ps. 925, Cas, 11, 6, 35, Epid. IV, 2, 31, überall am 
versschlusse, dagegen Pseud. 866 f. Habe módo bonum animwm. — 
Queéso, qui possim, doce, Bonum ánimum habere, qui te ad me 
adducém domum?); der hiat scheint mir durch die kleine pause 
nach adero gestattet. Wer an einem (uad (Bitschl im Rhein. mus. 


176 Plautus. 
XXIV, p. 486) zweifelt, wird nach prius ein en’m, ego oder ühan- 


liches wort einsetzen und die verschleifung tua optnióne anneh- 
men müssen. 


V. 741. |n der ersten vershälfte sind die seltenen wörter 
Murrinam, passum, defrutum glücklich erhalten; für eine genü- 
gende erklärung derselben ist kürzlich gesorgt worden von Moritz 
Voigt in einem aufsatze: „über muriola, murrata, murrina“, Rhein. 
mus XXVIII, p. 56—64, für dessen klare und präcise darstelluug 
man erst recht dankbar wird, wenn man selbst sich längere zeit 
abgemüht hat mit den Exercitationes Plinianae von Salmasius und 
Gesner’s chrestomathie, der verworrenen und widersprechendea 
zeugnisse alter grammatiker nicht zu gedenken. — In der zweiten 
vershälfte geben CDFZ mellinam, B melinam, A, wie es scheint, 
mellam, womit das mella bei Plinius b. n. XIV, 13, 15 (92) im 
citate des verses stimmt; und dano haben noch alle Plautusband- 
schriften ein mel. Ritschl und Fleckeisen schreiben melinam mel, 
und ersterer fügt noch hinzu: a Plauto tamen scriplum esse mul- 
sum suspicor. Gegen beides erhebt Bugge gerechte bedenken in 
»Tidsskr. f. philol. og pädag.“ Vl, p. 14 (= Philol. XXVIII, 
p. 563 f): von mel hätte mit dem suffix (na nur mellina gebildet 
werden künnen, nicht melina, und dieses wort (oder mellam, was 
Bugge vorzuzieuen scheint, da es auch bei Columella Xll, 11 uad 
47 sicher steht) hätte schwerlich durch corruptel aus mulsum ent- 
stehen können. — Das folgende mel ist neben mellinam uner- 
träglich, sei es nun durch dittographie oder durch übergeschriebene 
interpretation des seltenen?) vorhergehenden wortes entstanden: 
Plautus kann nicht erst drei arten süssen weines nennen, dann hin- 
zufügen „honigsüsses getränk“ (honigwein, wenn man will), und 
schliessen mit der zusammenfassung: „honig jeder art“ (ein solches 
adjectiv steckt nämlich in den letzten zügen der handschriften: 
quoiusmodi oder quouismodi), schon aus dem gruude nicht, weil 
honig kein getrünk ist, Wohl aber kann er nach jenen drei artea 


8) Mellina ist ein &n. Asy., denn das ebenso lautende wort Epid. 
I, 1, 21 (Aut ss imellina attulisti cod. B) ist sicherlich verschrieben. 
Schershafte bildung ist wohl ansuerkennen Truc. IV, 1, 6: nimio 
magnae melliniae mihist, was man = mimio magnae uoluptati mikist 
erklärt. 


Plautus. 177 


Wissen weines zusammenfassend schliessen: (kurz), honigsüsse ge- 
ränke (honigweine) jeder art“. Welche form, mellinam oder mel- 
am, wir nun wühlen sollen, beruht auf der metrischen form des 
etzten adjectivs. — Ritschl und Fleckeisen haben (mélinam, md) 
moiquoimodi , Bugge üussert sich nicht darüber. Diese form des 
idjectivs, die natürlich auf quoiusquoiusmodi und auf der häufigen 
insilbigen aussprache von quoius (eius huius), beruht, kómmt zwar 
wi Cicero vor (alles gesammelt in Neue's Lat. formenlehre Il, 
» 178 f), bei Plautus aber noch nicht, denn auch Bacch. 400 ist 
s nur eine conjectur Scaliger's, aufgenommen und noch jetzt ver- 
heidigt von Ritschl in den Opusc. 11, p. 727. Es wird daselbst 
‘echt ansprechend: vorgeschlagen das dreisilbig ausgesprochene quo- 
asmodi Men. 575 zu schreiben quoimodi (warum nicht noch lieber 
mwoismodi?), vielleicht auch noch an anderen stellen, „namentlich 
iber Persa IV, 4, 96 (== 648), nur nicht. Persa I, 1, 58 (= 
386)“. Aber grade an der letzten stelle, die Ritschl mit dem vor- 
iergehenden verse so schreibt: 


"Tace stülta . non tu nünc hominum morés uides, 


Quoiüsmodi hic cum fama facile niibitur? 


Quoius BD, Cuius A), hat der Decuriatus eine beachtenswerthe 
‘ariante Quoiuismodi, die uns auch zur herstellung des Pseudolus- 
‘erses helfen kann. Guyet fasste sie richtig = Cuiusuis modi, 
ind so auch neuerdings E. Becker in seiner vorzüglichen abland- 
ung über die indirecten fragesátze im alten latein (= Studemund's 
jtudien I, 1, p. 286); tritt der daselbst geltend gemachte syn- 
aktische grund hinzu, so wird kein zweifel mehr sein, dass zu 
esen ist: non fu minc hominum morés uides? Quoiuismodi hic 
um fama facile nübitur. — Im Pseudolusverse erklärt schon 
laudet das überlieferte quoius modi richtig als cuiuscumque modi 
ind fügt hinzu „Forte: quoiusuis^, ohne näher anzugeben, wie er - 
ich dann den ganzen vers bergestellt dachte; einsilbige aussprache 
es quoius eius huius scheint er nicht gekannt zu haben. Neh- 
sen wir aber diese auch hier an und fügen der handschriftlichen 
berlieferung einen einzigen strich bei, so haben wir Quoiuismodi 


~ 
wie C im Persa 386) = Quoiusuismodi, was.im vorhergehenden 
wllinam erheischt; der vers dürfte also gelautet haben: Márrinam, 


Philologos. XXXV. bd. 1. 12 


178 | Plautus, 


passim, defrutum, mellinam quoiusuismodi (was auch quoiuismodi 
oder quoisuismodi geschrieben werden kann). 

Nachdem in HI, 2 der koch als hóchste seiner leistungen die 
wiederhelung des kunststückes der Medea, einen greis wieder jung 
£u machen, in aussicht gestellt hat, fragt Ballio 874 sq. Ehem 
quanti ístuc unum mé coquinare pérdoces? Da im vorhergehenden 
nur von jenem kunststück die rede gewesen ist und Balliv’s erste 
frage 872: Eho, an etiam ueneficus? mit der antwort 873: Immo 
édepol uero sum hóminum seruatór magis zu keinerlei missverständ- 
niss anlass geben, bleibt es auffallend, dass der koch fragt 870: 
Quid?, völlig unerklärlich aber ist Ballio's antwort: ‘Ut te seruem, 
né quid surripids mihi, wo Ut weder final noch epexegetisch (zu 
istuc unum coquinare!) sein kann. Jene zweite frage Ballio's 
875: Quanii istuc unum mé coquinare pérdoces? erfordert durchaus 
eine antwort, wie sie 877 erfolgt: Si crédis, nummo: sé non, ne 
mina quidem, und daher müssen wir annehmen, dass 876 an ganz 
falscher stelle steht. Wo er aber hiogehórt, habe ich noch nicht 
herausbringen kóunen; vielleicht sind audere glücklicher. 

V. 1010 verstehe ich nicht Ritschl's uud Fleckeisen's lesart 
der antwort des verkleideteu Simia. Ballio las im briefe des 
Miles (1009): Harpax calutor méus est, ad te qui ueni . . . 
blickt dann auf und fragt: Tuné's is Harpax? (wenn nicht etwas 
ganz anderes in dem /aphax der handschriften steckt), worauf Si- 
mia antworten soll: Ego sum: utque Hurpax quidem. Die hand- 
schriften geben atque ipse harpax quidem, doch weiss “man noch 
nicht, was im A steht; Ritschl las nir ATQ . . ... PAX, wo 
allerdings für ein ipse kein raum wäre. Dass nun jenes aique 
Horpax quidem „und zwar der Harpax in eigener person“ bedeute 
(und was sollte es sonst bedeuten ?), wird nicht bewiesen werden 
kónnen; eher wütde Fleckeisen's alque ipse Harpax quidem dazu 
passen. Was aber diese bestátigung des Ego sum bezweckt (einen 
reiz uuf die lachmuskeln der die verkappuug des Simia kennendes 
zuschauer?), verstehe ich nicht und möchte daher vorläufig lieber 
auf die vulgata atque ipse harpax quidem „und zwar bin ich selbst 
ein mensch, der seinem namen ehre macht‘ (Harpax — ipse har- 
pax, vgl 603—626; wortgetreue übersetzung ist uns ja nicht 
möglich); ein ähnliches quidem scheint Bacch. 222 zu stehen: Nam 
sam huc adueniet miles .... CHR. Et miles quidem! „Und 


Plautus. 179 


zwar ein soldat! ‚Und was für einer!“ 223:. Qui de amit- 
tunda Bacchide aurum hic éxigit, — Eine hülfe des A haben wir 
dagegen leider nicht zu erwarten in dem verzweifelten verse 1049, 
den ich nur erwühne um darauf aufmerksam zu machen, dass ge- 
wiss auch militaris verderbt ist: militaribus (so nur Da) wird 
nach dem sonstigen gebrauch des Plautus jedenfalls erwartet: 928 
1004, Epid. I, 1, 14; Trin. 721; Poen. V, 5, 7; Truc. V, 16; 
kann aber nicht richtig sein. Denn Simia sagt keineswegs: „lasst 
uns davon gehen mit soldatischen schritten (indem wir so thun, 
als wäre ich wirklich ein cucula militaris)", sondern, wie die lage 
der dinge driugend erheischt und seine heftigen worte 1046 sqq. 
an Pseudolus deutlich bekunden: „lasst uns davon eilen, was wir 
nur irgend können, bevor der nahe feind zur besinnung kommt 
und uns zurückholen will“. Solche bedeutung liegt aber nicht iu 
dem ausdruck gradus militaris, der im gegensatz zum gradus ple- 
nus (gradu pleno, gradu citato, se inferre) „laufschritt“, grade das 
regelmässige, ruhige marschtempo bezeichnet. "Vgl. Vegetius I, 9: 
Militari ergo gradu XX milia passuum heris V dumtaxat aestiuis 
conficienda sunt. — Pleno autem gradu, qui citatior est, totidem horis 
XXIV milia peragende sunt. Anderswo sugt Plautus grandi gfadu: 
Truc. HI, 2, 31, vgl. besonders Epid. I, 1, 11—14: Di inmortales 
te infelicent, ut tu es gradibus grándibus! Nam ut apud portum 
té conspexi, cürriculo occepí sequi: Wix adipiscendi potestas módo 
fuit. — Scurrd’s. — Scio, Te esse quidem hominem militarem; 
wo also das langsame faule schlendern eines städtischen pflaster- 
treters (zur Most. 15 L., Brix zum Trin. 202) dem ruhig und 
regelmässig vorwärts schreitenden soldatenschritt entgegengesetzt 
wird. — Erwartet wird im Pseudolusverse irgend eine komische 
bezeichnung der eile, wie „mit siebenmeilenstiefeln“; die verachrei- 
bung deutet auf ein compositum von mille. | 

V. 1065. O fértunate, cédo foriunatóm manum nach der 
palatinischen recension Ritschl und Fleckeisen, wie alle früheren. | 
Aber der A hat: FORTVNAI . .... OMANVM, wonaeh Sauppe 
quaest. Plaut. p. 13 sehr assprechend herstellte: O fértunate, fór- 
tunatam cédo manum; die assonanz fortunate fortunatam ist so 
ächt plautinisch, dass an der richtigkeit dieser zusammenstellung 
für jeden kenner des dichters kein zweifel mehr obwalten kaon 
und beispiele ganz überflüssig sind. Nur verstehe ich noch nicht, 


12* 


180 Plautus. 


warum grade die fortunata manus hervorgehoben wird; es liegt 
durchaus. kein grund vor die manus des Simo als eine fortunata 
zu bezeichnen, eher die des Pseudolus, die den symbolus auf- 
schnappte und damit den sieg ermöglichte. — Ballio wühnt sich 
1052 sqq. völligen sieger durch die gunst der Fortuna; er wähnt 
auch seinen alliirten, den Simo, durch die gunst derselben sieger 
in der wette um 20 minen (536 sq. 1068 sq.), wünscht dass er 
komme, «f mea lactitia laetus promiscam siet (1062), und will 
ibm in seiner freude als glücksgenossen die hand drücken (Capt. 
838, 859, Rud. 243, Merc. 149): also müssen beide personen 
erwähnt werden 1065 und Plautus schrieb sicherlich: O fériunate, 
| fortunato cédo manum. 


Rom. Aug. 0. Fr. Lorenz. 


Nachtrag zu p. 177. Auf quoivismodi ist sowohl im Pseu- 
dolusverse wie Bacch. III, 2, 16 auch gekommen A. Luchs, „Zur 
lehre von der genetivbildung der lateinischen pronomina“ p. 32, 
welche abhandlung (aus dem in vorbereitung begriffenen vol. |, 
fasc. 2 der Studemund'schen ,,studien“) mir durch die güte des 
verfassers schon jetzt zugänglich geworden und zur benutzung 
freigestellt ist. | D. o. 


Zu Livius. 


XXII, 12, 4 victos tandem quos Martios animos Romanis. 
Dass quos unmöglich ist, hat Heerwageu bewiesen ; Gronovs quoque 
ist der wortstellung wegen nicht annéhmbar. Das wohlfeilste aus- 
kunfismittel haben diejenigen ergriffen, welche mit Valla das un- 
bequeme wort wegstrichen; dasselbe leidet eben so wie Weissen- 
borns conjectur aliquando an dem übelstaud, dass die entstehung der 
verderbniss dabei nicht erklärt wird. Heerwagen schreibt mit Je- 
nicke antiquos, vgl. c. 25, 10 si antiquus animus plebei Romanae 
esset; dort freilich. steht kein zweites adjectiv dabei, während hier 
das eine neben dem andern ziemlich überflüssig wäre. Ich schlage 
illos vor, welches wenigstens dadurch sich empfiehlt, dass es den 
überlieferten buchstaben am nächsten kommt. 


Hof. G. F. Unger. 


II JAHRESBERICHTE, 


ES — MÀ —————__Y—_——_—@mr 


45. Aeschines. 
(Erster theil). 


1) Aeschinis orationes ed. Fr. Franke. 8. Lips. 1860. ite- 
rum ed. Lips. 1863. 

2) Aeschinis orationes e codicibus partim nunc primum ex- 
cussis edidit, scholia ex parte inedita adiecit Ferd. Schuliz 
8. Lips. 1865. 

3) Rohdewald: De nonnullis orationum Aeschinis et De- 
mosthonis de legatione male gesta habitarum locis, Burgsteinfurt. 
1867. G. Pr. 

4) Gilbert, Otto: Ea quae Demosthenes et Aeschines in ora- 
tiénibus de falsa legatione habitis de tempore primae et secundae 
ad Philippum legationis narrant, num inter se consentiant, quaeritar. 
Marburg. Cattor. 1867. 

5) Hillebrand: Explicationes et emendationes Aeschineae. Weil- 
burg. 1868. G. Pr. 

6) Hug: Der eatscheidungskampf zwischen Aeschines und 
Demosthenes. Zürich 1869. 

7) Rede gegen Ctesiphon, übersetzt von Titus Wilde. Gör- 
litz. 1870. G. Pr. 

8) Röhmheld: Quaestiones de Aeschinis oratione contra Ctesi- 

Marb. Catt. 1871. 

9») Aeschinis. in Ctesiphontem oratio. Recens. Expl. Andreas 
Weidner. Lips. +872. 

9) Aeschinisorationes. Recens. Andreas Weidner. Berol. 1872. 


Daze kommen artikel in zeitschriften von Schultz, Linder, 
Richter, Frobberger, Dahms und E. Rosenberg. 
Obwohl die litterutur des Aeschines seit dem jahre 1860 keine 


182 - — Jahresberichte. 


reichliche genaunt werden kann, glaubte ich dennoch zweckmässig zu 
handeln, wenn ich den stoff in drei theile zerlegte und jede einzelne 
rede für sich behandelte. Es ist nämlich die áussere, hand- 
schriftliche kritik, welche in dissem jahrzehend besonders reich- 
liche früchte gebracht hat, auf die wir daher unser hauptaugeomerk zu 
richten haben. In dieser beziehung aber sind, wie Weidner mit 
recht hervorhebt, die einzelnen reden, jede für sich, als ein ganzes 
zu behandeln, nicht blos, weil sie auf theilweise verschiedenen hand- 
schriften beruhen, sondern weil auch dieselben handschriften in 
den verschiedenen reden anlass zu einer verschiedenen - beurtheilung 
ibres werthes gegeben haben. Einer späteren Aeschineskritik wird 
es vorbehalten sein, die gesonderten untersuchungen über den werth 
und die classification der handschriften für die eiuzelnen reden 
wieder zu einem ganzen zusammenzufassen, um endgültig festzu- 
stellen, ob viele handschriften des Aeschines das schicksal der 
handschrift h getheilt haben, bei der sich nachweisen lässt, dass der 
schreiber für die einzelnen reden verschiedene quellen benutzt hat. 
So lange aber wird es misslich bleiben anzunehmen, dass df in der 
Timarchea Auch an zweifelhaften stellen vor den lesarten der hand- 
schriftenklasse B der vorzug zu geben sei, dass df überhaupt vor- 
urtheilsfrei zu betrachten seien, wie Weidner es thut, da dieselben 
sich in der Ctesiphontea als eine unlautere quelle ausgewiesen 
haben, Auch das muss bei einer zusammenfassenden Aeschines- 
kritik vermieden werden, dass bei demselben redner verschie- 
dene haudschriften mit dem gleichen buchstaben bezeichnet werden. 
So fasst Weidner in der einen rede mit A zusammen ekl, während 
df sich unter M befindet, während er in der andern df mit A be- 
zeichnet. 


I. Die rede gegen Timarchos. 


Unter der angegebenen litteratur gehörten an diesen platz be- 
sonders die ausgaben von Schultz und Weidner, wie sie denn über- 
haupt die bedeutendsten leistungen für Aeschines während dieser 
jahre sind. Sie sind entgegengesetzt in ihrer ganzen anlage und 
stehen dennoch in engem. bezuge zu einander, Die ausgabe von 
Weidner wäre meiner meinung nuch unmäglich gewesen ohne die 
von Schultz, und die letztere hat erst ihren rechten werth erhalten 
durch Weidner’s ausgabe, Denn die ausgabe von Schultz fand 
trotz des erstaunlichen fleisses und der bewundrungswürdigen sorg- 
falt ia der sammlung der lesarten, trotz der selbständigen verglei- 
chung nicht unwichtiger handschriften, des Vat. Laur. Flor. Barb. 
Abb., und einer erneu.en collation des so wichtigen Parisinus nicht 
den. verdienten beifall, weil man in das chaos der lesarten nicht 
ordnung gebracht sah und selbst nicht hineinzubringen vermochte, 
Die bei jeder Aeschinesarbeit fast sitte gewordene klage über die 
traurige beschaffenheit der handschriftem dauerte fort; von der in- 


Jahresberichte. | 183 


neren kritik allein versprach man sich noch erfolge, die sie ja 


auch in der that gehabt hat, wenn auch die meisten errungen- 
schaften auf diesem gebiet den character des subjectiven geschmacks 
des betreffenden kritikers und seiner an deu redner herangetrage- 
uen principien nicht verleugnen. Und so viel war ja richtig an der 
klage: eine handschrift wie der Urbinas des Isokrates, der Parisinus 
des Demosthenes war nicht gefunden. Man gab es bis auf spär- 
liche anfánge auf, durch eine geschickte zusammeusetzung der uns 
erhaltenen handsıhriften, durch combination sich ersatz für den 
mangel zu verschaffen. Das hat Weidner gethan. Mit diesem viel- 
beklagten handschriftlichen material errichtet er ein stolzes ge- 
bäude, das nach seinen eigenen worten ihm in seinem fundament 
und seinen haupttheilen allen stürmen zu trotzen scheint. Eine 
solche sicherheit in der heilung kritischer schwierigkeiten war 
bisher im Aeschines unerhürt, und ist, wie ich fest glaube, beim 
Aeschines auch unerreichbar, wenn sich auch von jetzt an die 
handscbriftliche kritik beim Aeschines wieder mehr hervorwagen 
und bedeutendere erfolge erzielen wird. Darin eben setze ich das 
grosse verdienst Weidners, dass er durch seine geniale, aus 
einem guss hervorgegaugene arbeit den todten schatz den wir 
an den handschriften besassen, aufgerührt, und angeregt hat, die 
einzelnen theile dieses schatzes näher zu untersuchen und würdigen 
zu leruen. Gegen die solidität seines gebäudes aber, gegen 
seine ganze methode und deren erfolge erlauben wir 
uns einsprache zu thuen und hoffen, unsere entgegengesetzte an- 
sicht zur geltung bringen zu können. 

Weidner hat seine grundsätze bei der kritischen behandlung 
der 'Pimarchea am schlusse der Prolegomena zur Ctesiphontea 
dargelegt. Früher theilte man die handschriften des Aeschines 
in zwei klassen (Scheibe). Der scheidungsgrund war ein un- 
zureicheuder, denn das alter der handschriften ist an und für sich 
für ihre güte nicht entscheidend. Besser schon ist die eintheilung 
in drei klassen bei Frauke. Er unterscheidet 1) gute, abgm Ti- 
marcheae 2) schlechte und interpolirte, cklics. 3) mittlere phgdfr. 
Genügen wird dieselbe jedoch keinem. Deun, um von ande- 
rem abzuselen, was soll uns ein genus medium, das wir nach. 
subjectivem ermessen bald als gut, bald als schlecht heranzie- 
hen dürfen? Einen fortschritt zeigt, wie es zu erwarten stand, 
F. Schultzs eistheilung in vier klassen, doch sind auch bei 
ihm die theilungsgriinde nicht scharf und concis genug. Es lässt 
sich bei minus-depravati — probos interdum — ud primum genus 


proxime accedi$ zu wenig bestimmtes denken und das verhältniss — 


der einzelnen bandschriften zum archetypus wird dadurch nicht er- 
klärt. Dieses verhäliniss klar zu legen, ist dos hauptstreben Weid- 
ners. Zunächst führt er den nachweis, dass alle unsere hand- 
schriften auf einen archetvpus hinweisen. Die zum heweine dufie 


e 


184 | Jahresberichte, 


angeführten stellen verdanken wir meist seinen eigenen, richtigen 
conjecturen, Durchaus mit recht streicht er nicht blos im 2 8 
mit den früheren herausgebern die worte où uóvov — Ömogw, 
sonderu dieselben aucl im 2 7. Diese worte erinnern mich an 
Lycurg. in Leocr. 2 8 und 9, wo die zweimal von den hand- 
schriften gebotenen worte: wo unte — G£lur, ebenfalls an bei- 
den stellen unpassend, walrscheinlich eine randbemerkung waren, 
die an beiden stellen in den text kam. Dass ferner im & 22 der 
vorschlag, die worte od; dà — nuldwv zu streichen, von Weid- 
ner noch nicht gemacht ist, ist wirklich seltsam, da er ganz evi- 
dent ist. Gern hätte ich auch 2 128 unter den von allen hand- 
schriften gemeinsam schlecht überlieferten stellen bemerkt gefunden, 
Wo die verbesserung Weidner’s to n«Aas für das fehlerhafte 17» 
.nóAÀw nicht blos dem sinne genügt, sondern auch handschriftlich 
leicht ist. Auch eine lücke, glaube ich, lässt sich zum beweis des 
gemeinsamen ursprungs unserer handschriften anführen. Es heisst 
im @ 88 am schlusse eines” beweises: éxeivos poly ye oi Talal- 
. 200005 OÙ duvdpevos UT TT. apa xai mevluy breveyzxelv, Ta pe- 
ywta 1)» Èv dvF ouinoss xaxwy, tavtass tyoncarto cvupogale, 
ovıog d’ ovx i9&ov thy Éauroù Pdeivolur waifyew. Es ist nicht 
zweifelhaft, dass zuvzuig Èyofourio cvugoguis eine euphemistische 
redensart ist für Juvázp Enuovodur. Das ergiebt der zusammen- 
hang der stelle, dus ergiebt der häufige gebrauch dieser phrase: 
s. Lysias XIII, 40. XXIV, 3. XXV, 11. XXV, 15. Daraus 
geht hervor, dass zu ovrog das verbum fehlt und nicht aus dem 
vorhergehenden zu ergünzen ist Wir erwarten ungefähr folgen- 
den sinn: ,,und dieser, für den sich nicht einmal milderungsgründe 
auffioden lassen, wie für jene, welche sterben mussten, sollte vers 
zeihung erlangen?“ So erst würde die periode im geschmack der 
attischen redner schliessen, vrgl. Ill, 158, und Lysias würde sie 
wohl mit einem deroy eingeführt haben. — Auch Q 145 ist in 
. allen handschriften eine kleine lücke. Es muss durchans heissen 
5j ijv avrov cwinglur, was auch Weidner vermuthet. — Doch 
hat die frage nach dem archetypus zunüchst nach meinem da- 
fürhalten nur untergeordnetes interesse für die kritik unseres red- 
ners. Es stehen ungefähr zehn äbnlichkeiten der handschriften bua- 
dert verschiedenheiten gegenüber, und eine betrachtung dieser führt 
zu dem viel näher liegenden resultat, dass "wir "zwei verschiedene 
recensionen vor uns sehen, dass der eben construirte «archetypus iu 
weiter ferne vor unseren handschriften liegt und erst viele mittel- 
glieder gefunden werden müssen, um den zusammenhang zu ver- 
mitteln. — Weidner unterscheidet zwei klassen von handschriften,. 
die aus jenem archetypus hervorgegangen seien; die eine umfasst 
fd und wird A genannt, die andern ‘abgm mit dem namen B. 
Alle übrigen sollen aus AB durch contamination entstanden sein, 
weshalb wir ihrer entbehren kónnten. Zu dieser scheidung der 


Jahresberichte. 185 


handschriften ist Weidner veranlasst 1) durch die verschiedenen 
stellungen der satzglieder in beiden handschriftenklassen, 2) durch 
grössere lücken, Dazu habe ich zu bemerken, 1) in bezug auf 
die stellung, dass auch lop und besonders Vat. Laur. dieselbe wort- 
folge gewähren, wie die übrigen handschriften der klasse B, dass 
ebenso in dieser beziehung Barb. Abb. mit A übereinstimmen. 
Auch.hq stehen der stéllung in À sehr nahe, wenn sie auch an 
einigen wenigen stellen noch auf eigene hand verschiedene wort- 
folge zeigen (cfr. & 62. 106), 2) iu betreff der lücken, dass die 
in & 149 sich findende nur in Abb. unausgefüll geblieben ist. 
Auch in 2 152 ist es uur Abb., der die lücke mit f theilt, wüh- 
rend d mit B übereinstimmt. Denn auf t ist keine rücksicht zu 
nehmen, da derselbe als mit einer seltenen flüchtigkeit und leicht- 
fertigkeit geschrieben sich ausweist. Auch die lücke in & 87 ist 
lehrreich. Wir werden dort genöthigt, eine unterscheidung 
der beiden hände in a zu machen. Dort nämlich stimmt 
nur pr. a mit bglmopr Vat. Laur. Es ist also a später im siune 
von À umgeündert, wie die lücke iu f im 2 149 nach B ausge- 
füllt wurde. Diese beobachtung bestimmte mich zu einer unter- 
suchung der beiden redactionen in a. — Wir finden pr. a 2 3 
übereinstimmend mit bdmor Laur. Barb. Laur. 1, 2 10 mit Imopr 
Vat, Q 34 mit glmpr Vat. Laur., 4 84 mit glmop Vat. Laur., 2 24 
wit bglmopr Vat. Laur. und pr. f. (an dieser stelle ist in f und 
a durch die zweite hand das fehlerhafte xo» hineininterpolirt), 
ö 47, wo glmpr Vat. Laur, und pr. af das nach aller urtheil zu 
tilgende émooxür weglassen. Auch % 55 sind glopr Vat. Laur. 
mit pr. a ohne interpolation,’ 2 62 fehlt in bglmopr Vat. Laur. 
Barb. und pr. o das fehlerhafte myog ta yovara, Q 67 geben 
bdfglq Abb. und sec. a zgwıcs ovzo:, pr. o mit den übrigen lässt 
das interpolirte xgwzos weg. — Durchaus falsches dagegen bietet 
pr. a mit glmop Vut. Laur. zusammen im 2 84. Unsicher bin ich 
in betreff des 2 88. Dort lässt pr. a mit glmopgr Vat. Laur. 
nel vor Jururo weg. Das dust könnte dastehen, wenn die frage. 
vorber verneint wäre; so uber dient uà roy 'HooxA£a nur zur 
verstärkung des Jararg Enuwönour: vrgl. die in Passow'a 
lexikon unter ua angeführten stellen. Uebrigens gebraucht Ae- 
schines diese lebhaften versicherungen ungemein häufig, cfr. 28, 
52, 69, 78, 76, 98. Zweifelhaft ferner „erscheint mir & 92, wo 
pr. a mit glmopr Vat. Lour. zus ngayp’ GuaQivgor Eyoviag weg- 
lassen. Sicher dagegen 2 119, wo pr. a mit glmopr Vat. Laur. 
rovro hinter réloç nicht gewähren, was von allen seit Bkr. ge- 
tilgt | ist. In 2 151, wo pr. a mit bfghimpq Laur. Barb. nrw» 
für eu gewähren, dürfen wir wohl nur an eine häufige hend- 
schriftliche corruptel denken. Dagegen giebt & 170 pr. a mit 
gin Vat. Laur. rjv mure@av ohne ogGíav mit recht, wie Scheibe 
bewiesen bat. Auch 2 96 ist ovgiuy nach nurgwar zu entfernen, 


186 Jahresberichte. 


wie an jener stelle richtig überliefern pr. f und h. Aus dem bis- 
her erórterten ergiebt sich zunüchst, dass pr.a an einer menge 
von stellen einen kürzeren, weniger interpolirteu 
text als die übrigen handschriften und als a sec. 
gewähren. Mit sicherheit zogen wir dies resultat aus Q 24, 
47, 55, 62, 64, 119, 670. Sodann entnehmen wir aus dieser 
zusammenstellung, dass pr. a in den meisten dieser fälle 
mit gimop Vat. Laur. übereinstimmt, und dass b seltener 
die reinheit von pr. a bewahrt hat (mit ausnahme von 2 24, 62, 
87) Es ist also a später nach einer haudschrift der 
klasse À überarbeitet worden, und, wie wir bewiesen 
haben, nicht zum vortheil des Aeschines, Spuren von correcturen 
in a hat Schultz angemerkt: & 65 (265 b Abb. corr. a), & 119 
(oferas Serbes bdfhg Barb. Abb. corr. a), 2 122 (iuaviov bhg 
corr. a), 2 143 (napuxudeiro b corr. a), Q 148 (éveïxus bdjhg 
Barb. Abb. corr. u), & 165 (yévyzas bp Vat. Abb. corr. a), 2 178 
(bhg corr. a), @ 194 (nagíacs bdfhg Barb. Abb. corr. a), 194 (roi, 
zosovrosg bfghig Abb. corr. a). Wenn wir von der letzten wenig 
wichtigen stelle absehen, so zeigen alle angegebenen beispiele deut- 
lich, dass in allen fallen, wo a corrigirt wurde, dadurch eine über- 
einstimmung mit b und eine anähnlichung an A erreicht wird, 
duss aber die handschriftengruppe glmopr Vat. Laur. 
unberührt vou dieseu correcturen geblieben ist. 
Auch scheint die correctur der handschrift & nicht sehr gründlich 
gewesen zu sein; wir finden nämlich trota derselben noch viele 
stellen, wo a uud b auseinandergehen uud «a noch jetzt überein- 
stimmt mit glmopr Vat. Laur. So % 120: «gopr Vat. Laur. 
Atyesv, ceteri. elnéiv, 4 124. 125. 129. 130. 150. 154 (aglmo Vat. 
Laur.: ?E wy uvior nou£uriu. Dagegen bdfhg Barb. Abb.: « 
wy nouËEarra). 156. 157. 159. 162 (bdfhq Barb. Abb.: dixasos. 
ceteri uírovog) 176. 177. 178. 184. Es ist also b im letz- 
‘ ten theil der rede nach A überarbeitet; wir würden 
behaupten, dass b im letzten thei] der rede aus einer der klasse 
A nahen quelle abgeschrieben sei, wenn nicht die stellung der 
worte in b ihn als ursprünglich der klasse B angehörig aus- 
wiese. — Nach dem soeben -rórterten scheint sich leicht der 
sehluss zu ergeben, dass die handschriftengruppe glmopr Vat. Laur. 
aus a vor seiner correctur abgeschrieben sei, dass aber dann jede 
dieser handschriften durch eigene corruptele das ihnen. gemeinsame 
an vielen stellen verloren habe. Doch ergiebt sich diese ansicht 
als unrichtig 1) weil durch diese handschriftengruppe 
an vielen stellen eine eigenthümliche, der hand- 
schrift a fremde lesart geboten wird: 2 6, wo lmopr Laur. 
Bern. für noAsielg bieten xoÂs, was Weidner mit recht in den 
text gesetzt hat; 2 43, wo gmopgr Vat. Laur. nojemtvo» bieten, 
was mir des vorangestellten 7» wegen passender scheint; 2 49 


Jahresberichte. 187 


wiederholen glmopr Vat. Laur. galvorını nach véos; 2 54 lassen 
ghnepr Vat. Laur. ravrn hinter dgargify aus, was Weidner für 
den text leider nicht berücksichtigt hat; 2 61 wiederholen glmop | 
Vat. Laur. wy fälschlich; @ 82 bieten glmopr Vat. Laur. einfach 
und richtig: eivas yug avrov Eunegor, während ab und A zovrwy 
in verschiedener stellung hinzusetzen. Soll hier eine conjectur 
dem etwas farblosen satze aufhelfen, so möchte ich nicht zosouzwv 
wie Weidner, sondern Zunsigozaro» für êunesgoy tovtwy vor- 
schlagen. % 64 bietet glm Laur. das zur herstellung des richtigen 
nugresw führende nagne: Q 119 bieten gmopr Vat. Laur. Bern. 
das von Schultz aufgenommene ázoSavuacnu. Hierher stelle ich 
auch 2 190, wo g mit Theon dzvynuatwv bietet, was dem sinn 
der stelle entsprechender ist, als Gdxquarwr. Von besonderen 
lesarten dieser bandschriftengruppe verzeichue ich noch: 11, 13, 
31, 51, 53, 54, 72, 80, 94, 117, 125, 133, 154, ohne dass ich 
geltung für sie beanspruche. — 2) Weil sich stellen finden, in 
denen glmopr Vat. Laur. mit À gegen B überliefern, oder gegen 
A und B, eine eigene, handschriftlich nicht aus jenen sich erklä- 
rende lesart bieten. Der erste fall scheint sehr selten zu sein. 
Ich habe nur ein beispiel gefunden; 2 97, dfglmopr Laur. Barb. 
Abb. éy’ für ag’, was auch recht gut gemeinschaftliche handschrift- 
liche verderbniss sein kann, Für den zweiten führe ich an: 2 30: 
diaffeîra:, was bis auf Weidner im texte stand, ebenso aua Q 56, 
amo für mag im 2 58. 2 96 bieten abdfhpq Barb. evovOxou£vov, 
während unsere handschriftengruppe das in dieser verbindung häu- 
fige und allein. richtige svog{oxortoc bieten. Das angeführte 
genügt zu einem vollstándigen beweise, dass Weid- 
ner's ansicht, die übrigen handschriften ausser df 
und abgm seien aus vermischung beider klassen her- 
vorgegangen, durchaus falsch ist. Ich würde kein be- 
denken tragen, den archetypus der gruppe glmopr Vat. Laur., den 
wir mit D bezeichnen wollen, auf gleiche stufe zu stellen mit dem 
ven ab und df, wenn nicht D sich als ein näherer verwandter von 
ab durch die consequent mit ihm übereinstimmende stellung zu er- 
kennen gäbe. Dagegen wage ich mit bestimmtheit zu behaupten, 
dass D eine mit pr. a nahverwandte handschrift ist, die noch 
dadurch von besonderer wichtigkeit für uns wird, dass an vielen 
stellen, wo in a die ursprüngliche lesart durch die correctur und 
interpolation nach À nicht mehr sich erkennen lässt, durch D die 
ursprüngliche lesart uns erhalten ist. Dabei gebe ich zu, dass die 
einzelnen handschriften, die aus D abgeschrieben sind, nicht blos 
durch schreibfehler arg entstellt sind , sondern auch im laufe der 
zeit einwirkungen und veránderungen nach A erfahren haben. -Da- 
her kommt es, dass einzelne handschriften so oft mit .4 über- 
einstimmen, z. b. g (2 8, 13, 18, 56, 111, 191) ferner m (56, 
95) r 195,120). — In ähnlichem verhältniss zu A, wie 


188 Jahresberichte. 


D su B, scheint mir der archetypus (E) der haud- 
schriften hg zu stehen. Sie gewähren nicht blos viele be- 
sondere lesarten , soudern variiren noch auf eigene hand die stel- 
lung der wörter, während sie bei streitigen fällen zwischen A und 
B in der stellung mit A übereinstimmen: vrgl. 62, 103, 106, 
116, 122, 131, 133, 147, 149 (wo sie einen vers hinzusetzen), 
156, 171 (wo sie mit pr. a eine offenbare interpolation gewähren), 
173. — Ehe ich diesen abschnitt schliesse, möchte ich noch ein- 
zelne beobachtungen über die zur klasse A gehörigen handschriften 
anfügen. Es ist mir aufgefallen, dass pr. f häufig lücken zeigt, 
von denen einige berechtigt sind und erst später durch interpola- 
tion ergänzt wurden, z. b. 2 6, wo erst sec. manus das hässliche 
xol ev binzusetzte; % 58 lässt pr. f mit Barb. Abb. mit recht aus 
Ovyxufeurür, & 96 ebenso ovolur, 2 109 Yows hinter aid mit g 
Abb., durchaus richtig 2 159 mit A zusammen: #gyt», was schen 
von den Turr. gestrichen wurde, & 176 giebt pr. f das richtige 
xol für dia xuf oder did. Auch Q 105 bin ich der ansicht, 
dass das bei pr. f. Abb. und # fehlende zai zv Gddwy erst sus 
dem folgenden eingesetzt ist, und dass im 2 175 erst durch strei- 
chung des xaf mit pr. f das richtige verhältniss zwischen den drei 
participien hergestellt wird. Dadurch glaube ich mich zu der an- 
nuhme berechtigt, dass pr. f ursprünglich weniger interpolirt war, 
und dass eine spätere redaction ausser vielem richtigen zur aus 
füllang ungerechtfertigter lücken, wie $ 11, 13, 41, 44, 109, 118 
u.s. w., auch manche interpolation hinzugefügt hat. Ín diesen 
lücken stimmt mit pr. f am meisten überein: Abb, während d sich 
. eft von f und namentlich von pr. f entfernt, also ungefähr in dem 
verhältniss von b zu a iu B steht. Dadurch ergiebt sich folgende 
figur, die im grossen ganzen dem sachverhalt entsprechen 
. dürfte: 


x 


era 


gimepr Vat.Laur. ib h q 


Wir wollen jetzt Weidner's handschriftenclassification ihren 
früchten und erfolgen nach näher beleuchten. Besonders sind 


Jahresberichte. _ 189 


die verschiedenen stellungen in beiden klassen verhäng- 
nissvoll für die kritik desselben. Er vermag sie sich nur so zu 
erklären, dass. in dem archetypus ein interpolirtes wort über den 
text geschrieben wurde, das nach rechts in die eine, nach links in 
die andere klasse hinübergenommen wurde. Dann würde es uusere 
pflicht sein, diese zuthat wieder herauszuschaffen. Wir erläutern 
diese seine methode an einigen beispielen. @ 7 bietet A: mowtoy 
pi» yaQ ntQi vis Swopgoovrne vuv maldwv rv Tuer guy èvopo- 
96150a» xoà diadindn» üntdeıkav. B dagegen: zQürov uiv ydQ 
évouodérnour xii. Daraus combinirt Weidner, dass dyouoF&ıncav 
zat fremde zuthat sei. Dabei kann die verschiedene stellung nur 
das einzige motiv gewesen sein, denn straffen und knappen satz- 
‘bau darf man bei Aeschines ebenso wenig wie bei den übrigen 
rednern mit grund erwarten. Ja, man darf befürchten, dass man 
durch solche änderungen gegen die sprechweise des redners sün- 
Das behaupte ich z. b. von @ 17, wo Weidner wie noch 
später in der rede (22 57, 122) elras nach yyfouro wegen wech- 
seinder stellung streicht, Dagegen verweise ich auf è 44: £gyor 
elvas volées » $ 138: fyotvcas divos, 2 137: sivas nyovvrau, 
Q 139: jyijcaro elvas peylorny, & 142: elvas rurrouer, Q 180: 
paylorny sivas voulCovow, H, 100. 149. Grade bei eva, und 
den verbis des glaubens finden wir häufig einen wechsel der stel- 
lung, auch in den handschriften anderer redner, z. b. im Cripps. 
und Oxon, wo die herausgeber sich stets mit recht für eine der- 
selben entschieden baben. Nach diesem princip ünderte Weidner 
noch: 37, 41, 43, 47, 48, 49 (wo für die lesart in B Q 67 an- 
geführt zu werden verdient) 50, 53, 57, 58, 61, 63, 67, wo ich 
das von Weidner verbannte aÿroy sogar hineincorrigiren würde, 
wenn es nicht handschriftlich überliefert wäre, 2 78, wo nag’ Spir 
nicht zu entbehren ist, was Weidner nachträglich selbst einge- 
sehen hat, 2 80, 81, wo ich gegen die von Weidner angeführten 
stellen auf 2 55 aufmerksam mache, auch zu bedenken ‚gebe, dass 
eine solche hinzufügung bei einem manne aus dem Geuróarror Gvv-- 
Edgsov nicht unpassend ist, € 88, wo ich die änderung des ds in 
wy billige, € 103, wo xv Quoc den gegensatz maga tv Ènugonwy 
verlangt, wie naic dem &veygaigpn gegenübergestellt wird, $ 107, wo, 
wenn aoshysvay oder Bdelvqlur fehlte, wir entweder rooauryr ydQ 
oder ein xoi vor yuyaixag haben müssten, Q 114, 115, 116, 121, 
123, 135, 140, 154, 160, 169 u. s. w. Wie viel willkür dabei 
herrscht, wie man bei dieser methode zu sicheren resultaten 
überhaupt nicht kommen kann, geschweige denn auch nur annä- 
hernd überzeugeu, kónnen wir schon daraus ersehen, dass Weidner 
selbst zwischen der herausgabe der prolegomena zur rede gegen 
Ctesiphon und seiner gesammtausgabe verschiedene vorschläge in 
bezug auf zu tilgende würter gemacht hat z. b. im @ 58. Iu den 
prolegomenen will Weidner lesen: xai «vroi xai twy ouyxufeurür 


190 Jahresberichte. 


toveç, wobei allerdings auf keine weise einzusehen ist, wie wir zu 
dem einfachen xai &Ados zıv&s in pr. f Barb. Abb kommen. In der 
ausgabe jedoch steht mit recht Sauppe's xai adios rivés. Vrgl. 
ferner Q 49, wo zQgurov uér zu streichen eine sünde gegen die 
gewohnheit des Aeschines wäre, wo es nur geht, mit zguror» pév 
— mea xiÀ. zu theilen und zu sondern. — Die meisten dieser 
änderungen Weiduer’s haben etwas bestechendes für uns, die wir 
an einem knappen redestil besonders gefallen finden, wenn gleich 
auch durch manche, namentlich solche, wo es sich um auslassung 
der obliquen casus von avrog handelt, sich härten in der darstel- 
lung ergebeu — aber nur sehr wenig von diesen fast 
zahllosen inderuagen sind nothwendig oder über- 
haupt wahrscheinlich. Wenn wir eine solche gewaltsame 
methode für die richtige halten sollten, müssten wir mindestens 
verlangen, dass sich alle stellen, wo sich verschiedene stellungen 
finden, durch dieses mittel heilen liessen... Wenn sich aber unge- 
fahr eben so viel stellen finden, wo durch diese radicalcur keine 
heilung erzielt wird, so kónnen wir auch von jenea stellen nur 
holen, dass sie durch zufall nach jener methode sich schein- 
bar heilen liessen. Zum beweise führe ich an: & 1: A mgosönaog 
Znıdelkw rov Aoyov. B èmdeltw nenvvros 100 Aoyov. Ebenso 
wenig wie ich daran zweifle, dass À die richtige stellung ge- 
währt, da sie die schwerere ist und Aeschines eine sehr 
verschrinkte wortstellung durchaus liebt, ebenso we- 
nig sehe ich die müglichkeit, durch streichen die verschiedene 
wortstellung zu erklären. 2 20: 4 ug: dv 16 dnum pire d» dj 
BovAz. B umgekehrt. Weidner thut unrecht, eins der beiden 
glieder zu streichen, da für die ausführlichkeit eines gesetzes beide 
uothwendig sind: vrgl 11, 115. Il, 108. % 44: A nosicdas 
tug dmodelteis. B mit recht umgekehrt. 2 45: A mit recht: 
19 pagieovvm xal ug. B umgekehrt. 2 52: À doxeì rouvre. 
B mit recht umgekehrt. 2 72: B mit recht îywye vrodaufdre. 
A: oluas Eywye. Sehr bezeichnend ist @ 75: A dal 17 aW 
alzlg. Es unterliegt keinem zweifel, dass die lesart in B: aj 
alti zavın die richtige, dem sinn am besten entsprechende ist. 
Daraus geht hervor, dass die stellung in A nicht blos- vielfach 
falsch ist, sondern auch von einer nicht unkundigen hand veräu- 
dert in den text gebracht wurde, wie dean überhaupt die lesarten 
in 4, wenn sie auch oft falsch, dennoch niemals unsinnig sind: 
vrgl. z. b. 2 38. 99. Zur beurtheilung des eben angeführten è 75 
vergleiche man noch die einleitung von Blass zu Dinarch p. VI. 2 81: 
B: 2xelvov rov ovvedgiov. A umgekehrt. % 86: A falsch: rs 
xui uddo. B richtig xai aldo u. Es ist weder nôthig 15 zu 
streichen, noch gerathen, da dies pronomen in eiuer auffallenden 
weise von Aeschines geliebt ist. 2 92: A xaxdig navy B umge- 
kehrt. 2 93: B: undev ópiv. A umgekehrt. 2 95. B: 6 n- 


Jahresberichte. 191 


Fer iywy, A umgekehrt, und lässt sich für die stellung in 4 
vergleichen 2 25 und 27. 4$ 102: B richtig. o¢ Fu xai vvv For. 
A ion xol vv». Für diese formelhaft gewordene redewendung 
. efr. 155 und 157. 2 115: B: éuur® èrmaguocpuevog, A umge- 
kehrt. 2 118 ist die stellung in B die richtige; die tilguug des 
«»dg«g gegen den sprachgebrauch der attischen redner. $ 121: 
B: Aoyor vnoBallw, A umgekehrt. — An allen angeführten 
stellen, die sich noch vermehren liessen, wird bei der ohnehin ge- 
waltsamen methode Weidner's nicht das geringste erreicht oder er- 
klärt. Folglich muss eine andere zur hebung der schwierigkeiten 
gesucht werden. Auch ist bei den meisten von Weidner durch til- 
gung geänderten stellen nicht einzusehen, was einen interpolator 
vermocht haben sollte, das gestrichene über den text zu schreiben. 

Ebenso wenig vermag ich mit Weidner’s methode übereinzu- 
stimmen, wenn beide handschriftenklassen einen ver- 
schiedenen text gewähren. Ich erwähne zunächst 2 40: 
abglmpr Vut. Laur.: ws «vió rovgyor deste, ähnlich o Bern. und 
Ald. H., dagegen gewähren dfhq Barb. Abb.: zó moùyuu. Bekker 
und Weidner streichen das streitige wort. Aber 1) was soll es 
heissen: M bieten avro? Es bleiben ja bei den angeführten hand- 
schriften kaum noch welche übrig, jedenfalls keine massgeblichen. 
2) ist das kahle wc avro Puts nicht äschineisch: s. II, 62. 
MI, 141. 11, 13: vrgl. auch Ps. Dem. in Laer. 2 1 in Dionys. 
€ 13. in Eubul. 2 25. de Hal. 32: Einen ähnlichen fall haben 
wir & 7: A ob ,xasıt toùs xcigovg Exelroug vouodére, B hat für 
xœugous — xoovovg. Weidner oi xat’ êxelvous vouoderu. Es 
ist möglich, dass so im archetypos stand, aber kaum walrschein- 
lich, da die lingere redensart xaz' &xeivoug todg ygovous unstreitig 
bei Aeschines häufiger ist, s. 40, 43, 44, 108. Dass es 
aber an dieseu beiden und einigen anderen stellen 
sur durch zufull móglich ist, den stein des anstosses 
zu entfernen, zeigen eine menge stellen, So 2 7: A énofz- 
car, B richtig èrfomouv. Q 23: A rw "AInvalwy dndvriwy, 
B richtig: 19v aAlwy "Adnvalwv (doch ist wohl róv fovAóusvor 
trotz 2 32 zu eutfernen) 2 49, B richtig &r9owzov. A &r- 
‘ deos. % 74: B richtig einoste, A Afyosıo (dass selbst in der 
endung ro kein schreibfehler in À steckt, geht aus dem folgenden 
yrwoltetas für yvwoltartes hervor). $ 80: B richtig vag vrro- 
priow, A cuir épi. % 102: B richtig dit rv do3éveav. A 
da rjv vócov. Der begriff »0005 ist erst in dem folgenden ry» 
Guupogar thy megì ta Cpuura enthalten. è 13: B richtig 9a- 
rito inpsovoda:. A ano9rioxsr. Weidner hat die lesart in 
A in den text gesetzt, der gegensatz von xolrecdas würde aber 
ein #90ç bei anodrnaxeıv erwarten lassen, cfr. auch 2 91. — 
Q 15: A xui naguvoudy ri, B: n fev m. Weidner schreibt 
xar, recht hübsch, aber nicht rathsam, da wir deutlich zwei recen- 


192 Jahresberichte. 


sionen vor uns sehen, die jede ihre berechtigung hat, jedenfalls 
nicht handschriftlich sich aus einander erklären lassen. Auch sehe 
ich im & 13 nicht ein, warum es nöthig ist, den singular yoaynv 
zu schreiben, steht doch im 2 15 der plural ygaqdg tfçeux! 
Wir kehren zu den zeichen der verschiedenen redactionen zurück. 
è 74, A ovx eldoreg, B richtig ovx Sewvreg, denn nicht auf das 
keunen, sondern auf das sehen der person kommt es an. 
$ 74 B richtig vziQ aùros. A brig éxehov. Q 117. A ro 
cuugéooria: êluytoroug dé B richtig 10 ouugégor und oAdlyous 
dé % 114: A sosyagovr, B rosyagros Q 116: A Qelnera, 
B richtig 2eZeriue. Q 136: A yeyer70as farblos und schlecht, 
B auußeßnxevan — Daraus geht bervor, dass es vergebliches, 
verkehrtes bemühen ist, die thatsache einer zweiten re- 
daction an einigen stellen entfernen zu wollen durch willkür- 
liche tilgungen (wie z. b. 2 49: A dia sf di. B did tl ow. 
Weidner dia zí. Vrgl. dagegen 2 69). Aber ausser der thatsache 
einer verschiedenen recension in beiden handschriftenklassen tritt 
uns aus den angeführten beispielen entgegen, dass die recension 
in B fast an allen orten das bessere, weniger triviale lieferte, 
dass aber in bezug auf die stellung der würter beide klassen, 
die eine an dieser, die andere an jener stelle, soviel wir in die- 
sem puokte zu urtheilen im stande sind, gleichmüssig richtiges 
und falsches bieten. Aus diesem letzten grunde bin ich auch nicht 
der meinuug, dass die stelung in der einen oder anderen klasse 
mit bewusster absicht geändert ist. Wenigstens habe ich ein fe- 
stes princip nicht zu entdecken vermocht, und halte es nicht für 
gerathen, mich, wie Hug es bei Antiphon thut, auf das gebiet des 
geschmacks zu begeben und von einer eleganten oder weniger ele- 
ganten stellung zu sprecheu. Damit treten wir zunüchst der frage 
nahe, wie wir uns nun die verschiedene stellung, die verschiedene 
redaction zu erklären suchen. Wer die lesarten des Crippsianus und 
Oxoniensis mit einander vergleicht, wird man eine auffallende äbnlich- 
keit in ibren abweichungen und denen unserer beiden klassen zu- 
geben müssen. Wir müssen also auf erklärungsversuche sinnen, 
wie Bloss, Hug, Schöll sie aufgestellt haben — und diese genü- 
geu auch bei Aeschines. Unser archetypus war ursprünglich 
schlecht und flüchtig geschrieben. Es fehlten eine menge noth- 
wendiger worte, vielleicht gerade die, welche Weidner als inter- 
polirte herausschafft. Entweder wollte derselbe schreiber seine 
versehen gut machen und brachte, was er ausgelassen, über dem 
text an, oder eiu anderer corrigirte den schlechten archetypus 
nach derselben oder nach einer anderen handschrift, jedenfalls 
nach einem codex. Nun wurden, wie Weidner es annimmt, 
die worte in A und B in den text aufgenommen, wobei sich na- 
türlich mauche verschiedenheit der stellung ergub, da mau nicht 
immer wusste, hinter welchem. worte der einschub erfolgen sollte. 


"Jahresberichte. 193 


Aber die eingeschobenen worte waren handschriftlich — 
Ferner: unser archetypus kam aber auch noch auf andere weise 
zu einer doppelten lectio. Ein corrector setzte nach einem ande- 
ren codex die abweichenden lesarten dieses über die linie, und .4 
und B hatten die móglichkeit, die untere oder obere für sich zu 
wühlen. Ob dieser corrector derselbe war, welcher die flüchtig- 
keiten des archetypus corrigirte, lasse ich dahin gestellt Die 
annahme aber, dass es schon in sehr früher zeit verschiedene re- 
censionen der reden gegeben hat, ist 1) natürlich, weil ein redner 
von profession und so. langem leben, wie Aeschines, gewiss ôfter, 
gefeilt und geglättet, seine reden herausgegeben bat, ist 2) bewie- 
sen an reden des Demosthenes, 3) wird sie bewiesen werden an 
zeugnissen aus dem. alterthum an Aeschines sellist. Auch verdient 
hier die bemerkung des scholiasten angeführt zu werden: doxovot 
dé wor oi Aoyos pera rag Ólxag yeaqeodas (Bern. reroup3as). 

Unser archetypus war an und für sich schon interpolirt, wie Weid- 
uer es bewiesen liat. Es ist auch kaum. glaublich, dass der gram- 
matiker, der das recensiren unseres archetypus mach einer fremden 
bandschrift übernahm, die sich ihm günstig: erweisende gelegenheit 
zu eigenen ergänzungen hätte immer vorübergeben lassen, und so 
ist es denklag, dass manche von den von Weidner vorgeschla- 
gesen tilgungen berechtigt sind; nur muss jede tilgung, 
wenn sie angenommen werden soll, einea grund in 
sich selbst haben. So ist es mir x. b. wahrscheinlich, dass im 
$ 37: ZOUT dì mengayueruv dfay960 u djpa eimi, 0 icu» 
Oporto» 1oig Eoyoıg roig Tiuagyov das wort Q7zu« ein erläuterndes 
glossem ist, nicht weil ab dafür £oyov geben, sondern weil bei solchen 
undelicaten sachen der etwas sehr ängstliche Grieche möglichst 
unbestimmt zu sprechen pflegt, s. 6 38: e v oupws etre 
ara. 835. § 70: dua ye ngouydnceual 1, cagtorsgoy elneiv x14. 

HL 174 und die von Frohberger zu Lysias XIV, 2 angeführten 
stellen. — Alle diese annahmen, die ich zur erklärung gebraucht. 
habe, finde ich von underen ihrer möglichkeit nach bewiesen und 
schon mit nutzen für die kritik augewandt. Mehr mühe habe ich 
mit der erklärung der ferneren schicksale der aus dem archety- 
pus geflossenen haudschriften. Dass sie alle auf eigene hand 
durch grammatikerweisheit verunziert wurden, hat nichts unmög- 
liches, aber dass sie dann noch wieder oft. uach- und mit einander 
verglichen und geändert wurden, ist eine annahme, die noch spä- 
terer näherer begründung wartet. 

Ich gebe zu dem beweise über, dass die annahme mehrerer recensio- 
nen speziell bei Aeschines berechtigt ist. Die rede gegen Timarchos 
erfreute sich ganz besonderer beliebtheit und bekanntheit im.alterthum, 
wie sich aus den vielen citaten ergiebt. Sie verdiente dieselbe, weil 
sie sich in einer schmutzigen sache ohne die geringste frivolität bewegt, 
sich an stellen zu wahrhaft grossartigem schwunge und zu gnomen 


Philologus. XXXV. bd. 1. | 13 


194 Jahresberichte. 


mit tief sittlichem inhalt erhebt. Sie bat ühnlichkeit in ton und 
gedanken mit der Leocratea des Lycurgus. Wie vielmehr sie aber 
den alien mit recht zugesagt hat, als jene, zeigt der umstaad, 
dass die des Lycurgus selten erwähnt, die des Áeschines so sehr 
häufig benutzt wurde. — Gleich der anfang wird von Hermogenes 
und Gregor von Korinth citirt. An der stellung des woosdrros én- 
delta —, dem imi vor dnpootoss, dem aetivum ézavogSeve und 
der einfügunj von &rdoes erkennen wir, dass Hermogenes und 
Gregor der klasse A näher stehen als 3. Wenig gebe ich auf 
das bisher übersehene fehlen des efvas bei Gregor hinter iynodunr, 
da die ausgabe von Walz an druckfeblern schon in diesem $ reich 
ist. Auch Stolineus geht im 6 2 mit 4. Im E 3 dagegen bietet 
in bezug auf 075 Hermogenes die stellung in B, während Gregor 
auch hierin, wie in dem ganzen § A folgt. Nur in folgendem 
welcht er ab, was ich ebenfalls bisher noch nicht bemerkt sehe: - 
1) er lässt megì piv oùr Tourwr perolwe Entlw por mgossgjedes 
weg. Sollte das nicht die zuthat eines rhetors sein? Sie " 
den sich in der rede, und Weidner scheint mir mit recht § 9 
suploxetas vag ix tay elxó vay gestrichen zu haben; 2) im $ 4 
lässt ver zovr hinter z@ avrò Acy@ aus, mit recht, wie ich 
glaube; denn ich weiss keinen bezug für tovrzm; 3) er hat für 
wag mücw d»9gumoig blos den dativ. Auch diese abweichung 
scheint mir nicht so werthlos ; wie die des Stobaeus im diesem 
6. - Es kano nicht mein zweck sein, hier alle citate aufzu- 
zühlen; nur die will ich nennen, welche eine bemerkung nöthig 
machen. So ist in § 48 aus Stobaeus dus undé mit recht von 
Weidner entnommen, cfr. dazu $ 18#. Auch hat Stobaeus für 
das compositum ?rr:déyec9us das einfache déyeodus mit recht. 
Vielleicht hat Aeschines noch viele solcher simplicia gehabt, sonst 
würden die einzelnen recensionen nicht gerade in den compositis 
so sehr auseinandergehen: vrgl. $ 57: B gor». A elsposrir. 
47, 47, 51, 58, 70, 75, 90, 92, 112, 113, 178, 183. — Im 
6 52: zeigt Gregorios vielfache abweichungen. Das von Franke 
darch conjectur gestrichene xui vor wn povov gewährt er nicht. 
Er'lásst aber auch &A1’ émdelEw avrovg Afywv aus, sodass wy d» 
sais olxíui; xrà. sich auf die Gygsos beziehen würde; das ist aber 
nach $ A0 nicht möglich. Es ist aber überhaupt fraglich, ob die 
worte wy iv zaig olxla:s dvesAqupévog yéyors nicht eine remi- 
niscetüz an $ 40 überhaupt sind, da es dem redner nicht darauf 
ankommt, zu zeigen, dass er bei ihnen sich häuslich eingerichtet 
habe, sondern gerade, dass er mit sehr vielen umgang gehabt und 
haufig gewechselt hat. Ich möchte daher glauben, dass zu lesen 
ist: div d’ Upüs dvapvnaas anodeliw (gm: ürodelEw), tmegfal- 
vw TOUGOE Tous ayotous, Kydwvid qv zus Avroxdeldnv xai Oto- 
Cavdyrv, un povoy xi. Auch im vorangehenden $ giebt eine 
Jesart bei Gregor zu denken. Es heisst dort nämlich: o$ yàg 


Jahresberichte. | 195 


xQóc Eva tovro mouitw, éxi pe dì tiv noafiv soroupevos, 
avi pos doxsi rovi Evoyog sivas für o yag xri. Unsere lesart 
stimmt wohl: mit dem scholion zu dieser stelle, welches den unter- 
schied zwischen Erasgeiv und rrogvavesr in die anzahl setzt, aber 


sicht mit dem, was wir sonst darüber wissen, Tzetzes sagt mit - 
besug auf. unsere stelle: wogseíav piv Aéyuw ziv à pode 
qurvepérer eloygar neck, trusglav dì vj dad ÈFovc xai. 
&(5095.. (Walz Vil, p. 1186). Damit stimmt Thom; , Mágist.. 
p. 385. a. v. éralqu : Eragel uiv inc iouotov, mopveveras dè 


usò toù wyovros. Vrgl. auch Xenoph. Mem. I, 6, 13.:. Es:ist.also 
ini pod dé nur dem gegensatz schadend uud deia-:sachverbalt 
nicht entsprechend. deh schreibe also, bis eiue bessere conjectar ge- 
funden ist: 6 yag ngog fva. riv modif rmesovpevos atte por xh 
— Im. 6. 129 findet sich die verschiedene stellung sogar in den 
aug Hesiod eitirten versen. Doch ist hier die verschiedene. stel- 
hung wohl in den handscliriften des Hesiod selhst schon gewesen, 
da die verse auch in der vou A gebotenen stellung citirt werden, 
während B mit der handschrift des Hesiod übereinstimmt. — 
$. 149 bietet Hermogenes für avrog; —sùxÿ. Auch G 

achein an diese lesart: a denken, wenn er sagt p. 1321, 15: 


raguanduy. oudregos avr yerko9uı. So schreibe ich denu, zu- 


gleich mit rücksicht auf die citirten verse: dvaylyywaxs dì) & (B) 
megè ToU Opotasos avrò yertodas Aéyer. — Die. resultate aus 
allen citaten aus dem alterthum sind 1} die dadurch verbesserten 
atelien; 2) die erkenntniss, dass Thomas Magister und: Stobaeus 
eine zur handschriftenklasse A gehörende bandschrift benutzt haben, 
dass die stellung von A ausserdem nech beglaukigt wird durch 
Athenaeus, Dio Chrysostomus und die iu Bachmann's Anecdota an- 
sammengefassten autoren; 3) dass Harpocration und Hermogenes 
eine namemtlich ia bezug auf stellung der wörter zur handschrit- 


tenklasse B gehörige handschrifteuklasse gebraucht haben; 4) dass: 


die meisten citate aus dem alterthum eine dritte recen- 
sion voraussetzen, die von den beiden wns erhaltenen in 
ähnlicher weise abweicht, wie diese unter einander. Diese recen- 
sion benutzten: Sopater (6 13), Scbol. zu Aristoph. Acharn. ($ 23: 
Onpnyeosiy für Afyew). Ammonius und Hermogenes, besonders 
aber Herodian und Suidas (s. § 128. § 69. 172. 183). 

Nach dieser untersucbung kann als ausgemacht gelten, dass 
eim herausgeber des Aeschines sich zu entscheiden hat, welcher re- 
cemsion er folgen will, und sich die frage vorzulegen, welche er 
für des Aeschines würdiger hält. Bisber ist diese frage von den 
herausgebern in einer der handschriftenklasse E günstigem siune 
entschieden worden. Weidner dagegen baut seine ausgabe beson- 
ders auf recension A, der er in zweifelhaften stellen den vorzug 
giebt. Ein endgültiges urtheil darüber lehnt Weidner, lebne auch 
ich ab. Das jedenfalls müssen wir Weidner zugeben, dass bei 


13* 


196 Jahresberichte. 


einer ausgabe nach A ein festerer connex der zu einer periode ge- 
hürenden sätze, eine.geringere anzahl nichtssagender flickwörter 
gewonnen wird; aber es ist fraglich und nicht zu beweisen, dass 
eine solche priguante kürze antik ist. Dazu kommt, dass A 
auch unzuverlässig ist, indem es nothwendige wörter auslisst, z. b. 
è 32: ano. 38: udscra. 41: rig. 53: ye. 67: rovro. 72: 
favrov. 95: Ërs 96: opddon (denn das einfache ovzw genügt 
nicht cfr. 2 145 und den geläufigen gebrauch dieser phrase bei 
Lysias or. lif) 136: ovyl. 154: dì cf. Es liegt also nahe zu 
denken, dass auch manche 70; und obrog nur durch flüchtigkeit 
in A fehlen. — Auch mag noch erwähnt werden, dass A oft in 
den temporibus von B abweicht, und selten so, dass Weidner 4 
folgen konnte cfr. z. b. 98. 99. 

Ehe ich diesen abschnitt über die handschriftliche überliefe- 
rung der Timarchea schliesse, will ich noch über die von Gurlitt 
für Franke verglichenen, und von Redslob nochmal für Schultz 
collationirten randnoten der hamburger Aldina der attischen redner 
einiges für unsere rede bezügliches bemerken. Sie sind. hand- 
schriftlich, und zwar gehört der codex zur klasse B, wie das 
aus ungefähr 50 lesarten hervorgeht, während die Aldina auf einem 
zur klasse A gehörenden codex beruht. In besonderen fällen 
' stimmt er zusammen einmal mit corr. h und corr. Vat. (2 19), 
dreimal mit p (24, 45, 148), einmal mit }. Eine mischung beider 
klassen findet sich: 64, 64, 74, 100, 184. In bezug auf die dea 
raudglossen eigenthümlichen lesarten ist zu bemerken, dass ner 
einzelne anspruch auf beachtung haben. Als solche verzeichne 
ich 1) % 5: Ald. hat: ruga zodg vououg n Atyovrug 5 Beßıw- 
xdtug. So giebt A. Aber die herausgeber, auch Weidner, sind 
B gefolgt und drucken: 7 Aéyovrus 7 fefiwxotas. Der rand 
giebt 7:04, was verschrieben sein kann aus 7 on. Es ist aber 
Gu sowohl in A als in B an mehreren stellen verschrieben für rs. 
Und so glaube ich, dass das richtige hier durch verbindung von 
A uud B gefunden wird, wenn wir 7 x schreiben. Für diesen 
gebrauch des pronomens 74 verweise ich auf lll, 195: naga rove 
róuovg youqorrd 1, auch auf II, 115 und I, 102. 2) Die Aldina 
hat nicht wong, wie hei Schultz zu lesen ist, sondern ds ne 
Die handschrift xa? öcuc. Der rand gewährt yucrıs, was 
als conjectur Scaliger's und Wolf's angeführt wird, 
woraus leicht das richtige y° «org gemacht werden konnte. 3) 
& 154 steht am rande dé ri, was zu dem richtigen von B gebo- 
tenen dé rf führt. | 

Wenn wir von den durch Weidners kritische methode er- 
folgten änderungen absehen, so ist die rede in der neuen ausgabe 
sowohl durch die eigenen conjecturen des herausgebers ais durch 
aufnahme fremder conjecturen erheblich lesbarer geworden. Ohne 
vollständig sein zu wollen, bespreche ich einzelne stellen: zunächat 


Jahresberichte. — 197 


halte ich meine früher geüusserten bedenken gegen die richtige 
überlieferung des $ 8 aufrecht. Der redner verspricht die gesetze 
neol 176  &ixoGu (ag in aller ausführlichkeit durchzugeben, netür- 
lich nur in der absicht, diesen gesetzen das thun und treiben des 
Timarchos entgegenzustellen. Dann durfte der redner nicht fort- 
fahren: Gua de xal BovAopas, Ww ürdgss, dusk Div (B ngodisgeh- 
Deir) AQUITOY "pog vuas wg Éyouor oi vopos nep 175 móAeuc, 
zul dì perd 310910 dvisberacue To)c. tednovs tov Tipuoyov. 
Der erste theil dieses satzes ist eine kaum ertrügliche recapitu- 
lation des vorangegangenen, die bei «ua nicht mehr nöthig ge- 
wesen wäre -— abgeselien von dem unverstiudlichen megi 1756 no- 
Aewç, an dessen heilung sich Sauppe, Dahms, Weidner versucht 
haben, Aber wir wollen eine solche breite dem Aeschines nicht 
durchaus absprechen. Was aber, frage ich, soll das mewtov nach 
Gua? Und wenn es stand, musste es nicht xouio» u à» dem 
folgenden wadiv dé gegenüber heissen? Es ist daher mindestens 
nóthig, so zu corrigiren : apa dè xoi BosAopas, W a. wQodite- 
Odi» mois Gas cg Eyovow oí vouot ot 10s 1] node (ty móÀe 
mit Weidner), x«i pera rovto avreterucae xi. Für xai wurde 
mdÀsv dé substituirt aus 2 37. Vrgl. auch 2 155, wo wir ein | 
anderes tricompositum von £AJei» finden. — Während ich Weid- 
ners vorschläge im % 8 deuregor nach Erxesru zu tilgen, ehenso 
im 8 15 nenofnzev hinter elvas, billige ‚ kann ich mich mit der 
tilgung der schweren worte: ög oder wg ovdì xuTupoi deuhéyerus 
19 cupuari, nicht befreunden. Eine erwähnung dieser art ist bei 
der erwäbnuug der priesterwürde durchaus angemessen. Auch 
kann nicht unsinniges in unseren handschriften an den rand ge- 
schrieben sein. Ehe wir es tilgen, müssten wir mindestens die 
form finden, in der es interpolirt wurde, s. Il, 143. Auch im 
Q 27 und Q 97 geht mir +Veidner mit dem streichen zu weit. 
Dort heisst es in allen handschriften: daédecSev 005 yon dnuryo - 
qti» xai ovs où dei Aéye dv tH drum. Ueber die wortfülle bei 
uttischen rednern ist von anderen und mir schen so viel geredet, 
dass ich darauf nicht zurückkommen will. Aber mit Weidner dei 
l£yuv iv 16 drum zu tilgen, sollte man schon dureh stellen ver- 
hindert werden, wie 2 31, wo roig Gxovovos in einem scharf ent- 
gegengesetzten satze in derselben stellung, sich zweimal befindet, 
oder Q 112: aydoum uiv Aéy wr, dvayen d' Eoriv eimsin - 
Im 2 97 sodaun iat Weiduer über Cobet hiuausgegungen und hat 
auch noch ei; rjv dyoguy getilgt, mit unrecht; denn dies wort 
macht die glosse éxpégovouy allein denkbar. — Kühn finde ich 
auch die durchgängige änderung des &AsuFegog in dàev3éQuog, wo 
es in der bedeutung steht: einem freien geziemend. Auch hier ist 
Weidner Cobet’s beispiel gefolgt, der z. b. HI, 154 nicht &Aev- 
Flows ausdevFelg dulden wollte. So ändert Weidner @ 42: dev- 
degor hinter ysrruior, 2 123 gev9foov [an welcher stelle ich auf 


498 —— Jahresberichte. 


«keinen fall eine änderung zugeben kann, da der -redner die x6pros 
gleichwie die dovAo, den éd203e901 entgegensetzt, s. @ 138: a 
. pig Heo 3 nyouvyto elvas nQaxiéa , Tavta xoig dovdos du- 
Aimo» un nosiv], @ 156 Élevdéqur in Elevdeolws, wogegen zu 
vergleichen ist 9 159: eig tas zu» PevOtouv Saresti. — ÿ 74 
fehlt. auürqv hei gab, mit recht, 1) weil 7. mpa&ıg auch ohne 
áyzg das iu rede stehende vergehen bedeutet, 8.0 74: zb. "moiypo, 
€. 75: 1 mof; 2) weil dana bicht sogleich. darauf zog 15 
arc yxn ravrg folgen würde. In demselben 2 ist das pévzos hin- 
ter oùros in ro[ve» zu verwandeln, denn es handelt sich darum, 
eine, vorber ausgesprochene behauptung zu exemplificiren. Der in 
méveos liegende gegensatz folgt erst in opus. — % 89 muss 
CGpüg. vor Ar Eywye gestrichen werden. Denn in einer 770256 #x- 
xAjrog, iu einem gedachten fall, sind ibm die jetzigen eu- 
gen natürlich gleichgültig. Subject zu fd grvgds pos yevbatus 
ist todg agsoze ‚ldörag. — $145 würde i» 1j dAMoroln als ge- 
geusatz.zu dv 77 actos nurolds sehr passend sein. — 2 152 hat 
Weidner. mit Hillebrand zoivuv nach nd» gestrichen, ohne grund, 
was ich an anderer stelle bewiesen zu haben glaube. — Im P 165 
‚hat Weidner die lesart in A saga ourfyxaç, welche seit Reiske 
mit der in B xurd ourdyxac ‚vertauscht war, wieder restituirt, 
ohne dass ich glaube, «lass die an und für sich sehr schwer ver- 
stündliche stelle dadurch leichter würde. ich denke,mir den sian 
. go: Aeachines will klar machen, wober das eigentlich mode ge- 
. worden sei xar GvyÓvxag Erargeiv. Kiuer von den bürgern war 
auf diesen einfall gekommen. Das blieb unbemerkt, se lange er 
ein privatmann war. Als er aber sich am öffentlichen leben be- 
theiligte und gegeustand öffentlicher besprechungen wurde, machte 
man diese seine that besonders lächerlich. Bei diesem sion ist 
allerdings eine conjectur nethwendig, eine ähnliche, wie Bekker an 
dieser stelle vorschlug. Ich möchte schreiben: A£yezas ragà uy- 
Jyxaç fropyxtvar ság map ridet LAPS" oxés 9° wr 
idein; , Ga moog xà xowa nQog» xdi Aosdopfusg | mei 
sintwy x1. | 
Altena. — | Emil Rosenberg. 
Piso’s Annalen 

‚ werden im Pbilol. Anz. Vil, 1, p. 58 so gedacht, dass die croig- 
nisse und die verschiedenen ‘jehchunderte in ihnen gleichmässig und 
daher — wegen der sieben bücher — alle kurz behandelt gewesen: 
die gewöhnliche meinung. Aber auf die annalisten bat Ennius 
einfluss gehabt und wie bei ihm die schilderung je näher sie der 
gegenwart kam, um so weitläufiger ward, so ist das auch bei dem 
prosaikern gewesen und somit bei Piso die geschichte des zweiten 
punischen kriegs ausführlicher beschrieben, als irgend ein anderer 
krieg. Ernst von Leulsch. 


p— + ut annee e IT 
. 


UT. MISCELLEN. - 


A. Mittheilungen aus handschriften. 


1. Ein fragment Pindars. 


lm codex Palatinus 73 der vaticanischen bibliothek findet sich 
(auf fol. 170b) zu Lucians Dial mort, HI zuerst ein scholion, 
welches mit schol. G bei Reitz I, p. 338, .11 übereinstimmt. Dann 
heisst es aber im Palatinus weiter: | ZEE 


tov (fol 1718) zov yàg 10v Toogurioy xal tòv ullor 
péuvmas Idagog lv tH 07 *) «aiv “IcPpeonxwy*) 15?) 
sig Kagpulor *) ‘Podior  xvxin» Yoxogeï dè ovrog: 6 Ó' 
&Ffdwv®) tè xoà Juruueros pou nées tav “Ayapyds 

. Teogwrie °) 9' Exarußorov cvufovdiav Aefliv: 6 dì zur 
aeQi tata qQauOw ouvıukag Aéyes oviws: Wer bricht das 
scholion ab. 


1) rj ddj cod. . 2) ICOMIONIK cd. 8) 7 i. my 
cd. 4) xdounlov (die eigennamen natürlich alle mit klei- 
nem anfangsbuchstaben) 5) di Sélwr cd. ‚6) rao- 
qovia cod. | | 


Die worte des Pindar .rgichen wohl nur von: 6 d’ @élwy 
bis: Aaf@y; wenn ich das weiterhin folgende richtig verstehe, so 
sellte nuu :éine- se0(poacss der Pindarischen worte erfolgen, welche 
aber der schreiber des scholions wegliess (17% zegi ravra quur, 
mit einer allerdings seltsamen tmesis, statt: zz» 10viuv neofpouoir? 
Oder steht gousız geradezu statt seglpoeucis, sowie bei Synesias 
Dio p. 324, 7 Dind. vorkommt: 7 zwv Teurüv qQacig statt Èx- 
goacis?). — Die ode feierte einen sieg des Kasmylos von Bho- | 


200 2~CtCt*é | Miscellen. 


dos im faustkampf an den isthmischen wettspielen: es ist dies, 
aller wahrscheinlichkeit nach, derselbe Kasınylos von Rhodos, sohn 
des Euagoras, auf dessen zu ehren eines an den pythien errunge- 
nen sieges im faustkampf gesetztes standbild Simonides ein epi- 
gramm gemacht hat, fr. 154 Bgk. Dass uuter den verlorenen 
isthmischen siegesliedern des Piudar gerade ein solches zur feier 
eines sieges im faustkampf auftaucht, bestätigt die richtigkeit 
der Böckh’schen berechnung, nach welcher, dem (wohl von Aristo- 
phanes von Byzanz durchgeführten) anordnuagsprincip der pindarischen 
epinikien gemäss, die verlorenen 'isthmischen oden solche gewesen 
sein müssen quae aut pancratiastas aut luctatores aut cursores ce- 
lebrabant (Pind. fragm. p. 557), denn diesen sind die pugiles je- 
denfalls anzuschliessen, da ja nicht der geringste zweifel darüber 
bestehen kann, dass schon zu Pindars zeit der faustkampf zu dem 
. kreise der isthmischen wettkämpfe gehörte (vgl. das siegerver- 
zeichniss bei Krause, Die Pythien, Nemeen und lsthmien p. 209 ff.) 
— Ueber den sinn der Pindarischen worte erwarte ich von kun- 
digeren belehrung. Die worte ziv °Ayuuid& Toogpuvio I” Exa- 
ıußoAov Ovußavilav Außav, weiss ich nicht anders zu construiren, 
als indem ich annehme, dass ovufoullu, gleich andern verbalen 
substantiven, mit dem dativ verbunden sei nach analegie. des ver- 
‘bums, von welchem es abgeleitet ist (vgl. Krüger Sprachl. 48, 
12, 4); also, wie etwa Hesiod sagt (Theog. 93): Movado beg) 
dogs d»9ou rod» „der Musen heilige gabe an die menschen“, so 
Pindar: tay #xarafolov GvuflovAt«v ’Ayaundes Toopwrle r£, „den 
rath des Apollon an Agamedes und Trophonios, d. i welchen Apollon 
dem Agamedes und Trophonios gab*. — Diesen rathschlag des Apoll 
(welcher, völlig wie hier, éxazafióAog schlechthia genannt wird bei 
Pindar P. VIII, 61) an die berühmten kunstfertigea brüder nahm also 
derjenige, von dem Pindar hier redet, auch seinerseits und für sich 
an: denn so wird ja wohl das: sav ovußovilar Aa Bw v zu ver- 
stehen sein; vgl. Philemon fr. ine. LXXXV (1V, p. 59): amo 
yeveuxóg Aapfivov ovußovAlen. Aber welchen rathschlag des 
gottes meint der dichter? ‘ch wüsste mich keines solchen aus 
den sagen von Trophonios und Agamedes zu erinnern, ausser des- 
jenigen, dessen Plutarch gedenkt, consol. ad Apoll, 14: neg? ‘dya- 
undowg xoi Toopurlou qnoi Hivdagog, tòv vewv tov iv Heigoig 
olxodouzcavrug alreir muon 1où Azsllwvos 1#090v 1èv. d a$- 
roig Znayyeilacdhu sic EBdonys quéouy anoduicay, dv rocoure 
d svwyeiodus rupuxelsdoucTus, rove df, nosmoarias 10 
nvosroydér, 1j £fdoug vvxil satazosun9tviucredevitione. (Vgl. 
Cicero 'Tusc. 1, 47, 114, gleich dem Plutarch aus Kramter xegi 
névdouc: schôpfeud). Erzählte etwa Pindar, seine eigne andeutang 
genauer ausfübredd, eben in diesem siegesliede jene schöne sage! 
(Bóckh fragm. p.-568 setzt die erzählung in den paean auf dea 
pythischen Apoll, Bergk Lyr. p. 295, mit Wyttenbach, lieber in 


Miscellen. m 201 


die Soñvos). Der sinn der hier erhaltenen worte könnte dann 
mein: der aber, da er den willen und die macht hatte, des lebens 
staitlich zu geniessen (óflgà rayer nicht im unedlen sinne, den 
. &fioóc bei Pindar überhaupt nicht hat), den, einst von Apoll dem 
Trophonius und Agamedes gegebenen rathschlag sich aneignend — 
machte eben von seinen mitteln zum œfoù noyau» gebrauch, in- 
dem er jene zupaxéleucss des gottes an die beiden brüder wie eiu 
carpe diem verstand, welches, auf seine verhältnisse angewendet, 
der güter des lebeus zu geniessen mahnte, so lange es tog sei. 
Kiel. | Erwin Rohde. 


B. Zur erklärung und kritik der schriftsteller. 


2. Sophocles Antigone 4, 5 nochmals. 


oudîv yap out’ adyeıröv ovr ars arse 

ous” alcyQü» oUr Gupov [09 dxoîov où 

tay Our te xdudiv ovx Oxom yo xaxur. 

Za den nachfolgenden bemerkungen wurde ich durch des director 
dr, Raspe Osterprogrumm des gymnasiums von Güstrow veranlasst, 
Bei der gründlichen besprechung der ersten 250 verse der Anti- 
gone kommt der verfasser auch auf das vielbesprochene dzy¢ arg 
im vierten vers, wo er das Dindorfsche digowuo» billigt. Weder 
dieser ànderung noch irgend einer anderen der vorgeschlagenen 
konnte ich beistimmen. Ich halte die lesurt der handschriften für 
richtig und komme zu folgender erklürung. 

Zeus, durch Hera verleitet, hatte unbesonnen und be- 
thért einen eid geschworen: der an diesem tage geborne aus 
seisem geschlecht werde die umwohuenden alle beherrschen. Als 
nua durch die list der Hera Eurystheus früber als Herakles ge- 
boren war und Zeus die durch täuschung veranlasste unbeson- 
nenheit seines schwurs erkanote, schleuderte er die Ate vom 
himmel herab. Die Ate ist nun unter den menschen die urheberin 
jeglicher bethörung und unbesonnenheit, wie sie es war, durch 
die Zeus dem Agamemnon ‚den verstand nahm“ als er sich mit 
dem Achill entzweite: Hom. Il. 19, 136: 

où dvvápg» Àdagftc) &tns, jj noüroy ducdp, 

GAN imd dacdug» zal peu pQtvag èEeleto Zeig — 
Aebnlich Sophokles Antig. 623 — rp ggevac Seog ayer mods 
amaro — Ä | 
Am deutlichsten ergiebt sich der begriff der Ate, wenn man 
sie nach der lehre des alterthums von den cardinaltugenden, die 
schon im Homer wurzelt, betrachtet. Aristoteles, der trota der 


202 Miscellen. 


aufzühlung von tagenden im vierten buch der Nikomachischen ethik, 
doch wo er im allgemeinen der tugenden erwühnt, immer die be- 
kannten vier nennt, unterscheidet die drei ethischen tugenden des 
handelns (dvdgela, owpgooven und dutoepeurr) und die tugend - 
des denkens (pornos oder diavosa, óg9 óc Aóyog) bekanntlich 
in der weise, dass die ethischen tugenden im grunde nur. dadurch 
zu tugenden werden, dass.der verstand übereinstimmt mit dem, was 
das berz begehrt. Ist der verstand, sind die peëres betliört, dana 
handelt der mensch verkehrt, unbesonnen, mag er im übrigen ethisch | 
gut und tadellos sein. Die Ate wirkt nie ein zu viel.oder zu 
wenig der tapferkeit, miissigung oder gerechtigkeit, ist niemals 
ursache der poy3neía und wovngla, sie schädigt nur den 
verstand, fiam qQérag, (Od. 14, 178) und durch diese be- 
thórung der qooryois entsteht das tragische poema. Daher 
wird bei Sophokles (Antig. 1260) das eigene ápdornpa des Kreon 
der fremden arty entgegengesetzt: ovx &Alorglay arny, AAN avròs 
àpagrov. Dieser fehler oder diese schuld , *wenn man will, be- 
steht nicht in einer moralischen unwürdigkeit , sondern in "einer 
unbesonnenheit, in dem unterliegen des verstandes unter einer lei- 
denschaft, vor dem die poornoi, das pgoveiv hätte bewahren sol- 
len. So wird die ary objectiv zum fluch, subjectiv zur schuld, 
an sich aber ist sie nichés anderes, als die ursache des un gooveiy, 
eventuel einer cuagtla peych und zomit das princip der tragüdie. 
Daher sagt Aristoteles in der Poetik 13 dvayxy aga 10v xadwe 
Eyovie putov — perapuddrssy ovx elg evtvylay dx durruylus, add 
robvayi(oy EE evivglac el; Qvoivy(ov un dia uoxS9nofar,.dAAa 
dr ünagılav wey dine. 

Es ist wohl kaum eine tragüdie, in welcher nicht der tre- 
gische held vou der Ate in ‘jene aus der unbesontienheit, dem #7 
Yoovsiv, entsprungenen fehler, in eine apagrzía ueyddg hineinge- 
führt wire. Aias, Orest, Herakles selbst und die Okeaniden, Vedi- 
pus und seine sóhne sammt den Sieben gegen Theben, und Kreön 
und Haimon sie alle sind der Ate verfallen weil sie bethórt und 
unbesonnen, von der avosa beherrscht, der 0077015 zuwiderhan- 
delten oder begehrten. Man vergleiche die zahllosen stellen bei 
Aeschylos und Sophokles, in denen die zy genannt wird. 

Um nun zum Oedipus und seinen töchtern zurückzukehren, 
so ist zunächst klar, dass sich mit jener Ate, der Oedipus unter- 
lag, als sich die wirkungen seiner unbesonnenheit, seiner Gyosu of- 
fenbarten, nicht nur viel schmerzliches, sondern auch viel schimpf- 
liches und unebrenhaftes verband. Er hatte seinen vater ermordet, 
seine eigene mutter geheirathet und mit ihr kinder erzeugt. Es 
war unverstand, dass die sóhne abwechselnd regieren sollten und 
es war schimpflich , dass die brüder sich bekriegten und im wech- 
selmord sich gegenseitig tódteten. Schimpf und schande war auch 
auf die tüchter übergegangen, aber von der Ate waren sie völlig ^ 


Miscellen. 203 


snberührt geblieben, keine ilrer handlungen, keins ihrer worte 
hatte bisher das ggoreîy verleugnet; ihnen war;das «loxgov und 
das azıuov, an dem sie als töchter des Oedipus theilnehmen 
mussten, völlig frei von der Ate: dzyg Gieo. ^ Das ist es also 
was Antigone sagen will: wir haben von den leiden von Oedipus 
her jedes schmerzliche, jedes jedoch von eigener unbesonnenbeit 
freie schimpfliche und entehrende erfabren. Es ist diese zurück- 
weisung der eigenen Ate im munde der Antigone -um so bezeich- 
nender, als sie selbat grade im begriff ist, durch die verbotene 
bestattung des bruders die Ate auf sich selbst herab zu beschwören. 

Nach diesem ist also einleuchtend, dass würter wie calamitas, 
énfortunium, noxa, infaustum den sinn der worte der Antigone 
nicht treffen. Am nüchsten käme Zeblickes culpa vacans und 
Seidlers immerita, wodurch arms dieg allerdings richtig als ein- 
schränkung des aloygo» nud aisuor erscheint, ohne dass der he- 
griff der &ın wiedergegeben ist. 

"Wenn Buttmann (Lexilogus I, p. 227) in der diy zugleich 
den begriff des unglücks und der schuld findet, so wird man, 
wenn man alle stellen vergleicht, den gemeinsamen begriff ver- 
blendung überall zu gruude liegen finden. Führt die verblen- 
dung zu einer „upeozia peydin“, dano ist sie gewiss ein um 
glück, und wenn der verblendete durch sich selbst, und nicht 
durch die gü&er verblendet ist, wird er auch von der schuld 
nicht feei zu sprechen sein. ich hatte einst im philologischeu se- 
mioar die frage aufgeworfen: woher die vier cardinaltugenden ? 
„Als antwort“ sandte mir Jansen, gegenwärtig conrector des hie- 
sigeu gymnasiums, seine reiche Abhandlung (Meldorfer programm) 
„über die beiden Homerischen cardinaltugenden*. Es sind die tu- 
genden des handelns und des denkens, die ethische und die dia- 
noetische. Der yerfasser hat alle stellen, die für dieseu gegensaiz 
in betracht kommen, und die parallelen ausdrücke zusammenge- 
stell, Und indem er auf die uafürliche verbindung beider kräfte 
im menschen hinwaist, zeigt er wie der glaube der Griechen, der 
‘alles auf die götter zurückführte, auch es uicht verschmáhte, in 
ihnen die urbeber der bethóruug der denkkraft, der verbleadung, 
des ,,gofrac Plantew* zu erkennen. Ueber das auftreten der vier 
eardinaltugenden im Pindar und deren überlieferung aus den älte- 
sten zeiten spricht Dissen in den prolegomenen seiner ausgabe 
p. Xlll f£, besonders p. XXII. — Bei den philosophen verschwindet 
die am. Dem Plato ist der vous, dem Aristoteles die orga 
die beherrscherin der ethischen tugenden. Eine herrschaft der am 
oder des gottes hatte für sie natürlich keine bedeutung. Die ein- 
schränkende bedeutung der worte bei Sophokles würde deutlicher 
bervortreten, wenn geschrieben wäre Ging y° üreg. 

Kiel, | Dr. Forchhammer. 


204 Miscellen. 


3. Zu Livius. 


XXIII, 47 wird der zweikampf erzählt, welchen der Campaner 
Vibellius Taurea und der Römer Claudius: Asellus, beide die besten 
reiter in ihrem heere, mit einander bestanden. È Lange zeit tum- 
melten sie die rosse, ohne handgemein zu werden, bis endlich die 
sache eine wendung nalım, welche den persönlichen muth des nur 
in reiterkünsten starken herausforderers in beschümender weise ia 
frage stelle. Hievon heisst es Q. 5 fg.: tum Campanus Ro- 
mano ,, equorum “ inquit „hoc, non equitum erit certamen, nisi e 
campo in cavum hanc viam demittimus equos. ibi nullo ad evagan- 
dum spatio comminus conserentur manus diclo prope citius 5 ;equem 
in viam Claudius deiecit ; "aurea verbis ferocior quam re j minime, 
sis“, inquil „ cantherium in fossam; quae vox in rusticum inde 
próverbium abiit. . 


Die auffallende erscheinung, dass Taurea einem vorschlag nicht 
nachzukommen wagt, den er doch selbst gemacht hat, pflegt da- 
durch. erklärt zu werden, dass man diesen für einen scherz nimmt, 
Dann wäre freilich der Campaner nicht bloss feige sondern auch 
thöricht gewesen: wenn er keine lust hatte, den kampf an einem 
orte zu führen, an welchem seine meisterschaft als reiter ihm nichts 
nützte, so war es hóchst unbesonnen, ja uberwitzig, aucb nur im 
scherz einen vorschlag zu machen, den der gegner für sich und 
gegen ihn zu benutzen das recht hatte. Vielmehr ist es, da Taurea 
dus turnier offenbar nur im vertrauen auf seine kunst eingegangen 
bat, höchst unwahrscheinlich, dass er auch nur im scherx einen so 
geführlichen vorschlag gemacht habe, und überhaupt dürften bei 
einem so erhsten waffengang beide kümpfer zu kurzweiligen äusse- 
rungen wenig lust gehabt haben. Im interesse des Römers dage- 
gen lag es, den geguer von dem freien und ebenen kampfplatz zu 
entfernen, auf welchem derselbe im vortheil oder wenigstens. nicbt 
im nachtheil war; darum glauben wir, dass Livius Romanus Cam- 
puno geschrieben hat. Wie dereinst die technische überlegenheit 
der Punier zur see vou Duilius durch anweudung des enterhakens 
zu nichte gemacht worden war, welche den kampf der schiffe einer 
landschlacht ähnlich machte und den kriegerischen vorzügen der 
Römer freieren spielraum schuf: se wusste Claudius Asellus den. 
reiterzweikampf auf einen platz hinüberzuspielen, auf welchem dem 
gegner seine virtuositüt als reiter nichts mehr half, und einen 
kampf mann gegen mann herbeizuführen, in welchem die persóa- 
liche tapferkeit allein den: ausschlag gab. [Und müsste nicht e£. 
vor dicto eingefügt werden? — E. v; L.] | | 


Hof. G. F. Unger. 





Miscellen. 205 


4. Zu Justinus. 


Yon den krieg des „tipps gegen die lilyrier im j. 359 
sagt Justinus 7, 6, 7: bello in Illyrios translato multa milia ho- 
stium caedit, urbem. nobilissimam Larissam capit; hinc Thessaliam 
improvisus expugnat. Er wurde bóchst wahrscheinlich ia Oberma- 
kedonien geführt, welches nach der niederlage und dem fall des 
Perdikkas von dem Dassaretierkouig Bardylis besetzt worden war, 
wührend Philippos im osten mit zwei thronbewerbern und ibren 
mächtigen beschützern, dem Odrysenkünig und den Athenern, uud 
zu gleicher zeit mit den Paeonern zu thun hatte. Der hyperboliache 
ausdruck Dlisnzog nagelafwr rj» Muxedorlay doväsvovoav '[A- 
dugioïc in dem elogium bei Diodor 16, 1 erhält seine nothwen- 
dige beschränkung aus Diod. 16, 4, wo Bardylis im besitz eines 
theils der makedonischen städte erscheint, und dies kónnen nur die 
zwischeu der illyrischen grenze und der makedonischen hauptstadt 
Edessa == Aigai gelegenen gewesen sein, welche ven illyrischem 
einfluss unberührt geblieben war (Died. 16, 3). Die unterwerfung 
der hevülkerangen bis zum see von Lychnidos, welche nach Diod. 
16, 8 der sieg für Philippos zur folge hatte, bedeutete within im 
wesentlichen , wie Curtius Gr. gesch. 3, 418 richtig erkannt hat, 
nichts anderes als die wiederherstellung der alten natürlichen gren- 
zen zwischen Makedonien und Illyrien. Wir suchen: daher das von 
Justin genannte Larissa in Obermakedonien und zwar wegen der 
wichtigkeit, welche sein besitz hatte, an der grossen heerstrasse 
von Lychnidos nach Edessa, der ehemaligen via Egnatia. 

Die schwierigkeit freilich, welche bisher die unerweislichkeit 
der existenz eines illyrischen Larissa machte, wird durch die ver- 
- legung Larissa’s nach Makedonien schwerlich gehoben: obgleich es 
eine stelle gibt, welche eine stadt dieses namens in Makedonien 
und noch dazu, wie die in ihrer umgebung stehenden namen be- 
weisen, gerade in den bei Justinus gemeinten westlichen gegenden 
nennt. Der Synekdemos des Hierokles gibt an: Muxsdorla, uno 
rovcovdagior, mOÀug AB. Oeccuhorixn Ming Etownos iov 
Biggovu ’Eogdala “Edsoca Kélin "Aluwnla Auügiooa ‘Houxac 
Aaxxov 'dviayv(a (Antigoneia) u.s. w. Wesseling z. d. st. (Corp. 
seript. bist. Byz. 3, 410) will Augı00a streichen ; einmal weil es 
in der parallelstelle des Constantin Porplyrog. Them. 2, 2 fehlt, 
welche die andern makedonischen stádte des Synekdemos enthált. 
Dies beweist zwar nichts: denn Constantin will, der überschrift 
’Erapyla Maxsdovius, tnd xovauigsor, nodes Au’ zufolge, eine 
stadt weniger geben als der Synekdemos; es hat also wahrschein- 
lich in der zwischenzeit die stadt an bedeutung verloren. Aber 
Wesseling weist auch darauf hin, dass das von Stevhanos von By- 
zanz gegebene verzeichniss der orte, welche den namen Larissa 


206 Miscellen. 


fübrten, keinen makedonischen dieses namens kennt, und hierauf 
ist gewicht zu | 

Strabo 9, 5, 19 und Stephanos unter Augsoaı zählen vierzeba 
Larissen auf, zum gróssten theil obscure oder auch ganz verschel- 
lene orte, von denen sonst nirgends gesprochen wird, darunter drei 
in Thessalien und eines in Thrakien, den nachbarlündern Makedo- 
niens. Es ist daher, obgleich diese verzeichnisse sich noch durch 
ein assyrisches am Tigris (Xen. Anab. 3, 4, 7) und ein campasi- 
sches (Dion. Halic. Antiq. 1, 21) vervollständigen lassen, nieht 
leicht anzunehmen, dass jene „angesehene stadt“ Makedoniens den 
urhebern derselben eutgangen ist, zumal Strabo dabei den Theo- 
pompos, des Trogus gewährsmann in den »pbilippischen geschich- 
ten“, ausdrücklich citirt. Ich vermuthe daher, ‚dans Hierokles "A )- 
ecu geschrieben hat. Nachdem Brasidas im j! 423 den engpass, 
welcher aus dem obermakedenischen  fürstentlhum* Lynkos nach: 
esten führte, erstürmt hatte, befand er, die obengénannte heerstrasse 
zieheud, sich bald in Arnissa, der westlichen grewzstadt des cigent- 
lichen königreichs Makedonien > Thukyd. 4, 128 xaz degna 
padior lov avInusgov dguxveiras dg "Agrıccav nowrov 175 Heg- 
dixxou Goyns. Die auch von Ptolem. 3, 13, 26 genannte. atadt 
lag also nordwestlich oder, wie Kieperts neueste "karte sie ansetat, 
nórdlich vom see Begorritis, zwischen Kelle und :Edessa. 

Als eine der óstlichsten, vielleicht die östlidhste von den ma- 
kedonischen städten, welche Bardylis besetzt hielty. und zugleich die 
haupistrasse, auf welcher Philipp gegen ihn lieranzieben: musste, 
beberrschend, ist Arnissa wohl für beide kriegfühtende tliaile von 
besonderer wichtigkeit gewesen. Sie ist wahtscheinlich: in dem 
bericht des Trogus und seines auszüglers gemeint; dock möchte 
ich, da der fehler sich aus der griechischen uncinlschrift am leich- 
testen erklärt, ihn zu den lesefeblern des Tfpgus rechnen, auf | 
welche (z. b. Just. 32, 2, 1 templum. Didymaei :Iovis statt Ælu- 
ualov d. i. "Eivpafov) v. Gutschmid im Lit. centralblatt 1872, 
Sp. 660 aufmerksam gemacht. 


Hof. G. F. Unger. 


—————————————————————————— mu 


5. Zu Minucius Felix 


Vor einigen jahren sprach ich die ansicht aus, dass die hand- 
schrift des Arnobius weuiger durch fremde einschiehsel als durch 
lücken veruustaltet sei (Philolog. XXVI, 366) Seitdem hat Mi- 
chael Zink (blätter für das bayerische gymnasiulwesen VII, 285— 
812, VIII, 202—316) sorgfältig über die interpolationen und dit- 
tographien des manuscripts gehandelt, freilich, nach meiner über- 
zeuguog, im aufspüren derselben viel zu weit gehend. Allein 


Miscellen. 207 


selbst diese untersuchung beweist die flüchtigkeit des abschreibers 
und dient indirect als neuer beweis für die von mir aufgestellte 
ansicht, Denn der eilende vergisst sicherlich leichter als das er 
nicht su seiner aufgabe gehörendes zuspmmenrafite. 

Einen dritten beweis für die lückenhaftigkeit des codex lie- 
fert die neueste litteratur über Minurius Felix. Schon Halms 
grundlegende ausgabe giebt dem einigermassen eingeweihten eine 
grosse menge vou stellen an die hand, die durch wiedereinfügung 
von wörtern, welche der leichtfertige abschreiber übersprang , ge- 
heilt werden konnteg. Die recensenten dieser ausgabe, Sauppe, 
Hartel, Bursian und Usener sowohl als auch Dombart und Mäbly, 
welche später ihre „kritischen beiträge“ spendeten !), haben das- 
selbe heilmittel in verhältnissmässig äusserst zahlreichen fällen an- 
gewendet. Der schreiber des codex des Minucius Felix ist aber 
bekanntlich dieselbe person mit dem schreiber des Arnobius, an 
déssen apologetik der Octavius augefügt ist. Der brüsseler codex 
kann als abschrift des pariser manuscripts eben so wenig in be- 
tracht kommen als die aus derselben quelle geflossene editio 
princepe. 

Die folgenden besserungsvorschlige basieren grüsstentheils auf 
demselben principe, indem sie meistentheils durch einfügung ausge- 
fallener silben oder wörter dem gestörten satzbau oder dem maa- 
geladbn sinne der überlieferung abzuhelfen suchen, - 

. Die worte cap. 2. 4: itaque cum diluculo ad mare inambu- 
landa litore pergeremus haben Cellarius zu der änderung lori ver- 
anlast und Milly stimmt diesem vora^hlage bei. Mir ist die dabei 
zu statuierende construction weit austóssiger als die handschrift- 
liche überlieferung, und auch Halm scheint, indem er Cellarius’ 
versehlag stillschweigend überging, ebenso gedacht zu haben. Je- 
der anstoss schwindet, wenn man liest, litora peragraremus. 

Dass cap. 5. 4: itaque indignandum omnibus, indolescendum 
est audere quosdam, et hoc studiorum rudes, litterarum profanos, 
expertes artium etiam sordidarum, cerium aliquid de summa rerum 
ac: maiestate decernere, de qua toi omnibus saeculis sectarum pluri- 
. marum usque adhuc ipsa philosophia deliberat etwas gestört sei, 
haben die bei Halm verzeichneten gelehrten und nach diesen Bursian, 
der plurimae. imo usque adhuc, Mahly, der plurimarum summi viri 
eique usque adhuc, endlich Koch, der plurimarum sententiis usque vor- 
schlägt, erkannt. Allein, so nabe die emeadatien des ersteren der 
überlieferung steht, so wenig entspricht die verbindung sectarum plu- 
rimae dem sprachgebrauche des Minucius, und Mähly’s vorschlag lässt 
die veranlassung der abirrung dea achreibers vom original nicht erken- 
uen. Ueberdiess fehlt, da Minucius die früheren streitigkeiten der 


1) Leider sind mir bis jetst E. Baehrens lottiones latinae. (Bonn 
1870) noch nicht zu gesicht gekommen, 


208 | Miscellen. 


philosophen den gegenwärtigen entgegenstellt, bei dem ersten gliede 
ein perfect, das aus dem folgenden praesens deliberat schwerlich 
entnommen werden kann. Ich vermuthe deshalb: de qua tot om- 
fibus saeculis sectarum plurimarum philosophi rizati sunt 
atque usque adhuc ipsa philesophia deliberat. Die abkürzung 
phirirati sunt, welche dem verhergehenden plurimarum so abalich 
ist, veranlasste die abirrang. Ueber usque adhuc vgl. Stürenburg 
zu Cic. pro Archia pag. 27 (latein. commenter), 

© Wie cap. 5. 4 Wirth statt de summa rerum ac maiestate de- 
cernere gelesen wissen will maiestate dei decernere und Halm ibm 
nahezu beistimmt, so wird wol eher cap. 5. 7 statt unde haec religio, 
«nde formido? ebenfalls zu lesen sein unde dei formido? ^ Cücilius 
bezieht sich in seiner auseinandersetzung im wesentlichen auf Epi- 
kur, und zwar wie er ihn aus Lucrez kennt — eine bisher, so- 
viel mir bekannt, noch nicht bemerkte ähnlichkeit des Minucius 
Felix mit Arnobius —, ja Minucius ahmt den Lucrez selbst im 
wortlaute nach. Die bier ausgesprochenen ansichten stammen aus 
dessen fünftem buche. Ich habe der sprachlichen nachahmung die- 
ses dichters durch Minucius nach nicht näher nachgehen können, - 
bemerke aber, dass sogar cap. 2. 1: nam negotii et visendi mei 
gratia Romam contenderat, relicta domo, coniuge, liberis, et quod 
est in liberis amabilius, adhuc annis innocentibus et adhuc dimi- 
diata verba temptantibus, loquellam ipso offensantis linguae. frag 
mine dulciorem, wo dinge des gewöhnlichen lebens erzählt werden 
und an physische oder philosophische erörterungen. nicht gedacht 
wird, eine genaue bekanutschaft des Minucius mit Lucrez zu t 
| tritt. Freilich steckt auch in dieser stelle, wie schon Mähly, der 
et quia nihil est in liberis amabilius vorschlägt, bemerkt, ein 
schreibfehler. Denn der zwischensatz quod est im liberis amabilis 
lässt für den comparativ keine legische vergleichung zu: was sell 
es nämlich heissen, Octavius habe haus, weib und kinder und zwar, 
was an kindern noch liebenswürdiger sei, kinder in den zartestem 
jahren verlassen? Es wird gelesen werden müssen relicta deme, 
coniuge, liberis et — quo quid est in liberis amubilius? — adhuc 
annis innocentibus et adhuc dimidiata verbu temptantibus, loquellam 
ipso offensantis linguae fragmine dulciorem. Die letzten worte 
verrathen eine nachahmung des: Lucrez (V, 230): almae nutricis 
blanda atque infracta loquella. Um nun auf die stelle 5. 7 
und den vorschlag dei formido zurückzukommen, so findet sich bei 
Lucrez (V, 1218): praeterea cui non animus formidine divum 
contrahitur? 

Auch das unmittelbar folgende cap. 5. 8 giebt lucretianische 
‘ideen wieder: die formen und gestalten der erde sind ohne wall 
und vorbestimmung durch das zufällige zusammentreffen der atome 
entstanden, lösen sich in diese elemente wieder auf und kehren 
so zu ihrer quelle zurück : ein bestimmter und bestimmender wille 


Miscellen. 209 


herrschte dabei nicht vor. Die worte des Minucius lauten: homo 
st animal omne quod nascitur, inspiratur, attollitur, elementorum 
ut voluniaria concrelio est, in quae rursum homo ct animal omne 
dividitur, solvitur, dissiputur: ita in fontem refluunt et in semet 
omnia revolvuntur, nullo artifice nec iudice nec autore. ‘n diesen 
werten hat us hinter elementorum viele besserungsversuche hervor- 
gerufen: Halm rath velut, Mälly utique, Usener streicht es. Koch 
fügt ein: fortuita aut vol. concr. Am leichtesten ist wohl geholfen, 
wenn man. schreibt elementorum involunturia concretio est. Sagt 
doch Cäcilius cap. 5. 7 selbst: sint fo ortuitis concursionibus to- 
tines mundi membra coalita. | 

Cap. 12, 7 warnt Cäcilius, sich an den bekannten vers des 
Ennius: 

quod est ante pedes nemo spectat caeli scrutautur plagas 
anschliessend : desinile caeli plagas et mundi fata et secreta rimari: 
satis est pro pedibus aspicere. Schon der substantivische gebrauch 
der verbindung pro pedibus hätte zur herstelluug der ausgefallenen 
wörter: salis est quod est pro pedibus führen sollen; der àb- 
achreiber irrte von dem ersteren est zum zweiten ab. | 

Cap 16. 2: sed in Natali meo versutiam nolo, non credo: 
procul est ab cius simplicitate subtilis urbanitas. Usener will ent- 
weder molo streichen, oder volens non credo gelesen wissen. Ein- 
facher und dem sinne angemessener ist wohl folgende änderung: 
sed in Natali meo versutsiam statuere nolo; nam, credo, procul 
est ab eius simplicitate subtilis urbanitas, Aehulich Koch: sed a 
Natali meo versutiam coli non credo. 

Nicht hierhin gehört cap. 14. 5: sic adsidue temeritate de- 
cepti culpam iudicii sui transferunt ad incerti querellam. — Minucius 
warnt davor, sich durch schóne worte bestechen zu lassen und da- 
bei den kerm der sache aus den augen zu verlieren. Die, welche 
so handeln, sühen sich, je mehr sie zuversichtlich ausgesprocheuem 
glauben schenkten, desto öfter von verstündigeren des irrthums 
überwiesen. Dann folgen die citierten worte, àn denen mit recht 
Usener anstoss nimmt und etwa sic adsentandi temeritate (denn in 
adsidue liege ein genetiv versteckt) zu ändern vorschligt. Mir 
fielen bei dieser stelle die bemerkungen Lachmanns zu Lucret. V, 
679, pag. 304 eiu; doch wage ich uur schüchtern den vorschlag 
zu äussern: sic adsequa oder obsequa temeritate decepti, 


Rudolstadt 1). Ernst Klussmann. 


1) Bei der correctur habe ich Koch's emendationen eingefügt 
(Rhein. Mus. XXVIII. 615 ff.). | Kl 


Philologus. XXXV. bd. 1. 13a 


210 Miscellen. 


C. Zur griechischen geschichte. 


6. Die zahl der Elymerstádte. 


Diodor 18, 114 theilt den text eines gegen ende 405 zwi- 
schen Dionysios und den Karthagern zu stande gekommenen frie- 
densvertrages mit, in dessen anfang : Kagzndoviwr elvas uiv tw» 
iE Goxis dnoíxw» aAlovç TE xul Zixurodg , Sehvourzloug TE xai 
“Axouyarılvous, Eu d ‘Iuspulove* mods dé rovzoic u. s. w. ich 
mehrere fehler finde. Erstens die anwendung des wegen seiner 
unbestimmtheit mit dem wesentlichsten erforderniss eines solchen 
instruments anvereinbaren wortes &22ovg, das auf Diodors rech- 
nung zu setzen die exactheit der übrigen artikel verbietet, das 
selbst in diesem undenkbaren fall übel angebracht sein würde, 
weil dann die für die Karthager wichtigsten staaten ungeuannt 
blieben, wäbrend ein so unbedeutendes volk wie die Sikaner aus- 
drücklicher nennuug ‚gewürdigt sind. Ein zweiter, nicht minder 
grosser fehler liegt in dem partitiven verhältniss, welches zwischen 
Té» anotzwy und den darauf folgenden accusativen besteht: iu 
folge dessen verkehrter weise die ältesten bewohner der insel, das 
iberische volk der Sikaner, und die Hellenen von Selinus, Akra- 
gas u. s. w. zu colonisten der Karthager, also zu Phoenthern oder 
Libyern gestempelt werden. Auch die partikel wer ist au dieser 
stelle nicht erklärlich und könnte nur durch versetzung (Kagyn- 
doviwy uiv tiros) haltbar gemacht werden. Um aber der ganzen 
stelle aufzuhelfen 'ist es gerathener, die partikel zur ablüsung des 
genetivs zw» dnolxwy von seinem unpassenden verhältniss zu den 
folgenden accusutiven zu benutzen: während für: AAwv der name 
entweder einer stadt oder eines ganzen volkes einzustellen ist. 
Die geschichtlichen thatsachen ergeben, dass wir das letztere thun 
müssen. 

Zur zeit, da wach achtjährigem bestand des oben erwülnten 
friedens der krieg zwischen Dionysius und den Karthagera wieder 
eusbrach, im j. 397 finden wir, io folge eben jenes 405 abge- 
schlossenen vertrags ausser den von Diodor 13, 114 genannten 
volksgemeinden (den Sikanern und den Hellenen von Selinus, 
Akragas, Himera, Gela und Kamarina) noch folgende, gleichfalls 
im westlichen theil der insel gelegene städte «is abhängige ver- 
bündete der Karthager: Motye (Diod. 14, 47 fgg.), Ervx (14, 
47 fg), Panormos, Sulus, Egesta, Entella und Halikyai (diese fünf 
städte 14, 48 und 14, 53 fgg). Drei vou ihnen, Motve Pan- 
ormos und Solus, waren, wie aus Thukydides 6, 2 bekunnt ist, 
punische colonien, die ‘einzigen, welche sich nach der einwanderung 
der Hellenen erhalten hatten; auf sie beziehen sich also die worte 
des friedensvertrags: rw» è£ dgyjc dsoíxwr. Von den vier an- 


Miscellen. | 211 


dern gehörten zwei, Egesta (auch Segesta und Akesta genannt) 
und Eryx, nach Thukyd, a..a. o. und anderen sicheren zeugnissen . 
den Elymern; mit recht hat man — wegen Vergil, Aen. 5, 387 (gg 
wo nehen Acestes und Eryx much Kniellus als heros der nach Si- 
cilien gewauderten Troer (d. i. der Élymer) gefeiert wird, „wegen 
Tzetzes zu Lykophr. 471 Kososös yevr 10» “Eytorny, 0g Toëïs 
inge modus "Eytazay Eviéddav xoi "Eovxa und Servius xu Aen. 
5, 73 — auch Entella für eine E] ymerstadt erklärt, Wenn Thu- 
kyd. 5, 2 "JAtov áisoxoutvov. wu» Toww» vwic Siapuyortes “Ayasors 
niolow apexvobrras ngog tiv. Zixelfuy xol 01.0004 roig Zixuvoîs 
olx;cavres Euumarıs; uèv "Eluuos x near. nodes Ó uvrwr 
"Egv& 1e x«i “Eysora bloss diese zwei küstenstadte den Elymera 
zuspricht, so erklärt sich diese ungenauigkeit aus der  mangel- 
haften, nur auf einen periplus angelegten kunde eines von Alt- 
hellas zugercisten; ein eingeborner schriftsteller !) würde die bin- 
nenstadt Kutella nicht übersehen haben, Gleiche mangelhaftigkeit 
der vülkerkunde Siciliens zeigt T'hukydides am schlusse jenes ca- 
pitels: (Dolvıxis) Morinv xai. Soddevra na Havoguov éyyug wy 
"EAéuwv Evvoixtaartes éréuorro: dean nur Motye grenzte an die 
Elymer, dagegen Panormos und das noch östlicher gelegene Solus 
hatte nur Sikaner zu nachbarn, welche durch ihre stadt Hykkara ?) 
auch die Elymer Kgestus von Panormos trennten. Was bloss von 
Motye gilt hat Thukydides oder sein gewahrsmann, verführt durch 
die politische verbindung der Punier mit den Elymern (Thuk. a. 
a, 0. fährt fort: Evppoyle te nlovvos 17 tè Expo"), auf die 
drei punischen städte zusammen bezogen. 

Das zeugniss des Thukydides darf uns also nicht abhalten, 
den Elymern noch andere städte ausser den zwei von ihm ge- 
nannten zuznweisen: hat er Eutella übersehen, wohl weil es eine 
binnénstadt war, se konnte ihm dasselbe. auch mit Halikyai. be- 
gegnen. Dies wird von Holm Gesch. Sic. 1, 61 und andern für 
eine Sikanerstadt ‘angesehen, weil es weder hellenisch noch punisch 
noch elymisch gewesen sei; hiegegen spricht aber Diodor 14, 48 
( Liorécws ) weunder ent Tag Tore Kagzndovioss Sunpugovang 
AOÂEK. Zixuvoò pds WKYTES mgoGeyaQnday z016 Sugaxovoloss: 
tv dé aÀÀ wv» nóAtwuv nérie puovov dituesvav &9 15 Kagyn- 


1) Hieraus ergibt sich, dass die angaben des Thukydides über 
die Elymer nicht mit Niebuhr R. Gesch, 1, 208 aus Antiochos von 
Syrakus abgeleitet werden dürfen und dase "Waolfüin, Antiochos vot 
Syrakus und Coclius Antipater p. 8 fgg. zu weit geht, wenn er die 
ganze vorgeschichte der expedition nach Bicilien bei Thuk. 6, 2-5 
auf-jenen zurückführt. Hiegegen spricht auch die verschiedenbeit 
der beiderseitigen berichte tiber die vertreibung der Sikeler aus Ita- 
lien, welche Wölfflin p. 11 vergebens ru beseitigen sucht. 

2) Thukyd. 6, 62 "Yxxeapu nolicua Zixavsxòv, wonach bei Diodor 
18, 6 “Yxxage Zixsloxdv nölssun zu lesen ist Ewaviziv. Holm 1, 358 
hat diese stelle nicht berticksichtigt. 


212 Miscellen. 


doviwy quifa» abra, dè fGav “Aduxvas. Sohots "Eysora Hay 
ognos "Evishìa und 14, 55 rg» Zixurwv ÓMyosr Ouyxuréderto 
twig aktovutvoig umd Aiovuciov, anígrjcov dE napeninalwg xoi 
of “Aluxvaios. Zu den punischen und griechischen colonien, welche 
sämmtlich bekannt sind, gehörte es nicht; für sikelisch 3) kann es 
ebenso wenig angesehen werden, einmal wegen seiner lage im 
westen, und dann, weil durch den vertrag von 405 sämmtliche 
Sikelerstüdte für selbständig erklärt worden waren (Diod. 13, 114 
Tixedoùs anurtas avrorouovs elvas), während wir Halikyai auf 
grund jenes vertrags im karthagischen bundesgebiet finden (Diod. 
14, 48, s. oben). Ausser der thukydideischeu stelle tiber die 
Elymer gibt es kein zeugniss, welches uns hindert, diese als grün- 
der und einwohner von Halikyai anzusehen: wohl aber spricht po- 
sitiv dafür die lage des ortes, dessen gebiet südlich an das der 
Hellenen von Selinus grenzte, auf allen andern seiten aber von 
Elymern umschlossen war. Nördlich war Egesta die nächste stadt, 
östlich Entella und westlich Lilybaion, Steph. Byz. ‘Adixvas 204% 
Zixsklug peruËd xesuévn ’Erräling xai AdvBalov; am vorgebirge 
Lilybaion wohnten aber Elymer, ehe die Karthager dort die gleich- 
namige stadt anlegten, Strab. 13, 1, 53 Alvelur elg; “Eyectay xa- 
räqus 00» “Elio Towì xal "Ecuxa xci AsdvPasov xoracysiv. 

So ergibt sich, dass die vier stádte Egeste, Entella, Eryx und 
Halikyai, welche sammt den punischen colonien Motye, Panormos 
und Solus, den sikanischen orten und fünf Griechenstädten auf 
grund des von Diodor 13, 114 mitgetheilten vertrags von 405— 
397 dem karthagischen bundesgebiet angehörten, sämmtlich von. 
Elymern bewohnt gewesen sind. Der name dieses volkes als die 
gesammtbezeichnung der vier nicht besonders genannten städte muss 
also bei Diod. a. a. o. gestanden haben und hat demnach der text 
wohl folgendermassen gelautet: Acoyndorfwy divos nA?» (statt. wer) 
wiv 8 doge dnolxwy "Eivuovg (stutt dAÀovg) te xa] Zixavove, 
Zaluvourrtovs u. s. w. Wie Alysoıra oft statt "Eysora gefunden 
wird, so konnte '"EAvuovg in Ælvpovs und dies in addoug über- 

ehen. | 
5 Hieraus aber geht weiter hervor, dass die zahl der selbetän- 


3) Eine sikelische stadt dieses namens nennt Thukyd. 7, 92 xéu- 
nu lg tv Zixsdaiv tods riv diodov Eyovıas, KarróQsnde ve xa$ " Alaxveiovs; 
diese war aber von der oben besprochenen verschieden und im osten 
bei Centeripa an einer aus dem inneren nach Syrakus führenden 
strasse gelegen, also, wie auch Thukydides angibt, eine Sikelerstadt, 
Cluver Sie. 888 verlangt ‘Ayvesvyesovs und Holm 1, 358 denkt eben- 
falls an einen irrthum der abschreiber oder gar des Thukydides: je- 
nen und vielleicht auch diesem war aber das westliche Halikyai 
schwerlich bekannt. Die Elymer waren nach den alten stammver- 
wandte der Sikeler und auch andere ortsnamen finden wir beiden 
gemeinsam: vgl. Eryke und Motyke der Sikeler mit Eryx und Motye 
an der Elymerküste. | | | 


Miscellen. 213 


digen Elymerstüdte sich genau auf die vier eben genannten be- 
laufen bat; ein ergebniss, welches sich vielleicht zur verbesserung 
einer stelle des Servius benützen lässt. Dieser nenut zu Verg. 
— Aen. 5, 73 als gründungen des Elymus princeps Troianorum die 
städte: Asca, Entella, Egesta, von welchen aber die erste sonst 
nirgends genannt und daher einer verschreibung dringend ver- 

ig ist. Holm 1, 376 wird durch Asca an Ascanius erinnert; 
hiegegen spricht aber das fehlen des dritten consonanten, welchen 
im text hinzuzufügen wiederum der umstand verbietet, dass die mit 
erinnerungen an Ascanius so freigebigen alten schriftsteller von 
eiper hinterlassenschaft desselben in Sicilien gar nichts wissen. 
Asca dürfte vielmehr aus Alicya(e) entstellt sein. 

Hof. | . G. F. Unger. 


D. Auszüge aus schriften und berichten der ge- 
lehrten gesellsehaften so wie aus zeitschriften. 


Zwölfter bericht des antiquarisch-historischen vereins fur Nahe 
und Hunsrück... Sommer 1873. Ausgrabungen am bahnhof zu 
Bingerbrück und zu Kreuzsach (mit abbildungen), berichtigungen 
und zusätze zu Brambach’s Corpus inscriptionum Rhenanarum. 

Mittheilungen des historischen vereins für Steiermark. 21. heft. 
Graz 1873. P. 3-—14. Knabl, die römischen Altendorfer anti- 
quitäten der pfarre St. Johaun am Draufelde. Die 1840 gefunde- 
uen alterthümer sind theilweise nach dem schlosse Wurmberg ge- 
bracht (sechs stück mit zwei fragmenten von inschriftsteinen), 
theils in Altendorf geblieben (zehn stück mit zwei inschriftfrag- 
menten), theils nach Pettau übergeführt (sieben stück mit zwei in- 
schriftfragmenten). 

Archiv des vereins für sicbenbürgische lendeskunde. Neue folge. 
Bd. XI. Heft 1. (Hermannstadt 1873). P. 98— 117. Goass, 
Archäologische analekten. Es wird zuerst die inschrift des Corp. 
inscr. Lat. WI, n. 1464 weitläufig besprochen und dem als anhäu- 
ger des Macrinus bekannten Ulpius Julianus zugewiesen, dann wer- 
den eine anzabì von römischen inschriften aus Varhely und der 
umgegend gegeben, die dem verf. nach 1868 bekannt geworden 
siad. Einige derselben sind schon aus dem von dem verf. nicht 
eingesehenen Corp. inscr. Lat. MI bekannt, unter andern die dort 
unter n. 6269 aufgeführte. Zu bemerken ist eine, zu Brazowa 
eine halbe stunde östlich von Varhely gefundene: M.IVL.PAP. 
IVSTVS. DEC. || COL. OB. HON. PONTIF || CAMPVM. CV[m]. SVIS || 
ADITIBYS.CLYV[si| T. E'T || STATVAM.PO[s]VIT. Wenn der verf. 
aus einer missverstandenen stelle Eckhel’s die münzen der gens 


214 | Miscellen. 


Titia mit dem Pegasus alle für restituti a "Trajano hält, so irrt 
er sehr. Die restituirte münze ist bei Cohen, monnaies de la ré- 
publ. rom. tafel XLV, fig. 15 abgelildet. 

Sitsungsberichte der philos .- philol. und hist. classe der k. b. 
akad. d. wiss. zu München 1873. Heft IV. V, p. 457 —— 518. 
Bursian, beitráge zur geschichte der classischen stndien im mittel- 
alter, Es werden besprochen 1) die grammatik des Winfried - Bo- 
nifacius; 2) die Echasis cuiwsdam captivi; 3) die Quirinalia des 
Mitellus von Tegernsee. — P. 519—580 f. Lauth, über alt 
ägyptische musik. P. 581— 596. Wetestcin, das nadelthe 
von Jerusalem. — P 599—622. Spengel jun., über die compo- 
sition der Andria des Terentius. | c 

Numismatische zeitschrift, herausgegeben und redigirt von 
C. W. Huber und Jos. Karabacek. Band IL (Wien 1870). P. 
4—16. Reichardt, beiträge zur phönikischen numismatik ( Laodikea 
am Libanon, Karne, Akar, Byblus, Berytus, Heliopolis, Lacepta). — 
P. 17—27. J. Friedlander, SETESTAUBEML, eine anfrage. — 
P. 28—30. Reichardt, der Adonis-tempel zu Byblus auf münzen 
des kaisers Macrinus, — P. 31-48. v. Sallet, die münzen des 
Vaballathus und der Zenobia (erklärung der Vaballathus-umschriften: 
lovhoc Agios Cemipuog OVABAAAA00C AOHNOGuges 
Ynanxóc AYToxguiwg Crgarnyog PWualwr und VABALA- 
THVS Vir Consularis Rex IH Mperator Dux Romanorum, und be- 
schreibung der alexandrinisehen münzen des Vaballathus. und sti 
ner mutter). — P. 49— 51.  Neudeck, unedirter quinar der 
familie Satriena. — — P. 52— 59. Karabacek, die angeblichen 
AEO - münzen arabischer prigung (nicht AEO, sondern ACDuik; 
ist zu lesen). — P. 257—270. v. Prokesch-Osten, Inedita mei. 
ner sunmiung. — — P. 271—279. v. Sallet, einige unedirte oder 
merkwürdige unieritalische und sicilische münzen. — P. 280 
— 284. J. Friedlénder, münsen vou Phanagoria unter den namen 
Agrippias und Caesarea mit dem kopfe der Livia. — P. 285 — 
288. Brugsch. geographisch-mythologisches verzeichviss der Nomen 
Ober-Aegyptens nach den angaben der denkmäler. — — P. 289— 
320. Sibilian, numismutiacher ausflug von Constentinopel mach 
Bithynien und Paphlagonien. — WU, 321 — 328. J. Friedländer, 
einige berichtigungen 2a Combes Descriptio nummorum Guilelmi 
Hunter. — P. 338 — 345. Sibilian, drei sehr seltene münzen 
urmenischer dy nasten (Tigranes, Oisames, Arsaces). — P. 346 — 
228, I Frirdiänger, eine münze von Ptolemais in Pamphylien. — 
P. 349—384. P. Becker, eine studie über die münzen von Amor- 
gos. — P. 385— 388. J. Friedländer, das geräth auf dea 


münzen von Aegiale. — — P. 389 — 420. Huber, zur alten uumis- 
matik Aegyptens (Ptolemaeus V., Epiphanes, Kleopatra 1., künigin- 
mutter und regentin. — P. A21 — 42. Tras, riimische inedita 


(bronzemedaillons von Hadrianus, Commodus und Gallienus, uud 


Miscellen. | 215 


aureus von Gallienus), — P. 443 — 448.  Missong, unedirte 
münze des römischen kaisers Vabalathus. — P. 449—452.  Mis- 
song, eine römische münzprobe (aus der zeit des Julianus I). — 
P. 453 f.. J. Friedländer, byzantiniscle marken. 

Dritter jahrgang, erstes halbjahr (Wien und Berlin 1871). 
P. 1— 50. Imkoof-Blumer, die flügelgestalten der Athena und 
Nike auf müozen. — P. 51—72. von Prokesch-Osien, Suite des 
monnaies inédites d'or et d'argent d'Alexandre le Grand (41 gold- 
müngen, 87 silbermünzen), — P. 73—82. J. Friedländer, die 
ersten griechischen königsmünzen Aegyptens. — P. 83 — 90. 
Reichardt, drei merkwürdige münzen der kónige Agrippa I und Il. — 
P. 91 — 96. von Sallet, Berenike Il und Kleopatra Selene. — 
P. 97—100. von Sallet, Fulvia Plautiana. — P. 101—104. 
ven Sallet, denar des Vaballathus. — P. 105—142. Trau, neue 
falschungen rómischer münzeu. | 

— — Bd. HI, ubth. 2. (Wien 1872). P. 321 — 387. 
Imhoef-Blumer, zur miinzkunde und paläographie Büotiens (mit ab- 
bildungen auf taf. IX und X und in holzschnitt).  Uebersichtliche 
darstellung des gesammten literarischen materials zur bóotischen 
münzkunde, beschreibung seltner und unedirter münzen der Imhoof- 
schen sammlung, berichtigung zahlreicher irriger bestimmungen. 
Von 25 béotischen städtenamen, welche in .der numismatik auf- 
nahme gefunden hatten, wird die hälfte gestrichen: Antheden, 
Aspledon, Delion, Dionysia, Eleon, Erythrae, Hyle, Ismene, Sa- 
rymna, Pelekania, Potniae, Thisbe. Besonders reichhaltig und 
interessant ist die aufzählung der münzen von Haliartos, Orcho- 
menos und Pharae, — P. 388 —418. Imhoof-Blumer, An: sktorion, 
Argos, Lepsimandos, Tempelschlüssel auf müuzen (mit abbildungen 
auf tafel X). Die nach Elis verlegten münzen korinthischen ge- 
prüges mit FA werden für Anaktorion vindicirt, die nach Thyrea 
verlegten münzen mit FJ nach Argos, eine den rhodischen ‘miinzen 
äboliche silbermünze mit AF nach dem karischen städtchen Lep- 
simandos verwiesen. — P. 419 — 426. von Sallet, Satrapen- 
münzen mit griechischer inéchrift Es sind münzen von Orontas 
und Spithridates, kleinasiatischen satrapen. — P. 427 — 429. 
Merzbacher, Satrapenmünze mit aramäischer schrift. Dieselbe wird 
dem Ariarathes I. zugeschrieben. — — P. 430— 432. Friedlander, | 
das silphium, Mit abbildung der im nórdlichen Kaschmir neuerlich 
aufgefundenen pflanze (narthex), welche ein asa foetida liefert, 
wie das alte silphium und der auf den kyrenüischen münzen ge- 
gebenen darstellung vollständig. gleicht. — P. 433 f. Levy, die 
aramiische leg auf einer drachme athenischen gepräges. — 
P. 435—444. . L. Moyer, wittheilungen über falsche in der Le- 
vante angefertigte antike münzen (goldmiinzen des Amyntas von 
Galatien, der städte Ephesos und Abdera, Iykische gold- und sil- 
bermünzen, tetradrachmen von Ephesos, Chios, Rhodos und. Samos, 


216 © Miscellep. 


und andere). — P. 445 — 448. Levy, eine unedirte münze des 
uabathüischen königs Obodas. Mit einem nachtrage von Kura- 
bacek, — P. A49— 407. Th. Mommsen, zu den münzen Agrippa' 
l und Il. (Num. zeitschr. IH, p. 83 f.). — P. A58—478. Th. 
Mommsen, imperatortitel des Titus. — P. 479 — 484.  Fried- 
länder, CONOB, die endlose frage. — P. 485—500. P. Lum- 
bros, unedirte miinzev und bleibullen der despoten von Epirus 
(mit zwei tafeln) — Die miscellen enthalten auf p. 593 f. 
zwei interessante neue alexandrinische münzen des Nero, van 
Friedlánder, und p. 595 f. eine nachricht über einen fund von 
nachprägungen römischer consular-denare in Ungarn, von Neudech; | 
dus vorwort vertritt eine gedächtnissrede auf Christian Wilhelm 
Huber, den ersten herausgeber def zeitschrift, 

Zeitschrift für numismatik. Herausgegeben von dr. Alfred vou 
Sallet. 1, 4. (Berlin 1874). P. 291—304. J. Friedlander, die er- 
werbungen des kön. miinzkabinets im j. 1873. Besonders interessant 
durch genauere mittheilungen über die erwerbungen aus der Fuxschen. 
sammlung und über die 22 medaillons des J. Biedermann in Wien. 
Dus berliner cabinet besteht jetzt aus 44,000 griechischen miinzea 
(860 goldnen und nahe an 14,000 silberuen), aus 31,000 rómi- 
schen (1670 golduen und 14,500 silbernen) und aus etwa 85,000 
mittelalterlichen, neueren und orientalischen münzen und medaillen, 
also aus ungefähr 160,000 stücken. — P. 305 — 319. A. von 
.Sallet, die ältesten tetradrachmen der Arsaciden (mit einer tafel). — 
P. 314—218, A. von Sullet, Pertinax Caesar, der sohu des kai- 
sers Pertinax. Ein alexandriner mit der inschrift ZEPTINAS 
-KAICAP. — P. 319 f. Paul Lambros, unedirte miinze von 
Tenea (im gebiete von Corinth). Eine kupfermünze mit dem 
kopfe der Julia Domna. — P. 321 — 334. F. Imhoof- Blumer, 
numismatische berichtigungen, Es sind zahlreiche berichtigungen 
von bestimmungen der Hunter’schen sammlung von Taylor Combe's 
cutalog, Leake’s Numismata Hellenica, nnd bemerkungen über die 
angeblichen königsmünzen der phrygischen stadt Kubyra. — 
P. 335 f. Louis Meyer, unedirte kleinusiatische kaiscrmiinzen. 
Es sind kupfermünzen von Baruten in Lycaonien unter Philippus, 
vou Mopsuestia in Cilicien unter Valerianus, von Aemouia in Phry- 
gien mit dem kopfe der Poppaea, und von Ococlea in Phrygien 
unter Gordian 111 geprägt. — In dem abschnitte „literatur“ werden 
besprochen: J. Brandis, versuch zur entzilferung der kyprischen 
schrift; J. Friedlünder, über einige römische medaillons; J. de 
Rouge, Monnaies des Nomes de l'Egypte. Besonders ausführlich : 
F. de -Saulcy, Numismatique de la 'Terrc-Sainte, descriplioa des 
mounuies autonomes et impériales de la Palestine et de l'Aralie 
pétrée. | 


|. ABHANDLUNGEN. 


V. 
Die homerischen hymnen anf Apollo. 


Als hymnus auf Apollo sind 546 verse handschriftlich über- 
liefert, man hat jedoch allgemein anerkannt, dass diese ganze bunte 
und wirre masse von versen nicht ursprünglich ein ganzes aus- 
machen konnte. Mit recht hat man aus Thucydid. IJ, c. 104 
geschlossen, dass der hymnus auf den delischen Apollo mit vers 
178 schliesst. Baumeister und andere gelehrte haben sich mit 
dieser thatsache im wesentlichen begnügt und zwei hymnen ange- 
nommen, eiren auf den delischen Apollo 1— 178, einen zweiten 
179 — 546 auf den pythischen Apollo. Andere haben versucht, 
einzelne stücke als selbständige gedichte auszusondern. Auch Bau- 
meister musste erkennen, dass mit jener trennung die aufgabe der 
kritik noch nicht zu ende war, er war genüthigt hier und da 
eine lücke zu konstatieren, diese und jene verse auszuwerfeu. 
Der sogenannte zweite-hymnus war ohne anfang, und im ganzen 
wird auch er gesehen haben, dass die durch jene treonung ge- 
schaffenen gedichte durchaus nicht in klarer und geordueter weise 
erzüblen. Wenn dem zweiten kymnus der anfang fehlt, so be- 
stand zweifellos die thätigkeit des iuterpolators nicht blos in einer 
lokalen und mechanischen anreibung des zweiten gedichts an das 
erste, sondern um den riss zu verdecken, muss er das selbstündige 
proómium des zweiten beseitigt huben. Es lag also die absicht vor, 
durch die verbindung verschiedener stücke eiu neues ganze herzu- 

Philologus. XXXV. bd. 2. 14 


218 : Homeros. . 


stellen; die aufgabe einer methodischen kritik ist es alse zw unter- 
suchen, ob dieser plan des interpolators sich auf die verstümmelung 
des zweiten gedichtes beschrimkt bat, oder ob auch die lücken und 
störenden verse auf diesen versuch zurückzuführen sind ; oder da es 
je an sich gleichgültig ist, wie der eine oder andere gelehrte sich 
dan snchverbültniss gedacht hat, ist es noch heute die aufgabe der 
kritik zu untersuchen, mit welchen sonstigen stücken der von 
Thucydides citierte hymnus verbunden ist, und welche entstellung 
er selbst und die mit ihm verbundenen verse dadurch erfahren 
haben. 

Allgemein hat man anerkannt, so viel ich sehe, dass der von 
Thucydides angezogene hymnus auf den delischen Apollo, den ich 
B nenoen will, mit vers 178 schliesst, auch dass v. 179—181 
ohne zusammenbang mit dem vorhergehenden und folgenden stehen, 
ist: sicher. 

Data folgt vs. 182—206 ein stück, das die macht des musicie- 
renden gottes an dem eindrucke schildert, den sein spiel auf die olym- 
pischen gôtter ausübt. Baumeister bat vollkommen richtig erkannt, 
duss zwischen diesem stücke und den versen 1—13 ein sehr ge- 
nauer parallelismus statt findet, wie dort die macht des musicie- 
reuden gottes, so wird hier die des bogen fübrenden gottes an dem 
eindruck auf die olympischen gôtter dargestellt, — Doch sind die 
verse 1 — 13 durchaus nicht so in ordnung, wie man aus dem 
schweigen der commentare zu dieser stelle schliessen sollte, . V. 
1—4 heisst es: ich werde. des Apollo gedemken, vor. dem die 
gütter im hause des Zeus zittern, wenn er eintritt; und sie sprin- 
gen auf, wenn er sich nühert, alle von ibren sitzen, wenn er deu 
bogen spanmí. Das zittera und aufspringen der gütter erscheint 
als eine regelmässige folge der bewalfneten erscheinung . Apollo's. 
Wie kann dann aber die nothwendige weiterentwicklung dieser 
regelmässig wiederkehrenden situation als ein einzelper fall der 
vergangenheit mit p/uve 5, dyddaoce 6, drengépuce B, slow 9, 
idwxe 10 dargestellt werden? Enthalten die verse 5-—11 die er- 
zäblung einer einzelnen thatsache der vergangenlieit, so muss ein 
gleiches von v. 2—4 gelten. Ja sollte man es denn wohl an sich 
für glaublich halten, dass der dichter sagep. welke, jedesmal, wena 
Apollo mit dem bogen unter die gütter, tritt, zittern diese uad 
springen von ihren sitzen auf? Baumeister meint uun freilich, die 


Homeros. 219 


gitter sprängen aus ehrfurcht von ihren sifzen anf, aber zittern 
(rgoj£ovc;) sie denn auch aus ehrfurcht? V. 6 schliesst Leto den 
köcher und v. 4 ist der bogen gespannt ; also hatte der gott den 
bogen gespannt, den kócher geöffnet vermuthlich, um zu schiessen. 
Zittern nun die gütter und springen vog ihren sitzen auf, so thun 
sie das vermuthlich aus furcht vor dem gotte, der sich anschickt 
zu scbiessen. 

Mussteu die verse 2— 4 einen einzelnen fall der vergangen- 
heit erzählen, so mussten verse vorausgehen, aus denen deutlich 
hervorging, dass das hier gewählte prásens von vergangenen that- 
suchen zu denken sei, also ein prüsens historicum ist. Sicher also 
schloss sich v. 2— 13 nicht unmittelbar an v. 1 an. Der anfang 
des ganzen hymnus ist also verstümmelt. 

Apollo trat einst unter die götter, spannte den bogen, üffnete 
den köcher, die übrigen gôtter geriethen in schrecken und spran- 
gen von ihren sitzen auf. Allein Leto blieb neben dem Zeus, 
nahm dem subne den bogen und kócher ab und werschloss diesen. 
Zeus reicht dem sohne zum willkommen die nektarschaale. Da 
setzen sich auch die übrigen gótter und Leto freut sich, dass sie 
einen bogenfütirenden starken sohn geboren hat. — Warum spannt 
der gott den bogen und greift nach dem pfeile? Die thatsache 
selbst ist so wenig als der grund der handlungsweise Apollo's an- 
derswo überliefert. Das ganze trügt durchaus deu cbarakter freier 
dichterischer erfindung, auf zoro oder feindschaft gegen die übrigen 
götter dürfen wir also nicht schliessen, das würde der anerkannten 
re.'giösen tradition widersprechen. Wenn die mutter sich freut, 
einen bogenführenden sohn geboren zu haben, so kann die geburt 
nur kurze zeit früher stattgefunden haben, und der gott kann sich 
den übrigen Olympiern gegenüber bisher noch nicht als bogenfüh- 
rendén gott gezeigt haben. Soeben ist er im Olymp angekommen, 
. der vater begrüsst ibn, deutlich kommen wir somit auf die situa- 
tion, dass Apollo den bogen gefertigt bat, zu den gôttern kommt 
und sich hier in seiner bewaffneten erscheinung . furchtbar zeigt, 
die mutter nimmt dem sohue das gefährliche spielzeug ab. Wäre 
er erzürnt gewesen, so würde der dichter kaum eine andeutung 
davon unterlassen haben, besonders da Zeus und Leto doch seinen 
zorn hätten besänftigen müssen. So wird nun auch deutlich, was 
unserem zweiten verse Vorausyegangen sein muss, die andeutung 

. 4 A? 


220 Homeros. 


oder ausführuug, dass Apoll geboren ist, dass er deu bogen er- 
fiudet uad mit dieser erfindung zum Olymp geht. 

Die integritit des anfanges können wir also nicht anerkennen, 
un“ das sogenannte proómium enthält eine erzáhlung , die später 
tallt als die geburt und diese nothwendig voruussetzt, soust ist 
v. 11—13 unverständlich. Es müssen also schon ernste bedenken 
rege werden, ob dies stück mit der nachfolgenden erzählung von 
der geburt des gottes im echten zusammenbange stand, vorher- 
gehen durfte es auf keinen fall, und es wird sich zeigen, dass im 
hymnus B auch keine spätere stelle hierfür ist. Nun ist in den 
versen 14—18 ein selbständiger anfang überliefert, der in kurzen 
zügen die geburt des gottes schildert, diese züge wiederholen sich. 
im bymuus B nicht, obgleich in diesem die durstellung episch detail- 
lirt ist; die vermuthung liegt daher nahe, dass dies der anfang zu 
den verseu 2 —13 war, d. h. zu einem hymnus, den wir À nennen 
wollen. Nun war schon oben bemerkt, dass die vv. 182—206 
ein parulleles gegeustück zu unseren versen (2—.13) bilden. Der 
gedanke zu dieser art der schilderung ist gewiss in ein und dem- 
selben kopfe entsprungen, dies stück als eine machahmung von 
2—13 anzusehen, ist kein zwingender grund, zunachst ist man 
veranlasst, auf denselben dichter zu schliessen und beide stücke für 
bestandtheile eines hymnus zu halten. 

Doch Baumeister sucht die oachahmung auch daraus zu er- 
weisen, dass er behauptet v. 207 sei aus v. 19 hinübergenommen, 
und v. 19 figd. sei das echte original zu v. 207 flgd. Dass hier 
eine anlehnung statt findet, kann nicht zweifelhaft sein, doch elenau 
wohl kann das verhäliniss umgekehrt seiu. Der vers heisst: 

ig T do vuvájow muviws evuuror Porra, 
darauf folgen die verse 20—24, die auch Baumeister nicht im 
zusammenhang aufrecht erhalten kann. Fragt der dichter, wie er 
den gott besingeu soll und lässt er die weitere frage folgen: soll 
ich vielleicht deine geburt schildern, so sieht er ausser dieser 
möglichkeit, den gott zu feiern, noch eine anzall anderer mög- 
lichkeiten und verfährt er korrekt und logisch richtig, so wird er 
das thema, das er wirklich ausführen will, als schliesslicheu ge- 
gensatz den anderen möglichen thematen gegenüberstellen. Er wird 
frageu: soll ich dich so, oder so, oder so besingen? und darauf 
autworten: vein so will ich dich besingen. Diese korrekte form 


Homeros. 221 


des liedanfanges findet sich 207 flgd. durchaus und trotz der ver- 
stümmlung der verse ist die negierende antwort mit ov uv 213 
noch zu erkennen. Einen anderen punkt werde ich unten noch 
erwáhnen, aber schon dies genügt vollkommen zum nachweis, dass 
v. 19 figd. aus v. 207 figé. entlehot ist. Damit fällt also dieser 
stützpunkt, dass v. 2—-13 in v. 181 figd. nachgeahmt sei. 

V. 19 evvgsvov èovra. Als der überarbeiter diese worte her- 
übernahm fielen ihm die verse 20——21 ein, die allerdings eine aus- 
fübrung des evvuros enthalten und ebenso mechanisch associierte er 
mit der in v. 20— 21 berührten ausdehnung der Apollofeier die 
vv. 22 —24, die ihm aus 142 im gedächtniss waren. 

Hatte nun der überarbeiter veraulassung mit v. 19 zu dem 
hymnus B überzuleiten, so konnten die vorhergehenden verse keinen 
echten zusammenhang mit diesem hymnus haben. Da ferner ein 
grund nicht vorlag, anzunehmen, v. 2—13 seien in v. 182 flgd. 
nachgealmt, so ergiebt sich bei der gleichen compositionsweise 
der schluss von selbst, dass die letztere steile die fortsetzung zur 
ersteren bildet, Dass v. 11—12 die gótter sich setzen, weist auf 
cine fortseizung dieses stückes, es musste ein gespräch folgen, in 
dem die herrlichkeit des gottes gerülimt wurde. Da v. 123 Apollo 
schon nach Pytho geht, muss sein heiligthum und seine orakel- 
stâtte hier schon gegründet sein. Hatte Apollo sein orakel schon 
gegründet , so musste ihm Zeus die gube schon verliehen haben, 
seinen untrüglichen rathschluss den sterblichen zu verkünden und fand 
das angedeutete gesprüch im Olymp statt, so war bier die uatür- 
liche stelle für jene belehnung des gottes mit der weissagung. 
Hierauf verlässt Apollo den Olymp und sucht eine zum  heiligthum 
geeignete stätte, er gründet Pytho, erfindet die phorminx, denn nach 
unserem hymnus dürfen wir schwerlich daran denken, dass diese 
erfindung eigentlich dem Hermes gehôrt. Mit der phorminx kehrt 
er in den Olymp zurück und versetzt die gótter in entzücken und 
heitere lust. Ohne zweifel ist der inhalt eines solchen hymnus in 
jeder beziehung abgerundet und wohl geordnet. Nun ist uns die 
erzühlung erhalteu, wie Apollo die lander durchzieht und schliess- 
lich Pytho gründet, 214—387. Diese verse werden durch das 
eben schon berührte selbständige proómium eingeleitet, v. 207 — 213. 
Leider ist diese stelle handschriftlich unvollständig überliefert, es 
erschwert dies die kritik nicht unwesentlich. Doch soviel ist er- 


222 Homeros. 


sichtlich, dass der dichter als mögliche themata seines liedes lauter 
einzelne stücke und episoden aus dem leben des gottes auführt ^), 
dass er 213 aber erklürt, keines von jenen obenteuern werde er 
besingen. Wie verbindet sich aber damit v. 214? dieser vers scheint 
ja die fragen noch einmal aufzunehmen, nachdem der dichter sich 
schon für ein thema eptschieden hat. Geschah dies, so ist deut- 
lich, dass 214 nicht die ecbte fortsetzung jenes proómiums ist. 
Doch lässt sich der fall auch anders denken. Der dichter erklärt: 
das will ich nicht siugen, soudern wie dies oder das geschah, oder 
wie Apollo zuerst sein orakel gründete. Dass auch diese indirekte 
frage kein korrekter übergang zum folgenden war, ist deutlich aus dem 
7. Der dichter wollte ja nur eben eine einzelne episode aus dem 
leben des gottes besingen. Dass auch der ausdruck, der gott sei auf 
die erde herabgestiegen, ein orakel zu suchen, inkorrekt ist, unter- 
liegt gleichfalls keinem zweifel. Eine solche einzelne episode, wie 
sie dies proëmium andeutet, liegt nun gleichfalls vor, das ist die 
überfübrung kretischer männer nach Pytho. Der zusammenhang 
mit der gründungsgeschichte ist nur sehr locker, wenn euch nicht 
unmöglich. Dies ist offenbar das nrsprüngliche thema, zu dem 
unsere verse als proömium dienten. In. den verloren gegangenen 
versen stand etwa: mein ich will besingen, w!e der gott als del- 
phin kretische männer für sein heiligthum gewänn. 

Die verse 214 figd, stelen also nicht im’ echten zusammen- 
bauge mit dem proómium 207-213, der hymnus A erforderte eine 
erzählung von der gründuug Pythos, dies muss das stück sein, das 
ursprünglich zwischen vv. 2—13 und 182—216 stand. Bis Apollo 
auf seiner wanderung nach Delphi gelangt, werden die berührten 
orte nur kurz erwähnt ausser Onchestos und Telphusa. Die epi- 
sode von dieser quelle entlehnt aus A die verse 287—295, denn 
287 figd. stóren die erzüblung, da 'l'elphussa offenbar den gott 
von seinem vorhaben abzubringen suchen muss, beror er den grund 
zu seinem tempel legt. Bei der abfassung dieser episode ist also 
hymnus A benutzt, das stück 244—276, 375 —387 ist also vom 
überarbeiter eingeschoben. Auch die eingeflochtene legende von 


. . 1) Auch dies spricht dafür, dass v. 19 mit dem delischen hymnus 
uicbt im ursprünglichen zusammenhang steht, da dieser nióht einen 
einzelnen zug aus dem leben des gottes besingt. 


Homeros. | Ul 223 


Onchestos hebt sich im tone merklich gegen die erzählung ab und 
widerspricht "offenbar der ökonomie der composition, also auch 
dieses stück wird vom überarbeiter eingelegt sein, v. 231— 238. 
Ferner ist mit Baumeister die erzählung vom Python zu streichen: 
da nach 300—304, 356—374 Apollo einen weiblichen drachen 
erschlägt. Das eingeschobene stück ist durch die verbindung mit 
unserem hymnus entstellt, bildete aber sicher ursprünglich einen 
theil einer selbständigen dichtung. Ich werde an einer anderen 
. stelle auf die ursprüngliche gestalt dieses stückes eingehen, hier 
genügt es, zu konstatieren, dass es nicht zum bymnus A gehörte. 
De umfang dieses gedichtes ist somit im wesentlichen fest- 

gestellt: 

y. 14—18, 2—13, 182—206, 214--230, 239—243, 

277—304, 356—378. 
Die überführung der Kreter nach Delphi bildet gleichfalls eine 
selbständige dichtuug C, die aus den versen 207—218, 210—546 
bestaud, vor dem proëmium müssen einige verse ausgefallen sein, 
in denen der name des gottes genannt war. 

Wir gehen nun dazu über, die echte gestalt des bymnus auf den 
delischew Apollo B zu rekonstruiren. V. 19 war aus C entlebnt, 
v. 20—24 ohne zasammenbang mit dem folgenden war durch me- 
chauische ideenassociation angesehlossen. . V. 26 ist im wesent- 
lichen gleich y. 17, die thatsache fehlt im. hymnus B trotz der de- 
taillirten ausführung der geburt und da v. 14— 18 im guten zusam- 
menhang stehen, so wird der vers an dieser stelle echt sein, Hier 
wird in kurzen zügen die geburt skizaiert, im der einleitung zum 
hymnus B fehlt dazu jede veranlassung, ds die geburt noch ausfübr- 
lich beschrieben wird, die verse 27 —— 28 sind in ihrem jetzigen 
zusammeuhauge fast unverständlich, und kein verständiger kanu 
verkennen, dass diese ‚ganze erwähnung der gebari des gottes doch 
nur dureb den unechten eingang v. 19 herbeigeführt ist. Fallen 
nun diese verse, so ist das Èv9sy v. 29 ohne bezug. Was hut 
überhaupt die ausführung der verbreiteten herrschaft des gottes um 
anfange dieses bymnus zu thun? Offenbur darf der gott sich er- 
hebend von Delos erst dann seine herrschaft über viele länder 
gründen, wenn er geboren ist. Eiu solches stick von der ausge- 
dehnten herrschaft des gottes gehörte also hinter die geburtssceue. 
Da das stück fälschlich «om iiberarbeiter hierher gesetzt ist, kann 


224 Homeros. 


sich natürlich v, 45 auch nicht richtig anschliessen Fs kommt 
bei der vorliegenden verbindung der falsche gedanke heraus, der 
gott herrsche überall, wohin die mutter auf ihrer wanderuug ge- 
kommen. sei, und wo ihr eine stätte zum gebären verweigert wurde. 
lm gegentbeil gründet der gott da sein beiligthum, wo die mutter 
gastlich aufgenommen ist, auf Delos. Der erste delische hymuus 8 
kann also erst mit v. 45 beginnen, vorausgegangen muss sein, 
durch viele länder sei die göttin gewandert, eine stätte zu finden. 
Die beiden ersten verse 45 — 46 sind jedoch vom überarbeiter zu- 
sammengeflickt, um eine, wenn auch thörichte verbindung mit dem 
vorhergehenden herzustellen. Die góttio verlangte nicht, von den 
durchwanderten ländern, so wenig als von Delos, dass ihrem sohue 
ein haus oder tempel gebaut werde, umgekehrt verspricht sie ja 
der insel, dass der sohn einen tempel bauen solle. Der ausdruck 
olxia 9669, kehrt 137 wieder und weist recht deutlich auf das 
flickwerk hin. Die originalverse beginnen also erst mit 47, vou 
hier liest man ohne anstoss bis v. 87, dieser vers verbindet sich 
schlecht mit 82. die worte Zuusas àvOQuimos zendıngov und 
vorher xegsxulAfa vnov finden sich auch 284, und da Delos keine 
orakelstatte war, und Leto auch nichts dergleichen versprach oder 
versprechen konute, da doch erst die belehnung von Zeus aus- 
gehen musste, so können die verse 80—81 hier nicht echt sein. 
Wahrscheinlich fiel das fuusras avIewrwv yencrnesr dem über- 
arbeiter bei zeosxadifa vnoy ein, aber es tritt hier doch auch 
deutlich das bestreben hervor die weissagung mit hineiozuziehen. 


In guter ordnung gebt die erzählung weiter bis 110, das 
stück 120—140 &ber ist sehr entstellt. V. 125 von yaïios bis 
126 = 12—13, vss. 131—132 ist sinnlos; wie kann Apollo es 
hier als seinen beruf bezeichnen, den menschen den untrüglichen 
rath des Zeus zu verkünden, ehe Zeus ibm diese gabe verliehen 
hat? Wie kann ihm bogen und kitharis lieb sein, ehe er sie er- 
fanden hat! 

V. 135—186: 


Juufsov dIavaras yovoÿ d’ aga Aÿhos Grass 
Pifoide, xudoguica dsog Anrovç re yevéFAny, 
muss unmittelbar auf die geburt des gottes folgen, also nach 119 
einsetzen. 


Homeros. 225 


V. 137—139: 


yn9ocvvg, 016 pur Feòs ellero olxla FéoFar 
now» ümsígov te, plAnoe dé xnoudi paddor, 

^ qv9no, ws bre ts dov ovgsog &vdeow Clio. 

Delos blüht vor freude wie eiu gebirge vom grünenden walde. 
Das ist ein wirkliches bild, das etwas geistiges mit siunlichem 
vergleicht. — Die insel freut sich nicht über die geburt des gottes, _ 
sondern dass Apollo ihr den vorzug vor anderen inseln und län- 
dern gegeben und auf ihr sein heiligthum gegründet hat. Die 
gründuug des tempels muss also vorher erzühlt gewesen sein: diese 
erzühlung ist verloren gegangen. Dass diese gründung durchaus 
der anlage des bymnus entspricht, wird niemand leugneu. V. 140 
heisst der gott wieder, wenn auch in der apostrophe weniger an- 
stüssig, Goyvgorobog und éxurnfodos. 

Die versreihe 120—140 enthält also 1. verse, die auch im 
hymuus A standen und hier v. 12--13 allein an ihrer stelle wa- 
ren, denn unmöglich kann die güttin sich 126 freuen, einen bogen 
tragenden sohn geboren zu haben; 2. v. 130—131 verstiessen 
gegen die situation; 3. die verse 135—136 gehörten unmittelbar 
hinter 119, schlossen also die versreilie 120—134 aus. In diesen 
versen tritt wieder das bestreben auf, neben kitharis und bogen 
die weissagung des gottes zu berühren, die drei motive, von denen 
der hymnus. A sang. Zweifellos hat der überarbeiter v. 120— 134 
hinzugedichtet und so den faden zerrissen: die gründung des tem- 
pels ging dabei ganz verloren. 

Nachdem der gott sein heiligthum auf Delos gegründet hat, 
begab er sich auch nach anderen erten (140 flgd.), bald auf den 
Kynthos bald schweift er zu inselu und menschen. Man fragt doch 
wohl zu welchen menschen, man erwartet ohne zweifel auch hier 
noch lokalangaben. V. 142 ist vollkommen in der ordnung, wenn 
hier die verse 30 — A4 einsetzen. Dass diese versreibe zum 
hymnus des chiischen singers gehörte, beweist deutlich v. 38: 


xaù Xlog } viowv Asnagwiaın ely GA xia. 
Also B besteht aus den versen: 


47—80, 83—119, 135—136, 187—139, 141—148, 
30— 44, 144 —178. | 


Da nicht klar ist, ob das Certamen Hom. et Hes. p. 325 Göttl. 


226 | Homeros. 


unseren echten delischen hyamus vor augen hatte, oder das ganze 
wüste handschriftlich überlieferte konglomerat von versen, so kana 
diese stelle auch nicht als beweis gelten, dass der hymn. B mit 
v. 1 begann. | 

Hiermit glaube ich mich begnügen zu dürfen, es mag über 
 eihzelne verse das urtheil sich anders gestalten können, die grund- 
' süge der ursprünglichen bestandtheile scheinen mir jedocb sicher 


zu sein. 
Zeitz. R. Wegener. 


Sophokles als feldherr. 


Die wahl des Sophokles zum feldherrn ist schon im alterthum 
mit kopfschütteln betrachtet, wie das zor nosnzyv bei Strabo (XIV, 
1, 18, p. 638), Sophoclem poetam bei Justin Ul, 6, 12), auch 
die zusammeastellung mit Perikles an diesen stellen zeigt: ja die 
erzäblung im Argum. Soph. Antig. p. 7 Herm., dass der Antigone 
wegen das amt eines.orgarnyds Sophokles erhalten habe, fliesst aus 
derselben auffassung: daher denu Schneidewin (Autig. p. 31) mit recht 
sie als'erfindung bezeichnet, nur hätte er die „grammatiker“ weglas- 
sen sollen, da hier nur an Duris von Samos oder an Hieronymos vou 
Rhodos und ähnliche peripatètiker zu denken. Derselben quelle eut- 
stammt auch Cic. Offic. 1, 40, 144. Freilich scheint Sopliokles 
selbst hiergegen zu sein: lon lässt ihn ja den ausspruch des Pe- 
rikles erzählen (Athen. XII, p. 604 D): ... émadájme lIh- 
quxlîg moui»v uév p! pr, crgargyei» dD :oùx tnlorocdui. Aber 
man bedenke, dass, da Sophokles das selbst unter lachen erzählt, 
‚es nicht so schlimm gemeint gewesen sein kann, ferner dass man, 
um daraus schlüsse zu machen, den zusammenhang des gesprächs 
näher kennen müsste. Aber die motive der Athener zur wabl lie- 
gen deutlich in desselben lon (I. c. p. 604 D) worten vor: 70 
pírzos moditixè ovre Gogoc oUte QexriQiog fiv, GAA’ wg dv we elg. 
zur yoncıwv "d95vaiu», d. h. er war kein staatsmann yon fach, 
verstand aber was die staatsgeschüfte verlangten, so gut: wie jeder 
Atheuer, der dem stuate gegenüber gewissenhaft seine pflichten er; 
füllen wollte und konnte: es war also Sophokles aus der classe 
bürger, aus der die bei weitem meisten crgurzyoè gewählt sind. 
Und dazu kommt, dass dus amt des ozgarnydg ja nicht allein 
den dienst des feldherrn verlangt, sondern dass es in Athen selbst 
ein admigistratives war: dass aber in dem, was finauzeb und ähn- 
liche dinge erforderten, Sophokles sehr tüchtig war, also nicht bloss 
in idealen lebte, ist anderweitig bekannt. Dies zur ergünzung von 
Philol, Suppl.-bd. I, p. 106. 





Ernst v. Leutsch. | 


———@Ò—_ M — - --_—_————_—__ 


VI. 
Der homerische hymnus auf Demeter. 


Die vielen und mannigfachen anstósse des hymnus auf De- 
meter haben mich zu einer zusammenfassenden kritik des gedichtes 
veranlasst, die von den bisherigen aosichten nicht unbedeutend ab- 
weichenden resultate habe ich in der folgenden abhaudlung zusam- 
wenzufassem gesucht. 

1. 

1) V. 1—19. Die ersten verse ungeres gedichtes ergeben 
folgenden sachlichen zusammenhang: Zeus giebt dem Hades die 
Persephone (v. 3) ohne die bewilligung der mutter, die erde lüsst 
die narzisse bervorspriessen (v. 9) Aıös fovAjcs, auf des Zeus 
rath d. b. befehl und zwar zagılouevn Holvdéxry. Die nurzisse 
wird als doAog hervorgebracht, mit ihr soll die jungfrau also ge- 
täuscht werden. Diese staunt über die schönheit der blume und 
will sie brechen, dabei óffnet sich ein erdspalt und Hades springt 
heraus. Es ist deutlich, dass die list nar darin bestehen konnte, 
dass die erde eine blume von ungekannter schónheit an einer be- 
stimmten stelle hervorbrachte, an der stelle, wo Pluto hervor- 
brechen wollte. Dem entsprechend ist in deu versen 8—17 auch 
nur von einer narzisse und einer stelle die rede. Lauert der 
gott also an einer stelle unter der erde, wo ein zugang zu seinem 
reiche ist, so wird er nicht mit ross uad wagen aufsteigen, um 


228 Homeros. 


seine beute nach einem anderen zuganze in die unterwelt zu führen. 
fir wird hervorspringen uud die jungfrau mit sich in die tiefe 
reissen. Die list der erde unu die benutzung des wagens stehen 
daher in keinem echten zusammenhange. Die fahrt zu wagen setzt 
eine ähnliche situation voraus als die schilderung bei Ovid und 
Claudian. Die vv. 18 figd. setzen sich also gegen das vorherge- 
bende ab. 

V. 5 — 7 sucht Persephone mit den Okeaniden blumen. Die 
genannten blumen müssen sich auf der wiese vorgefunden habea, 
wird uuter diesen auch die narzisse auf ganz gleicher linie ge- 
nannt, so tritt sie damit als ein gewöhnlicher schmuck der wiese 
auf, ist also ungeeignet zu dem beabsichtigten do2og. Die vv. 
9--7 können daher nicht mit deu folgenden versen im ursprüng- 
lichen zusammenhange stehen. — An sich hat das motiv der nar- 
zisse eine blumentese nicht zur nothwendigen voraussetzung, Per- 
sephone kónnte die blume auch wohl vom Olymp ans gesehen haben. 

Nennen wir die m den vv. 8—17 enthaltene erzählung A, 
so keunt diese die mitschuld des Zeus, die list mit der narzisse, 
aber nicht den raub zu wagen. Za 

2) V. 18—58. V. 18—21 kennen lie benutzung des wa- 
gens, gebóren also nicht zu A. V. 18 mit Biicheler zu streichen, 
sehe ich keinen grund, der vers stimmt allerdings mit v. 32 
überein, doch lisst sich sehr wohl denken, dass der überarbeiter, 
welcher die ursprünglich getrennten erzählungen verband, mit die- 
sem ihm bekannten verse von A zur anderen erzühlung (B) über- 
zuleiten suchte: Es erscheint dies sehr wahrscheinlich, da v. 17 
mit sodvdéyuwr schliesst wie v. 31, also der schluss von v. 17 
und v. 18 in engem zusammenhange vom dichter gefühlt zu sein 
scheint. — Des Hades erscheinung in A wär ursprünglich ge- 
wiss mit einigen der situation entsprechenden und daher mit der 
gesammterzählung schwer zu vereinigenden zügen geschildert. An 
stelle desseu setzte der überarbeiter wohl die reminiscenz aus 
v. 31—32.. | 

V.20—58. Das auftreten der Hecate wird durch ayysdlorou 
begründet. Zu diesem zwecke, botschaft zu geben, ist es sicher 
sehr passend, wenn der bote von sich sagen kaun: 2éyw vnusgrtu 
mdvra v. 58. Hecate hat aber nach ihrer eigenen Aussage nur 
den schrei der jungfrau gehört, mit augen aber nichts gesehen 


Homeros. 229 


(v. 57 und 68), sie weiss also gerade so wenig als Demeter, 
danach ist sie als botin unbrauchbar. — V. 24—26 heisst es: 

un — 

uler 8E ürıgov "Exin linuooxondeuvoc 

Héliôc te avaé. 
Also nur Hecate und Helios hóren es, die art der wahrnehmung 
beider gottheiten wird gleichgestellt, und doch ist es für die wei- 
terentwicklung von grosser bedeutung, dass Hecate den schrei nur 
gehört, Helios aber die that gesehen hat. War der zweck 
von Hecate's auftreten der, botschaft zu geben, und kómmt derselbe 
zur ausführung, so ist die rolle des Helios überflüssig und damit 
unzulässig geworden. Nur eiumal kann die kunde gegeben wer- 
den, also gelóren beide gottheiten verschiedenen erzählungen an. 
Wurden sie in einer erzühlung vereinigt, so musste die thätigkeit 
der einen verstiimmelt werden, Hecate darf daher den schrei 
nur gehört haben. Bei der vereinigung gelang es jedoch 
dem überurbeiter nicht, die spuren der echten erzählung ganz zu 
tilgen. 

Die persónlichkeit beider gottheiten macht es leicht, die zu- 
gehärigkeit zu den beiden erzählungen A und B zu bestimmen. 
Helios, der am himmel wandelnde taggott, sieht alles, was auf der 
erde vorgeht, er wird auch gesehen haben, wie Pluto die jungfrau 
auf dem wagen fortführt, dem entsprecheid sagt er v. 81: «g- 
nukuc immowv ayev. Hecate, die góttin der nacht und der unter- 
welt, sitzt in der hóhle (v. 25), sie wird es gesehen haben, wie 
Hades die góttin durch den erdspalt in die tiefe gerissen hat. 
Natürlich wird sie auch den schrei der Persephone gehört haben. 
Entsprechend steht von dem einmaligen, plötzlichen aufschreieu in 
A: luynoe 0 ug’ ög9ıa puri (v. 20). Bei dem plötzlichen her- 
abreissen war nur ein aufschreien möglich, während sie anhaltend 
geschrien haben wird, wenn sie auf dem wagen fortgeführt wurde. 
Hecate ist ein motiv von A, Helios von B. 

V. 27—29. Persephone schreit zum Zeus, doch dieser sitzt 
abseits von den göttern in einem tempel. Diese bemerkuug, das 
hat selbst Franke geseben, kaon nur eine erklärung geben sollen, 
warum Zeus der tochter nicht hilft. Nach A hatte Zeus selbst 
dem Hades die tochter gegeben, eine solche erklärung wäre also 
widersinnig. Sie setzt eine erzühlung voraus, nach der Zeus nichts 


230 Homeros. 


ven des bruders vorhaben abot und es sicher gehindert haben würde. 
Die verse können also nur zu B gehören !). 
Die v. 30—32: 

v d''uëxabouérnr fyev dos Avredtce 

nargoxarlyyntos, noAvonuarıwg, noAud£yumwr, - 

Inross &Ourazo wy Keorov nolvorvaog vidg 
enthalten die motive von -A und B. Mit dem auftrage des Zeus 
ist offenbar seine einwilligung gemeint, die beiden letzten verse 
enthalten eine nichtssagende häufung von namen, dass sie vom 
überarbeiter stammen , zeigt die verbindung beider motive. Der 
psychologische grund der einfügung ist leicht ersichtlich, die vor- 
hergehenden verse schlossen des Zeus mitbetheiligumg aus, ur- 
sprünglich gewiss noch deutlicher als in der vorliegenden fassung; 
da hielt es der überarbeiter denn für seine pflicht, durch einen 
ausdrücklichen widerspruch jeden gedanken an des Zeus unschald 
zurückzudrängen. 

V. 22-28: Ovdé tug dIavatur u.s. w. Der grammatische 

zusammenhang ist ein sehr laxer. Der anfang: „kein gott oder 
sterblicher , selbst die Heleien (?) nicht“ machen den ganz be- 
stimmten eindruck, dass wirklich niemand den schrei börte, ver- 
stärkt wird dieser eindruck durch die namentliche hervorhebung 
der Heleien (t). Doch lenkt der dichter ein; wenn nicht Hecate 
es gehört batte und Helios, doch nun nicht gwrîg, sondern xovg; 
| æexlouérns. Diese gedankenverbindung macht so entschieden den 
‘eindruck der ursprünglichen vereinzelung, dass es nicht glaublich 
erscheint, der dichter habe sie in ununterbroclienem zusammenhange 
gedichtet. Tropfenweis, ohne gegenseitige einwirkung setzt sich 
vorstellung an vorstellung, daher fehlt im hauptsatze das nothwee- 
dige dy» oder xev. V. 25 enthält ein motiv aus A, v. 26 aus 
B, xovons xexAouévgg deutet auf wiederholtes rufen, also auf.B. — 
V. 23 bietet die handschrift ovd' dyAadxagnos gatas, was Büchler 
in den text aufgenommen hat. Was die wilden ölbäume für eine 
besonders nahe beziehung zum raube haben sollten, verstehe ich 


1) Franke macht den Zeus zum weibe wenn er sagi: Juppiter, 
ut ne clamores Proserpiuae audiret, procul se ab *o loco tenuit, 
Wlam raptum iri sciebat. Ex sieht, dass Zeus eich fortbegeben 
habe, doch nicht iu 7010? 


Homeros. | 231 


nicht. An unserer stelle müssen wesen bezeichnet sein, von denen 
man zuerst annehmen sollte, dass sie den schrei gehört hätten. 
Dass hier nur die begleiterinnen der güttin genannt sein konnten, 
steht mir ausser zweitel, ich begreife daher nicht, dass man be: 
Ruhukens conjektur éraïoas nicht stehen geblieben ist. B enthielt 
mit der biumenlese auch gespielinnen der Persephone, für A fehlen 
die spuren gänzlich, Der zwischengedanke otd’ — #raîcus stört 
die concinuität im hohen masse, so dass wir ihn dem überarbeiter 
zuschreiben müssen, er ist in die situation von A eingefügt, es er- 
scheint ulso sehr wahrscheinlich, dass dies aus rücksicht auf B 
geschehen ist. Mit der veründerung des verses ging auch das 
nothwendige xev verloren, — Der doppelte begriff des hörens - 
v. 23 und 25, im haupt- und nebensutze ist hôchsi störend, und 
würde es noch mehr sein, wenn der zwischengedanke ovd’ u. s. w. 
fortfällt. © Doch es war unrichtig, dass Hecate den schrei der 
tochter nur hört, als botin muss sie den raub und räuber ge- 
sehen haben. Schwerlich wird der dichter sich für diese angabe 
mit einem nackten side begnügt haben, auch vom detail wird ei- 
niges ausgeführt gewesen sein. Die verse buben also eine nicht, 
unbedeutende umänderung erfahren, und zwar logen verse aus A 
zu grunde, an die und in die der überarbeiter stückchen nach der 
situation von B einflickte. 

Ks gehôrt viel leichtgläubigkeit zu der annahme, niemaud 
unter güttern oder menschen habe das schreien der: gôttin gehört, 
wenn diese im wagen fortgeführt wird über eine weite strecke 
der erde und in ihrer angst schreit, dass die berge zittern und 
die tiefe. des meeres erbebt. So kann B unmöglich erzählt haben, 
‘und davon geben noch spuren in unserem texte zeugniss. Zeus 
musste vom Olymp entterut werden, denn sonst wäre ihm der raub 
nicht entgangeu. Noch unwahrscheinlicher ist es, dass auch die 
gefäbrtinnen nichts gehürt haben sollen. Doch warum geben sie 
der Demeter nicht kunde? Darüber heisst es v. 44— 45: 

15 Ó ovr érntvuc uvdncacdu 

Haley oùre Dewy ovre Fynrdr. arIowrwr, 
und 92 heisst troiz allen sträubens nichts weiter als wollen, 
sie wollen der mutter keine antwort xeben. Furcht vor den 
Zeus kann nicht schuld sein, denn dieser ist unbetheiligt, vielleicht 


232 Homeros. 


furcht vor dem Hades oder feindschaft gegen die gôttin ?). Woher 
ein solcher hass sich schreiben sollte, kann ich nicht sagen. Der 
einzige, der der mutter den raub mittheilt, ist Helios uud auch er 
leitet seine worte mit den versen 76 —77 ein: 

eidnous‘ di yag uéya abouus 70 ètisatouw 

ayvuperny meoì madi ravvogvQq. 
Er will es sagen aus mitleid und achtung, nicht weil er 
allein es weiss; er deutet damit deutlich an, dass die göttin von 
anderen, denen mitleid und achtung fehlt, dies nicht zu erwärten 
hat. Nach B haben die gefährtinnen und die anderen gôtter sicher 
etwas gehört und gesehen, sie können den raub nicht hindern, 
oder sind wohl gar mit dem rüuber im bunde. — Hieraus wird 
deutlich, dass die worte oud’ xrA. v. 23 erst vom überarbeiter hinzu- 
gesetzt sind, und zwar weil ihm ein solcher widerspruch gegen 
die erzählung B nothwendig erschien. 

Kine entscheidung, ob die von Baumeister und anderen v. 38 
angeseizte lücke oder Büchelers athetese von vv. 35 —36 das rich- 
tige trifft, halte ich für unmüglich. 

B muss mindestens bis v. 46 gehen, wenn dieser vers nicht 
mit Bücheler zu streichen ist, denn v. 45 steht das oben bespro- 
chene 79ele. Doch auch die folgenden verse bis 51 scheinen mehr 
der botschaft des Helios zu entsprechen. Am morgen des zehnten 
tages soll Hecate, die góttin der nacht, der Demeter begegnen 
thus iv yeloesow éyouou (v. 51—52). Der charakter der Hecate 
und die fackel in ihrer hand weist die begegnung der nacht zu. 
Mit Helios dagegen konnte sie nur entweder am morgen oder 
abend zusammentreffen, wenu der gott hinauf- oder herabsteigt 
auf der steilen sonnevtahn ?). 

Um dies nachzutragen, v. 21: xexdowévn natéva Kgo- 
v{dyv vzxatov xai Ggoror, weist auf ein läugeres verweilen auf 
der erdoberflüche, es gehört also wohl zu B: recht deutlich zeigt 
sich hier die urt der überarbeitung. Der nachdichter haftete mit 


2) An furcht vor Zeus würde man nach Claudian zunächst den- 
ken, doch setzt dies eben die mitschuld des Zeus voraus, die B 
nicht kennt. 

3) Sollte vielleicht auch oéles dem Helios entlehnt sein, der 
den glanz zwar nicht in der hand hält, aber doch bringt. Von der 
fackel ist diese bezeichnung auffallend und nicht genügend durch 
Apoll. Rhd. y 293. d 308 gestützt. 


Homeros. 283 


dem blick an der erzáblung B, naeh kurzer obschweifung zu A 

kehrt sein blick auf den zuletzt benutzten vers von B zurück und 

er nimmt in die weitererzühlong ein stück. von v. 21 hinüber: 
Ko gns rexhopévns nareom Koovíd nr. 

Zu 8 gelören vv. (17) 18—21, mit ausschluss von dagnos à dg’ 

ona 9tvjj (v. 20), 27—29, 34--51. 

VV. 22—26 wesentlich nach A. 

VV. 30— 32 zusatz nach A. . 

VV. 52-59 überarbeitete entlehnung aus -A. 

VV..60--68 zu B, entstellt durch Hecate. 

8. VV. 59-89. Am wahrscheiulichsten ist es gewiss, dass 
Demeter sich absiehtlich zum Helios begiebt, nicht doss sie ihn 
zufällig trifft. In übereinstimmung mit der in B geschilderten 
langen wanderung weist sie auf ihr entstelltes aussehen hin (v. 64). 
Ibre rede ist sebr schón und in vollkommener harmonie mit der 
situation, in folge der weigerung aller anderen wesen, die sie 
befragt, fleht sie den gott um mitleid an. In unordnung dagegen 
ist die rede des Helios. Passend giebt er zuerst seinem mitleid 
und seiner achtung ausdruck. Doch v. 77 fährt er fort: 

ovde reg allog 
ulnog GPovarwy, ed ui) vepelnyegére Zeds, 
os ur édwx “Aldn Falsghy xexd7joFas axoster 
LVIOXKOLY VITO). | 
Der anschluss mit oy)? setzt die angabe einer thatsache vor- _ 


aus, die der in unseren versen angegebenen bomogen ist. Diese —' 


fehlt. Den wichtigsten punkt, dass und von wem die techter 
geraubt ist, musste Helios au die spitze stellen, wean er nicht my- 
stificiren will. Dies folgt erst v. 80. B kennt des Zeus mit- 
schuld nicht, A micht den raub zu wagen, also verdanken die 
vv. 77 figd. erst dem überarbeijer ihre entstehung; dieser dichtete 
aus rücksicht auf A des Helios antwort, um und setzte deu beson- 
ders vermissten punkt ; von der mitschuld des Zeus gleich an die 
spitze. Dabei lief ibm eine reminiscenz an v, 20 bei den worten 
peyada luyovca» mit unter. In v. 20 darf dieser ausdruck nur 
den einmaligen aufschrei bezeichnen, hier wird ein wiederholtes 
schreien vorausgesetzt; Demeter selbst batte gesagt v. 67: 276 d' 
ddivnr da’ üxovoa. VV. 77 — 81 ist also flickarbeit des über- 
arbeiters. | 
Philologus XXXV. bd. 2. 13 


234 | Homeros. 


VV, 82—87. Pariinese an Demeter, nicht so unablissig za 
zütmen, nicht sei der leibliche bruder unziemlich zum schwieger- 
sohne. Dieser versóhnungsversueh widerspricht der rolle des He- 
lies und den tadelnden worten über Zeus in vv. 77 figd. gen 
direkt. Seine aufgabe ist es sur auskunft zu geben, diese hiite 
er gewissenhafter ausführen sollen. Ausserdem zürnt die güttia 
uoch gar nicht Um es kurz zu segen, die worte sind einer rede 
des Zeus entlehnt, in der er die gittio zu versóhnen sucht. Viel 
besser und gewichtiger bezieht sich dano auroxactyrmzog und ópóc- 
mogog (v. 85) auf Zeus. Welche ehre, den leiblichen bruder des - 
Zeus als schwiegersohn zu haben! Zur weiteren empfehlung fügt 
Zeus noch hiazu, Pluto hersche in der unterwelt. Das überlieferte 
dugì dì ny» giebt keinen sinn, eben so wenig Schneidewins 
vp, gefordert wird ungefähr ein ausdruck wie loa dì nung B- 
daga. der echte wortlaut wird schon vom überarbeiter bei über- 
tragung auf Helios entstellt sein. V. 87 muss heissen: unter 
deuen wobnt er, deren herrscher er geworden ist, ein trost für 
Persephone, dass sie im reiche des Pluto wohnen wird. 

Wollte man selbst die echtbeit der rede des Helios zugeben, 
wie wäre es möglich, dass dieser unmittelbar nach seinem trö- 
stungsversuche die rosse weitertreibt, ohne auch nur abzuwarten, 
ob seine worte den beabsichtigten erfolg haben. Es ist ein reiner 
schuss in das blaue. 

Die Hecate ist während und nach dem gespräche vollständig 
vergessen, ein beweis mehr für die unorganische verbindung beider 
gottheiten in unserem hymnus. 

4. VV. 90— 94. Von Demeter heisst es weiter ayeıo 
vocquodeica Jed» dyogn»v xaè paxgdy "Olourov. Sie muss also 
vorher auf dem Olymp gewesen sein. .In die rede des Helios wa- 
ren verse aus einer versóhnenden rede des Zeus aufgenommen; 
danach wird es deutlich, dass Demeter nach einer der erzählungen 
ibr kind beim Zeus zurückgefordert hat. Zeus hat dabei versucht, 
die mutter zur einwilligung zu bewegen, doch vergeblich. Er 
weigert die rückgabe, die géttia verlässt den Olymp. Die weige- 
rung des Zeus entspricht der erzählung A, während B eine hülf- 
reiche einmischung desselben für natürlich hielt, wenn er den rasb 
bemerkt hätte. Dass die scene im Olymp fortgelassen ist, hängt 
wahrscheinlich mit einer gewissen óconomie des überarbeiters zu- 


Homeros. 235 


sammen und zeigt auch wohl, dass sich jene scene nicht noth- 
wendig und eng an das gesprüch mit Helios auschloss. Das motiv 
von À ist auch deutlich in v. 91 ausgesprochen, denn eben nur 
nach dieser erzühlung hat Demeter grund, auf den Zeus zu zürnen. 
Nicht in der situation von A. ist die lange wanderung der göttin 
begründet, nachdem sie einmal auskunft über das schicksal :der 
tochter erbalten hat, ebenso wenig die entstellung ihrer göttlichen 


gestalt. 
H. 


Der aufentbalt der göttin bei Keleos hat, wie schon Preller 
sah, nicht mehr seine echte stelle in der Demetersage. Nach über- 
einstimmender tradition giebt die göttin bei diesem aufenthalte in 
Eleusis dem menschengeschlechte die ackerfrucht und ihren kultus. 
Sie zeigt sich hier als die gütige, segensreiche spenderin, die mit 
dem getreidekorn das menschengeschlecht zu hóherer gesittung zu 
führen sucht. Unvereinbar mit dieser ihrer milden stimmung ist ihr 
hass und zorn gegen die übrigen gütter und besonders gegen Zeus, 
ein zorn, dem sie bereit ist das ganze mepschengescblecht zum 
opfer zu bringen. Ebeuso wenig vereinbar ist damit ihr schmerz 
um den verlust der tochter, der alle anderen gefühle und gedanken 
absorbirt. Trotzdem ist dieser aufentbalt in Eleusis in der dich- 
tung fest mit dem raube und dem umherirren verbunden. Doch 
ist das streben der dichtung nicht zu verkennen, wenigstens eini- 
germassen diesen widerspruch zu heben.  Lehrreich ist in dieser 
beziehung das verschiedene verfahren Ovids in den Metamorphosen 
und Fasten. Fast, JV lüsst er die gittin zwar zum Keleos kom- 
men, doch nicht im zorne die feldfrucht zurückhalten, obgleich der 
schluss jener erzühlung mit aicherheit beweist, dass die vorlage 
des dichters oder die ibm gelüufige version der sage letzteren zug 
enthielt, er schliesst mit den worten IV, 617: 

largaque proveniet cessatis messis in arvis. 

In den Metamorpbosen erzühlt er, wie Ceres die frucht des 
feldes vernichtet, übergeht aber den aufenthalt in Eleusis, als uu- 
vereinbar mit jener schrecklichen masaregel. Auch bei Apollodor 
I, 5, 1 fehlt neben dem aufenthalte in Eleusis die vernichtung der 
feldfrucht. Noch weiter trieb die Orphiker das richtige gefühl für 
den widerspruch in der sage, sie lassen zwar die góttin in Elcusia 


15° 


286 Homeros. 


einkehrem, aber bevor sie wem, was mit der tochter geschehen 
ist; dies erfahrt sie von den Klensiniern, und mit feimem takto 
lassen sie dafür die dankbare göttin den Miggeimiera das waises- 
keru und ihren kultus geben. Wie. Claudian diesen theil der sage 
bebandeite oder behandeln wollte, ist nicht ersichtlich. Se viel 
sieht man jedoch aus den angeführten änderungen, "dass dem alter- 
theme nicht das gefühl für die mängel der vorliegenden sagenge- 
stalt abging. 

Im einzelnen fiaden sich nun gleichfalls starke widerspräche, 
so zuerst in betreff der gestalt und des aussehens der géttin. Das 
v, 188 geschilderte auftreten der Demeter ist mpjestäfisch, wabr- 
haft göttlich, die menschliche wohnung vermag ihre. gestalt. kaum 
zu fassen, scheu und bleiche furcht flosst sie der zukünftigen herria 
ein, Metaneira weicht vor thr vom Lerrensitze. Das kann nicht 
dieselbe gestalt sein, von der es v. 94 hiess: 

eldag dualduvovca woliv yoorov oùdf u; ardgdiv 
elcogowr ylywoxe. 
Ebeaso wenig kaun diese gestalt v. 101 figd. gemeint sein. Auch 
der 276 figd. beschriebenen verwandlung ist jene hoheit gebietende 
göttin nicht mehr fähig. 

Wir sehen also auch hier wieder die vereinigung zweier ur- 
sprünglich getrennten motive, die mit dem einen und anderen mo- 
tive gegebenen eonsequenzen sind leicht zu erkennen. Metaneira 
kann jene hoheitgebietende, göttliche gestalt nicht für lohn zu 
ammendiensten miethen, es fehlten ihr auch die 103 fgd. gefor- 
derten qualitäten zu diesem behufe. Der ammendienst der göttia 
hat also das entstellte aussehen der göttin zur yoraumeizung,, die 
göttliche gestalt einen anderen zweck. 

V. 98 heisst es Eero d° éyyus ödoso, nach dem vorhergehenden 
kann bierzu nicht Eleusis als lokal gedacht werden, im hauptsatze 
war von den ziodiss xai xiovu oyu die rede, im sebensntze vom 
Keisoto dwua, also nur beiláufig. — V. 98 erzählt jedoch, als ob 
uomittellar vorher von Eleusis die rede gewesen wäre, als ob er- 
zählt wäre: sie kam nach Kleusis. Unser vers setzt also nicht ua- 
mittelbar das vorhergehende fort. Auch die ungenaue zeitbestim- 
mung mit moi» v. 96 trägt ganz den charakter einer überleitung 
zu einem ursprünglich fremden stücke. VV. 94 — 97 ist verbio- 
dendes fiillstiick des überarbeiters. 


Homeros. 287 


V. 111 erkennen die mädchen die géttin nicht, yalsmoi dè 
Ssot Gwvpoicw ogacIa:, das verbum 0040690; muss dem sinne 
mach gleich yiyywoxew sein, Der grund ulse, dass die göttiu 
nicht erkannt wird, liegt in der allen géttern gemeinsamen eigen- 
thümlichkeit, nieht aber in einem besonders entstellten aussehen 
der Demeier. V. 94 war das sidog ápoidvrovce grund der un- 
kenntlichkeit und in gleichem sinne steht die mit v. 101 begio- 
meade besehreibuug von dem aussehen der góttio. Beide gründe 
schliessen sich gegenseitig aus und stehen im zusammenhange. mit 
den heilen eben ausgeführten motiven von der gestalt der Demeter. 
Wir nennen die erzühlung mit dem motive der entstelluug des 
aussehens |l, die andere Il. 

Ala antwort auf die von dem chor der müdchen gesprocbenen 
vy. 115—117 erzählt Demeter eine geschichte, wie sie aus Kreta 
geraubt, aber den räuhern entüohem sei. Im höchsten grade un- 
wahrscheinlich muss es sein, daas die räuber eine alte, kraftlose 
frau für den sklavenmarkt fortgeschleppt haben, wahrscheinlich 
ist eine solche that nur an einem jugendlicheu weibe. Die erzüh- 
lung passt alse nur zur situation von Al. 

VV. 185—144 stellt sich die géttin ais bejahrt dar, also 1; 
die vun ihr gegebene beschreibung entspricht den 103 flgd. auf- 
geführten anforderungen an eiue amme in königlichen häusern. 

V. 157 flgd. raw» ovx av sis G8 xuta RQWUIGTOY Gnwxny 

aldog Gupurnoacu Óópuv ánovocg(ocusy, 

dia dè déEovra di) yág Feosbe:40s EG. 
Vess übersetat und bemerkt dazu: , keiner wohl móchte, selbst im 
ersten anblick deine gestalt missachtend, dich vum hause entfernen; 
mein aufgebmen werden sie dick; denn in der gestalt ist, würde 
wie die einer göttih“. Er sehiebt dea begriff selbst unter, als 
ob cin xai eder neg im texte stünde, dies hatte nicht fehlen dür- 
fen, giebt aber auch einen verkebrten sinn; ea würde heissen: 
auch wenn sie deine gestali beum ersten anblick missachteten, wer- 
den sie dich nicht fortstussen, weil du von gättlicher gestalt bist. 
Offenbar muss das arımaley dadurch veranlasst gedacht werden, 
dess die gittia nicht als Jzos(xslog erkanat wird, zugleich. soll 
aber die anerkennung, dass sie 3sosfusdus sei der grund dufür - 
sein, dass man sie nicht fortatésst, das wäre widersinuig. Der 
participialsatz ist negativ zu lassen (s. Rruger Ur 1 67. 8, by. 


288 Homeños. 


. Dann entsteht folgender guter sinn: gleich beim ersten anblick 
werden sie deine gestalt nicht missachten uud dich fortstossen, 
so güttergleich bist du. Ven göttlicher würde steht nichts im 
texte. Die verse gehören zu II. 

VV. 194—211 siod auglücklich in den bestehenden zusam- 
menhang eingefügt. Metaneira ist vor der göttin vom sessel ge- 
wichen, diese schlägt die augen nieder: aus scham wie Hyma. Ven. 
157? Sie setzt sich schweigend auf einen von lambe gebrachten 
schemel, warum weder sie noch Metaneira ein wort der begrüssung 
sprechen, ist unverständlich, da die königin doch spiter Demeter 
mit yaïos yurus begrüsst. Statt des grusses wird der becher ge- 
bracht, nach allgemeiner und auch homersicher sitte (s. Od. a, 123) 
folgt die bewirthung dem grusse mit worten. | 

Die VV. 200—201: 

4AX ayéhactos, äraoroç Eizo; jdè adtytos 

7010 #09 pevudovoa fa9vbwvoro Ivyurgds, | 
können nicht ursprünglich von der verhültpissmüssig kurzen zeit 
zwischen eintritt und begrüssung gesagt sein. Hesonders setzt das 
psvóOur doch eine zeit von wochen und monaten voraus, ebenso 
ist das fasten nur bemerkenswerth für tage. wnd wochen, nicht 
fir einige minuten. Ein stein bei Eleusis hiess Agelastos, auf dem 
die güttin in dumpfem dabinbrüten gesessen haben soll Für diese 
situation passen die verse genau, nur will ich nicht widerspruchslos 
erklären, dass sie gerade auf jenem steine gesessen haben soll, 
obgleich. nichts wahrscheinlicher ist. 

Die vv. 194—211 sind also einer erzählung enflehnt, nach 
der Demeter bei Eleusis, vielleicht auf der zézga dyfAacrog, lange 
in ihrem schmerze sass und von der [ambe erheitert wird, viel- 
leicht stand ursprünglich 198 stat diggos nérens.. Mit diesen 
versen fallen zugleich die direktesten: beziehungen : auf den raub 
der Persephone, nur noch in dem wegen der commissur verdich- 
tigen verse 08 steht gíAov rersquévn drop und dieselben worte 
v. 181. Hier ist eine epische formel ohne die geringste indivi- 
dualisirung gebraucht. Die vermuthung liegt daher gewiss nahe, 
dass die erzüblung von der gôttin einkebr bei Keleqs ursprünglich 
nichts wusste von dem schmerze der gittin. So stimmte dem 
unsere erzählung zu den für die echte gestalt der sage oben au 
geführten anforderungen, An jenen beiden: stelleh scheint soger 



















Homeros. 299 
die epische pbrase aus dem eingelegten stücke von der lambe ^nt- 
lehnt zu sein, denn auch v. 198 heisst es: reuQué nor’ imi 
Ölgpgov. | | 

VV. 225—230 hofft Demeter, dass weder zauber noch zau- 
berkraut dem knaben schaden wird, denn sie wisse ein viel bes- 
seres gegenmittel gegen die besprechung, ein herrliches mittel, 
Die éxmuoig wird verschuldet gedacht xaxopgadines n97yns. 
Nimmt die göttin einen in der zukunft möglichen fall, wie die 
herausgeber doch annehmen müssen, so traut sie sich selbst die 
xaxopoudin zu, denn sie ist ja nun die amme des knaben und 
heisst 290 demgemäss x97y7. Auf die feruere zukunft, wenn 
Demophon nicht mehr in den händen der góttin ist, können sich 
die worte auch nicht beziehen, denn dann hat Demophon über- 
haupt keine 9797 mehr (s. 221 über die länge der in aussicht 
genommenen dienstzeit), und die gôttin ist ihm nicht mehr mit 
ihrem gegenmittel zur seite. ^ Ueberhaupt sprechen die worte di- 
rekt gegen eine solche. annahme in der zukunft, die gôttin nennt © 
ihr mittel péya géoregor, sie muss es doch also mit einem an- 
deren vergleichen, dies andere muss also schon zur anwendung am . 
küsben:gebrácht und "ihr bekannt sein. Also der ausdruck und 
der inhalt jener verse verlegen die zaxogppadin in die vergangene 
zeit Demophon war also von der amme bezaubert, diesen zauber 
zu lösen, erklärt Demeter sich bereit. Bisher war von einem zau- 
ber nirgends die rede, und dies war nothwendig, wenn Demeter 
ibm heilen sollte. Auffällig musste es (v. 171 figd.) sein, dass 
Metaueira der hülfesuchenden fremden, ohne sie gesehen zu haben, 
dw daretoovs pic obdach und dienst bietet. Der unendliche 
lobn ist nur gerechtfertigt, wenn sich Metaneira von der fremden 
einen grossen dienst veraprach, z.b. die heilung ihres kindes. Dies 
motiv kennt auch Ovid in den Fasten. — Die heilung bedingt - 
nicht ein dienstverhältniss, die göttin braucht nicht amme des kin- 
des zu werden. Als amme war Demeter eine alte frau, als arzt 
dagegen kann sie sehr wohl in ibrer gittlichen gestalt zum Ke- 
leos kommen, Da die entstellung des aussehens ihren deutlichen 
zweck in.dem dienstverbültniss findet, so muss die heilung zu M 
gehören, Diese redaktion erzählte also, wie die göttin von der | 
krankbeit des kindes hört, es zu heilen verspricht und in göttli- 


240 .  Hemeros. 


cher, ehrfurcht gebietenden gestalt in den palast des Keleos 
tritt !). 

2. Die feuertaufe, V. 231 — 232 nimmt Demeter den 
koabeu in ihren duftendem busen, die mutter freut sich, 233 heisst 
" es dann weiter: dig ; piv Kedeoio — uyhaov view Ergeps. Das 
tragen am busen ist nicht die art, wie sie den knabep ernährt, 
nach 236 figd. verfolgt sie dabei einen ganz anderen modus. Of- 
fenbar ist der zussmmenhaug gestört. Der duftende busen ent- 
spricht dem göttlichen äusseren, er weist also auf H, bieran wird 
sich gewiss die heilung des kindes geschlossen haben, da diese 
aber dem gesammtverlaufe der erzählung nicht entsprach, wurde 
sie ausgeschlossen und der überarbeiter ging zur erzühlung | über. 
Deon des folgende gebdri zo |, die göttin pflegt den kuaben tag 
und nacht (237, 249). Ihr langer aufenthult kann nicht die hei- 
lung zum zwecke haben. sie verrichtet ammendieost (cf. 235 —241). 
Zu 1 gehört gleichfalls die rede der Metuneira 218 —23, die vou 
dem überlegenen gefühle des tróstendeu witleids getragen ist, obne 
spur von ehrfurcht. 

Es folgt nun der versuch, den Demophon unsterblich zu me- 
chen. Uoerfindlich ist der gruud, der die géttin hierzu bewegt. 
Die unsterblichkeit ist die höchste gnade, die ein gott dem men- 
scheu gewähren kann, die liebewahnsinnige Kalypso bat sie dem 
Odysseus zugedacht, die "Thetis ihrem geliebten kinde. Apollod. 3, 
18, 6 hat uns die erzühlung von diesem versuche der Thetis er- 
halten. Dass Thetis in ihrer liebe eia vellberechtigtes motiv zu 
einer solchen guade hatte, ist zweifellos. Auch ist der versuch 
für das spätere lebeu des helden von bedeutungsvollen folgen ge- 
wesen, dies lehrt die sngenüberlieferung , so weit sie die unver- 
wundbarkeit des belden kenut, und fiudet seine stütze in der ver- 
wandten sage von Siegfried und Wolfdietrich, wenngleich letzterer 
durch ein christliches taufbemd geschützt wird. Dagegen schwebt 
dus unternebmen der Demeter nach veranlassung und erfolg. voli- 
ständig in der luft. 

Die erwähnte stelle bei Apoliodor hat eine go nahe verwandt- 
schaft mit unserem bymnus, dass eine enlehmung des einen he- 


1) Nach diesem Dre egt kein grund vor, xaxogucdty 
in anderem sinne als bosheit zu fasse 


Homeros. | (00094 
richtes an den anderen ausser zweifel steht. Ich lebe die stelle 
aus: cg di Éyérvnce Orig dx. Initws Befpoc, a9uvarov Félovoa 
5015605 . TOUTE , agi ga Iu dg 10 sip lyxqvfoióo 15% . yextóg 
ipeger 3 jr atid Irmıov xarpdor, pe? pleas dè Hom 
ap fosa , Hrhadc di émimorouc xoi donalgovsn : T0» naida. ido 
ixi 100 wwQog époque xai Hu; xwivFeiou sv mgaalgecıw n- 
Mean vimer vor nalda angissovea meds Nnoxídag . gere. 
Die übereiustimmung im inhalte ist deutlich, würde aber zum. be- 
weise der.emtlehnung nicht genügen. Jedoch wird dem anfmerk- 
samen leser eine auffallende jibereinstimmang in der form nicht 
evtguugen sein: | 

Ap. sig ro sue éyxevfousa 
Hymn. 239 véxrag di KOUMTETKE MLQDG peru, nor. 
| dukör. 
245 Eslen ce wegi Eve mollis — xountes. | 
Das xoumiuir iv nuoi bedeutet ein einfaches hineinlegea in 
das feuer, nieht wie Voss 239 im anschluss an Od. e 488: 


we d' its rug duddv onodi7 dvé£xquipe pedalyy ar. 
ein verscharren in glimmender asche, es heisst ja euch nicht 
orodın sondern zio, in diesem sinne sagt daher Apollodor un zweiter 
stelle 2x? zov "vQóc, rings um das kind lodert die flamme wie 
um eia holzatück und verbirgt es gleichsam. Das kind bleibt ja 
doch sichtbar, alse ist xgumızır ein stark metaphorischer ausdruck, 
der auf eine poetische vorlage des Apollodor hinweist: 

Apld. u:3’ liafonv dì Èxquev fu Boosts se, 

Hymn. 236 fuara yo («ax Hu beestn - 

ApM. Indeds di Inızyondag. 

Hymn. 244 Enıznogoaca. 
Diese auffallende sprachliche übereinstimmung bei der gleichheit — 
des inhaltes weisen deutlich auf ein verhältgiss der abbángigkeit. 
im auschluss as die Achilleussege, zeigten wir, hat die erzähluug 
ibre volle berecbtigung, nicht so in unserem hymnus. Der hymuus 
lehnt sich also au die Achilleussage an und hei der übereinstim- 
mung der form an die puetische quelle Apollodors. Ja es hat der 
bymaus noch deutliche spuren bewahrt, die es unzweifelhaft ma- 
chen, dass die verse desselben umgesetzt sind aus einer Achilles- 
dichtung. Es ist dem überarbeiter nicht gelungen, die spuren, 


242 Homeros. 


welche auf den ursprünglichen zweck der verse führen, ganz zu 
tilgen. 

V. 236 ov: ot» ofzov idr, o9 Inadpevos yuiu parQóc. 
Dies von der Thetia gesagt ist ohne anstoss, von der Demeter 
sinnlos. Von Achilles ist diese thatsache auch sonst überliefert 
und die falsche etymolugie des namens ist dabei gewiss massge- 
bend gewesen, Apollod. 3, 13, 6. Vrgl. Preller Gr. myth. Il, p. 401 
sum. 2. 

: VV. 237 — 47 charakterisieren sich als bestandtheile von |, 
Demeter würde dann als alte entatellte frau sehr unpassend dv 
xasuñivelovoa genannt, sehr passend Thetis ?). 

V. 243 fehlt das objekt zu oxfyuro, richtig dagegen sagt 
Apollod. doxafgorra zör muida idw» imi sov nugog. Seine er- 
zäblung ist also in guter ordnung, ein gleiches hat man also von 
seinem originale sorauszusetzen, der gestürte ausdruck des hymnus 
kann also nicht als original vorgelegen haben. 

. Die worte der Metaneira 248—240 sind in unserem zusam- 
menhagge geradezu komisch, die fremde, ruft sie, verbirgt dich im 
feuer, mir aber bringt sie trauer und leid. Warum sucht sie, die 
herrin, das kind nicht zu retten und der dieuerin zu entreissen. 
Dagegen wean Peleus die göttliche gemahlin belauscht und sieht, 
wie sie den Achilleus verbrennt, so muss er sich dem höheren wil- 
leu der göttin mit resignation fügen, und eine solche resignation 
enthelten unsere verse. Deutlicher wird dies noch durch v. 250 
tic d° Gis dia 9exwv. Wenn Metaneira ihre worte laut ruft, wie 
doch anzunehmen ist, so muss die güttin sie auch hören, während 
upser vers eine überwiegende wabrscheiulichkeit durchblicken lässt, 
dass die worte nicht hätten gehört werden können. Der vers 
führt deutlich auf eine situation, nach der die sprechende person 
als lauscher (dmsmgnoag) dargestellt wird, sie will nicht bemerkt 
werden, doch der entsetzliche anblick entringt ihr die klagenden 
worte, die sie verrathen. Der lauscher ist Peleus, der die gattin 
fürchtet oder doch baugend voraussieht, dass sie ihn verlassen 
kónnte. 

Da zürnt die góttin 252 yolwoauéyn — nuida gíAov, 10» 

2) Als Dometer ihre gottheit wieder nimmt, heisst es 277: 

ädun d’ tuegcecca Smyériwr ano nénlov 


oxidvaro. 


Homeros. 243 


äelmıov evi weyagasır Frixtav xti., also sie zürnt und legt das 
liebe kind hin, das sie unyerbofft geboren hat. Ein subjekts- 
wechsel ist durch nichts angedeutet und berechtigt. Das subjekt 
zu [mere ist also Demeter, dies passt nur in den zusammenbang 
der Acbilleussage entsprechend der muttermilch v. 236. Nach un- 
serem zusammenbange ist Metaneira mutter, und auf diese soll 
auch wohl das àeAsmzo» bezogen werden, da Demophon ein dylyovos 
ist und schon 219 «sAnzag hiess, Bei der übertraguug der verse 
auf Demeter-Metaneira hielt sich der  überarbeiter möglichst - 
streng an sein original, den relativsatz 253 musste er auf Meta- 
neira übertragen, ibren namen einzufügen erlaubte das niètrum nicht, 
er glaubte daher genug gethan zu haben, wenn er dies verbaltniss 
durch á&eAxrov andeutete, da Demophon allein ja mit diesem worte 
bezeichnet werden konnte. — . Der Demeter zorn über die stü- 
rung ist eben so wenig erklärlich wie das ganze unternebmen. 
V. 262 fügt Demeter ihrer klage eine prophezeiung bei: 
„beim Styx, unsterblich hätte ich ihn gemacht, nun kann er dem 
 tode nicht entrinnen, ehre aber, unvergüngliche, wird ihm ewig 
-beiwohnen, weil er auf meinen knien gesessen und an meinem 
busen geruht hat“. Man denke sich dies vom Achilles gesagt, wie 
treffend und schön ist das tiefe leid des mütterlichen berzens, das 
voraussbnt, wie der glänzende sohn, der herlichste held des grie- 
chischen volkes, dahin sinken wird in der blüthe der jahre. Und 
wie inhaltlos klingen diese worte vom Demoplion, von dessen rp) 
GgSitoc die Griechen so viel wussten, dass die dichter ihn einfach 
bei dieser gelegenheit verbrennen liessen, ohne befürchten zu 
brauchen, dem griechischen bewusstsein zu nabe zu treten, —— 
| V. 265 fährt die göttin fort: | 

monter d' dou tovye, negenhouérur Duavsüv 

maideg “Edevowvlwy. noAsuov xai pudore air} 

aley Adıyaloıaı avvukovo’ puta narra, 
Die allgemeine bestinmung «lr» fuura mavia ist übertrieben and 
geht über die erste zeitangabe «wg70‘4 weit hinaus. Der anfang 
verrüth deutlich, dass eine andere fortsetzang beabsichtigt war. 
Mit richtigem gefüble hat man nach 207 eine lücks angenommen, 
denn es fehlt die nothwendige beziehung auf Demopbon. Nach 
dem vorhergehenden muss dem Demophon in diesen kämpfen der 
untergang vorbergesagt sein. Der kampf ist zweifellos ad hoc 


244 Howeros. 


erfunden, die psycholugische veranlassung leg im originale, we 
Thetis. dem sohne zwar ehre aber auch in der. blüthe der jahre 
den tod vor Truja voraussagte. Also auch bier zeigt sich das 
motiv vum kampfe nur berechtigt für die Achillessage. 

 . Sollen die vv. 256 — 57 die beabsichtigte wirkung haben, 
so muss Metaaeirn Demeter ali góttiu erkannt haben, im munde 
ihrer dieserin würden die worte nur als strufbare frechheit kliu- 
geo. Dem überarbeiter ist es nicht gelangen die erkennungsscone 
an ihrer richtigen stelle einzusetzen, diese folgt erst 268, 

. VV. 268—274 ist die stimmung der güttin wieder eine ver- 
séhaliche, sie setzt ihren kult ein. 

VV. 257 flgd. eilen die schwestern des kaaben herbei und 
besorgen dies und das, die dritte #ocvro roca dénalgias marée” 
uvacnicuvsa Ivwdros dx Iadauoso. Eben hat die mutter noch 
mit der güttin gesprochep und uua soll sie geweckt werden. 
Auf keinen full kinnen diese verse voraussetzen, dass Metuneira 
die lauscherin gewesen ist, wer dies gethan, sagt uns der Ivmnus 
nicht. Die vv. 284—291 sind in der vollkommensten ordnung 
unter einander. Doch bemerkt Franke richtig, duss von dem oben 
genaunten vier töchtern nur drei bei der arbeit verwendet wer- 
dea, wo ist die vierte? Apollod. 1, 5 erzählt nun, dass Demeter 
in das haus der Metaneira kommt uud von der [ambe zum lachen 
gebracht wird. Sie ernährt den Demophon, will ihn unsterblich 
machen und legt ibe nachts in das feuer, die sterblichen theile an 
ibm su tilgen, am tage aber (xa9' nutgur) wächst Demophon wi- 
der erwarten, doch Praxithea beobachtet die gôttin und überrascht 
sie, wie sie das kind im feuer verborgen hat und schreit auf, xu- 
talafoïcu zig nig dyxexQuuptvo» dveBénoe. Also hier 
findet sich der ausdruck xQumzss wieder, ebenso das £dnırngeis, 
eine anlebnung ao unseren hymnus oder au die Achillessage ist 
daher zweifellos. — Die lauscherin bei Apollodor ist nun Praxi- 
thea, die Bekber im index mit recht aus dem zusammeuhange 
Celei fia uenüt, Apollodor schweigt über sie. Dies ist eine nach- 
lässigkeit, zum namen des Demophon hatte er erklärend hinzuge- 
fügt: rov:0 yàg fy Ovona r$ nodi. Die uachlässige eile des 
epitomators zeigt sich noch deutlicher in den worten xa’ nufgur 
di nugadokwg uvEaropivov rov Anpopirıog, drarionosr i [Toats- 
Hu. Mit xa9' juéour wollte er offenbar den gegensats zum 


Bomeros. 245 


vorhergehenden ras vüxruc eic mbQ rmrettds einführen, greift aber 
gleich weiter und spricht von dem auffallendeo wachsthum des 
knaben. Mit gleicher nachlissigkeit hat er vergessen zu erzählen, 
wie Demeter dazu kömmt vom brunnen aach ‘Eleusis zu gehen. 
In der originalerzählung wurde sie wohl von des Keleos tüchtern 
dazu bewogen. Lies Apollodor dieses stück der erzählung aus, 
so verlor er auch die gelegenbeit, die vemen der tüchter zu nennen. 
Also nur drei töchter verwertbete der hymnus an unserer. stelle, 
Apollodors ersäblung giebt uns sun die einzig passende erklärung, 
dass die vierte eben die lauscherin war, daher wurde es’ nöthig 
die matter zu wecken. Unser hyinnus enthält also spüren von 
zwei erzihlungen, in der einen stört Metaneira, in der anderen 
eine tochter des wnternebmen. Der name Praxithea ist unserem 
hymnus unbekannt.  Eiue zuweisung zu einer der redaktionen | 
oder Il halte ich für unmöglich, beide entlehnten, wie es scheint, | 
in roher weise die feuertaufe aus einem Achillesliede, diese hatte 
also mit keiner eine innere verwandtschaft. So viel ist jedoch | 
sicher, dass beide redaktionen eine feuerteafe enthielten. Ob beide 

direkt aus der Achilleussage ihre nachbildang entlehnten, ist schwer . 
gn sagen, doch nicht sehr wahrscheinlich. Ursprünglich kam doch 
wohl yur einer auf diesen gedanken und gab damit den anstoss, 
dem ähnliches auch in andere gedichte von der Demeter aufeuthalt 
in Eleusis je nach der individuellen situation aufzunehmen, All-' 
wüllich hat sicher die dichtung die hervorgehobenen anstósse mehr 
und mehr beseitigt, besonders unter den händen freischaffender 
kunstdichter. So erzählt Ovid Fast. IV, 544 flgd. die geschichte 
vom 'Triptolemes, dessen ansehen als heros des ackerbgus und 
günstlings der Demeter eine solche gnade schon viel begründcter 
erscheinen liess. Aus einem ähnlichen gefühle liess wohl die von 

Apollodor benutzte dichtung den Demophon verbrenuen, um die un- 
bekunnte persónlichkeit dieses knaben abzustosseü und dem be- 
rühmteren Triptolemos platz zu schaffen. — Bei Ovid genügt 
eine nacht zur hejlung, mit richtigem takte lässt Ov. v. 556 ihre 
worte direkt an Ceres richten, das in unserer erzählung ganz un- 
berechtigte motiv des lauschens hat er gunz beseitigt. Die mutter 
wacht zufällig auf und mit dem rufe: quid facis? reisst sie das 
kind aus der glühenden asche. Also die stórenden ankliuge an 
die Achilleussage sind überwunden. Doch eine flüchtigkeit, wie 


246 Homeros. 


so oft, hat Ovid sich zu schulden kommen lassen, die götlin giebt 
sich gar nicht zu erkennen. — Man sieht hier wieder, dass den 
alten das gefühl für susammenhangslosigkeiten und ungenügende 
motivirung in ihren epischen dichtungen nicht gefehlt hat. 

Doch zurück zu den versen unseres hymnus, VV. 292 — 302 
der schluss der nacht und die eusführung der befehle der göttin 
muss in beiden redaktionen erzählt gewesen sein in ziemlich ähn- 
licher weise. | 

Wie der raub aus zwei erzählungen zusommengearbeitet war, 
so auch die einkehr bei Keleos. Es erscheint daher gewiss, dass 
in A wie in B ein solcher anfenthalt in Eleusis erzählt wurde. 
Da zwischen dem raube und der einkehr kein innerer echter zu- 
sammenbang bestebt, so können auch nicht innere gründe für die 
zusammeogehürigkeit von A und B mit I und Il vorliegen. Kon- 
statirt wird aber die tbatsache, dass vor der entstehung unseres 
hymuus die episode in Eleusis fest mit dem raube der Persephone 
verbunden war. Dies ist vor allem der ausbildung und verbreitung 
der eleusinischen mysterien zu danken. Beziehung auf die myste- 
rien zeigen daher die verse 205, 473 flgd., 270 also unser bymuus 
ist kontaminirt aus zwei dichtungen, deren jede in mechanischer 
weise die episode von Eleusis aufgenommen hatte. 

Ob -und wie weit durch die kontamination die namen verän- 
dert sind, lässt sich nicht mehr entscheiden, doch scheint in dem 
befehle der gitttin 270, über dem Kallichoros ihr einen tempel . 
zu bauen, doch eine andeutung su liegen, dass sie hier geruht 
habe in übereinstimmung- mit der späteren sage. Nach v. 99 hatte 
sich Demeter an den parthenischen brunnen gesetzt (s. Voss zu 
v. 99). Die beiden redaktionen mögen verschiedene namen ent- 
halten haben. 

Seien hier noch einige worte über Keleos gestattet. Nach 
Pausanias Il, 12, 4 flgd. und II, 14 war die Demeterstätte Kelene 
eine art filiale von Eleusis, Dysaules sollte den kult der gôttin 
hierher gebracht haben. Kelens ist offenbar der eponymus zu Ke- 
leae, seine persönlichkeit steht alsa in ursprünglicher verbindung 
nur mit Keleae. Er hat in Eleusis den heros Eleusin als gast- 
geber der Demeter verdrängt, obgleich z. b. Panyasis die göttin 
noch bei diesem einkelren liess (Apollod. 1, 5, 2). Es liegt bier 
also eine von H. D. Müller mehrfach nachgewiesene umkehrung des 


Homeros. 247 


ursprünglichen verhältnisses vor, nicht von Eleusis nach Keleae 
kam der kuit der göttin, sondern umgekehrt, Später nahm der 
berübmtere ort diesen ruhm für sich in anspruch. Auch kam 
mitbin wohl der name des Demophon nach Eleusis, doch gelang es 
diesem nicht mehr dem Triptolemos die einführung des ackerbaus 
streitig zu machen, und Demophon wurde zu einer nichtssagenden 
person, die später möglichst beseitigt wurde. 

Den versuch, jeden einzelnen vers der episode nach seiner 
zugehörigkeit zu bestimmen, halte ich für unausführbar, die gege- 
benen andeutungen enthalten auch genügenden aufschluss über die 
entstehung derselben, dass wir uns ein solches mehr oder weniger 
geistreiches spiel versagen dürfen. 


Ill. Versöbnung und rückkehr. 


Schon oben war darauf hingewiesen, dass der zorn der güttin - 
sich uicht mit ibrem aufenthalte beim Keleos vereinigen lasse. 
Noch eben hat sie wohlwollend ihre mysterien eingesetzt und sich 
einen tempel bauen lassen, nun setzt sie sich nieder in demselben, 
ohne dass ein zwischenereigniss eingetreten ist und lässt das 
schrecklichste jabr über die erde kommen. 

V. 302 figd.: drag fav) dito 

Ia xaDsLouévg paxuowy dno voogw dravıwy, 

piuve nd9q pvvIoven fadvluvoro Fuydrgoc, 
nehmen den v. 92 unterbrochenen faden wieder auf und klingen 
auch in den worten an jene stelle an, wo es heisst: 

voogac9eica Iewv ayogrv xal paxgav "Oleunos. 
Die vernichtung der feldfrucht ist ein echtes motiv zu A, Zeus 
hatte sich geweigert, die tochter zurückzugeben, nun sucht die 
grollende göttin die gütter zu zwingen. In B ist Zeus schuldlos 
am raube, also darf ihn hier der zorn der mutter nicht treffen, 
Wir stehen hier also an der echten fortsetzung von À, nur sind 
einige verse zur überleitung nothwendig geworden. Diese werden 
von dem übererbeiter stammen, der die episode von Eleusis in A 
einlegte. E 
V. 316 we #pa9”. Referierend ging voraus, dass Zeus die 
Iris zur Demeter gesendet hat. Die formel dg Éguro kann ihrer 
natur und dem konstanten gebrauch nach nur eine direkte rede 


2A8 | Üomeros. 


abschliessen. Anch ao unserer stelle muss eine, spiter vom über- 
erbeiter umgesetzte and abgekürzte, direkte rede verauagegan- 
gen sein. 

V. 319 fiodet lris die gittin io ihrem tempel bei Eleusis, 
hierin liegt nicht nothwendig eine besichung auf die episode, echoa 
nsch der ersten gestalt des bymnus kuonie die géttin hier einen 
tempel besitzen. Nach der echten gestalt det sage mags Demeter 
unmittelbar nach der weigerung des Zeus den Olymp verlazsen, 
sich an einem orte niedergelassen und das verderben über die 
meuschheit gebracht Luben. Als ort ihres mufentbala würde pay 
seud ihr tempel bei Eleusis gewählt sein, nicht der von den Klev- 
siniern täglich besuchte brunuen. Ungestort muss die géttio ia 
einsamer stille sitzen. Ihr sitz am brunnen ist nur im gusammes- 
hang mit der eiukébr in Eleusis gerechtfertigt, ebenso. der ses 
v. 200 vermuthete stein Agelastos. Nach der echten sage sog 
sich die göttin sogleich in ihren tempel zurück. 

Nach dem erfolglosen versuche der Iris, die güttin urückzu- 
führen, sendet Zeus die übrigen götter einzelnen zur Demeter, die 
ibr vergeblich ihre gaben bieten. Dies stück der erzühlung iat im 
guten zusammenhange, so dass ich nur leise die vermuthung wage, 
es wäre ursprünglich ausgeführter gewesen, eines jeden -gottes 
gaben wären aufgeführt, ähnlich wie in dem bekannten chore in 
Euripides Helena. Unterstützt’ wird diese vermuthuug . allerdings 
durch die schon v. 316 flgd. bemerkte kürzung des überarbeiters. 

‚Schliesslich sendet Zens den Hermes zum Hades mit dem auf- 
trage: 386 qo Aldyv uulaxcios nagaiqguueros exteoos. Halt 
es Zeus für geboten, dem Hades gute worte zu geben, s0 muss er 
das recht sich aus den händen gegeben haben, den räuber zur zu- 
rückgabe zu zwingen, d. b. er tragt selbsi mit die schuld am 
raube, also A. 


V. 342 trifft er den Hades: 


rovye arazıa damuwv Enocds toria 
npsvey En deyteaao aby uldoln maguxosts. 


Friedlich sitzen sie zusammen und Persephone heisst die gemahlin 
des Hades. Nach A ist ein volles jahr vergangen seit dem raube, 
ein versöhnliches veriältoiss der Persephone zum Hades erscheint 
also nicht unpassend. Die beiden folgenden in ihrer erklärung und 


Homeros. 249 


überlieferung unsicheren verse haben die absicht, Persephone im 
widerspruch zu 842—498 als traurig. und zürnend darzustellen. 


V. 847 spricht Hermes gegen des Zeus befehl dessen willen 
kurz und kategoriseh aus, seine worte sind nicht walaxof. Auch 
weigert sich Hades mit keinem worte, obgleich ihm A dazu volles 
recht giebt. Hermes spricht nicht naeh der situation von A. Die 
vv. 349 von öyou an bis 356 sind jedoch aus A. 

V. 848 Zeug ue naro payer ayauny Ilegospéveray 

FEuyayetr ?Egiflevoge peta opéac. 
Unter ogeiç lassen sich nur die olympischen gôtter verstehen, dera 
grammatischeu zustmmechange nach ist es jedoch unmöglich, Ur- 
sprünglich mass die beziehung auf Seo klar gewesen sein. Der 
vers wurde entstellt, weil der überarbeiter zu A, den nuu fot- 
genden versen, überleiten waite. Der anfang von Hermes rede 
geborte zu B, zweifellos wird der überarbeiter mehr als diese 
zwei verse B entlehnt haben, auch von den vorhergehenden müssen 
schon einige zu B gehóren. Da er im weiteren verlaufe von B 
in widerspruch mit der von ihm geschaffenen situation gerieth, 
war er genóthigt zu À überzuspringen. Direkte aulehnung an A 
enthalten die vv. 338 und 339: mE 

Open È urne 
ógS9oApois, Idovoa uta tee y0%000, 


. .fast ganz übereinstimmend mir 349. Auch die v. 338 vorherge- 


benden worte sind denen in v. 349 sehr ähnlich, es heisst hier: 

vs. 338 é¢ gdog tEayayeiy pera dalpovas — 

vs. 349 éfoyayetr "Egéfeuogs pira optus. 
Die beziehung des apéas auf die gitter bestätigt sich somit, also au 
gieicher stelle im auftrage und in der botschaft selbst findet sich ein 
anstoss in der form, dabei direkte beziehung auf A. Daraus ergiebt 
sich, dass der auftrag ursprünglich in direkter rede abgefasst war, 
der überarbeiter hielt sich an B und setzte sie iu eiu referat um, 
um der allgemeinen situation gerecht zu werden, ging er zu A 
über, ebenso natürlich in der botschaft selbst. | 

V. 357 figd. Hermes hat den auftrag ausgeführt, Hades 
lächelt, gehorcht aber dem hefeble des Zeus. Diesem lächeln des 
Hades muss ein überlegenes gefühl zu grunde liegen. Zeus als 
Baoılevg hat aber das recht die rückgabe zu fordern, dies erkennt 

Philologus. XXXV. bd. 2. 16 | 


250 Homeros. 


such Hades an; also von den podaxa Ema keine spur. — Schuell 
fordert Hades nun die Persephone auf, 359 éxéleuce, diesem xe- 
Mia entsprechen nur die drei ersten yerse, daun folgt v. 863: 
oùros i» dIavasois aus foco! anottns. 
Er setzt also mit bestimmtheit voräus, dass er der gemahl der 
Persephone sein wird und sucht diese mit ihrem loose auszusóhnen: 
vs. 864: Era d' dovca dionvsons mariwv x1.: Ev9a kann nur 
die anterwelt bezeichnen, also können die worte nicht in der unter- 
welt selbst gesprochen sein. Hades fihrt noch weiter fort, der 
Persephone versprechuugen und vorspiegelungen zu machen, von 
. den ehren, die sie als seine gemahlin haben wird. Die worte kön- 
neu nicht im Hades gesprochen sein, sie nebmen die vermählung 
als noch bevorstehend on, also müssen sie gesprochen gein, als 
Pluto die Persephone fortfübrt. Der erfolg der worte ist v. 370 
ausgesprochen: aig Yaro, yfInoer dé wmegipgwy Dlsgosparsıt, doch 
es heimst weiter, schnell springt sie auf, Hades giebt ihr den gra- 
natkero, Nach der beabsichtigten entwicklung der erzühlung, soll 
sich Persephone offenbar freuen, dass sie wieder zur mutter zu- 
rückkebreu darf. Nach dem. zusammephange der verse selbst muss 
díe freude jedoch als resultat der versprechungen des Hades gelten, 
wieder ein klarer beweis, dass die vv. 303 — 370 erst mechanisch 
in unseren zusammenhang eingefügt sind. 
9.371, also im augenblicke der abreise giebt Hades der 
Persephone deu granetkern , gatwilig wird sie ibn besonders in 
diesem augenblick nicht genommen haben, und zwingen kann er sie 
nicht im beisein des Hermes, Unschicklicher koupte der moment 
nicht gewählt werden. Es fehlt dem dichter auch nicht ganz das 
gefühl bierfür, v. 411 lässt er daher Persephone erzühlen : 
osràg 5 Aa Ten 

dpf pos bone xdxxor, walında” èdwdr, 

Grovoay dé Bin pe nQgocurdyxocoé nacacdas 
Heimlich vor dem Hermes und gezwungen will sie gegessen haben! 
V. 357 lächelte Hades, als er des Zeus befell gehört hatte, es 
leitet ibn hier offenbar das gefühl, des Zeus befehl kommt zu spit, 
. Persephone gehórt ibm, d. h. sie hat von der frucht der uuterwelt 
| genossen. Dies muss also vor der ankunft des Hermes gewesen 
sein. Die vv. 863—860 enthielten ein stück erzüblung, welche 
die gespräche wührend der fortführung behandelte, sie beweisen 


Homeros. 251 


also doch, dass ursprüuglich in einer der redaktionen der verkehr 
des Hades und der Persephone mach dem raubé behandelt war, hier 
war offenbar die echte stelle für das motiv vom: granatkern, — 
Wenn Hades während der fortführung, also.zwischen dem momente 
des raubes und der ankunft in der unterwelt, zeit hat zu gesprü- 
chen, so setzt dies ein längeres verweilen auf der oberwelt voraus, 
führt also auf die situation von B. Da in @:der raub ohne vor- 
wissen des Zeus geschab, so hatte Hades nach der situation von 
B allen grund, möglichst bald die jungfran an sich zu ketten, das 
motiv vom granatkern würde also sehr gut 34 B passen. 
VV. 875— 385. Hermes fübrt die jungfrau zur mutter. 

^ VV. 385—403 folgt die verstümmelte begrüssungsscene zwi- 
schen mutter und tochter. Demeter fragt die £ocbter, ob sie etwas 
beim Hades genossen hat, sie kennt die folgen davon. Sie fährt 
v. 404 fort zu fregen, durch welche list Hades die tochter ge- 
täuscht habe. Offenbar. hätte vorher eine antwert gegeben sein 
müssen, ob die tochter der fragenden mutter ganz augehürt oder 
nicht Wäre die antwort mit einigen bejahenden versen gegeben, 
so würde sich die weitere frage nach dem .wie v. 404 richtig 
und sachgemäss anschliessen. Die „nun folgende erzählung der 
Persephone entbält wörtliche entlebnungen aus der obigen erzüh- 
lung, v. 409—410 = 338—339, 411 = 371, 412 = 372 
mit geringen abweichungen. — Die erzählung vom raube ent- 
hält die motive beider redaktionen gemischt v. 414 flgd.; abwei- 
chend von der obigen erzäblung werden die namen der gespielinnen 
genannt. Von dem dodeg durch die narzisse ist nicht die rede, 
doch schwebt die betreffende stelle dem dichter vor augen, 428 
heisst es: 

vaguiocoy 9' Ov Evo, woneg 00x09, svesta yOui», 
als ob sich das nicht von jeder blume sagen liesse, v. 8 biess es: 
ragx:000v I° Sy Équos dolor xaduxwmde xovgp. 
Dem nachdichter feblte also nicht ganz das gefühl für die unpas- 
sende verbindung in v. 8. — Die wiederholung der erzählung 
ist in keiner weisé durch die frage der Demeter gerechtfertigt ; 
sie hatte nur gefragt, wie Hades die tochter zum genusse des 
grenetkerns gebracht habe. Wir hatten gesehen, dass ein stück 
der erzüblung des raubes beseitigt war, einige verse und das motiv 
des grauatkerns waren dadurch an cine falsche stelle gekommen. 
. 416 + 


252 | Homeros, 


Als antwort auf die frage, wie Persephone zum genusse des gra- 
natkerus gekommen sei, erzühlt sie die geschichte vom raube. 
Es ist wohl deutlich, dass eine echte verbindung des motives mit 
dem raube selbst dadurch eine grosse wahrscheinlichkeit erhält. 
Während der fortführung wird sie schon davon gegessen haben. 
Ursprünglich erzüblte dies Persephone der mutter, der überarbeiter 
hatte das motiv verstellt, dus musste auch in der nacherzählung 
geschehen, daher setzte er die erzählung vom granatkern in mn- 
veränderter gestalt gleich an die spitze der antwort und liess nun, 
um vou der echten antwort nichts furtzulussen, den raub folgen 
io der von ihm. zusammengearbeiteten gestalt. Er merkte nicht, 
dass er mit der verstellung jenes motivs eigentlich jedes recht zur 
erzählung des raubes verlur; er betrachtete diese stelle auch wohl 
als günstige gelegenheit die namen der gespielinneu nuchiragen zu 
kóunen *). | 

VV. 434-—^37. Mutter und tochter sitzeu den ganzen tag 
zusammen und sind fróhlich. Ist diese fröhlichkeit berechtigt ua- 
mittelbar nach dem v. 433, wo es heisst: | 

Taÿru TOL Cyruurvy neo uAnJéa navi dyopivo, 
nachdem die góttin zu der erkenntoiss gekommen ist, dass sie die 
tochter ein ganzes drittheil des jabres entbehren muss? Zwischen 
483 und 434 ist nicht echter zusammenhang. — Ist die be- 
grüssung der Hecate echt, so gehört sic zu A. 

V. 441 sendet Zeus die Rheia zur Demeter, als zweck wird 
angegeben, sie zu den gôttern zu führen. Zeus ist sich bewusst, 
dass die rückkehr noch von bedingungen abbangt, er verspricht 
daher 1) die grüssten ehren, uod 2) bewilligt er die tachter auf 
zwei drittheile des jahres (vevoc). Eben hat er der mutter die 
tochter zuführen dagsen in der nbsicht, dass sie dieselbe ganz be- 
sitzen soll, das fatum uber, und das wusste Demeter, verbietet es, 
Zeus wille kommt nach dem vorhergehenden dabei gar nicht in 
betracht. Was hat also Zeus noch zu bewilligen? Der Rbeia 
botschaft steht mit dem vorhergehenden nicht in echtem zusammen- 
hange; je weiter man liest, desto klarer wird dies. 


. 4) Prellers ansicht, dass die erste erzählung vom raubo unecht 
sei, ist durchaus modern nach der art der heutigen novellistik und 
\ässt ein verstindniss des altepischen gesanges in hohem grade 
vermissen. 


Bomeres.- u 253 


Kürzung v. 448, wg par’ nach iudirektem referate. 


Reis bégiebt sich zur Demeter über das wüstliegende feld 
und spricht 467: | 


GIÀ? 19s, réxvov tudo, xal wildeo, und te Any 

GEnyés pevtae xelasvegés Koovlurs, 

 &hpa di xagnor debe peosofior avOguinosss. 
Demeter grollt noch und hat die frucht der erde noch nicht zu- 
rückgegeben , es kann der grund zum zorne also noch nicht ge- 
hoben sein, darum lässt Zeus ihr ebren und die tocbter für zwei 
drittheile des jahres bieten. Bis dahin hatte Zeus die gütter ver- 
gebens abgesandt, mun schliesslich schickt er der göttin leibliche 
mutter und giebt so weit nach, dass die tochter nur ein drittheil 
des jahres beim Hades bleiben soll. Wenn diese bestimmung. über 
deu eufenthalt. der Proserpina durch des Zeus willen geschieht, 
kann das motiv vom granatkerne nicht vorausgesetzt werden, denn 
dann würde das fatam sie zurückhalten. Dass Zeus allmählich 
erst nachgiebt, beweist sein interesse, also seine mitschuld beim 
raube, so erzählte A, während B den granatkern verwendet. A 
erzählte also, wie die göttin sich in ihren tempel zurückgezogen 
und die ackerfrucht verderbt hätte. Zeus will sie versöhnen und 
schickt alle gütter nach einander zur Demeter mit anerbietungen, 
schliesslich die eigene mutter, die jungfrau soll nur einen tbeil 
des jahres in der unterwelt zubringen, so weit hat er nachgegeben. 
Da endlich lässt die göttin sich erweichen. — Nach B kömmt 
dasselbe resultat heraus durch den genuss des grauatkernes. 


VV. 47 8-83, Die einsetzung der mysterien sind ein echter 
bestandtheil der einkehr bei Keleos. Die namen 477 enthalten 
vermuthlich eine verbindung beider redaktionen. 


VV. 486—89 können zu A wie B gehören, ein binweis auf 
die eine oder andere redaktion fehlt. 

V. 302 von dice — 334 zu A, im anfange überleitung und 
kürzung 314—316. 

VV. 884—433 B einzelne veründerungen nach À; umstellung 
der verse 863—369; 371—374. 

VV. 434—347. flickverse ? 

VV. 438-—440 nach A. 

VV. 441—473 lfp' zu A, hurzuog 442—447. 


254 Homeros. 


473—482 nach | oder Il. 

Diese bemerkungen habe ich über die echte gestalt unseres 
‘bymnus mitzutheilen, die vergleichuog vou Apollodors darstellung 
dieses gegenstandes bebalte ich mir für eine andere zeit vor. — 
Ich bin nicht gemeint, dass die einzelnen nach redaktionen be- 
stinmten verse nun wirklich stets wörtliche entlehnungen aus - 
dem originale sind, sie schliessen. sich nur nach inhalt und stark 
nach der form an dieses an. | m 

Zeitz | Ph. Wegener. 


Sophokles und Iophon. 

Dass fophon von seinem vater sorgsam erzogen — offenbar 
weil er früh poetische anlage verrieth — und beide stets im be- 
stem einverständuiss gelebt, setzt Aristoph. Ran. 73 fig. ausser 
allen zweife. Woher nun der process, den Soph. Vit. è. 13 be- 
richtet? xal noz ... àv T douar elgnyaye 1óv "ogóvra adig + 
qJovobrra sul 1006 roùc qQurogag Eyuadoivia v arg wg und 
rigws mogaggovevvre* of dé 1 "opóvi, Énerlunour. Dass zu 
eigyyays Sophokles nicht subject sein kann, ergiebt das folgende: 
denn das zeigt, dass dieser stoff wenigstens eine scene eingenom- 
men, wie er also nimmer in einer tra godie gestanden habe, ich 
dagegen zu einer komödie passe. Agscıopavng, der name des einzigen in 
der vita namentlich angeführten komikers, ist ausgefallen, wie G. Her- 
mann gesehen; dano ist ly Agduaoıy zu achreiben, Daraus folgt aber 
weiter, dass diese erzablung erst nach Sophokl»s tode entstanden: die 
doapara müssen nach den Früschen entstanden seyn, da je zu ihrer 
zeit an ein zerwürfniss zwischen vater und sohn noch nicht ge. 
dacht war. Aber konnte denn der gedanke an ein solches nach 
Sophokles tode entstehen? Allerdings: denn die vito zeigt, dass 
lopbon nach dem tode des vaters zu dessen ehren mancherlei ge- 
than, als da ist das begrübniss, die schmückung des grabes; selbst- 
verständlich hat er tragüdien des vaters aufgeführt: grade bei 
letzteren hat sich gelegenheit zu spott gefanden und die Aristo- 
phanes zu einem streit zwischen lophon und dem vater ausgebildet: 
man beachte besonders gJovoivza, was nur auf die stellung als 
tragiker gehen kann. Und dies bgstitigen in gewisser weise auch 
die fragmente des stücks 4qcuara: fr. 1 Bergk. zeigt deutlich, 
dass im stücke die phratoren versammelt waren: sie hôürte. man 
zuerst binter der scene lärmen, fr. 8 B., vrgl. Arist. Ran. 755: 
dann waren sie tafelnd auf der bühne, fr. 5, und schalten über 
magere opferthiere, fr. 2: darauf passt auch fr. 8 das pesuywyatr, 
Scholl. ad Arist. Ran. 810; dabei kam der streit zwischen So- 
phokles und lophon ver. Aehnliche scenen waren in den Saszalekc. 

Ernst von Leutsch. 


|. VM. 
Zu Pindars Isthmien. 


Pind. Isthm, I, 24 f.: old te yeoalv áxovr(Gorttg alyualc, l 
xci Asdfvosg ddr’ i» Sloxose Ver. Für alyuaîc, das der scho- 
liast alyuaç erklárt, vermuthet ebendarum Bergk o)yuaíg als 
äolischen accusativ und ebenso soll JA&/Sívos; diorosc, indem 
er für ónór dv vorschligt öndrav,  olischer accusativ sein. 
Wenn der dativ anstössig wäre, obschon wir doch auch bei 
Hom, ll. IV, 490 dacvricey BE dovet lesen, so künute man, 
da. dxovif[u» keines objectes bedarf, für alypatc vermuthen 
Eoyov „was sie speerwerfend für preise gewannen“, als . aus- 
ausruf. Doch ist nichts su ändern. Im folgenden macht ömors 
der handschriften wegen der kürze der letzten aylbé, wofür eine 
länge erwartet wird, bedenken, Here schrieb dz’ lv, andere 
ördt’ av oder weuiger passend 607° ev, Momusen bezeichnet ohne 
begründung öndıs im texte. Bergk endlich glaubt ómóru» sei 
Holisch gewesen für Sacrs. Sollte die kürze nicht gerechtfertigt 
sein durch ónméQrspov v. 2, so liesse sich óUcxg vermuthen, wo 
damn die construction. wäre xai ola loyov ócdxig díGxosg kev. 
Dass übrigens auch à» vor dicxoss, welches in allen handschriften 
fehlt, entbehrlich ist, zeigt Hom. Od. IV, 026 díaxoww réQnovro 
xab alyavtpow Bytes, wo die natürlichste construction réproyro 
évrec ist. 

Va. 36: à viv égadopevor vuvaylosg | 2& dueroijras aldg dv 
aquotcca. | déSaro ovrivy(g. Da égetdegdal tivi sich auf etwas 
stützen heisst, auf schiffbriiche (vavaylasc) aber im meere zur ret- 
tung sich niemand stützen kann, so vermuthete ich schon längst 


256 Pindaros. 


vavaylo:s „auf schiffstrümwer*, worauf mich auch der unpassende 
plural vavaylcss führte. Mit vergnügen sal ich später bei Momm- 
sen, dass schon Erasm, Schmid so schrieb, was auch Bergk mit 
recht aufgenommen hat. 

Va. 41: dl. d^ ager xutaxetas nüoav voyur. Für xuraxtig2at 
ri in der bedeutuug sich auf etwas verlegen“ findet sich schwer- 
lich ein beispiel. Man bat mehreres versucht. Früher sehlug ich 
vor z:o0fys rig, dem überlieferten zu fern und dazu nicht ener- 
gisch genug. Darum will ich. jetzt xaréyes zig „wenn einer sein 
ganzes streben für die erreichung des sieges festhält oder zusam- 
menhält“. | 

Vs. 52 ff.: œuue d° Eoızs Koovov cudigdor viov | yeirov ame 
Bopévoss evegyérary | aouater Immodgopiov zeudncas. Schwer- 
lich ist für Poseidon das beiwort frzodoousoç schicklich, wohl 
aber für wagen. Darum vermuthe ich izuodooputwr. 

Vs. 68: addos d' dunintwy yedg. Aus v.44 so wie aus dem 
schlusse des gedichtes sehen wir, dass eine neidische gegenpartei 
existirte, die zum verhühnen bereit war. Bergk nahm mit recht 
an dem unpassenden Zuninzwv anstoss und wollte allerdings dem 
sinn angemessener didusg P&lwmiuv. Dem überlieferten näher 
vermuthete ich schen früher êu:aflwr „verhöhnend“. 

II. 7 f: oùd” énéQgvavio. yAuzsiaı utlugOoyyov noti Teoys- 
10006 | Ggyvou9 sicat 900074 uuA9 «xoquros áoiduf. Die phrase 
dgyvouO sica, *edowne war schon dem schol. austössig, der x00- 
cama schleppend fund. Auch Dissens künstliche erklärung: „lieder, 
die nach silber aussehen“, womit zugleich ein ausdruck der kälte 
bezeichnet werde, ist nicht annelmbar. Hier hat glaube ich Moritz 
Schmidt (Pind. Olymp. Siegesgesänge p. CXXXVIH) einen treffi- 
chen diensi geleistet, der mgcow na schreibt und es mit éxfovartc 
verbindet: „und nicht wurden die süssen lieder von der Terpsichore 
um geld irgend wohin in die ferne verkauft“. Zur unterstützung 
dieser emendatien mache ich noch aufmerksam, dass sonst überall 
im gedicht an dieser stelle die zweite trochäische dipodie in eine 
länge ausgeht, so dass schon dadurch wgocwra sich uls falsch 
erweist. | 

Vs. 12 f£: looi yüp wv cogos, oux dyrwr aeidw | "To péar 
Tano vixav. Der zusammenhang scheint doch wegen des voraus- 
wehenden Zoot yag wr copo; zu verlaugen, das» man oix &yrüu, 


Pindaros. _ | ..87. 


nicht dyvwra verstehe, „Du bist einsichtig, dir einem dessen 
nicht unkandigen besinge ich u. s. w.“ su wie es nach vorgang 
eines schol. auch Kayser verstanden hat. Da aber nach Mommsen 
Aunot. crit. suppl. p. 111 die elision des jota nicht gestattet ist, 
so wäre éyrrs Gel mit synizese su lesen um so eher als man 
später «dw sprach uud schrieb. 

Vs. 19 fi: xai 1691 xÀewaig 0 ^ Epey9sidáv yagtrecow dgegus | 
zal; Aenaoutc ty "vesc ovx èutup3n. Es scheint gerathener 
109, mit Mommsen als relativ zu fassen wie Nem. IV, 52 und zu 
interpungiren xa? 70694, xievate “EoeyFesdov — dy 'M9ivoig, ove 
iufugO7 uud wo er, nachdem ihm zu Athen der preis zugefallen, - 
den wagenlenker lobte. Denn wenn man 70%: als demonstrativ 
auffasst, so ist man genöthigt nach xAevaig ein r' oder 0 einzu- 
schieben, was die handschriften nicht haben. 

| Vs. 42: mtv Nelhov 1005 axtuc. Was letzte wort ist unsicher, 
da die handsehriften xr» und aiyds geben. Ich glaube es sei 
zu schreiben 079ac, vgl Eurip. Hel. 491 Nellov ap’ 073ass, 
was vielleieht selbst aus einer reminiscenz an Pindar entstanden 
ist. S. unten zu W, 16. | 
III. Gegen die einheit dieses gedichtes, das schon die scholia- 
sten und auch alte handschriften in zwei gedichte trennten, nümlich 
von v. 1—18 als Isthm. III, von v. 19 an als IV, während 6. 
Hermann, Bóckh und Dissen die einheit festhielten, haben sich im 
neuerer zeit mehrere stimmen geüussert. Bergk irennte. es in. 
zwei oden, und mit einigen modificationen . treten seiner ansicht | 
auch Schoitzer und Bulle bei, letzterer mit der meinung Ill sei 
später gedichtet und von Pindar als einleitung der angenommenen 
IV vorangesetzt worden, so dass beide gedichte ein ganzes bilden. 
Gegen die irennung hat sich Mezger jahrbb. f. philol. bd. 95, 
p. 392—400 ausgesprochen, uud nach öfterm zweifelh nnd wie- 
derholter überlegung muss ich seinem. resultate beitreten, das sich 
ibm in gründlicher untersuchung über den ideengang und über den 
hauptgedatken ergeben bat. Nur in einem punkte. kann ich seine 
meinung nicht theilen. Nämlich v. 29 ff. Gvoosass d’ loyárasaw | 
olxotev orddusow aniov? ‘Houxieluss | xoi xf puxootéour 
Grsudsıw dostur, findet er der zusammenhang gestatte nicht omev- 
dew ais imperativ zu fassen; und in der that ist der sinu nur: 
die Kleonymiden haben das höchste an trefflichkeit erreicht, über 


238 | Pindaros. 


Welches hinaus nicht weiter zu strebeu ist. Wenn Mezger nun 
‘aber p. 898 vorschlagt paxoórega und Goerdy (sc. êortr), so steht 
dieser directen behauptung unx£rs entgegen, da so ovxérs nôthig 
wäre. Lässt man unxen sieben, so kann orevdew nur imperati- 
visch sein, freilich nicht passend an den sieger gerichtet, sondern 
wie bei Pindar mehrmal ganz allgemein, man solle nicht über das 
mögliche hinaus streben. Gern fünde man aber den gedanken der 
unmöglichkeit ausgesprochen, und den gäbe Christa say (früher 
wollte ich d» statt xat) ovx E. Doch eine änderung des punxérs 
ist nicht nöthig. Mit. unrecht ferner denkt Mezger mit Hartung 
daran paxgotégay in puuxpottpi tu ändern, weil man von der 
agere das beiwort puaxgoréga überhaupt nicht sagen könne. Uebli- 
cher ist seit Homer allerdings das beiwort nellwv, welches aber 
vom metrischen abgesehen hier weniger befriedigen würde; denn 
gerade das bild der Herakles-säulen. w«!ches die idee der grössten 
noch erreichbaren entfernung in sich schliesst, ruft dem beiwort 
posporegav als dem geeignefsten. — Vermutblich nur aus ver- 
sehen citirt Mezger v. 45 rv» tor éoviwe àtOAow statt doidéi», 
wie seit Hartung die herausgeber schreiben. 

Vs. 86: vir d’ av uerà gopéqiov zowAov unvav Löyov 1Iar 
dire posvexéosory avOncey (ódoig. Die worte wosxflwy pud» als 
temporalen genitiv wie Ségeus, gupivos x14. mit Dissen aufza- 
fassen geht, wie Hartung gezeigt hat, nicht an, und euch die 
stellung widerstrebt. ZZofxiloç in der bedeutung „zweifelhaft; ge- 
fährlich“ kommt erst bei spätern vor wie Polybios. Ich bleibe 
bei meinem alten vorschlag moixíAog, mit GvÜnoer zu verbinden, 
Durch diese anticipation und scbroffe stellung nach yssuégsor wird 
schon auf das folgende ySwùy gowixeowiv. uvInoev Oôdosc hinge- 
wiesen. u 

Va. 52 f.: xai xçéo007 Grdgur yugovwv | Eopade réyva Kato 
podeyaso’, Mommsen schreibt fepaie régve xatapagwas nach dea 
scholien, so dass réya aus v. 49 wie zu dido? v. 51 so such. zu 
Ecpale als subject gedacht ware. Obwohl sich gegen die construction 
des: infinitivs rarauooyas, vgl. mit P. IV, 146, wo Mommsen noch 
mehr beispiele citirt, nichts einwenden lässt, so verdient doch die 
lesart ré£zvo. xorauagıyaıo’, letzteres nach allen handschriften den 
yorzug. Denn dass der schwächere bisweilen über den stürkern 
siegt, das hat zwei ursachen; bald ist es die zuyn, zufall, bald 


Pindaros. 259 


regen, list und ränke, und réyva muss hier als subject besonders 
hervortreten, da es die eiuleitung zum folgenden beispiel geben 
muss, dass Odysseus den preis vor Aias gewann. 

Vs. 53 £.: Tare par Alavıog Gâxuy golvsov, rev dyle | by vai 
Tauwv meet qp gacyavp poupar Eye naldesow ‘Ellavur. Statt 
tàv dyla will Moriz Schmidt :/' cweo, so dass zfva zu noupar 
gehörte, anf den: ersten finblick ansprechend. Doch scheint dyea 
hier ungeeignet, da sich Aias dadurch tüdtete, dass er durch den 
sprung auf sein in die erde gestecktes schwert, wie wir aus So- - 
phokles wissen, sich seine brust durchbohrte und seine kraft (G4- 
x&v») zerschuitt, nicht seine ira, welches eher ein Avwy statt 
rupe erforderte. Die genaue bestimnung durch ówíg findet 
Schmidt unnôthig, ja er meint sogar es sei putidiusoulum. Aber 
warum sollte sich Pindar nicht an die durch den scholiasten ausdrück- 
lich bezeugte tradition der Aithiopis gehalten haben? An ye 
nimmt man anstoss, Schnitzer dachte an das imperfect von yéw, wüh- 
rend Kayser an der zulässigkeit dieser contraction bei Pindar 


aweifelte und äyev (d. i. elyer) vorsehlug, was auch M. Schmidt | 


will. Aber wohl ist anch das präsens Eyes in Pindars sinne zu 
vertheidigen. Der vorwurf des Aias gegen die Hellenen, die vor 
Troia waren, ist bleibend und bleibt auch in der vorstellung von. 
dem ende des helden in steter geltung. uouçprr rivi Eye, grund : 
zum vorwurf gegen einen haben, auch bei den tragikern , wie 
Soph. Ai. 180 und mehrmals bei Euripides. | 

Vs. 65: Zu der art, wie der fuchs auf dem rücken liegend 
den angriff des adlers abwehrt, erzühlen die zeitungen von 1881 
ein äbnliches beispiel aus dem Walliser lande. 

IV. 16 $va:à Ivazotcı ng£nu. Lesen wir bei Eur. Alkest. 
799 övrag dè Ovqroüc Svyrà xal goo»si» yosuy, so kann man 
auch hier eine reminiscenz an Pindars worte finden. 

Vs. 56 ff.: ovros rerupAwia: puaxgòc | nóy9og avrdgüy ovd" 
ömdons dandvas | lAntduv Doo! Sav. Im letzten verse ist weder 
die lesart ganz sicher noch findet sich bis jetzt eine völlig befriedi- 
gende erklärung. Der erste theil, dass der wuxgög uoySoç nicht 
vergeblich war, führt auch im zweiten auf den gedanken, dass 
auch die kosten, so gross sie waren, nicht umsonst verwendet 
waren, sondern. dass sie im erfolg die gehegten hoffnungen und 
erwartungen erfüllten.” Somit wage ich, bis besseres erscheint, 


200 Pindarvs., 


folgende conjectur: odd 070004 danavas, 2iatdwr éféweoor. Be- 
kannt ist die phrase éxnüre rivog, einer sache verlustig gehen. 

V, 42: abdage r000816r y Enos. Auch hier ist die lesart 
unsicher und hat viele conjecturen veranlasst, Da aber die Aldina 
und ein von Mommsen d bezeichneter cod, Vaticanns zov nach 
avdace haben, so vermuthe ich avdacé mov 101090’ Enos. 

Vs. 45 f.: 2Uocouas naïôc 99adóv 2E "Egiflotag | àvdoà. rode 
Esivov apóv posgldsov telloai. Statt Eeivov duo» vermuthetea 
schon Portus-und Heyne einen dativ Ee(vp duo. Da aber Tela- 
mon den eben, wie von v. 35 an erzählt wird, zum gelage kom- 
menden Herakles als gast so ausgezeichnet geehrt hat, was Herakles 
freudig anerkennt, so glaube ich bei meiner schon früher geäus- 
serten vermuthung d»doi sade Estvortmo verbleiben zu sollen. 

VI, 39 ff. 6 d° édovarur py 99acotzo pére | è u tee- 
nvov ipipegoy duwxwy | Exalog Erresus yhouç. Mit recht setzen 
Bergk und Mommsen ein punkt nach g96»0ç. Dann scheint aber 
rò dé statt 3 rs erforderlich. 

VH, 1 KAiurdoo us adsxta te Àvrgov | eudokov, & vé0s, 
xauaroy | — dveyetoéro. Dass alıxla ve unpassend sei ist mehr- 
fach anerkannt worden. Hartungs aisxfa Te hat man mit recht 
verworfen. Bergks &Aou ra, üolisch statt dAssswrng, ist gerade 
dieser form wegen, wie Moritz Schmidt bemerkt, zu bezweifela. 
Er dagegen schlägt (Pind. Ol. Siegesges. p. CI) vor rıcalım. dytze 
oder auch devze und jetzt das unentbehrliche 765 vor das überlie- 
ferte 2ysspérw, wofür zuerst Hermann äveysspfrw schrieb. Da aber 
die jünglinge, des Kleandros altersgenossen, wie auch v. 65 aAlxwy 
tig andeutet, aufgefordert werden den sieger zu feiern, so vermu- 
thete ich KAeavdow te, d)ixtg, uvre Avtoov. Und sei es dass 
der isthmische sieg, wie die iiberlieferung annimmt, jetzt gefeiert 
wird, oder der nemeische, wie Leopold Sehmidt p. 156 glaubt, so 
ist «use am platze. Denn welcher von den beiden siegen auch 
der erstere war, so blieb er doch kaum ohne feier. Dass es der 
nemeische war folgert L. Schmidt aus v. 4 f. "Io04óoc te vixag 
&nowa xal Neufa | dédlur ors xgatoc éfeugr, weil Nemea an 
zweiter stelle genanat werde. Das ist aber ungewiss. Und denk- 
bar ist, dass wegen der kriegszeit die feier des früheren sieges 
verschoben wurde und beide siege jetzt zusammengefeiert werden, 
worauf za — xaí führen könnte, Aber auch so wire avze aicht 


| Pindoros. 261 


unnütz, da auch die v. 66 f, genannten, wenu schon weniger he- 
deutenden siege, die Klearchos zu Megara und Epidauros erwarb, 
gelegenheit zur feier geboten hatten. 

In den angeführten worten aus v. 5 vermuthet Bergk aé34wy 
09, xgaros, so dass sich durch 69 diese warte auf beide siege 
bezögen, was ansprechend aber doch nicht néthig ist. Auch nach 
Neuto mit einem kolon zu interpungiren, wie Tycho Mommsen 
nach Pauw thut, kann ich oicht billigen, da dem vizag des ersten 
gliedes das zweite mit d£JÀur bre xpdrog iris just parallel 
entspricht. 

Va. 10: ye Tavruov 2(90v nuga ri; Ergswev amp Feos. Da 
alle strophen am aufauge dieses verses eine lange silbe haben, so 
verräth sich ye als falsch. Bergk emendirt es mit dem pyrrhichius 
are, aber eine lüugc scheint vorzuzieben, Mommsen schreibt xai 
TavicAov, was Schnitzer in der Eos I; p. 280 nicht ohne grund 
hart findet. Ich schlage vor 7@ Tarrdiov, die partikel bezogen 
auf sapérgerper. Ueber au vgl. Isthm. V, 59 sigroerul ma x èv 
Boaytouus, wo freilich Bergk adv iv, Mommsen aber mit schol, 
mx d Ev schreibt. — 

Vs. 11—14: drölparor ‘EMadi uóy9ov. GA duoi deiua uiv 
wagotyouévwy | xugreguv 1° Emuvoe péoiuruv® 10 dè 700 xodoc 
&otiov dei .oxoneir | youu riv dolog yàg alus én’ avdgdoi xgi- 
paras. Ich stimme der ansicht Schnitzers bei, der weder Momm- 
sens ydoue statt delua (denn wie sollte die freude über den sieg 
den gewaltigen kummer über die Hellas drobende gefahr stillen 
künuen?) noch Bergks 4AÀ' gu’ où diluu uèv muguyoperov xag- 
xQür Énuvor weoeuvur zulässig findet und das handschriftliche 
nugosgopés:wv statt zagosyoueroy beibehält. Dagegen halte ich 
ze nach xagzeour, worauf auch der schol führt, für nöthig, so 
dass Seog subject zu-#ruvoe ist. Ferner ist za bemerken, dass 
dic in beziehung auf die negation in «zoAuaotor steht. Dann 
wird der zusammeahang befriedigend: den über dem haupte schwe- 
benden tantalosstein hat uns ein gott irgendwie abgewandt, eine 
für Hellas. nicht zu ertragende last, aber er hat den schreck 
der vergangenheit und den harten kummer (um die zukunft) ge- 
stille. Gleichwohl muss man immer das nächstfolgende im auge 
haben, denu das lebensschicksal ist ganz unzuverlässig ; aber mit 
rettung der freiheit haben wir auch gegen dieses einen trost. 


202 Pindaros, 


Für yoZu« nay bat Bergk nach Leopold Schmidt mit recht yonuo* 
mavdokos geschrieben, denn nach del ist máv weuigsteus ent- 
behrlich. 


Vs. 31: ind). Isoyarwr Tixovcay: eine d’ evflovAoc Ev péoois 
Otis, Offenbar war die erste hülfie schon in alter zeit verstüm- 
melt, daher die unsicherheit in den handschriften. Vieles ist da 
versucht worden. Keineswegs in der meinung das sichere gefunden 
zu haben bringe ich doch meinen versuch vor: me Séoparor 
moopeger sakarov evfovdog dv mécos6s Otis. Ueber zgogé£Qty 
vgl. 1. IV, 43 roicw Alyıvar noopéges Gzópa nazQuy. — Und 
v; 33 bat wohl K. L. Kayser mit gégregoy yovor Er’ avaxın die 
leichteste heilung vorgeschlagen, indem er Bergks xe verwirft, 
weil bier keine bypothetische, sondern die directe behauptung des 
orakels erwartet wird, der sobn werdé noch stärker sein als der 
vater. 

Vs. A7: gavii yo Evry GAMyti» xai yauor Ofrog avasıa. Wenn 
Bergk vorschlägt yarıl d’ eüvav uAéyesr xoi yipov Olmos draxrac, 
so fällt zuerst die tautologia «Uva» und yapov auf und &raxraç 
findet Kayser wegen der durch position herbeigefübrten lünge be- 
denklich. Schnitzer vertheidigt die herkömmliche lesart dyaxra, 
nämlich Zeus als höchster der gütter, wofür sich anführen lässt 
Eur. tph. Aul. 703 Zeug Ayyince xol diduo 6 xégsos. Aber 
Kayser wendet richtig ein, dass auch Poseidon mitgeholfen habe, 
was durch Ev qAfysw deutlich genug ausgedrückt sei, und will 
darum avaxrs, d. i. dem Peleus. Jedoch das hervorzuhebende: ist, 
dass nun doch nach ünderung ihres sinnes beide gütter miteinander 
die ehe des Peleus mit der 'Thetis befórderten, und in diesem be- 
tracht schlug ich schon 1844 in Commentt. Pind. dvaxre vor und 
beharre jetzt auf diesem vorscblag desto mehr, als ich aus Momm- 
sens ausgabe ersehe, dass auch zwei Triklinianische handschrifien, die 
er é und È bezeichnet, dvaxce bieten. Wenn Kayser dagegen ein- 
wandte, dass Pindar den dual vermeide, so habe ich zwar kein 
anderes beispiel aus Pindar, denke aber, dass in einem so singu- 
lären falle der dichter den dual gerade um das auffallende hervor- 
zubeben, doch anwenden kounte. 


Aarau. Rudolf Rauchensteis, 





VIII, 
Handschriftliches zu Lysias. 


Seit der berühmten eutdeckung Sauppes, dass alle uns be- 
kannten bandschriften des Lysias aus dem cod, Pulatinus stammen, 
findet man in kritischen schriften 34 den reden des Lysias nur 
noch selten angabe oder berücksichtigung einer liandschriftlichen 
aotis ausser aus X, hücbstens noch aus dem scharfsinnig interpo- 
lirten C. Daher ist es auch zu begreifen, dass wir noch bis heute 
für den Lysias eine ausynbe entbebren, in der, wie in der ausgabe 
dea Aeschines von Schultz, bei jeder stelle die abweichenden les. 
arten, nicht eklektisch wie bei Bekker, angegeben sind. Und doch 
würde eine solche für die kritik des Lysias von tutzen sein. _ 
Denn es lässt sich 1) uicht leugnen, dass in unseren heutigen text 
manche note aus einer abgeleiteten handschrift hat aufgenommen 
werden miisseu. Sie ist vielleicht zwar nur eine conjectur des 
schreibers jemer handsehrift gewesen, dennoch aber verdient auch 
diese ihrem urheber zugeschrieben zu werden. 2) Es ist zuzu- 
geben, dass die schreiber der handschriften die kuust des lesens - 
der alten handschrift theilweise sehr gut verstanden, und es ist 
ebenso anzunehmen, dass vor jahrhunderten die schrift iu X an 
manchen stellen leichter zu lesen gewesen ist, wie heute, 8) Von 
dem codex G, welcher mit F U V die lücken in dem Epitaphios 
nicht bat, und dennoch auch andere reden, wenigstens die achte, 
enthält, muss angenommen werden, dass er in einem anderen ver- 
háltniss zu X steht, wie die übrigen uns bekannten. Weun er 


264 Lysias. 


auch vielleicht nicht aus X abgeschrieben ist, zu einer zeif, wo 
dieser nondum male truncatus fuit, was Sauppe für unwahrscheia- 
lich erklart (Ep. erit. p. 9), so lässt sich doch wohl kein anderer 
ausweg finden, als anzunehmen, dass G ausser X noch andere 
quellen benutzt hat. Da ieh nun eine ähnliche hbandschrift, 
wie G, entdeckt zu haben oder besser wieder an's licht ziehen 
zu können glaube, so mag es entschuldigung finden, wean ich an 
einigen stellen handschriftliches material, über das man mit recht 
seit Sauppe zur tagesordunog übergegangen ist, wieder hervorhole, 
Ich fand nämlich in der bekannten Aldina der attischen redner 
(mit ausnahme des Isocrates und Demostbenes) in der stadtbiblio- 
thek zu Hamburg, über die ich theilweise schon an anderer stelle 
gesprochen habe theils noch des weiteren an anderem orte zu 
sprechen gedeuke, noten zu einer grossen anzahl der reden des 
Lysias, mit der überschrift: vollutum ex libro veteri veneto. Dass 
die hand, welche diese noten schrieb, eine ältere ist, wie die Chri- 
stian Wolf's, des einstigen besitzers dieser Aldina, kana hier nicht 
bewiesen werden; woh! aber ist es uüthig, die bemerkung 'l'ay- 
lor's anzufübren (vorrede zu seiner ausgabe des Lysias 1740: Or. 
Attici von Reiske VI, p. 58): Hoc interea habwi, quod monerem, 
me scilicet opera V. C. et. de litteris bene meriti Io. Christiani 
Wolfá Hamburgensis nactum esse variantes lectiones codicis Ve- 
neti, eiusdem, ut suspicor, quo usus olim est Murgtus. Doch 
stellt sich heraus, dass 'layior diese randglossen entweder nicht 
vollständig mitgetheilt sind oder derselbe sie nicht zu würdigen 
verstanden hat, Jedenfalls sind sie in der Farietas lectionis Ly- 
siacae bei Reiake nicht vollständig erhalten. — Auch sonst noch 
bemerkt man hier und da spuren eiuer bekanntschaft mit dieser 
oder jener randglosse, duch ohne erfolg für den text und die un- 
tersuchung über den werth der handschrift cfr. Scheibe in praef 
critica zu Lysias or. VII, 35. — Die ruodgiossen sind zwar alle 
bei Lysias von einer hand geschriebeo, doch ist es nicht undeuk- 
bar, dass der schreiber, welcher die handschriftlichen voten an den 
rand setzte, auch aus sich heraus einige hinzusetzte, wie ich 
dasselbe an vielen stellen bei Andocides, Lycurgus, Jsaeus bewiesen 
zu haben glaube. Wir werdeu einige stellen findeu, die wir in 
der that für conjecturen des schreibers des randes zu halten he- 
rechtigt sind. Der gedanke Gurlitts, dass diese woten aus einer 


Lysias. o $65 


editio antiqua stammen, ist unmöglich, wie sich aus den noten von 
selbst ergiebt. Meine vermuthungea, dass hier eim zusammenbang 
bestehe mit den annotationes Taylorls, in denen er die varianteu 
ex Aldina, Coisliniano codice et marginibus editionie Stephanioa 
veröffentlichte, und viele andere anBabmen in bezug auf einen zu- 
sammenhang mit den in jener zeit so hüufigen von Reiske - im der 
einleitung angeführten noten haben sich nicht ‚bestätigt, dagegen 
ist mir ein enger zusammenhang mit den schedae Brular- 
tianae, den ich schon.im Isaeus gefunden hatte, auch hier aufge- 
fallen und zur gewissheit geworden. Es ist wunderbar , dass 
Reiske dieser gedenke bei dem abdruck der Varietas lectionis. Ly- 
siacae nicht gekommen ist. Wie dieser zusammenhang | gewesen 
ist, weiss ich nicht. Doeh glaube ich, dass die gelehrten, welche 
die schedae Brularlianae . schrieben, unseren notenschatz kannten 
und daran ihre weiteren bemerkungen kaüpften. 

In der handschrift, welche unserem rand zu gründe - liegt, 
waren in.den übrigen reden. mit ausnahme der zweiten dieselben 
lücken wie im Palatinus. So ist z. b. zwar in or. VI mancherlei 
verbessert, aber weder der anfang ergünzt noch augemerkt, dass 

or. V uud VI verschieden seien. Dagegen. sind die lücken in der 

zweiten rede fast ganz so, wie wir sie heute lesen, ergäuzt, Da- 
durch zeigt unsere hand entweder eine andere quelle als X, oder 
sie ist zu einer zeit abgeschrieben, wo jene pagina in X noch 
lesbar war. — Bei der anfübruug der noten werde ich mich müg- 
lichster kürze befleissigen und nur diejenigen anführen, welche 
entweder etwas neues zum texte hinzubringen oder bezeichnend 
sind für die handschrift selbst, deren wertb und ursprung. 

Or. L Wie sehr die randglossen mit den sohedae Brular- 
tianae übereinstimmen, geht sogleich aus der überschrift der rede 
hervor. Rand und schedae geben xar egatocdévous posystas. Bei 
den schedaa Brulartianae wird bemerkt, dass diese note aus einem 
codex cetus (C. V.) stamme; und ich zweifle durchaus nicht, dass 
dieser codex vetus identisch mit unseren randgloasen ist, — 21 
Ald.: ed Are, rand: einre. Neuerdings kebrt van Herwerden zur 
lesert der Aldina und einiger handschriften, guriick, mit unrecht, 
wie ich. glaube, da aus den von Frobherger zu der stelle auge- 
führten parallelstellen hervorgeht, dass das einfache participium statt 
des satzes mit ej genügt und gesetzt zu. werden pflegt. — ' Für 

Philologus XXXV. bd. 2. .- 17 


206 | Lysias. 


das falsche paxoác, das schon Stephanus in das durch X bestä- 
tigte pingds änderte, findet sich am rande uíxgac. — Eine auf- 
fallende Simlichkeit zeigen die rar¢glossen auch mit den lesarten 
. des cod. M coàr., ‚soweit uns «ieselben von Bekker mitgetheilt 
sind; = b. ÿ. 16: wj plrare für das richtige Evplnre. — 3. 17: 

nodig9elg für minyelc. Es ist gefübrlich, diese lesart schlechterer 
handscliriffeu gegemüber der auctoritit von X zu vertheidigen, zu- 
mal im:f. 25 ebenfalls von zazucasıv die rede ist, aber bezeich- 
 uender ist 7:00:/60cí(g an dieser stelle gewiss und beweisender 
ebenfalls. Es liegt dem angeklagten daran zu beweisen, dass 
Eratosthenes nicht an den herd gelungen konnte, wo er ja schutz 
hätte erlangen müssen. War es ihm dazu nütbiger, dem ehebrecher 
die hände zu binden, oder die füsse zu fesseln? Wenn ferner 
der einfache schlag genügte, um iln so hinzuwerfen, dass das 
fesseln der füsse nicht mehr nôthig war, warum wurden ibm denn 
noch die hände gebunden? Ich möchte daher vorschlagen zu 
schreiben: zAyyslg xai modiodelt. — ©. 32 bietet rand mit M. corr. 
und 0 w vor ürdges. — & 37 fügt rand dé hinter exéwacde 
ein mit M corr. — 2. 40 schiebt rand hinter 7, mit M corr, 
xa(.eiu und giebt 7 xai rov curdesnvicoria os elgayayeiv; Ich 
halte dies xai für berechtigt. Der gedankengaug ist folgender: 
om sichersten würe Eratosthenes gewesen, wenn ich anderswo ge- 
speist bütte, schon weniger sicher wäre er gekommen, wenn ich 
allein zu hause gewesen wäre, am wenigsten ist sein kommen 
wahrscheinlich, wenn ich uuch noch einen gast mitbrachte. Zu 
siçuyuyeir ergänzte der redner im gedanken: nicht blos mich selbst, 
sondern auch noch“. Hinzu kommt, dass ein solches xa/ hinter 7 
“cht griechisch ist, s. Frohlerger zu XIII, 92. — 8. 45 rand 
und M corr. für. oùre — ovdé, was schon Reiske gefunden hatte. — 
2. 47 EBupapricorsus für &&uuuprnoovos mit C N und corr. M. — 
Q. 47 dur yé für dav dé, was schon seit Stephanus aufgenommen 
ist. Es stimmt also rand mit M corr. überein in 22. 16, 27, 32, 
37, 40, 45, 47, von denen 0%. 32, 37, 45, 47 allgemein gebil- 
ligt sind. — Mit O zeigt rand. übereinstimmung an folgenden 
drei stellen: 2. 28 (za vor dlxaca gestrichen) 3. 32 (w vor X»- 
- does hinzugefügt) Q. 42: dmomoaun für exosovpyy.. — Kine 
eigene, mir wenigstens aus ‘keiner anderen quelle bekannte con- 
jectar oder haadschriftliche lesart bietet rand 2. 46, wo für rov- 


Lysias. 267 


swy geschrieben ist focovrwy.  Vrohberger conjicirt für zovzwr 
— mgl sovzwy, was ich nicht billigen kann. Ks konnte ge- 
wiss tovzay, wie in der citirten stelle bei Antiphon, fehlen, aber 
das fehlen ist doch nicht nothwendig. Warum sollte der red-. 
ner nicht sagen dürfen: „dass keiner von denen, die es jetzt 
wissen, es wusste“? Ich halte aber rogovzwy für bezeichnender 
als rovrwy und für mehr empfohlen durch 2. 27, s. auch HI, 29. 

Or. 1. Der rand giebt nur spärlich verbesserungen. Im 
è. 1 und 2 wird we für «lg vorgeschlagen, wohl als reminiscens 
an die vorhergehende, unlysianische rede. Lysias aber pflegt «ig 
vuäs dev zu sagen. — 2. 14 hat rand für £w«2«t» mit den 
schedue Brulartianae udev, 2. 16 mit COX das richtige émaguver, 
2. 17 mit den handschriften das richtige Adunwvog für Aüpnovs, 
2. 26 rosavza für ruëra. Besondere lesarten bietet rand am vier 
stellen: 1) à. 15 Ald. aörw, rand avro. Richtig ist adréy. 2) 
è. 31 ist mit recht am rand für diastwpevoy verbessert diasni- 
pevos. Meistens wird pesgassoy wie ein masculinum im der rede 
behandelt, besonders da, wo es so weit von dem adjectiv entfernt 
ist, wie hier. Cfr. è. 15° aUròr Poÿrra. 2. 82: aërér. è. 37: 
èxeîvor. Dagegen allerdings 2. 85: (iav — geüyor, wo pes- 
gdxsoy ganz nahe dabei steht. 3) 2. 40 ist merkwürdigerweise 
für diayogag — suppoges vorgeschlagen. Ohne dass ich diese 
änderung für richtig halte, möchte ich doch daran eriunern, dass 
gerade cvugpogui in dieser rede eine eigenthümliche bedeutung hat 
„begierden“, wie auch Francken in seinen Commentationes p. 32, 
zu è. 4 bemerkt. 4) &. 42 rand nyovusvos neol für fyovueros 
onto. — 2. 1, 2, 14, 16, 17, 40, 42 stimmt rand überein mit 
O, den wir auch schon in der ersten rede als eine ähnliche hand- 
schrift kennen gelernt haben. 

Or. IV. An vier stellen ist die rede am rand verändert. 1) 
Q. 1 für mi roviwr mit CMOX negì xàvrw» geschrieben, aber 
nicht ist Faßor oder untdwx« in die allgemein angenommene 
dritte person verbessert. Darin stimmt rand mit X, — 2) Q.4 ist 
zwischen ozs und Auer. richtig eingeschoben jueïç. — 8) è. 15 ist 
für rovrw» agoxinow geschrieben rovzou zooxincıw, was schon 
Markland els das richtige erkannte, — Etwas neues lernen wir aber 
4) aus 2. 9; CMX geben rquêuuye. O tquipur. — Reiske schlug 
vor, was allgemein adoptirt ist: rgadua re. Rand bat deutlich 

37° 


268 | Lysias. 


souéparuys oder vielmehr zquugraye. Daraus dass der rend. kein 
€ einschiebt, glaube ich abnehmen zu kónnen, dass es unverstanden 
an den rand geschrieben wurde, wodurch die note nur an werth 
gewinnt. Ich schlage daher rQavpazé 1 vor, was auch besser 
zu dem plural vrwmu passt. 

: Or. VII zeigt eine genaue durcharbeitung. Von kleineren 
verbesserungen erwübne ich g. 2: üxogwruror für émogwrérp, 
%. 10 für Ixov — Gixoy (statt 01x09). — 2.22 émijyayes für «iri- 
yaysc. Grössere finden sich 2. 2 für Bovdovras — 5,16 dv Bov- 
Awrias, Q. 6 für dédosxo das richtige didofgr, è 17 Ald.: Zu 
rotvuv zur zl elxorwy. Daraus macht rand zs solve el zd» e- 
xdiwr. Ich halte diesc stelle für besonders geeignet, sowohl um 
die haudschriftliche grundlage der noten, als auch ihr alter zu be- 
weisen. Mit eixorwr war die stelle auf keine weise zu verstehen; 
erst Palmerii coniectura. olxerdiv macht ein verständniss möglich. — 
Im 8. 23 ist für dé zavım — xoi tavrnr, è 31 für nurıeiög 
— zokvrsAug geschrieben. Wichtiger als diese verbesserungea, 
die sich längst in uuserem texte befinden, sind folgende: 1) 3. 6 
Ald. Gnçgaroy rand Gnçuxroy, was ich trotz Francken’s bedenken 
für richtig halte, Diese lesart giebt allein noch O, während die 
übrigen, auch X*; axgutoy oder üngaosov gewähren, — 2) ge- 
währt der rand für ngozsov — nowtéwe mit CMOX, woraus der 
richtige name Jlowréaç sich ergiebt. Schottus, Markland und 
Reiske hatten sich wunderbar bei dieser stelle herumgequält. — 3) 
2. 22 geben alle libri: xafros el pig un deir. Rand: xufros el- 
pis m’ idsiv, woraus sich leichter die conjectur Reiske’s ergiebt. — 
4) 2. 22 ist für oftw verbessert ovrws, oboe dass ich. einen grund | 
wüsste. Auch für die stellung xu; uugrugwr anegnos, die am - 
runde durch a.b.c. gefordert wird, sehe ich keinen grund; doch 
stimmt auch O mit dieser stellung überein. — 5).2. 26 steht bei 
Ald. das falsche Außeir. Statt des richtigen 2adsîr steht am 
rande das unvernüuftige dyetr. — 6) 2 28 steht bei Ald.: 2» 4 
dévdgyp. Rand dirdguv.. Wir lesen jetzt dévdgov, doch ist 
dévôquyr bei der leichtigkeit der. ünderung wohl vorzuziehen, da 
gleich darauf mög dac folgt. — 7) & 28 steht am rande für 
&&Qxrov — evegxror, was auch O darbietet. Ich halte dies ge- 
gentheil der gebrüuchlicheren lesart für richtig. War der baum 
etwa, wenn er wohl eingehegt war, weniger sichtbar?  Fiel nicht, 


Lysias. . 269 


wenn er schön eingehegt war, das auge erst recht auf ihaf 
Dazu kommt, dass wir gerade aus dieser rede erfahren, dass noch. 
ein gewisses siück land um den baum berum heilig war und nicht 
bebaut werden durfte, s. 2. 25. Und dies sollte nichi eingehegt 
sein? —. 8) è. 35 giebt Ald.: ovzog oùx Heder. Rand: ovrwe 
d ovx n9€Anosr. Das d° ist allgemein angenommen. Den Ua 
bietet auch 0, uud liesse sich derselbe wohl vertheidigen. — 9) 23 

duoi dà doxei elvas rand schiebt desvov vor elva, ein, was in dos 
text ex: „oodice veteri veneto Taylori“ von. Scheibe aufgenommen 
ist. — 10) à. 38: pallor tour ‘Gxevdivws. Rand ıovsor. Das- 
selbe conjicirte als melius Taylor und ist jetzt allgemein aufge- 
nommen. — 11) Schreibt rand mit CMO 2. 40 für ofvexa .... 
fvexu. — Auffallend war auch in dieser rede die übereinstim- 
mung mit 0, cfr. 2.6, 23 uad 28. Doch finden sich ‘such ver- 
schiedenheiten, efr. 7,8,9. | 

Or. X.. Rand hat zwei notes: è 20. Ald. : mdigos. Rand 
cidnçoëc. i. 20 Ald. evrow. Rand evrovr. Es ist unzweifelhaft 
[vvovy zu schreiben, da surov» unsinnig ist. 

Or. XII. Die verbesserungen sind mit wenig ausnahmen rich- 
tig, aber ohne besonderen werth, da wir sie aus anderen band- 
schriften längst kennen. Ich hebs hervor 2. 25: 7» . noóOtgor 
falsch für das richtige #%» . nozegor. ©. 29 steli in den haad- 
schrifien zag’. aëroë nor xal Ajpecde, eine lesa, die noch 
jüngst einen freund gefunden bat. Canterus schrieb xwQe rov moze, 
Reiske richtig nagà zo$ xoi. Dieselbe Jesart bietet schon der 
rand, : tilgt aber ausserdem das xaf, wodurch der Cobet’ schen athe- 
tese des xa/ wenigstens etwas gewicht verliehen wird, das ihr aus — 
dem sprachgebrauch fehl. Auch fügt der rand eine lateinische 
übersetzung hinzu: a quo tandem; cfr. übrigens Q. 34. — ha 
2. 63 ist grund vorhanden, an willkür des randes za denken. 
Bei Ald. atebt: doxevos Too» aiios yeyesz 90s. Das falache Yoor 
ist am rande in low» verwauüdelt, statt in das richtige Toov, was 
CX bieten. Markland hatte Yoou conjicirt. — Ausserdem hat 
rend in dicser rede einige lateinische noten. Zunächst wird daran 
erinnert, dass der anfaug der rede äbnlichkeit habe mit Cicero pro 
lege Monilia, sodann wird die stelle, wo. der redner bekennt, weder 
für sich noch für andere bisher processirt zu haben, lateinisch 
übersetzt. Ferner wird beim werte dugíJvgog bemerkt: nota pro 


270 Lysias. 


illo àpgu9 adlacdos (??) 7 cugedéEsog; ich halte dies für die Ja- 
teinische übersetzung eines scholions, welches auf die gleiebartige 
bildung voh dyed ada pos und ZueíÓvooc aufmerksam. machte. — 
Eadlich lesen wir am rande zu Q. 79: praeclarus locus ad aver- 
tendum. iudicum animos a misericordia. | 

Or, XVI Richtig verbessert ist im Q. 13: márvrag éwçur 
für závzeg fwomy Egnr für Fyn . im 2. 14: evddsyfnwy Bir ovi- 
Aeyóviow. Wichtig Ist in demselben 2. 13 die verbesserung ma- 
qaoxseácavza für nagacxevucarts, wodurch eine unzweifelbaft 
richtige .conjectur v. Herwerden's bestätigt wird. Am rande zu 
Q. 18 glaube ich ans den undeutlichen buchstaben heraus xu er- 
kenuen:. illud: primus inire manu, postremus ponere bellum. In 
der verictas leclionum bei Reiske steht nichts von jener wichtigen 
randuote. 

Or. XVII. Der vollständigkeit wegen führe ich an: 2. 1 
dinpowpaui richtig für denyraspas. è 1 lxstrov für ixevov;. 
Wichtig ist die randpotiz zu &. 4. Für reds ydg xol récqages — 
sollen wir lesen: mole yuQ xal rexgdxss. Dieser yorschlag ist 
nicht peu, er steht bereits in der Varietag lectionum aus den 
schedae Brulartianté. Es ist dies ein loows vesatissimus. Fran- 
chen nimmt nicht blos (p. 121) an dem xaf anstoss, wofür er 7 
setzen will, sondern meint, gracius «lous laters. Es kommt dem 
aprecher dorauf an, zu beweisen, dass bei der öffentlichen confis- 
cation nichts vergessen sei, wodurch er sich strafibs halten 
könnte. Also war.dieselbe sehr genau gewesen, man hatte sie 
mehrere male uufschreiben lassen. Folglich ist die lesart des 
- randes für die stelle sehr passend, und der gebrauch von xa in 
dieser "verbindung: ubi swmerws non accurate ‘initur aut per con- 
lemtum elevatur hier gerechtfertigt. Die conjectur iat leicht, jeden- 
fajis leichter, als wenn man XXX, 7 zweimal gegen die aucto- 
ritit von X genöthigt wird zu lesen rerpaxoclor für zQsaxooítr. 
Dagegen hat die bemerkung des randes zu è. 8, hinter nag’ épov 
einzuschieben zd, was auch Taylor für 50 conjicirte unter ver- 
gleichung von Q. 5, wenig wabrscheinlichkeit gegenüber dem hand- 
schriftlichen ywp(ov, scheint vielmehr reine conjectur.  Uebrigens 
weicht rand hier von den schedae Brulartianae ab, welche 16. 
gewähren. 

Or. XIX. 1s der ganzen rede ist nur eine, aber bemer- 


^ Lysias. Ä 271 . 


kenswerthe änderung. In der Aldina lese ich ÿ. 23: GA oix 
«lov qv duvuros mavia magacyorra gl. Das ist unverständlich. 
Reiske wollte mit leichter veränderung eines vorschlags ron Sca- 
liger: G42’ otyi dv Fv durarog xil. Bekker conjicirte auf grund 
der lesart in X (oix ed gr dvvaroc) uud in C (oix ef duraros Av): 
a oby a duvaròs jv mávia. Frobberger billigt zwar diese con- 
jectur, verbessert aber mit recht die stelluag. Ich finde dies & 
vor sdyra etwas schwach, auch paläographisch die änderung nicht 
so leicht. Am rande steht für eov — olor. Mag dies conjectur 
oder handschriftliche lesart sein, jedenfalls ist es nubrauchbar, 
fübrt aber vielleicht auf ein für unsere stelle nieht unpassendes 
adverbiales 500» oder eg 000» (s. z. b. XXXI, 12). 

Or. XXXI: Die randglossen zu dieser rede sind für uns von . 
grisstem werthe, Schon. im 2. 3 ist eine wichtige variante. : Bei 
Aldus steht «Aid. paddov, om und so hat auch X (8,74), eine 
lesort, die noch ieute von Rauchenstein für richtig and vou Hal- 
bertsma nur in drzu geändert wird. Das von Frohberger gebil- 
ligte ef rs, welches Taylor fand und Cobet von neuem conjicirte, 
findet sich schon in der Aldina über özs, verkebrterweise iu ein 
wort zusammengezogen. An eine conjectur haben wir um so we 
niger zu denken, als das bald darauf in einer lacunula in der Al- 
dina fehlende n0f, was zum sinue durchaus mothwendig ist, nicht 
ergänzt wird, auch kein ühaliches dafür substituirt ist. — 2. 9 
hat die Aldina das unconstruirbare smagacyiiv; ebenso X. Reiske 
machte dasaus das richtige nagéoye und nach C fügte Bekker noch 
das » epbele. hinzu. Am rand finden wir eine dem richtigen nahe 
verwandte, aber en und für sich sinnlose uotiz :- nageoyeiv.. > 
&. 13 lautet bei Frohberger: Aia pr ovo dmgI4aodE ye TOY 
nolurüv oùdert roùror ümodozudsurie; ; ag ovt. re), érépouc, 
diy dpgortQovc garıgas Gr mgodous xri. Ei atrio, u Begs 
| wegleors sur zolısür. In den handschriften steht für ‘Gg ou. — 
ovr el, was sinnlos ist. Reiske. ‘conjicirte obne wahrscheiulichkeit 
où ydg, worin Bekker ihm folgt. Der oben gegebene text ist das 
verdienst Sauppe’s, doch macht der einschub des og die änderung 
weniger leicht. Auch sehe ich zu der erweiterung des où in ovr 
in der häufigen gegenüberstellung von où — «Als keinen grund. 
Endiich verlangt der folgende satz mit eì uévros im. vorhergehenden 
einen ibm entsprechenden. Sehr wohl gefällt mir daher, «ns am 


272 u Lysias. 


rend steht für ovr e — el où, nur dass ich für ef lieber ef y 
ov wünschte. „Durch die verurtheilung werdet ihr euch keine 
feinde verschaffen, wenn wirklich er beide verrethen .zu haben 
‚überführt ist. Sollte aber sich ein dritter theil finden" a. s. w. 
Für eine conjectur halte ich diese leichte umsetzung der worte 
. um so weniger, als der corrector an vielen stellen so geringe 
 grammatische keontoisse verrieth, dass er gewiss pr. für où ge- 
schrieben bitte. — 2. 19 ist 7° hinter vo» in ds verwandelt und 
nach zóze ein ner eingeschoben. Für uév war nach zóre von 
Reiske ein 7e eingeschoben. Au und für sich sind beide lesarten 
ze — re und ui» — dé hier gleich passend, Doch bestimmt mich 
die von Francken und Frobberger gemachte bemerkung, dass sich 
ia dieser rede eine bei Lysias unverbältnissmässig häufige entge- 
geusetzung einzelner glieder mit uiv — dé findei, dazu, der rand- 
glosse uiv — dé den voraug zu geben. Auch ist es nicht wabr- 
scheinlich, dass man für ze ein dé conjicirte und ein pé» einscheb, 
wenn die einschiebung eines correspondirenden rc im vorangehenden 
gliede so nahe lag. — è. 20 steht in der Aldina: ywys 407 
6m. Ebenso ist die lesart in X. Markland’s conjectur olda für 
non finden wir durch den rand bestätigt, ebenso wie Reiske's of 
ver olxeios in demselben 2. — 2. 24 ist für dyadoy das rich 
tige xexov eingesetzt. — Im $. 32 ist mir die randglosse un 
verständlich. ZBovQAevew ist in seiner ersten silbe unterstrichen 
und am rand fov geschrieben. Es war wohl das darauf folgende 
Bovizved9as gemeint, was auf diese weise zu dem durch X be- 
glaubigten, aber falschen fovdsoSas werden sollte. — Auch im 
anfang sogleich bin ich mir über eine randnotiz nicht reclit klar, 
la dea für deu anfangsbuchstaben der rede reservirten viereckigen 
raum der Aldina ist vor et rig ura olde geichrieben sor ogxor. 
An dieser stelle ist die randglosse völlig unsinnig. ich möchte 
vermutbeu, dass dieselbe an eine falsche stelle gekommen ist und 
vor óuógug gehört, wie ja diese abundauz so sehr häufig ist, cfr. 
2. b. X, 32 und z. b. die von Frobberger hierzu angeführte stelle 
aus Xenophon. 

Zu den zweifelbaften oder allgemein für ‘unecht erklärten 
reden des Lysias sind uns folgende randglossen bekannt. 1) Or. Il. 
in dieser rede liegt die haupttbütigkeit des schreibers der. rend- 
glossen. Die zahl derselben ist gross und nicht bla. anf einzel- 


Lysias. Ä . 278 
heiten hat sich der corrector beschränkt, sondern anch die ganze | 
grosse lücke in der Aldina von 2. 24 —28 und kleinere an an-. 
deren stellen ausgefüllt. Diese stücke liefern -den deutlichen be- 
weis, dass die zu grundo liegende handschrift zur gattung der uns 
bekannten gehört, da grössere abweichungen nicht gefunden wer- 
den. Wir wollen auch hier die sehr zahlreiche correctur der 
druckfehler übergehen, ebenso kurz berühren .die vielen stellen 
wo rand Jie jetzt allgemein angenommene, uns aus unseren hand- 
schriften bekannte lesart gewährt, wie Q. 2: é£eïrus 3. 3: & 
wig Tw TiÜveOTOY Éoyouc für 207015 ohne roig. ©. A: povas pév 
für uoro» dé, wie schon Muret gab. @. 7: idéosg statt dea rich- 
tigen 20/005; auch MN geben lóéuic. 2. 6: favroy für avidi». 
Q. 10: rag dv zd rmodéuo wyog für êxt, was schon Schot- 
tus ex Mureto als lesart seines cod. Venetus ein- 
| setzte. Q. 17 und 18 ist ?xBd)orres (mit falschem accent) für 
ixfálAoruc. 2. 21: dovdujcucd«i für doviwosodu. 3. 21: vo- 
ulkovısc für vowloartes geschrieben, — Bei den theils von dem 
jetzigen texte theils von allen handschriften abweichenden les- 
arten des randes haben wir wiederum die frage zu beantworten; 
ob wir conjecturen oder handschriftliches material vor uns selen. 
Diese frage ist im allgemeinen dahin zu beantworten, dass beides 
untereinander gemischt ist, in dem einzelnen falle aber wird sich 
selten eine sichere entscheidung treffen lassen. Für conjectur halte 
ich z. b. 4. 3, wo für now äydgwnoıg der rand nuvrus áv3Quizovg 
giebt. Beide constructionen von G£or sind zwar häufig und beide 
constructionen können an unserer stelle angewaudt werden. Aber 
wegen des folgenden óuvo)rvrog u. s. w. ist der dativ der schwe- 
reré und ‘deshalh wahrscheinlicbere casus. ©. 7 bietet rand für 
où souiteodar — pù xouttecdas. Wir befinden uns an einer 
verdorbenen stelle, soviel aber scheiut mir festzustehen, dass ur 


nur eine conjectur dem folgenden un yevouérwy zu liebe ist (p) 


usawroukvwr). —  ÿ. 22 hat rand für ivdade dgifovian — dy. 
aude apiEovrar. Dass dieser änderung nicht folge zu geben ist, 
scheint mir aus €. 26, wo dieseibe verbindung unaagefochten sich 
fiudet, hervorzugehen. | 

Mit voller sicherheit lässt sich eine conjeetur nachweisen 
& 32. Dort steht bei Aldina: xuza yis tits Pagfagox anarı7- 
Gortas. Rund giebt für BagSugos die barbarische form Suefugne. 


274 Lysias. 


Aus welchem grunde, ist ja klar. Es ist aber fagfagosg richtig 
und es war nur rc in roig zu ändern. Den genetiv 77ç jedoch 
fand der corrector auch in seiner bandsëbrift wie er erhalten ist in 
MNUVC. — Zahlreicher sind bei weitem die stellen, wo hand- 
schriftliche überlieferung ausser. allem zweifel steht. Als béson- 
ders bezeichnende stellen führe ich an: 1) 2. 13: éxelvovg =’ ox 
sidoreg bietet noch jetzt die ausgabe von Scheibe, ze geben 
CMNX, während Reiske des vorhergehenden ptr wegen dé wollte. 
Raud tilgt ; — eine lesart, die Le Beau willkommen sein muss, 
der p. 73 in der häufung der participien ohne das anknüpfende 
| dé etwas Lysiunisches zu sehen glaubt. Ich möchte lieber lesen: 
^ 080" dxelvoug eldores x14. — 2) 2. 15 lesen wir jetzt: Eÿ- 
quodla ubroy ixecevovta roug Íxfrag avrü» ds». Rand giebt 
für Ixdrac aùruv — xertvariag favtwy, was in ühulicher weise 
auch andere handschriften gewähren, ohne dass wir ihnen zu fol- 
gen einen grund wüssten. — 3) 2. 16 ist dé hinter zocotrov getilgt, 
wie denn überhaupt in der hinzusetzung und weglassuug des df 
in diesem un: dem vorhergehenden 2 zwischen Aldina und seinem 
corrector und andrerseits unserem texte eine grosse verschiedenheit 
besteht. So fehlt hinter amuiutayres das dé, ebenso hinter dia, 
dagegen steht es hinter 2xe(vovs. In allen fällen aber erscheint 
der heutige text der rüthlichste. — 4) à. 23: dAÀa voutborre . 
iv a)xAed Savatoy dPavatey negi THY ayadwy nazadelnesv À0- 
. ga». Dazu bat der. rand zwei noten. 1) Für sf — zugu. 
2) für xaraleisuıy — Ensdetneuv. Das erste kann conjectur sein 
und ist ja such wirklich von Markland conjicirt, das zweite kann 
nicht conjectur sein, weil es unsinnig ist; es hat am meisten 
ähnlichkeit mit c»oàs(zev in U. Ich halte daher auch nega für 
handschriftlich und will es statt wegi im texte,. weil magi ru 
dya9@y überflüssig ist nach eoxded Jarurov (denn nur &yadoi 
können einen solchen finden), nugd tay dy«dòy einen neuen pas- 
senden begriff hinzubringt , denn rubm ven braven ist besonders 
ehrenvoll. Für den wechsel zwischen maga und negè vergleiche 
sogleich im $. 26: maga codd. negl U. — 5) ÿ. 24 steht am rand 
das falsche dAlywr rw» allwy, wofür olye zu lesen ist. Dus 
ist entweder ein schreibfehler in der handschrift eder setzt auch 
in ihm ein ursprüngliches aly piv voraus, wie wir in F finden. — 
G1 £. 26 bietet der rand mit U of1w di dy rogéwe für oëre di 


Lysan —— | 275 
dia rayéwy. 7) Q. 26 streicht rand z' vor évPude. — 8) 2. 26 
‘lesen wir am rande des vollkommen unverständliche Javuaorwr 
nahawivy toyur. — 9) 2. 48 bietet rand für xuracravrog — iu- 
craviac. Wie oben so bietet auch hier U mit dgostarıog eine 
ähnliche verderbniss. — 10) Q. 49 ist das richtige Awovong in des 
upsinvige, aber auch von anderen handschriften gebotene &raonç 
geändert. — 11) &. 52 wird der artikel vor dllorolav gestrichen. — 
12) 2. 78 steht am rand für roÙ6 avrwv das ganz unverständ- 
liche TB abr». Vielleicht ist rÿ ein schreibfelder und es stand 
für zai Sdwos ros “say, woran mau schon seit Reiske anstoss 
nahm in den handschriften dx zur aviary auf Sçoépæ bezogen, 
dessen verkehrte wiederholung wir in Jd vor uns buben: vrgl. 
&xogo, und dzogla im folgenden g: auch s. ferner für diese verbin- 
dung zweier genitive in dieser. bedeutung Xenoph. Anab. V, 5, 18. — 
13) à. 74 bietet der rand mit M corr. richtig, wie. ich glaube, 
nés für isc. — Es handelt sich ja um die zeit, um die unver- 
gänglichkeit der trauer. Nur einem more eutspricht mit recht das 
folgeude zore. — 14) 2. 79 schiebt rand und M corr, vor mend. 
avruwr den artikel 24 ein. Mit unrechi. — Durch alle diese 
stellen ist handschriftliche grundlage bei den meisten correcturen - 
sichergestellt und die vom rande neu herzugebrachten noten haben 
um so mehr anspruch auf untersuchung ihres werthes. Ueber die 
bandschrift selbst sind wir nach dem bisherigen und bei dem eklektischen 
verfabren Bekker's iu der anführung der haudscbriftlichen noten 
nur im stande zu bemerken, dass sie ausser mit M corr, mit dem 
sie schou.in der ersten rede häufig iibereinstimmte, auch mit GUV 
berübrung zeigt; und zwar scheint unsere hand mit den drei zu- 
letzt genannten zu einem engeren kreise von soleben zusammen- 
zugehören, die eine andere stellung der wörter geben, - 
wie die.uns aus anderen bandsehriften ‚bekannte und aufgenommene 
efr. Q. 20: UV rand: rv vlxny rdjv wQoyóvwv. è 27 UV rand: 
dioxocía.; uiv xal yıllaıs. 2. 27: UV rand: weds av etn foyer. 
Abweichende stellung zusammen mit G gewährt der rand 2. 51: 
oi pèr atto noklayoë ayadot. Hier hat der schreiber des ran- 
des über noÂlayoù ein b und über dyudof ein a gesetzt. Auch 
sonst tritt die äbnlichkeit mit UV an vielen stellen zu tuge: cfr. 
à. 8. 10. 23. 25. 26. 26. 27. 28. 82. 48, endlich 2. 4i, bei 
welcher stelle wir einen augenblick verweilen wollen, Es heisst 


276. Lyaias. 


dort: énddestay dì nücw üvOQumong, rinmoarieg v5 vavpagia, on 
xeetrro per Ollyur VniQ tic PavOtolac xwdvreitey À perà nol- 
Awe Badidivopivwy vaio tig «viv dovielag. UV rand bieten 
für dovAdag — dovievery. Diese stelle ist vielfach behandelt. 
Taylor zwar halt alle schwierigkeiten für gehoben, wenn er für 
avu)v schreibt frfgwy, doch Reiske schon geht weiter; er ver- 
misst als gegensatz zu flucisvouéruv ein avroyououuérwr und bei 
levdegtug ein xovg. In übnlichem sinne spricht sich Scheibe 
aus. Ich glaube, die heilung muss an einer anderen stelle voll- 
zogen werden, Es ist augenscheinlich, dass der citirte satz die 

wiederlolung eines im %. 33 befindlichen ist: 77700dusros xgeizror 
eu per dosriig xal meving xai qvyüg DevOtotar È per” üveidov; 
xoi miovtov OovAsa» tic margídog. Es ware daher wunderbar, 
wenn bei za. hier, menschen und nicht vielmehr ,güter zu er- 
gánzen wären. Ich glaube daher, dass  Bacilevouérer entweder 
als erklärender zusatz zu tilgen ist oder in faciAsvop£rovg zu ver- 
wandelo, dass aber hinter doväsfas ein dem xivdwveves». gegenüber- 
stehendes dovievesy einznschieben ist. Ich schreibe diesen satz also: 
éntduEavr di mic drdgwrross e, OTL xQeîrtor. per GMyur 
vaio tis élaudegiug xvdurevenr ein 7 perà molar vig ri 
 ubiwv dovdetug dovdevew. — Aus der zahl der stellen, wo der 
rend voa allen übrigen handschriften abweichendes bietet, führe ich 
ferner an: 2. 18: nyoÿueros riv névruy tievdeglar. dpdvosur 
elvas peylorygv. Am ronde steht für die unterstrichene. silbe res 
in éuovotay — ot, sodass wir dadurch ein unverstündliches wort 
Suooay erhalten. Diese stelle bat Markland. und Reiske schwie- 
rigkeiten gemacht, und es lässt sick nicht leugnen, dass - Oudvosay 
schlecht in den zusammenhang pusst. Aus dem folgenden geht 
Lervor, dass der reduer sieh die demokratie als eine tyrannis unter 
dem gesetze denkt, und deswegen hat Markland's 3aovoular, was 
recht gut in ópociay stecken kann, nach veränderang der stelluag 
der wörter im satze einige walrscheinlichkeit, — Im 2. 21 hat - 
rond jyoupevos dé für nynoumero» dé uud gleich darauf ist vopl- 
carteg in voutboviss wie in FGU  geüudert. Auch könnten war, 
wenn wir der güte unserer han! ganz sicher wären, getrost den 
infinitiv futurum xazadovAoictGJa; in den infinitiv aorist mit der- 
selbeu verwandeln, ohne gegen den sprachgebrauch zu handelo. — 
è. 31: Aaxedasuovrios df, où rig yuyuis évOesis yeroperos, ail 


Lysias. 277 


vov nindovs wevodértes x1). Rand giebt für raig wvyaig den 
accusativ, der wohl stehen könnte, (cfr. Mätzner zu Lyc. Leocr. 
&. 48), aber nicht zu stehen braueht. Uebrigens halte ich diesen 
locus communis der Epitaphii für verderbt. Das yevodérze; will. 
gar nicht passen, da die Lacedämonier sehr wohl die menge der 
feinde kannten. Besser würde eine fortsetzung des negativen ge- 
dankens sein, etwa so: oîdì »ınkavres xt. Auch pflegi in sel- 
chen stellen der muth und das geschick der Atheaer und Spartaner 
mit einander verglichen £u werden, évdsforegos; doch liegt es 
mir fern, etwas hineinverbessern zu wollen. — In demselben 2. 
hat rand für rour@ 19 TVonw: i09r0v TOY tQ0A0v. — 2. 38 
bieten die besten handschriften &xxAlreır, andere xaralsxeïr. Das 
richtige éxuneïr, was schon früh vorgeschlagen wurde, auch vun 
Taylor in einer handschrift gefanden war, steht am rande. --- 
$. 35 für mpocsorios rand: szgeióvrog mit MN. — 2. 39 ist für 
yerusxwy mò F06 geschrieben mevdos. — 2. 67 giebt rand mit 
X zusammen éxedeluvro richtig für Zmdelkavrsc. — Von den 
beiden scholien zu dieser rede habe ich an anderer stelle ge- 
sprochen. | E 

Lysias VIII. In dieser vielfach dunklen rede finden wir die 
raudglossen schon fast alle für die berstellung des textes unnöthig, 
da sie: mit den lesarten anderer handschriften zusammenstimmen. 
So steht im 2. 1 bei Aldina oÿç, am rand rode uér. 2. 3 ist 
zwar Gnryyede in ésnyyele corrigirt, nicht aber zugleich & in es, 
wie X bietet. %. 3 ist ferner dy td wohl in dira verwandelt, 
aber der accent auf zu von der enklitika us vergessen, auch der 
gravis auf zi wicht geändert, und doch hat der corrector für uóthig 
befunden, im $ 4 den kleinen druckfehler érosyouco für dnoıncaro 
zu notiren. %. 4 verbessert rend mit CDGOX xaé für 7. 2. 9 
für xaxüg — xexóg. Q. 9 verbessert er zoig duoîg avayxatosc 
ohne. erfelg in êuof. Ich wundere mich aber, dass das richtige 
duoîs in den critischen commentareu dem Stephanus zugeschrieben 
wird, während die Aldina es schon bietet. — è. 10 wird eig in 
sig verwandelt, aber es ist kein 6 wie C bietet, davor eingescho- 
ben. — Im 3. 13 bietet rand mit DO für oz — ozs, wohl nur 
dem verbergehenden woz’ zu liebe. — Verschrieben oder miss- 
verstanden ist die randnote evdomvoirias im 2. 7 für stdox- 


pourras. 


278 | Lysias. 


Ps. Lys. or. IX enthält zwei randnoten 1) im 2. 5 ist mit 
recht für dsfâsxro verbessert diefdexto. 2) in demselben Q. für 
ty Oov tgunely — iov Vidlov, ähnlich wie in 0; doch ist für 
den artikel bei dem eigennamen kein grund ersichtlich. 

Behandelt und zum grössten theil scheinen mir verbessert fol- 
gende siellen I, 27, 40, 46. HI, 31. IV, 9. VI, 6, 22, 25, 
28, 35. XII, 29. XVI, 13. XVII, 4. XIX, 23. XXXI, 3, 
13, 19, 20, 82. (Il), 13, 18, 23, 41, 73, 74. 
| _Ratibor. E. Rosenberg. 


Zur Vita Sophoolis. 


Dies im gunzen sehr werthvolle excerpt aus einer nachweisbar 
in der  voraugusteischen zeit entstandenen biographie ist wie so oft 
bei aolcheu auszügen durch auslassungen entstellt; darauf habe ich 
schon Philel, I, p. 182 bipgewiesen und jetzt wieder Phil. Anz. 
VII, 4, p. 204, uud zwar deshalb, weil die neuern bei ihren versuchen 
darauf nicht genug geachtet haben. So heisst es Q. 3: xai un 
any i» Salayin ravyuylur "ratos xil rQózma4ov Ovituv  perù 
Augas yvpròs ülgupgtrog xoig ucurlbovos (vrgl Thuc. I, 50, 11) 
twy éxvixlwr (muss 20v. érirsxoy heissen) ZEngyer: dass die worte 
neoì tgostasov ovtav corrupt sind, ist klar, aber die bis jetzt be- 
kannt gewordenen conjecturen (s. O. Jahn zur st.) sind alle na 
kaltbar: wie werden denn alle Athener um das rgósosov tanzen! 
Es ist deutlich hier alles athenisch: nach einem sieg stellten die 
Athener zunächst ein tropuion auf und dann lassen sie tanzen: also zc» 
A9nralwv negh.. 190 nas0v Ornoavyrwr: was aber soll regi? 
ausgefallen ist der ort, wo das tropaion aufgestellt war, der bei einer 
seeschlaclit au uud. für sich nicht unbestimmt ist, aber auch bei land- 
schlachten angegeben wird; so in; 16 ‘Pig Thuc. ll, 84, 4: so- 
ders. I, 30, 1. IV, 38, 4. V, 3, 4. VII, 23, 4: Xenoph. Anab. VII, 3, 
32: vrgl auch Thuc. I, 63, 3. Dies die gelegenheit, wo So- 
phokles tauzte: dabei pez Avgug zu beachten, weil er dadurch 
recht als künstler und chorführer bezeichnet ist, da, wie bild- 
liche darstellungen zeigen, die chorführer eine lvra trugen. Ebenso 
zeigt musarfiouosry sachkenntniss: das, wort bezeichnet den oder 
einen der chóre, welche zu der feier die: Athener befollen hatten 

| Ernst von Leuisch 


IX. 
Bemerkungen zu Hygini Fabulae. 


Hyg.fab. 14. Asterion + Pyremi filius matre Antigona Pheretis 
filia, ex urbe Pelinna . alii aiunt + Prisci filium ex urbe Pi- 
resia, quae est in radicibus Phyllei montis, qui est in "Thessalia, 
quo loco duo flumina Apidanus et Enipeus separatim proiecta in 
unum conveniunt. So lautet die stelle bei M. Schmidt, p. 44, 12, der nur 
folgendes hinzufügt: peine F corr. X. Prisci] imo Cometae. Der 
vorschlag Cometae für Prisci zu lesen ist aus palüographischen 
gründen ebenso unannebwbar, wie der namentlich von Barth zu 
Stat. Theb. IX, 321, p. 985 ausgegaugene Comelae statt Pyremi 
zu lesen. Da es nicht zu bezweifeln ist, dass hier Asteriws und 
Asterion zusammengeworfen sind, so muss man erstens Muncker 
beistimmen, der Prisci für die verderbung von Ayperusii hält, son- 
dann Peline nicht mit Schmidt in Pelina, sondern in Pallene gleich- 
falls mit Muncker nach Apoll. Rhod. 1, 178 abändern; endlich wird . 
statt Pyremi nicht mit Burmann Pyreti, sondern Perrhacbi (auf das 
die varianten bei Properz perebi, Pirrei, vgl. Burmann Prop. 1H, 3, 
55 führem) zu schreiben sein: das giebt: | 

Asterion Perrhaebi filius — ex urbe Pallene. Alii 
siuut Hyperasii (ilium. 
Perrhaebus ist eben der, den audere Cometes nennen. Aber weiter 
hat Schmidt unerwähnt gelassen, dass iu den folgenden worten (z. 15) 
Barth profecta (etwu in erionerung au Poet. Astron. IH, 311), 
und Spitzner de Ind. Argonaut. p. 12 uls durchaus sicbere verbes- 
serung provecta geben. Für das letztere spricht der gebrauch 


280 Hyginus. 


des vehi bei Avienus und progredi bei Ammianus und Isidorus, die 
vergleichung des Apollonius aber ausserdem für die hinzufügung 
des wortes procul: procul provecta, wie procul provoloere, pro- 
cul porrigere bei Avienus. 

Fab, 15, p. 50, 11 Schm. ques ut vidit Iphinoe. custos 
portae nunciavit Hypsipylae reginae, cui Polyxo aetate consti- 
futa dedi consilium , ut eos laribus hospitalibus obligaret. — 
Schmidt schreibt custos portae constituta (was mit beispielen nicht. 
belegt wird) und nimmt nach aetate eine lücke an, ohne nöthigung 
und ohne wabrscheinlichkeit: denn aetate constituta ist übersetzung 
des z, b, d’Orville wohl bekannten AAszig xadeorüou; schon ein 
‘Hollander hat bemerkt: fabulas suns Hyginus magnam partem con- 
cinnavit ex scriptoribus Graecis. praecipue poetarum — scholiastis, 
quorum verba saepe vertit parum latine, quod multis e locis coa- 
stat, vgl. zu f. 125. 136. 141 u. a. Allerdings nennt Statius die 
Polyro aevi matura, Apollonius yioai di Quxvoicwy. 2msoxdlovga 
nudecos: warum sollten andere das alter der cusios portae nicht 
böflicher bezeichnet haben ? 

Im folgenden satz vermutbet Schmidt largitionibus nuptialibus, 
was sehon dem bericht des Apollonius widersprichi und dem nach- 
folgenden hospitioque invitaret alle bedeutung nimmt. Es ist wohl 
kaum zweifelhaft, dass ursprünglich hier largioribus hospitalibus 
gestanden. hat; denn hospitalia bedeutet auch die dona hospitalia. 
Gloss. Labb.: Eévsov 10 digo» 10 meunogevor Eév@ Hospitale. 

Endlich dürfte es räthlicher sein z. 13 eas, was die Freisinger 
bandschrift giebt, in heroas zu verändern, als in eos mit Scheffer 
und Muncker, denen Schmidt gefolgt ist, so dass die stelle lautet: 

Polyxo aetate constituta dedit consilium, ut heroas lar- 

gioribus hospitalibus obligaret. 
lm übrigen ist hier zu erwähnen, dass M. Schmidt’s ausgabe reich ist 
an unrichtigen und unnòthigen angaben. Zu anfang des capitels heisst 
es; Lemniadue F. corr. Bunt. und zu z. 12: Polixe F. corr. Bunt. 
Aber auf Lemniades hat Muncker hingewiesen und Polyzo steht 
in der Staverenschen ausgabe. Ebenso heisst es f. 25, p. 56, 5 
glaucem F. Glaucen Bunt., während Glaucen doch Muncker ver- 
langt und Staveren in den text gesetzt hat. Seltsamer weise fehlt 
hier einmal das citat, welches wir z. b. p. 50, 8 finden: Mpei- 
pylem F. corr. Comm. cf. Neue formeal. I, p. 60. Während far 


Byginus. | 281 


solche sattsam erläuterte sachen die einmalige erwähnung p. Lil 
(cf. Munck. Diss.) vollkommen genügte, wird mit einer unermüd- 
lichkeit, welche ‘sich für syntactische und lexicalische fragen nir- 
gends bemerklich macht, jeues bucb citirt p..64, 19 zu Amazonam, 
73, 14 zu Sphingam, 96, 23 zu Briseidum, 48, 22 zu Salaminam 
(unter hinzufügung einiger im augenblick zusummengeraflten stellen) 
u. s. w. Um auf Bunte zurückzukummeu, so bemerkt Schmidt 
p. 64, 19 Otrirue F. corr. Bunt., da doch Otrere Muncker mit 
den worten verlangt: Graecum momen ’Orvijon si respicias, Otre- 
vae scribas oportet, ut recte. scriptum c. 112 (obschon er zu c. 31, 
wie Vorst, auch Otrira für möglich hält); ferner p. 10, 17 ga- 
luthea nimertis F. corr. Bunt., wäbrend Nemertes schon Muncker 
erkannt und Scheffer geschrieben hat. P. 11, 1 pamphede F. corr. 
Bunt., da doch gestützt auf die von Muncker beigebrachten stellen 
Staveren Pemphredo geschrieben hat; ferner p. 81, 15 loiram F. 
Hilairam Bunt. 16 laira F. Hilaira Bunt., da doch Hileiram 
schon der von Muncker erwähnte Meursius Misc. Lac. ll, 15 
p. 168 hergestellt hat. An unzähligen anderen stellen müsste in 
der weise, welche Schmidt für sich p. 38, 11 befolgt: Clitum € 
(Buat.), wenigstens Bunt. (Munck.) stehen z. b. 45, 23 »00v add. 
Bunt. 40, 7 Neacra conj. Bunt. 93, 12 moesia F. corr. Bunt. (vgl. 
wieder 104, 9 Moesiam F. corr. Scheff.). Doch es verlohnt sich 
der mübe nicht ausführlich nachzuweisen, welche unverdiente be- 
rücksichtigang Schmidt, der die Muncker-Staverensche ausgabe 
nach keiner seite hin ausgenutzt hat, einer ausgabe bat zu theil 
werden lassen, welche er selbst (mit vollem rechte) eiue editio hoc 
saeculo indigna nennt. 

Fab. 18. Lycys rex insulae Propontidis Argonautas re- 
cepit hospitio in honorem eo, quod Amycum interfecerant, quod 
eum suepe inficiaretur. — Schmidt hemerkt: in honorem 
[Pelopis et} quod I e schol Apoll. Rhod. M, 752 infi- 
ciaretur F. insidiuretur corr. 3 e schol. Stat. Theb. Ill, 
353. Die ergäuzuag Pelopis ct erlaubs der raum des Frei- 
singer fragments nicht; es wäre wenigstens räthlich gewesen 
in avi honorem zu schreiben; ausserdem stimmt diese unklare 
kürze (der Schol, Paris, sagt «ua dia 10 upytyvar Méiona 
:ióv adrov Gsiov varò ıwv EiAnvwy) nicht zu der aus- 
fübrlichkeit, mit welcher der zweite grund (Gua dé xai dia Tor. 

Philologus. XXXV. bd. 2. 18 


282 " i Hyginus. 


"dpéxov — érov) von Hygin angegeben wird. Dieser folgt, 
wie sich auch aus dem über inficiaretur zu sagenden ergiebt, den 
Schol. edit. p. 504: Auxog — dia rù ngóg 1005 BéfQuxag. xai 
"Auvxov Ed oc puoËérwg rove > doyovatirag uned££&aro, Die ver- 
besserung aber, welche Schmidt dem letzten satztheile zu theil wer- 
den lässt, enthält einen doppelten febler. Einmal ist das ohne wei- 
teres ia den text gesetzte eum insidiaretur noch unerhürter, als 
das an anderer stelle von Duker abgewiesene insidiare; sodann 
streitet die behauptung, dass die Argonauten (Schol. Apollon. If, 754, 
p. 504) den: Amycus wegen der dem Lycus bereiteten nachstellun- 
gen getödtet, gegen alle überlieferung und besonders gegen den 
bericht Hygins f. 17 selbst. Schmidt hütte durchaus bis zu der 
änderung: qui ei saepe insidiutus fuerat verschreiten müssen; 
denu der scholiast des Statius, auf den er sicli beruft, sagt: Amycus 
hanc consuetudinem semper habuit, ut insidiaretur in Be- 
brycio nemore, vhi si quis farte advena devolutus fuisset, ab oo 
caestibus provocatus occumberet,. wie Mythogr, ll, 140: semper in 
Bebrycio nemore insidias secutus erat vgl. 1, 93. Die 
berichtigung des textes ist auf anderem wege zu gewinnen.  Ho- 
nor im sinue von gratia ist ebenso bekannt , wie die redeweise ea 
| gratia, quod — (s. unten zu f. 106) und so rechtfertigt sich der 
Valg. p. 380 gemachte vorschlag in honorem cum, quod — zu 
lesen, Weiter aber hat die endsilbe des wortes interfecerant den 
ansfall des. wortes ante bewirkt und in folge davon ist die an- 
gabe. des grundes, aus dem die Argonauten beim Lycus gastliche 
aufnahme fanden, verdunkelt worden: sie war ursprünglich fol- 
gende: | 
recepit hospitio in honorem eum, quod Amycum interfece- 
rant, ante quos regnum saepe infestaretur. 
Infesturetur, welches allein dem verhältniss des Amycus zum Lycus 
entspricht, hat schon Muncker, den Schmidt wieder übergeht, er- 
kannt, freilich für ein deponens zu erklären versucht (vgl. zu f. 37). 
Im folgenden satze: Argontutue dum apud Lycum morantur 
et stramentatum exissent wird morarentur (vgl. f. 12) zu schrei- 
ben sein; im nüchstfolgenden: morantur Iphis musste Schmidt 
Muncker’s verbesserung Tiphys um so mehr in den text setzen, 
als das Freisinger fragment moratyphis giebt, s. zu f. 67. 
Fab. 28 qui ab Apolline nacti sunt interfecti. Schmidt 


| Hyginus. | 283 


will p. 57 und LI schreiben: ab Apolline enecti sunt d. h. 
er .nimmt an, dass intetfecti die glosse zu enecti ist, ohne 
Sich zu sagen, dass erst zu ‚beweisen wär, was z. b. nach 


Oudendarp nieht bewiesen werden künn, duss der von Apollo her- — 


beigeführte tod ein eneoeri genannt werden kann. Schmidt, der 
Staveren kaum ein und das andere mal erwàilint ( vgl. f. 138 pe 16, 
10) bot hier nicht darauf geachtet, dass dieser stutt nacti auf die 
geniigendsten auctoritäten gestützt Naso vorgeschlagen und die bil- 
ligung Heyne's (zu Apollod. p. 104) gefunden bat; er bitte | nur in 
efinuérung z. b. an Scaliger. Nazi schreiben sollen. 

Ebenso unstatthuft ist die behandlung, welche dem ende des 
cupitels: serpentibus sunt deligati. Est styx inter columnam 
sedens ad quam sunt deligati — von Schmidt su theil ge- 
worden ist. Er führt Dartb's verbesserung est strix viscera 
an und fragt selbst, ob statt infer nicht interanea zu 
lesen sei, ohne der voa Heiusius herrührenden, von Muncker 
nicht übergangenen verbesseruug intestina zu gedenken und 
shne anzumerken, dass Muncker, der styx uus Hesychius (zu 
Hyg. und zu Anton. Lib. 31) erklart, nur an den schreienden vo- 
gel denkt: jedenfalls ist eine oi, welche êvrsou verzehrt, etwas 
gunz unerhôrtes. Aber der rechtfertigung bedurfte nicht blos der 
avis viscera, iecur, fibras, cor, pectus carpens, trahens, exedens ge- 
genüber die strix interanea edens, sondern auch die wertstellung 
und wortwahl: est interanea (an einer anderen stelle sagt 
Hygin: viscera eius exest) und die sprechweise exest sedens 
columnam und stris — columnam sedens (an insidens hatte 
Barth gedacht), die von sedere equum, sedere cuthedram immer noch 
verschieden ist Was Schwenck für diese stelle ermittelt hat, . 
giebt Schmidt nicht an. Strix als übersetzung von @rog scheint 
auspielung auf Ofws zu sein und die buchstuben 4 est weisen viel- 
leicht auf incessit hin, so dass zu lesen ware: 

serpentibus suot deligati: incessit strix infra colum- 
nam sedens. — 

Fab. 29 sensit. Amphitryon numen aliquod fuisse pro se. — 
Es zeugt von einem eigenen geschmack, wenn Schmidt für fuisse 
futuisse schreibt und in den text setzt. Hat er wirklich nicht - 
daran gedacht, dass keine verwechselung häufiger ist als die voa 
fuit und fecit und dass facere, agéypa uud ähuliche worte ia 


18° 


284 Hrgiuus. 


dem hier verlangten siune läugst von Wouweren und Burmann 
wachgewiesen sind? Die kühuheit, mit welcher Schmidt hier ver- 
führt, wird übrigens noch vou der übertroffen, welche er f. 148 
gezeigt hat. Er will nämlich statt: viderunt ex eo Murtem id ne 
faceret. pudor. terruit, lesen: viserunt mores, feminas id ne fa- 
cerent pudor terruit, als ob die worte einer verbesserung bedürften 
deren sinn einfach dieser ist: seit der zeit, in welcher Mars die 
übele erfahrung gemacht hatte, bat er sich gescheuet facere, iterum 
facere (wie es bei Petron heisst: quare non facimus?) oder id fa- _ 
cere, quod fecerat (idem facere), wie bei Ovid: fecit Atrides, Quod 
si nom faceret, turpiter esset iners. 

Fab. 30. Augiac regis [stercus] bobile uno die purgavit. ma- 
iorem partem Love adiutore flumine * ammisso totum stercus abluit. — 
Schmidi begnügt sich zu ammisso folgende bemerkung hinzuzufügen: 
ammisso cod, F Munck. immisso Mic. i. m. Serv. Virg. Aep. VIII, 
300 admisso Comm. Und doch hatie Heinsius, dem Muncker 
beistimmt, aus Servius fluvio (flumine Adv. p. 215) Alpheo im- 
misso, Staveren stait Ammisso (ed. princ.) Minyein verbessert 
und Vossius nach der angabe von Arptz. Sedul. V, 426, p. 249 
sud Burm. Anth, Lat. I, 13, 1 p. 193 am rande der Commelina 
flumine inmisso vel -Alpheo inmisso vel Alpheo et Peneo in- 
misso beigeschrieben. Für die einsetzung des namens Alpheo 
schien der vou Muucker bemerklicli gemachte umstand einigen un- 
halt zu geben, dass die ed. princ, Ammisso hat; jetzt wird, da 
Jas fragm. Fris. am misso giebt, anzunehmen sein, dass auch an 
dieser stelle falsch abgetheili ist: mmisso ist in misso, a ist 
mit den beiden letzten silben des vorhergehenden wortes zusammen- 
geuommen minea die verderbung Minya (wie Minyeius bei Pau- 
sanias und sogar flovréa vio», woraus Staveren und. Roulez 
einen Bovrea viog gemacht haben statt Myvsov zu schreiben, bei 
Piolem. Heph. V, p. 194, 3) für Menio (vgl. f. 14 Minyae. Fris. 
Minois): flumine Menio inmisso. Denn dass jener fluss nicht 
Peneos, sonderu iMenios. geheissen, hat nach der in den 'Theb. Pa- 
radoxa gegebeneu darlegung weder G. Hermann noch ausser an- 
deren Schubert, Schneidewin, Diudorf bezweifelt. 

Aber es bleibt noch anderes zu besprechen übrig. Indem 
Schmidt den umstand genz übergeht, dass Muncker die worte flu- 
mine ammisso totum stercus abluit für eine glosse hält. streicht 


. Hyginus. 285 


er selbst (mit Scheffer) das erste stercus (wofür Heinsius servus 
will), versetzt die worte maiorem partem in die vorhergehende. 
zeile: Stymphalides — quae — iaculabantur sagittis interfecit 
binter iaculabantur, verwandelt weiter Iove in Minos und weiset 
den worten Minoe adiutore ihre stelle in der folgenden zeile Tau- 
rum, cum quo Pasiphae concubuit, ex Creta — adduxit nach con- 
cubuit an: dus sind zahlreiche, aber nicht blos an sich bedenkliche, 
sondern auch durchaus verwerfliche änderungen. Es ist leicht ein- 
zuschn, wenn es auch noch keiner bemerkt hat, dass Hygin dem 
Hercules eine doppelte thätigkeit zuschreibt: die erste stercue uno 
die purgavit maiorem partom ist diejenige, welche besonders 
die kunstdenkmäler erkennen lassen, auf denen Hercules mit dem 
xóqurog dargestellt ist; die zweite ist die von der mehrzal! der 
schriftsteller erwähnte: flumine Menio inmisso totum ster- 
cus ablwit. Offenbar hat Schmidt nicht in erwügung gezogen, 
dass purgere ebenso: gebraucht wird, wie das z. b. von Wyttea- 
bach erläuterte xeJaíQstw, und stercus bobile oder vielmehr bu- 
bulinum (Veget. 1, 13, 3) purgare ebenso richtig ist hei 
Paul. Diac, Exc. Fest. p. 132. Munck. p. 85, wie a stercore purgare 
bei Cato. Was ‘endlich die worte Iove adiutore anlangt, so sind 
sie unverdächtig und für den leicht zu erklüren, der nur an die 
Thermopylen und den Skamander denkt. Ohne. zwingenden grund 
hat Mupcker und ausser ihm Heinsius Adv. X, 2, p. 215 statt 
Iove Lolae geschrieben; für Schmidt aber hätte näher als Minoe 
die änderung Menedemo gelegen: denn über den Menedemos aus 
Elis (Saédestev "EaxAst mol ij; xaPdocwws 100 Adyiov xónQov, 
wore anoorglypus toy rmorauor) ist in einem tischgespräche bei 
Augustus verhandelt worden. Somit bedarf die stelle des Hygin 
nur folgender änderungen: | 7 
| Augiue regi stercus bubulinum uno die purgavit ma- 
iorem partem, love adiutore flumine Menio inmisso totum 
stercus abluit. 
So wenig man also Muncker zugeben darf, dass die worte flumine 
— abluit von einem glossator stammen, so sehr kann man dahin 
neigen in der kurz vorhergehenden stelle: ende postea et ipse 
perit. Aprum in Phrygia Erymanthium occidit, eine. glosse zu 
finden. Ia einem beim druck ausgefallenen addendum zu Sin. 
p. 222 war sowohl zu p. 197 über den durch den blitz entzüu- 


285 Hyginus, 


deten scheiterhaufen Soph. Phil. 728 (vgl. jetzt dort Seyffert) 
néchgetragen, als zu p. 194, wo über das ötäische Phrygia ge- 
handelt ist, hiozugelugt, dass, wer die verbesserung in Phegia wicht 
billigt (Sin. p. 186), annehmen kana, dass die worte in Phrygio 
als giosse (Hygin selbst sagt in monte Oetace t. 36) über periit 
geschriehen gewesen und von einem nachfolgenden abschreiber dano . 
hinter aprum eingesetzt worden sind. Jetzt hat Schmidt einfach 
perit vu Phrygia. Aprum — ‚geschrieben, 

Was weiter die stelle anlangt, welcher Schmidt die warte 
maiorem paries: zumeisen zu können geglaubt hat, so verdient im- 
merhin Gronov eine erwähnung, der Thes. |. tab. Fece ut sagittis 
geschrieben bat, Dass das, was über Bunte gesagt ist: ille qui- 
dem ab molesto illo eruendi et deliberundi. siugula ad. rem perti- 
nentia labore sans quam aversus (Sin. p. 43), auch auf deu neve- 
sten herausgeber auwendung findet, zeigt sogleich auch noch die 
folgende stelle; Hippolyten Amazonam Martis et Otrirae re- 
gae filium: cui reginae. Amazonis balteum detraxit. — Schmid: 
nimmt eine lücke nach filium an uud streicht das zwischen re- 
ginae und balfeum stehende Amazonis. Man erfährt mchts ven 
. dem yorschlage Barth's: Tum Hippolyten — cui necatue Mar- 
tium balleum —, Muncker’s: cui reginae Amazonum oder Ama- 
zoniae, Vorsts zu Justin. il, 4, 17, p. 67 Amazoni (nicht Ama- 
zonum, wie Wopkens angiebt); wan. erfährt weiter nichts davon, 
dass Hildebrand zu Appul. de Mag. 98, p. 627 Amuzonis als dativ 
genommen und regina Amazonis verbunden wissen will und lass 
Elmsley zu Eur. Heracl. 217, p. 75 (dubitanter) verbessert: filiam 
interfecit, cui mortuae aureum balteum detraxit: alles frei- 
liéh vermuthungen, welche wohl der vermutbung nachsteheu dürfteu, 
dass filiam cui aus filiam vicit (nach Serv. Aen, XI, 661) 
und reginae aus régium insigne verlesen ist: 

Utrerae reginae filium vicit,regium insigne, Amazonis 
balteum, detruxit. 
(tov ’Apaipvos Qworgoa Schol. Apollon. Rhod.; vielleicht auch, in 
erwägung der. besonders von Broukhuyzen besprochenen irrung 
Amazonium balteum, was f. 14 steht). | 

Fab. 35 qui ut a virgme rogatur parentes eius coram ca 
interficere velle coepit. —- Schmidt, der unerwübnt lässt, dass 
Scheffer (ausserdem del Rio zu Sen. Here. Cet. 206) roga- 


Hyginus. 287 


reiur geschrieben hat und in den Anal. Prop. p. 16 (nox) 
negatur vorgeschlagen: ist, vermuthet prorogatur, obue ir- 
gendwie nachzuweisen, dass prorogare so. gebraucht werden 
könne, wie differre- Dem sione nach passender ist das von 
Heinsius gefundene und von Muncker nicht gemissbilligte ob- 
iurgatur. Da die verwechselung von rogare und iurgare zu Stat. 
Ecl ult. 58, p. 83 nachgewiesen und der gebrauch des iurgatur - 
durch Horaz und die scholiastén hinreichend gesichert ist, so darf _ 
man wohl aunehmen, dass Hygin wie sonat obiurgatur , so hier 
iurgatur geschrieben hat: 

ut a virgine iurgatür. 
ju ähnlicher weise. hat Lactuntius aus Horaz emiruri entlehnt 
(Munck, p. 849. Abresch. Misc. Obss. Vi, p. 285) Der entge- 
gengesetzte. feller scheint sich f. 107: quae — ird Minervae ab- 
$urgata sunt ab Agamemnone et Menelao et Ulyesi data zu fin- 
den: abrogata, was zu Stat. L d. vermuthet und in so fern richtig — 
ist, als Aiax der uatürliche erbe der waffen des Achilles. war (quod 
frater patruelis. eius fuif vgl. Soph.; Onda iaa), ist jedenfalls 
 glaublicher, ali absegata, was Schmidt. verlangt, ohne zu bedenken, 
dass ein so ‚bekanntes wort keinem abschreiber veranlassung ge- 
geben haben. würde zu. dem unerhórteu. (von Barth. Adv. ms 6 
allerdings -gebilligten) .absurgata ubzuirren. 

Fab. 37 iube eum Athenas ad Aegeum proficisci eosque 
qui itinera infestabantur omnes oooidit. — Schmidt uimmt vor 
eosque eine lücke un, indem er im übrigen sick begnügt die 
lesurt des F. eosque omnes qui und die verbesserung des 
Commelinus. éosque qui illic tum, sodann die lesart des cod, 
Fris. itineri, den: vorschlag Scheffer’s infestobant und Halm’s 
vermuthuog ifiner auzufübren. tiger findet sich bei Hygin im 
commentar zu ‘Cisua’s Propempticon, passt aber für diese fabeln 
nicht, in deuen wenige zeilen später (f. 38) iter steht; aber selbst 
in dem falle, dass es annehmbar wäre, ist darchaus nichts gewon- 
nen: denn niemand wird Muncker glauben, dass infestabantur hier 
als deponeus gebraucht sei, und gegen die verbesserung Schefler's 
‘ infestabant vi (deun so hat nicht ohne paläograpbische umaicht 
Scheffer geschrieben, aber nicht infest abant, wie Schmidt an- 
giebt) spricht schon die stellung des wortes vi. Wer bedenkt, dass 
f. 18 statt infestaretur inficiaretur die lesart . der handachrift 


288 Hyginus. 


ist, der wird es glaublich finden, dass infestabantur hier aus im 
ficiabantur entstanden, dieses aber die verderbung des wortes 
insidiubantur ist, welches in verbindung mit dem dativ der sache 
den abschreibern weniger geläufig war, die wohl auch eher an 
iter infestum et periculosum, als an insidiatores viae 
dachten. Giebt nun die handschrift weiter eosque omnes, so ist 
in omnes wohl nur die verstümmelung ven latrones zu erkennen, 
eosque aber mit der letzten silbe oder den letztem silben des vor- 
hergelienden wortes proficisci zu creosque: $804 eosque zu verbin- 
den und so des durchaus unentbehrliche Isthmicosque wieder- 
zugewinnen: ein name, welcher sich bei Claudiam Ruf. I, 252 in 
gleicher weise verdunkelt findet: denn statt Isthmiaca giebt der 
Patav. timea und viele andere, in denen c noch nicht mit e ver- 
“tauscht ist, timica, tinica. Dass aber vor eosque oder vielmehr 
Isthmicosque etwas fehlt, hat nicht Schmidt zuerst, sondern der 
von Schmidt allein nicht erwähnte Micyllus vermuthet. Was 
Scheffer mit benutzung der von Commelinus vorgenommenen &nde- 
rung vorschlägt: qui eos, qui illic tum, hat keine paläographische 
wabrscheinlichkeit. Dagegen empfiehlt sich die annahme, dass hier 
dasselbe versehen vorliegt, welches f. 29 bewirkt hat, dass jetzt 
im codex über concubuit ut unum diem usurpare die worte: qui 
fam libens, cum eo concubuit geschrieben steben d, h. ein dop- 
peltes proficisci vom schriftsteller gesetzt war etwa in folgender 
(von Muncker f. 4 besprochenen) weise: proficisci. Qui po- 
titus ense coepit. Athenas proficisci. Die ganze stelle dürfte 
daher einst so gelautet haben: 

iubet eum Athenas ad Aegeum proficisci. Qui potitus 

ense coepit Athenas proficisci Isthmicosque 

latrones, qui itineri insidiabantur, omnes. occidit. 

Halle a. S. | Robert Unger. 
| (Fortsetzung 5 folgt). | 


| Sophocl. Electr. 42 | 
hatte auch Reisig. ad Oed. Colon. Aun. critt. p. 164 poxo Xeo»o 
herstellen wollen, freilich ohne allen grund; es ist das bei O. Jahn 
nachzutragen, also auch ein zusatz zu Philol. Anzeig. VII, 4, p. 208. 
Ernst von Leutsch. 


u. JAHRESBERICHTE, 


—— + = gt. rn à en nm ee 


292. Scenische alterthiimer. 
(S. bd. XXIII, p. 273.) 


1. Fr. Wieseler, griechisches theater. In Ersch und Gruber's 
allg. encyclopüdie der wissenschaften und Künste, Sect. I, band 
LXXXII, pg. 159 bis 256; mit einer tafel. 

2. Wecklein, studien zur scenischen archdologie. Im Philo- 
logus band XXXI, 1872, pag. 435 bis 463. 

3. Sommerbrodt, besprechung dieser schrift. Im Philologischen 
Auzeiger. Band IV, 1872, pag. 508 bis 517. 

4. A. Müller, die construction des griechischen theaters nach - 
Vitruvius. In Jahn's Jahrbüchern 1872, pag. 691 bis 697. 

5. F. Wieseleri disputatio de difficilioribus quibusdam Pol- 
lucis aliorumque scriptorum veterum locis ad rem scaenicam spec- 
tantibus. Göttinger prorectoratsprogramm 1866. 4. 20 s. 

6. und 7. F. Wieseleri commentatio de tesseris eburneis os- 
seisque theatralibus quae feruntur. I. Göttinger Index Scholarum. 
Sommersemester 1866 und fortsetzung Ind, Schol. "Wintersemester 
1866/7. 4. 18 bezw. 18 s. 

8. F. Wiescleri. commentatio de difficilioribus quibusdam Pol- 
lucis aliorumque scriptorum veterum locis, qui ad ornatum scae- 
nicum spectaut. Göttinger Index Scholarum. Wintersemester 1869/70. 
4 228. 

9. Sommerbrodt, über das somation der griechischen schau- 
spieler. Im N. rhein. museum 1870. Pag. 424 bis 427. | 

10. F. Wieseler, Monumenti scenici in Annali dell’ iustituto 
di corrispondenza archeologica. Vol. 43. Roma 1871, 8., pag. 97 
bis 107 mit Tavv. d'egg. G. H. J. | n 


290 . Jahresberichte. 


. 11. B. Arnold, platte mit scenischen vorsteflumgen im Collegio 
Romano, Im festgruss der philologischen gesellschaft zu Würzburg 
an die XXVI. versammlung deutscher philologeu und schulmänner. 
Würzburg, Thein. 1868. 8. Pag. 142—157. Mit tafel. 


12. Sommerbrodt, das altgriechische theater. Mit abbildungen 
iu bolzschnitt. Stuttgart. Krais und Hoffmann. 1865. 8. 80 s 

13. HB. Arnold, die iragische bühne im alten Athen mit 
specieller berücksichtigung der Sophokleischen Antigone. Programm 
des k. Wilbelms-gymousiums zu München, 1868. 4. 16 a. Mit 
2 tafeln. MEM 

14. B. Arnold, dus altrimische theatergebäude. Eine studie. 
Programm der k. studien-anstalt zu Würzburg. 1873. 4, 28 s. 
Mit einer tafel. | 

15. C. W. Lindner , Dionysos - theatern i Athen. Om resul- 
taterna af de senast austóllda grafningara à platsen för Dionysus- 
theatera i Athen. Ur Tidskrift for Byggnedskonst och logeniór- 
vetenskap. Stockholm, Marcus. 1865. 4. 24 s. Mit 5 tafeln. 

16. Photographieen, herausgegeben von Hinrichs, Leipzig. 

47. Pervanogls, mittheilung im Archäologiselien anzeiger, ja- 
nuar. 1866, nro. 205, pag. 169 bis 172. 

18. Mate, | rilievi del proscenio del teatro di Bacco in 
Atene. In Annali dell’ instituto di corrispondenza archeologica. 
Vol. 42. Roma 1870. 8. Pg. 97 — 106. . (Vgl. Mon. dell” iust, 
Vol. IX. Tav, 16). 

19.  Tuckermann, dus odeum. des Herodés Atticus wnd der 
Regilla in Athen. Mit 4 bildtafeln. Bonn, Marcus. 1868. fm. 
perialfol. 7 s. 


Die auf den folgenden blütern gegebene übersicht schliesst 
‘ sich an unsern, in dieser zeitschrift band X XIII, pg. 278 bis. 945 
und pag. 482 bis 540 veröffentlichien jubresbericht über scenische 
alterthümer an. Da dort zum ersten male im Philologus dieser 
zweig der alterthumskunde behandelt wurde, so hatten wir nicht 
nur die resultate derjenigen schriften, denen dos verdienst . gebührt, 
auch auf diesem verhältnissmässig erst seit kurzer zeit cultivierten 
gebiete das system strengwissenschaftlicher - durghforschung der 
schriftlichen und bildiichen quellen zur anwendung. gebrucht zu 
haben, ausführlich mitzutheilen, sondern auch über damals noch neue 
&rossartige- entdeckungen eingebem zu berichten. Gegenwärtig 
haben wir es hauptsächlich mit dem ausbau des vorlängst gegrün- 
deten gebäudes zu thun, und nur wenige punkte werden zum er- 
sten male zur besprechung gelangen. Wir haben uns daher bei 
häufigen verweisungen auf den erwähnten — der kürze halber nur 
mit dem buchstaben J bezeichneten — jahreshericht diesmal kürzer 
fassen können, zumal wir über mehrere der angeführten schriften 
bereits im a Philologischen Anzeiger berichtet und dasjenige, was 


Jabresberichte, 291 | 


über den chor, die tanzkunst, die scenische ausstattuug einzelner 
dramen u. dergl. geschrieben ist, für eine besondere besprechung 
wifgespart haben. 

Weiteus die bedeutendste erscheinung aus den letzten zehn 
jabreu liegt in der unter nro. 1 genannten schrift vor. Dieselbe 
zeugt einerseits vou der staunenswerthen belesenheit und avsseror- 
dentlichen denkmülerkuude, welche dem verfasser in folge seiner . 
langjährigen beschBftigung mit dem fraglichen gegenstande eignet, 
und beweist andrerseits deu scharfsinn , mit dem Wieseler dieses 
gewaltige material zu combinieren im stande ist. Da indessen der 
zweck der ubhandlung nicht die darstellung der scenischen alter- 
| thiimer, sondern allseitige besprechung des griechischer. theaters isi, 
so sind inancherlei uns ferner liegende fragen herangezogea, über 
welche auch nur kurz berichtet werden wird. Wir bedauern uns 
eine sulche heschrünkung auflegen zu.müssen, aber eine ausführ-. 
liche bebundlung des ganzen würde das mass eines jahresberichts 
erheblich überschreiten, zumal schon das nothweodig zu besprechende - 
einen bedeutenden raum in anspruch nehmen wird, da der verfasser 
viel nenes geboten hat, was zum grossen theile nicht unwesentlich 
von seinen !rüheren ansichten abweicht und daher eine um so sorg- 
tiltigere heacbtung erfordert. 

Der uulsutz zerfällt in vier abschuitte: 1) begriff des wortes 
Séargorv; verschiedene arten, bestimmung und benutzung der theater | 
(pag. 159—172); 2) theater zu Athen und in Attika (pag. 172— 
186); 3) übersicht der theater in den lündern mit griochischer be- 
völkerung und cultur ausserhalb Attika’s (pug. 186—202); 4) bau 
und einrichtung des theaters (y. 202 — 256). 

Im ersten abschnitte handelt nun der verfasser ouch auführang 
der etymologie von Sé«rgov, wobei die von Plutarch de mus. 27 
erwähnte ableitung von to, nicht übergaugeu wird, zunächst von 
den verschiedenen: bedeutungen dieses wortes, und stellt als solche : 
1) „schauplatz“ oder in der regel ,schauhaus*, 2) „schauspiel“, 
entsprechend den wörtern Jia, déuuu, Fewolu, Pewonuu und 
apectaculuni, und 3) die ,,zuschauer“, Yeural, Jewpsros, Jewgof 
auf. Alle diese bedeutungen werden mit zahlreichen stellen be- 
legt; vou den für nro. 2 angeführten möchte ich jedoch Aelian 
Var. hist. II, 33 lieber zu der bedeutung „schauhaus“ ziehen. Es 
heisst dort: o Ji Iwagauns osuvıov ner Inegolra 10Îg Fear gos? 
st nore dè Evyenidng — fywribero xusvoi¢ TQuyQOoig, rote ye 

auyızveiso. Hier ist Jeurgois von den gebäuden zu verstehen, weil | 
Aelion weiter fortfährt: xai Jugroi dì aywritoutrov 100 Evgs- 
nidov xai éxst xurres, und weil es bekannt ist, dass in Athen 
mehrere theater existierten (vgl. Wies. p. 182). Wenn nun der 
verf. sodann bemerkt, dass die bedeutung „zuschauerraum“‘, welche 
von neueren als die erste und eigentlichste in architektonischer be- 
ziehung betrachtet werde, sich weder bei griechischen, uoch bei 


292 Jahresberichte. 


lateinischen schriftstellern nachweisen lusse, und demnach mit vol- 
lem rechte an einer grossen anzah! von stellen (a. 5) diese deu- 
tung verwirft, su kann ich diese ansicht nicht völlig theilen, glaube 
vielmehr, das» au einigen stellen unter dem fraglichen worte ge- 
radezu der zuschauerraum verstanden werden muss, an andern we- 
nigstens nicht ganz ausgeschlossen werden kann, wenn auch diese 
bedeutung mit audern concurriert. Die ersteren stellen sind ful- 
gende: Plut. Tinol. 34, wo es vou Mamerkos heisst: Fe was 
10 iu«noy dic péoou tod JtuzQov xoi 00€ te ruv Padowy 
doopwo qgroémevos Guvégorbe in» xegoÀjv wg drodurovperos. 
Wären hier mit Wies. die zuschauer zu verstehen, so wäre dech 
die ‚erwähnung des fa Jo» eigeuthümlich ; Joseph. Antiqu. 19, 1, 
18: defsdy roù Jeurçou x(qug 0 Koicug (Caligula) siye, wo Wie- 
selers (p. 245, a. 62) deutung auf den zuschuuerkreis wenig an- 
sprechend ist; Varro R. R. ill, 5, 13: gradatim sunt structa , ut 
Feargldia avium, mululis. crebris $n omnibus columnis impositis, 
sedilia avium; Hor, Ep. ll, 1, 60: Hos ediscit et hos arto stipata 
theatro spectat Roma potens und Auson. Prolus. ludi de VII sap. 
21: cuneuta (nicht cuneati, wie Wies. hat) crevit haec theatri. im- 
manitas. Die bedeutungen ,,zuschauerraum“ und „zuschauer“ cun- 
currieren in der bei Wieseler feblenden stelle Cic. ad Quint. fr. I, 
1, 14, 42: quoniam eiusmodi theatrum es sortitus, celebritate re- 
fertissimum, magnitudine amplissimum, iudicio conditissimum, natura 
autem ita resonans ect. „Zuschauerraum“ und „ganzes theater" 
concurrieren in folgenden stellen: Dem. Mid, p. 533, 15: 20 piv 
oy» nQdirov Nyurdxıovv oi Grzsyognyol xol xod Guy Épacav, ws 
dè én4nou 37 A deu zg0» xai tov oxhov cuvesdaypévor eldov 
éni 10» aywya, wxynour, stucay, ovdeis jyare. Da Wieseler die 
zuschauer versteht, so beruft er sich auf Eurip. Iphig. Taar. v. 306 
Kéchly : molo Ó' Eninpwänuer (vgl. such Androm. 1097 doyut 
i' EmAngovri ele te PovAevrrosa);. indessen ist dieser euripideische 
ausdruck für dJ99o(Qec9a, wohl nur dichterisch; weshalb ich auch 
bei Plutarch Phoc. 5 7) ngouuérou tov Fedrgov und Anton. 56 
rÂnçovuérwr Jeurqur ebenso wie bei Isocr. de pace $. 82 Zwes- 
dar nAnges 7 tò SEarçov, Polyaen. Strat. VI, 10, p. 225 Wolff. 
ened dì xAjote 10 9éargov qv und Diodor XIII, 97, 6 (fehlt bei 
. Wieseler) 105 Ssxrçov mizdorios lieber an den zuschauerraum oder 
auch an das ganze theater denke. Endlich concurrieren diese bei- 
den bedeutungen noch bei Ovid. A. A. I, 89 Sed tu praecipue cur- 
vis venare theatris und ebds. 497 Nec sine te curvo sedeat spe- 
ciosa theatro. ) 
| Der verf. zieht in derselben aumerkung (5) noch die erkli- 
rung des wortes amphitheatrum als hieher gehörig heran. Nach 
der einen, von Dio Cass. XLIII, 22: Sfaredy x xvvgyenxóv, © 
xal dugs9éasQov ix rov négsé navrayoder Edous uvev cxnvis 
Exe nQoaeooéOr gegebenen, der sich auch Gubl und Koner leben 


Jahresberichte. | 293 


der Gr. und R. 3. aufl, p. 529, anm. 1 anschliessen, be- 
deutet Jéargo»v allerdings den zuschauerraum, und. spricht die 
stelle gegen Wieseler; ob in den übrigen stellen mit dem vert. 
eutschieden die bedeutung „ganzes theatergebäude“ anzunehmen ist, 
erscheint mir zweifelhaft; im gcgentheil dürften an denselben beide 
bedeutungeu concurrieren. Die stellen sind Cassiod. Varr. V, 42: 
Cum theatrum , quod est hemisphaerium, Graece. dicatur, amphi- 
theatrum quasi.in unum iuncia duo visoria, recte constat essc no- 
minatum. Plin. Nat. hist. 36, 117, wo von Curio erzählt wird: 
Theatra inxta duo fecit amplissima ligno, cardinum singulorum 
versatili suspensa libramento , in quibus utrisque antemeridiano lu- 
dorum spectaculo edito inter sese aversis ne invicem. obstreperent 
scaenae, repente circumactis, ut conira starent, postremo iam dic 
discedentibus tabulis (so die vulgata bei Sillig ; Jan nach den hand- 
schriften: ut constat, post primos dies etiam sedentibus aliquis) 
cornibus in se coeuntibus faciebat amphitheatrum  gladiatorumque 
proelia edebat (vgl.Friedlünder darst. a. d. R. sittengesch. H?, 220). 
Ovid. Met. XI, 25: structoque utrimque theatro. Vielleicht hat 
auch Mommsen ad Res gest. d. Aug. p. 65: Equidem — credi- 
derim vocabulum, quod hic primum invenitur nec vere Graecum est, 
initio pluruli numero solo «surpatum esse, cum essent. amphitheatra 
tamquam theatra duo nur an den zuschauerraum gedacht. ° Sodann 
meint der verf, es gebe keine griechische stelle, an der das wort | 
Iéargoy im sinne von zuschauerraum den wóriern ógyZ0rQa oder 
cxnv entgegengesetzt werde. Aber bei unbefongener betrachtung 
wird man dies doch trotz Wieseler's widerspruch für die folgenden 
stellen in anspruch nehmen. Diese sind Plut. Phoc. 34: .... zzv 
Exxindlay Èrifgwoay ok üoyoviec, où dovAor, où Ecyov, oùx Griwor 
ánoxgívayttg, GAÂAG Rude xai nuouss avaunentauéruv tO Bima xoci 
zo JéurQov wagnoyorres (logeion und übriges theatergebäude eiv- 
schliesslich der sitzreihen). Philostrat. Vit. Apoll. 5, 7, p. 88, 1 
ed. Kays. roaymdlay d° inayytilos xal xiIagudlay drdpuoir, ols 
pire Dé«igov don, pire cur) ngog ta tosavra, Orédior dì ad- — 
109vig xai yvpyü nmuyzæ (bübne und sitzreiben). Vgl. über die 
cinschlagende geogruplische frage in betreff des theaters zu Olympia 
Wiesel. p. 201, aum. 122. Nach diesen ausführungen müssen wir 
wohl annehmen, dass Séatgoy wenn auch selten und mitunter mit 
andern bedeutungen vermischt, so doch jedenfalls den zuscliauerraum 
bezeichnen kanu; eine möglichkeit, welche auch der verfasser mit 
den worten: „jedenfalls wäre sie nur als eine äusserst seltene an- 
zusehen“ schliesslich zulässt. | | 

Auch für bühne kommt theatrum vor, so bei Isid. Origg. 
10, 253: scaenicus qui in theatro ait; schwerlich aber bei Liv, 
40, 51. 3: theatrum et proscaenium nd Apollinis lecavit, wo Wie- 
seler theatrum für büboe und proscvenium für die hinterwand 
uimmt. Es würde der ausdruck dann dasselbe bedeuten, wie Liv. . 


29A . ‘ Jaliresberichte. 


41, 27, 5: e$ scaenam aedilibus praetoribusque praebendam — (scil. 
locaverunt), falls man unter scaena auch die rückwaud zu verstehen 
hatte. Ich möchte mich jedoch lieber der auffassang Ritschfs 
(Parerga zu Plaut, und Ter. p. 217 aom.) auschliessen, dec unter 
theatrum den zuschauerraum, wahrscheinlich ahue sitıstufen, aber 
mit steinernen schranken um “die cavea, versteht, da bei proscaenium 
»owobl au die bühne als en die hinterwand gedächt werden kann. 
Zweifelhaft bleibt die sache indessen, wie auch die iwschrift Orelli 
3308 iheairum et proscenium. 

Nachdem der verf. sodanm bemerkt hat, dass die baulich- 
keijen für gymnische und alle arten von musischen agoden ében- 
falls theater genannt wurden, sowie dass diese bezeichuung in 
späterer zeit auch auf die für glediatorenkümpfe und tbierhetzen, 
welche von Rom aus nach Griechenland gelangten , bestimmten ge- 
bäbde angewandt werden konnte, dass sie aher vornehmlich an den 
gebäuden für die musischen agonen haftete, wendet er sich zu. dew 
unterschiede zwischen theater und odeion. Nur Wenige theater 
werden gradezu odeen genannt: 1—2) in Athen das an der en- 
neukrunos, das perikleische und das des flerodes Atticus, 4) das 
zu Korinth (Paus, 11,.3, 6); 5) das zu Patrae (ibid. VII, 20, 3); 
. 0) das zu Sınyroa ibid, IX, 35, 2); 7) dus zu Patora (€. 4. Gr. 
4286); 8) das zu Kanatha (ibid, 4614: Jeurgo_udès gótior); in 
" Rom die bauten 9) des Domitian (Suet. Domit. 9) und 10) des 
‘Trajan (Dio Cass. 69, 4); endlich in Cartbago 11) der bau des 
Septimius Severus ("T'eztull. Res. carn. 42). Einige von diesen 
kommen ouch unter der bezeichnung inxwodgiov Jéurgoi vor, so 
bei Pbilostr. Vir. Soph. JI, 1, 5, p. 236, 30 Kays. der bau des 
Herodes Atticus zu Korinth und bei Suid. Hooldgc das odeion der 
| Regilla in Athen. Lateinisch wurden solche gebüude theatra tecta 
genauut, es lässt sich jedoch die bezeichnung solcher gebäude als 
odea nieht nachweisen. Hieher gehören die inschrift des kleinen 
theaters zu Pompeii (Wieseler deukm. d. b. p. 12; Momméen Inger. 
Regni Neapol. lat. 2241): €. QVINCTIVS C. F. VALG. | M 
PORCIVS M. F. | DVOVIR. DEC. DECR, | THEATRVM TECTVM; 
FAC. LOCAR. ÉIDEMQVE PROBAR. und nach Stat. Silv. IN, 5, 
91 eius zu Neapel. Festzustehen scheint, dass alle odeen bedeckt 
waren. 

Der verf. hat sich schon in. seiner ubhandlung über die Thy 
mele p. 50 ff. über die odeen ausgesprochen, uud ich habe in der ber 
sprechung dieser schrift (J p. 501 ff.) darauf aufmerksam gemacht, 
dass wir uns aus mangel au bestimmten nachrichten hier sebr auf 
dem boden der conjectur bewegen; und das ist seit jener zeit nicht 
anders geworden, indess ist in. dem, was Wieseler jetzt giebt, ein 
wesentlicher fortschritt nicht zu verkennen. Er unterscheidet swei 
elassen von odeen, einmal rundgebüude mit einem gerüst für di 
aüftretenden in der mitte und gebäude die dem theater glichen ait 


Jahresberichte. | | . 295 


einer büline, Die erstere art ist die ältere und auch später nicht 
abgekommen, Das ülteste derurtige gebtiude ist die skins in Sparta 
(Tertull, Apol. 6. Et. M. p. 717. Paus. HI, 12, 8. 14, 1), das 
zweite des odeion an der Enneakrunos, das dritte das perikleische !), 
das vierte der von Curtius Peloponn. Il, 222 und 235 erwähnte 
rundbau. In Rom gehört bieher das rundgebäude des Trajan (Paus. - 
V, 12, 4), falls dies mit mehreren forschern. als odeion aufzufassen 
ist. Bestimmt sind diese baulichkeiten für musische agonen, .bei 
denen es sich um gesang oder musik, oder um beides in verbin- 
dung, oder um recitationen handelte. Dass kyklische oder dithy- 
rambische chöre in odeion auftraten, ist nicht bekannt. Bramen — 
und zwar wohl die in späterer zeit üblichen dramatischen mono- 
diees — konnten nur in der zweiten art von gebäuden, den thea- 
terfürmigen odeien, aufgeführt werden. Als älteste dieser gattung 
sind bekannt die bauten des Herodes Atiicus zu Athen und Korinth. 

Solche kleinere theater — theatru tecta?) — scheinen in 
spáterer zeit mehrfach den grüsseren unbédeckten beigegeben zu 
sein (Tert. Apol. 6); es fragt sich, ob diese theater, wie häufig 
geschieht, geradezu als odeen au bezeichnen sind. Es würden dann 
Jie bedachung, die geringen dimensionen und die beziehung zu 
einem grösseren theater genügen, um ein odeon zu charakterisieren. 
Das dach lässt sich in dieser weise schwerlich anfülren, da die 
für die odeen bestimmten aufführungen auch in unbedeckten thea- 
tern stattfanden (Hesych. @deïor rorog, tr m moi to Featgor 
xara0xtvcgÓ Tras où buwwdoi x«l of xsPagmdoi jywrifevio und 
viele andre stellen, die der verf. in anm. 30 anführt) und die be- - 
dachung wahrscheinlich schutz gegen kälte und sonnenbrand ge- 
währen sollte, wie denn z. b. die Karneen, an denen die skia» 
gerade benutzt wurde, in die heisseste jahrszeit fielen. Ebenso- 
wenig ist die geringfügigkeit der dimensionen ein absolutes at 
tribut der odeen, denn von denselbeu waren z. b. die athenischen 
grösser, als viele unbedeckte theater. Endlich lässt sich nicht be- 
haupten, dass irgend ein odeon zu irgend einem unbedeckten theater 
in besonderer beziehung gestanden habe; und wenn man vollends 


1) Hinsichtlich des odeions an der enneakrunos widerspricht auf 
grund von Schol. Arist. Vesp. 1109 und der terrainverhältnisse ant- 
schieden Wachsmuth die stadt Athen im alterth. p. 275 ff. Das 
perikleische erklärt er auffallender weise p. 277 nicht für einen 
rundbau, während er p. 553 sagt: „dagegen wurde für die musikali- 
schen aufführungen, die Perikles zu einem theil der panathenüenfeier 
machte, ein besonderes kreisrundes gebäude am ostabhange der 
burg aufgerichtet‘, | | 

2) Von beachtenswerther seite (Tuckermann in seiner unter nro. 19 | 
verzeichneten schrift) wird angenommen, dass die alten vollstün- 
dig bedeckte theater nicht kannten; vergl. was unten p. 852 über 
die restauration des daches beim odeion des Herodes in Atben ge- 
sagt wird. 6 Ä M | 


296 Jabresberichte. 


each Vitruv. V, 9 angenommen bat. dass die odeen den in ue- 
bedeckten theatern sitzenden hei plôtzlichem regen schutz bieten 
sollten, so passt das auf mehrere bekannte fälle geradezu nicht, 
iu denen die odeen keineswegs in unmittelbarer nähe der bedeckten 
theater gefunden werden. Den unterschied zwischen: theatrum 
. tecum und theaterfürmigem odeon serzt der verf. darein, dass 

dieses ausschliesslich für gesang und musik errichtet ist, jenes 
sich in seiner bestimmung durchaus nicht von dem unbedeckten 
theater unterscheidet. Da wir nun aber nicht wissen, welche auf- 
führungen in jedem nachriclilich oder durch reste bekannten thea- 
trum tectum staitgefunden haben, auch recht wohl in einem sol- 
chen gebäude abwechselnd. beiderlei auflührungen vorgekommen 
sein können, so scheint es mir gerathen, statt Wieseler's dreithei- 
lung anzunelimen, uns mit einer zweitheilung lediglich nach der 
form als rundgebäude oder theatra leciv zu begnügen. 

Im weiteren verlauf (p. 164 i.i führt der verf, auf grund 
zahlreicher belegstellen aus, dass nicht ip allen thestern jede art 
von. musischen agouen, in manchen nicht einmal dithyrambische und 
kyklische chöre und dramen zur. aufführuug gelungt sind. Der 
umstand, dass das theater hauptsächlich platz des dionysischen fest- 
Spieles war, gilt zunächst vou Athen, Attika, den stammverwandten 
und den unter Athens geistigen einflusse stehenden .orten;. über- 
haupt ist dem Dionysos erst mit der zeit jene umfassende bezie- 
hung zum theaterweseu zu theil geworden; neben ihm hatte na- 
mentlich Apollo theil un demselben, mit dem freilich Dionysos 
immer mehr in verbindung gebracht wurde (s, auch Lüders die 
dionysischen künstler p. 109 ff). Die theatergebäude dienten viel- 
fueh anderen zwecken. In Athen wurden dort schon früh habnen- 
kämpfe abgehalten (Aelian. Var. hist. II, 28), später auch gladiato- 
renkampfe rümischen Lrauchs (Phiiostr. Vit. Apoll. IV, 22, p. 73, 
32 Kays. Dio Chrys. Orat. 31, 2. 121), welche auf dem grie- 
chischen festlande zuerst in der colonie Julia Corinthus (Welcher 
Syll. Epigr. gr. p. 132), uud zwar, obwohl die stadt ein amphi- 
theater hatte, im theater gegeben wurden. Ju Platää, der einzigen 
in dieser beziehung noch genannten stadt des mutterlandes (Apul. 
Metam, X, p. 78 ff. ed. Bip.), fanden sie auf der agora statt. 
Weiteres über die gladiatorenspiele angeführte übergehen wir, er- 
wähnen aber den dieseu näher stebenden $ufdouuylus dywy (Plat. 
Alex. 4). Ebenso kamen besonders in Asien die thierkämpfe und 
jagden in gebrauch, die sich auch auf dem. európáischen festlande 
io Thessalien, Korinth, Platää, Athen und Eleusis finden (Ael. 
Spart. Hadr. 18. -Artemid. Oueir. 1, 8) Wo kein amphitheater 
vorhanden war, auch selbst, wo es ein solches gab, wurden sie 
ausser im stadium und auf. der agora im theater gegeben (Luc. 
"Tox. 59. Porphyr. de Abstin. Ill, 20, p. 143, 11 Nauck). Auch 


Jahresberichte. | 289 


gymnastische schaustellangen kommen im theater vor, selbst da, 
wo ein stadium vorhanden war (Luc. Anach. 38). 

Der sehr bekannte gebrauch, im theater volksv ersammlungen 
abzubalten , scheint von Athen auf die übrigen griechischen ort- 
schaften übergegangen zu sein; ob die ersten spuren desselbeu 
schon bei Arist. Equitt. 749 zu finden sind, ist zweifelhaft. Demosth. — 
Mid. 22. 8. 10 und Aesch. fals. leg. 2. 61 zeigen, dass verhand- 
lungen über angelegenheiten des heiligthums und der feste des 
Dionysos gesetzlich im theater stattfanden. Auch sonst versam. 
melte sich das yolk hier, besouders wenn man auf starken besuch 
rechnete oder einen besoudern pomp entfalten wollte (Diod. XVI, 
84, Harpocr. s. v. negí(zo2oc). An den Dionysien, wenn tragò. 
dien gegeben wurden, uuhm man ebrenbezeugungen (Aesch. Ctesiph. 
2. 49. Dem. de Cor. 2. 120), vertheilung der überschüsse des 
tributs (Isocr. Pac. 2. 82), die verfiibrung der waisen der im 
kriege gebliebenen (ibid. und Aesch. Ctesiph. 2. 154) u. a. m. im 
theater vor. indessen blieb auch die puyx versammlungsstütte 
(Philoch. ap. Schol. Arist. Av. 997), nameutlich uahm man dort 
die wahl der magistrate uud besonders die des strategen vor (Poll. 
Vill, 132 und andre in anm. 97 angeführte stellen). Ausser dem 
dionysischen theater in Athen diente auch das im Piräeus den Athe- 
nern zur versammlung (Lys. Agor. 42. 32, 55 u. a. m.) Auch 
bier wird die verleihung .von ehreukränzen bei gelegenbeit der auf- 
führung von tragódien vorgenommen (C. Inscr. Gr. 101; auch in 
Salamis noch in später zeit ibid. 108). Auch letztere sitte ging von 
Athen auf die übrigen Hellenen über, und finden sich zahlreiche 
belege dafür auf den inseln der ehemaligen athenischen bundesge- 
mossen (Teuos C. I. Gr. 2330 — 33; Syros 2347c; Keos 2354 
u.a.m.). Ausserhalb Attika's findet sich die sitte am frühsten be- 
zeugt für Syracus (Plut. Timol. 34. 38), für Agrigent schon wäh- 
read des peloponnesischen krieges (Frontin. Strateg. Ill, 2, 6); in 
Groesgriechenland für Tarent (Val. Max. Il, 2, 5). Es folgen 
weitere beispiele für das griechische festland, die inseln und den 
asiatischen continent. Der fragliche gebrauch scheint in den spä- 
teren zeiten eher zu- als abgenommen zu haben. 

Sodann wendet sich der verfasser gegen die meinung Donald- 
son's (gestalt und einricht. d. gr. th. in Stuart und Rev. alterth. 
v. Ath. übers. v. Waguer lll, 212), O. Müller's (Arch. è. 289, 
A. 3) und Geppert's (altgr. bübne pag. 107. 127), dass der redner 
iu der volksversaminlung von der bühne herab gesprochen habe 
und sucht wahrscheinlich zu machen, dass zu diesem behufe jedes- 
mal ein gerüst in der orchestra errichtet oder in dieselbe hinein- 
gebracht worden sei. Der beweis scheint mir aber nicht völlig 
erbracht zu sein; denn aus Plut. Timol. 34 ist nichts zu entneb- 
men, ebenso wenig aus Plut. Marcell, 20; Timol. 38 und Nop. 
Timol 4, 2 kónnen wohl nicht veranschlagt werden, da es sich 


Philologus. XXXV. bd. 2. | 19 


290 Jahresberichte. 


bier um einen ganz besonderen fall mit einem blinden manne han- 
delt. Plut. Demetr. 34 und Arat, 23 will der verf. selbst nicht 
in anspruch nehmen, thes. V, 51, p. 213e: xai magtÀJo» 6 


aegmannxög de shy dggndrgur — suruolcınos roig AImvaloıg 
. xa) Tn xyÀ. beweist nur für das auftreten in der orchestra. Es 
bleibt else nur ‘Fim. Lex. Plat. p. 190 Rubnk.: óxo(fac 7E] y MU 
10 dv 1d. Sedzop uSéuevos, Ep’ où Toravını of 1a dguocsa Âé- 
yovuc Juuéin yo ovdenw qv Afyés your nc Aoyslov èors Eie 
dorogeouern EvAwy, tha éEüc oxelBus dà svoucteras. Es ist 
richtig, dass hier gegen die ausicht, als sei der dxglBas die 9v- 
uéàg oder des Aoyeioy gestritten wird; ob aber eine so späte 
nachricht ohne weiteres auf die älteren zeiten übertragen werden 
kann, und ob man uickt vielmehr für die früheren jahrhunderte 
eine verwendung der thymele zu diesem zwecke annehmen muss, 
wenn nicht gar die bühne selbst gebraucht wurde, scheini mir doch 
sehr der überlegung wertb. Für etwaige volksversammlungen in 
kreisrunden odeen nimmt auch der verf. die verwendung der thy. 
mele an. Mit bestimmtheit lüsst sich meines erachtens die fruge 
nicht entscheiden. — | 

Mit zahlreichen, hier nicht zu wiederholenden, belegen wird 
im weiteren verlauf gezeigt, dass in den theatern die bilder von 
dichtern, schauspielern, musikern und andern dort auftretenden, 
selbst banausischen, künstlern, ferner die von personen, welche sich 
Hm den staat im kriege oder im frieden verdient gemacht hatten, 
sufgestellt wurden. Man hegrub sie auch dart und setzte ihnen 
deokmiüler. Letzteres wird für die ältere zeit nur dadurch bewie- 
sen, dass Suidas (s. v.) erzählt, Drakon sei im theater von Aegina 
begraben; in späterer zeit finden wir eine mime Basilla, die im - 
amphithenter zu Aquileja begreben ist (€. I. Gr. 6750). Urnen 
und 'eichname, vielleicht von scbauspieleru, sind im theater zu Fae- 
sulae gefunden (Wieseler, denkm. d. b. p. 27 zu HI, 11c). Von 
dem denkmale eines legionars (leg. HI Cyren.) im theater zu Bo- 
stra berichtet C. 1. Gr. 4651. Man stellte auch stelen mit volks- 
beschlüssen im theater auf (C. I. Gr. 4845) bder brachte sie am 
gebäude an (ibid. 1710 v. 9; 2782; 2787; 2812), wohl weil die 
theater zu den besuchtesten plützen gehôrten. Eine ausserordent- 
liche cüreubezeugung im theater wird ferner nachgewiesen aus 
Plut. Sulla 11, so wie einige falle von bestrefungen aus Plut. 
Timel. 34 und Philon. adv. Fiacc. p. 975. 

Zu underweitigen zwecken ist das Dionysostheater oder ir- 
gend eiu anderes griechisches theater nicht benutzt. Wenn man 
geglaubt hat aus Plut. Phoc. 34 die -gelegentliche benutzung des 
theaters als gefüngniss nachweisen zu können, so ist das ebenso 
irrthiimlich, als wenn aus Xen. Hellen, IV, 4, 3 gezeigt werden 
soll, das theater sci ein gewöhnlicher aufenthaltsort gewesen, End- 
lich sollen nach Ploto Apol p. 26 e in der orchestra des Dio- 


Jabresberichte. 29; 


uysostheaters die schriften des Anaxagorus verkauft worden sein; 
indessen ist die stelle schon yorlüngst anderweitig erklärt. 

Der zweite abschnitt (p. 172—186) handelt von den theatern 
in Athen und Attika, und erürtert zunüchst die frage, wo und in 
welch einem lokale zu Athen die drameu zuvörderst zur aufführun 
 gebrecht wurden. Der verf. wiederholt hier im wesentliehen die 
resultate seiner Disputatio de loco, quo ante theatrum Bacchi lapi- 
deum exstructum Athenis acti sint ludi scenicì fGöttinger prorecto- 
ratsprogr. 1860). Ueber die ältesten zeiten fehlen allerdings die 
nachrichten, indesseu ist es eine glaubliche wermufhung , dass die 
dramen, so lange sie sich in den schranken: des einfachsten ky- 
klischen chores hielten, auf dem vorplatz jenes alten cultustempels 
zur aufführung gelangten, welchen der 4fiovvcoc "Rievdegsvs (oder 
"Eleudéqros, Anvaieg, 6 iv Atuvars, diuvaïoc, è im  Poyagas, 
vgl. anm. 5 — 12) in dem südlieh: von der akropolis belegenen 
lenion besass (Burs. geogr. v. Grchld. I, 296 ff. Curtius erl. text 
zu den sieben karten pg. 22. Wachsmuth l. 1. I, 305, 384, 385, 
399, 401). Schwierig aber ist die beantwortung der frage s wo 
die dramen seit den neuerungen des Thespis und vor erbauung des 
steinernen Dionysostheaters aufgeführt worden sind, da in den uns 
darüber erhaltenen nachrichten ein auffallender widersprüch statt- 
findet. Die eine gruppe der gewührsmünner sagt, der schauplatz 
sei in der bezeichneten periode das lenäon gewesen: Hesych. ini 
Anvalo dyobv: Fous dy sj diores Aifvasov neolforov Éyov. péyay 
xai dv avım Anvalov Jıowioov isoov, dy d Enerelouvıo ok üydiveg 
"d9uaoímv, noir to Oéargov olxodoundüvas. Phot. p. 162: 
Anvasov negífloloc p£yac ’AIynow, dv @ rovg aydvas riyov 200 
ToU JEurgor olxodoundivar. Bekk, Anecd. p. 278: Aijvasoy, 
tego fiovécov,. ég’ où rove ardvas éx(Jecav nQÒ ro? và Jéa- 
rQov avozodoundüvas. Dagegen sagen andere zeugen aus, dass 
ver erbauung des theaters die agonen auf der agora, abgehalten 
seien: Photius 106, 2: Txgsa, zu è» ti áyopü, ag’ wy édedvro 
zo9g diovuosazode &yüvag ziv 7 rud er 10 dy» Asovicov 
Séarçov. Eustath. Od. Ill, 350, p. 1472, : Tortoy dì dts Txgua 
nQoxagelvróvoc &ldyorıo xai tà iy icf rogi. áp wy è3Fsdvro 
10 sadasòv rovg diprucsazode aywras nol 7 cxevacdnvas rà dv 
dsovvcov Jéarçor. Während diese nachrichten klar und bestimmt 
sind, ist die folgende bei Suid. und Hesych. a. v. aiyelgou Ila: 
alyeiges Av "Anar minaloy tov legov, Evda noir yevé das 
Féargoy ta Tugua Émjy»yvov: ag’ ic alyeígov of pn Eyovseg to nov 
2Iewgovr, bald zur ersten, bald zur zweiten gruppe gezogen, je 
nachdem das íegó» für das des Dionysos oder das der 2fgQodírg 
wasdnpos gehalten wurde. Ob man aber überhaupt irgend ge- 
wicht auf diese nachricht zu legen hat, wird zweifelhaft, wenn man 
eine andre gruppe von notizen in betracht zieht, welche dazu be- 
stimmt sind, die sprichwôrtliche redensart nag’ alyelcov Jéu zu 


19* 


293 | Jahresberichte, 


erklären (Hes. zug’ alyelgou Séa, Phot. p. 81 und Bt, Magn. 
p. 444, 16; Eustath. Od. E, p. 1523, 25; Suid. da’ alysigov Fa; 
- Bekk. Anecd. p. 354 und 419; alle gesammelt bei Schneider Att. 
theaterw. p. 62 ff.) und besagen, dass in der nähe des theaters 
eine pappel gestanden habe, ohne jedoch biuzuzufügen, wo sich 
dies theater befunden hatte. Obwohl nun diese nachricht in bohem 
grade den anscbein eines etymologischen mythos bat, ist sie doch 
zur beweisführung dofür benutzt, duss die spiele auf der agora 
stattgefunden bitten, weil man diese pappel mit einer andern, die 
auf dem markte gestanden haben soll, wie es scheint, ohne binrei- 
chenden grund identificierte. Hes. s. v. dr alyeiqwy sagt nämlich: 
"Avôçoxhéa tov ax’ ulyslowv, dvrè 100 ouxopartny, nud dx tf 
dy 77 Gyooî abyelgov ta nevaxa Pgmzrov [rovréor,» döngzen). 
Dass aber diese sykophantenpappel von jener andern pappel zu 
trennen ist, scheint schon der umstand anzudeuten, dass hinter den 
betreffenden worien des Hesychios obne alle scheidung noch die 
worte oi goyato: stehen, welche ohne zweifel eine andre, mit 
jener ersten gruppe stimmende, erklärung der worte aa’ alystQw» 
enthalten, u 
Fragen wir nun nach den ansichten der forscher, so haben 
zunächst Boeckh, Leake, G, Hermann, Schneider, Fritzsche und 
Geppert (s. die nachweisungen bei Wieseler aum. 17) einfach an- 
genommen, dass die dramen im lenüon aufgeführt seien. Eine ver- 
mittelung der beiden entgegenstehenden nachrichten versuchten G. 
Hermann (Lpz. litteraturz. 1817, p. 478 ff.) und Schneider (Att, 
theaterw. p. 6. 32, anm. 24), und zwar dahin, dass die agonen 
an den städtischen Dionysien auf der agora, an den Lenäen im le- 
näon stattfandeu; ferner Curtius (Erl. text. p. 25), nach dem die 
spiele im bezirk des Dionysos vorgingen, aber die sitzreihen auf dem 
‚altmarkte aufgeschlagen wurden, so dass mau vom warkte aus den 
schauspielen zuschauen konute, Jede vermittelung verwerfen Wie- 
seler und Wachsmuth |. | p. 510, anm. 1. Ersterer meint, gegen 
die nachricht des Hesych. éxi Æmralm und die damit stimmenden 
erwecke der umstand misstrauen, dass es danach scheine, als ob die 
agonen nur vor, nicht aber nach der erbauung des theaters im 
lenüon stattgefunden hätten. Indem er daher in dieser gruppe von 
uachrichten einen fehler vermuthet, glaubt er, dass in ihrer gemein- 
samen quelle, vermutblich einer alten erklärung zu Arist, Acharn. 
504, die prüposition do gestanden habe, welche dann in gà bezw. 
#oiv verderbt sei. Hienach entscheidet sich der verfasser für den 
altmarkt, Dem gegenüber sucht Wachsmuth den fehler in der 
nachricht des Photius und Eustathius; es seien in derselben zwei 
glossen zusammengeflossen, deren eine die îxquu èv 17 Gyogg, die 
andre die scenischen Txgsu betraf. Aus Poll. VII, 125: ixvsoxosoi 
d° sloty of nnyrüvrsc za 2egh tv ayogav Üxora, erhelle, dass man- 
cherlei gerüste auf dem markte aufgeschlagen worden seien (Hes, 


Jahresberichte, 293 


8. V. Txgsa; Wachsm. |. 1. p. 201). Indessen gesteht Wachsmuth 
selbst, dass ihn diese lösung nicht ganz befriedigt und empfiehlt 
denen, die sieh in gleicher lage befinden, einfach den widerspruch 
Zu constatieren und sich die unfähigkeit , denselben zu heben, zu 
gestehen. Diesem rathe möchte auch ich folgen, zumal Wieseler’s 
scharfsinniges verfahren doch wohl nicht über jeden zweifel er- 
haben ist; denn das gegen die erste gruppe gelteud gemachte be- 
denken ist nicht selır erheblich. Die nachricht hat auch so, wie 
sie dastelit, ibren guten sinn, wenn man nur besoudern nachdruck 
auf den xeotfodog legt, in welchem auf einer nicht näher bezeich- 
neten stelle die spiele stattgefunden haben sollen, von denen es 
gewiss nieht nüthig war, besonders zu berichten, dass sie spüter 
auf dem im lenüon liegenden theater aufgeführt würden. Uebri- 
gens werde ich nicht übergehen, was der verf. zur stütze seiner 
meinung sonst beibripgt. Ueberhaupt, sagt er, war der markt in 
älterer zeit nicht nur der platz des waarenverkehrs und des öf- 
fentlichen lebens, sondern auch des gottesdienstes, und es wurden 
dort den gemeinsamen göttern heiligthümer und altäre errichtet und 
festfeiern gehalten (vgl. Guhl und Koner |. l. 3. aufl. p. 120); 
io Sparta war auf dem markte ein heiliger tanzplatz, von dem der 
ganze markt yogoc hiess (Curt. Pelop. Jl, 229. 231); Plato (Legg 
VII, p. 817c) lässt geradezu bübnen auf dem markte aufschlagen. 
Allerdings befand sich auf der ‘agora weder ein tempel, noch ein 
altar des Dionysos; auch unter den zwölf göttern, denen der altar 
auf dem markte geweiht war, hatte Dionysos keinen platz (Pe- 
tersen das zwölfgöttersystem bei den Griechen, Hamburg 1858, 
p. 14 ff. Mommsen Heortol. p. 894, apm. ME Pind. frgm. dithyr. : 
8, v. 7—10 Schn.: Mode té ue ovv aylag | Were nogevFéivr 
Bode Bevtegov | ext rdv xicoodérar Sao, Ex Bçôuror roy 
"Egthôur. te Pooroi xaA£outv). ludessen kann dieser umstand nicht 

eu; der cult des Dionysos konnte überall verrichtet wer- 
den, wo mit den gehörigen gebräuchen des gottesbild aufgestellt 
oder sein altar errichtet war (Theocr. 26 anf.; orakel bei Dem. 
Mid. 2.52). Auch in späterer zeit noch wurden auf der orchestra, 
welche sich in Athen auf der agora befand (Wachsmuth |. 1. P- 170 
und 509), dithyramben aufgeführt. 

Es entsteht nun für b. verf. die frage, auf welcher stelle 
der agora die spiele gehalten wurden, denn dass es sich, selbst 
wenn das theater für jede aufführung neu hergerichtet wurde, um 
einen festen platz handelte, scheine aus den angaben über die 
schwarzpappel gefolgert werden zu müssen, Die beantwortung 
dieser frage richte sich nun nach der ansicht, die, man über die 
agora habe. Nehme man für alle zeiten mit Forchhammer nur 
einen markt an oder betrachte man bei der annahme von zwei 
märkien die orchestra als zur ülteren gehórig, so werde man jene . 
orchestra such für die des theaters halten > 80 dass nur die bühne 


204 Jahresberichte, 


jedesmal aus holz errichtet worden. sei. Dagegen habe Cartius 
(Verhdl. der Hamburg. philologen-vers. p. 69 ff.; Attische studien 
H, p. 46; Erl text p. 27. Bursion Gr. geogr. 1, 280 ff, 
Wachsm. LI 1, p. 497 ff.) séhr wahrscheinlich gemacht, dass 
unter den Pisistratiden eine nevé agora im Kerameikos entstanden 
und dieser die orchestra. zuzuweisen ser (Wachsm. 1. 1. p. 170. und 
509). Danach könne also jene orchestra auf der neuen agora 
nicht mit dem alten theater ia verbindung gebracht werden, Da- 
hingegen biete sich. von selbst die vermuthung, der platz der spiele 
sei identisch gewesen mit dem der volksversammlungen. Diese 
wurde» vor alters in der nähe des _heiligthumes der "Apoodira 
z“rdnog abgehalten (Herpocrat. s. V.: “Anodi6dwoos ld» rep spi 
er Haydnpòv gno» AS ive Sos T» dg deudstouy neoi 
zn nozatay cyogar dà có évravda návra Tor dquor Ovvaysodaı 
10 madasdv d» raig Euxinotass, dg éxddovy dyoedg). Dieses hei- 
ligthum setzt nun der verf. mit Leake, Forchhammer und Bursian 
1.1.1, 803 (vgl. auch Wachsm. 1. 1. p.. 247, 405 ff. und 413. 
Auders Curtius Att, stud. 1, 45 ff. Erl text p. 22. 24) an den 
- südwestlichen abbang des burghügels und verlegt dortbin auch die 

schau rüste des ältern theaters (Bes. und Suid. s. v. alyeígov Ha), 
| > also das feoov für das der “Apgodim smivónuoc erklärt und 
boa i im sinne von ,in dessen nähe“ gefasst wird. Dass der zu- 
schauerraum an einer anbühe lag, dafür werden die stellen, welche 
die schwarzpappel mds» zov Seurpov ansetzen (Bustath. Suid. 
Bekker Anecd. s, oben) aufgeführt. 

Den bau selbst anlangend, so bestanden bübne und sitzreihen 
aus holz, wie Hesych. s. v. îxgsa* xai wa Sviuva oùrwç Byorvio 
"AImnow, ap wy EIewvro wed toU iv Aiovvoov Vtarpor yerkadaı 
berichtet, und wenigstens die bühne wurde jedesmal neu aufge- 
schlagen , die orchestra bildete der natürliche erdboden., Aus Hes. 
naQ ulyeloov Fia wird geschlossen , dass die zuschaner sassen. 
Als die zahl derseiben gestiegen, sei der ‚raum zu_ong geworden, 
so dass man sich drängen und stossen (Scbol Luc. Tim. 49), ja 
selbst die schwarzpappel als sitz. zu hülfe nehmen musets, 01. 70, 1 

brachen nun hei einem wettkampfe des Pratinas, Aeschylus ard 
Choerilus (Suid. in ^ficyvAog und Moativaus) die sitzreihen zusam- 
men (Cart. Erl. text p. 34. Wachem. I, È p. 511), und man be- 
schloss ein steinernes theater zu bauen, zumal des, Aeschylus neue- 
rungen ein würdiges lokal erheischten. Man baufe,upm nach dem 
verf. das Dionysostheater nicht an der früheren stelle, sondern im 
Lenäon, weil der alte platz für einen solchen hau, zu klein war, _ 
die alte agora der neuen gegenüber immer mehr verödete, das an- 
sehen des Dionysoscultus seit Pisistratus immer mehr gestiegen war 
(Welcker Nachtr.. z. Aesch. tril. p. 248 ff.) und die agonen an 
den grossen Dionysien aufgekommen waren (Mommsen Heortol. 
p. 58 f). Der gott konnte nun, anstatt sich sclbst nach dem 


. Jahresberichte. 295 


markte zu begeben, die menge in sein eignes heiligthum kommen - 
lassen. Dem markte blieb dagegen die aufführung. des ditbyrambos 
(Xen. Hipparch. 3, 2. ‘Petersen 1. L p. 14. Mommsen 1.1. p. 394). 

Ver den Perserkriegen hatten wahrscheinlich die Bitzreiben 
des steinernen theaters nicht die ausdehnung, wie nachher; ob aber 
der verf; mit der behauptung, sicherlich sei noch kein voll- 
ständig ausgefübrtes steinernes bühneugebäude vorhanden gewesen, 
recht hat, ist mir zweifelhaft (vgl. auch Wachsmuth L I, p. 593, 
anm. 2). Schon Phil. 23, p. 539 habe ich darauf aufmerksäm gemacht, 
dass für die Aeschyleischen neuerungen gerade eine mit inaunig- 
fachen vorkehrungen versehene feste skenenwand von der grössten 
bedeutung sein musste. Môglicher weise war eine solche aus holz 
hergestellt, jedenfalls erscheint des verfassers sicherlich als zu 
stark. Nachdem dann das theater wahrscheinlich durch Mardonius 
einigen schaden erlitten batte (Curt. ER}. text p. $4, Wachsu. 
I. l.p. 553), wurde es wieder in den gehörigen stand gesetzt, 
und sind damals bei der rasch zunehmenden blüthé Athéis wohl die 
sitzreihem angemessen vermehrt worden. Der nuömehr angebrachte 
schmuck wird sich mehr auf din zuschauerraum, ils auf des büh- 
u äude haben, da dieses bei den büffübrungén, wo 
namentlich wegen der deputationen der butideigénéasen viel prächt 
entfaltet wurde, durch die decorationen den augen entsogeii war. 
Doch bleibt das dunkel Der redner Lykurg hat nach verschie- 
denen nachrichiéh des theater volleodet. Hyperid. bei Apsines da 
arte rhet. p. 708 Ald.: ruyS9elg d’ dni. 17 diosxndts Tüv yoniditir 
ados xd cove, Guodi poe dà 70 Déargor, 7 gdsior, Huosa. — Plut. 
V. Lyc. p. 271, 19 ed. Westerm.: gai :ó dw Æovÿoov Fiatgay 
imorarisv Imerfàscev. . Paeplistia des Stratokles ibid. p. 279, 89: 
woöc dè sovross Suísoya xagalafidy rav ss venüoiovó HEL Ty 
Oxevodyxny xa 7d Péasger 1d diovugsandy iFisgjucaro nat int- 
védsce xiA, Paus I, 29, 16: olzodopypirra dè Biersitor div 10° 
Qéasqo» biiguwi Sragfapivwv sil. Endlich ein Yol Kumiünudis 
Ephim. N. f£. Nov. 1802, tro, 241 und von Carl Cüfiius Phi- 
lolog. XXIV, p. 88 ff. ediertes inschrifisfragmeht: .... rovc 
vetedo[zovc  iboxodópaarv, my dà oxevodyjxny. xal tò FEarpov 10 
diorvesazò tEnoydoare, 10 ve gradıov 36 Havadnvaixoy xal tò 
yuprdasov 16 xara 1d Afuuor xaregsesacev . . . . Diese nach 
richt ist verschieden verstanden worden. Sommerbrodt (vgl. Phil. 23, 
p. 283) meinte, man habe bis zur seit des Lykurg nicht aufge- 
hört, das theater auszuschmücken, nach dieser zeit aber sei bei 
dem sinken des Athenischen woblstendes und dem heriititerkonimen 
des theaterweseté keine sorgfalt mehr auf dasselbé Verwandt. Be 
lichs (vgl. ebds, p. 589) glaubte dem Lykürg die aufftibruig der 
skenenwand £üschreiben zu sollen, äbtilieb Bursian Gr: géogr: I, 
297. Wieseler beziebt die notizen suf deu vollkommeneti susbau 
des bühnengebäudes, das erst jetzt mit einer stehenden bühne dad 


206 Jahresberichte. 


vermuthlich auch mit mehr decorativem schmuck an den diese um- 
gebenden wünden, bauptsächlich an der hinterwand, versehen sei. 
Wachsm. 1. l. p. 593 denkt an einen neubau, vielleicht eine er- 
weiteruog , jedenfulls an einen totalen, mit prachtvoller ausschmü- 
ckung verbundenen umbau des alten einfachen steingebäudes. Carl 
Curtius (Philolog. XXIV, p. 270) hält mit recht dafür, dass bei 
der höchsten pracht der scenischen darstellungen im fünften jahr- 
hundert für die dazu erforderlichen grossartigen decorationen and 
maschinerieen jedenfalls ein steinernes hühnengebäude vorhanden 
gewesen sein müsse und folgt im übrigen Wieseler. Hinsichtlich 
des schmucks glaubt er mit Urlichs, Lycurg habe das bühnenge- 
bäude mit seinen wünden und intercolumuien, die treppen wie die 
ränder der sitzreihen, die orchestra und die parodoi mit statuen 
von dichtern und steatsmünnern, mit gruppen nach dramatischen 
motiven und anderem plastischen schmuck versehen. Ferner vindi- 
ciert C. Curtius, um dem worte 2£soydlso9as gerecht zu werden, 
auch dem Lykurg die erweiterung der sitzreiben im anschluss an 
zur stütze dieses bestimmtes mauerwerk, welches an der westseite 
des theaters ausgegraben ist (Curt. Erl. text p. 89). Interessant 
ist, dass derselbe gelebrte auch das éréour vaugkaperwy des Pau- 
sanios nachweist und zwar aus einem volksbeschluss vom jahre Ol. 
109, 2 (archon Pythodotus), wo der rath belobt wird, weil er 
x xo) dixalws enewednIn ing evxocplas tov Dedíroov (Kuma- 
nudis Philistor A, p. 190). In einem andern beschluss auf der- 
selben süule (col. B) wird ein Knpsoopwy Kepadlwvos "Ayıdralog, 
ein rathsherr, erwähnt als 2s? zo Searguxdy. Diese bauten wurden 
durch den krieg unterbrpchen (Ol. 110, 2) und erst nach der 
schlacht bei Chaeronea durch Lycurg wieder aufgenommen und 
vollendet. Den abschluss derselben setzt C. Curtius Ol 112, 3 
(vgl. Wachsm. 1. L p. 599) im anschluss an die in der neunten 
prytanie dieses jahres verfasste, in J. jahrbb. 1860, p. 60 ff. publi- 
cierte, inschrift: xai viv #medédwxev (Eudemos aus Platää) sic zur 
olmo 10U Orud(ov xai roù OtcrQov roV llavoaOmvaixoU vA 
Dey n xai saUra nisougpev drraviu woò Havadyvatwy, in welcher 
die worte rot HovadSnvaixot hinter cradiov zu setzen sind (vgl. 
Curt. Erl. text p. 39. Wachsm. |. |. p. 600 und anm. 1). Wabr- 
scheinlich seien die von Lycnrg um theater vorgenommenen bauten 
gerade bis zum panathenäenfeste fertig geworden. So weit C. 
Curtius.. | | 

Wieseler berichtet ferner, dass hei der unter Hadrian vorge- 
nommenes neuen eintheilung des zuschauerraums gewiss auch bau- 
liche veränderungen in betreff der gesammtheit der sitzstufen statt- 
fanden uud statuen des kaisers in den einzelnen keilen aufgestellt 
wurden (vgl. Vischer entdeckungen im th. d. Dion. p. 48 und 58. 
Wachsm. 1. ]. p. 692). Ob damals auch das bühnengebäude tiefer 
in die orchestra vorgeschoben wurde, ist zweifelhaft; nicht un- 


Jahresberichte. | 297 


wahrscheinlich dagegen, dass damals die Thentergeh, I, 1 abge- 
bildete münze geschlagen wurde (Vischer 1.1. p. 59). Wahrschein- 
lich erlitt das theater auch beim einfall der Skythen (Gothen nach 
Bessell in Ersch und Gruber bd. 75, p. 117; Heruler nach Wachs- 
muth 1. |. p. 707 und anm. 2), welche im jahre 267 Athen ero- 
berten und verbrannten (Bessell ebds. p. 127), schaden, indem das 
bühnengebäude zerstört wurde, welches dann der archont Phädros, 
‚welchen Rhusopulos (Philolog. XX, p. 573; Wachsm. |. I. p. 704) 
unter Diocietian setzt, wieder aufbaute, wobei die bühne weiter in 
die orchestra vorgerückt wurde. 
| Ausser dem Diouysostheater, dessen  officieller name nach 
Sauppe zu Lye. rel. p. 78 und C. Curtius J. 1, p. 270 rò Séurçor 
rà 4iovuoraxiy war, gab es in Athen auch noch odeen. Das äl- 
teste derselben lag in der nähe der enneakrunos (vgl. Bursian | 1. 
I, 299; Curtius Erl. text p. 34; Wachsmuth |. ]. p. 275 ,,jen-. 
seitz des flissos**: nnd p. 278) und war vou Solon oder Pisistratus, 
was sich nicht entscheiden lässt, für die an den Panathenäen statt- 
findenden musischen agonen erbaut. Die zweifel, welche Schrader 
im N. Rh. mus. XX, p. 194 und Hiller im Hermes VII, p. 395 
en die existenz desselben erhoben haben, sind von Wachsmuth 
1. L p. 503, a. 1 zurückgewiesen worden (der auch die von Schill- 
bach Od. d. Herodes p. 11 (s. Phil. 23, pg. 501) aufgestellte bebaup- 
tung, dass im odeion die proben der dramen abgehalten wurden, 
bestütigt, und zwar auf grund von Schol. Arist. Vesp. 1109: zózrog 
Beargordìe, dv di tleidace (conj. eloj9egav) novfuam arayytliew 
moi» 176 ele rù Séazgov aroyysilag und Schol. Aeschin. III, 67: 
dytyvorro 00 Thy peydiwv Aovvalur Rega dilyoss Eumoos$er 
dv 19 «adele xolovuévo Tüv Teaypday ayayv xai Entd:E wy 
peovo, doapatwy dyontteadas iv 16 Fedro; anders Wieseler 
anm. 65). Diese agonen gingen nun ‚später in das theater über, 
wie Hesych. ddeiov: zonoc, dv à meiv 1d 9éazQgov zsaTa0xsvacO vus 
of duypmdoi xol of xs3Fauotodoè pyanftorro berichtet, — Perikles 
(Plat. Pericl. 13) fügte denselben das citherspiel, den gesang und 
das flütenspiel hinzu, wahrscheinlich Ol. 83, 3 (Meier Ersch und 
Gruh. III, 10, 285 ff), wo dieselben zuerst im theater. gehalten 
wurden, ‘und vollendete sodann Ol. 84, 1 oder 2 (Wachsm. I. 1. 
p. 554, a. 2) das neue, nordöstlich vom Dionysostheater gelegene 
(Wachsm. 1. 1. p. 242. Curt. Eri. iext p. 36) odeion. (Cfr. Plut. 
Pericl. 13, Pausan. I, 20, 2: Fheopur. Char. 3; Vitruv. V, 9, 1). 
Dasselbe soll nach Psendo-Diciarch (Müll, Frgm. bist. Gr. i, 244. 
nro. 59, 1) das schönste der welt gewesen sein; die nachabmung 
des zeltes des Xerxes jedoch hält Wachsm. |. l. p. 554, a. 1, 
sowie die benutzung Persischer masten und raaen zur dachcon- 
struction für fabelei. Als Sulla Athen belagerte, wurde das ge- 
bande durch den tyrannen Aristion zerstört (Appian. B. Mithr. 38) 
und später durch den könig Ariobarzanes If Philopator von Cappa- 


208 Juhresberichte, - 


dociem (gestorben 52, anders Curt. Erl. text p. 49, aber s. Wachsm. 
1. l. p. 667, a. 3) wiederhergestellt (Vitr. 1. 1. C. I. Gr. 367). Auf- 
fallend ist nun, dass Pausanias (1, 20, 3) dieses odeion nur gauz 
beiláufig erwähnt und es lediglich als xuruoxtvaoua bezeichnet, 
während er das alte odeion an der Euneakrunos I, 14, 1 deor 
. und I, 8, 6 sogar Séaioor nennt. Später (VII, 20, 3), als das 
odeion. des Herodes Atticus gebaut war, bezeichnet er dieses als 
das odeiov von Athen. Hienach ist es wahrscheinlich, dass trotz 
der restauration des Ariobarzanes das Perikleische. odeion ausser 
gebrauch gesetzt und das an der Euneakrunos wieder benutzt wurde, 
bis das des Herodes fertig gestellt war (anders Curtius Philolog. 
XXIV, p. 278, anm. 57). Die bestimmung des letzter für die 
Panathenäen ' wird dadurch wahrscheinlich, dass Herodes. sein. sta- 
dium für die feier dieses festes herrichtete (Paus. I, 19, 7; Phi- 
lostr, Vit. Soph. II, 1, 4 und 5. Ueber neuere ausgrabungen in 
diesem stadium: s. Carl Curtius Philolog. XXIX, p. 704 f. Fer 
ner Wachsmuth |. |. p. 695). 

Der umstand, dass im vorstehenden das älteste odeion als 
noch zu Pausanias zeiten in gebrauch stehend erwähnt wird, führt 
dem verf. wieder zu Lykurg zurück, mit dessen namen der bau. 
oder wohl richtiger die restauration eines odeions nach Hyperides 
verbunden ist. Hinsichtlich der frage, welches odeion hiemit 
meint sei, theilt C. Curtius Philolog. XXIV, pg. 278 die vom 
verf. vorgetragene ansicht, dass das Perikleische nicht in betrecht 
kommen künne, da dasselbe zu Lykurg's zeiten eine restauration 
wobl noch nicht nóthig gebabt habe, dass also an das ältere ge- 


 '" büude an der Enneakrunos zu denken sei (Curt. Eri. text p. 40; 


Wachsm. |. 1. p. 553 u. 602, a. 1). Dieses war zwar in den 
Perserkriegen gewiss beschädigt, ist aber in und gleich nach dem 
peloponnesischen kriege als gerichtslokal in gebrauch (Arist. Vesp. 
1109. Xen. Hell. It, 4, 9. Buraian 1. 1. p. 209). Hier gehen 
nun die ansichten Wieseler’s und C, Curtius auseinander. Er- 
sterer (über dessen meinung C. Curtius 1. | nicht ganz genau re- 
‘ feriert) lässt das gebüude zweimal restaurieren , zunächst nach den 
Perserkriegen zu einem gerichts- und amíslokele, sodann durch 
Lykurg zur aufführung von agonen. Letzterer nimmt nur eine 
restauration an und meint, das gebäude habe während des pelopun- 
mesischen krieges und zur zeit der dreissig beschädigt gestanden, 
und die Lykurgische restauration habe bezweckt, dasselbe zu einem 
amtslokale zu machen. In der that dient es als solches den osro- 
guluxes und pergovopos bei Demosth. Phorm, $. 37 (vgl. in Neser. 
p. 1362), und zwar höchst wahrscheinlich nach beendigung des 
von Lykurg vorgenommenen baus, da die in der rede gegen den 
Phormio erwübnte theurung in die jahre 330—326 "fällt und die 
finanaverwaltung des Lykurg in die jahre 388—-326 zu setzen ist 
(c. Curtius 1. 1. p. 91). Da nun durchaus keine uniileren nach- 


Jahresberichte. 299 


richten über diesen bau des Lykurg existieren, so thut man am 
besten, sich wie Curtius jeder vermuthung darüber zu enthalten, 
wenn man mit diesem auch zugeben kann, dass das gebäude ne- 
benbei noch zu musischen agonen, namentlich so lange das Peri- 
kleische odeion zerstört war, und auch später zu Pausanias zeit 
vor errichtuug des dritten odeious gelegentlich benutzt sei?). 
Auf des Pausanias ‘xazacxsvacua’ darf man kein grosses ge- 
wicht legen. 

In Wieseler's ausführung ist nun mit der eben behandelten 
frage eine zweite verknüpft. Die bereits citierte, von Bergk (J. 
jahrbb. 1860, p. 60 f) veröffentlichte, iuschrift erwähnt nämlich 
als ban des Lykurg ein panathenaisches theater, und Wieseler ist 
mit Bergk geneigt, dieses als identisch mit dem gdeiov des Hype- 
rides anzusehen. Da indess, wie bereits angedentet , C. Curtius? 
ansicht, die worte vot Havadyvuixov seien nur durch ein versehen 
des steinmetzen hinter rov v:u100v gerathen, so dass die stelle 
ursprünglich lautete: slc rjv moígow rov Gradíov 100 Mavady- 
vaixuy xai rov Jédroov, ausserordentlich annehmbar ist (vgl. auch 
Wachsmuth 1. l. p. 600 a), so ist für uns jene bypothese hin- 
fällig; Bergk und Wieseler jedoch folgern aus Jerselben, dass die 
wotiz des Diog. Laert, HI, 56: olov 2xeivos rfrtn004 dea paci 
uywlbarso {[Srorvetosc, Amatore, IMouva9nvetoss, Xvrgoss], wy td 
Tétagiov fjv Gatugsxov — in der bereits Wyttenbach die einge- 
klammerten worte als interpolation verwarf — doch auf wabrieit 
beruhe, und dass an den panathenäen dramen aufgeführt. seien. - 
Ich möchte mit andern (vgl. auch Lüders die Dionysischen künstler 
p. 110, anm. 225) bis zur beibringung klarer beweise mich da- 
gegen ablehnend verhalten und übergehe daher die ausführliche 
untersochung , durch welche Wieseler die aufführung von dramen 
in dem restaurierten odeion an der Enneakrunos wahrscheinlich zu 
machen sucht. 

Es gab aber auch noch andre theater in Atheh, so eins im 
demos Kollytos, in welchem an den ländlichen Dionysien tragôdien 
und komödien gegebeu wurden (Dem. de Cor. è. 180; Aeschin. 
Tim. 2. 157); indessen sind wir über den platz und die bauart 
desselben völlig im unklaren. Dasselbe ist der fell in betreff 
eines etwaigen theaters im demos Melite, auf das die erwühnung . 
der Æiovéan te negt me Ilvixa bei Rangahé Antiqu. Hell nro. 
2285 (vgl Burs. ]. |. ? 277 anm.) führt. Ausserdem erwühnt 
Philostrat. V. Soph. I, 5, 3: Euvedéyovro uiv di 3g vo dy ro 
Kegansıd Téarpor, 8 hy éruvopaoru "Aygınnsiov (vgl. auch 
ibid. II, 8, 2) ein theater als versammlungsort einer gesellschaft, 
die zur zeit des Herodes Atticus den sophisten Alexander hôren 


^ ' 8) Dass es vom Sten jahrh, an auch für lehrvorträge der philo- 
sophen benutst sei, sucht Wachsm. 1. 1. p. 635 u. a. 1 nachzuweisen. 


$00 Jahresberickte, 


will. Näheres ist uns nicht bekannt, namentlich ist sein verhält- 
niss zum Dionysosthenater. auf welches ich abweichend von Wieseler 
Pbilostr. Vit. Apoll. IV, 21 mit Mommsen beziehen michte, dan- 
kel. Ob es zunächst nach Wieseler für scenische aufführungen, 
oder nach Curtius (Erl. text p. 43) und Wachsmuth (I. I. p. 672) 
für vorträge der rhetoren bestimmt war, lässt sich nicht entschei- 
den; dabingegen hat man mit aller wahrscheinlichkeit den Römer 
Agrippa für den erbauer zu halten (vgl. Bursian J. 1. L 292). Im 
Piräeus gab es our ein theater, das Dionysische, wie jetzt über- 
einstimmend augenoumen wird (s. anm. 103 und Wachsm. | |. 
p. 320, a. 2 und 3); es existierte schon zu Euripides’ zeit (Aelian. 
Var. bist. 15, 13) und wird von Thucydides (VIII, 93) erwähnt. 
Seine stelle ist genau angegeben auf dem zweiten blatte von Curtius 
sieben karten. Die existenz eines theaters zu Kleusis (anm. 111), 
dessen zeit sich allerdings nicht bestimmen lässt, ist erst seit kur- 
zem bekannt (Ephim. arch. 1860, nro. 4082); ziemlich erhalten 
ist dos theater in Thorikos, über dessen, durch hóchst anomale 
formen ausgezeichnete, cavea Wieseler Denkm. d. b. 1, 25 und 
p. 7, sowie Bursian |. l. I, 353 nachzusehen sind. Wahrscheinlich 
hatte auch der demos Phlyeis nach Isaeus de Ciron. hered. §. 16 
ein cheater. Von solchen in andern demen ist nichts bekannt; 
vermuthungen s. in anm. 117 und 118. In betreff der stadt Sa- 
lamis wird von aufführungen erst in inschriften aus der zeit nach 
OI. 123 (C. I. Gr. 108. Eph. arch. 4097, v. 57) berichtet; ein 
steinernes theater darf iudessen mit sicherheit als früher bestehend 
angesetzt werden, 

Der verfasser handelt rum zum schlusse desabschnittes noch von 
den gebüuden und anlagen, welche den sogenannten Dionysischen 
künstlern zu ihren übungen und andern zwecken dienten, Leider 
giebt es über diesen interessanten puukt nur sehr wenige und un- 
. bestimmte nachrichten, so dass wir wesentlich auf combinationen 
angewiesen sind. Was Sommerbrodt seiner zeit darüber gesagt, 
haben wir Phil, 23, p. 534 witgetheilt. Im einzelnen wird nun berichtet 

1) über das sogenannte ,,haus der Meliteer“ ; Hes. Mihsréwr olxoc: 
dv 1 rv Meleréwv dus olkoc hy ranpeyt9nc, elc 0v. of rga.y edo) 
lueléruv. Phot. Melr£uv (Cod. Dresd. Milstéww) oTxog : ev 19 
drum maupeyt9ng qv olxos, ele Ov of vga yrodoi qoit vrac èuedt- 
rov, Et. Magn. p. 070, 39 und Theogn. in Bekk. Anecd. p. 281, 
25: Meisıwv, ofxog, iv d of waywdor êusAfrwv. Aus diesen 
verschiedenen lesarten stellt Wieseler im anschluss: an. Forchhammer 
Topogr. p. 84, anm. 140 als ursprüngliche form der glosse etwa 
folgende her: Wedetewr (nder Melerwr), olxos Meluréwtr dv 19 
diuo xrÀ. Ob Zenob. Prov. II, 27: 7» dì ovtog 0 olxog méyas 
ele vrodoynr teaywdaiv wogodwsvoc hieher gehóri, ist zwei- 
felhaft: vrgl. jedoch Bergk bei Mein. Com. Gr. Fr. Il, 2, p. 994. 

2) berichtet Philostr. Vit. Soph. H, 8, 2, p. 251, 25 ed. 


— Jabresberichte, © 801 


Kays. von einem ,,rathhause der künstler : diadinay de (nämlich 
der sophist Philagros) | mméQus Wes iérragag nagijAdev ég td twp 
LS WY foviswmiQsov, 0 di @xodountas magà tas tov Kegapsızou 
zwÀac od, xógQw Tuv imzíw». Bursian |. 1. I, 290 nennt das 
selbe ,versammlungshaus der künstler und handwerker“ und fügt 
hinzu ,,offenbar das alte rathhaus des vorwiegend aus solchen be- 
stehenden demos der Kerumeis“. Vel. Wachsmuth 1. 1. p. 264. 

3) spricht Athenaeus V, 48, p. 212 d. e von einem »ge- 
meinsameu heerde“ und „bezirke“ der Dionysischea künstler : bay 
Tn0av d asrói (dem Athenion) xai of megi tov Aidruoor teyvitas, 
tov ayy thoy Toù véou Jiovvoov (des Mithridates) xulourrsç En: 
m xowny Écrlay xai 106 negl zuvınv eta te xoi onovd ac. -— 
dv dì ad rtuéves wor equa Juolus v Émerchobyro dni cH ‘AS - 
víurog Gogovcía xol perd xjguvxoc nooaragwrydews 050: dal. 
Bursian | I. a. 2 meint, dies 2éprr0ç hunge mit dem erwähnten 
Bovtevingsoy der reyrirus, zu denen auch die Diouysischen künstler 
gehört bitten, zusammen. — Lüders indessen |. |. p. 72, a, 132 will 
eine so enge verbindung des curodoc der reyvirus mit den hand- 
werkern nicht anerkennen, weil dieselbe nicht erweislich sei und. 
Athen. deutlich sage, die Dionysischen techniten seien in ihren 
tempel gegangen, um dem Mithridates zu opfern. 

Hieher gehört noch folgende stelle des Pausanias (I, 2, 4) 
üher das haus des Pulytion : n dè éréça Ty Orowy Eye piv _iega 
Per, tu di yvpvádwy "Eguos xalovperor. Fon dé dv avij xoi 
Hevivuriwvos oixic, xa^ av xad ri y °EZevoîiva deaous zeAsınv 
AIpaluv gaciv où rose dparscrutiovuç im tuoò di ávtiro dio- 
vom. Aidvvooy dì zovıov xulovcı Mednopevey tai Aoyg roidide 
è Ómolq iQ ’Anöliwva Movoayétmy .. . . psta dì 1Ó tov Aio- 
»vG0v iÉusvóg éciv olanua dydiuara Eyov ix wylov xzi. 

An diese nachrichten knüpft nun der verf. folgende vermu- 
thungen. Zunächst ist er der ansicht — wenn ich anders den 
etwas unklaren ausdruck p. 184 richtig vevstanden habe —, dass 
das Dionysische temenos des Pausanias identisch sei mit dem hei- 
ligcn bezirk der künstler, von dem Athenäus spricht. Er stützt 
sich dabei auf die im Dionysostbeater gefundene sesselinschrift 
(Vischer Entd. p. 19, nro. 18): egéug Æorvoou Mehnopévou 
ix reyvasıwv. Wenn nun auch diese combination wahrscheinlich ist, | 
20 kann sie doch nicht als bewiesen gelten, da wir einerseits nicht 
wissen, wie lange jenes von Athenäus erwähnte heiligthum existiert 
hat, andrerseits ebenso wenig kenutniss davon haben, waun der 
von Pausanias erwühnte bezirk dem Dionysos Melpomenos geweiht 
ist, Gegen eine ähnliche vermuthung Wachsmuth's (Rh. mus. XXIII, 
p. 50), welcher das temenos des Athenäus auf grund derselben 
inschrift dem Dionysos Melpomenos zuweisen will, bat Lüders 1. 1, 
p. 71, a. 130 geltend gemacht, dass die verbindung dieses gottes 
mit den Dionysischen künstlern nicht so eng gewesen sei, dass. er 


302 — Jabresberichite, 


nieht such noch andere priester gehabt habe (z. b. aus dem ge- 
schlechte der Kuniden, vgl. Vischer l|. |. p. 19, nro. 24), und 
Wachsmuth. selbst hebt jetzt (D. st. Ath. i. Alth. I, p. 215, a. 4) 
hervor, dass uns die lage des heins der Dionysischen künstler un- 
bekannt ist. Wenn Wieseler sodann das haus des Pulytion mit 
dem übungshause in Melite ideutificiert, so ist das recht wahr- 
scheinlich, da das erstere ebenfalls im demos Melite gelegen zu 
haben scheint (vgl. Bursian l. l. p. 279). Wachsmuth 1. |. p. 215 
begniigt sich, das übungshaus mit dem bezirke des Pausanias in 
zusammenhang zu bringen, ohne Wieselers weiter gehender ver- 
muthuag beizustimmen. In der that ist auch der beweis schwer 
zu erbringen. Die identificierung endlich des BovAsvingior, welches 
von Philostratus an das dipylou verlegt wird, mit dem übungs- 
hause im demos Melite weist der verfasser mit recht zurück und 
bemerkt dabei mit berufung auf die in Pergamus für die Dionysi- 
schen künstler existierenden gebüude (über welche indessen Lüders 
J. l. p. 22, aum; 51 abweichende ansichten ausspricht), dass ein 
solcher überfluss von gebäuden für diese genossenschaft nicht be- 
fremden dürfe. Im einzelnen denkt er sich die sache so, dass Pu- 
lytion's haus bald nach der dort vorgegangenen entweibung der 
elensinischen mysterien dem Dionysos geweiht wurde. Nun gingen 
die schauspieler, welche ihre wohnungen anderswo hatten, zu ihren 
übungen dorthin (posrwvreg Phot); als sie &ber nach Alexander's 
zeit immer mehr die geltung von priestern erlangt hatten, wurde 
wenigstens einem theile von ihnen dieses haus zur wohnung ange- 
wiesen. Vor Alkibiades’ zeit wird es kein eigentliches übungshaus 
gegeben haben. Das zeugniss bei Bekk. Anecd. p. 72, 17: xoon- 
yeiov 6 tomog, via Ö yoenyog tovc Te yogovs wab roc dmoxgstas 
Guvaywr cvvexgoter. welches mit grosser wabrscheinlichkeit auf 
die früheren zeiten zu beziehen ist, zeigt, dass der choreg. das 
lokal für die einübung der schauspieler besorgte; oder es gab auch 
der staat, vielleicht durch vermittelung des theatrones (Bôckh 
Staatsh. 13, 398) dasselbe her, am einfachsten durch überlassung 
eines zimmers im theater. Je weniger die choregen im stande 
waren besondere leistungen zu übernehmen, desto mehr wird man 
für ein öffentliches local gesorgt haben; von einem solchen zur 
einübung tragischer chöre findet sich indessen zu Athen keine 
spur. Wenn Ross Archäol. aufsütze I, p. 241, anm. 40 vermuthet 
hat, Vitruv V, 9 sei darauf zu beziehen, so hat der verfasser diese 
aosicht mit recht (anm. 134) zurückgewiesen. Zum schluss des 
abschnittes wird endlich noch bemerkt, dass wahrscheinlich die für 
die Dionysischen künstler bestimmten anlagen sämmtlichen Atheni- 
schen. techniten sowie allen theatern Athen's und der umgegend zu 
gute kamen. Es wird aus dieser kurzen übersicht zur geuüge er- 
hellen, wie sehr man sich hier auf dem boden der conjectur be- 
wegt; was wir aus directen zeugnissen wissen, ist nur schr wenig. 


Jahresberichte, |...  . 808 


Der inhalt des Hi. abschnittes, welcher von p. 186 bis 202 
eine übersicht der theater in den lündern mit griechischer bevól- 
kerung und cultur ausserbalb Attika's giebt, liegt von den sceni- 
schen alterthümern im engeren sinne, mit denen sich diese blütter 
vorzugsweise zu bescháftigen baben, einigermassen ab, so dass wir, 
abgeseben davon, dass es unthunlich sein würde aus dieser ganz 
eminenten fülle von material einen gedrüngten auszug zu geben, 
schon aus jenem grunde es vorziehen unsere leser auf den artikel 
der encyclopädie selbst zu verweisen und uns sofort zum IV. ab- 
schnitte wenden, weiches von bau und einrichtung des theaters 
handelt. 

Dieser zerfällt in zwei unterabtheilungen: A. theile des 
theaters, ihr name und ihre bestimmung (p. 202 bis 
231), und B. bauliche eiurichtung des theaters in sei- 
nem gewöhnlichen zustunde (p. 231 bis 256). 

Nachdem der verfasser zunüchst.eine kurze übersicht über die 
baupttheile des theaters gegeben hat, handelt er (p. 203 bis 206) 
über die thymele. Da wir jedoch die von Wieseler im jahre 
1847 veröffentlichte schrift: „Ueber die thymele des Griechischen 
theaters, Göttingen 8.“ bereits Phil. 22, p. 337 bis 345 ausführ- 
lich besprochen haben, so übergehen wir die hier gegebenen aus- 
fübrungen und beziehen uns auf das dort gesagte. 
| Neuerdings hat jedoch Wecklein im zweiten abschnitte von 
nr. 2. (l. |. p. 439 f.) die Wieselersche theorie über die thymele als 
falsch nachzuweisen und G. Hermann's ansicht von einem in der 
orchestra aufgeschlagenen, dgyjozge genannten, bretiergerüst zur 
geltung zu bringen gesucht. Er geht dabei vou der behauptung 
aus, dass die der Wieselerschen argumentation zu grunde liegeude 
stelle *) des Suidas und Et. Magnum in der form des letztern am 
ursprünglichsten erhalten, aber auch da schon verstümmelt sei. 
Hinter oxyvq # sei eine lücke. und die worte fva oagpéorsgor dmt) 
zeigten, dass eine andre erklärung von cxgvg dort gestauden habe; 
bei Suidas sei denn cx»; 7 als sinnlos ausgefallen. Diese zweite 
erklärung habe besagt, dass oxyv7 die bühne und xaguoxywma der 
ep ımv genviv «modzdsiypfvog 10706 roig elg tov óydwa na- 
eaoxevui; (Schol Bav. ad Dem. Mid. 17) sei. Hienach sei die 
dexnciga nicht die bühne, sondern das tanzgerüst des chores und 
die thymele behalte ihre von jenem gesonderte, stellung. 


4) Xxgvj leu» 4 uéoy Giga rod Jenroov. nupacmivia (napscxivia) 
dà ta Evdev xai Ev9ev (ErdoSsr) tic uéoyc Fipac (yolxà xdyxilÀa). Eva dé 
(sai fva) capécrepor sino (oxqvr 4) uera try oxqviv evdus x«i tà na- 

pra (nsgsaxgvea) 5 dogrorea’ avın de tony à ténos 6 ix oaviduy 
fer 10 Hagos. ay’ (lg) où Seazgilovesy où uiuos Fon (siva) uerd vov 

eyjorpar Bopos (Ar) tov dsovicov (Terodywvor olxudauinua xevòv Eni vob 

pícov), 0g (0) nadelras Suuélq naga vo Fusv. uctà dì ey» SvusAgv $ xovi- 
orga (depiorge), rovrion T0 xm» Edapos tov Seérpov. Die zusätze uni 
yarianten des Et. Magn. habe ich in klammern eingeschlossen, 


$04 Jahresberichte. 


Die frage, welche fassung der stelle die ältere sei, ist sehr 
schwer zu entscheiden. Während die worte ex) j und die notiz 
Terguywvov olxodoumua xevov xi. für die priorität des Et. Magnum 
zu sprechen scheinen, charakterisieren sich die worte yalx& xdyxeAÀa 
leicht als spüterer zusatz und in mehreren stellen ist Suidas of- 
fenbar richtiger. Giebt man nun auch das vorbandensein einer 
lücke zu, so fragt es sich doch uoch sehr, was ausgefallen ist. 
Habe ich mit meiner weiter unten zu erwähnenden annahme, dass 
die worte ävdev xai Evder 196 ufogg Jug«g die decorationen an 
beiden seiten der hiuterwand bezeichnen, das richtige getroffen, no 
geben ocnvy und magaoxina nur den begriff der hinterwand, und 
es ist dann doch sehr gewagt anzunehmen, dass durch fva Gagéc- 
ze00v cimo) eiue ganz dem frühern widersprechende erklärung  eim- 
geleitet worden sei; man hat vielmehr vorauszusetzen, dass diese 
zweite erklärung lediglich die erstere in deutlicherer form wieder- 
holte, woraus sich deua auch der ausfall dieser worte bei Suidas 
leichter erklürt. Auf der ergünzung dieser lücke beruht aber die 
ganze deduction Weckleiu's, und wie ich nicht glaube, dass der- 
" selbe in seinem verfahren glücklich gewesen ist, so kanu ich auch 
die sonst so gut beglaubigte theurie Wieseler’s in dieser weise 
nicht für ersehüttert erachten. Vgl. unten meine bemerkungen zur 
achten bedeutung von 0xv7 und zu den zoagaoxjvoa, so wie Wie- 
seler's anm. 46 auf pag. 211. 

Es möge hier sofort angeschlossen werden, was Wecklein 
p. 442 über die Charonische stiege sagt. Er verlegt dieselbe nach 
Poll, IV, 132 in die orchestra, da dergleichen vorrichtungen für 
gewisse ‘falle des auftretens des chors nothwendig gewesen sein 
dürften, und jedenfalls habe diese vorrichtung ia verbindung mit 
jenem, ógz5610« genannten, hôlzerven gerüste gestanden. Die 7 
bis 8' betragende höhe desselben habe hingereicht, um in dem 
raume unter dem boden sowohl personen den aufenthalt zu ge- 
statten, als auch die fragliche vorrichtung anzubringen. Mag auch 
im bunten wechsel der dramatischen scenen einmal ein geist auf 
der thymele — denn so muss ich die Wecklein'sche ögyrjorga um- 
deuten — erschienen sein — obwoll das im höchsten grade un- 
wahrscheinlich ist — ; jedenfalls muss nach den worten des Pollux: 
ai di goquivios xMpoxss xata rag x tw» edwilwy xa3ddove 
xeluevos 1a eldwia an’ avra dvurtprnovos die charonische stiege 
auf der bühne gesucht werden, Pollux denkt gar nicht an die 
orchestra; xara ist wie in xara x@9erov = ad perpendiculum zu 
übersetzen, und man hat eine den treppen zwischen den sitzreihea 
eotsprechende lage anzunehmen. Vgl. J, p. 336 und Semmerbrodt 
in oro. 3, pag. 513 ff. | 

Hierauf spricht der verf. kurz über die schauspielerbühne 
(xolBus, sugjestus, pulpitum oder pulpitus, Bia, Aoysiov) und 
weudet sich danu (p. 207) zu einer ausführlichen erörterung der 


Jahresberichte. . 205 


. verschiedenen bedeutungen des wortes oxy, bei der wir etwas 
länger verweilen müssen. Da ox7y5 ohne zweifel mit oxsd susam- 
menhängt (vgl. Curt. Grundzüge d. Gr. etym. 4 aufl. p. 168), so 
ist der grundbegriff des wortes zunächst der eines schatten bie- 
tendeu, bedeckten plates oder Laus, dunn der eines zeltes oder 
bretterhauses; auf's theater wurde, wie man annimmt, das wort 
übertragen, da die dramatischen auffübrungeu ursprünglich unter 
einem baumdache oder einem zelte aus baumzweigeo oder vor 
einem »olchen vorgegangen seien, wie sie im bakchischen culte 
etwus gewübnliches waren, Alles dieses wird anm. 25 — 30 mit 
schriftlichen und bildlichen quellen helegt. 

Im theater bedeutet aun cenvy zuerst den bedeckten raum, 
vor welchem sich der eigentliche schauplatz der handlung, die 
bühne, befindet, und da die zuschauer von demselbeu nur die vor- 
derwand erblickten, zweitens auch nur diese wand. Un den 
zahlreichen stellen, welche vom verf. anm. 31 bezw. 32 für diese 
bedeutungen angeführt werden, ist es, wie derselbe selbst bemerkt, 
nicht immer möglich ra entscheiden, welche von beiden anzunehmen 
ist. Im ganzen stimme ich mit der den betreffenden stellen gege- 
benea beziehung übereiu, indessen kann man binsichtlich Phylarch. 
bei Athen. XIV, 3, p. 614e: fguyjzQiog 6 nelisommng — mv 
Avoınayor uthiv xwusxñs cemig oùdèr diupéosiv Dasysv* ravia 
À axovov 5 Auoluuyos, ty tolver, ign, nogyny dx reaysxng 
Oxr»5g ovy éogaxu ébrotour and Plut. Demetr. 25: Aocdog&r d 
10+ Eguro rg Aaplag Ëleye vor nowror Ewoaxéras nogvgv sQosg- — 
qoutyny ix ıguymang oxnritg, welche auch für die erste bedeutung 
angeführt sind, zweifeln, ob in denselben wegen der offenbaren ge- 
genüberstellung der xwpux; uud zgayix) oxmrn nicht gerade eine 
bezugnahme auf die decoralionewand zu sehen ist. Ueber Eustath. 
ad fl. p. 976, 15: 20 Éyxvxkqua — unyaviua qv vadiIgogOr, vg 
ov édeïxruro ta dv 17 oxsu N ox habe ich bei gelegenheit des 
2xxvx).nuo (Phil. 23, p. 330; vgl. ebds. p. 298) eine abweichende ansicht 
ausgesprochen, die ich auch der verbesserung des verfassers ge- 
senüber, der cxie7 für oxéap lesen will, aufrecht halter zu aollen 
glaube, Doch kommt auf diese verschiedenheiten in der auffassung 
wenig an; dass oxyr7 beide bedeutungen hat, ist ohne zweifel 
richtig, in der letzteren, wofür die Lateiner auch frons scaenae 
sagen, kommt es bei den Griechen aber nur bei lexikograplieu vor, 
und auch bei diesen nur so, dass zugleich an die decoration ge- 
dacht werden muss oder kann (anm. 32). Drittens wird, indem 
man die bédeckten seitenräume der bübne als integrierenden theil 
des bedeckten raumes hinter der bühne betrachtet, der name ocxgv; 
auf das ganze bübnengebäude übertragen. Von deu beweisstellen 
(anm. 36) kann ich folgende unbedenklich anerkennen: Vitr. V, 8 
(7, 2) an erster stelle; V, 9, 1; 9,9. Festus u. orchestra p. 181 M ; 
Diomedes III, p. 487 P. und die von Wieseler a. 146 gebesserten 


Philologus. XXXV. bd. 2. 20 


306 Jahresberichte, 


steilen des Isid. XVill, 42, 1 und ibid. 43; auch 44. Dagegen 
wehme ich die Ledevtung bühne an bei Vitr. V, 3, 8; 5, 3; 6, 
2; 6, 8 (da Rose und Müller-Strübiug in scaenam lesen); 8 (7, 
2) an sweiter stelle. Bei demselben V, 5, 1 (Wieseler hut fälsch- 
lich 8, 1) bleibt es zweifelhaft, ob bühne oder frons scaenae zu 
verstehen ist. Viertens bezeichnet ox7rf die bühne selbst, wezu 
mit vollem rechte belegstellen nicht weiter beigebracht sind; mur 
kann ich der bemerkung {anm. 37), dass Vitruv scuena in diesem 
sinae nicht gevraucht habe, nach dem gesagten nicht beistimmen. 
Fünftens scheint cx auf das sonst unyıvn (s. Phil. 23, p. 333) 
genannte gerüst bezogen worden zu sein: vrgl. Phot. und Suid. 
toays) Oxyvy; Kt. M. p. 763, 27; Tim. Lex. Plat. p. 259; Ar- 
rian. Disp. Epist. Ill, p. 449; Julian. Or. I, p. 4a — stellen, 
welche auf Plat. Clitoph. 11, p. 407 A zurückgehen, wo in eini- 
gen handschriften statt uyyavic ,,0xm76“ gelesen wird. Ist dies die 
richtige lesart, so ist es freilich noch fraglich, ob Plato unmit- 
telbar die anyarn mit diesem ausdrucke bezeichnen wollte, uder . 
nur im allgemeinen an die bühne dachte, auf der die unyary ge- 
braucht wurde. Im letztern falle würden die lexikographen mit 
ihren angaben geirrt haben. Sechstens geht unser wort, da 
die bühne dem theater, andern gebäuden für óffentliche spiele ge- 
genüber, eigenthümlich ist, auch auf das ganze theater über. In 
betreff der in ann. 39 angeführten beweisstellen habe ich zu be- 
merken, dass der gegensatz von dywves oxqvixof gegenüber den 
crudsaxoi oder yuuvixof, und von scaena und arena bei Suet. Tib. 
35 nicht notbwendig auf die hier angenommene bedeutung von 
oxnyy zurückzuführen ist. Die siebente bedeutung, wonach sun 
von der decorationswand und der hauptdecoration selbet, ja auch 
von den periakten gebraucht wird, schliesst sich eng an die zweite 
an (vgl anm. 40. 41). Endlich achtens bedeutet oxn»n die 
mittelthür ?) oder den mitsleren zugang zur bühne nach Said. s. v. 


$) Hier móge kurz erwübnt werden, was Wecklein im III. ab- 
echnitt. von nro. 2 über Pollux IV, 124 ausführt. Durch analyse der 
stelle: soi» d? TWv xarà wy ox Ovod» $ uéon uiv facito» à eni- 
Mhor 5 olxog Evdotos 3 nav vo? nowiayansaroürsos ToO doduaros, $ di 
delia rod devregaywmorodrtos xaraywysor 3 dé egscregd tò sbrelterazo» 
dyes nodotonor fj isgàv lEnpnuwpéror 7 Gosxoç toy. tr di Toaypdia à uiv 
deba Siga Favuiv lau, sixty di 5 dard. rà di xlicsov iv xoupdig ne- 
oéxeia, naga fjv olxiav, naoanetacguare dyloUpnaror zii. sucht er den 
satz wahrscheinlich zu machen, dass Pollux bei den angaben über 
die thüren eine scaena tragica, satyrica und comica im sinne habe, wie 
sie Vitrav V, 8 beschreibe. Demnach bezieht er ohne zweifel richtig 
die ausdrücke Bacileov, onglavovy und olxog Ivdotee auf die tragôdie, 
bezw. daa satyrspiel und die neue komódie. Die linke thür erhalte 
zunächst die allgemeine bezeichnung als aufenthaltsort für den trite- 
gonisten (swrslécraroy soócwoxov), welche etwas später durch den zu- 
satz erklärt werde, dass sie in der tragödie zur sklaven wohnung (sesti, 


Jahresberichte. 307 


oxrvy (8. oben pag. 303, anm. 4). Vgl. Phil. 23, p. 338. Da es aun 
aus verschiedenen gründen wahrscheinlich ist, dass Suidas yon dem zur 
aufführung von drumen hergerichteten theater redet, so bezeichnet 
er mit oxn»i; die hauptdecoration, welche sich in. der mitte des 
hintergrundes befand und benennt diesem thell durch das hervortre- 
tendste, nümlich die grosse mittelthür. die in der tragôdie meist 
sichtbar war; und in sofern die decoration des centrums wesentlich 
den schauplatz der handlung bestimmte, kann es nicht wunder nebmen.. 
auch die thür allein als oxn»n bezeichnet zu sehen. Somit ist, 
wenngleich diese notiz vielfach bedenken erregt hat, doch kein 
grund vorhanden, &u der richtigkeit derselben zu zweifeln. Wie- 
seler nimmt indessen die sache etwas anders, als sie im vorste- 
henden dargelegt ist, indem er nicht bloss an die.in der mitte des. 
hintergründes befindliche decpration denkt, sondern unter Gx7v die 
gesammtsumme der vor der. hinterwaud angebrachten decprationen 
versteht. Wenn nun auch, sagt er, unter dieser voraussetzung der 
gebrauch von Suga sich recht wohl erklären lässt in allen- denje- 
nigen fällen, wo sur eine thür in der decorationswand dargestellt 
war, se war derselbe doch unmöglich, wens deren mehrere vor- 
kamen; dann musste man von mehreren thürea sprechen oder ein 
wort gebrauchen, welches ein portal mit mehreren durchgängen 
bezeichnete, Und dass dies letztere wirklich der fall gewesen sei, 
sucht Wieseler aus drei stellen nachzuweisen, iu denen das portal 
durch die ausdrücke ai uéous Jugus, ub xagodos und 6 avdwy 
bezeichnet werde. Es sind diese stellen aber desswegen misslich, 
weil wir aus andern quellen nicht im stande sind nachzuweisen, 
woher die dort genannten peráonen aufgetreten sind. Da somit 
der feste ausgangapunkt fehlt, wird man die stellen auch ander- 


ergastulum) führe ; legor dEnouuwptvov und &osxos bezögen sich auf das 
satyrepiel und die komddie.. Der umstand, dass auch eine bestim- 
mung für die rechte seitenthür in der tragódie nachfolge, erkläre sich 
daraus, dass Pollux für diese zuerst auch nur eine allgemeine béstim- 
mung gegeben habe. Der ausdruck &osxos werde endlich durch den 
zusatz 70 dé xlicsor xtd. erklärt. Dabei ist jedoch hinsichtlich der 
worte nagenstieuan Jnlogusvor übersehen, was Wieseler in den denk- 
málern d. bühnenw. p. 81 zu X, 10 ausführt. Diese behandlung der 
stelle hat viel ansprechendes; indessen lässt sich dagegen geltend 
machen einmal die grosse confusion der ganzen &nordnung, sodann 
dass nicht angegeben ist, welche bedeutung der rechten thür im sa- 
tyrspiel und in der komödie zukommt, und endlich dass das xAícwor 
als complex der wirthschaftsgebiude doch zu dem. städtischen hause 
des esehenen attischen bürgers, wie es die neuere komódie for- 
dert, kaum passt. Ueberhaupt karn nicht genug betont werden, 
dass man bei Pollux aus der anordnurg der im einzelnen so schätzt’ 
barèn notizen nur mit der grössten vorsicht schlüsse ziehen darf. 
Giebt Pollux nicht selbst genau das verhültniss seiner einzelnen 
nachrichten su einander an, s0 ist gemeiniglich nur ein loses aggregat 
anzunehmen. | 


20* 


308 Jabresberichte. 


weitig deuten können. Zunächst handelt es sich um das auftreteu 
der pha:lophoren. Semos sagt bei Athen. XIV, 16, p. 622d: oi 
dè gardopdgoe — nugéeyorrus of uiv ix magodov, of di xara 
péous tag Jvgac Palrorreg iv bvduG xai Aéyorres coi Boxye x). 
Hier, meint Wieseler, bezeichne der letztere ausdruck nicht unmit- 
telbar die einzelnen in der hinterwand befiudlichen thüren, sondern 
die ‘interwaad els portal für mebrere thiiren; bitte Semos jenes 
.gewolit, so hatte er auch sageu müssen , durch die seiteneingänge“. 
Doch ist uus nicbt bekannt, où nicht wirklich der cine theil der 
phaliophoren our aus dem einen seiteneingauge gekommen ist, und 
ausserdem würde ja auch nach einem ganz bekannten sprachge- 
brauche die eine mittelthür recht wohl durch den plural af poc; 
veus bezeichnet werden können. lo der zweiten stelle sagt Plu- 
tarch von Demetrius (Vit. 34): «ioc dì rurafày woneg où 200 - 
yodoi dia TG &vu rupodwr xi). Obgleich ich mit Wieseler aa- 
nehme, dass Demetrius aus der grossen thür in der mitte der 
bioterwand hervortrat, kano ich der ansicht, dass diese durch rwv 
avw nagodwy als ein grosses portal gefasst werde, nicht bei- 
pflichten, denke mir vielmehr die sache folgendermassen. Es war 
sitte, dass die redoer im theater von der thymele (s. oben) herab 
sprachen; auf diese gelangten sie gemeiniglich uicht von der bühae 
her, sondern durch einen der eingäage in die orchestra (vgl. Wie- 
seler p. 170, namentlich anm. 127). Demetrius hatte gründe, wie 
die schauspieler aus einem der zugänge zur bühue aufzutreten; 
aus welchem, wird nicht bestimmt gesagt, wenngleich unsere obige 
annahme sehr wahrscheinlich ist. Plutarch kam es darauf an, die- 
ses hervorzuheben, und darum siud die worte dia 14» vw magó- 
dw» nicht mit xarafagc, sondern mit woneo of roayædoi zu ver- 
binden und für eine unmittelbare bezeichnung sümmtlicher auf die 
bühne führenden thüren zu halten, die ja «lle je nach zeit und 
umständen von den schauspielern benutzt wurden. In der dritten 
stelle endlich berichtet Semos bei Athen. XIV, 16, p. 622b: of dì 
29vpaddos csf dou 100 zrvAQvog elosi9ovrec, Orav xara péonv tir 
$oyigrQuv yévuvras, easorgépovorw sk 10 IEargov, Àéyorrsç xrà. 
Wieseler meint nun, die ithyphallen seien wie die phallopboren 
auf der bühne aufgetreten - worüber wir übrigens aus andern 
quellen nichts wissen —, ergänzt duher zu elgel2óv»rsg nicht 1} 
öoynoıgav, sondern nimmt dieses wort in der gewöhnlichen thes- 
tralischen bedeutung ,,aufireten“ und erklärt èmsorgépovosr elg 10 
IEurgov als „sich mit worten au die zuschauer wenden“. Es egt 
auf der hand, dass es sich bier wesentlich um die frage handelt, 
ob die letztere übersetzung haltbar ist. ich kann das nicht au- 
oehmen, da sie sich meines wissens durcb verwandte stellen aicht 
stützen lüsst, und glaube daher die deutung , eine schwenkung 
nach den zuschauern hin machen“ festhalten zu sollen. Kine solche 
bewegung würde aber ganz unverständlich sein wenn wir ævlwr 


Jahresberichte. 400 


als hinterwand im sinne eines portals fassen wollten, da dann die 
ithyphallen, in die orchestra gelangt, den zuschauern von selbst 
gegenüber stehen würden. Ks bleibt daher wohl nichts anderes 
übrig, als ein auftreten dureh einen der eingánge der orchestra ün- 
zunelmen, wobei denn allerdings nicht bestimmt ist, durch welchen 
der beiden 5). Alle diese stellen scheinen sich auf das theater- 
gebäude. ohne decorationen zu beziehen, Wieseler meint aber, dass. 
bei Arist. Eth. ad Nic. IV, 2: oio» — xwjewdcîs yoonywv 8v 17 
waged sxoggvgar elcpéowr, monto of Meyagsig auch beim deco- 
rierten theater sämmtliche zugänge der bühne durch n«undog be- 
zeichnet sejen. Es scheint mir das nach dem vorsteheuden bedenk- 
lich, und ich schliesse mich lieber au die früher vom verfasser 
(Denkm. d. b. p. 81) gegebene erklärung dieser stelle an; der zu 
folge ‘n adgodog die mittelthür sein soll. Wenn dann noch gesagt 
wird, dass bei Schol. ad Lucian. Philops, 29: àzi 10v Pecrowr, 
quien To. wugudosor énvreAeioOas td: zul nifov Eye | ntatewc, 
Avwdev unig tes mug’ Exurega Tic MÉONS rov Fedtgov Jupuc 
(aura: dì moog thy evdelur TOU OtáiQov Whevody dreuiyecuv, ^U 
x«l 5 Oxnvn xai TÒ reoocxirior ton) unyarwr duo perewoopévwy 
n 8E Ggsorepur Isows xai jowas tvepunte maoev90 xii. die 
nach der bühne zu gelegenen wände der seitenflügel wegen der in | 
jeder au ihnea befindlichen thür als thüren bezeichnet würden, so 
vermag ich auch dieser. ansicht nicht beizustimmen, da doch einfach 
gesagt wird, dass die betreflenden vorrichtungen sich über jenen 
thüren befinden. indessen thun diese verschiedenheiten in der auf- 
fassung der lehre, dass die fog Juga „oxnyn“ genannt worden. 
sei, keinen eintrag. 0 | | 

Der verfasser gelt sodann zu einer auseinandersetzung der 
bedeutungen des wortes ngooxnviov über, wozu auch Wecklein 
uro. 2, p. 448 ff. und Sommerbrodt nro. 3, p. 512 ff. zu ver- 
gleichen sind. Die für das theater wichtigen sind folgende. 1) 
bühne, und zwar als gerüst oder bau vor der oxyy7, indem man 
den gedielten boden mit einrechnet (vgl. Phil. 23, p. 309 ff); zu. 
bemerken ist aber, dass xopoox7rov nicht bloss die bühne zum auf- 
. treten ist, sondern auch der unmittelbar vor der frons scuenue ge- 
legene freie raum (vgl. anm. 66 und 67). Somit sind smQooxrüviov, 
cxnyy und doyetov identisch, wie ich das schon a.a.o. ausgeführt 
habe *), indessen lässt sich dieser gebrauch des wortes nicht vor 
Polybius nachweisen. 2) Als in späterer zeit für „bühne“ das 


6) Mein. Athen. bd. IV, p. 298 ad h. l. erklärt nulwv als con- 
clave, et ini sn orchestram aditus. patebat. 

7) Nur ist das Phil. 28, pg. 310 über Sommerbrodt's ansicht gesagte 
nach ebds. 811 and Wieseler in anm. 69 etwas zu modificieren. Al- | 
lerdings hat sçocmimor eine weitere bedeutung als Aoysior, wie ich 
dort aus der inachrift von Patara nacbgewiesen habe, aber nicht in 
Sommerbrodt's sinne. — 


sic Jahresberichte: 


wort scaend üblich war, scheint proscaenium uuch vom zuschauer- 
raum, welcher ja vor der bühne belegen war, gebraucht worden 
su sein. S. Plaut. Poenul 17: scortum exoletum ne quis in 
proscenio sedeat"). Ciaud. Laud. Stil, 11, 403: Pompeiana dabunt 
quantas proecmia plausus, und zwar wahrscheinlich mit bezug auf 
diejenigen sitze, welche sich ganz in der nähe der biihne befanden, 
etwa wie in den beiden theatern zu Pompeii (Wieseler Denkm. d. 
b. tI, 7 A und B) eine fortsetzung der sitzstufem zu bemerken ist, 
deren vorderseite der bübne parallel läuft. 3) Nicht ohne bedenken 
giebt Wieseler zu. dass nach Athen. XIII, 51, p. 587b, wo die 
het&re Nannion zo0x;v.ov genannt wird, dieses wort auch für dus 
vor der scaenur {rons zur befestigung der decor» .»n angebrachte 
rüst- undrahmenwerk gebraucht sein könne, wie ich das eben- 
falis Phil. 28, p. 327 angenommen hube. 4) Wird für Cram. Anecd. 
Parisin. 1, p. 19: el uév dr via t Aloyvde fovitrus tà mei 
mv Oxnyny evorpata meoovéusiy, éxxuxdnpata xal requuxiove xai 
pnyavac BEworgus te zus noocenvia xui dioreylag xal xegavvocro- 
meta xi. ansprechend vermuthet, dass woooxiriu die decoratious- 
tafeln bezeichne 9). Hier meinte Sommerbrodt, indem er sur an 
die bühne dachte (vgl. Phil. 23, p. 311, aum. 32), corrigieren zu sollen 
und schrieb Tugnuaxnvere — eine verbesserung, welche ich gegen 
Schönbern, der die für eufnahme von maschinen uud decorationen 
befähigte steinerne bühnenwand bezeichnet glaubte, vertheidigte. 
Indessen scbliesse ich mich jetzt lieber Wieseler an, der anm. 72 
treffend ausführt, es habe dem verfasser dieser stelle offenbar nur 
daran gelegen, die am häufigsten vorkommenden gegenstünde des 
maschinen- und decorationswesens, oder die, welche ihm als die 
wichtigsten erschienen, hervorzuheben und auf Aeschylus zurückzu- 
führen. Fasse man das wort in der angegebenen bedeutung, so 
erhelle auch. warum spo0xjve« und dioteyfas zusammengestellt 
seien; beide gegenstände betrüfen die decorationen vor der hioter- 
wand; die sçooxÿnu enthielten die in malerei ausgeführten, wäl- 
. rend die dioreyia: zu denjenigen gehörten, welche nicht hloss durch 
malerei hergestellt werden konnten. 

5) versucht Wieseler die bedeutung theatervorhang 
nachzuweisen, indem er sich auf Duris von Samos bei Athen. Xll, 
50, p. 536a, Suid. s. v. roouxirior und Synesius Aegypt. Il, 8, 
p. 128c stützt, und am schluss von anm. 73 noch andere erwi- 
gungen andeutet, welche nunmehr in dem sub nro. 5 aufgeführte 
Göttinger prorectoratsprogramm von 1866, pg. 5 ff. vorliegen. 
Wäre nun Wieseler's beweisführung zwingend, so müssten wir us 


8) Der verf. hält quis für verderbt aus quasi und fasst dann ^ 
proscenio als gieichbedeutend mit in conspectu omntum. 

9) Neuerdings hat Wecklein in nro. 2 aus dieser stelle nachsv- 
weisen versucht, Aeschylus habe die bühne erfunden, ist aber von 
Sommerbrodt nro. 8, p. 510 ff. widerlegt worden. 





Jahresberichte, | 311 


trotz alles striubens (vgl. Phil. 23, p. 327) dazu verstehen, für das 
griechische theater einen vorhang auzunebmen. Jedoch sind die er- 
wübuten beweisstellen triimmerbafte überlieferungen, bei denen man 
erst durch ergänzungen und eine reihe von schlüssen auf einen 
vorheng kommt, die also bei etwas anderer betracbtung zu andern 
resultaten führen: sodann sind auch die im prorectoratsprogramm 
uusgeführten gründe durchaus nicht über jeden zweifel erhaben, 
und endlich. erregt es von vorn herein kein günstiges Vorurtheil, 
dass wir aus der zeit der grossen tragiker und komiker kein 
sicheres zeugniss über das vorhandensein eines vorkangs haben, 
was doch bei der annahme eines solchen im höchsten grade auf- 
fallend ist, wenigstens haben uns die Römer, bei denen der vor- 
hang üblich war, nicht obne solche stellen gelassen. 

Ehe ich aber auf die beweisführung des verfassers eingehe, 
sind einige allgemeine bemerkungen vorauszuschicken. Ich habe ao 
anderer stelle (Phil. 23, p. 318) mich mit entscliiedenheit dafür ausge- 
sprochen, dass es den Griechen bei ihren dramen wirklich. um illu- 
sion zu thun war und dass desbalb der skenographie eine bedeu- 
tende stelle im antiken biibnenwesen eingeräumt werden müsse. 
Jedoch darf man darin nicht zu weit gehen. Auch wir haben in 
vuserem theater verschiedene dinge, bei denen alle illusion mit 
einem schlage zerstört und uus deutlich ins hewusstsein gerufen 
wird, dass wir es mur mit einem spiel zu thun haben. Man denke 
an die didher, welche selbst nach den ergreifendsten scenen tische 
und stühle wegnehmen, um eine sceneuverwandlung vorzubereiten, 
an die vorgänge bei der verwandlung selbst und die manipulationea, 
um die neu geschaffene scene wieder für das drama herzurichten. 
Man denke ferner an den souffleurkasten, die so störende stimme 
‘ des souffleurs selbst, die ganze einrichtung des orchesters u. s. w. 
Man hat neuerdings ‘als analogie mit dem griechischen theater mit 
recht die Oberammergauer passionsspiele herangezogen. Man höre, 
wie es dort zugeht. Forsch: das passionsspiel zu Oberammergau 
in Baiern. Bamberg, 1870, p. 90, anm. 1 erzüblt, dass nach der 
Sten scene (Christi leiden vor dem geistlichen gerichte) manchmal 
eine pause für das mittagsessen gemacht werde. Es sei interessant 
zu sehen, wie während dieser „neben Tyroler hirten, Schwäbischen 
bauern, eleganten Münchener damen die kinder Israels aus der 
wüste, die rabbiner aus dem synedrium, die töchter Jerusalems u.s.w. 
lachend und scherzend uud die bekannten grüssend nach“ ihren be- 
scheideueu wohnungen laufen“. Alles dieses hindert uatürlich die 
zuschauer nicht, sich im folgenden acte wieder mit voller andacht 
dem eindrucke des gewaltigen spieles hinzugeben. Wenn wir 
nun an solchen dingea keinen avstoss nehmen, so brauchen wir 
bei den Griechen gewiss nicht mehr scheu vor ähnlichem voraus- 
zusetzen, namentlich nicht anzunehmen — und damit komme ieh 
zunächst zu den punkten, welche Wieseler nro. 5, p. 3 geltend 


312 Jahresberichte. 


macht —, dass die in einzelnen dramen bervortretendes schwierig- 
keiten, die schauspieler beim beginn des stückes in die gehörige 
lage zu bringen, welche sich leicht durch annahme eines vorhanges 
lösen lassen, nur auf diese art gelöst werden können, Der verf. 
sagt |. 1.: Accedit, quod cavendum erat, ne scaena prius conspice- - 
retur, quan aptum esset. Nec profecto in fabulis, quas aetatem 
tulerunt, desunt exempla satis idanca ad probandum, quod volumus, 
logeum ab initio oculis eorum, qui spectabant , subtractum fuisse 
(natürlich durch einen vorhang) Dafür wird nuu zunächst der 
anfang des gefesselten Prometheus geltend gemacht. Einverstanden 
bin ich mit dem verfasser darüber, dass Prometheus durch eine 
hölzerne figur dargestellt wurde. Wie aber bei dieser annahme 
der titane auch ohne vorbang recht wohl auftreten konnte, habe ich 
Phil. 23, p. 520 und Philolog. Anz. 1871, p. 220 des weiteren aus- 
einandergesetzt. Die massive felsendecoration — massiv wegeu der 
schliesslichen katastrophe — war durch eine auf die mittelthür der 
steinernen bühnenwand zulaufende schlucht (die qgugay£) in zwei 
theile getheilt. Da dieselbe eine schräge richtung hatte, so war 
es müglich die holzfigur vor beginn des stücks im verborgenen so 
aufzustellen, dass sie dureh eine kleine bewegung .an. die richtige 
stelle der anschmiedung gebracht werden konnte. Diese annalıme 
halte ich noch jetzt aufrecht and bedarf daher keines vorhangs. 
Sodann beruft sich Wieseler (I. J. p. 6) auf den wächter im be- 
ginn des Agamemnon, der sofort beim anfang des stücks auf dem 
dache liegen müsse, da er nach seinen eignen worten schon vorher 
wache gehalten babe. Obne zweifel hat der verf. ven modernem 
standpunkte aus recht, sollten aber die altem anstoss daran genom- 
men haben, ihn erst bei beginn des stücks aus dem hause auf das 
dach steigen zu sehen? (vgl. Phil. 23, p. 521). Ferner wird der an- 
fang der Wespen herangezogen. Ich glaube aber, dass Xanthias und 
Sosias einfach ‘auftraten — woher, ist nicht zu entscheiden — 
und sich dann vor den augen der zuschauer zum schlafe nieder: 
legen; ebenso wird Bdelykleon grade wie der wächter im Aga- 
memnon aus dem hause auf das dach gestiegen sein. Die zuschauer 
werden hieran ebenso wenig, wie an dem hellen tageslichte, an- 
stoss genommeu haben, zumal sie v. 54 ff. mit den worten pége 
vuv xatelnw Toig Fearuîs toy Zoyov eine vollständige zerstóruug 
aller illusion hinnehmen mussten. Eine analogie bietet meines er- 
achtens die einlage von Pyramus und Thisbe in Shakespeare: 
Sommeruachtstraum (V. scene 1), deren vielfachen unterschied von 
der Aristophanischen komödie ich allerdings nicht verkenne, doch 
haben die worte des Prologus: Gentiles, perchance you wonder at 
this show u. s. w. und die später folgenden des Pyramus: No, in 
truth, Sir, he should not u. s. w. so viel ähnliches in der diction 
mit mehreren aristophanischen stellen, dass wir daraus auch auf 
die ähnlichkeit des auftretens schliessen zu können glauben. o 


Jahresberichte BB 


ähnlicher weise vergleicht M. Haupt im Index Berolia. Wiutersem. 
1872/3, p. 6 Molière: Molierii est exodisim, actum primum onno 
1672, Lu comtesse d'Escarbagnas. In eius exodii scacna decima 
quinta haec dicuntar: „Madame, je viens vous avertir que la co- 
medie sera bientôt préte, et que, dans un quart-d'heure, nous pou- 
vons passer duns la salle“. Nom mutatur autem postea scaena, sed 
ubi in eo est, ut comoedia illa incipiat, in eodem loco, in quo antea 
omnia acta suni, sedilia disponuntur adsidentque spectatores voluitque 
Molicrius credi eos locum mutusse, Baudissin bemerkt in der über- 
setzung li], p. 385: „Statt nun, wie das beut zu tage unerlässlich 
. scheinen würde, sich einen decorationswechsel gefallen zu lassen, 
versetzeu sich die zuschauer in gedanken in den theatersaal, und 
die grafin mit ihrer gesellschaft verlässt ihr zimmer nicht“. Ich 
habe die überzeugung, dass sich die komödie der Griechen ähnlich 
gestaltete, und brauche daher hinsichtlich des anfangs der Wolken, 
auf deu sich Wieseler ebenfalls beruft, nur zu sagen, dass auch da 
Strepsiades, Phidippides und die sklaven vor den augen der zu- 
schauer erst aufgetreten sein und sich dauu niedergelegt haben 
werden. Wenn uun (p. 7) weiter gesagt wird, es gebe keine 
allgemeinen gründe, aus denen bewiesen werden könne, die Grie- 
chen hätten keinen vorkang gehabt, so scheint mir namentlich der 
bemerkung: quod enim non solum logeo, verum etiam orchestra ute- 
bextur ad agendum, nostrae sententiae non officit ; nam procul 
dubio velum non praetendebatur logeo, nisi vacua facta orchestra, 
gegenüber Sommerbrodt's (J. jahrbb. 1861, bd. 83, p. 568) aus- 
fübrung von grossem gewichte zu sein, der sich folgendermassen 
ausspricht: „Sie (die drumatischen darstellungen) waren ja anfäng- - 
lich kein schauspiel für das volk, sondern ein festspiel vom ganzen 
volke und im namen des volkes zu ehren des gottes aufgeführt. 
Orchestra und skene von dem zuschauerraume zu trenneu oder gar 
die orchestra von der bühne so abzusondern, während gerade der 
chor auf der orchestra den ältesten theil der festfejer bildete, 
würde den Griechen völlig widersinnig erschienen sein. Erst im 
römischen theater war das drama nichts anderes, als ein schauspiel 
für das volk, Die orchestra verlor ihre frühere bedeutung und 
wurde als zuschauerraum von den senatoren benutzt, Von einer 
festfeier von seiten des volkes war ebensowcnig die rede wie 
bei uns“. 

Wir wenden üns nun zu den bereits signalisierten beweis- 
stellen Wieseler's. Die stelle des Duris (yevouérwv dì 10». Arun- 
zolwv “A9irnow éygageto ini tov ngooxnvlov [Mein. Addend. ad 
Athen. p. 246 wohl ohne grund unooxnvfov) (6 Anunigsos) ini 
ric olxouuérnç Örovumerog) wird von Wieseler anm. 73 bhehandelt, 
nachdem sie schon von Sommerbrodt J. J. 1. |. p. 567 besprochen 
ist. Beide gelehrte weichen sehr von einander ab. Ersterer ist 
der ansicht, Duris habe ohne zweifel die aufführung von dramen 


\ 


314 J ahresberichte. 


im sinne gebabt und unter zgocxj»w» einen vorhang verstanden, 
denn es sei wicht einzusehen, wie der auf ,die personification der 
bewuhnten erde“ (Wieseler schreibt Ol«ovgpévgg) sich stützende 
Dewetrios einen platz in den decorationen für ein bestimmtes drama 
einnehmen konate, weau in demselben auch die handlung auf der 
erde vorging. Sommesbrodt batte das gemälde als eine decora- 
tionsmalerei betrachtet, wenn auch die menge nicht zu einer thea- 
tervoratellung, sondern zu einer festfeier im .theater versammelt 
war; bekannt sei ja aus Plut. Dem. 12, dass .die Athener die 
Dionysien Demetrien umgenanut hätten (vgl. Mommsen Heortolog. 
y. 61, anm. *°*).  Danu hatte er den bei Athen. VI, 253 b.c 
 aufbewahrten ithyphallos mit dieser nachricht in verbindung ge- 
bracht und vermuthet, dass Demetrius mit diesem festgesang ins 
theater begleitet und dass dort vor der bühnenwand seine apotheose 
dargestellt sei. Man könne nicht mit Lohde annehmen, dass das 
gemälde ein theatervorhang gewesen sei, da der vorhang nach 
Lohde nach zwei seiten auseinandergezogen werde und somit das 
bild ebenfalls in zwei hälften zertheilt worden wäre; ein bedenken, 
das sich indessen, falls überhaupt die annahme eines vorhangs rich- 
tig wäre, leicht dadurch erledigie, dass man auf jeder hälfte des- 
selben ein besonderes bild annahme. Wena nun Wieseler nach 
. einer analyse der stelle bei Athen. VI, 255 zu zeigem sucht, dass 
dieselbe von der nachricht des Duris getrennt zu halten sei, so hat 
er gewiss recht; ebenso wie bei dem aus Probus ad Verg. Georg. 
HI, 25, p. 23 Beil. geführten nachweise, dass solche vorliänge 
mit eingewebten bildern in der kuiserzeit vorgekommen sind. Im- 
mer aber scheint es mir misslich aus der nackten notiz des Duris 
gerade auf dramatische auffübrungen zu schliessen — wie ja dean 
der verf. auch selbst zugibt, dass Duris die auffithrung kyklischer 
chöre (vgl Mommsen |. |. p. 388 und 394 f) im sinne gehabt 
Leben könne, und selbst angenommen, dass man an dramen zu den- 
ken habe, so ist es heute doch schwer zu entscheiden, ob nicht 
eine darstellung, wo Demetrius sei es auf der erde reitet (Som- 
merbrodt), sei es sich auf die Ofxvvuérn stützt, doch zu dem in- 
halte des stückes en konnte. Namentlich muss -man bedenken, 
dess diese darstellung eine ovation ohne gleichen für Demetrius 
sein und das bild demnach eiue müglichst lange zeit vor den augen 
der zuschauer stehen sollte. Hässt sich damit ein vorbangsbild 
vereinigen , das doch wülrend der längsten zeit unsichtbar war ? 
Andrer art sind die von Probus erwälhnten b'iduisse, Wenn nun 
von einer andern seite her nichts für den vorhang spricht, so 
glauhe ich aus diéser stelle einen beweis für dessen existenz nicht 
hernehmen zu können, im gegentheil au der bedeutung » decora- 
tionswand‘“ festhalten zu sollen. 

Die zweite stelle — ein wahrscheinlich dem Polybius zuzu- 
schreikender, bei Suid. s. v. xeooxmior aufbewahrter satz — lautet: - 


Jahresberichte. 315 


moocxirior: 10 NEO Tic Ox]vüg meparneracua* 5 dè Turn maged- 
xopévn thy. Redpady xaFarso éni (wofür Wieseler anm. 74 mit 
der grössten wabrscheinlichkeit 7, schreibt) mooaxfriov nageyup— 
vwos tag GAndeis émwoíag. Leider kennen wir den zusammen- 
hang dieses fragmeutes nicht; es scheint indessen das schicksal, 
welches den falschen vorwand wegzieht und die wahre meinung 
zeigt, mit einem theaterarbeiter verglichen zu werden, der irgend 
etwas, dus 2000xnr:0» genannt wird, wegziebt, um des wirklichen 
zustand eines dings an den tag zu bringen. Nehmen wir nun 
einen bühnenvorhang un, so scheint uns der vergleich zu hinken. 
Derselbe bedeckt den schein, 790guo:c und lässt weggezogen, die- 
sen zu tage treten; nehmen wir aber eine decorationsmaleret an, 
die jedenfalls so weggezogen werden konnte, dass der ausdruck 
nagtAxegJas seine berechtiguog bat (vgl. die scaena ductilis des 
Servius), so passt der vergleich. Es trat dann das rabmen- und 
rüstwerk hervor, welches den dàÀmgOsig émwoíog entspricht. Es 
bleibt nun noeh die stelle des Synesius Aegypt. If, 8, p. 128c: 
netic ot» 10 Érdérde ovAloyiconeda, moto; av 6 teraypévos yé- 
rostro Hearic, Î Gupéc te dei zul moourmtov elneir, wg Exeivog, 
dows dv tH weg meoiptres th desxvipera, ad” Exuoroy dv rakes 
mooxvmioria ToU magamerdoparos el dé reg elg env oxqvüv elc- 
Piabosro, xuè tò Asyopevov slg rovro xuropdulumtbosto dia 
tov ngocxqvíov, thy nagacxevny dOgoav &zagav div ino- 
nitoGus, êni rovrov oi 'EAlavodíxa, tove uacuyogogove oni ovay 
xul Aadwr dé ovdiv capès eldeln, pokig ve idew xai Gvyxeyvutva 
xai adıdzgıza 19). Auch hier will Sommerbrodt die decorations- 
wand vor dem bübnengebäude erkennen; dem gegenüber muss ich 
mich mit Wieseler (unn. 75 und nro. 5, p. 7, num. 6) einver- 
standen erklären, der an ein sipurium mimorum (Schol. Juven. VII, 
185: Siparium velum est, sub quo latest paradozi, cum in scaenam. 
prodeunt) denkt. Z/gooxzviov ist hier gleichbedeutend mit xaga- 
nétacpa gebraucht, und die worte xpoxvzt0vro 109 nugumreiaouutos 
verbieten au eine decoration zu denken, Es kaun jedoch diese 
stelle für die gute Gricchische zeit nichts beweisen. 


Bei der nun folgenden untersuchung, welche nachweisen soll, 
dass "goO0xpov 6) den ganzen raum hinter der bühne, © 
also das pesammte hintere bühnengebäude, bezeichne, geht der verf. 
von der inschrift des theaters zu Patara (C. I, Gr. 4283, wu es 
von der Velia Procula heisst: uproxouzoge avéFnxev xai xudeé- 
Queer TO TE mQooxüviov, È xutesxedacey Eu Fepuelluv è natio 
avi]g Koivrog Ovstitos Tiriuvos, xal 10» dy adi xoouur xai 1d. 


10) Sommerbr. J. J. 1. l. p. 567 anm. hat richtig erkannt, das. 
uns in den hervorgehobenen worten eine sprichwörtliche. redensart. 
aufbewahrt ist. Wieseler anm. 75 bestätigt dies und fügt hinzu, das; 
tig rovio mit To AeyOperor zu verbinden sei. 


316 Jahresbericüte. 


negì adto xal 17v riv dvdoriviwr zul ayakuarwv Araoıadıy xui 
14v 100 Aeyt(ov xatuoxeunr xab mlaxwow, «i énoinoev ucı,) und 
zwei stellen des Sueton (Nero 12: Hos ludos spectavit e proscenii 
fastigio und ibid. 26: Interdiu quoque clam gestatoria sella delatus 
in theatrum. seditionibus pantomimorum e porte proscenii superiore 
signifer simul ac spectaior aderat) aus, in denen bislang das wort 
z000x7vs0ov von der frons scaenae erklärt worden ist n. Diese 
deutung befriedigt ihn aber nicht, insofern als man gewiss nicht 
bloss au die vordere seite der steinernen bühnenhinterwand , son- 
dern au diese hinterwand überhaupt zu denken habe. Der verf. 
entnimmt nun aus Alkiphr. Ep. I, 4, 5: Aug (lavxéou) avid 
( Mevdvdo®) xaè Ta ngoGuneia diagrevabuw xui wag Éodmrus ev- 
Qvo xui rolg moooanifose Ecrxa, tovs daxtidoue tuuvrig miébouou, 
Ewe Gv xgormAlon to Féutgov, wo er das handschriftliche 7g00x7- 
rosç gegen Meineke's in den Fr. C. Gr. IV, 722 ff. vorgebrachte 
correctur #abuGxnrloss beibehült, die von ihm gewünschte bedeu- 
tung, nämlich den gauzen, iu mehrere abtheilungen zerfallenden 
(daher der plural), raum hinter der bühne.  Ünterstützt wird so- 
daon diese erklürung durch Liv. 40, 51, 3: theatrum et proscenium 
ad Apollinis locavit und die inschrift Or. 3303: theatrum et prosce- 
nium, wobei Wieseler auch bier consequenter weise die bedeutung 
,zuschauerraum* für theatrum verwirft. Hienach wird zur etymo- 
logischen rechtfertigung gesagt, man müsse den standpunkt desje- 
nigen einnehmen, der von ausseu das theatergebäude anschaut; für 
diesen liege ‘das fragliche gebäude vor der scaema und könne so 
als ngooxyver bezeichnet werden. Endlich wird gezeigt, wie 
diese deutung in der inschrift von Patara, bei Suet. Nero 12, 
Plut. Lyc. 6 und Cod. Theod. XV, 7, 12?) theils berechtigter 
als die gewöhnlich angenommene, theils die einzig richtige sei, 

Sehen wir nuu, in wie weit wir dieser ausfübrung beistim- 
men können. Und da erscheint mir zunächst die vom verf. gege- 
bene etymologische deutung unwahrscheinlich zu sein. Sie schliesst 
sich einmal nicht an die vom verfasser entwickelte gruadbedeutung 
von 6x7 nn, und sodann hatte jemand, der auf der strasse stand, 
wol] kaum veranlassung, nach der lage der bühne, die ihn in dem 
augenblicke gar nichts apging, die vor ibm liegende front des ge- 
bäudes zu bezeichnen. Ganz anders ist es, wenn vom standpunkte 


11) Auch Plut. Lyc. 6: orav sig dydluare xai yougas à ngoaxivıe 
Sedtgwy È eréyac Povisvenoiwy noxnutvas ntgurtuc exxinosalovtes dno- 
Blinwos wird in demselben sinne herangezogeB. 

12) Si qua sn publicis porticibus, vel in his civitatum locis, in qui- 
bus nostrae solent smagines consecrari, pictura pantomimum veste humili 
et rugosis sinibus agstatorem aut. vilem offerat histrionem, illud  revel- 
latur, neque unquam posthac liceat in loco honesto inhonestas adnotare 
personas: in aditu vero Circi vel in theatrorum proscentis ut collocentur, 
non vetamus (ad ann. 394). 


Jahresberichte. 317 


des zuschauers aus die bühne nach der hinter ihr liegenden 9xm 
»3000xvov genannt wird. Es erscheint mir. zwar nicht durch- 
aus unmöglich, dass hie oder da unter 700:1%7vior der gesammte 
bau hinter der bühne zu verstehen ist, aber dann muss die erklä- 
rung vom standpunkte des zuschauers aus gesucht werden — und 
dass sich eine solche finden lässt, wird sich weiter unten zeigen. 
Prüfen wir zuvor, an welchen der angezogenen stellen durchaus 
der gesammibau zu verstehen, und an welcheu mit der bedeutung 
,hiuterwand' auszukommen ist. Letzteres ist der fall bei Suet. 
Nero 12. 26 (vgl. Phil. 23, p. 316 f), Plut, Lyc. 6, Liv. 40, 51, 3 
und der inschrifi Or. 3303. Hinsichtlich der stelle im Cod. Theo- 
dosianus scheint es mir gar nicht festzustehen , dass die worte in 
aditu circi und in theatrorum prosceniis sich entsprechen müssen, was 
der verfasser ánnimmt (anm. 92), indem er unter proscenium den 
durchgang durchs bühnenhaus versteht, Beide órilichkeiten sollen 
im gegensatze zu einem locus honestus stehen; das ist der fall mit 
dem aditus circi, weuiger aber mit dem durchgunge durchs büh- 
nenhaus, das, wenn es auch nicht immer für hochstehende personen 
reservirt war, doch Jedenfalls der vorauszusetzenden eleganten ar- 
chitektur wegen eine höchst .anständige passage war. Sollte man 
nicht lieber au gemälde an der hinterwand des bühne denken, de- 
ren vorkommen auch von Wieseler p. 253, anm. 145 nachge- 
wiesen wird? Fragen wir nun, wie moo0x5j^o» zu der bedeutung 
„hinterwand“ kommt, so scheint die sache folgende zu sein. In 
erster bedeutung ist 7000x77r50y identisch mit Aoyeiov; eine theater- 
bühne wird aber zu einer solchen erst durch die hinterwand; fehlt 
diese, so haben wir eher eiu thymeleartiges gerüst. Es ist also 
natürlich, dass unter dem namen zrooxyrtor auch die grünzen des 
bühnenraumes verstanden werden, und diese werden eben durch die 
hinterwund und die seitenwände gebildet, sei es dass besondere pa- 
raskenien existieren oder nicht. Ob nun die hinterwand in ihre 
ganzen höhe oder nur bis so weit, als die zum stück gehörigen 
decorationen reichten, in diesem sinne mit zum ng00xnrov gerech- 
net wurden, wage ich nicht zu entscheiden. Konnte nun die büh- 
nenbinterwand, welche wohl ausnahmslos die vorderwand eines mehr 
oder weniger tiefen gebüudes war, als mpocxñmov bezeichnet wer- 
den, so ist es nur ein kleiner schritt zu der annahme, dass hie 
und da auch dieser gesammtbau so genannt wurde, Und dies ist 
der fall in der inschrift von Patara, wie ich das jetzt. gegen 
meine ausführung in J, p. 511 _zugebe, da aus den worten ro» dr 
a$1d) x6opov xai ta stegì «9:0 doch wohl auf das gesammte ge- 
báude geschlossen werden muss. Ueber die stelle des Alciphron 
lisst sich schwer urtheilen. Bedeutet zocnxiror auch hier den 
gesammten binteren bau, so macht allerdings der plural moocxr»ua 
keine schwierigkeit. Glykera mag den Menauder wohl in deu 
Linterriumen angekleidet raben ‘cfr. J, p. 309), da sie ihren ge- 


818 Jahresberichte. 


liebten aber wubrscheinlich auch hat spielen sehen wollen und ia 
den xgecxnplas nichts sehen konnte, so kann Meineke’s correctur 
nogaoxnvlosg doch richtig sein, die sich auch empfiehlt, wenn man 
annimmt, dass Menander durch die seitenthüren binter den periakten 
abgegangen ist. Ist es auf der andern seite aber wahrscheinlich, 
dass er als protagonist durch die wittelthür abtrat, so verdient 
wieder die handschriftliche lesart dem vorzug. Die sache bleibt 
mir zweifelbaft, Die stelle endlich, welche von der betüre Naa- 
nion handelt, müchte ich nicht hieher ziehen, wie das von Wie- 
seler wenigstens unter gewissen voraussetzungen geschehen ‚ist.. - 
Ueber das $z00xjvior (p. 219 ff.) habe ich Phil. 23, p. 312 ff. 
gebaudelt und die ansicht Sommerbrodt's, nach der dieses wort einer- 
seits den dunkeln raum unter dem doyetos, andrerseits das untere 
geschoss des skenengebüudes bezeichnen kónne, zu der meinigen 
gemacht, während Schönborn nur die letzte bedeutung gelten las- 
sen will. Wieseler theilt nun diese meinung !5), ich dagegen halte 
nach eingehender prüfung aller argumente. an der meinigen fest. 
Ich gebe bier ebenfalls zunächst die wenig zabireichen quellen. 
Poll. IV, 124: rò dà uzmocxmvor xío0; xal Gyadparlosg sexdoprio 
needs 10 Fiargor teroapptvoss, 520 tO Aoyelov xelpevor. Athen. 
XIV, 34, p. 631 f.: xai malus uiv tà wagd roi; OyAos evdoxi- 
pd» cquo» jv xaxormeyr(uc. 0er xul’.Acunodwoos 6 Disaows 
zgorulslousvov noté vog Qv avAmréw. diaroifwr adıög Eu dv 
tH vnocxqw(e „al your; einer, ÜuÀov Om péya xaxov yéyovar“, 
wc oùx av üAÀwG d» roig noAÀoig eddoxuyourzoç. Poll. IV, 123: 
pían di Isargov zwAlQ xai walls xal xazaroj, xsgxidec, oxıı, 
ógyjGrQa, Aoysioy, nooUxqviov. nagnorivia Uroorivia. An audern 
stellen findet sich das wort nicht. Wenn sich nun der verf. für 
seine ansicht zunächst darauf beruft, dasa Poll. IV, 123 die $zo- 
oxivsa neben denjenigen theilen des theaters aufführt, welche ohne 
zweifel zum bühnengebüude gehören, so ist das zwat richtig, dech 
ohne beweisende kraft, da.Pollux die wörter mg00xjvior, zaga- 
Gua und Srocxjra nur desshalb zusammenstellt, weil sie ja 
gleicher weise gebildet sind und gleiche endung haben. ‚Solche 
zusammenstellungen. finden sich häufig bei diesem schriftsteller. 
Man vgl. IV, 57; 58; 63; 155; 164; 171. Der zweite grund, 
dass bei Poll. IV, 124 das jzo6xryv«or unmittelbar nach den ge- 
genständen, welche auf der bühne standen, und vor den drei 
thüren der binterwand aufgefübrt werden, woraus geschlossen wer- 
den soll, dass letztere im $z00xj»to» lagen, wird wenig gewicht 
haben, weun man beachtet, dass wir dem Pollux zwar schätzbare 
nachrichten aller art verdanken, dass dagegen auf seine anordnung 


13) P. 222: „Während der name noooxnyıov dem raume hinter 
der bühne vom standpunkte des ausserhalb, vor der front des thea- 
ters, befindlichen gegeben ist, steht der name éxommer für densel- 

n raum nur in beziehung auf die bühne selbst“ 


Jahresberichte. 319 


nicht viel zu geben ist. So führt er z. b. IV, 62, wo er ähnlich 
wie §. 123 mit den worten uéen: dé ray doyuywr beginnt, den 
dévoE oxolvgiog (steg, chevalet) nicht hinter den saiten und vor 
den dyxüvtg auf, wohin er doch gehöri, sondern nach dem nAnx- 
roov und dem yogdotoror.  Dahingegen muss man dem verf. un- 
bedingt beistimmen, wenn er in der stelle des Athenaeus das dr0o0x17- 
*5e»' auf den raum hinter der bühne deutet (vgl. Phil. 23, p. 314). 
Hierauf wird der oben angefübrte satz des Poll. IV, 124 herangezogen 
und in folgender weise übersetzt; „das hyposkenion war mit säulen 
und kleinen bildsäulen geschmückt worden, die den zuschauern 
zugewendet waren, als unmittelbar bei der bühne liegend“. Diese 
xloves und dyadudria:sollen sich auf die decoration beziehen, und 
zwar auf die paläste ia der tragódie, und sich nur vor der hin- 
terwand der bühne, nicht auch zu den seiten dieser befunden haben; 
denn nur so sei der zusatz 2006 70 JéatQov tergappitvois nicht 
absurd. Endlich füge Pollux die auf die lage des hyposkenions 
bezügliche notiz hinzu, um genauer auseinanderzusetzen, in wiefern 
dasselbe mit jenem schmuck versehen sei, nämlich als raum hinter 
dem logeion, nicht aber zu den beiden seiten desselben. Wie schon 
klar sein wird, denkt sich nämlich der verf., dass Pollux das 
theater im sinne hat, wie es bei gelegenheit dramatischer auffüh- 
rungen aussieht ; und das ist in beziehung auf. den vor den oben 
angeführten worten erwähnten Bwuog und die zgunei« wohl rich- 
tig, wird sich aber schwerlich für die ganze stelle nachweisen 
lassen; gewiss nicht durch die erwähnung der zuschauer — so 
fasst Wieseler Jéargoy — , da des wert nach meinen obigen aus- 
führungen auch vom zuschauerraume gebraucht werden kann, und 
ebensowenig durch das plusquamperfectum xexdounre, . welches 
ebenso gut „war geschmückt“ heissen kann, wie „war geschmückt 
worden“. Und gesetzt auch, Pollux sprüche durchweg von der 
decorierten bühne, so steht doch fest, dass des $xeexgpuor in mei- 
uem sinne, nämlich als vorderwand des unter dem Aoyesior befind- 
lichen rammes, sicht ebenfalls decoriert war, sondern bei jeder 
benutzuog des theaters dasselbe ausschen hatte. Mir scheint doch 
immer das beispiel aus dem Dionysostheater zu Athen wegen seiner 
merkwürdigen übereinstimmung mit Pollux zu der letztern auffas- 
sung zu berechtigen. Früher fasste auch Wieseler die sache 
ebeoso auf, wie seine bemerkung zu tef. IX, 15 der Deukm. d. b. 
p. 62 beweist. Jedenfalls war doch dieser raum vorhanden und 
für die versenkungen von wichtigkeit; er musste auch nach der 
orchestra zu einen abschluss durch eine wand haben. Es würe 
doch auffallend, wenn uns der name dafür gar nicht überliefert 
wire.  Wieseler macht nun noch sprachliche gründe geltend. In 
dea stellen, wo vz0 axnvng, Gxnvi oder oxnvnv vorkomme — 
Plut: Phoc. 55); Arat. 15; Philostr. Vit. Apoll. VI, 11; p. 113, 
14) Àn den durch den druck hervorgehobenen stellen ist .mit 


320 Jahresberichte. 


5 sequ. Kays.; Vit. Soph. I, 9, 1; p. 208, 18 Kays.; Neron. 9; 
p. 338, 30 Kays: Poll. IV, 128: 1:30; Suid. s. v. Agoran; 
Scbol. A: st. Nubb. 294; Schol. Aesch. Eumen. 47 — sei die be- 
ziehuog auf deo raum hinter der hübne vorwaltend: da mun 4$no- 
 ex5wo» ervmologisch für alle diese drei verbindungen stehen könne, 
so sei an das gebäude hinter der bühne zu denken. Da ich diese 
bedeutung für Athenteus zugebe, so kann ich dieser a 
beistimmen; für Poll. IV, 124 hat sie mich aber aicht überzeugt. 
Man darf nicht ausser acht lassen, dass dort uno rà Aoysior 
steht, und duss in einer cenventionelien redensart — wie wir sie 
in vxó oxnrng, Oxnvp, oxnvgy doch offenbar erkennen müssen, de 
sie meistens unserem „hinter deu coulissen* entspricht — niebi 
ohne weiteres ein wenn Auch verwandtes wort substituiert werden 
kann. Ich glaube daber, man wird an unserer stelle dabei bleiben 
müsseu, und durch „unter“ zu übersetzen, halte an meiner früheren 
ansicht fest und gebe nur darin nach, dass wir nicht wur das un- 
tere geschoss des blübnengebäudes. sondera den ganzen bau. bei 
Athenaeus zu verstehen haben. Das romische wort für é-700xnrsov 
war posiscenium, welches sich allerdings jetzt nur noch einmal bei 
Lucrez (d. R. N. IV, 1181) und zwar bildlich gebraucht, findet. 
Der verfasser wendet sich nun zu der frage nach den zapa- 
oxyriu und bemerkt von vornherein, dass die nenere forschung 
noch nicht zu einem sicheren resuMate gelangt sei. Die ültesie 
stelle, wo sich das wort findet, ist Demosth. Mid. $. 17: xai odd’ 
dvrutdo dom Tug HPoews, dida rocobiov abr niv, Wore TO» 
douyarwatlror dggoria ditpPeoe, vovc yopyyous cuvityer in^ dus, 
Bog», ünsiwv, Öpvuovos nagesinxwe r0Îs xQuatg, MaQuOxinu 
poutiwy ngogyAdv, Îdiwtns cv 1X dnuoctu, xaxd x«i nQuypara 
Guvdnra pos rugéywv. Ueber die aus diesem verfahren des Mi- 
dias evtspringende verlegenheit spricht sich Ülpian zu d, st. aus: 
14 nuQaOxüviu qQutrovy, LOUTÉOIY dnopoirtwy Tag imi vj; Dani 
eloudous, twa 6 xogog üruryxulma neguévas dia 156 EEwSev 
elcodov, xai oviw figudurorros èusirov, cvuflafry xaruyslücde 
AnwooDtvny !*). Midias wollte also dem chor den eigentlichen 
weg in die orchestra versperren und zwang ihn so den umweg 


sicherheit an das gebäude hinter der bühne zu deukan; vielleicht bei 
Pollux IV, 180, Suid. Soon und dem schol. zu den wolken. An die- 
sen letzten drei stellen kann man recht wohl an den raum unter der 
bfihne denken, da dort bei der besseren resonanz der donner gewal- 
tiger wurde, als venn die maschine durch die steinerne wand von der 
bähne getrennt gewesen wäre. Zwischen die steinerne hinterwand 
and die decorationswand ist das Agovresoy wohl kaum zu setzen. Das 
önıchev des Pollux kann auch bei unserer auffassung zur vollen gel- 
tung kommen. 

15) Hierauf beziehen sich wahrscheinlich Et. M. p. 658, 7; Bekk. 
Anecd. p. 292, 12; Phot. p. 389. 21, welche fast ganz übereinstin- 
mend aussagen: nagaecxzvia el eloodos ai elg tv axnvrv. 


Jaliresberichte. 821 


durch den an der aussenfront des theaters befindlichen eingang zu 
‚machen und über die strasse durch einen der seiteneingánge det 
orchestra einzuzichen. Diese erklärung des ausdrucks dec ig 
FEmSe» eloodov wird unter allen umständen aufrecht erlaiten wer- 
den künnen, selbst wenn man gegen Wieseler das vorhandenseio 
von thüren, welche sus den seiteuflügeln in die eingänge der or- 
chestra führen, als sicher annimmt 16, Was wir uns unter den 
nagaoxiria vorzustellen haben, leroen wir aber weder aus De- 
mosthenes selbst, noch aus Ulpian. Einiges gibt Sehol. Bavac. zu 
d. st. (Harpocr. Phot. Suid. 3. v. ragacxina): Forre dì xaksioPus 
"t 000x7 PEU (ws xai Oto qgacrog è» elxo0ıd vouuv Unocnualve 
Harp.) 6 magd n oxgrnv arodedesypéros rémog tais ele (v 
dy iva wugaoxevaic, Wozu dieser 120706 bestimmt gewesen, wis- 
sen wir nun, aber wo er gelegen war, bleibt doch noch dunkel; 
sprachlich wire es móglich, die simmtlichen râume neben der 
bühne, sowohl die hinter als an den seiten derselben gelegenen, 
darunter zu verstehen. Von wichtigkeit wäre es, wenn wir 
wüssten,. von welcher seite her der kyklische cher aufzutreten 
pflegte, darüber aber besitzen wir gar keine nachrichten. . Sicher 
ist nach unserer stelle, dass er nicht durch die stcodos der or- 
chestra, also auf der bühne auftrat. Hier entstehi nun die frage, 
ob er aus der mittelthür oder von der seite her zu kommen pflegte. 
ist man mit Wieseler der ersteren ansicht, so muss man zaga- 
Cxvea zunächst auf die hintern räume beziehen, kann aber auch 
die aller wahrscheinlichkeit nach zu Demosthenes’ zeiten vorhau- 
deuen seiteufliigel mit darunter verstehen, da ja der chor bei ver- 
sperrung der gewöhnlichen eingänge noch durch die seiteneingänge 
hätte auftreten können. Berücksichtigt man aber die dem scho). 
Bavaricum angehängte zweite erklärung : 0 dà Aidupos wag éxa- 
réowder rie Beynoryas (= ioysiou) slaédoug ovrw goi #a- 
AstoSus, ‚welche offenbar zeigen will, wie das absperren des T0306 
möglich gewesen sei, so wird man sich eher zu der aunahme nei- 
gen, dass der chor von der seite her auftreten musste und dass es 
für ihn ans irgend einem grunde nicht zur frage kam, die hinteren 
eingünge zu benutzen. Man wird dann die maqaexínia. auf die 
seitenflügel: deuten. Kurz, aus Demosthenes und seinen erklärern 
allein, ist kein bestimmtes resultat zu gewinnen. Kher lässt sich 


16) Allerdings sohweigen die Schriftsteller über diese thüren 
gäuzlich, und aus den denkmäiern ist es nicht recht gelungen sie 
nachzuweisen ; doeh kana ich es nicht über mich gewinnen, diesem 

mentum ez sılentso volle beweiskraft zusnschreiben, da ich es für 
höchst unwahrscheiniich halte, dass; die choreuten des dramas beim 
auftreten erst in vollem costüm auf die strasse hätten wandern müs- 
sen, um in die sioodos zu gelangen. Wo diese thüren zu suchen sind, 
bleibt unbestimmt. Im odeion des Herodes sind sie von Tuckermanu 
gefunden. 


Philologus. XXXV. bd. 2. on 


222 .— Jahresberichte. 


aus der von Schönborn (Skene der Hellenen P 94) auf die seites- 
flügel gedeuteten, aber nicht näher interpretierten stelle des Ari- 
stides 11, p. 397 etwas entnehmen. Die stelle lautet: doyaïor di 
pos doxeic met Mupov sui "Apeodime Aoyor dranesoda:. aci 
zug wen ? uir xaSnoro xexoopnuérn, 6 di Maps dieggniyveio, 
00x Eur È Ô n alzi cera rehevruiv di ubtng piv amelgero, "nr di 
Blavım Eoxwper abit. ware dau Gvpfivas, pire dì 1} 
“Ageodtsyy UXOTOUS xaxd; pare toy Meuor ebuciy | so" “ai és 
THY Cxnvir Favualwr Th zuguczyrıa Areaca zal tosc 
Aoyoug dele drngas tu nugupItypura. Obige dieser stelle von 
Schönborn gegebene deutung erklärt Wieseler anm. 129 für falsch. 
„Es liegt“ sagt er, „doch wohl auf der hand, dass hier un 
vud guguoxina im bildlichen sinne gebraucht ist, den werten 
»ageags?érpara und Adyos entsprechend. —Zwpj bedeutet, wie auch 
sonst „den schein, das unwahre“, nugacxrria das gegentheil da- 
 .von*, Dass jedoch diese bemerkung unhaltbar ist, wird eine ana- 
lyse der stelle zeigen, die man nicht richtig verstehen kann, olme 
swf den anfang der rede zurückzugehen. "Bert (p. 365) erklärt 
Aristides, ein lästerer habe ihn durch eine mittelsperson wegen 
einer gewissen stelle in einer rede tadeln lassen. fig heisst: xoi 
toírvy. xal ngwny 115 10 avıd ngofinpa NObY OU perog (tadelsucht 
unter der maske der freundschaft) dnayyélissy Er) zur buy dxt- 
deve ngog HE, „ws “gu oùx UT æaçgagTeyEnlum peratv rov 
éyxwplou xai wiv loywy tw elg tiv Fedv. Dass er über sich 
und seine reduerische tüchtigkeit etwas eingeschoben habe, ergeben 
die folgenden worte: ov yig slxòc aga eras regi utroU xal wr 
Gt100 Ti Aye urd, ec TE xal iv tolo CETTE sidoos, navrux 
di eldlvus nüviac meQi tüv Aoywr TU nperfouy door 18 Unsgt- 
gover, -— xal on et u allo udder xul tovto Nuiv «reloyagia. 
Diesem tadler nun will Aristides in einer rede antworten. Hieraus 
ergibt sich die richtige deutung der stelle p. 897, die folgenden 
sinn hat: du kümmertest dich nicht um die rede (109g. Aéyous 
ages; vgl. p. 365 init. rovSereîv Étégoug dgpérras Éawrov,), da 
di derselben nichts anhahen konntest, sondern richtetest deine 
tadelsüchtige uufmerksamkeit auf die zaougp3tyuura d. i. die ne 
bensüchlichen .äusserungen. . Diese naeug3éyuara verhalten - sich 
nus zur eigentlichen rede wie der pantoflel der Aphrodite zu die- 
ser selbst und die waguoxnrea zur ox. Da non Sevwuelor 
gebraucht wird, so haben wir gewiss an die decorierte bühne zu 
denken; die zz«Q«oxgva dagegen scheinen die steinernen, nicht 
decorierten, seitenflügel gegenüber der decorierten binterwand su 
sein. Allerdings lüsst sich die sache zur evidenz nieht erweisen, 
da uoch eine andre móglichkeit der erklarung vorliegt. 
Diese entnimmt der verf. aus der schon ‘pag. 211, aum. 46 
behundelten stelle des Suidas u. a: 0x7 four È ufon sea 
190 Feutgov ruguoxirin d? 14 Erder xul Erden rig uéorç Jugus. 


Jahresberichte. 323 


Wie wir oben, als wir die achte bedeutung des wortes oxyv7 be- 
sprechen, gezeigt haben, fasst Wieseler hier 0x5; als die summe 
der decorationen an der binterwand, und folgerecht erklärt er jetzt 
die naguoxgriu für die ,seitenscenen“, denen es bei dramatischen 
suflübrungen zwei gab, nämlich die periakten nebst den durch sie 
gebildeten, unmittelbar auf die bühne führenden, zugängen !?) und 
die (von der bühne aus gerechnet) dahinter belegenen wände der 
seitenflügel mit deu in ihnen befiudlichen thüren: der grammatiker, 
auf den jene stelle des Suidas zurückgehe, habe das theater bei 
gelegenheit von aufführungen im sinne gehabt und desswegen zu- 
nächst an die periakten mit ihren zugängen gedacht; indessen 
könne er auch die benachbarten wände der seiteuflügel mit ihren 
thüren gemeint iaben, Schou oben bemerkte ich. dass in dem 
satze: oxyry tony n uéon Juge 200 Jedrgo — oxnvy nur die 
hauptdecoration, welche sich in der mitte des hintergrundes befinde, 
bezeichne und machte auf die differenz dieser und der Wieseler- 
schen aufassung aufmerksam. Da ich keine veranlassung habe, 
meine meinung aufzugeben, se beziehe ich consequenter weise hier 
das wert nuguoxnvia auf diejenigen partieen der hintergruvdsde- 
coration, welche rechts: und links von der mittelthür lagen. Mei- 
nes erächtens empfiehlt es auch eine betrachtung der stelle des 
Suidas im gauzen, völlig von den periakten und den wänden der 
seitenflügel abzusehen. Es ist nicht zu verkennen, dass. der gram- 
matiker eine beschreibung derjenigen theile des theaters geben will, 
welche vom postscenium aus in gerader richtung bis zum boden 
der xovicıga hin liegen, ohne dabei die gegenstände zu berühren, 
welche sich an der seite befinden. Dass er dubei das zum zweck 
von bühnenspielen decorierte theater 'm auge hat, scheint keinem 
zweifel zu unterliegen. Demnach lässt er folgen 1) Scaenae frons 
mit der decorations wand = ox] und reguoxiriu, 2) ógynorga 
= Zoysior, 3) die thymele. Eine beziehurg auf die periakten, 
die seitenflügel oder die zugänge von den seiten her vermog ich 
nicht zu erkennen. Kebren wir nun zu der stelle des Aristides 
zuriick, so ist es möglich, dass dieser schrifisteller die sugacxqrsu 
und die oxny7 in dem eben entwickelten sinne einander entgegen- 
gestellt hütte. | | 

Wenn wir somit die beziehung der stelle des Suidas auf sei- 
teneinginge leugnen, so gewinnen wir diese doch unzweifelhaft 
aus der erklärung des Didymos, welcher sich fast gleichlautende 
stellen aus dem Et. Magn., Bekk. Anecd. uod Photius anschliessen ; 


17) Da diese zugünge nirgends genannt werden, auch duxch die 
von Pollux IV, 126 in betreff der rechten periakte gebrauchten 
worte: xal sous re Salarriovs inayıs schwer nachgewiesen werden 
können (s, Wieseler Anm. 119), so scheint mir ihre ezistena doch 
zweifelhaft zu sein. Ich komine auf dieselben vorb weiter unten 
sürück. | 


21° 


324 Jahresberichte. 


und von diesen thüren der seitenwánde kaon die bezeichnung xa- 
gaoxnvia recht wull auf die ganzen seitenflügel übertragen sein. 
Dus umgekehrte verhältniss stellte ich Phil, 23, p. 309 auf, bestreite 
aber uicht die möglichkeit der vom verf, angenommenen ordnung. 

Ehe wir pun auí die seitenei ngänge kommen — über welche 
Wecklein nro. 2, p. 446 ff. im wesentlichen dasselbe sagt, was ich 
Phil. 23, p. 300 ff. ausgeführt babe — ist die annahme des verfas- 
sers zu berühren, dass es auf jeder seite der hühne zwei zugänge 
gegeben habe, zunächst einen ofinen, d. h. nicht durch eine thür 
gebildeten. zwischen der bühnenhinterwand und der periakte, und 
sodann einen, der durch eine in der waud des seitenflügels befind- 
liche thür gebildet wurde. Das vorbandensein dieser erhellt aus 
Poll. IV, 126: nag’ Exursgu dè tv duo Fugwy sev meeì wj 
plony Gllas duo sliv uv, plu Exarégwder; aus dem folgenden 
worten; xoóg dg ai neolaxıoı Ovpmemjyaci, 7 uiv delia 20 tw 
zóAsug dndovoa, à O° Erlen tu dx modews, peadsora ra ix h- 
pérog* xai Feovs 16 Julurtious Ènuyu, xai nav?’ 00a ÈnuyIt- 
Griegu Ovt& 7 umyav, pégey Gdvvarei, und zwar weder aus zu 
ix dipstvog und ra èx nclewç noch aus imays vermag ich die 
existenz jener ersteren zugänge zu folgern. Es kommt hier we- 
sentlich auf den platz der periakte an; Pollux lüsst es unentschie- 
den, ob sie, von der hinterwaud aus gerechnet, vor oder hinter der 
thür ibren platz gehabt het. Ich glaube, man muss sie hinter die 
‘thir setzen; bei der entgegengesetzten annahme hätte man von 
zahlreichen platzea des theaters stets die thür selbst erhlickt, ja 
in die räume, zu welchen sie führte bineingesehen, was doch ver- 
mieden werden musste. Ist diese annahme, welche durch eatschei- 
dende stellen nicht widerlegt werden kano, richtig, so fallen diese 
offenen zugänge von selbst; augenommen aber, ich hätie geirrt, so 
entsteht duch die frage, wozu diese offnen zugänge dienten. 
Sollten sie irgend eine praktische bedeutung haben, so ınussten sie 
hinten auf irgend eine weise mit den hinter- oder seitenrüumen in 
verbindung stehen; wie eine solche bei hölzernen seitenflügeln (vgl. 
Phil. 23, p. 304 f.) etwa hergestellt war, entzieht sich begreiflich 
jeder kenntniss, so viel aber steht fest, dass auf den grundrissen der 
theater, welche steinerne seitenflügel hatten, an jener stelle dureh- 
aus keinerlei offaung nachgewiesen werden kann. Wie mir nun 
schon. nach vorstehendem das vorhandensein jener zugänge höchst 
zweifelhaft erscheint, se ist es in noch höherem grade desshalb 
unwahrscheinlich, weil dieselben nirgends mit einem besonderen 
namen genannt, oder auch nur deutlich bezeichnet werden. 

Gehen wir nun auf die erörterungen des verfassers in betreff 
der ndgodos über. Er sagt zunächst (p. 225): eben diese wände 
(der seitenflügel) heissen sonst «0000, in dem sinne von „zu- 
ginge oder „seitenzugänge“, Anm. 152 fügt er dann hinzu, dass 
die möglichkeit einer beziehung dieses wortes auf die eingünge ia 


Jahresberichte, — — / $25 


die orchestra nicht in abrede gestellt werden könne. Ich sehe die 
sache umgekebrt un und besiehe zunächst den fraglichen namen 
auf die eingänge der orchestra, gebe uber zu, dass derselbe mit- 
unter von den fraglichen eingängen auf die bühne gebraucht ist. 
Weniger gewicht lege ich darauf, dass unter m«Qodos die wände 
verstanden werden sollen, während ich mich einfach an die bedeu- 
tung „zugänge‘“ halten zu sollen glaube. | | | 

Sehen wir, welche beweise der verf. für seine behauptung 
beibringt. - Zunächst Plut. Arat. 23: Emonjgas dé tulg nupodoss 
dxartowden!?) vous “dyasovg aitog und 176 oxgrüg sg uteor 
sqojÀJc. Aum. 123 wird aun ausgeführt, wie man sich die be- 
seizung zu denken babe. Eine besetzung der thüreh sei unnöthig 
gewesen, da dem Aratos die gefahr wesentlich von vorn, nament- 
lich vom zuschauerraume her drohte, von der seite, überbaupt vom 
bühnengebäude her nicht (Piut.. Demetr. 34: 64016 wir ovvépgute 
ijv Gxquijv. «ui dogupegoss to Aoytiov neguilufe war die sache 
anders); besetzte er nun die seitenwünde, so sicherte ihn diese 
aufstellung auch gegen solche, die sich durch die eingánge der ur- 
chestra geschlichen haiten. Mir scheint er im gegentheil die eiu- 
gänge zur orchestra in der weise besetzt zu haben, dass dieselben 
durch eine truppenreibe rechtwinklig durchschnitten wurden. Ge- 
wiss hatte Aratus, wenn es auch nicht erzählt wird, die eingänge 
von der strasse in den binteren raum gesichert, so dass auch durch 
die lediglich ‚aus dem bühnengebäude zugänglichen seitenflügel nie- 
mand kommen konnte. Hierin stimme ich mit dem verfasser über- 
ein, auch darin, dass ihm die vrchestrheingänge besonders gefähr- 
lich waren; Wurden diese in der von mir angegebenen weise 
besetzt, so war Aratos vollkommen gedeckt und dus ganze theater 
abgeschlossen, ^ Hienach entnelme ich aus dieser stelle, dass nuo- - 
odo. auf die orchestraeingänge zu beziehen ist, Wenn ferner 
moch gesagt wird, dass man eher an die wünde, als an die dariu 
befindlichen thüren zu denken habe, weil auch die gegenüberge- 
stellte oxyvy als ein portal zu fassen sei, so ist die letztere be- 
hauptung bei der vieldeutigkeit des wortes cun» zweifelhaft, und 
wenn sie richtig wäre, so wäre daraus duch noch kein sicherer 
schluss auf die bedeutung von mügodos zu zieben. 

. Rine andre stelle, aus der ich im gegensatz zu Wieseler auf - 
die von mir aufgestellte bedeutung von ;9odo, schliesse, findet 
sich beim scholiasten zu Aristoph. Equit. 148. Der. text lautet 
dert: D parigi GMursomüha, devon devo’, © pirate, üvaflawe 
cure ın mode xci vor gureis, und das scholion: tra, puoi, 
ix rj; magddov inl 10 doysiov üvaß;. dui tt oùr dx tig nagódov; 


8) Dieses tnazipw9e » gehört offenbar zu émomons; die verbindung 
al mdgodos éxatiguder , he Wieseler p. 231. anm. 152 annimmt, 
acheint unzulässig zu sein. E | 


326 Jahresberichte. 


TOUT 0 rue ovx drayxaiov. hrxéor our, du ii uPalvesr dieysıo 10 
ini 10 doysior elastrai, 9 xul A ÇOGxesra. Aéyetus yaQ xurafiacva 
10 umadautncdas tvievdev and wiv naluuwd Edovs. we dr 5 
nein dì 18 avuBasve. Der verf, behandelt diese stelle in anm. 
127, natürlich von seinem staudpuukte aus. Ich stimme mit ihm 
in der anpalme überein, dass der wurstiáudier. sicht dureh einen 
eingang. der orchestra, sondern us einem seitenflüge! der bühne 
aufgetreten sei; ich denke aber weiter unten zu zeigen, dass wir 
nicht anzunehmen haben, dieser selbst werde durch nugodos he- 
zeichnet, wie der verf. will, der indessen noch lieber an die wund 
des seitenflügels als portal denkt, und des 2x wegen annimmt, der 
wursthándler habe sich gerade in der thür befunden. Wenn der- 
selbe ferner daran denkt, drußure deute auf ein tieferliegen der 
seitenflügel, su läge doch darin eine aussercrdeniliche erschwerung 
für die tragöden, die sich schon auf ebevem boden nur mit schwie- 
rigkeit bewegen konnten, und für die wagenaufzüge, die auf dem- 
selbeu wege kamen; gunz abgesehen davon. dass von einem sol- 
chen tieterliegen weiter nichts bekanut ist. Ich hoffe, die folgende 
analyse des scholions wird zeigen, eine wie werthvolle stütze das- 
selbe für meine oben ausgesprochene ansicht bildet. Der erste der 
drei grammatiker, die ich mit Wieseler annebme, hält es für noth- 
wendig den sunst bei Aristophanes. für „auftreten“ nicht wieder 
vorkommenden ausdruck dréfusrs zu erklären, uad sagt daher fra 
dx sie xugodov ini 10 Aoysion áüvopr; ob er dabei an einen 
seiteuflügel oder an einen eingang der orchestra gedacht hat, lässt 
sich mit evidenz nicht nachweisen; obgleich ich geneigt bio mit 
dem zweiten scholiasten das letztere auzunelimen; dena dieser wur- 
dert sich jedenfalls, dass sein vormann eine solche behauptung auf- 
stellen konnte, erklärt sie für unnöthig und fügt eine erläuterung 
über die bedeutung ven crafalvesv hinzu: drafalre» heisse „nuf- 
treten“, wie sich das auch gezieme, da xuraßalveıv nach alter sitte 
(wo man allerdings auf die improvisierte büline vom erdboden his- 
aufsteigen und wieder herubsteigen musste) „abtreten“ beisse. Der 
dritte scholiast endlich, dem diese erlauteruag noch nicht. genügt, 
setzt noch hinzu, dveiBatye werde su gebraucht wie bei der 3v- 
péin (im Wieselerschen sinne), womit er 'üllerdings nicht sagen 
wil, dass der dàAurroscAgg auf der thymele aufgetreten sei. 
Hienach ergiebi sich mit evidenz, dass nus dem eventuellen miss- 
verständuiss des zweiten scholiasten auf eine bezeichhung der or- 
ebestraeingänge durch das wort zugodos zu schliessen "ist. 

Kine dritte stelle, aus der ich das nämliche entnehme, findet 
sich Plut, Dem. 34: uördg di xurafas dong of zgayıpdoi did zu 
avw *ugódew. Der verfasser leugnet durch eme mir nicht 
. klar gewordene sisfilrung (anm. 152), dass den Mibu “sageder 
andere enigegenstehen, die tiefer gelegen huben müssen nnd wobl 
ner in den eingängen Lad orchestra au suchen sind. 


Jahresberichte. i 327 


Ist nun aus dem vorstelenden meine ‚ansicht wahrscheinlich 
geworden, so wird sie zur gewissheit durch Pollux IV, 126 !°), 
eine stelle, die Wieseler geräde für seine ausicht anführt. Ganz 
richtig bemerkt derselbe, die #agodos seien aicht identisch mit den 
adias dio Jueas, diese lägen in den wäudeu der seitenflügel, jene 
seien nicht die oben von mir «ls sebr fraglich bezeichneten offenen 
zugänge, um allerwenigsten die eiugünge in die or- 
chestra, sondern die der bühne zugekehrten wände der seiten- 
Bügel als portale, Daun würde sich «aber Pollux ausserordentlich 
uudeutlich ausgedrückt huben, deug. im wesentlichen, würden dann 
doch die wdgodos mit den Iygdı i@btisch sein. Einen ausführ- 
lichen beweis fis. seine beháüpthii tritt nun der verfasser nicht 
au, sondern bringt if aum. 125 nur deu umstand in anschlog, dass 
die bei Pollux JV, 128:^ h-unyavn di Jeodç delxrvor zur figuc 
sous dy dig, Biidspogoriag i [Ttgatuó, sul xelıas xata 1)» dgi- 
Greguy magoder, vaio 19» oxgriv 10 Üyog — erwähnte xuçodoc 
offenbar eine von den beiden sei, über welche der verf. des uno- 
mastikon Kurz vorher IV, 126 gesprochen babe, Diese z«Qodo; 
liege aber nach Schol. Luc. Phileps: 29 (tom. VII, p. 857 Lebm.), 
— s. oben pag. 309 — ohue zweitel im bühnengebäude. Sicher- 
lich ist der verfasser mit dieser Lehuuptuog in vollem rechte, nur 
ist nicht. nachgewiesen, dass nugodos, so oft es vorkommt, jedes- 
mal dasselbe bedeutet. Wieseler ist selbst in dem ganzen zur ver- 
handlung stehenden theile seines aufsafzes geneigt den griechischen 
Lenensungeu der yerschiedenen bühnentheile die. manuigfachsten be- 
deutungen heizulegen: warum soll dus wort magodog eine aus- 
onbme in dieser beziehung machen? Was klarheit und bestimmt- 
heit im einzelnen anlaogt, so lässt gerade Pollux viel zu wünschen 
übrig, er eder sein gewährsmann schreibt uus der anschauung her- 
aus und setzt bei seinen leseru die richtige uuffassung des wortes 
an jeder eiuzelneu stelle voraus; duher kann es uns nicht wundern, 
wean er Q. 128, wo er von der pyyavy spricht, in der annahme, 
dass diese bekaonte maschine von keinem leser in die eingänge zur 
orchestra gesetzt. werden wird, ohne weiteres ihre stelle durch 
zar& 77» égorsqgur nugodor, die bekannte eingangaibir zur bühne, 


19) Ich gebe die stelle, obgleich sehon oben pag: 824 die hälfte 
derselben angeführt ist, ihrer wichtigkeit wegen noch einmal voll- 
ständig: map éxdrion di wy dio Fuoww wur nigi tiv plow ailas duo 
elev £v, pla inavignder, ngoc dc ab. sagiexros ovunsnuyacıy, 4 piv Asked 
wi ie nolews dylodoa, i d' izigon re ix nélews, puodsora tà bx lpévog 
xe; Deoos re Salarrious intyts, tai ndr’, oca. indySéerioa ovra ) pn- 
gari pie dduvani. el di Iniorgagiie al nigiaxtos, $ debió piv ausißes 
36 xà» [rómov], aupersqus di yoga bnallirrotdw. rwr uévros napódur 
. br deka dycide 5 dx Aspivos % ix nólsug dye ob di aldayddır 

eje) dgqexvodpavos xarà tiv Irigav saiaaw. sicsì9drms di Hera Tr óg- 
géorçer ini. tiv cuyviy dvafiaivavas dà xisudnas^ ré dè xliuaxos ol 


Pad pol ulrpecenioee xaloërres, 


328 .— Jahresberichte. 


bezeichnet, ohne ein missverständniss zu fürchten. Ausführlicher 
ist der verf. in der behandlung der oft besprochenen schwierigkeit, 
welche bei Pollux 126 entsteht, wenn man die ragodos auf die 
bühne verlegt, indem nämlich dann die parodoi gauz die entgegen- 
gesetzte bedeutung bekommen, als die entsprechenden periakten; 
durch erklärung der schwierigkeit abzuhelfen ist ihm bei seiner 
auffassung wicht möglich, er hat daher zu einer textesänderung 
greifen müssen. Die betreffende conjectur ist auch in nre. 5, 
p. 8 ff. vorgebracht, und besteht darin, dass statt rv p£rros ?°) 
xagodu» 7 pi» deltà geschrieben wird /j peta delia, was heissen 
soll: von den zuginyen führt der nach rechts hin führende vom 
lande her“. Der nach „rechts hin fiibreude eingang“ sei aber ‘ler 
linke seitenflügel des bühnengebäudes, und somit entspreche bei 
Pollux die linke parodos ganz der linken periakte, sowie die 
rechte der rechten. Damit wäre dann unter annabme der Wiese- 
lerschen grundanschauung die stelle des Pollux gebeilt; es fragt 
sich nun, ob die conjectur evident ist. Das muss ich jedoch be- 
zweifeln, da einmal keine stelle vorzukommev scheint, durch welche 
der ausdruck A perd desc in diesem sinne gerechtfertigt werden 
könnte; und wenn sich eine solche auch nachweisen liesse, so 
scheint mir die sache noch aus einem andern grunde unhaltbar. 
Wer derartige ausdrücke gebraucht, muss eiuen bestimmten stand- 
punkt einnehmen, bier den des den zuschauern zugekehrten schau- 
spielers; wie das auch Witseler annimmt, Ein solcher wird sun 
unter allen umstinden die ausdrücke „rechts“ und „links“ auf die- 
jenigen theile der bühne anwenden, die ihm zur rechten oder linken 
hand liegen. Er kann daher die ihm zur linken hand befindliche 
peredos entweder, indem er auf die frage wohin! antwortet, als 
die ‚nach links führende“, oder indem er die frage woher? beant- 
wortet, als die „von links her führende‘ bezeichnen, aber unmög- 
lich erscheint es uns, dass ein schauspieler die ihm zur linken lie- 
gende thür, aus weicher ein weg an ihm vorbei nach rechts hin 
führt, sls 7 pera dels bezeichnet — ein ausdruck, welcher aur 
im munde desjenigen berechtigt sein würde, der in dem (vom 
schauspieler aus gerechnet) linken seitenflügel der bühne stände 
und zwar so, dass er das gesicht nach der den zuschauern zuge- 
kebrten wand hinwendet. Dieser standpunkt kann hier aber durch- 
aus nicht in betracht kommen. Hienach befinden wir uns nicht in 
der lage, die, Wieseler'sche eonjectur und damit die lósung dec bei 
Pollux vorausgesetzten schwierigkeit anzunehmen, Für uns exi- 
stiert diese schwierigkeit auch nicht, da bei der beziebung der 
mígodos auf die eingünge zur orchestra die rechte parodos mit 
der linken periakte und die rechte periakte mit der linken perodos 


20) Auch dieses uévros wôchte ich für meine ansicht in ansprueh 
nehmen; es macht nachdrücklich darauf aufmerksam, dass das fol- 
gende zu dem vorhergehenden im gegensatze steht. - 


Jahresberichte. 329 


correspondiert. Allerdings müssen wir dabei aunehmen, dass die 
gegenstände auf der bühne vom schauspieler, die eingänge zur or- 
chestra vom zuschauer aus beurtieilt werden — eine ansicht, die 
Buttmann zu Rode’ übersetzung des Vitruv 1, 280 aufgestellt hat 
und die wir Phil. 23, p. 322 vertheidigt haben. Sie muss nur ein 
wenig anders gefasst werden, um den von Wieseler mit recht gel- 
tend gemachten bedenken, dass die Hellenen die bühne nie so schroff 
vom zuschauerraume getrennt hätten und dass man keia recht habe, 
die eingänge zur orchesira dem zuschauerraume zuzuweisen, zu 
begegnen. Auf das erste bedeuken wird der verfasser selist ein 
su grosses gewicht nicht legen, da es wesentlich nur gegen einen 
freilich zu starken ausdruch Schouborn's (Skene d. Hellenen p. 73, 
a. 20) gerichtet ist, der den grund dieser bezeichnuugsweise darin 
sucht, dass bei den Hellenen skene und theatron zwei ganz von 
einander getrennte gebäude seien. Das zweite bedenken wird sich 
durch folgende betrachtung erledigen. In unserem modernen büh- . 
nenwesen bezeichnen wir übereinstimmend mit den alten das auf 
der bühne befindliche vom standpunkie des schauspielers aus; das 
im zuschayerraume befindliche dagegen vom standpunkte des zu- 
schauers, z. b. die rechte und linke seite des purkets. Die seiten 
des orchesters, welches weder zur bülıne, noch zum zuschauerraume 
gehört, bezeichnen wir nach dem sitze des kapellmeisters, der den 
zuschauern meistens den rücken zudreht; es erhell das daraus, 
dass wir in concerten, wo der kupellmeister den zuhérern zuge- 
wandt ist, die seiten des orchesters entgegengesetzt benennen. 
Aehnlich ist die sache bei den alten. Die periakten u.s. w. wer- 
den vom standpunkte des schauspielers, die seiten der cavea von 
dem des euschauers, die eingänge der orchestra aber, welche weder 
zu dem einen, noch zu dem andern theile des theatergebiudes ge- 
‚hören, von dem des chors aus bezeichnet. Da dieser nun bei dra- 
matischen aufführungen meist den zuschaueru abgewandt ist, so 
stimmt diese bezeicbnuug mit derjenigen, welche vom standpunkte 
des zuschauers hätte angewandt werden müssen. Da aber der chor 
auch häufig die umgekehrte stellung einnabm, so ist von vorn- 
herein zu vermuthen, dass in der bezeichoung der orchestraein- 
günge nicht immer dasselbe princip beobachtet ist; und in der that 
fiudet sich eine stelle, welche das gegentbeil von dem, was Pollux 
lehrt, aussagt. In der Vita Aristoph, vol. 1, nre. XII, 2. 14, p. 
X XX VII der ausgabe von Bergk heisst es vom chor: el piv wg 
&X0 INC mohews hoxero End 10 HEargov, din ın5 Agsaregüg &widog 
Flojes, sl Où ws axd dygoU diu 176 delsà;. Interessant ist ferner, 
dass die von der construction des theaters bandelnde stelle Vitruv's, 
auf die ich weiter uaten zurückkommen werde, nach der jetzt 
handschriftlich festgestellten lesart sich gar nicht deuten lässt, 
wenn man nicht jene von Buttmann ric Mig gefundene, aber nicht 
scharf genug gefasste, lehre befolgt. 


330 Jahresberichte. 


Koüpfen wir hier sofort dus au, was der verfusser p. 231 
an positiven aufstellungen über die benennuog der eingänge in 
die orchestra sagt, so brauchen wir wohl kaum besonders zu be- 
merken, dass wir mit der behauptung, es sei nur eine möglich- 
keit vorbanden das wort wigodog auf die eingünge zur orchestra 
zu beziehen, praktisch aber sei dasselbe stets von den verschiedenen 
eingäogeu zur bühne gebraucht worden, uns nicht einverstanden 
erklären können. Auch auf die ansicht, dass es geradezu wunderbar 
ware, wenn bei dem mangel eines eigentlichen mitteleisgangea in 
die orchestra die in dieselben führenden eingange augodos in dem 
sinne von seiteneingangen genannt "würden, kóunen wir ein grosses 
gewicht nicht legen; denn wir behaupten gar uicht, dass der uume 
xagodog durchaus auf einen seiteneingang bezogen werden 
müsse, Wenn indessen die zugänge zur bühne sámmtlich s4g- 
odo« genannt werden, so ist kein gruud zu leugnen, dass die zu- 
günge zur orchestra, die nuu einmal eben von der seite her führtes, 
‘ so genanut wurden. Vielleicht denkt man sich den gauzen iu- 
sammenbong richtig folgendermassen: der einzu des chors iu die 
orobestra hiess wagodoc (Poll. IV, 108: xai n ger stoodos 109 
zoooù magodog xuheiras; 109: 169° bre dì xai xaJ? Era exosovrt 
1j» mugodov) Was war natürlicher, als dass man den weg, den 
der chor nahm, ebenfalls so nannte? Nun gieng der name auf 
die parallel liegenden zugäuge zur bühne über, und endlich wurde — 
er allgemein von den eingangen zu derselben gebraucht. Aristoph. 
Nubb. 326 und Av. 296 c. Schol. gebraucht efoodoç für den eia- 
gangsraum, nicht für die eingangsthür; man müsste sonst aa- 
nehmen, dass der chor in der that in vollem costiim von der strasse 
eingezogen sei, wogegen sich das gefühl sträubt. 

.. P. 227 erwähnt der verf. das bei Hekk, Anecd. I, 367 vor- 
kommende wort nsgs0xnvov, welches wahrscheinlich das theater 
gar. nicht angeht, 

Hinsichtlich des émsozirior endlich verweise ich auf des, was 
ich Phil. 23, p. 314 f. auseinandergesetzt: habe, und bemerke nur, 
doas der verfasser die glosse des Hesych.: 16 det 155 envie xuruyu- 
. Yiov van einer in den decoralionen vor. der hinterwand darge- 
steliteu wohnung erklärt. Aus mangel an umchrichten wird wohl 
schwerlich ein sicheres resultat gewonnen werden können. 

— lu späterer zeit, als vielfach die aufführungea, welche früher 
im der orchestra étatifanden, nuf die bühne übergingen, wurden 
mehrere auf die ersteru bezüglichen namen auf die letztern üher- 
tragen. So heisst zunächst in. zahlreichen stellen (s. anm. 139) 
ógynOrea „bühne“; ferner wurde Jug:Ag (onm. 140; Schul. Arist. 
Hqu. 149 möchte ich jedoch sicht hieber ziehen) ebenfalls. . fir 
„bühne“ gebraucht, jedoch so, dass diesem worte hauptsächlich die 
beziehung auf den tanz und die vbcal- und isstrumentalmusik eigen 
blieb (aum. 141); indessen erlielt sich in dea fortwahrend beste 


Jahresberichte. — 331 


heuden theateru wicht römischen gebrauchs die alte thymele (anm. 
142). Das wort ddelov sodana wurde nicht nur auf die bühne 
(Alex. Aphrod. in Metam. All (IV) p. 146: ex vere. Genesis: odium 
pars quaedam theatri, quae nunc thymele, id est. scaena,. #uncu- 
patur), sondern auch auf das iheatrum überhaupt übertragen, wel- 
ches letztere wort wieder für „kübue“ und such „bühnengebäude“ 
gebraucht wurde (anm. 144). | 

Wenn nun zum schluss: dieses nbschnittes noch über - die he- 
zeichnungen, des zuschauerruumes kurz die vede ist, und unter 
bezugnahme auf frühere ausführungen nochmals gesagt wird, der- 
selbe könne nicht durch Fiargor bezeichnet ‘werden, so habe ich 
bereite oben gezeigt, dass diese behauptung in solcher strenge 
nicht richtig ist, und enthalte mich daher hier eines weiteren ein 
gehens auf diese frage. Die Römer nennen diesen theil — 
theaters seit Cicero cavea (Lael. 7; de Harusp. resp. 12), wohin. 
gegen der entsprechende griechische ausdruck rà xoïlor, der neuer- 
diogs vielfach gebraucht ist, bei den alten sich nicht nachweisen 
lasst. To Rpurvzdior, welches bei Phot, p. 351, 16: dexnorga 
AGWIOY Ex iv ij ayogy: dra xul sou Fiatgov TO xarw Aus- 
xvxlio:, où xui of xoooi : jov xui wgyevrro mittelbar als be- 
zeichoung des ruschauerraumes anzusehen sein soll, scheint "mir 
nur deu hallıkreis der dgyjorga zu bezeichnen, Bbensowenig be- 
weisen die surnua hemicyeli bei Vitr. V, 8 e, 1). Gewöhnlich. 
bezeichaen die Griechen den fraglichen raum mit rà Ium 

Hierauf weht der verfasser zum letzten abschnitte: seines auf- 
salzen über, welcher. von der „baalichen. einrichtung des 
theaters in seinem gewöhnlichen zustande“. handelt, 
und bemerkt zunächst, dass das theater sich aus dem tenzplatze 
der kyklischen chüre, der als orchestra des theaters die mitte des - 
ganzen baus einnahm, in furm eines kreisstücks entwickelte, indem 
ein theil des kreises durch Jus sich langs der orchestra in form 
eines rechtecks hinziehende bühnengebäude _sbgeschnitten wurde, 
welchem gegenüber der zuschauerraum in form eines nach oben 
hin stetig zunehmenden kreisstückes die peripherie” der orchestra 
concentristh umgab. Der verf. nimmt also nicht an, dass jemels — 
ein véllig kreisrunder bau existiert habe, wie. das Wecklein in 
uro. 2, p. 441 aussprieht: „die. construction des griechischen oder 
athenischen theaters, in welchem nur eig kreisabschnitt als bühnen- 
raum übrig bleibt, weist augeuscheinlich darauf hin, dass das ge- - 
büude für die suschauer sich aus einem vollständig kreisrunden 
baue entwickelt Lat". Auf die schwäche des dafür angeführten 
beweises, dass nämlich bei der anfänglichen bedeutung des chors 
eine solche anlage wie bei unserm circus die natürliche gewesen 
und dass. das ostürliche und zweckmässige für das ursprüugliche 
zu halten sei, hat Sommerbrodt nro. 3. p. 508 ff. nachdrücklich 
sufmerkanm gemacht, und darauf hingewigaen , dass jedenfalls nur 


332 — Jahresberichte. 


für die ältesten zeiten, wo überhaupt ein theaterbau noch nicht 
vorhanden war, an einen solchen circusartigen raum gedacht wer- 
den könne, Ebenso entschieden hat derselbe gelehrte die andere, 
mit der ersten in verbindung gesetzte, behauptung Wecklein’s zu- 
rückgewiesen, dass Aeschylus nach Cramer Anecd. Paris. I, p. 19 
das xoox5»iov, die eigentliche bülne erfunden hebe. Man kann 
Sommerbrodt nur beistimmen, wenn er sagt: „wenn irgend etwas 
vor dem bau eines stehenden gebäudes vorhanden gewesen sein 
mass, so ist es das sQooxijveor t. — E | 

Aus den folgenden ausführungen, welche sich auf die addos- 
sierung des theaters an anhöhen, die wahl eines gesunden plaizes, 
die akustik der theater uud die unlage derselben an lebhaften 
plitzen der stadt, das vorhandensein von wasser in den theaterge- 
bäuden, sowie auf die grüssenverhültnisse. und architektonischen 
details derselben beziehen, hebe ich, da es bei der reichen fülle 
des materials schwer ist einen auch nur einigermussen befriedigen- 
den auszug zu geben, nur die construction des griechischen tbea- 
ters nach Vitruv hervor. Es ist bekannt, zu wie vielen deutungs- 
versuchen es geführt hat, duss Vitruv V, 8 .bei seiner construction 
einen so weitläuftigen. weg eingeschlagen hat, der in der that zu 
vielen missverstäudnissen anlass geben konnte, Phil. 23, p. 284 ff. 
folgte ich im wesentlichen Schönborn, der durch seine besprechun- 
gen in der Z. f. A.-W. 1853, nro. 40 und 41 und dann wieder 
in seiner ,skene der Hellenen* p. 49 ff. das richtige verstündnias 
der stelle erheblich gefórdert hat, nur iu der deutung des wortes 
intervallum wich ich ab, und batte mich dabei des beifalla Wie- 
selers zu erfreuen, der p. 343 und anm. 48 mir recht giebt. 
Nun hat neuerdings Wecklein in nro. 2, yp. 435 ff. auf einem 
neuen wege wesentlich andere resultate gefunden und mich dadurch 
veranlasst, Schönborn’s und meine erklärung einer revision zu ur 
terziehen. Dabei hat sich ergeben, dass ich zwar nicht im stande 
bin Wecklein's ergebnissen veizustimmen, uber doch bekennen muss, 
in einem stücke mich versehen zu haben. Die erkenntniss dieses 
irrthums Lat mich sodann unter dem mathematischen beistande mei-- 
nes damaligen collegen Klander, wie ich glaube, zur völligen lö- 
sung aller schwierigkeiten geführt. Ich habe über die einschla- 
| geuden fragen, namentlich über die gründe, aus denen mir Weck-- 
leins ausführungen unaunehmbar erscheinen, ausführlich in der 
unter nro. A angeführten abhandlung gesprochen und indem ich 
der kürze wegen auf diesen aufsatz bezug nehme, beschrünke ich 
wich hier darauf das positive der neuen erklärung mitzutheileo, 

Die worte des Vitruv lauten nach dem durch die ausgabe von 
Rose und Müller - Strübing gesicherten texte folgendermassen: in 
Graecorum. thealris non omnia iisdem | rationibus sunt fuciendu 
(d. b. wie im römischen cheater, über welches V, 6 gehandelt 
wird), quod primum in ima circinatione, ut in Lutino trigonorum 


Jahresberichte. | 333 


. quattuor, in co quadratorum. trium anguli circinationis lineam tun- 
gunt: ei cuius quadrati latus st proximum scaenae praeciditque 
curvaturam circinationis, ea regione designatur finitio proscaenii: 
et ab ea regione ad extremam circinationem curvaturae parallelos 
linea designatur, in qua constiluitur scaenae frons: per centrumque 
erchestrae proscaenii e regione paraliclos linea describitur, et qua 
secat circinationis lineas. dextra ac sinistra in cornibus hemicyclii 
centra signantur, et oircino conlocato in dextro ub intervallo sinistro 
circumagitur circinatio ad proscaenii sinistram parten. . item centro 
conlocato in sinistro corns ah intervallo dertro circumagitur .ad 


proeonenii dextram paricn ita tribus centris hac descriptione am- - 


‘plierem habent orchesiram Graeci ei scaenam. recessiorem minoreque — 
latitudine pulpitum. Ich bemerke von vorn herein, dass es bei dem 
mangel jeder angabe über den radius des zweiten und dritten 
kreises für einzig richtig zu halten ist, diese mit dem radius des 
urkreises auszuführeu, Hiereus aber ergiebt sich, dass — bei der 
unmöglichkeit, in der ausführung der vorschrift circino conlocato in 
dextro ab intervallo sinistro . . . ad proscaenii sinistram partem 
mit einer zirkeléffnung, die dem radius des urkreises gleich ist, 
die sinistra pars proscaenii in irgend einer weise zu berühren und 
bei der gleichen unmöglichkeit in der ausführong der entgegenge- 
setzten. vorschrift — die musdrücke „rechts“ und „links“ in der 
weise des Pollux verstanden werden müssen, der für die orchestra 
den standpünkt des zuschauers, für die bühne den des schauspielers 
massgebend sein lässt (vgl. oben pag. 329). Wende ich mich nun 
zu der construction selbst, so macht die eiuschreibung der drei 
quadrate in den kreis, und zwar so, dass die zwölf ecken derselben 
die peripherie in zwölf gleiche abschnitte zerlegen (folgt au: V, 6: 
paribus intervallis), die bestimmung einer beliebigen quadratseite 
zur finitio proscaenii nach der orchestra hin, und die construction 
einer zu dieser parallelen tangente, durch welche die bühnenwand 
indiciert wird, keine schwierigkeit. Die parallelos lineu per cen- 
trum orchestras proscaemii e regione lege ich jetzt, durch Weck- 
lein’s bemerkungen und einige weitere erwügungen belehrt, durch 
den mittelpunkt des urkreises. Im folgenden nehme ich intervallum 
für einen der zwölf abstände der quadratecken auf der peripherie, 
so dass das wort hier dusselbe bedeutet, wie V, 6. Bei der nun 
folgenden construction des zweiten kreises ist der zirkel in den- 
jenigen punkt einzusetzen, ia welchem die durch das centrum des 
urkreises gelegte parallele die peripherie desselben links an der 
finitio proscacnii schneidet; und da die seiten in den zur orchestra 
gebörigen theilen der construction vom standpunkte des zuschauers 
aus beurtheilt werden, so wird damit die vorschrift des Vitruvius 
circino conlocato in dextro erfüllt. Von diesem neuen centrum 
aus ist aber mit dem zweiten schenkel des zirkels nur ein solches 
intervall erreichbar, welches (vom standpunkte des schauspielers 


333 Jahresberichte. 
aus) als sinisirum bezeichnet werden kaun, nämlich dosjenigo | 
zum 


welches sich von der ecke der finitio proscaenii bis fast 

rührungspunkte der tangente erstreckt. Wird nun vom diesem in- 
tervall aus nach der nach links hin verlängerten finitio proscuenii 
ein kreisbogen construiert, so wird dureh den schneidepunkt lisks 
das ende der bühne bezeichnet. Der dritte kreis, welcher auf der 
gegenüberliegenden seite in ganz derselben weise construiert wird, 
bestimmt rechts des ende der bühne. Verbindet mam nun diese 
beiden endpunkte mit dem punkte, in welchem ein in der mitte der 
finitio proscaenii errichtetes perpendikel den ursprünglichen kreis 
schneidet, so entsteht 1) ein gleichschenklig-rechtwinkliges dreieck, 
dessen scheukel die uls zweites und drittes centrum angenommenen 
punkte schneiden, und 2) ist das erwähnte perpendikel, durch wel- 
ches der abstand des prescesiums von der gegenüberliegenden 
grüuze der sitzreihen gegeben wird, genau halb so gross als die 
bühnenlünge. Dieselben verbältnisse wiederholen sich, wenn man 
die beiden endpunkte der als finitio proscaenii nngenommenen que- 
dratséite mit dem centrum des ursprünglichen kreises verbindet, 
indem 3) das so entstehende dreieck ebenfalls ein gleichschenklig- 
rechtwinkliges und 4) der abstand des centrum orchestrae von der 
finitio proscaenii halb so gross als die quadrafseite ist. Wena 
schen diese eminent symmetrischen verbültnisse ein gutes vorortheil 
für die richtigkeit der construction erwecken, so wird diese scbliess- 
lich dadurch zur gewissheit, dass sich für die bühnenlünge und 
bühnenbreite das verhältniss vou 12 zu 1 ergibt; denn da der ab- 
stand der finitio proscaenii von dem gegenüberliegenden punkte der 


1 
orchestra 1*/; radien (genau 1 + v3! betrügt, so ist die büh- 
nenlänge gleich 35/7 radien, die breite aber gleich ?/7 radiea 


(genau 1 v» 

Hiemit verlassen wir diese so bedeutende arbeit, — welche 
ein würdiges seitenstiick zu des verf. denkmäierg des bübneuwAsens 
bildet, und wenn man sich auch mit manches, einzelbeiten nicht 
einverstanden erklären kann, doch auf jahre hwaus eine reiche 
quelle der belehrung bleiben wird — und wenden uns zu dem 
oben untet nro. 5 angeführten programm desselben verfassers, wel- 
ches es sich zur aufgabe gemacht hat, einige schwierige, das büh- 
nenwesen betreffende, stellen des Pollux und underer schriftsteller 
theils durch richtige erklärung, tbeils durch verbesserung zur klar- 
heit zu führen.. Der erste abschnitt desselben (p. 4— 8) handelt 
über das muganéracua bei Pollux IV, 6. 122: ëéfeors dè xoi p) 
nugamtracua avlalar xudelr, ‘Yreotdov elnévrros iv 16 xarà Ile- 
tooxAfoug „ol dé Seba dogories &0rw»ro éy TH 01.04, neQegpala- 
ptvot 1« uígog avrg avu(a*. Wenngleich der verf. geneigt ist, 


Jahresberichte. «35 


dem Griechischen theater wie dem Römischen einen vorhang zuzu- 
echreiben — eine ansicht, die ich nicht theile und deren begrün- 
dung (pg. 5 ff.) ich oben pag. 310 ff. entkrüftet zu haben glaube 
— so spricht er sich doch mit recht dafür aus, dass an unserer 
stelle unmóglich von einem irgendwie im theater verwandten vor. 
hange die rede sein kónne, weder von dem bei den Rómern üb- 
lichen (G. Hermann de re scen. in Aesch. Or. in ed. Aesch.. Il, 
656), da Pollux gewiss nicht auf Römisches bülnenwesen bezug 
genommen habe, noch von dem zum schutze der cavea ausgespannten 
velum (Stieglitz Kneycl. d. bürg. bauk. IV, 55), das in der guten 
Griechischen zeit, von der Pollux spreche, noch nicht üblich ge- 
wesen sei. Dies bezeuge Aeschin. in Ctesiph. 2. 76, *eine stelle, 
aus der auch auf die des Pollux das richtige licht falle. Dieselbe 
lautet: Anuoedivgs yuo Émavrdr fovisvcas ovdeulay purjostas 
nosofelav. el; nooedolar xu£oaç, «lla 1018 ngüror notofers el; 
mposdolar Exulsce, zul npooxeguluu EOnxe nal porvextduc 
neguentrage xol auu th muéou nyeito 1016 notoBecw els 10 
Hluropov wore xal ovolrtecFus did 17». dcyguoavygr. | 

Der zweite abschnitt behandelt Poll. IV, 126, eiue stelle, 
welche bereits ‘oben anm. 19 angeführt ist?!) Der verf. erhebt 
zunüchst den einwaud, dass die parodoi, welche er für die auf der 
bühne befindlichen seitenzugänge hält, eine ganz andre bedeutung 
haben sollen, als die periakten und ändert daher am schluss 5 uiv 
delta in n pera dela. Ich verweise hierüber auf. meine ausfüh- 
rungen pg. 328 fl. Es bleiben aber noch andere schwierigkeiten. 
Einmal bietet &ygo2t» zu zweifeln veranlagsung. Der verf. macht 
mit recht geltend, die drei ausdrücke éyoo9er, ix Auévoz und dx 
nodews würden dann einen guten sinn haben, wenn von drei ver- 
schiedenen arten von stücken die rede wäre, welche entwede: auf 
dem lande (wie Euripides’ Elektra), oder in einem hafen (wie die 
Supplices des Aeschylus), oder in einer stadt spielten; aber wenn 
man auf die bestimmuugen über die periakten sehe, so erbelle, 
dass nur in der stadt spieleude stücke ins auge gefasst seien. 
Kbenso stimme ich der nun folgenden polemik gegen G. Hermann 
und meine bebauptungen in Phil. 23, p. 323, deren ergebniss das ist, 
dass durch erklürung der stelle nicht gebolfen werden kónue, voll- 
kommen bei, und erkläre mich für die änderung von dy009ey in 
ayxoder, wonach Pollux lehrt, was aus der nähe komme, sei es 
aus dem hafen, sei es aus der stadt, trete durch die rechts vom 
zuschauer belegene parodos (natürlich in dem von mir oben p. 329 ff. 
vertretenen sinne) ein.  Hienach gewinnen auch die ausdrücke 
ddlayoder und »eLol das richtige verständniss, indem der erstere - 
als aliunde, d. h. non e portu vel ex urbe zu erklüren, der letztere 


21) Vgl. Wecklein nro. 2, pg. 447 fg., der nichts wesentlich neues. 
vorbringt. 


336 | Jahresberichte. 


in gegensotze zu é« Isufvog zu denken ist. Sodann, fahrt der 
verf. fort, könnte ma. anstoss nelmen an den worten: 7 éríga 
( negiaxros) ra dx n0Àtu'G, padsoru ta Ex laptvos (OgAoi), in- 
sofern als die stadt doch von grüsserer bedeutung sei als der 
hafen und man etwa erwurten sollte: 14 ix móÀtug uudiora, cra 
ra dx Ayuévog. Allein im hinblick auf Poll. IV, 131: xtereGuddero 
dì i ig neguixtovg 5005 dexvovra. fj SaÀAarray N wotapor À 
(ÀÀo 16 rOL0U10» wird richtig angenommen, dass auf den periakien 
meist landschaften, auf dem hinteryrunde dagegen gemeiniglich die 
anf die stadt bezüglichen darstellungen angebracht gewesen seien. 
Schliesslich will der verf. noch rö sáv ändern. Ohne zweifel ist 
die vor Bekker übliche, wahrscheinlich ebenfalls handschriftliche, 
lesarı zonor der Bekkerschen vorzuzieben und ist auch vou Schón- 
born (die Skene der Hell. p. 107) richtig erklärt. Dieser ge- 
lehrte sagt, da die zwou viele ronos in sich fasse, so meine Pol- 
lux, wenn die rechts vom schauspieler gelegene perinkte gedreht 
werde, ändere sich nur der rzózog iu der yoga, bei umdrehung 
beider erfolge eine anderung der yuga; und da der siroç meist 
einen in die fremde führenden weg anzeige, so werde durch das 
drehen der rechten periakte augedeutet, duss jener weg nun ein 
anderer und nach einem anderu orte der fremde hin führender ae, 
als der bisher gesehene. Im anschluss an diese letzte ausführung 
schlägt Wieseler die verbesserung muro» vor; indessen so fein 
dieselbe ist, so halte ich sıe duch für unnöthig und glaube, dass 
wir uns bei zozor beruhigen können. 
| Der dritte abschnitt beschäftigt sich mit den auf die bespro- 
chene stelle unmittelbar folgenden worteu: ($. 127) sloel3órrs; 
dì «aura THY Sexisrquy é7i a7» on avaßulvoucı ded xia xen" 
ans dì xiiuaxog oi Bauoi xAysanrioes xqhovytus, und zwar zu- 
nächst mit deren erster hälfte. Der verf. erklärt" sich nach ver- 
werfung anderer ansichten, über welche auch J, p. 324 berichtet 
ist, für die von Sommerbrodt Z. f, A-W 1845, P- 360 vorge- 
tragene, der zufolge aus der stelle zu entnehmen sei, dass es zwar 
site gewesen, wie für den chor in der orchestra, so für die 
schauspieler auf der bühne aufzutreten, dass aber doch mitunter 
scliauspieler durch die orchestra auf die bühne gelangt seien. Diese 
ansicht theile ich; muss mich aber näher darüber aussprechen, da 
ich die »49odo, anders fasse als Wieseler, und daher nicht leugnen 
kann, dass in den worten oi de alinzodev — elolugs» geradezu 
das. auftreten der schauspieler in der orchestra — wogegen ich 
Phil. 23, p. 326 gesprochen habe — gelehrt zu werden scheiot. 
Eine übersetzung der stelle wird am besten den zusammenhang und 
meine ansicht darlegen. Pollux sagt also: „von den eingängen ia 
die orchestra aber führt der rechts (vom zuschauer) gelegene von 
der nähe her, sei es aus dem hafeu oder aus der stadt; wer aber 
anderswoher zu lande ankommt, tritt durch den andern eingang 


Jahresberichto, © 987 


ein". Dass dies aber für die schauspiele nicht regel, soudern aus- 
nahme ist, zeigt der verlauf, wean wir richtig überselven : „in den 
fällen aber, wo schauspieler (wie die erwähnten) in der orchestra 
aufgetreten sind, besteigen sie die bühne auf einer treppe*. So 
eufgefasst, glanbe ich, bietet die stelle keine schwierigkeit. Der. 
verfasser wendet sich nun zu den letzten worten des Pollux: 156 
dà xMuaxoy ob fadpoì xAuaxcigec xolobrzas . Man hat mehr- 
fach gemeint, auf eben diese treppe sei Athenaeus Mechan. ed. 
Thevenot, Paris. 1648, p. 8. xozcoxeóacas dé tivec dv molsogxla 
xhspazior yém saguaiiosa ots t59spéross Ev Toig. Fsatooss rode 
Td moooxiria TOig vroxgiiaig zu bexieben, und G. Hermann äus- 
serte in der Jen. lit. zeitung 1848, pg. 600, die fraglichen sturm- 
leitern seien ebenfalls treppenfürmig gewesen und daler als un- 
praktisch verworfen worden. Diese lange uls richtig angenom- 
mens erklärung zweifelt Wieseler wohl wit recht an und stellt 
die ansicht uuf, Ailenüus vergleiche leitern, welche vou den schau- 
Spiciero vorkummenden falls an die bühnenhinterwand angesetzt 
worden seieu, da dann die 6. (vgl. oben pg. 315 ff.) bedeutung — 
von xg00x}rs0v statt haben würde, Ausserdem mach er auf die 
vasenbilder in Deukm. d. bühnenw. EX, 12 und 13, wo diese leiter 
vorkommt, und anf die xédgov zaAo«à xAiuat bei Hur. Phoen, 100 
aufmerksam. Wenn aber auch die unterredung zwischen Dikaeo- 
pobs und Euripides bei Aristopb. Acharn. 394 ff. angezogen wird, 
so kaon ich allerdings zugeben, dass Dikaeopolis sich einer vom 
oberen geschoss auf die strasse führenden leiter bedient habe, um 
die gaben des Euripides zu empfangen, mich aber keineswegs mit 
der perhorrescierung des ekkyklems in dieser stelle einverstanden — 
erklären. Wieseler stützt sich auf xAsie anxta dwparwy (v. 479) 
und behauptet: Scilicet. illud êxxuxksiodue, quod v. 409 indicatur, 
ut fieret, nihil aliud. quam fores, quae erant in coenaculo, apertae 
sunt. ist auch Nubb. 184 mit dem verf. gewiss nicht an ein ek- 
kyklema zu denken, so würde man doch in den Acharnern durcbaus 
nicht versteben, wie der dichter das verbum éxxvxieiv ohne einen 
entsprechenden vorgang anwenden konnte. Wir müssen vielmelr 
annebmen, dass das ekkyklema in diesem falle auch im obern stock- 
werk vorkomme, was gewiss möglich gewesen sein wird, zumal 
wenn das obere geschess, um dem ,,herausgedrehten® dichter platz 
zu lassen, gegen das untere etwas zurücktrat. Wie ich mir das 
verfahren im allgemeinen denke, habe ich Phil. 23, p. 331 auseinan- 
dergesetzt und dort gezeigt, dass das xAeie ayxta dwpuzwv dabei 
sein volles recht behält. Wecklein nro. 2, p. 451 bebt richtig 
hervor, dass wir hier und Thesm. 95 eine parodie des ekkyklema’s 
zu erkeonen heben, wie Pac. 174 eine solche des ulwonum. — 
(Wecklein spricht dort auch über die thcatermaschinen zgddn, é£w- 
orga, 61Qogsiov, musOTpOgpior, Tuixvzhiov; ich glaube aber nicht, 
dass wir über diese dinge je zu sicheren resultaten gelangen wer- 


Philoogu. XXXV. bd $^ —— 2 


256 Jahresberichte. 


den) Zum schluss der abhandlung bringt der verf. noch eine con- 
jectur zu Poll IV, 128: co pér éxxvxlyuo dmi PvÀev Ob 
f«3oor, indem er statt symidv. welches allerdings einige schwie- 
rigkeit mecht, mich aber keineswegs zu der eben entwickelten ze- 
sicht veranlasst hat, unter berufung puf die glosse des Hesych. 
Ue£Axeron, agotQ£meras — ugpeÄxzov schreibt, so dass der sinn der 
stelle wäre: eccyclema est in lignis protracta vel propulsa basis. 
Die suche ist zweifelhaft; ‘schon im Thesaurus s. v. vpéixw und 
ic Schmidt’s kleinerer ausgabe des Hesych. wird vermuthet, dass 
Uplhrerus für ZgfAxesas verschrieben sei. Zum schluss bemerke ich, 
duss der verf. zwar voilkommen recht zn habeu scheint, wenn er 
die bemerkung des Athenäus nicht auf die, die verbindung zwi- 
schen logeion und orchestra herstellende, treppe bezielit, dass es 
aber bei dem geriugen uns zu gehote stehenden material schwer 
sein wird, über die art der fraglichen leitern zu einem sicheren 
resultate zu gelangen. 

Die unter nro. 6 und 7 verzeiehneter abhandlungen beschäf- 
tigen sich mit den tesseren aus elfenbein und krochen, von denen 
eine nicht eben grosse zahl erhalten ist. Ks sind dies kleine krcis- 
fármige scheiben, welche meist auf der einen seite bildliche cor- 
stellungen, auf der andern namen und zahlen oder blosse zallen 
tragen. Lange zeit war man über die bedeutung derselben im un 
klaren, bis fast zu gleicher zeit und unabbüngig von einander Wie- 
séler und Henzen hinsichtlich einer classe dieser anticaghen die 
obse zweifel richtige erklàrang aufstellten, dass sie als theater 
billets anzusehen seien, da denn die bildlichen darstellungen und die 
namen den cuneus, an dem sie als iuschriften und hermen oder 
büsten angebracht gewesen, und die zahl die sitzreike des cuness 
bezeichne. Beide gelehrte stützten sich dabei wesentlich auf einige 
im theater von Syrakus existierende keilinschriften, = b. B42:- 
AISZAZ NHPHI4oZ, BASIAIZZAS MQIAISTIA 03, idol 
oAYMNIY, ne ARXEOZ «xPATE00D®PoNos, und die stelle bei 
"Tacitus Ann. II, 83: Equesier ordo cuneum Germanioi appellevit, 
qui Iuniorum dicebatur (vgl. Wieseler Theatergeb. p. 28) Nun 
aber sind bei weitem nicht alle erhaltenen tesseren auf das theater 
zu beziehen, und wir müssen es dem verfasser dank wissen, dam 
er uns aus dem reichen schatze seiner belesenheit und denkwiler- 
kunde weit mehr bietet, als der titel verspricht, indem er unter. 
berücksichtigang des von andern gelehrten geleisteten (Gerbard | 
Bulletino 1830, pg. 265; Garucci J piombi ant. raccolti dall’ em. 
Prine. il Card. Lodov. Altieri Rom. 1847; Henzen Annali XX, 
p. 278 ff, XXII, p. 357, taf. Mr. LIII, p. 120, Mon. ined. Y, 
taf. 21, 4. Franz €. J. Gr. IV4.1, p. 278 ff. u. a. m.) über oise 
verhältnissmässig grosse anzahl von tesseten aller cléssen, darunter 
nicht wenige hier zum ersten male besprochene exemplare, eine 


Jahresberichte, 339 


ssicht gibt und dieselbe mit einem ausserordentlich lehrreichen 
amentare begleitet. 

Ebe ich jedoch auf die mittheilung der resultate dieser eben 
tief eindringenden als interessanten untersuchungen eingehe, be- 
rke ich, dass, wir uns hier auf einem gebiete bewegen, welches 
ıtlich zeigt, wie trümmerbaft unsere überlieferung über manche 
ten des antiken lebens ist und dass wir daher in vielen füllen 
shstens vermuthungen über den zweck der einzelnen exemplare 
ssprecheu können, nicht selten uns auch mit einem non liquet 
rnügen müssen. Namentlich ist es oft schwierig die. beziehung 
r zabizeichen zu ermitteln, auf welche ich ein grösseres gewicht 
se, als der verfasser, der mitunter ihre bedeutung ignoriert. 
ss diese sablzeichen — deren meist doppelte setzung in. römi- 
ier und griechischer form nicht auffallen kann, wenn man be- 
akt, dass die tesseren zum grossen theile aus Unteritalien stammen 
d dass dort auch in rómischer zeit noch griechische. tragüdien 
[geführt wurden — hier grade ein charakteristisches merkmal 
den, mögen sie als ordinalien, wie bei den theatermarken, oder 
; cardinalien, wie bei den missilia, aufzufassen sein, scheint mir 
; übersehen werden zu dürfen. ich stimme daher in manchen 
itungen nicht mit dem verfasser überein. Auch weiche ich von 
aselben in der reihenfolge der besprechung ab. Wieseler hat 
t dem vollsten rechte, um ganz objectiv zu werke zu geben, ein 
liglich von der äusseren erscheinung hergenommenes system be- 
gt, indem er I, tesseren mit bildern, namen und zahlen, Il, tes- o 
‘en mit bildern und blossen zablzeichen und IM, tesseren mit 
sen ornamenten und zahlzeichen oder obne ornamente, aber 
t zahlzeichen unterscheidet, und in den beiden ersten classen 
ch eine reihe von unterabtheilungen macht; für die nachstehende 
ersicht schien es mir jedoch sich zu empfehlen, von. dem mutb- 
sslichen gebrauch der tesseren auszugehen und die einzelnen ex- 
plare nach den resultaten der forschung zu gruppieren. Ich 
be daher die sämmtlichen von Wieseler erwähnten tesseren mit 
ier laufenden nummer bezeichnet, und’ lasse bier zur leichteren 
ientierung in den abbandlungen die nachweisung folgen, auf wel- 
er Seite sich dieselben beim verfasser besprochen finden. iste 
‚handlung, nro 1—5a = pg. 6; nro, 5b—10 = pg. 7; 
po. 11—12 = pg. 8; nro. 18—16 = pg. 9; nro. 17—20 = 
. 10; nro. 21—25 = pg. 11; nro. 26 = pg. 12; nro. 27 — 
| = pg. 13; nro. 80— 32 == pg. 14; nro. 33 == pg. 15; 
o. 84— 36 = pg. 16; nro. 37 — 41 == pg. 17. 2te ab- 
smdlung, mro. 42 = pg. 3; nro, 48-45 = pg. 4; nro. 46 
: pg. D; uro. 47—51 = pg. 6; nro. 02-——59 == pg. 7; nro. 
70 = pg. 8; nro. 71—76 = pg. 9; nro. 77—88 = pg. 
|; nro. 80—99 = pg. 11; nro. 100—106 == pg. 12; nro. . 


| | u 22° 


340 Jahreaberichte, 


107—111 == pg. 13; uro. 112—117 == pg. 14 und 15; ro, 
118—120 = py. 16. 

Wenden wir uns uun zu dem einzelnen und zwar. zunächst au 
denjenigen tesseren, welche unzweifelhaft theatralischem gebrauche 
gedient heben, so bielet uns die erste gruppe exemplàre mit git 
lerbildern auf dem avers : und zwar zeigen nre. 1) Agathe- 
damon; 2) die Dioskuren; 3) Apollo; 4) Kastor; 5) Ares (drei 
exemplure); 6) Helios; 7) Atheas; 8) Bera; 10) zwei Musen; 
19 Erato; 12} Kos. Der revers trägt überall die entsprechenden 
numen im nominativ, die rimische zabl über demselben, die grie- 
chische darunter. Die höchste zahl ist 12. Zu besonderen be- 
-merkungen geben folgende nnmmeru veranlassung: bei 7) heisst die 
römische zahl Vill, unter der iuschrift : AOHN A steht aber H 
und daruuter Z. Henzen vermuthet, dies sei geschehen, em den 
siebenten platz auf der achten stufe zu bezeichnen ; indessen würde 
dabei doch der mangel einer zweiten römischen ziffer auffallen. 
Wieseler fasst das Æ als zu dem namen gehörig, welchen er dann 
AOHN A(s)H liest; da diese form hier bedenklich ist, so glaube 
ich, dass Z die ursprüngliche, aber falsche zahl. gewesen, und später 
die richtige darüber gesetzt ist. In ähnlicher weise zeigt 10 ober- 
halb der inschrift MOY C.41 die zahl VI, unterhalb derselben @ 
und darunter c. Hier beziehe ich mit Wieseler das © zum names, 
so dass die inschriit, obwohl auf dem avers nur zwei dargestellt 
sind, „die neun musen“ lautete, Endiich ist zu nro. 12 lervorzu- 
heben, dass sich zwischen den buchstaben E und ( ein vielleicht 
als Y zu deuteudes zeichen findet; daher liest Wieseler EY Ww 
(Franz EPWS). .Obwob! die fZwg lakoniseh dflojo uud lesbisch 
avwo (Ahrens Diall. II, 49; 1, 56) heisst, so zweifle ich doch der 
für die muthmassliche entstehungezeit der tessera auffallenden form 
wegen an dieser deutung; möglicherweise ist das fragliche zeichen 
»ufällıg entstauden und die lücke ist durch den auf allen iesserea 
befindlichen punkt verursacht. Hieher gehört endlich noch 9, die 
den uamen im dativ zeigt: KOPHI mit XV und ZE. An eia 
weihgeschenk ist desshalb wohl nicht zu denken. Die zweite 
gruppe theatralischer tesseren umfasst exemplare, deren revers 
namea von menschen zeigt. Der avers hat bei folgenden 
männiiche bartlose köpfe: nro. 13) AXAIC für ’Aycsog, wie 15) 

"AUG fur Fusog; 17) ALATOPAC, wobei zu bemerken ist, dass 
das original in der Kestnerschen sammlung den namen vollständig 
zeigt, nicht, wie Wieseler annimmt, nur bis auf die beiden letzten 
buchstabeu; 20) NA/C, wo in der mitte wegen durchlächerung 
der tessera etwas zu fehlen scheint, also etwa NAZRIC für Nee 
vius; Wieseler glaubt wegen der kraftigen bildung des halses sa 
einen athleten denken zu sollen, Bärtig sind folgende köpfe 14) 
BAXY 400, 16) ZAM AC; 18) (KnmUIOuN; 19) AHN AIC 
für Anvaros; 22) ein unheilbar verstümmelter, isa genitiv ste 


Jahresberichte, "i 


hender name <OYG. Die letzten drei küpfe sind durch eine binde 
als solche von siegern in einem kampfspiele charakterisiert. Von 
21) TPYOWN ist eine beschreibuog des kapfes nicht gegeben. 
Weiblich sind folgende kópfe: 23) KfA4(100a); 24) XEALIONE; 
25) OIMH (Minerrivi: CIMH, Franz OPMH). Ueber keine 
dieser personen, von denen es übrigens glaubhaft ist, dass sie zu 
dem theater in irgend einer beziehung gestanden haben, lässt sich 
etwas sicheres angeben. Die höchste ziffer, welche in dieser classe 
vorkemmt, ist 15; die zahlzeichen sind doppelt. 

In der folgenden gruppe befinden sich auf dem avers mehr 
oder weniger deutlich erkennbare darstellungen von bauliehkeiten; 
auf dem revers namen von personen sowie rümische und grie- 
chische zahlzeichen. Nro. 27, 28 und 28a zeigen nach Wieseler 
eine biibnendecoration und den namen JICXYAOY, wonach der 
betreffende cuneus durch eine statue oder büste des grossen dich- 
fers. ausgezeichnet war. Nro. 20 und 30 haben auf dem revers 
iu verschiedener weise verschrieben den namen EYPY 40XOY 
und die zahlzeichen für If. Da nun der avers des letzteren ex- 
emplars eineu theil eines. amphitheaters. zeigt — woran Wieseler 
indess noch zweifelt. — , so ist es wahrscheinlich, dass auch die 
schwer erkennbare zeichnung auf nro. 29 dusselhe bedeutet; Wie- 
seler jedoch nimmt dies auf das entschiedenste in abrede. Die. 
sache bleibt daher dunkel. 

Nro. 41 und 42 sind zwei besonders interessante exemplare. 
Das erstere (cfr. Wieseler Theatergeb. IV, 15), in der nähe von 
Herculaneum oder Pompeji gefunden, zeigt auf dem avers halb- 
kreisfürmige sitzreihen mit einem thurme; das letztere einen vier- 
eckigen thurm mit mauern und davor einen mit platten belegten 
platz; auf dem revers haben beide das wort HMIKYKATA und 
die zahizeichen für XI. Hensen bezieht die inschrift auf Jeu obern 
umgang im theater, der nicht in keile getheilt war und denkt bei 
dem plural an dert aufgestellte holzbänke, währepd Wieseler 
diejenigen halbkreisfürmigen sitzstufen, welche sich in den beiden 
theatern von Pompeji unterhalb der cunei unmittelbar an der or- 
chestra befinden und nicht in keile getheilt waren, ius ange fassi. 
Die zahl ginge daun auf den platz, der thurm auf cine bühnende- 
coration. Vielleicht ist aber ‘die. ebenfalls von Wieseler auagespro- 
chene vermuthung, dass man an ein amphitheater zu denken habe, — 
vorzuziehen. Die verschiedenbeit der darstellung auf nro. 42 würde 
biusichtlich der deutung einen unterschied nicht hedingen. 

Eine andere classe hat auf dem revers keine namen, wohl | 
aber die doppelten zahlzeichen, auf dem avers einen kopf oder eine 

ur. So zeigen nro. 48 die Roma oder Minerva, uro. 52, 53, 
54, 55?? weibliche köpfe mit einigen hier unwesentlichen attri- 


22) Zu nro. 55 ist zu bemerken, dass Wieseler die nicht zu eine | 


$42 . .Jahresberichte, 


buten; nro, 49, 50, 51 wännliche köpfe, die zerbruchene nro. 56 
einen theil eines gesichtes; ferner nro. 47 einen schreitende: Amor 
mit der either; eudlich uro. 111 eine komische maske (auf dem 
revers sieht die griechische zahl über der rimischen, was hier al- 
lein vorkommt). ch sehe nicht recht, warum Wieseler seine, Thea- - 
tergeh. p. 40 zu IV, 18 geäusserte, meinung, dass sich an einem 
cuneus des theaters dieselbe maske befunden habe, aufgegeben bat 
und jetzt die maske für ein amulet hält. Dagegen scheinen mir 
entschieden die zahlen zu sprechen. — Die höchste zahl, welche 
in dieser classe erscheint, ist wieder XV. | 

An diese unzweifelhaft auf das theater zu beziehenden tes 
seren schliessen wir solche, welche für anderweitige spiele ge- 
golten zu haben scheinen, Zunächsi gehören hieher uro. 44, 45, 
46, welche auf dem avers iu einem kranze die inschriften /7ura- 
Invasu (verschrieben) bezw. Mudie und Neowwrea tragen. Auf 
dem revers haben 44 und 45 doppelte zahlzeichen, während bei 46 
über das ullerdings wahrscheinliche vorhandensein von zahlen nichts 
bekannt ist. . Dass die panathenäen und pythien auch an andern orten, 
als Athen und Delphi gefeiert wurden, zeigt Krause in Pauly R. E. 
V, 1110 und VI, 336 ff., auch dess. Hellen. 11, 2, p. 53 fig. Ueber die 
Neroneen vgl. Tac. Annal. 14, 20. Suet. Nero 12. Die von den vo- 
rigen verschiedene nro. 48 trägt auf dem avers nur einem krass 
mit bündern, auf dem revers zwischen den sahlzeichen die inschrift 
Oivyzıa. Auch dieses fest wurde an sehr verschiedenen orten, 
auch zu Neapel, gefeiert; s. Krause a. o. V, 014. Die höchste 
hier erscheinende zahl ist XV. Wieseler meint nun, die tesseren 
gingen auf errungene siege, ohne hinzuzufügen, ab dann die ziffera 

die zahl derselben andeuten sollen. Wenn nun auch die inschrift: 
*Elevoetvia dv “AGyvaig y’ (C. I. Gr. 1068) auf einen dreifachen 
sieg geht, so wäre doch ein funfzehnfacher rechè- anffallend. 
Warum soll die zahl nicht ebenfalls die sitzstufe bedeuten: und - in 
den krünzen eine andeutung der spiele zu erkenuen sein? 

An uro. 43 schliesst sich passend nro. 31.  Avers theil eines 
gebaudes; revers zwischen den heiden zeichen für VII die ver- 
stümmelte iuschrift . . . . ZYCIN, über deren ergänzung die 
ansichten auseinander gehen. Wieseler will Zrevoirog (gesitiv) 
lesen und scheint die marke auf den cuneus eines theaters zu be- 
ziehen; die von Henzen vorgeschlagene lesung 'ÉArvoí»su weist 
er ab, weil die auf spiele bezüglichen tesseren einen kranz zeigten. 
Henzen’s deutung ist nun einerseits sehr wabrscheinlich, audrerseits 
ist aber auch der gegengrund Wieseler’s recht plausibel, wenn 
gleich nicht verkonnt werden darf, dass wir bei der geringen as- 
zahl der bieher gehörigen tesseren keineswegs mit sicherheit wissen. 


ander passenden zahlen Vl und Z angiebt, das zwar verstümmelte 
original aber deutlich die zifter VII erkennen lässt, 


Jahresberichte. 343 


dass alle auf spiele bezüglichen marken durch einen kranz ausge- 
zeichnet waren. Die entscheidung ist schwer. Dass übrigens die 
eleusiuien auch in Rom und Puteoli gefeiert wurden, darüber vrgl. 
Mommsen Heortologie p. 264 f. Suet. Claud. 25. Mit grosser 
wabrscheinlichkeit indessen werden nro. 34 und 35, avers ein 
templum tetrastglum, revers AACOO bezw. . NCOC zwischen den 
ziffern für IMI auf spiele bezogen, wenngleich. unklar bleibt, auf 
welche. Endlich vermuthet Wieseler sehr fein und ansprechend, 
dass nro. 32, avers eichenkranz (nicht lorbeerkranz, wie Henzen 
will) mit handern, revers “Entdugrig zwischen den ziffern für X, 
auf den capitolinischen agon (s. Juven. VI, 387, Suet. Dom. 4) 
geht, in welchem Epidaphnis gesiegt babe; jedoch bleibt unklar, 
was die zahlzeichen bedeuten soilen. | 

Hiemit ist die reibe der mit sicherbeit auf das theater -oder 
spiele zu deutenden tesseren abgeschlossen, und es beginnt ein: ge- 
biet, auf dem es leider nur zu leicht ist zu irren. .So ist es 
sofort bei der ersten hieher gehörigen gruppe nur gestattet, ver- 
muchungen auszusprechen. Nro 36, 37, 38, 39 und 40 zeigen 
auf dem revers zwischen zalılzeichen appellativen für den begriff. 
„thor“; so 39 uid 40 J7Y AH, 38 ... WN, zu ergänzen zu 
ITY AWN, 36 und 37 JITEPA, über dessen bedeutung Wieseler 
schwankt, des aber nach Schol Eurip. Phoen. 114 = lo: dì 
Zu ford quo, trove xa9£sac, ta viv xadovpava nregd, án 
dor) 17 xaraoxewÿ Tode: ODéóQuy xaracxevadartes Tog» xata re 
pines xa; nidtos tjj vig rod telzovs ÉEwder uurnç yalx& né- 
sala sadrmloëciw, «ig OÀoyaÀxor rm Seay vopilteoda.. 1avım 
imdvw écrücw oùy Edgatay, dl woneg xospagérgy. vuv dè nv- 
Adv sQesoptruv radlicav aywFev tiv xsyalxwgérm Fuoay xri. 
zu erkliren sein dürfte. Ueber die darstellung auf dem avers von 
nro. 40 ist leider nichts bekannt, indessen wäre es auffallend, 
weno dieselbe nicht wie die übrigen exemplare mauerwerk, thürme 
und thore zeigte. Auf nro. 37 erscheint ausserdem noch ein Jast- 
thier. An die darstelluag von stodtthoren möchte ich nun nicht 
denken, weil sich in diesem falle die zahlen schwer erklären 
liesseu,, sondern dass es sich um thore von getraidemngazinen han- 
delt, wo denn die zahlen die nummer der thür andeuten, an wel- 
chen auf diese tesseren hin das getroide ausgetheilt wurde. Frei- 
Jich erscheinen zablen wie xli, XH und IX in diesem sinne 
genommen etwas hoch. Vielleicht gebüren bieher auch nro. 110, 
avers ein unbestimmbares gebäude, nach Wieseler sicherlich kein 
theater, revers XJH und JJ’, und nro, 120, avers: unter der zahl 
XH ein thurmühnliches gebäude mit einem bogenthore, die grie- 
chische ziffer fehlt; revers ohne daratellung. 

Eine nicht geringe anzahl der erhaltenen tessereu scheint ihre 
erklärung aus der sitte der sortes convivales und der spursionen 
im theater zu finden, ohne dass sie sich indessen immer einer die- 


$44 Jahresberichte, 


ser classen mit bestimmtheit zuweisen liessen. Es wurde sitte bei 
den gastmählern in verschiedener weise eine art von lotterie zu 
veranstalten, bei der die tischgenossen ein loos zogen, auf welebem 
das ihoen zufallende mitunter sehr bedeutende geschenk verzeichnet 
war. Lamprid. Elagab. 22 erzählt: Sortes sane convivales scriptas 
in cochlearibus habuit, ut alius. exhiberet (exiret Salm.) decem ca- 
melos, alius decem muscas, alius decem libras auri, alius decem 
plumbi, alius deccm. struthiones, alius decem, ova pullino , ut verae 
sortes essen! et fata tentarentur **). Bei spielen wurden von dem 
veranstalter tesseren ausgeworfen, auf denen in gieicher weise ver- 
zeichnet war, was dem empfänger zukam. Diese von den Latei- 
nern fesserae genannten marken werden in griechischen quellen 
zum theil ouußoAa, zum theil opasgle genannt, woraus indessen 
wohl kaum zu schliessen ist, dass das letztere wort stets eine ka- 
gelfürmige marke bezeichnet, zumal Sueton tessera gebraucht, wo 
Dio ogasgfa hat. Vgl. über Agrippa Dio Cass. 49, 43, 4: 
xal log oùufolx té tiva & To JfarQov xara xogupnv fo- 
Qt, 16 ui Goyvoior v. de todma ip dé Go ts gígoric; 
über Caligula ibid. 59, 9, 6: ore dà yvuruixov TÉ tu aywra 
novjcas ovufola diépospe xoà 2 avt» ndgra zoig GQxáeadn 
aba ditdwre, 10 uiv qavÀm êyag{ouro xrA.; über Nero Suet, 11: 
Sparsa et populo missilia omnium rerum por omnes dies: singula 
quotidie milia avium cuiusque. generis, multiples penue, tesserae 
frumentariae, vestis, aurum, argentum, gemmae, margaritae, kibulae 
pictae, mancipia, iumenta, atque etiam mansustae ferae; novissime 
naves, insulae, agri. Dio 61, 18, 1: xavyra uiv yàg va szoàwnu- 
Aéorora à üvOQunos daO(evai, nayın dà xai ta GMa.14 Tepsd- 
tuta, Inmovs ündganoda Lebyn, xovolov aoyugior, 309910 zei- 
aim idídov dia ovufióluv* oposela yao pixge yeyoappéva oc 
Exacta avıwv Eyoria dg 30v. Gpslor eeginie xoi ldídoro 0 r« 14 
di éxslywy foxactv. Vgl. ferner über Titus ibid. 66, 25, 5; 
über Domitian ibid. 67, 4, 4, und Suet. 4; über Hadrian Dio 69, 
8, 2. Ferner Martial VIII, 78, 7 f£: | | 
Nunc veninnt subitis lasciva nomismata nimbis, 
nunc dat spectatas tessera larga feras, 

und endlich die auf die oben citierte stelle aus der vita des Ela- 
gabal folgenden worte: quod quidem et ludis suis exhibuit, quum 
et ursos decem et decem grillos et decem lactucas et decem uuri 
. ibras in sorte habuit. Auf diese gebrünehe oun beziehen sich vos 
uosern tesserer nro. 71, avers meerkrebs, revers V (rectius Vi) 
und ¢; 72, avers hase oder kaninchen, revers VII und Z; 73, 


23) Etwas anders ist, was Sueton 75 von Augustus berichtet: 
Soiebut et inaequalissimarum rerum sortes et aversarum — tabularum 
picturas in convivio venditure incertoque casu spem mercantium vel fra- 
strari vel explere: ita ut per singuios lectos licitalio fieret et seu saciura 
seu lucrum communicaretur. — | | 


Jahresberichte. . 845 


avers liegender widder, revers IH und D; 74, avers kopf eines — 
ebers (vielleicht eine keule daneben), revers XIII und (7; 75, 
avers zwei tauben oder enten. . Revers II und B; 76, uvers ein 
kleiner vogel, revers XV JE. Wenn der verf. der ansicht ist, 
dass diese exemplare auch auf weihgeschenke gehen könnten, so 
möchte ich das der zahlen wegen bezweifeln , welche bei diesen, 
so vortrefflich zu den schriftlichen zeugnissen stimmenden, tesseren 
das maass des zu erwartenden geschenkes bezeichnen. Sodann ge- 
hóren hieher nro. 77, avers fliege oder bieue, revers X ohne grie- 
chische ziffer; 78, avers widderkopf, revers XIII; 79, avers hase, 
revers VIII; 80, avers frosch, revers HI; 81, avers polyp oder 
ein ähnliches thier, revers XII und 74; 82, avers eberkopf, re- 
vers XV; 83. avers fisch, revers XI und 7.4. Vielleicht sind 
bier anzuschliessen unter nro, 88 mebrere exemplare, die auf dem 
avers bilder von thieren, z. b. von zwei fischen, zeigeu, deren 
revers aber leer ist; und nro. 107, 108 uud 109, auf deren avers 
jetzt unbestimmbare dinge erscheinen, während der revers die zahl- 
zeichen V und £, bezw. VI und c sowie XI und 7.4 trügt. Fer- 
ner existiert im berliner antiquarium (nro. 2590^ eine kleine lie- 
gende maus mit der zahl V und ein kleiner liegender hund (2564), 
auf dem aber von einer zahl keine spur zu entdecken ist. [2 
Dass sich unter den vom veranstalter der schau- und son- 
stigen spiele für das volk bestimmten geschenken auch. esswaaren 
befanden, sagt ausser Dio Cass. 61, 18 (s. oben) auch Suet. Domit. 
| 4: Septimontiali sacro quidem Senatui equilique panariis, plebei 
sportellis cum obsonio distributis, inilium vescends primus fecit, 
und dass diese waaren ebenfalls durch tesserae angewiesen wurden, 
Dio 66, 25, 5: uymola yüg EvAma OT LR avwdev a 10 S'eigoy 


lois (scil. Titus), oùuPolor Fyovre 70 piv édwdluou mnvóg, — 


zó dè 2097105. Hierauf scheinen sich zu beziehen nro. 90 ayers | 
korbchen mit früchtem, revers XVI, Jc; 100, avers. körbehen mit © 
früchten, revers XV, JE; 102, avers orangenzweig mit drei früchten, 
revers LIV, eine schwer zu deutende aufschrift. Môglicherweise 
ist es die zahl 54; Wieseler jedoch hält die zeichen für bueh- 
staben, dann aber wird die deutuug als tessera inissilis sehr un- 
sicher. Ich müchte eine tessera des berliner antiquariums (nro. 
2591) heranziehen, welche in der form eines kleinen fisches gear- 
beitet ist und auf der einen seite die lateinischen buchstaben VIX 
trägt, die nicht zu erklären sind; drebt man aber den fisch um - 
und liest dann die griechischen buchstaben XLA4, so erbült man - 
eine anweisung auf 1000 fische. Vielleicht ist auch bei dem | 
fraglichen exemplare die form der buchstaben der art, dass die 

schwierigkeit sich in gleicher weise lösen lässt. Endlich gehören 
gewiss noch mehrere unter nro. 104 zusammengefasste exemplare 
bieher, welche in der form von früchten gearbeitet ı und mit zahl- — 
zeichen versehen sind. | 


346 Jahresberichte. 


Aus Martial ist bekaunt, dass auch für wein anweisungen 
gegeben wurden; dieser dichter spricht zwar nur von metalleuen 
markeu, was aber woll die verwenduug von elfenbeinernen und 
snochernem tesseren zu diesem zwecke nicht ausschliesst, Vyl. L 

,1 fl: 
Sextiliane, bibis quantum subsellia quinque 
Solus: aqua tuties ebrius esse potes. 
Nec consessorum vicina nomismata tantum, 
Aera sed à cupeis ulteriora petis; 
und I, 11, 1: 
Cum data sint equiti bis quioa nomismata, quare 
Bis decies solus, Sextiliane, bibis? 
Vrgl. ausserdem die oben angeführte stelle VIII, 78, 9. Sollte 
sich hierauf nicht rro. 101 beziehen: avers unten spitz zulJaufende 
ampbora, revers VII, Z, wohingegen Wieseler, falls eim unter der 
amphora sichtbarer gegenstand eine vitta sein sollte, an den sieg 
in einem spiele denkt; ferner die unter nro. 105 zusammenge- 
fassten tesseren aus, verschiedenem material mit amphoren und an- 
Jeru gefässen, aber oline zahlzeichen. 

Wieseler führt sodann eine anzahl von tesseren auf, deren 
avers auf die jagd bezügliche dinge zeigt, wührend auf dem revers 
nicht überall zahlzeichen vorhanden sind. So nro. 89, avers lau- 
fender hase und kücher, revers VII; 90, jagdbund neben einem 
beume, revers X Xl (wenn die zahl antik ist); 91 (von blei), avers 
laufender hirsch, der vom jiger am geweih gefasst wird, revers 
Ili; 92—96 (von blei), avers bei allen bild eines laufenden oder 
stehenden hirsches, revers leer; 97 (von blei), avers offene bogen- 
thür, revers Jaufender jagdhund ; 98 (aus bronze) drei exemplure, 
avers jagende bunde auf einem mit bäumen bepflanzten umwauerten 
terrain, über den revers ist nichts bekannt. Dass diese tesseren 
sämmtlich auf venationer geben, ist wobl unzweifelhaft; aber we- 
niger. sicher, ob sie eintritts- oder erinnerungsmarken sind, wie 
Wieseler will, oder ob sie endlich zu bezielien sind auf varkomm- 
nisse, wie sie angeführt werden bei lul. Capitol. Gordiani irzs, 
3: Exstab silva eins memorabilis, quae picta est ... . . . . In 
qua piolura etiam nunc continentur cervi palnati ducenti mixtis 
Britannis: equi feri XXX, oves ferae C, aloes X, tauri Cypriaci 
€, struthiones Mauri miniati CCO, onagri XXX, apri CL, ibices 
CC, damas CC. Haec autem omnia populo capienda concessit die 
muneris quod serium edebat; und Flav. Vopisc. Probus 19: Vena- 
tionem, in Circo amplissimam dedit, ita ut populus cuncta diri- 
peret. Genug autem spectaculi fuit tale. — Arbores validae. per mi- 
lites radicitus vulsae connexis late longeque trabibus affızae «sunt, 
terra deinde superiacia totusque. Circus ad silvae consitus speciem, 
gratia novi viroris eff 'ouduit. Immissi deinde per omnes aditus siru- 
thiones mille, mille cervi, mille apri, mille dumae, $bices, oves ferus ed 


Johresberich te. 347 


cetera herbatica animalia, quanta vel ali potuerunt vel inveniri. 
Immissi deinde populares, rapuit quisque quod voluit. Ob die 
zahlen auf den tesseren dann etwa andeuteten, wie viel thiere der 
besitzer der marke nehmen durfte, muss dahin gestellt bleiben. 
Wenn wir im vorstehenden einige exemplare, welche nicht 
eit bild auf der kreisfläche zeigen, sondern gradezu in der form 
eines thieres u. s. w. gearbeitet sind, der darauf angebrachten 
zablen wegen zu den missilia rechneten , da wir die vom verf. 
aufgeworfene frage, ob das vorkommen von zableu die geltung als 
amulet ausschliesse, ‘nach reiflicher erwägung bejahen möchten, 
so können wir die nun folgenden anticaglien, welche der zalilen 
entbebren mit dem verf. für amulete oder weiligeschenke halten. 
Es handelt sich um mehrere kleine máuse, und wenn ich diese 
lieber für amulete als für weibgeschenke erklire, so berufe ich 
mich auf Plinius, der N. H. 8, 57, 2. 221 die maus ein haud 
spernendum in ostentis etiam publicis unimal neunt und erzählt: 
Adresis Lunuvii clipeis argenteis Marsicum portendere bellum, Car- 
boni imperatori apud Clusium fasciis, quibus in culciatu utebatur, 
ezitium ; und è. 223: Cum candidi provenere laetum faciunt osten- 
tum. Nam soricum occentu dirimi auspicia. annales refertos ha: 
bemus. Valer. Max. I, 1, 5 sagt: Occentus autem soricis auditus 
Fabio Masimo dictaturam, €. Flaminio magisterium equitum depo- 
mendi causam praebuit. Hienach kann es nicht auffallen, dass die 
maus als amulet dient (s. 0. Jahn über den aberg). d. bós. biicks 
b. d. alten in den Vhdl d. kgl. sächs. ges. d. wiss, Lpzg. 1855, 
p. 61 und ebendas. p. 98 die bemerkungen über den hund). Geben 
wir zu dem einzelnen über, so fasse ich unter nro. 85 zwei ex- 
emplare aus erz und silber zusammen, der schwanz des einen bil- 
det einen ring, durch welchen der faden gezogen wurde. Nro. 84 
ein exemplar aus elfeubein mit der auch C. lnscr. Gr. 7029 auf 
einer maus aus Chalcedon vorkommenden - inschrift  ejuè Sutv2twc; 
nro. 86, eine maus aus bronze mit den worten SACRUM SE- 
CUND(is dis?), deren schwanz ebenfalls einen ring bildet. Mög- 
lich, dass dieser inschriften wegen die kleinen figuren lieber als 
weibgeschenke anzusprechen sind. Gern rechnete ich hieher auch 
nro. 87, einen balbmond aus knochen mit einem menschlichen profil 
in der mitte, wenn nicht die mir in ihrer beziehung unklar ge- 
bliebene zahl VIII darauf stinde. Auch bei der tessera nro. 119, 
avers über der zahl Vi der kopf des Ammon, der gach Jahn 
Lauersforter phalerä p. 26 vielfach als amulet verwandt wurde, 
revers leer, hindert mich die zahl diese bedeutung anzuerkenuen. 
ich führe nun diejenigen tesseren auf, deren deutang mir 
nicht gelingen ist, und zwar zunächet eine gruppe, deren bildliehe 
darstellung auf dem avers grosse äbnlichkeit mit. nro. 47—56 
hat, denen aber die zahlen fehlen. Nro. 60, Amor mit einer 
scblange in der rechten; 61, brustbild der Isis; 62, kopf der 


$858 Jahresberichte, 


Venus (es bleibt zweifelhaft, ob der revers ursprünglich ohne zaM. 
zeichen war); 63, weihlicher kopf mit der stephane, daneben ein 
theil eines sceptere y 64, weiblicher kopf; 65, kopf eines alten 
 me&nnes; 66, kopf eines jünglings ; 67, kopf eines kriegers (viel- 
leicht Mars); 68, kopf eines athleten; 69, kopf eines bekrünzten 
athleten. Der verf., welcher auf die darstellongen ein grösseres 
gewicht legt, als auf die zahlen, geht, um die beiden gruppen nicht 
von einnnder zu trennen, so weit, jene erstere gruppe überall nicht 
auf tleaterplitze zu beziehen. Ich meinerseits sele in den zahlen 
. eim chargeteristisches merkmal, muss also die beiden clagsen eut- 
schieden gesondert halten, und gestehe die mögtichkeit zu, dass wir 
in den aro. 60— 69 lediglich ornamente, welche m einer natürlich 
nicht mehr zu bestimmenden weise verwandt wurden, zu. erkennen 
haben. Ganz unklar bleibt uro. 70, avers EPMILAC ohne bild, 
revers leer. 

. Nicht der mangelnden zahlzeichen — denn wenigstens rö- 
mische sind auf dem revers vorhanden — , sondern der darstel- 
lungen wegen bleiben unklar nro. 57, avers ein balbnackter, uu- 
bürtiger, auf einem bette liegender mann, revers XI (nach Henzen 
vielleicht erst später hinzugefügt); nro. 58, avers ein hekränzter, 
etwa als Medusenhaupt zu bezeichnender kopf (vgl. Gaedechens, 
das Medusenhaupt von Bleriacnm, Bouner Winckelmannsprogremu 
1874 p. 6, aum. 11), revers Xf; und nro. 59, avers weiblicher 
kopf mit einem theil der bekleideten brust, revers IM. - 

Ebenso wenig lässt sich bestimmtes sagen über die bleierne 
tessera nro. 103, avers ein kleiner vogel. revers gramatapfel; viel- 
leicht ein weihgeschenk für die Venus. Das ebenfalls bleierne 
exemplar nro. 106, avers eine spitz zulaufende amphora, revers 
cia palmzweig zwischen den buchstaben T° und Y bezieht der verf. 
vielleicht mit recht auf den sieg in einem spiele. Da sich end- 
lich bei nro. 118, nicht einmal die gegensiände bestimmen lassen, 
mit denen das auf dem avers dargestellte gefüss gefüllt ist, uud 
auf dem revers saffaliender weise nur das griechische zahlzeichen 
A steht, so bleibt auch diese tessera unklar. 

. Dew mengel der römischen zahl theilt mit der vorigen nro. 83, 
ein höchst bemerkenewertues exemplar, avers der obere theil eines 
skelets, revers A und . . . (TOC, obne zweifel zu ZPWTOO 
zu ergänzen. Ip den „"Theatergeb. “ao IV, 14 enthält sich der 
verf. jeder erklärung, jeizt gibt er seine frühere ausicht, nach der 
| dus wort dem zahlzeichen enispreche. auf und erkennt darin einen 
eigennamen (5. Demostb. Or 32). Mit vollem rechte verwirft 
er die beziehung. auf das theater und denkt an die möglichkeit, 
eine deutung aus Petron, 34 zu finden, wo die sitte, hei einem 
gnstmable ein skelet auf den tisch zu setzen, vorkommt. Dabei 
‚bleibt aber die zahl unerklärt. Solite diese tessera sich nicht aus 
dem, was bei Bekker und Marga, R. alth. V, 1, 373 über die 


Jahresberichte, | 849 


columbarien gesagt ist, erklären lassen? Diese wurden von ge- 
sellschatten hergerichtet und in einzelne sortes getheilt, welche zu- . 
nächst durch eine mit dem namen des betreffenden socius bezeich- 
nete fessella markiert warden, während erst später der käufer die 
grabstátte mit einem bleibenden titulus versah. Howrog wäre daan: 
der name des socius, A die nummer der sors. Bei einer so dun- | 
keln frage müge auch diese vermutbung gestattet sein. 

Bei nro. 26, avers eim unbestimmter gegenstand, revers DA- 
NOYC CEP AHIC und die zeichen VII und Z, vimmt der verf, 
CEPANIC für den personennamen ' Sega nag ,. DANO YC für den 
acc, plur. von mavog und hält das ganze für eim weihgeschenk, 
dessen iuschrift besage septem lanternus dedisse Serapidem. Vollig 
befriedigt mich diese so schürfsiunigé deutung nicht. o 

Ich habe noch eine reihe von tesseren zu erwähnen (2. abhdlg. 
pg. 17 und 18), welche auf dem avers lediglich ornamentale zeieh- 
nungen tragen, nämlich concentrische kreise und zwar vertieft oder 
erhaben gearbeitet, so dass im letzteren falle die tessera mit der _ 
einfachsten gattung der phalerä ähnlichkeit hat. Auf dem revers 
finden sich zahlzeichen; entweder griechische uud römische, wo 
dann die letztere den oberen platz eionimmt, oder — und des ist 
häufiger — aur römische; einmal finden sich beide ueben ein- 
ander gestellt, einmal die römische auf dem avers und die grie- . 
chische auf dem revers, einmal fehlen auch die zahlzeichen gänz- 
lich. Keine zahl geht über XXV hiuaus. Auf die frage nach der 
verwendung dieser classe lüsst sich matürlich nur mit vermuthungen . 
antworten; dienten sie als tesserae frumentariae, oder ist es’ die 
einfachste gattung theatralischer eintrittsmarken, bei denen die 
nummer die zu benutzende thür andeutete? Dies räthsel wird wohl 
immer ungelöst bleiben. 

Ein ebenso schwieriges räthsel geben der forschung endlich 
einige tesseren auf, deren avers eine hand in verschiedener haltung 
zeigt, wührend sich auf dem revers lediglich römische zahlzeichen. 
finden. Sehen wir, ob die symbolik der hend (abgesehen vou den 
dextrae concordiae den zeichen der gastfreundschaft) uns einen an- _ 
balt für. die erklärung bietet. (Vgl. O. Jalın Ueber den abergiauben | 
des bösen blicks, 1. 1. p. 28 ff. und Becker Die heddernheimer 
votivhand. Frkft, a. M. 1861). Zunächst ist nach Apul. Metam. 
XI, 10 p. 775: quartus aequitatis ostendebat indicium, deformatam 
manum sinistram porrecta palnula , quae genuina pigritia , nulla 
sollertia praedita videbatur aequitati magis aptior, quam dextra — 
die linke hand im cult der Isis das symbol der aequitas. Wie- 
seler hat sodann auf folgende auf Aegypten bezügliche ‚stelle des 
Diodor IH, 4 aufmerksam gemacht: 7 pi deer tob¢ daxtvdovs 
dareraptvors éxo000 enpotva Biov TBOQSOLOY » $ d' ejoivvpoc cuv- 
nypévy vígnow: xai gvAÀaxiv ' gonpatwy. Ferner, und zwar auf 
grabsteinen, wo sich meh zwei ausgestreckte , mit der innern 


850 Jahresberichte. 


flache dem beschauer zugekehrte, hánde finden, ist sie symbol der 
execration, nimlich gegen denjenigen, welcher etwa die ursache 
zum tode des begrabenen gewesen ist. Zu den amuleten gegen 
den bösen blick gehört die hand, wenn der daumen zwischen dem 
zeige- und mittelfinger der geschlossenen hand durchgesteckt ist — 
ein obscöner gestus, italienisch la fica genannt; auch die zusam- 
mengebullte hand, namentlich die liuke, scheint eine ähnliche be- 
deutung gehabt zu haben, die auch dann stattfindet, weun der mit- 
felfinger der geschlossenen hand an den phallus erinnernd ausge- 
streckt ist. Andre bedeutung haben die votivhände, sämmtliche 
weibliche und rechte hände und meist mit einer grösseren oder 
reringereu anzuhl von symbolischen thieren und gegenständen ver- 
sehen. Becker unterscheidet folgende arten: eine völlig ausge- 
streckte hand, dann, und dies findet sich am häufigsten, daumen, 
zeige- und mittelfinger gerade aufgerichtet, die übrigen finger ein- 
gezogen. Ueber die bedeutung dieser gesten belehrt uns bei dem 
mangel an schriftstellen ein in der nähe. von Mainz gefundenes 
diptychon (Grivaud de la Vincelle Recueil pl. XXVHI, 2), dessen 
oberes feld einen mano zeigt, welcher die rechte in der an zweiter 
stelle erwähnten haltung emporhebi, während in dem mittleren ein 
solcher die gleiche hand in der ersten haltung ausstreckt. Beide 
männer bilden den mittelpunkt je einer gruppe von personen, denen 
gegenüber der erste offenbar ein gelöbniss oder versprechen leistet, 
der andre dagegeu sich vertheidigend und bittend erscheint. Bei 
einer dritten gruppe von votivhänden endlich halten daumen, zeige- 
und mittelfinger, oder nur die beiden ersten einen pinienzapfen 
(attribut dep Cybele) oder ein ei, falls dies richtig erkannt iat. 
Leider bieten diese bemerkungen kaum einen anba't für die 
erklärung unserer tesseren, Nro. 112, avers die ersten drei finger 
ausgestreckt, die beiden letzten eingezogen, revers Ii, könnte, 
falls. sie eine rechte hand zeigt — was nicht feststeht — da die 
deutung auf ein weibgeschenk meines erachtens durch die zabl 
ausgeschlossen ist, eine eintrittsmarke zu ludi votivi sein, jedoch 
ist das nur eine höchst unbestimmte vermutbung. Nro, 116, axers 
ebenso, revers INV, dagegen möchte als weibgeschenk unzuspre- 
chen sein, wénn nitht der umstend entgegenstände, dass die hand 
eine linke ist. Nro. 115, avers daumen und zeigefinger au 
streckt, die übrigen finger eingezogen, revers VIII, bleibt mir 
unklar, de die hand ebenfalls die linke ist, und die zahl so wie 
der nicht ausgestreckte mittelfinger die déutung als votivhand aus- 
schliessen. — Dasselbe ist der fall mit nro. 114, avers daumen, 
zeigefinger und kleiner finger ausgestreckt, die übrigen zusammen- 
| gezogen, revers ni (zwei gleiche exemplare mit XII und XV 
werden ebenfalls vom verf. erwähnt). Stande nicht —heeymhl auf 
dem revers, und wäre nicht auch der daumen ausgesiveckt, go 
" könnte men an ein amulet denken in derjenigen stellung der hand, 


Jahresberichie, 351 


weiche man in Italien mano cornuto nennt, und die ein allzeit be- 
restes schuízimitte! gegen den bösen blick abgieb!. Ferner ist die 
linke hand nro. 113 zu erwähnen, revers XII; über den avers 
sagt Wieseler: Manus pollice, indice et medio digitis porrectis, ita 
tamen ut pallex et: index digitus rem parcam. rotundam. teneant, 
reliquis duobus digitis contractis. Eine mit dieser beschreibung 
stimmende hand befindet sich im darmstidter museum (cfr. Becker 
1. |. p. 14), indessen ist die lieschreibung, weiche auf der abbil- 
dung iu den Mon. ined. IV, taf. LIL, 21 beruht, selbst ungenau, 
da das original den rundeu gegeustand entschieden nicht zeigt. 
Auch hier fehlt mir die deutung, da hei der linken hand und dem 
ausgestreckter mittelfinger an eine tessere sparse und etwa an das 
symbol der schenkenden hand nicht wohl zu denken ist. Nro. 117 
endlich, ein von Wieseler nur beiliufg erwähntes exemplar aus 
dem museum Campono, ist zu ungenau beschriehen, um hier he- 
rücksicbügt werden zu können. Da der revers aber obre zabl- 
zeichen zu sein schein, so könnte an ein amulet oder weihgcschenk 
rechi wohl gedacht werden. Aus alle diesem erhellt, dass das 
räthsel seine lösung noch zu erwarten hat. 

Ueber die unter nro, 8 verzeichnete abhandlung. welche 
höchst interessante untersuchungeu im anschlass an die bekannte 
das kostim der schauspieler betreffende stelle des Pollux IV, 
115 — 119 enthält, habe ich bereits im Philolog. Anzeiger 1870, 
p. 109 ff. berichtet und verweise die leser um so lieber auf dies 
leicht zugängliche referat, als es auch hier unmöglich sein würde, 
den überaus reichen inhelt der schrift anders, als in ganz kurzem 
auszuge wiederzugeben. Nur auf den über das owp«zsor. hua- 
celuden abschnitt (pg. 3—8) muss ich hier näher eingehen, da die 
vom verf. aufgestellten ansichten vou Sommerbrodt in nro. 9 aufs 
entschiedenste bekämpft worden sind. 

Es kommen für dieses stück der schauspielergarderobe fol- 
gende stellen in betracht: 1) Poll. IV, 115 xai oxeuy può 5 roy 
UTrOx QVrü)Y ‚rohr. (7 d atri) xai Cwuatsov **) éxalsizo) » CXEVO- 
040$ dì Ó 390600710406. 2) Poll. JE, 235: Swpudrioy 25) n rg 
Umoxgirüv coin. 3) Phot. Lex. Cwpar, rà avaniacuara, olg of 
vrroxguraò ÓQtacd 1r0v01Y uvrove ovrws Miatwr. 4) Luc. ‚Jap. trag. 
41 si rosadta noiovvrec ob quy qdonosol mrent(snat Ce, &vaüyxn Ovoiy 
Paregoy 7706 Hoy xal “Agsrodauov xoi Ziirugor nyetodai Ce 
Deovs elvus tore 5 zu _ngdowna zov Deo» abia xai rovQ éuBeirac 
xai TOUS modos xwrag xai dauvdas xad yesotdus xai ngo- 
yacrolóra xoà cwuarva xai alla, olg &xeivos Gti vovas T9» 
teayedlay. Die stelle der Vita Aeschyli ed. Robortelli: r7» oxn- 
vnv ixócuyct xai zr)» ew rv Jewuérwr xarímAnbe zuug vno- 


24) Am rande einer handschrift steht owpatsiov. 
25) Ohne variante 


852 Jabresberichte, 


gras quoto onemuong xal tH copors Eormdcas pstboot ve 
zoig xoJogro« peirewelous künnen wir unberücksichtigt lassen, da 
das ehemals von Wieseler und Westermanu durch conjectur herge- 
stellte cwuurl jetzt mit recht vom verf. selbst aufgegeben wird; 
ob aber das voa ihm vorgeschlagene war dem von interpolierten 
haudschriften gebotenen CUQMUTI vorzuziehen ist, scheint mir sehr 
zweifelhatt. 

Der verf, macht nun darauf aufmerksam, dass er bereits in 
seiner schrift über das satyrdrama p. 188 anm. eine ähnlichkeit 
zwischen dem owpatior einerseits uud dem xgoyacrQíÓdio» und 
mgocreQr(dioy andrerseits, ‚ohne jedoch die identität derselben zu 
hehaupten, zugegeben habe. Dass jenes von diesen garderube- 
stücken verschieden sei, folge aus dem. dsacatzovesy und dem durch 
imitationes zu übersetzenden dvankacpara des Photius. sowie aus 
der getrennten auflührung beider bei Lucian. Ob aber. dieser in 
diesem sinne zu veranschlagen ist, ist zweifelhaft geworden, seit 
Sommerbrodé |. 1. mitgeibeilt hat, dass im cod. Marc. 434 die ohen 
durch den druck hervorgehobenen worte fehlen. Sollten diese 
demoach als giossem zu agoyucıgldın anzugeben sein , 80 würde 
die stelle eher für die identität des owaunoy mit dem xgoyacrel- 
des angeführt werden müssen. 

Wenn sich nun der verf, dahin ausspricht, das cupaner sei 
^ ‘anser tricot, so macht er dafür geltend, dass durch dieses oft auf 
| darstellungen von scenen der alten komödie vorkommende klei- 
dungsstück corpus ipsum exprimitur, und macht zugleich darauf 
aufmerksam, dass auf derartigen abbildungen dieses vom haise bis 
zu den hüften reichende gewand nicht nur die stelle des x900%0- 
Adioy und sgoyudreldsoy mit. vertritt, sondern auch das verstärkte 
zesäss und den phallus ?°) zeigt. Vgl. namentlich Denkm. des büh- 
neuw. taf. IX, 11. 12. 15, taf. A, 25. Den auf der hand lie- 
genden einwurf, dass Lucian von der tragüdie spreche, in der doch 
der natur der sache nach dieses wenig würdige, das nackte ver- 
tretende, gewand — wie denn auch die mit demselbea bekleideten 
komiker keine. tunica tragen -— nicht vorkommen kónne, widerlegt 
er selbst, indem. er sagt, dass das owwazs0» in seinem sinne zwar 
besouders in der komödie und dem satyrspiel seine «toile gehabt 
have, aber doch auch in der tragödie mitunter vorgekommen 
sei. Indem er dann noch einen schritt weiter geht, behaupiet er, 
jede bedeckung des ganzen körpers oder einzelner körpertheile 
(abgesehen vom kopte), wadurch deren form mehr oder minder 
genau ausgeprägt werde, heisse cwuouwor; wie xgcoowxoy zum 
gesichte, so verhalte sich owpuzov zum übrigen körper; kurz, es 
sei das, was er in früheren schriften in ermangelung eines besseren 
namens ava&vgides genannt habe, Ä 


26) Vgl. die allerdings erst dureh correctur, aber eine evidente, 
gefundene glosse des Hesychius coudna và oxónuva aldoia. 


Jahresberichte. 353 


Gegen diese ausführung hat Sommerbrodt zunüchst geltend ge- 
macht, dass tricots, die möglichst wenig körperlich sein sollen, 
unmöglich nachahmungen des leibes genannt werden könnten, und 
dass man sich mit tricots nicht, wie Photins es wolle, ausstopfen 
könne, sodsan aber unter anerkennung der überseizung von ayu- 
mAdopozra durch imitationes und unter beziebung auf Lucian die 
identitit von swyatioy und mgoyacrQídiov belauptet — eine stelle, 
welche, die ächtheit der fraglichea worte acgenommen, ganz be- 
sonders gegen Wieseler spreche, dessen nonnumquam keineswegs 
genügen künne. 

Wieseler betont also, indem er das grüssere gewicht auf 
Pollux legt, besonders den charukter des owudrov als gewandung, 
Sommerbrodt dagegen hält sich lediglich an Photius, ohne auf 
Pollux rücksicht zu nehmen, und zwar desshalb, weil er mit Din- 
dorf im Thesaurus bei Poll. IV, 115 cwpareiov vorzicht, und 
darunter den inbegriff alles dessen, was zur bekleidung und aus- 
stattung des rumpfes gehört, versteht. Sxeun bezeichne dort den 
ganzen theaterapparat des schauapielers, auch seine maske, Dass 
oxtv) im engeren sinne für rgocœmeïoy stehe, zeige der umstaud, 
dass sofort der acxevonoióg als maskenfabrikant genannt werde. 
Das deminutivum owuarsor, welches bei Photius am platze sei, 
babe hier unmöglich gesetzt werden künnen. Ob dieser mit grossem 
scharfsinn aufgestellte unterschied zwischen Cwuarioy und cwua- 
zeiov ganz wahr ist, scheint mir zweifelhaft. Einmal ist cwua- 
zeiov in dem postulierten sinne doch recht abstract; sodann wech- 
sein mehrfach die betreffenden forınen als varianten, z. b. vQap- 
pazeiov und yQuuputor, Qua Tz106 und dggatios; auch sind ad- 
jectiva wie mescpritos und nvevuutos zu berücksichtigen. Ferner 
steht bei Poll. II, 285 owpanoy ohne variante. Aus der erwüh- 
nung des oxevonorog folgt nicht, was Sommerbrodt will, da, wie ich 
obeu pg. 318 f. gezeigt habe, bei Pollux meist die äussere wort- | 
form für die anordnung massgebend gewesen ist und dies auch 
hier der fall zu sein scheint. {ch möchte also auf diesen unter- 
schied nicht eben gewicht legen. 

Nach meiner ansicht haben beide forscher recht, und ich hoffe 
auf beider zustimmung zu der folgenden entwickelung. Zork Toy 
ist chne zweifel zunächst nach Photius identisch mit rgoyaoroldioy 
und neoozegrldiıcv. Dass diese verstirkung des kirpers beim tra- 
gischen kostüm nöthig war, ist bekannt; sollten aber diese garde- 
robestücke ihren zweck vollständig erfüllen, so genügte es nicht, 
sie an den körper in irgend einer weise anzulängen oder anzu- 
binden , sondern sie mussten durch dariiberzichen eines tricuts so 
eug wie möglich mit dem körper verbunden werden, so dass der 
auf diese weise hergestellte gewissermassen neue hürper nuu mit 
der übrigen garderohe bekleidet wurde, So ging denn ganz natür- 
lich der name owuazıoy von den polsterstücken auf dos tricot 


Philologus. XXXV. bd. 2. 23 


854 Jahresberichte, 


selbst über. In der komüdie nun wurde das, was in der tragödie 
decent verborgen war, in carrikierter weise zur schau getragen, 
je es kommen gestalten vor, die nicht nur an brust und bauch 
dieses owudzıoy zeigen, sondern deren ganzer körper damit be- 
kleidet ist, so dass Pollux es recht gut als 7j zw» owoxgetwy 0104: 
bezeichnen konnte, Ist das wort deminutiv, so verhält es sich 
damit, wie mit unserem deutschen leibchen, welches, wie Som- 
merbrodt selbst sagt, ebenfalls ein dem leibe enganliegendes Klei- 
dungsstück bezeichnet. Ist es adjectiv, was nach dem obigen wohl 
möglich ist, so bedeutet es das körperliche, natürlich wieder zu- 
nüchst im sinne von Sommerbrodt und erst an zweiter stelle in 
der von Wieseler aufgestellten bedeutung; es mag denn auch die 
form owuareiov dafür stehen können. 

Ein. interessantes beispiel für das cwuarsor im weitesten sinne 
bietet die unter nro. 10 aufgeführte abhandlung desselben ver- 
fassers, auf deren erster tafel (G) ein auf die alte komódie be- 
zügliches vasengemälde publiciert ist. Auf einem felsigen terrain 
ohne irgend eine andeutung einer wohnung kommt von rechts her 
ein krieger, der einen auf einem felsvorsprunge ihm gegenüber- 
sitzenden mann zum feldzuge abholen zu wollen scheint. Dieser 
hält ihm aber mit der linken die innere seite seines. schildes ent- 
gegen, wübrend er in der erhobenen rechten eine zur kriegerischen 
ausrüstung gehörende binde (vgl. das römische cingulum militiae) 
hált. Wahrscheinlich will. er damit andeuten, er sei mit seiner 
ausrüstung noch nicht fertig und werde daher der aufforderung 
nicht folge leisten. Zwischen beiden steht ein dritter maun, der 
den ersten, welchem er den rücken zuwendet, durchaus nicht be- 
achtet und sich lediglich mit einem bunde beschäftigt. Auch die- 
ser mann scheint behagliches stillleben den strapazen des feldzuges 
 vorzuziehen. Alle drei personen tragen ausser der chlamys nur 
tricot mit carricaturartig verstürktem bauch und gesäss; auch der 
phallus fehlt nicht. Der krieger trägt einen helm mit starkem 
rossschweif, bei den beiden andern ist das lange, auf weichlichkeit 
deutende, haar hervorzuheben. 

Auch die beiden andern vasenbilder mit darstellungen aus der 
alten komódie sind recht interessant. Auf tafel H schreiten zwei 
mánner, ein weib in der mitte, auf einer stüdtischen strasse von 
rechts nach links hin. Dass das terrain so aufzufassen ist, zeigen 
einige am boden liegende steine und eine im hintergrunde ange- 
brachte binde, durch welche eine wohnung bezeichnet zu werden 
scheint, Wahrscheinlich sind die münner auf dem wege zu einem 
gelage, wie aus zwei grossen, eiförmigen, mannigfach gemusterten 
kissen, welche an den kleidern der männer befestigt sind, zu 
schliessen ist (cfr. Diog. Laert. ll, 130). Das frauenzimmer macht 
den eindruck der diapuzgog ératou (cfr. Poll. IV, 154: $ da did- 
puteog (ératga) pion noixlAg v» mapañnr xartÀnmin) und ist 


Jahresherichte, 355 


wahrscheinlich den máünnerm auf der strusse begegnet, von denen 
der liaks sichtbare sie zu umfassen und mit sich fortzuziehen, der 
andre sie jenem zu bestreiten scheint. Des letzteren maske drückt 
eifersucht aus; das haar steht in auffallender weise weit über die 
stirn vor und endigt auf den seiten in kleiuen locken. Bei den 
beiden männlichen figuren, deren costüm mit dem auf denkm. d. 
bübnenw. taf. IX, 11. 12. 15 erscheinenden zusammenzustellen ist, 
haben wir den xw» augipacyadog vorauszusetzen; armel und 
hosea machen aber entschieden nicht den eindruck von tricot. 

Auf tafel J erscheint auf einem roh gearbeiteten podium 
links ein lorbeerbekränzter, singender und spielender kitharöde, 
rechts der preisrichter, ein kahlkópfiger mann, der in der rech- 
ten einen lorbeerzweig hält und dem andern aufmerksam zu- 
"hört. In der mitte steht als versprochener preis ein dreifuss. An 
der wand ist ein ball (als preisgabe erwähnt bei Wieseler denkm. 
d. b. p. 112) ‘oder eine patere (ebenfalls preisgabe) aufgehüngt. 
Interessant ist bei dem kitharöden die genaue. darstellung des 
aller und des plectrums, welches er zum xgöxsı» in der rechten 
hält. Cfr. Apul Florid. H, 15: Cithara baltheo caelato apta 
strictim sustinetur: manus eius tenerae, procerula laeva. distantibus 
digitis nervos molitur, dextru psallentis gestu. pulsabulum citharae 
admovet. ces parata perculere, cum vox in cantico interquievit. 
Beide figuren tragen die éSwuic, unter dieser, wie es scheint, auf 
der brust tricot; hosen uud ärmel schliessen jedoch nicht so eng 
an den kürper an, dass man sie für tricot halten müsste, Dass 
beide figuren nackte füsse haben, ist ohne besondere bedeutung und 
muss wohl der nachlässigkeit des künstlers zugeschrieben werden. 

Die drei vasen. deren hilder so eben beschrieben sind, stam- 
men nach stil und technik offenbar aus dem südlichen Italien; nä- 
bere nachrichten über ihre herkunft fehlen. Die erste und dritte 
befigden sich im Museo nazionale zu Neapel (nro. 3368 und 3370), 
die zweite im museum zu Moskau. Ä 

Die in nro. 11 beschriebene und erklärte bronzeplatte — 
eine spiegelkapsel aus der römischen kaiserzeit —, deren erklä- 
rung zuerst voa Lanzi (Saggio d. |. etr. Il, p. 248 f, (p. 197 f.) 
versucht ist uod von der Platner (Beschreib. Roms HI, 3 p. 495) 
eine ungenaue beschreibung gegeben hat, ist zuerst von Jahn 
(Arch. ztg. 1867, XXV, p. 73 ff. taf. 225, 1) *') ediert, welcher 
aus dem kostilm der personen und aus dem ornamentalen beiwerk 
nachgewiesen hat, dass scenische darstelluogen zu erkennen seien, 
auf eine deutung derselben sich aber nicht eingelassen, vielmehr 
die meinung ausgesprochen hat, es sei nicht einmal anzugeben, ob 


27) Die darstellung bei Arnold ist genauer, indem angegeben 
ist, welche theile des randes fehlen, und bei mehreren personen die 
kothurne deutlich ausgeführt sind. | mE 


22* 


856 Jabresberichte. 


die drei darstellungen mit einander im zusammenbang ständen oder 
doch nach irgend welcher auswahl zusammengestellt seien. "Tiefer 
dringt Arnold ein uud hat, wie es scbeint, die richtige deutung 
gefunden. | 

Die darstellung der runden platte zerfällt in drei reihen; in 
der obern erscheinen vier personen; eine von fast weiblicher schön- 
heit duckt sich, die hánde auf deu rücken gebunden, üngstlich vor 
einer andern mit mehr markierten zügen, die, den oberkórper zu- 
rückgeworfen, mit der linken den rechten arm jener ergriffen hat, 
gleich als wollte sie dieselbe an sich heranziehen und dann mit 
grösserer gewalt hinwegstossen; dabei hat sie den rechten arm 
ausgestreckt und die faust geballt. Rechts neben der leidenden 
person steht ein bürtiger mann mit dem ausdruck des schmerzes; 
in der linken trägt er ein scepter. Ganz links steht eine kleine 
figur, welche auf die sich entwickelnde scene blickt und ein nicht 
bestimmbares ding (vielleicht eine rolle) trágt, aber so wenig cha- 
rakterisieri ist, dass sie sich nicht deuten lisst. Am rechten und 
linken ende dieser reihe befindet sich je eine wasserorgel, über 
deren gebrauch im bübnenwesen Wieseler Denkm. d. b. p. 99 ge- 
handelt hat. In der mittleren reihe flieht vor zwei in jeder hand 
eine fackel haltenden frauen eine person nach der rechten seite, 
wo ihr eine ebenso wie die beiden andern charakterisierte entge- 
gentritt. Die verfolgte person sucht sich durch ausstrecken der 
&rme zu schützen. Links wird das bild durch eine etwas entfernt 
stehende weibliche figur abgeschlossen, welche nur in der rechten 
hand eine fackel tragt und sich nicht am angriff betbeiligt, son- 
dern lediglich die andern frauen anzufeuern scheint. In der unteren 
reihe erscheivt als hauptfigur eine trau mit schmerzlichem aus- 
druck, die io jeder hand eiue fackel trägt, und vor einer rechts 
von ihr stehenden person kniet, welche ihr den rücken zukebrt 
und sich mit dem gewande das gesicht bedeckt, vielleicht sich die 
tbränen sus den augen wischt. Hinter der knieenden person steht 
eine dienerin, welche ihr beim miederknieen behilflich gewesen ist 
oder ihr wieder aufhelfen will. Ganz links erscheint eine nach 
links gewandte person, die sich nach den übrigen umblickt. Leider 
sind gesicht, brust und hände im original ganz undeutlich. Der 
abschluss bilden rechts und links je zwei masken, rechts bärtige, 
links uobártige. 

Diese darstellungen bezieht nun der verfasser in längerer aus- 
führung auf den Pentheus- mythus, in welchem er drei haupimo- 
mente unterscheidet: 1) Dionysos wird als des goties begleiter 
und diener gefesselt vor Pentheus gebracht, der ihn sodama zur 
weiteren grausamen behandlung abführen lässt; 2) Pentheus geräth 
unter die Mänaden, um dort durch seine mutter und deren schwe- 
stern zerrissen zu werden; 3) Agave kehrt mit dem haupte ihres 


Jabresberichte. 357 


sohnes triumphierend zum Kadmos zurück, kommt zum bewusstsein 
ihrer that und giebt sich nun den schmerzlichsten klagen hin. 

Auf das erste moment bezieht der verf. die darstellung der 
oberen reile, Die leidende person sei durch das weibische äussere 
und durch die dem Dionysos eigenthümliche kopfbedeckung, eine 
mit schleifen versebene mitra, so wie durch die gebundenen Linde 
als dieser gott charakterisiert. Pentheua’ baltung, dessen jugend- 
liche und bartlose bildung zu beachten sei, stimme ganz zu Eur. 
Bskch. v. 509 und 670 ff. Das den bübnenkönigen eigenthümliche 
scepter habe bei der vorliegenden situation nicht wohl angebracht 
werden künnen, Die ‘person zumeist rechts sei von Brunn als 
Kadmos erklärt, der seines eukels verfahren missbilligte. Das un- 
tere bild anlaugend, so denkt der verfasser an die darstell:ng des 
momentes, wo Agave zur besinnung gekommen sei; sie habe sich 
dem Kadmos zu füssen geworfen, dieser aber könne den anblick 
der unglücklichen, welche die mordwaffen, die fackeln, noch in den 
háuden balte, nicht ertragen. Die person zumeist links sei viel- 
leicht Dionysos, der sich an dem schmerze der Agave, als ibrer wobl- 
verdienten strafe, weide (Nonn. Dion. 46, 269 ff.). Auffallend sei 
jedoch, dass der ganzen scene keine direkte hindeutung auf die 
stattgehabte tódtung des Pentheus gegeben werde. Die erklürung 
des mittelbildes endlich giebt der verf. auf grund der von Weicker 
(Aeschyl. trilog. p. 327 ff., 496, uachtrag p. 122 ff.) gezogenen 
umrisse der aeschylischen trilogie Pentheus, und zwar des dritten, 
Zavegeus genannten, sfücks, wobei er darauf aufmerksam macht, 
dass schon Welcker vermuthe, Agave habe mit einer bakchischen 
fackel auf den Pentheus geschlagen. In der verfolgten person er- 
kennt er demnach den Peutheus, in den drei angreifenden die Agave, 
luo und Autonoe; die den augriff leitende person sei die Lyssa, 
die nach Aesch. frgm. 163 N. in den Xantrien auftret und zum 
angriff antrieb. Diese sehr ansprechende erklirung ist mit um- 
sicht durchgeführt. Für die kenntniss d°s tbeatralischen kostüms 
ist die platte nicht fórdernd. Sämtliche personen tragen den lan- 
gen hochgegürteten ürmelchiton, die meisten dabei noch einen über- 
wurf; fast alle figuren lassen den onkos erkennen, und der kothurn 
findet sich an allen deutlichen füssen. Ob die personen masken 
tragen, ist nicht zu bestimmen. | 

Es sind noch einige zur orientierung auf dem gebiete des 
griechischen theaterwesens bestimmte schriften zu erwähnen. So 
bringt uns der um diese disciplin so hochverdiente Sommerbrodt in 
uro. 12 eine reife frucht seiner studien, Das kleine buch, bereits 
in der Z. f. österr. gymn. 1866, p. 330 besprochen, ist mit einer 
wohlthuenden wärme geschrieben und daher besonders geeignet den 
tiro nicht allein in das, was bei der lectüre der tragódien von 
scenischen dingen zu wissen adthig ist, einzuführen, sondern na- 
mentlich zum eingebenden studium dieser meisterwerke anzuregen. 


958 Jahresberichte. 


Dass der verf, die resultate seiner so verdienstlichen abbandlungen 
de Aeschyli re scenica wiederholt, ist selbstverstindlich. Da ich 
mich mit diesen schriften in meinem jahresberichte ausführlich be- 
schäftigt und im einzelnen die gründe dargelegt habe, aus denen 
ich in verschiedenen punkten mit dem verf. nicht einverstanden sein 
kann, so beschrünke ich mich hier darauf, unter bezugnabme auf 
_jene ausführungen die kleine schrift auf dss augelerentlichste zu 
empfehlen. 

Nro. 13, eigentlich ein populärer vortrag, hat den zweck, 
schülern der leiden oberen classen als einleitung in die lectüre der 
tragiker zu dienen und wird denselbeu ohne zweifel vollstäudig 
erreichen. Ueber einige punkte, welche eine berichtigung verlan- 
gen, vrgl. Philolog. Anz. I, 1869, p. 8. 

Nro. 14 behandelt das römische theatergehüude, dessen eigen- 
thümlichkeiten im den schriften über die griechische bülne beiläufig 
erwühnt zu werden pflegen, abgesondert uud verdient alles lob. 
Auf einzelheiten, mit deneu ich nicht übereinstimmen kann, habe 
ich Philolog. Anz. VI, 1874, p. 258 aufmerksam gemacht. 

Mit nro. 15 wenden wir uns zum Dionysestheater zu Athen. 
Die leider schwedisch geschriehene abhandlung giebt eine ausführ- 
liche beschreibung der so interessanten eutdeckung, etwa wie der 
bekannte aufsatz von Vischer, über den wir Phil. 23, p. 482 ff. 
eingehend berichtet haben. Um uns nicht zu wiederholen, wollen 
wir hier nur hervorheben, dass die sehr sorgfältig nach Ziller 
gearbeiteten tafeln im wesentlichen folgenden inhalt haben: taf. 
XXVII und XXIX, fig. 1 wiederholt den plan aus der Ephimeris; 
fig. 14 gibt in vergrössertem massstabe die orchestra, die 13 cunei 
mit den 67 sesseln in restaurierter orduung, sowie die untern sitz- 
reihen. Taf. XXX und XXXI, fig. 2 bietet einen durchschnitt 
des gesammten zum theater gehörenden gebietes nach dem stande 
der ausgrabungen im märz 1863. Fig. 5 gibt eine probe von der 
anlage der sitzstufen und fig. 15 eine ansicht des damals noch 
nicht aufgedeckten terrains bis zur burgmauer. Auf tafel X X XII 
finden wir abbildungen von sesseln uud zwar fig. 8 vom doppel- 
thron des croazzyos und des xfouë (nro. 71 und 72 nach Vischer, 
cfr. Phil. 23, p. 493), fig. 10 vom sessel des 'Jepge9c Odugextac 
Nixns (nro. 70 V., Phil. 23, p. 488); fig. 11 von dem der ‘/egfa 
°A9nvas "ASmlou (nro. 74 V., Phil. 23, p. 489); fig. 12 vom 
ehrensessel des Marcus Ulpius Eubiotos (nro. 73 V., Phil. 23, 5. 
488); endlich fig. 13 vom throne des ‘Jegevg diovvoov Elevds- 
offug (nro. 43 V. Philol. 23, p. 490). 

Unter nro. 16 haben wir einige von Hinrichs in Leipzig her- 
ausgegebene photographieen aufgeführt. Phil. 23, p. 482 konnten 
wir nur nro. 40, welche die westliche seite der cavea, das par- 
quet der orchestra und die westliche hälfte des proskenion dar- 
stellt, nud nro. 54 mit den an der hyposkenionswand erhaltenen 


Jahresberichte. - 359 


seulpturen erwähnen; jetzt fügen wir binzu nro. 26: die östliche 
ecke der orchestra von der treppe dea proskenion an nebst einigen 
sesseln und sitzreihen; nro. 35 (auch bei Wieseler in Ersch und, 
Gruber taf. fig. 2a): ansicht der ruinen des bühnengebäudes der 
orchestra und. der unteren sitzreihen; nro. 89: aussicht von den 
ruinen des skenengebiiudes auf die óstliche seite der cavea ; nro, 41: 
ansiebt der ruinen des skenengebäudes von osten gesehen; von der 
cavea sind die westlichen sessel und sitzreiben sichtbar. 

| Bekanntlich konnte die archäologische gesellschaft zu Athen 
nach einer mehr als zweijährigen pause erst im november 1865 
die ausgrabungen im Dionysostheater wieder aufnehmen und zwei 
monate lang fortsetzen. Ueber die resultate dieser arbeiten be- 
richtet Pervanoglu in dem unter uro. 17 aufgeführten schreiben. 
Blossgelegt sind das ganze skenengebäude, sowie zum theil die 
äussern seitenflügel der sitzreihes. Die quermauern des ersteren, 
über welche ich nach dem Zillerschen plane Pbil. 23, p. 497 ff. 
berichtet habe, reichen bis zd den äussersten ecken der sitzreihen 
und sind über 60 meter lang. Nur ibre fundamente aus hartem 
conglomeratsteine sind erhalten, aber aus manchen architectonischen 
resten, welche bei der ausgrabung gefunden worden sind, kann man 
sich das gebäude in gedanken theilweise ergänzen. Da das yon 
Pervanoglu in dieser beziehung gesagte sehr kurz und ohne an- 
derswóher genommene ergänzung unverständlich ist, so ist es dop- 
‘pelt erwünscht, dass auf dem 7teu blatte der Curtius’schen sieben 
karten zur topographie von Athen. eine karte des Dionysostheaters | 
nach den neueren entdeckungen gegeben ist. Curtius bemerkt 
(Erläuternder text p. Gi f), dieser plan sei vollständiger als der 
Zillersche und zwar 1) hinsichtlich des zuschauerraumes sowobl 
in dem halbrund der sitzreihen, als auch in seiner äusseren be- 
gränzung namentlich an der ostseite, und 2) hinsichtlich des ske- 
nengebäudes, von dem ein weiterer nicht unerheblicher theil der 
üstlichen seite blossgelegt sei. Was die westliche begrünzung des 
theaters betreffe, so sei die gradlimige mauer, welche zur akropolis- 
mauer hinansteige, eine aus alten sitzstufen errichtete. Wo sie an 
ihrem südlichen. ende auf die umfassungsmauer des theaters stosse, 
gehe. eine mauerlinie gegen westen ab. Es sei dieselbe mauer, 
welche in ihrer fortsetzung der terrasse des asklepieion u. s. w. 
als unterbau gedient habe. Auf der ostseite des theaters sehe 
man ein entsprechendes manerstück, das ebenfalis einer terrassen- 
mauer angehire. Es sei wohl die terrasse, auf welcher Pausanias 
vom odeion zum theater komme. Ausführlicher spricht Pervanoglu 
über die zahlreichen bei jenen ausgrabungen gemachten. funde, die — 
wir hier als uns weniger interessierend nur kurz erwähnen wollen. 
Es sind epistylfragmente aus weissem marmor, ionische kapitäle, 
thüranten, alles aus rümischer zeit; ferner eine wohlerhaltene mar- 
morplatte mit sechs tragischen masken in hochrelief von guter - 


360 Jahresberichte. 


römischer arbeit: soduun eice rarmorne kugel, 0,81 m. im durch 
messer, mit theilweise monstrüsen relietdarstellungen , : eingeritzten 
zeichen und vielen unentzifferie: inschriften und zahlen — viel 
leich: vio abraxassicin; drei männliche bekräuzte marmorküpfe is 
naturlieber grüsse, wahrscheinlich bildnisse berühmter sehauspieler 
und cloregen, welche im theater aufgestellt waren; torso einer 
manolichen gewandstatue von guter römischer arbeit, vielleicht den 
bärtigen alten Dionysos "EdevSegevs darstellend (Paus. V, 19, 1); 
ausserdem fragmente eines Silen ia natürlicher grüsse; endlich ein 
kleines fragmentiertes relief von guter arbeit mit zwei weibliche 
figuren, zu denen vermuthlich noch eine dritte gehört, vielleicht 
die Horen darstellend. Von den inschriften erwähnen. wir nur 
*Apoodtrn(s) èvuyuwvtov, da diese gottheit bisher unbekannt war. — 
Wahrscheinlich empfing die Aphrodite diesen bein&men uls vorste- 
herin der wettkümpfe der schönheit, welche wie auf Cvperp (Kagd 
Kypros 11, 178 f.) in römischer zeit vielleicht auch in Athen eir 
geführt wurden. a 

Ueber die sculpturen an der vorderwand des hyposkenion in 
Dionysostheater, über welche ich Phil. 23, p. $14 und 497 kurs 
gehandelt habe, liegt jetzt in nro. 18 eim ausführlicher bericht vor, 
dem ich folgendes entnehme. Links von der orchestra und proske- 
uion verbindenden treppe fehlen am hyposkenion alle reliefplatten, 
und da keine spur von ihnen erhalten ist, so- scheinen sia «schon 
im alterthume weggenommen su sein; rechts von der treppe- finden 
sich vier steinplatten mit reliefdarstellungen, welche durch .drei 
nischen von einander getrennt sind. Da eine technische prüfung 
derselben ergeben hat, dass sie sich nicht mehr am ihrer ur 
sprünglichen stelle befinden, so haben wir die reliefs früher su 
setzen als den umbau des logeions, der, nach der inschrift su ur- 
theilen, im dritten oder vierten jahrhundert nach Chr. stattgefanden 
hat; indessen dürfen wir sie auch nicht weiter, als bis in den ae 
fang der kaiserzeit zurücksetzen, da die arbeit plump und die an- 
ordnung der figuren, welche sümmtlich en face gesehen werdes, 
steif ist. Der grosse Silen, welcher als gesimstrüger in der 
nische zwischen der zweiten und dritten platte (die beiden anders 
pischen sind leer) kniet und der ursprünglich das äusserste glied 
einer reihe von trágern gebildet haben wird, ist von besserer ar- 
beit und scheint einer früheren zeit anzugehören. 

Die reibeufolge der reliefs ist von Phaedros schwerlich geix 
dert, da von links nach rechts ein fortschritt ia den dargestellte 
ereignissen stattfindet. Was die ursprünglich auf der linken seite 
der treppe vorbandenen platten "argestelli haben, bleibt völlig dun- 
kel; nur können aie sich nicht gut aui Dionysos bezogen haben, 
da die erhaltenen reliefs mit der geburt ‘lesselben beginnen, die auf 
der ersten tafel dargestellt ist. Zeus sitzt auf einem felsen, vor 
ibm stebt Hermes, bereit den neugeburenen gott den ammen zu 


Jahresberichte, | | ss 


übergeben; anf jeder seite ein tanzender Kuret, vou denen der links 
sichtbare mit erhobenem schilde den rücken des Hermes schützt, 
wübrend der andre, zur vertheidigung bereit, das jetzt zerstürte 
sehwert zückt; offenbar bewachten sie die niederkunft des Zeus. 
Auf der zweiten platte ist der gott schon erwachsen, Mit einem 
kurzen gewande und leichter nebris angethan, steht er rechts von 
einem viereckigen altar; hinter ihm ein Satyr, sich auf den fuss- 
spitzen erhebend und mit der rechten hand sich das gesicht be- | 
deckend. Links vom altar zieht ein mann ein störriges böckchen 

—- das bekannte opfer des Dionysos, s. Verg. Georg. 11, 380 — 
nach sich; ihm folgt eine init dem doppelchiton hekleidete weib- 
liche gestalt, eine schiissel mit obst und kleinen kuchen tragend. 
Diese beiden figuren werden ansprechend als Ikarios und Erigone 
gedeutet; jeuer wird hier allerdings nicht al& der wirth des Dio- 
nysos, sondern’ als derjenige dargestellt, der den gott bei seiner 
aukunft in Attika zuerst mit einem opfer ebrte. Im demos Ikaria 
entstanden die scenischen spiele (Athen. II, 40 B and ut9gc xoi 
j$ "je zoaye diac eiosos; dv "Txagle 196 > dirixi; der chiton mit 
kurzen ärmeln und das über die linke schulter geworfene fell 
charakterisieren den landmann, und die weibliche, allerdings jetat 
kopfose, figur wird nach den schlanken formen eher für die tochter 
als für das weib jenes zu balten sein. Hinter dem gotte erblickt 
man reben,. das geschenk des gottes für die gastfreundschaft des 
Ikarios, und hinter diesem liegt ein hund, wahrscheinlich die Maiga, 
bekannt als begleiterin der Erigone, als sie ihren vater suchte 
(Preller, Gr. myth. I, 525 f.). 

Auf der vierten platte, welche wir zunüchst behandeln, sitzt 
rechts ein fast nackter mann auf einem throne, nur der zipfel 


eines. mantels bedeckt die schenkel, zwischen denen sich die reste … 


eines scépters zeigen. Hinter ibm oberhalb eines felsens erschei- 
nen acht säulen — die facade des parthenons auf dem burgfelsen - 
bezeichnend. Demnach haben wir in der männlichen figur den Dio- 
nysos in seinem heiligen bezirke thronend zu erkennen. Links von 
ibm stehen drei figuren , in der mitte ein ebenfalls fast nackter 
jüngling, der durch eine keule als Theseus charakterisiert wird. 
Die weibliche figur zu seiner linken hält im linken arme, ein 
grosses füllborn und stützt den horizontal ausgestreckten rechten 
arm auf ein langes scepter. In ihr erkennt der verf. die Eionvn; 
die zweite weibliche figur, ebenfalls mit dem doppelchiton beklei- 
det, trügt einen weiten. mantel, der ihr den binterkopf und die 
schultern bedeckt; auch sie hält ein scepter. Nach Pausan. I, 18, 
08 ninolov dì HiQvioveióv ouv, È v © vopor ts oi ro? XéAuvéc 
alor Yiyoupévos" xai Fey Elenvns dydlpata xsiras xoi Eorlag, 
avdoesariss xaì GAdos xrÀ. ist sie als Hestia zu deuten. Theseus 
scheint also als reprüsentant seines covrosxsGpoc dargestellt zu sein, 
umgeben von denjeuigen gottheiten, welche denselben symbolisierten; 


362 Jahresberichte. 


und während auf der zweiten platte die bauern den weingott ehren, 
bezeugt hier die stadt dem Dionysos, welcher schon von seinem 
beiligthum besitz genommen hat, ihre ehrerbietung. Merkwürdiger 
weise zeigt die dritte tafel fast Uieselben figuren wie die vierte, 
nur in umgekehrter ordnung, auch ist die figur zumeist links, 
welche dem Dionysos entsprechen würde, ausgemeisselt. Matz be- 
merkt, dass dieselbe nicht gesessen haben könne, da der platz nur 
für eine stébende ausreiche. Dieser auffallende umstand , dass der 
künstler auf der dritten platte nicht eine neue darstellung aus der 
geschichte des gottes gegeben hat, wird sich wohl nur schwer er- 
klären lassen, ebenso wenig wie der wahre grund, wesshalb die 
vierte figur absichtlich beseitigt ist, wird gefunden werden kónnem. 
Gegen Rhusopulos’ ansicht, die figur sei im höheren grade be- 
schädigt gewesen, als die andern, macht der verf. geltend, dass 
man nicht einsehe, warum diese figur mehr gelitten haben sollte, 
als die übrigen und stellt seinerseits die vermuthung auf, die Atbe- 
ner bitten aus schmeichelei gegen einen beamten, vielleicht den 
kaiser selbst, beabsichtigt, die ausgebrochene figur durcb eine die 
betreffende person darstellende zu ersetzen. Indess bleiben das nur 
vermuthungen. Scbliesslich ist zu bemerken, dass die figuren selbst 
sowie das beiwerk vielfach verstümmelt sind, so dass diese ànspre- 
chende erklärung mit grösster schwierigkeit verbunden war. 

Das odeion des Herodes Attikos betrifft uro. 19. Während 
die in unserem vorigen berichte ?9) (Phil. 23, p. 499 ff) bespro- 
chene schrift Schillbach's den gegenwürtigen zustand der ruine be- 
schreibt und im anschluss daran das gebäude im grossen und gan- 
zen wiederherzustellen sucht, beschreibt Tuckermann des bis ins 
kleinste hinein restaurierte bauwerk uud berührt dessen gegenwär- 
tigen zustand, von dem übrigens auf dem titelblatte eine ansicht 
gegeben ist, nur in soweit, als es zur begründung der restauration 
nothwendig ist. Ist demnach die schrift wesentlich eine »rchitec- 
tonische und entzieht sie sich in manchem stücke der beurtheilung 
des philologen, so ist sie doch für diesen io bohem grade lehr- 
reich, weil der architect genöthigt war, jeden stein der ruine weit 
genauer zu prüfen, als dies bislang geschehen war. Es kann da- 
her. nicht überraschen, dass eine solehe prüfung mehrfach zu aa- 
dern, und wohl richtigern, resultaten geführt hat, als die unter- 
suchungen der vorgänger. Von den vier tafelu giebt die erste 
den oberen und unteren grundriss, die zweite den aufriss der süd- 
front und einen durchschnitt des skenengebäudes und der flügel 
desselben, die dritte den aufriss der skenenfront; die vierte endlich 
einen durch die achse des ganzen gebüudes gelegten querschnitt, 


28) Derselbe ist hier überhaupt zu vergleichen. Grundrisse des 
gebäudes s. bei Wieseler Denkm. I, 26 und bei demselben in Ersch 
und Gruber taf. fig. 4; weitere nachweisungen ebds. p. 180, anm. 74. 
&. auch nro, 53 der Hinriche'schen photographieen. 


Jahresberichte. 303 


auf dem namentlich die elegaute dachconstruction zu tage tritt. 
Wir bedauern lebhaft, diese von der hoben schönheit und pracht 
des gebüudes zeugendeu tafeln nicht abbilden lassen zu köunen, 
namentlich weil wir bei deren mangel genôthigt sind uns kürzer 
zu fassen, als wir es wünschten. 


Nach einigen einleitenden bemerkungen über die gründung des 
gebäudes, die theater zu Athen, den unterschied zwischen tbeater 
und odeion, die zerstórung und fernere geschichte sowie die lage 
unseres bauwerks wendet sich der verfasser zur beschreibung des 
restaurierten gebäudes. Die südfront desselben besteht aus einem 
mittelgebäude mit zwei flügeln, welche je zwei vestibula und zwi- 
schen ihnen ein treppenhaus enthalten. Die beschreibung beschränkt - 
sich auf den östlichen flügel, mit dem der westliche fast vollkom- 
men correspoudiert. Schillbach (vgl. Phil. 23, p. 507) meinte, 
das östliche vestibulum habe kein gewölbtes dach gehabt, Tucker- 
mann dagegen gibt ihm ein tonnengewölbe aus scbnittsteinen. In 
dem anliegenden raume, zu welchem àuch aus dem westlich an- 
stossenden vestibulum ein zugang führte, lag die treppe, welche 
unten eine doppelte war, sich dann auf eine kurze strecke verei- 
nigte, um in zwei armen weiter zu führen, und zwar westlich auf 
die höhe des ersten diazoma, östlich in einen über dem äussersten 
vestibulum etwas höher gelegenen raum. Zum ersten diazoma ge- 
Jengte man, da die acbse desselben nicht gerade auf die der thür 
traf, durch ein mit grosser finesse schräg angelegtes portai ??). 
Aus dem an zweiter stelle genannten raume gelangte man durch 
eine thür ins freie zu einem an der umfassuugsmauer vorbei nacb 
der burg führenden wege °°), Ob aus demselben noch eine zweite 
thür zur Stoa Eumenis geführt hat, lässt sich der verschüttung 
wegen nicht entscheideu, ist aber wahrscheinlich. Auf einer sicher- 
lich aus holz coustruierten — es sind keine spuren mehr vorhan- 
den -— treppe gelaugte man dann auf die höbe des zweiten dia- 
zoma, das oben an der umfassungsmauer lag (Caninas’ angabe bei 
Wieseler Denkm. I, 26 ist falsch), und noch weiter hinauf ins 
dritte geschoss 51), das nach den noch vorhandenen fensterpfeilern 
angenommen werden muss und vom zuschauerraume licht erhielt; 
es befanden sich dort wohl die wohnungen des theaterdienstperso- 
nals. Kin viertes geschoss endlich, welches durch die böhenanlage 


29) Nicht klar ist es uns geworden, wie der verfasset weiter 
unten, wo er beim zugang zum zweiten diazoma eine in der achse 
der parodoi liegende gallerie fordert, sich auf eine ähnliche anlage 
beim ersten diazoma beziehen kann, da er hier die schwierigkeit in 
anderer weise gelóst hat. 

30) Auf der westseite entsprach dieser thür wohl nur ein fenster, 
da das terrain einen ähnlichen weg nicht gestattete, 


31) Auf taf. II fehlt die angabe der treppe. 


304 Jabresberichte. 


des theaters bedingt ist und aur fensteröffnungen nach süden ge- 
babt haben ksun, diente wahrsebeinlich zu räumen für costiime u.s. w. 

- Das zwischen den flügelu belegene skeuengebüude enthielt im 
untern geschous einen grossen gewölbten saal (cfr. Phil, 23, p. 
507) von 21,77 m. länge, 5,27 m, breite und 9,46 m. bôbe, der 
sehr wahrscheinlicb auch zu verhaudlungen benutzt wurde. An 
beiden seiten desselben lagen offenbar nicht gewölbte vorzimmer, 
in denen sich die hölzernen treppen für die hüberen stockwerke 
des skenengebäudes befanden. Aus verschiedenen pfeilerresten 
schliesst der verf, dass der raum über dem grossen saale in zwei 
gleiche sile zerlegt war, wührend Schillbach ein zweites stock 
bier überall nicht annehmen su sollen glaubte. Da diese sile 
durch zwei stockwerke reichten, so übertrafen sie an höhe um 
etwas den unteren raum. Das licht erbielten sie durch zwei reihen 
von fenstern, die in der frons scaenas lagen. Ueber diesen rau 
men befand sich ein ebenfalls vom zuschauerraume ber beleuchtetes 
geschoss, wohl au diensträumen u. s. w. bestimmt. Darauf. folgte 
das dach in einer höhe von 26 m. über dem fussboden. 

Zur bühue führten aus dem grossen saale drei, und aus dea 
vestibulen (paraskenien) je eine thür. Der urchitektonische aufbau 
der skenenfront war mit vier stützenreihen arrangiert, nämlich 
einer freien säulenstellung und, entsprechend den erwähaten drei 
fensterreihen, drei pilosterstellungen mit ihrem gebälk. Für die 
restauration der säulenstellung sind in den resten alle anknüpfungs- 
punkte vorhanden, auch ist aus den basenprofilen der zäulenstühle 
mit, sicherheit auf die korinthische ordnung zu schliessen. Die 
zwölf, durch die drei thüren in vier gruppen getheilten, säulen 
stehen 1,84 m. von der mauer ab, ruhen auf sockeln von 1,30 m. 
höhe und ‚haben 0,8 m. im durchmesser. Sie umrabmten die hinter 
ihnen in der mauerfront liegenden thüren und nischen mit ihren 
statuen (vgl. Phil. 23, p. 506) und trugen selbst über dem ge- 
bülk statuengruppen. Für die restauration dieses plastischen schmucks 
sind kaum anhaltspunkte vorhanden, man hat jedoch hier den 
gróssten luxus vorauszusetzen (vgl. Paus, VII, 20, 3). 

Die fenster des zweiien geschosses wareu mit raffinement an- 
geordnet. Zwischen den zwölf pilastera und den beiden eckpfeilern 
befanden sich, wie im untern geschoss, dreizehn wandflächen; von 
diesen traten die drei mittleren, durch bogennischen ausgezeichnet, 
bervor; die beiden üussern enthielten fenster, wahrend die mittlere 
geblendet war und wabrscheiulich eine Dionvsosstatue aufnahm 
(andre vermuthungen s. Phil. 28, p. 507) °?). Von den zu Leiden 
seiten befindlicheu je fünf riumen entbalten der zweite und vierte 
fenster, der erste, dritte und fünfte dagegen sind volle wandfachen. 


82) Dieses hervortreton dos mittleren theiles der wand setzte 
sich im dritten und vierteu geschosse fort, 


Jahresberichte. 865 


Im dritten und vierten geschoss wechseln in gleicher weise fenster 
mit wandflüchen, über dem Dionysos war wahrscheinlich im dritten 
stock eine tafel mit der dedicationsinschrift angebracht, da ein im 
dahinter liegenden saale befindlicher pfeiler die anlage eines fen- 
sters nusschloss, das sich dagegen im vierten befand, bei dem auch 
als ausdruck der geringsten belastung wahrscheinlich nur stützen 
mit figürlichem schmuck angeordnet waren. Die decoration der 
skenenwand bestand aus einer bekleidung mit marmortafeln von 
0,2 bis 0,4 m. dicke, wie sie noch an den säulenstühlen gemessen 
werden können. Deutliche spuren beweisen, dass die mit den fen- 
stern abwechselnden wandüüchen gefárbt waren und zwar mit ver- 
schiedenen nüanceu von blauer und rother farbe. 

Der fussboden der skene, 1,10 meter hóher als der der or- 
chestra, rulte auf 31 der tiefe nach liegenden holzbalken, welche 
sich einerseits in die plinthe unter den säuleustühlen beiten, an- 
drerseits nach der orchestra zu durch eine hólze;ne wand gestützt 
wurden. Die neun hier im erdreich befindlichen löcher, welche 
Schillbach (cfr. Phil. 23, p. 506) als für die vorkehrung zum 
aufziehen des vorhangs bestimmt ansah, hält der verf. für die ein- 
satziücher der stiele dieser holzwand. Vor dieser stebt zur ver- 
kleidung derselben ein briistuugsmauerchen von 0,80 bis 0,89 m. 
stärke; die ausserordeniliche schwache desselben machte die holz- 
wend erforderlich. Die länge der bühne zwischen den paraske 
nionswánden beträgt 35,4 m., die tiefe von der mauerflucht bis 
zur aussenkante der brüstung 8,04 m.; der freie raum dagegen 
zwischeu deu säulenstüblen ist 30,4 m, lang und 5,86 m. tief: 
also aicht den vorschriften des Vitruv entsprechend, weicher für 
die römische bübne das verhültniss von 8 zu 1 fordert, Wenn 
muu auf unserm iheater vorstellungen, zu denen coulissen, maschi- 
uerieen, vorhünge u. 8. w. nothwendig waren, gegeben werden 
sollten, so waren unbedingt holzeinbauten nôthig; da aber die 
fuedementierung des prosceuiums solche nicht gestattete, so können 
derartige auffihrungen nicht stattgefunden haben; da ferner grosse 
tonwirkungeu von instrumenten ohne holzeinbauten in dem stei- 
nernen gebünde nicbt zu erzielen waren, so werden die auffüh- 
rungen sich auf wettkümpfe von chören beschränkt haben, die dann 
ihren platz auf der thymele hatten, während die begleitenden mu- 
siker auf der bühne standen. Ob dieser mit grosser bestimmtheit 
vom verf. aufgestellten schlussfolgerung rückhaltlos beizustimmen 
ist, möchte ich bezweifeln. | 

Von der bühne führten in den achsenrichtungen der drei 
grossen thüren drei treppen in die orchestra, Schillbach (Phil, 23, 
p. 506) nahm deren nur zwei an. Die parodoi, welche sich nach 
beiden seiten bis etwas über die aus dem zweiten vestibulum füh- 
rende thür erstrecken, bilden auf 3,95 m. ein gerades tonnenge- 
wülbe von 6,39 m. höhe und 2,96 m. breite. Sodann gehen sie 


366 Jahresberichte. 


auf 3,07 m. länge in ein fallendes tonnengewülbe über, und leh- 
nen sich beim austritt an einen gurlbogen, dessen marmorpfeiler 
noch stehen. Warum das gewölbe seine höhenlage verändert, ist 
sicht ganz klar; mit sitzstufen waren die parodoi nicht überbaut 
(Schillbach’s annabme, vgl. Phil. 23, p. 504), da diese sich nicht 
in gleicher Aucht mit den übrigen befunden haben könnten. Von 
dem gurtbogen an folgt man der wangenmauer der ersten treppe 
ia zuschauerraume 8,81: m. lang nach der orchestra und der 
proedrie. 

Die orchestra ist in einer neigung angelegt, so dass in der 
mittenachse der boden an den ersten sitzstufen um 0,48 m. tiefer 
liegt, als an der bübnenbrüstungsmauer; hieraus ist zu schliessen, 
duss der vor der proedrie herlaufende wasserkanal zur entwässe- 
rung bestimmt ist (anders Schillbach, vgl. Phil, 23, p. 504 und 
Wieseler Ersch und Gruber p. 240, a. 33). Im übrigen beziehe 
ich mich in betreff der orchestra und cavea auf meinen früheren 
berieht pg. 504 ff. und bemerke nur, dass oberhalb des erstern 
diazoma 14 (Schillbach 13) sitzstufen vorhanden gewesen zu sein 
scheinen und dass aus arcbitektonischen gründen, wegen eines col- 
lidierenden fepsters an der treppenhausmauer, von dem von Schill- 
bach angenommenen säulengange abzusehen ist, der auch bei einem 
bedeckten theater ein grosser luxus gewesen sein würde. Da die 
achsen des zweiten diazoma nicht auf die entsprechenden thürem des 
treppenhauses führen, so nimmt der verf. eine gallerie an, die in 
der achse der parodoi von der thür zum diazoma binüber führte. 
Die zabl der zuschauer, welche auf den sitzreihen plats finden 
konnten, wird auf 4772 berechnet (Schillbach: 5488, wenn auch 
die orchestra besetzt war). | | 

Sehr interessant ist endlich die dachconstruction. Aus eini 
noch an der umfassungsmauer der cavea vorhandenen strebepfeilern 
(cfr. Phil. 22, p. 508) schliesst der verf. auf zwanzig äquidistante 
verstirkungspfeiler, denen ebensoviele, radial sich nach der skene 
binein erstreckende, dachbinder entsprachen. Aus der ausserordent- 
lichen stärke der flügelmauern der treppenhüuser ist. ferner auf 
eine starke pressung vom dache zu schliessen. Hält man damit 
zusammen, dass die erwühnte abwässerung der orchestra ein opaion 
über derselben bedingt, wie diéses ja auch schon der hiureichenden 
beleuchtung wegen durchaus nothwendig war, so ergibt sich, dass 
sich gegen die paraskenionswände ein polygonaler kranz von bal- 
ken stemmte, welcher den architektonischen abschluss der dach- 
binder bildete, die ibn in den winkelpunkten unterstützten. Zwi- 
schen den beiden endpunkten muss nun der dachbinder zweimal 
gestützt werden, und dies geschieht, indem zunächst auf dem boden 
des zweiten diazoma ein system von zwanzig balken aufgestellt 
wird, welche die dachbinder in ungefähr °/7 ihrer länge treffen; 
ein zweites system vou ebensovielen balken ruht sodann auf dci 


Jabresberichte, | 367 


gebülk, welches durch die auf dem boden des zweiten diazoma 
stehenden pilaster getragen wird, schneidet die erstgenannten bal- 
ken und trifft die dachbinder in etwa 5/7 ihrer länge. Da diese 
stützen sowohl im schnittpunkte als auch durch horizontal vom 
áussern ende der dachbinder auslaufende balken verankert sind, so 
können sie nicht ausweichen. Das dach der skene endlich, welches 
zugleich das des skenengebändes bildet, ist im anschluss an die 
von Lohde festgestellte dachcoustruction der bühnen von Aspendos 
und Orange restauriert, und zwar liegen die binder in den achsen 
der pilaster an der frons soaenae. Dieses dachgerüst sowie das 
der cavea ist mit einer holzcassettendecke verkleidet. Môglich ist, 
dass das opaion der cavea durch ein velarium verdeckt werden 
konnte, dessen anbringung keine schwierigkeit machte. 

Da im süden der ruine eine chausséeanlage viel zerstört hat, 
so finden sich nur ganz geringe anbaltspunkte für etwaige sich 
dort anlehnende portiken. Der verf. stellt ein sehr ansprechendes 
auch gartenaulagen einschliessendes system her. Für die archi- 
tectur der südfacade des skenengebüudes nimmt er iu drei stock- 
werken je neun bogennischen an, welche durch piluster eingerahmt 
sind; sie sind sämmtlich geblendet bis auf die eingangsthür, welche 
in der mitte des unterm geschosses liegt. Die treppenhäuser waren 
nur im obersten, dem dach des skenengebäudes gleich liegenden, 
geschoss mit fenstern versehen und zeigten im übrigen die ununter- 
brochene wandfläche. 

Wir schliessen mit dem wunsche, dass es dem verf. gestattet 
sein möge, ähnliche durch lebendige anschauung so sehr fördernde 
arbeiten auch für andre theater, namentlich die gebäude von Aspen- 
dos und Orange auszuführen. | 

Flensburg. | | Albert Müller. 


Theogn. 39 figd. 

bietet ein lehrreiches beispiel, wie die letzten ordner dieses teites 
mit diesem umgegangen sind. Vers 40 i9wv»ijoa xaxns vfosos 
nustéons passt zu vs. 39 nicht, da solchen mann man nicht 
fürchtet: es muss daher vs. 1082 hierher Ufesornv, yarentig 
Sytpóva Graosog, ein tyrann ist also im anzuge: auf den und die 
nobiles — die sind vs. 41 mit adorof bezeichnet — beziehen sich 
auch vs. 41. 42. Damit sind eben zustände bezeichnet, die auf 
Athen und Pisistratos, nicht auf Megara zu Theoguis’ zeit passen: 
vergleicht man Solon. fr. IV B., besonders vs. 5, so sprechen auch 
die worte für Solos. Ist der : aber der verfasser, so ist Kugve 
interpolation; Phokos könnte dagestanden haben. ^ Ks ist also 
vs. 40 aus irgend einem andern gedichte aus irgend einem zwecke 
hierher gestellt: vs. 39—42 sind eine, vs, 1081 figg. eine zweite 
redaction. Ganz anders freilich Bergk. 

Ernst von Leutsch. 





III. MISCELLEN. 


ede ame = e. uma ee © em eee, - eee 


A. Zur erklärung und kritik der schriftsteller. 


6. Platon. 
" Bemerkungeu zum kritischen appsrat Platon’s. 


In meinen „studien“ habe ich p. 2 bezüglich der vaticani 
JO, welche bekanntlich von einem und demselben schreiber ge- 
schrieben sind und eine handschrift ausmachen, bemerkt, daus die- 
selben wahrscheinlich dem XII. jahrhundert angehörten. Bei 
dieser angabe folgte ich dem urtheil eines mit griechischen band- 
schriften sehr vertrauten maunes, den ich in der sache befragt 
hatte, Nach meiner meinung gehörte die handschrift einer spi 
teren zeit an; und meinen zweifel durchblicken zu lassen, bezeich- 
nete ich daher auch jene angabe uur als eine wahrscheinliche, 
Und in der that, mein zweifel scheint berechtigt gewesen zu sein, 
denn in der wohl seltenen schrift Reoensio Manuscriptorum Cudi- 
cum, qui ex universa bibliotheca Vaticana a, 1797 procuratoribus 
Gallorum iure belli seu pactarum induciarum ergo et initae — pacis 
traditi fuere Lipsiae 1803 wird p. 55 die vaticanische bandschrift 
dem XV. jabrhundert zngetheilt. Diese einst sehr hochgeschätzte 
hasdschrift bat ihre bedeutung eingebüsst, seitdem ich in meinen 
„studien“ p. 51 den nachweis erbracht habe, duss sie in fast allen 
dialogen, welche sie mit dem Clarkianus gemeinsam hat, aus dem- 
selben abgeschrieben ist. Interessent ist nun, dass such aie wieder 
die quelle von anderen bandschriften geworden ist.  Durchblitters 
wir z. b. den kritischen epparat zum Symposion, so finden wir, 
dass hier w, nach der angabe Bekker’s ein Angelicus, den ich aber 
trotz der eifrigsten nachforschungen in der bibliothek nicht auf- 
finden konnte (vgl. Studien p. 8), mit 1 zusammengeht, und das 
w gegenüber von 4 eine weitere stufe der verderbníss reprisentirt. 
Man vgl folgende beispiele, an denen 4 und w mit ihren lesartes 


- 


Miscellen. | 589 


isolirt dastehen. 378, 12 alterum sai om..4w 389, 20 doviatug 
om. 392, 15 Evppivas] SuuButves 397, 6 Evpg£gecSus mortel 
Évppéoccdus xed donto 411, 8 316-130} goffj9u 417, 
iveón»] £i» 429, 7 Hogos] ‘na106 443,7 tra 167] t/ gn 
Von lesarten, mit denen w isulirt dastébt, ginti ich hier absehen 
zu können, Aber direct stammt « nicht aus 4, dies’ geht hervor 
sus mehren stellen, in denen wir in w'zwei‘ kesärten mit einander 
verbunden sehen; man vgl. 461, 9 S27] Sri dm «x . 46b, 22 ini] 
tiv À, Fu êni w. Es muss also w auf eiue bandschrift. zurück- 
geben, in der zu den lesarten des Vaticanus noch andere hinzuge-. 
fügt waren. Es lässt sich auch noch in anderer weise darthun 
dass zwischen w und 4 sich mindestens noch ein mittelglied be- 
fanden habei muss. Wenn wir ‚nämlich folgende auslassungen von 
w betrachten: 379, 2. Ig6diros. xel resto ui» $ frzor xaè Fav- 
uaciov 401. 8 uoi Tora aggnia Ta eionuive. dida un pe Yularız 
383, 14 diaprgaràgdas Luv elostras zig “Asdov. tosyd gros , 80 
können wir als ursache der weglassung nicht ein oposortAevtor 
anführen. Da die drei auslassungen, wie man sieht, an umfang 
sich gleichkommen, so muss man yielmehr die weglassung durch 
überspringen von drei zeilen erkiürén. Offenbar war also zwischen 
4 und w ein mittelglied, in dem jede der obigen drei auslassungen 
eine zeile füllte. Die erscheinung, die wir bei späten Platohand- 
schriften eo häufig antreffen, dass sie in den einzelnen dialogen 
gens verschiedene quellen haben, wiederholt sich auch bei w; denn 
in den dialogen, die Bekker ausser dem Symposion von w noch 
collationirt hat, stammt w nicht aus 4. 


2 Zu Platon’s Kratyloa. 


Cratyi. 390 E sagt Hermogenes: oùx iyo, d XoisQarec, 
Omwg xo) neds a Zdyess Évuvriododas. tows pévros où bx dióv 
icu» ofruc eEalprng toO T»0, aA doxái moi dde ay paio» 
messbiceoda! dos, et pos deltesac, wre pic evar riv pice 0g- 
dorma: èréparogîi Die worte GA doxw pos dde Ar uaddo 
nuc3i0e0das fehlten ursprünglich sowobl im Clarkıanus als im 
Venetus 77; dieselben würden erst von einer späteren hand hivzu- 
gesetzt. Dà in diesen worten d» mit dem futurum anstoss erregte, 
so achlug Cobet Mnew. ll (1874) p. 284 statt des futurum meod7- 
03690, den aor. nuoHhvas vor;. Naber dagegen will mec9ifoeo- | 
Jaf cos tilgen; cf. comment. Plat, II, p. 71, wo er als vorthei} 
seimer verbesserung anführt yIucrabiniur elegantem ellipsin“. Mit 
beiden vorschlügen ist der stelle nicht geholfen. Wir müssen bei 
der heilung lediglich von der überlieferung der ersten haud im 
Clarkianus und Venetus Z7 ausgehen und von dem zusatz der 
zweiten baad vorläufig ganz absehen. Es ergibt sich nur sofort, 
dass der ganze zusatz entbehflich ist, wenn statt pos selesen wird 


Philologus. XXXV. bd. 2. 24 


870 Misce!len, 
"i, eine. verwechslang, die in handschriftes variant < et. Bekk. 


Gorg.. 83, 15 po] pi. J. Evthyphron. 367, 7 pos] pi K Die 
bebandelte stelle belehrt uus, wie gefährlich es ist, bei der plateai- 
schen kritik die ursprüngliche überlieferung der guten héndschriftes 
ausser acht zu lassen. 

Craty!. A98 A heisst es: xoi Ki Tano» on 7 v» Go 16 
wmv ifoviópetro dnAoöv, 0809’ du we opposta? ar và 
abrév Guipara xa pow exorovper Reclverg und weiterbia - 
ovre rag ar, ‚olpas, joua rev TG epar éylyvese, papas 
pivov, we Foix, vov owpurog Èusivo 6.lfovÀsro Indiioni. 
diiwpd tow 17 «ipa lesen wir im Clarkianus dgAeua sed pei 
paroc, dusselhe hat won erster hand der Vencius I7. Mit rückaicht 
auf diese überlieferung werden wir lesen djiuwuu tow und alsdem 
owWuazog als interpolation tilgen, 


Würzburg. | M. Schans, 


| 7. Zu Platons Politeis 


Plat. Reip. VI, P 496 C xoi rovrov dr) ray ge of yeve pores 
xa) yevodperos we dv xoi paxdgrov ro ro Epo sel zur wolday av 
; Keurig idovres Tir partav xal Brs oudelg oùdiy vyidc ig Éxoc eimi» 
weg) tà T» nölewr ngdrre ovd Fox Evppayos , pt9^ Crow. us, 
là» Ir any zwr dixalwv Bondsav owbosr Gr. Die lesart yeri- 
pero. baben die codd. 401 4Ke , während yevouevos durch dis 
untergeorduete klasse der manascripte vertreten wird. Entweder 
würde yevdueros als marginale anzusehen und zu entferuen sein 
oder es dürfte, wena man der autorität der bessern handschriften 
sich anschlienst, die annahme nicht ungerechtfertigt erscheinen, dass 
die lesart derselben, yevousvos, da sie für den sinn mindestens über- 
flüssig, wo nicht störend, ist, aus Älduevos entstanden sei, so dem 
der thitigkelt des kostens, welches bier natürlich bildlich zu ver- 
stehen ist, die richtige wahl voreusgebt. Wer mit den dAsycs ge 
meint sei, gebt aus den worten von Sokrates zarouıngor dif n, à 
*Adelpari, Asineras tay xav aflav opslourier gilogogíg herver. 
Ferner ist es nicht wahrscheinlich, dass der philosoph geschrieben 
hat ped” Siow ng iwy imi mv 10v diralam Posdeav Gollesr dr, 
da wohl kaum von einem aufsparen bis zu einem kritischen - me- 
ment oder von einem übrigbleiben aus vorangegangenem kampf, 
sondern von einem sofortigen eintritt in den dienst der philosophie, 
in den kampf um die höchsten güter und einem konsequenten be 
harren in demselhen die rede sein soll. Aus diesem grunde möchte 
ich vorschlagen, ; die fraglichen worte des textes zu ändern in' dì 
. 5] für dixator fonbely sagvd tos Gv. Dess die konstruction des 


Miscelleu. 871 


verb Owevddtey mit int m. dotiv neben megt m. accusativ auch bei 
Platon nicht zu den ungewöhnlichth erscheinungen zählt, beweisen 
stellen wie Gorg. 502 B 50. dè di È Guy? airy xui Favpaorà, 
& i 1gaytpd(ac sio indes , ig È lonovdoxs , und Lys. 219 E 
zxüda $3 tosavin OnovÀ; aix Ent rites daniv tonovduopérn. 

8. y 501 B. "Ense, olii, dxsgyo[ópevo, soxvà av éxa- 
sáu ánoff'Mnouy ness te :0 „dom Óíxovo» xal xaA0y xal 
süygor xal nuvra ta TQiGUTG xuè 16006 Exeivo av 30 iv roig. ay~ 
Fewxorc, dpprsosoîev. Évpusyréve ie xal xeguvvivees ix 109 ini 
ndevudtuy 10. ündgelxeiov x14. Die worte moog dxivo. ab 
tò i» rei; dydgwnog urosoiev geben keinen rechten sinn und 
passen auch nicht in die konstruktion. Die dureh das vorange- 
hende Exazégwe angebabnte doppelbeziehung wird durch die nach- 
folgende korrelation (re — xl) näher ausgeführt, und es drängt 

fast die nothwendigkeit auf, zu schreiben: xai mods 10 éxsivo 
ac10 dy roig avFeuxors ép nowiv, was gleich dem mit re einge- 
fübrten ersten gliede von: &zofiAfmow» abhängig ist. Dem sinne 
nach schliesst sich diese erörterung unter andern an die p. 497 € 
ausgesprochenen gedanken an; voàzo dé avrò leon piv xai 3016, 
ot decor. u asi Èvelvas ey zj mode Aoyov Exor Ts modstelae 
tov avrüv, Sraeg xai où 6 vouodémc Eyuv vovg vopous tds, 
und ausserdem herrscht zwischen der methode der weltschöpfung 
(Tim. 28 A. B) und der stsatenbillung: eine unverkeunbare ana- 
logie. Denn das ogjpu in p. 501 A entspricht offenbar dem 
xaoudeiyua des Onproverds im Timäus, während der Aoyog die 
richtige auffassung uud intuition des gesetsgebers, von der seine 
intentionen getragen sind, kennzeichnet. Ueber die bégriffliche 
verwandtschaft endlich von azegyattoJu, im Timäus mit èurossiy 
in der vorliegenden stelle bedarf es wohl keiner besondern er- 
klärung. 
Ib. p. 511 A Tovro rolyuy vonöv mer TO eldog Feyor, Vmo- 
94csos d° dvayzaloptyny qryiv 107090 megì kd Ciena aùtod, 
oix iw deoxy loëour dig où dvvapévy» tiv Snodictwv drurtow 
ixfutvur, cixoos dè z0wpErny adtoig roig und THY XATW Ame 
xaG9eics xal adxifvoig nos txsîva we Évapyéce dedofaguévosg TE 
nai terspigtvoss. Ganz sbgesehen von den ersten worten, in denen 
anstatt der lesart der vulgata vogrov Stallbaum nach der autorität 
der meisten handschriften die auch von Schleiermacher empfohlene 
lesart vor30» hergestellt hat, obgleich dieselbe in einer nicht grdde 
wiinschenswerthen form mit den folgenden. worten vou Sokrates To 
sofvor Éregor navdave qua rov voysoù Afyorıa ue zouro' ath. 
ndirt, ist die konstruction des verbums ausixalw mit Uno 
wehl nicht haltbar, sondern ano dafür zu schreiben, da ja die 
aluoves von deu dingen der erscheinungswelt, dem sinnlich wahr- . 
mehmbaren entnommen werden sollen, Ferner heisst es am schluss 
des sechsten buches $11 B nach der aufzählung und stufenfolge - 


.24* 


$72 Miscellen. 


der vier na9ıpara jv «7 woyÿ ysyvbpera (der vonsss, diavoss, 
nions und eixaoiu) xoi taSev uërà dra Aoyov, dereo dg ols 
tony dig9e(ag pertyesy, ovrw rata cugmrilas ynod pero weıdyen: 
Da woneg, um die ansicht als eine subjektive zu bezeichnen, zu 
dem particip 7y754pevos gehört, so fehl& zu ovsw das entspre- 
chende, für den sinn nothwendige korrelat. Deshalb meine ich, 
dass nicht ég' ol;, sondern dp’ Seow (soweit als, in dem grade 
wie) zu schreiben sei, wenn der gedanke, dass der grad der klar- 
heit von dem grade der theilnahme an der wahrheit, der u£JsB« 
tig aAndstas, ubhängig ist, deutlich und präcis ausgedrückt wer 
den soll. 

ib. VII, p. 534 A sind die verschiedenen erkenntnissstufen scharf 
von einander geschieden, wie schon an früheren stellen der Peli- 
eia: “udgécxer ovr, T» d' yw, WONEE 10 mootegor, THY niv nod- 
s poîguv Emsornuny xadsiv, devrégay dà diavosar, tofrmr dè 
níGrt»v xui elxuoluy teragtyy (vgl. u. a. 011 E) xoi Evraupôrsgu 
piv ratia dosav, Fuvapgorepa Ó' xiva vónow' xal dokar pb 
napi yévecir, vonow dè waQl ovolav xal bre ovoíav 1006 yérecr, 
vongev moog dófoav, Emomunv ngóg non zus dıuvosay mods si- 
xaofur. Der gegensatz zwischen ovoiu und yéreoic ist analog 
dem gegensatz zwischen »6n066 und dofa; dazu kommt das ver- 
hältniss, in welchem die è24077,7 als höchste der höheren erkennt- 
nissstafen zur zí014, der ersten von den niederen erkenntnissstufen 
sich befindet, analog mit dem verhältniss der decyosx zur elxagia. 
Die verbindung x«i cz ist bier entschieden unhaltbar und dafür 
xuè Fu zu schreiben, so dass die am der spitze der periode ste- 
hende konstruktiom ugeoxes radsiv hier rubig noch fortwirkt. 
Eine grössere schwierigkeit bieten die folgenden worte: rj» d’ dy' 
ol; 1avra avadoylar xai dıalgscıw duy? éxdtégow, dokacıov te xoi 
vontou éwuer xt Schon Stullbaum nennt die kenstruktion 
cine orutio paulo liberius conformata, aber mit diesem euphemismus 
kann man sich nicht begnügen, sondern es ist dıeyy zu lesen und 
mit vorhergehendem «ur, das neben zavra leicht ausfallen konnte, 
hinter. dieses pronomen zn stellen, so dass die worte lauten: rjr 
dép olg rave’ dv diéyy avaloyíav xai dsnigecu ÉxuzéQov, doka- 
5:00 ve xal vontov éwucr. Müller übersetzt: „das verhältniss der- 
jerigeu gegenstände aber, womit diese sich beschäftigen und die 
doppeltheilang jedes der beiden, des gemeinten uud des gedachten, 
übergehen wir“. Diese übersetzung seizt uuch ein verbum in dem 
rclativsetz voraus, während die doppeltheilung von: selbst in die 
augen springt. Ausserdem ist in den folgenden worten (C) 06 ur 
po Eyp dwogicaodes rd Ady and i» Gdlwy Kurzav agelur 
Thy tov éyudoÿ ldfav, xoi doro iv payn dia nari êléyyur 
desti, pn navia xara dokav, adda xaY obciur n00dvpovparo; 
tidyyesy x1À. nicht ovciur, sondern vogow au schreiben, dena 
ts handelt sich Lier, wie der ausammenbang beweist, in ersier 


Miscellen. | /— #78 


linie und zunächst um den unterschied der erkenntnissform, nicht 
des erkenntoissobjekts, welches letztere aus dem vorhergehenden 
zn» rov ayadoò ió(av mit leichtigkeit ergánzt wird. 

Ib. VII, P 540 E 600 pi» dv, nr à. êyu, gsoßoregoi roy gdvoi 
dexetwy à» d node, züvrag Enrnturpuwow elc TOUS dyoove , Toùc 
dì naidas avriy nagudafforieg êxxoc Tay yoy Fwy, & xal of yoviic 
Éyovo:, So£povrm dy roig Gpetégois todos xa) vouous, otbow ofots — 
dielriv9apuer tore. Wovon die beiden konjunktive Pxmé£piuwoiw 
und Soeéywrras abhängen, ist nicht ersichtlich; wahrscheinlich sind — 
sie aus versehen anstatt der fermähnlichen futura èxrtupovesr und. 
tefuvtas in den text gerathen, die ohnehin durch das gesetz 
der consee. modorum gefordert werden. Ja den folgenden worten ven 
541 A xai ovr tayıord te xai fora molw Te xol mohstelav, 
[m Hyoutr, xüTa OTi Cay adın» te tüdawuovronv xoi :0 EOvog, 
dv d av lyyévpos, nsïoru Óvjonw, würde der relativsatz die ín- 
Gnitivkonstraktion unerklärt lassen , während Afyouwerw ohne voran- 
gehendes relativ die konstruktion und den sian bequem und ohne 


grosse umwülzung gestaltet. 
Rudolstadt. | | Liebhold. 


8. Zu Timon Phliasius. — 


Sextus Empiricus cifiert im ersten buch seiner pyrrhonischen 
Hypotyposeu (1, 224) aus den Sillen des Timon von Phlius zwei 
stellen, welche für die kenntniss der philosopheme des Xenophanes 
von grosser wichtigkeit sind. Die erste gibt bestimmte andeu- 
tungen darüber, wie erst allmählich und in hohem alter Xenophanes | 
aus skeptischer stimmung sich zu seinen pantheistisches dogmen 
berausgearbeitet bat: vergl. des verf. beitrag zur darstellung der 
phil. des Xenophanes. Danziger gymn. progr, von 1871, p. 4 aom. 
und dess, Ueber Xenoph. von Kolopbon. Progr. des Stettiner stadt- 
gymn. von 1874, p. 18. Die zweite noch wichtigere stelle ent- 
hált eine kurze darlegung der lehre des Xenopbones. Leider sind 
diese verse corrumpiert und lückenhaft überliefert, Sie lauten nach 
dem Bekkerschen text des Sextus: 

Atwogárig Unazugog, ourgamarne A 
les ám avF- oui muy Feòy éxddcar’ Mov ündvın, 
208097, vospwròy TE vonua. 

la ersten verse ist statt des metrisch unbaltbaren fmoxwarng - 
aus Laertius Diogene schon längst nıxonıng hergestellt und von 
Mullach (fragm. phil. gr.) wie von Wachsmuth ( De Timone 
Phliasio) mit recht in den text aufgenommen. 


Unsicherer schon ist die wiederherstellung der anfangsworte —— 


374 | Miscellen. 


des sweiten verses. Die lesart schwankt zwischen Bero» d» ür- 
Sowro» (SV) und da 107 AndvIgwnov (G). Was in dem Bek- 
kerschen texte stebt, ist eine vermuthung von Fabricius, aber nicht 
unbedenklich wegen der ungewöhnlichen verbindung von. dxrdg und 
and. Weiter aber vom bhandschriftlichen führen die conjectures 
Scaligers &loy dx’ dvO9eurov und Mullachs dAlov érurSçuwser. 
Am nachsten der überlieferung steht das von Roeper vorgeschle- 
gene Og tov dmávJQumor (vergl. Wachsmuth a. a. o. p. 64); 
noéh enger aber schlósse sich an die handschriften, wenn mas 
schriebe fv zöv dzuvOgumov „seinen (róv) der gewöhnlichen meu- 
schenmeinung widersprechenden gott stellte er dar als eine einheit“. 
Dann erschiene hier an der passenden stelle die von Xenophanes 
zuerst ausgesprochene einheitilehre. Damit würden auch — was 
sehr ius gewicht fallt — die nachfolgenden worte des Sextus 
stimmen durch welche er, hier wie in andern stellen, die citierten 
worte erklürt: èdoypoirite dì ó Zevogavae mega tag mí» Gidwr 
avdodnwv noch pes £v elvas 10 nüv. Freilich fügt Sextus hinzu: 
«ui tov Fedy Cvugui, roig nacıy, eine wendung, die mam nicht 
‚ohne zwang als eine zu dieser zweiten stelle gehörige erklärung 
gelten lassen kann. Sie ist aber nichts anderes als eine kurse 
wiedergabe des wenigen ‚ was vom dogmatischen inhalt der xenc- 
. phaneischen philosophie in der ersten stelle vorkam, und hier, wie 
leicht einzusehen, gerade am passenden orte hi 

. Die weiteren erklärenden worte des Sextus bahnen auch de 
weg zu einer wenigstens wahrscheinlichen restitution des dritten, 
arg verstümmelten verses. Sextus fährt fort: sivas dè aymgoudi 
x«) dead xai GperüßAntor xal loyixóv. Durch 6gasgoridz ut 
das [cor ándvry, durch àza94 des dom erklärt, und das letste 
attribut doysxdy entspricht ohne allen zweifel dem letzten wort 
des verses vonua. Nur für dpezaßinzor findet sich nichts est 
:sprechendes, sondern das gänzlich unbrauchbare vesqurov; dem 


. was soll ein verständig gemachter oder su verstande gekommener 


tt nicht bloss in der philosophie unseres Eleaten, sondern über 
baupt bedeuten? Aber auch die änderung iu vosgwregov, die vos 
Paul zweifelnd vorgeschlagen und von Reeper und Wacbemuth 
gebilligt ist, hat das bedenkliche, dass eine ungewöhnliche, rhe 
torische wendung (verständiger als der verstand) in den text ge 
setzt wird. Frei gemacht von der verlockung, in dem überlie- 
ferten vorQwzdr - .ein derivatum von vosiy zu sehen, hat sich Her- 
mann mit seinem vorschlage doxn97 togvwsdy 0Aov véov 108 vóspt. 
Nur ist gegen diese schreibung einzuwenden, dass zogrwrdy (rum 
gemacht) an sich schwerlich ein passender gusdruck ist, wm das. 
kugélfórmige der gottheit (oder welt) zu bezeichnen !), und dam 


u 1) Wenigstens würde man etwa eSropros erwarten, was sich bei 
. Timon findet, wo er den Fyrrhon mit der sonne > vergleicht, (Frags. 
Wa 146 Mallach). | 


Miscellen. 375 


dieser stelle der begriff des kugelförmigen nieht zu erwarten 

; der ja am ende des zweiten verses schon durch Zoov anavry 
gedeutet war, sondern vielmehr der begriff der unveränderlich- 
sit. Ausserdem ist die verbindung ÓXov voor 08 vonua unwahr- 
bheinlich. Xenophanes nennt seinen gott ganz auge, ganz ohr, 
rs denken, aber nicht, wie Hermann will, tautologisch ganz 
mken und gedenken. Fast scheint es, als ob das durch 700720» 
seitigte vorgearov doch noch nachträglich zu der einschiebung 
Mm voy geführt habe. Dasselbe bedenken ist gegen Mullachs 
hreibuog &0x797, voov avrov, aldsov NdE vénua geltend zu ma- 
iem. Nicht minder bedenklich ist es, mit Wachsmuth ein wort 
ws der paraphrase des Sextus unverändert in den text zu nebmen. 
r schreibt den anfang &oxn9% v Grad. Aber durch àzaO4g 
klürt Sextus ja gerade das poetische Gaxgy9yg. — 

Vielleicht kommt mer dem ursprünglichen näher, wenn man 
hreibt: 20597, |usvo]x " o[td’ &]egwróv, [0Ao» zje véinua. Für 
ese schreibung spricht, dass oline veränderung der überlieferten 
ıchstaben ©), nur darch restitution des in dem verstümmelten verse 
wmuiblich ausgefallenen der von Sextus erwähnte begriff des 
serußAntor und zwar an der rechten stelle in den worten ent- 
ten ist. Bedenklich möchte scheinen, dass in yo» noch ein- 
al auf die einheitslehre hingewiesen wird; aber eine müssige 
iederholung wiirde es keineswegs sein; deun ‚während die einheit - 
ı zweiten verse im sinne der uniformität gemeint ist, erschiene 
e bier im sinne der singularität. Und es wäre reeht wohl mög- 
h, dass Sextus in seiner paraphrase auf diese unterscheidung 
cht weiter eingehend, sondern mit seinen worten fy slras tò nay 
e einheitslehre zusammenfassend, auf die wiedergabe des uóvov 
wzichtet hätte. Ein zweites bedenken wire metrischer art. Der 
stituierte vers hat den trochaeus im vierten fusse. Aus Timons 
egmenten kann ich nun einen so gebauten vers nicht nachweisen, — 
ohl aber aus denen des Xenophanes : : | 


Fragm. 6, 2 Moll.: 5 yeawas refQécos xal lea telaiy dxsQ 


14, 2: eid, Quoi Fey te xai Loca Myo neo) WAVE 
21, 19: arde È alui» tovrov og fod mu» dvagpalve. 
Ich verheble nun aber nicht, dass weder die citierung xeno- 


inneischer verse für Timons metrik eine ausreichende begründung 


thiilt, noch die einschiebung des uóvov durch eine blosse, wenn © 


ieh immerhin probable möglichkeit genügend gesichert scheint. : 
siden schwierigkeiten würde mian entgehen, wenn man statt povoy 
& dann allerdings nur zur ausfüllung dienende Jadv und für 6407, 
& ich wegen des xenophaneischen verses (frage. 2) othoc ded, 


2) Bis auf die geringfügige änderung des in u überlieferten 
vigens in cod. V von dem ¢ gutrennian) E in N se 


$76 Miscelleu, 


ovApc dé veer, ovAos dé x’ axoves lieber hätte, nay setzte, Dana 
wiirden die beiden emendierten verse lauten : 


P» 307 drürSquaor Her iniacas’ leo» amdrtn, 
county Peov, ovd' Eregutdy nîr n vógpa. | 

So wäre in diesen versen alles enthalten und nur das, was 
Sextus in seiner paraphrase angibt, dass nümlich Xenopbanes sei- 
nen den meuschlicben vorstellungen (und, können wir Wiasüfüges, 
dem menschlichen wesen) widersprechenden gott aufgefusst babe 
als eine einheit, als überall gleich (also auch im sinne des Xeno- 
phares auch kugelförmig), keinem leiden, keiner veräuderung un- 
verworfen und els ein denkendes wesen. 


Stettin. Franz Kern. 


9. Zum prolog von Tacitus’ Agricola, 


Es sei erlaubt, von der viel behandelten stelle Tac. Agr. 1 

At nunc narraturo mihi vitam defuncti hominis venia opus fuit, 
quam non pelissem incusaturue tam sucva et infesta virtutibus 
tempora, eine neue erklirung vorzutragen, durch die, wie mir 
scheint, nicht nar die stelle selbst vollkommen verständlich wird, 
sondern such ihr zusammenbang mit dem ganzen prolog volles 
licht erhült. Der grund, warum man sich bisher vergeblich um 
die erklärung der stelle bemüht hat, besteht daria, dass man die 
nothwendigkeit einer entschuldiguag oder einer erlaubnissnachsv- 
 €hung von seiten des Tacitus immer auf die abfassungszeit der 
schrift bezogeu bat; unter dieser voraussetzung ist es unbegreiflich 
und wird es trotz aller deutungsversuehe immer bleiben, wie Ta- 
citus in der glücklichen zeit eines Nerva oder Trajan, wo es er 
laubt war sentire quae velis et quae sentius dicere, von einer sol- 
chen nothwendigkeit sprechen konnte, und eben so wenig wird es 
unter dieser voraussetzung möglich sein, das perfectum fuit zu 
rechtfertigen, an dem übrigens nur Wex, der es entweder streichen 
oder mit est vertauschen will, erheblichen anstoss genommen hat. 
Diese beiden schwierigkeiten nun werden nach meiner ansicht voll- 
ständig gehoben, wenn man die stelle nicht auf die gegenwart, 
sondern auf die vergangenheit unter Domitian bezieht, und wenn 
man demnach übersetzt: „dagegen hätte ich in der jetztzeit der 
erlaubniss (des Domitiau) bedurft, die ich (jedoch) nieht nacbge 
-ueht haben würde, da ich in dem falle war, so furchtbare und 
den tugenden feindselige zeiten anzuklägen“. Dass er mit nunc 
in einem zusammenbang, wo überhaupt von Domitiau die rede ist, 
und im gegensatz gegen die gute alte zeit die zeit des Domitia», 

. nicht die unmittelbare gegenwart bezeichnet, kann nicht auffallen 
und eben so wenig wird man von dem gebrauch des indicativs 


Miscellen, 877 


opus fuit anstoss nehmen dürfen, der ganz eben so gesetzt ist, 
wie er bei oportuit, licuit, aequam fuit und dergl. gesetzt zu wer- 
den pflegt; man braucht das venia opus fuit uur mit dem gleich- 
bedeutenden venia petenda fuib zu vertauschen, um jeden anstoss 
zu beseitigen. Nunmehr aber ist der rusammenbang des ganzen 
prologs vollkommen klar und durchsichtig. Der wesentliche inhalt 
desselben besteht in einer anklagenden schilderung der schweren, 
vor kurzem überwundenen zeit des Domitian, in der jede freie 
Husserumg ünterdrückt und grausam verfolgt worden sei, und die 
auch in der glücklichen zeit des T'rajan insofern noch immer nach- 
wirke, als der druck derselben der natur der sache nach noch 
immer auf den geistern luste: demungeachtet aber (so macht der 
verf. dann den übergang zu seinem thema, obgleich ihm nämlich 
eben deshalb nur eine ‘condita ac rudis voz zu gebote stehe) 
wolle er doch es unternelmen, die geschichte der nächsten vergan- 
genheit und der gegenwart zu schreiben, Er beginnt daher: mit 
dem glück der alten zeit der freiheit, wo es allgemein üblich ge- 
wesen, den ruhm ausgezeichneter männer der naclwelt zu über- 
liefern (wenn dabei zugleich beiliufig erwähnt wird, dass dies auch 
im spüterer zeit geschehen sei, so sind die mostra tempora offenbar 
mur auf die zeit vou Domitian zm beziehen), und wo treffliche 
männer sogar, ohne neid zu erregen oder einen vorwurf auf sich 
zu ziehen, ibr eigenes leben geschrieben hätten. Hierauf f 
daun mit Ad nunc cett. im gegensutz gegen das frühere glück die . 
schilderung der drangsnle der zeit Domitians, die das ganze zweite 
capitel füllt, uad. dann c. 3 die klage, dass selbst in der gegen- 
wärtigen glücklichen zeit die folgen jéner drangsale in bezug auf 
das geistige leben noch uicht überwunden seien. Ist aber der 
prolog sonach im wesentlichen eine anklage. des Domitian, so 
passt. dies vollkommen zu dem inhak der ganzen schrift, die eben- 
falla. implicite und explicite nichts anderes ist als eine anklage des 
siles edle und grosse und insbesondere den trefflichen Agricola 
verfolgendeu und unterdrüekenden despoten; weshalb es mir auch 
usbegreiflich ist, wie man die worte incusaiurus dam saeva — 
tempera hat deuten können: „wenn ich angeklagt hätte“, als wenn 
er dies nicht wirklich gethan hätte, mM | 

Irre ich nicht, so erhält auch das auf unsere stelle folgende 
legimus nun eine bessere rechtfertigung. Wenn er vorher gesagt 
hat: unter Domitian konnte ich nicht daran denken, die gegen 
würtige schrift zu veröffentlichen (denn dies ist der wesentliche 
sinn der stelle), so ist es wenigstens nicht ganz unpassend, wenn 
er, um dies zu begründen, fortfährt: es steht geschrieben, dass 
etwas derartiges un Arulenus Rusticus und Herennius Senecio mit 
dem tode gestraft worden ist. | 

Jena. Curl Peter. 


378 —  Miscellen. 
40. Zur accentlehre Quintilians. 


In meinen Quaestiónes Quintiliancae (Leipzig 1873) p. 326 
habe ich behauptet, dass Langens ansicht von der accentlehre 
Quintiliaus — abgesehen von der doctrin der übrigen lateinischen 
grammatiker — widerlegt werde durch Quintiliaas eigene worte 
è. 27: Nam cum dico ,circum lora", tamquam enum enuntio. 
dissimulata distinctione, itaque tamquam in una voce una est 
acuta; quod idem accidit in illo „Trolae qui primué ab Gris", 
kh habe erklärt, dass unter acuta eine wirklich mit einem e0- 
centus acutus versebene silbe zu verstehen sel — n behauptet 
dagegen in dieser zeitschrift bd. 38, p. 741, dass acuta hier im 
allgemeinen eine accentuirte silbe bezeichne. So steht behsup- 
tung gegen behauptung. Den beweis für die ricbtigkeit seiner. 
ansicht hat Langen nicht hinzugefügt. Da nun Quintiliem in dem 
gauzen vorhergehenden abschnitt &. 22— 26 acut und circumflex 
scharf scheidet, so muss ich bei meiner ansicht bleïhen, dass auch 
€. 27 unter acuta eine wirklich acuirte silbe gemeint sei, 

Gleichsam eine bestätigung der von ihm. gegebenen erklärung 
von acuta findet Langen in den worten 2. Bi: EM autem in 
omni voce utique acuta (sc. syllaba), sed nunquam plus une. 
Hier werde mit acuta im allgemeinen eine betonte silbe be- 
‘eichnet, Jedoch der satz lautet vollständig: Est autem in omni 
voce utique acuta, sed nunquam. plus. eda nec unquam ultima, 
. ideoque in disyllabis prior, prüstérea nunquam in eadem (sc. voce) 
flexa et acuta. Erst mit allen diesen zusätzen ist die ausge- 
sprochene regel est in omni voce utique acute in richtiger weise 
besehrünkt. Auch an dieser stelle ist also unter acuta eine wirk- 
lich acuirte silbe zu verstehen. In betreff der in der Halmsches 
ausgabe folgenden worte quoniam est in fiera ct acuta verweise 
ich auf Quaest. Quint. s.-0. und auf Revue critique 1873 nr. 51. 

So lange mir keine andere stelle Quintilians vorgeführt wird, 
halte ich daher meine p. 827 ausgesprochene ansicht aufrecht, 
dass Quintilian im streng grammatischen sinne mit acuta syllah 
stets nur eine mit dem | aocentus acutus versehene silbe bezeichue. 


Altona. J. Cloussen. 


B. Auszüge aus schriften und berichten der ge- 
lehrten gesellschaften so wie aus zeitschriften. 


Le spectateur militaire, 1869 enthält nichts philologisches 
1873 märz: Anquetil: das lager des Marius, In folge einer schrift 


Miscell a 379. | 


des ingenieurs und alterthumsforschers E. Desjardins über die fos- 
ses Muriennes war der marschali Vaillant mit ihm. in streit. gera- 
then über die stelle, auf welcher Marius im kriege gegen die 
Teutonen und Ambronen sein lager an der Rbanemtindung aufge- 
schlagen babe. Desjardins antwortete in. einer neuen schrift: 
Rhône ct Danube; nouvelles observations sur les. fosses. Mariennes, 
M camp de Marius cett. Anquetil, mit beiden. nicht ganz. einver- 
standen, setzt seine eigne Ansicht auseinander, den ganzen feldzug- 
plan des Marius dabei erlüuternd. Darin giebt er dem marsehall 
recht, dass er mit ibm annimmt, Marius habe sein lager auf der 
"insel: Camargue .(d. h. Caji Mari ager) gehabt. Um seinen in - 
und um Arles liegenden truppen sicherheit gegen einen angriff des - 
foindes zu verachaffen, lenkte Marius auf dem rechten ufer des 
flusses und. um eine hügelzone lei der stadt berum. den Rhone ab;. 
da schon vorber zwei mündungen vorhanden waren mm so eine dritte 
.. biuzukam, so entstanden zwei inseln; daber ist auch der pluralis 
les Camar gues üblich; da jedoch im laufe der zeit die mittelmün- 
dung versandete, hlieh nur eine insel, links durch die ‘alte haupt- 

mündusg grand Rhóne , rechts durch den von Marius geschaffenen 
| petit Rhône begränzt. Auf der peu entstandenen ‚zweiten invel 
befand sich das lager der Römer; ; ein besonderer canal, fosses Ma- 
riennes diente dazu, ihnen in gesicherter weise. lebehsmittel zuzu- 
führen. — 1871 und 1872 enthalten nichts philologiaches. 
. '. 4873. moi: Choppin, La catulerie romaine. 1. pertie: Re- 
crutement. — Organisation. — Administration. — Juni: 2. partie: 
Instruction. — Service. Eine lesenswerihe abbandhuag, nur in der 
auffübrusg einzelner thatsachen nicht genau genug. 

1874. Febr.: Rouby, Le siége de Marseille par Jules César ; 
. étude d'archéologie topographique et militaire. Nach der im ersten 
u theile auf 15 seiten gegebenen, bis zum ende des mistelalters fort- 
en geschichte der stadt, bestimmt der verf. im zweiten theil 

die lage der stadt zur zeit Cäsars, bespricht die configufation der 
küste, giebt die topographie der jetzigen stadt, prüft sodann die 
alten texte, welche Massilia. beschreiben , ferner die veränderungen, 
welche. das meer ah der küste bewirkt hat und endlich die mei- 
nungen derjenigen, welche der. jetzigen stadt und der alten eine 
verschiedene lage zuschreiben. — März: Rouby, Le siége de 
Marseille (fortsetzung). iu diesem dritten theil seines aufsatzes 
reconstryirt der yerf., nach. den angaben der alten schriftsteller,. 
den boden, die ausdehnung und. die beschaffenheit der alten stadt, 
sowie die richtung der ringmauer zur zeit Cásars, die lage der 
citadelle und der arsenale. Dazu zwei karten. — April: Rouby 
etc. (forts.). Der verf. giebt in dieser folge seines dritten theiles 
die archäologischen und historischen beweise seiner annahmen, eine 
schätzung der bevülkerung der alten stadt zu Cüsars zeit (60000 
menschen) und. ‚führt die abweichenden angichten der. früheren 


$80 Miscellen. 


schriftateller über die alte ringmauer an. — Mai: Bouby ete, 
(forts.). In dem vierten theil seiner abhandlung schildert der verf. 
die belagerungsoperationen, sucht die stelle, welche das lager des 
Trebonius gehabt haben muss, zu ermitteln und beschreibt die bei- 
den seeschlachten und die angriffsarbeiten. — Juli: Rouby etc. 
(schluss). Der verf. fährt fort, für die augriffsarbeiten ibre stelle 
zu ermitteln, untersucht die beschaffenheit der verschiedeneu bela- 
gerungsmaschinen, besonders des musculus, schildert die anzündung 
der werke und die anlage des neuen damms, genug alle opera- 
tionen bis zur übergabe der stadt, immer mit rücksicht auf die ört- 
lichen verhältnisse. Ueberhaupt bleiben die topographischen ermit- 
telungen für die ringmauer und für die belagergngasrbeiten der 
Römer, die sich ohne karte leider nicht genau angeben lassen, das 
hauptverdienst dieser ausgedehnten und gründlichen abhandlung. 
Gleichwohl hält der verf. seine ausführungen nicht für unfehlbar; 
eine unerwartete entdeckung, sagt er, keun sie umstürzen, aber sie 
auch bestätigen. — Aug.: Le Cort-Sérignan, Les commentatenrs 
‘ de César. Der verf. sucht, zur berichtigung einer erklärung in 
dem aufsatze Rouby’s über die belagerung von Marseille, nachzu- 
weisen, dass tigna transversa (nach Guischardt) dewr poutres po- 
sées en croix bedeuten müsse (b. civ. II, 9). Uebrigens erfährt 
man aus diesem aufsatz, dass Rouby's ausarbeitung für Napoleon 
leben Cüsur's bestimmt gewesen ist. — Die übrigen hefte yos 
1874 enthalten nichts philologisches, 

Revue crilique d'histoire et de litterature (s. Phil. XX X, 136) 
1868, or. 20: Pott, die sprachverschiedenbeit in Europa an de 
záhlwürtern nachgewiesen , mit anerkennung angezeigt vou Mer 
gaigue. — Gerhard, gesammelte akademische abhandlungen und 
kleine schriften, rühmlichst besprochen von 6. Perrot, der nebenbei 
die übrigen schriften Gerhard’s aufzühlt. — Traut, lexikon über 
die formen der griechischen verba, an dem die streng alphabetische 
anordoung als raum wegnehmend, von C. T. gerügt wird. — 
Nr. 30: Pape’s wörterbuch der griechischen eigennamen, 3te auf. 
neu bearbeitet von Benseler, rühmlich angezeigt von Ch. M. — 
Nr. 31: Vahlen, Aristotelis de Arte poética liber. 1867, mit eini- 
gen ausstellungen ahbgezeiyt von Ch. 'T(hurot) — Nr. 32: 4. 
Trendelenburg , Grammaticorum Graecurum de arte tragica iudicio- 
rum. reliquiae, 1867; der berichterstatter meint, der titel müsst 
heissen de tribus poclis tragicis und findet an der anorduung mao 
ches aussusetzen. — Nr. 33: Bopp, Grammaire comparée des 
langues indo-européenues etc. traduite sur la 2. édition et précédés 
d’introduetions par Bréal, tom. Il: in einzelheiten, theils mit ar 
erkennusg, theils zur widerleguug, eingehende anzeige von Meunier, 
der das deutsche buch wie die treffliche französische bearbaituag 
ein erfua êç del nennt. — Czwalinu, De Euripidis studio aeque 
bilitatis: lobende anzeige; Weil hat iu deu vou ihm herawgege 


Miscellen. | 381 


m sieben tragódien des Euripides schon früher die symmetrie 
verse, welche der verf. nachzuweisen bemüht ist, in's licht ge- 
It. — Nr. 34: Schlotimana , die inschrift Eschmunazars, kó- 
| der Sidonier, 1868: anzeige von H. Z. —  Labatut, Etudes 
la société romaine. Histoire de la préture ; mit einigen aus- 
wa verbundene anerkennende recension. von P. Gide. — 
der saturnische vers und die altdeutsche längzeile: recht 
bt von G. P(etrot). — Nr. 35: Th. Arm. Fritzsche, Theocriti 
lia iterum edidit; anerkennende auzeige, mit einigen ausstellungeu, 
Ch. T(hurot). |$. Phil. Anz. fl, ur. 10, p. 510]. — Nr. 36: 
Ah, AIONYSIOY H AQITINOY HEPI Y#OYS, 1867. 
vige, mit einigen verhesserungen, von Ch. Thurot. — Guil- 
in, Dictionnaire topographique de l'arrondissement de Loubans 
th die alten namen angebend), angezeigt von /7. — Nr. 37: 
bert , grammatische studien ster theil, der conj. perf. und das 
exact. im älteren latein. Anzeige von Ch. Thurot, der die 
rfelt des verf. lobt, aber verschiedene seiner annahmen xu wi- 
egen sucht. — Nr. 38: Clemm, De compositis Graecis quae. 
rerbis incipiunt. Auerkennende anzeige von Ch. T(hurot). — 
thélemy, Alesia, son véritable emplacément. Ausführliche be- 
‘chung des buches, weiches noch einmul alle für Alise-Sainte- 
ne entscheideride momente zusammenfesst, durch E. Hoffmann 
Wien, welcher die der belagerung Alesia’s vorangebende reiter- 
acht, mit dem kaiser Napoleon, an der Vingeanne stattfinden, 
ar aber ver der schlacht einen andern marsch nehmen lässt als 
kaiser. — Nr. 39: Wescher, Etude sur le monument bilingue 
Delphes; Ausführliche kritische beleuchtung des vortrefflichen 
: von Ch. M. —  Benndorf und Schoeno, die antiken bild- 
ke des lateranensischen maseums ; empfehlende besprechung von 
la Berge, — Nr. 40: Kitchin, Catalogus Codicum mss. qui in 
dotheca Aedis Christi apud Oxonienses adservantur; anzeige von 
M. —  Chassang, Le spiritualisme et l'idéal dans Part et la 
ie des Grecs; lóbende anzeige von Ch. Tharot, der nur die 
lriicke spiritualiome, spiritualisme populaire verwirft and eini- 
ansichten des verf. über die inscenirung der griechischen stüeke 
über Pindars „sehusucht nach dem unendlichen“ entgegentritt. — — 
41: Tobler, bibliographia geographica Palaestinae, empfohlen 
A. €. — Curtius, studien aur. lateinischen und griechischen 
mmatik, stes heft; mit einigen gegenbemerkungen warm em: 
Men von C. Thurot. — Nr. 42: Collection philologique, avec 
avant-propos de Brézi 1. fascicule, la théorie de Darwin et la 
nee du langage, de l'importance da langage pour l’histoire n&- 
fle de l'homme. Besprochen von 6. P(errot). — Nr. 44: 
mann, De Pindari usu syntactico; anzeige v. Ch. 'Thurot. — 
45: Gutechmid, De temporum notis quibus Eusebius utitur in 
micis canonibus. Anzeige von Chevalier. — Nr, 46: Stoffel, 


882 Mincellen. 


Dictionnaire topographique du Haut-Rhin (auch die römischen na- 
men behandelnd), angezeigt von Mossmann. — Nr. 47: Courier, 
Essai d'interprétation de quelques noms gaulois (Genubum, Gergovia, 
Noviodunum), angezeigt von lubginville, der die aufstellungen des 
verf. missbillig. — Nr. 51: Hoche: Iwavrov Toap 
"Ahzbavdgews (109 QiÀonóvov). elg 10 mowroy (zweites heft ed; 1d 
devrecor) 176 Nixopayou "Agsdpnrixïc elcaywyîis, angezeigt vea 
Martin, der mehrere bei Hoche vermisste erklürungen sum isten 
buehe giebt. — La question d’Aristodeme, gegeu Wachsmath, 
Rhein. museum 1868, p. 582 fig. und 673 fig. 

1869: nr. 1: Tivier, De arte declamandi et de romanis de 
clamatoribus. Anzeige von Boissier, der lieber eine oder die andre 
frage gründlich, als viele unvollständig behandelt gesehen hatte. — 
Nr. 5: berichte über die fortschritte der wissenschaftlichen studies 
iu Frankreich. Hiernach hat nur die celtische philologie und die 
celtische bumismatik fortschritte gemacht. — Nr. 7: Martha, Le 
poéme.de Lucréce, angezeigt von Ch. Thurot, der darauf aufmerk- 
sam macht, dass der verf. das gedicht nur vom stamdpunkt de 
moral aus bespricht, — Nr. 8: Delbrück, ablativ, localis, instru- 
mentalis. Anzeige von Ch. Thurot. — Nr. 9: Girard, Le sen- 
timent religieux en Gréce d'Homére à Eschyle; empfohlen von Ck 
Thurot, — Nr. 10: Ueberweg, system der logik und E seus 
der logischen lehren; empfohlen durch Ch. Thurot, — 

Note sur l'enplacemeat de la villnla d'Ausone, ‚Bordeaux "1880. — 
Nr. 11: Ellis, Catulli liber; mit einigen einwendungen gelobt von 

Ch. M. — Nr, 12: Teify, Corpus juris attici, graece et latine, 
ziemlich streng beurtheilt von Caillemer. [S. Phil. Anz.l, p.113]. — Ebd, 
Grammatica celtica ed. 2a; äusserst anerkennende beurtheileng ven 
Jubainville, der zuletzt ausruft: Pourquoi M. Ebel n'est-il pes 
français? — Latendorf, Sebastiani Franci de Pythagora ejusque 
symbolis disputatio. — Nr. 13: Riese, Anthologia latina, om 
pfohlen von Boissier. —  Reumont, geschichte der stadt Rem. 
Bd. 2. Anzeige von Reuss, — Nr. 14: Bewlé, Histoire de Part 
grec avant Périclés. Viele irrthümer aufdeckende recension voa 
William Cart, — Nr. 15: Seemann, die gôtter und heroen Grie- 
chenlands: empfehlende anzeige von de la Berge. — Roget, bares 
de. Bolloguet, Ethnogénie gauloise; lobende beurtheilung von Gaides, 
der dem verf. nur vorwirft, alle fabeln über den druidismus zu 
glanben. — Nr. 16: Bailly (und Egger), Manuel pour. l'étude 
des racines grecques et latines; sehr anerkennende beurtheilug 
von Meunier, zu dessen eingehenden bemerkungen Thurot einige 
ausstellungen hinzufügt, und G. P(errot) einen strengen tadel, das 
der verf. nicht für die beigefügten ableitungen der franziisisches 
vocabeln eben so Diez benutzt habe, wie er doch für die griechi- 
schen. und lateinischen etymoldgien Curtius und Leo Meyer s 
zathe gezogen hat. — Hirzel, De bonis im fine Philebi enumeratis, 


Miscellen. 888 


heilt von r9, welcher findet, dass der verf. die platonische | 
sophie gründlich kennt, aber der klarheit der darstellung: er- 


pelt. — Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum, vol. If, — 


- Cypriani opera ex recensione Hartelii, empfoblen von Nicolas. — 
17: Bursian, Iuli Exuperanti opusculum, mit einigen. verbense- | 
svorschiigen beurtheilt von J. Kl. [S. Phil. Anz. I, p. 265]. — 
mpérier: Recherches sur les insignés de la questure et sur 
MÉcipients monétaires; anzeige von de la Berge. — Nr. 18: 
mann, untersuchungen über die homerische frage, : billigende 
ige von H. Weil. — Nr. 19: Morel, über das von ihm rev. 

. 1868 herausgegebene lateinische gedicht des IV. jahrhunderts 
m die heiden und die erlüutefungen desselben von Rossi (Bull — 
reli. crist. juli, aug., sept. 1868) und Ellis (Journal of Philo- . 

s 1868, lief. 2, p. 66 fig.), se wie die von Riese in der An- 
gia gemachten emendationen, — Nr. 20: Burnouf, Histoire 
» littérature grecque, eingehende kritik von H. Weil, der dem 

 vorwirft, zu viel einfluss den Indem, zu wenig den Phöni- 
È zuzuschreiben, manche etymologien für verfehlt erklärt und 
thiedene irrthümer anzeigt. „Das werk kann mit nutzen von 
migen befragt werden, welche die geschichte der griechischen 
Kur kennen; diejenigen, welche sie daraus lernen wollten — 
len sich vielen irrthümern aussetzen , wenn sie ‘nicht die be- 
tungen des verfassers controlirten *, — Nr. 24: Gerhard, — 
mmelte akademische abhandlungen s. s. w. 2te abtheiluug, u 
he G. Perrot, wie die erste lobt, jedech die neue manier, in 
her die abbildungen hergestellt sind, missbilligend. — Nr. 22: 
en, über den sprachgebrauch des Aristoteles, beobachtungen 
die prüpositionen; anerkennende beurtheilung von Ch, Thurot, 
jedoch tedelt, dass der verf. die aus dem lateinischen über- 
e schrift de plantis mit iu seine arbeit gezogen hat. — O. Jahn, 
ler alterthumswissenschaft, populäre aufsätze; sehr anerkennende 
ge von William Cart. [S. Phil. Anz.il, 1, p. 10].— Sanio, Varroniana 
m schriften der römischen juristen, und Chappuis, Fragments des _— 
ages de M. Terentius Varron intitulés Logistorici, Hebdomades - 
fe imaginibus, de forma philosophine; anzeige von Ch. M, der 
rders das zweite werk, als eine genaue und methodische | 
ensammlung lobt. — Nr. 23: Ribbeck, formenlehre des atti- - 
1 dialects, angezeigt, mit verschiedenen ausstellungen, von r9. — 
helii opuscula philologica, vol. Hi, ad Plautum et ad gramma- 
: latinam pertinentia ; Ritschl, neue plautinische excnrse. 1. heft: 
utendes D im alten ‚latein; Spenge, T. Macci Plauti Trucu- | 
s; drei anzeigen von Ch. M., der selbst zuhórer Ritschl's ge- 
u ist, und der, trotz aller anerkennung seiner verdienste um 
his, nicht umhin kann, die hegbheit seiner äusserungen über — 
pigen, welche, ohne zu seiner schule zu gehören, sich mit dem. 
rischen komiker Berchifiigoo, rügen, und welcher die vere 


884 Miscellen. 


dienste der Spengelschen arbeit anerkemnt. — Nr. 24: 
Etudes de” mythelogie celtique; anzeige von @. P(errot). — 
Schmidtii, De omissa apud optati-um +t coriunciivum &» perficula 
commentatio; anzeige v. Ch. Thurot, der viele willkürlichkeiten in 
den annahmen des verf. findet und dem derselbe in dem bestreben 
alle verschiedenheiten der erscheinungen erklären zu wollem zu 
weit geht. {S. PhiL Anz I, 1, p. 2] — Ne. 25: Telfy, 
vertheidigung seines corpus iuris Attici gegen die kritik Cail- 
lemer’s (s. o. nr. 12) und antwort Coillemer's. — Nr. 26: 
Foerster, Quaestiones de attractione enuntiationum relativarum 
qualis quum in aliis tum in graeca lingua potissimumque apud 
graecos poetas fuerit; günstige heurtheilung von Ch. Thurot, 
der jedoch die allgemeine theorie der attraction, welche der 
verf. giebt, für schwach erklärt. f8. Philol. Anz. I, nr. 1, 
p. 5]. — Clavel, De M. Tullio Cicerone graecorum interprete, 
anzeige eines ungenannten beriehterstatters, der dem verf. vor- 
wirft, die nenen ausgaben Cicero's, nicht einmal Madvig's ausgabe 
de Fisibas eingesehen zu haben. — Nigra, Glossee Hibernicae 
veteres codicis Taurinensis ; anzeige von Gaidoz, demzufolge durch 
Nigra einzelne falsche lesarten, welche Ebel in der Grammatica 
celtica von Stokes entlehnt hatte, verbessert werden und nach dem 
auch bei Cüsar, entgegen def annahme von Zeuss, mit Mona nicht 
Man, sondern Anglescy gemeint ist, — Nr. 27: QCorfius, studies 
zur griechischen und lateinischen grammatik. 2. heft. 
beurtheilung von Ch. Thurot. — Nr. 28: Bernays, die herakliti- 
schen briefe. Lobende anzeige vou Ch. Thurot, ‘der einige text 
verbesserungen vorschlügt. — Ebert, Tertullian’s verbáltnias sm: 
Minucius Felix nebst einem anhange über Commodian's carmen 
apologeticum ; aserkennende beurtheilung von Boissier. — Nr. 29: 
Cortsen, über aussprache u. s. w. der lateinischen sprache. 2te 
ausgabe, ister bd. Sehr anerkennende anzeige von Bréel welcher 
einige einwendungen macht, betreffend Corssen’s bebandlung de 
sanskrits und der primitiven wurzeln, so wie seine nicht immer 
übereinstimmenden hinweisungen auf seine früheren schriften. [8 
Phil. Anz. II, 10, p 489]. —  Benndorf, griechische und sicilische 
vasenbilder; anerkennende besprechung ‘von’ William Cart. — 
Volckmann, leben schriften uud philosophie des Plutareh vou Chae- 
ronea; empfehlende beurtheilung und inhaltsaugabe von 79. — 


Druckfebler. 


P. 368 z. 5. 2. 1 v. u. ist « statt w zu lesen. Auf p. $69 
steht w richtig. ^ 


+ 4 





I. ABHANDLUNGEN. 


X. 
Die webstühle der alten 1). 


è. 1. Das weben ist eine so uralte kunst, dass aus den 
zeiten ihrer erfindung und allerültesten anwendung bei den cultur- 
vôlkern directe überlieferungen matürlich nicht vorhanden sind und 
nur aus den einfachsten einrichtungen, wie sie noch in späteren 
zeiten und zum theil bis in die neueste zeit hier und da sich vor- 
finden, ein rückschluss auf die ersten zustände der allmühlich mehr 
ausgebildeten kunst gemacht werden kann. In dem technischen 
wôrterbuche von Karmarsch und Heeren aufl. 1, b. III, p. 586 
(in aufl. 2 weggelassen) ist nuu der noch jetzt in Ostindien ge- 
bräuchliche höchst einfache webstuhl, dessen einrichtung durch eine 
beigegebene abbildung veranschaulicht wird, als das prototyp des 
neueren immer künstlicher gewordenen webstuhles dargestellt (,,die 
einfachste und zuverlässig älteste bauart des webstuhls*). Jedoch 


1) Dieser aufsatz sollte eigentlich als einleitung zu einer ab- 
handlung über die auf das weben bezüglichen ausdrücke der alten 
sprachen dienen. Da mir aber dieselbe im laufe der ausarbeitung 
zu sehr angeschwollen ist, als dass ich auf ihre vollendung und ver- 
öffentlichung rechnen könnte, habe ich, als mein freund v. Leutsch 
mich um einen neuen beitrag zu seinem Philologus drängte, mich 
entschlossen diese arbeit in selbständiger gestalt mitzutheilen. Na- 
türlieh werden einige spuren der ursprünglichen bestimmung zu er- 
kennen sein. Namentlich ist über die einzelnen einrichtungen und 

the der webstühle, weil diese spáter besprochen werden sollten, 
der nur in so weit gehandelt, als es zur unterscheidung der im klas- 
si@hen alterthume gebrauchten webstühle beiträgt. 


Philologus. XXXV. bd. 3. 25 


"e o 


386 Die webstühle der alten. 


findet sich selbst bei diesem schon eine einrichtung, die nicht als 
eine ursprüngliche betrachtet werden kann, nämlich eine vorrich- 
tung, um durch treten mit den füssen die schüfte zu regieren 
durch welche die theilung und kreuzung der aufzugsfäden vermit- 
telt wird. Ein richtigeres bild des ältesten webstuhles gibt daher 
die darstellung der bei den arabischen Beduinen üblichen art des 
webens in Burckhardt’s vortrefflichen bemerkungen über 
die Beduinen und Wahaby p. 54 (Dtsch. ausg. 1831); denn 
hier stimmt die einrichtung ganz mit jener indischen, nur dass jene 
vorrichtung zum treten fehlt. Die schilderung lautet folgender- 
massen : 

„Die arabischen frauensleute bedienen sich eines sehr einfachen 
webstuhles; er heisst nutu und besteht aus zwei kurzen stäben, 
die iu gewissem abstande je nach der gewünschten breite des zu 
webenden stückes in die erde gesteckt werden. Ein dritter stab 
wird quer über dieselben gelegt. Etwa vier englische ellen von 
diesen stäben entfernt werden drei stäbe auf dieselbe weise ange- 
bracht und über die beiden horizontal liegenden querstühe der auf- 
zug (sáduh) Um den obern und untern theil des aufzuges in 
gehöriger entfernung von einander zu halten, wird ein flacher stab 
(mensebhh) zwischen dieselben gelegt. Ein stück holz dient als 
weberschiff, und ein kurzes gazellenhorn wird angewendet, um den 
faden des weberschiffes anzuschlagen. Der weberstuhl steht vor 
dem meharrem oder vor der weiblichen abtheilung des zeltes und 
wird von der mutter und ihren tóchtern beschickt“. 

Diese beschreibung ist besonders auch dadurch sehr belehrend, 
dass sie die sämmtlichen nothwendigen acte des webens in der 
allereinfachsten gestalt vorführt und den wesentlichen begriff des- 
selben klarer erkennen lässt. Es ist nämlich das weben offenbar 
nur eine modification des flechtens, und es fragt sich, durch welche 
besondere eigenthümlichkeit dasselbe sich aus dem allgemeinen be 
griffe des flechtens aussondere. Bei Plato Polit, 283 B. wird auf 
grund sorgfältiger erörterungen der begriff der webekunst (vgar- 
1x7) schliesslich als zAexrex? xgoxyg xai ornwovog festgestellt und 
somit das weben ausdrücklich als eine besondere art des flechtess 
anerkannt, das sich von den anderen arten wesentlich dadurch us 
terscheide, dass hier fäden von zwei verschiedenen arten mit ei 
ander verflochten werden, nämlich die festeren aufzugsfäden und 


Die webstühle der alten. 387 


die weicheren einschlagsfäden, deren entgegengesetzte eigenschaften 
dicht vorher beschrieben sind. Dieser unterschied der aufzugs- und 
einschlagsfüden ist allerdings bei der weberei auch in unserer zeit 
noch von grosser wichtigkeit, vgl. Karmarsch Mechan. technologie 
bd. II, p. 858. 1095. 1271. 1329 (aufl. 3), aber doch keines- 
weges bei allem weben eine unerlüssliche bedingung und nament- 
lich für die leineweberei nicht zutreffend. Plato hat auch in wahr- 
heit nur das wollweben im auge, das bei den Griechen aufs ent. 
schiedenste vorwog, indem er die $gavrix; als einen zweig der 
taductoveysxy, der wollfabrication, darstellt, und bei dem weben 
der wolle spielt allerdings jener gegensatz der fäden eine beson- 
ders wichtige rolle. Auch bei späteren schriftstellern, wo der be- 
griff des webens in ühnlicher weise gefasst ist, tritt die specielle bezie- 
bung auf das wollweben deutlich hervor, wie Vitruv. Arch. X, 1, 5 
quemadmodum telorum organicis administrationibus conexus staminis 
ad subtemen non modo corpora tegendo tueatur, sed etiam ornatus 
adiciat honestatem. Denn offenbar ist hier zunächst wollene klei- 
dung gemeint. Aber die von Vitruv betonten telarum organicae 
administrationes enthalten auch schon einen anklang an die defi- 
nition einer neueren auctoritit. Karmarsch Mechan. technol. b. II, 
p. 838 hat nämlich den unterschied zwischen flechten und 
weben folgendermassen bestimmt: „unter dem namen gewebe 
im weiteren sinne versteht man jede durch regelmässige verschlin- 
gung von fäden oder fadenartigen körpern entstandene mittelst 
einer mechanischen vorrichtung hervorgebrachte fläche —— —. Diese 
erklürung schliesst die geflechte, flechtarbeiten aus, 
welche entweder ganz mit freier hand oder bloss mit hülfe sehr 
einfacher werkzeuge verfertigt werden“. Aber da auch die werk- 
zeuge des webens sehr einfach sein können, bleibt die grenzlinie 
zwischen dem flechten und weben auch bei dieser definition noch 
unbestimmt. Betrachtet man nun die einrichtungen jenes beduini- 
schen webstuhls, der von Burckhardt ohne zweifel doch mit recht 
für einen solchen, nicht für eine vorkehrung zum flechten, genom- 
men ist, so findet sich darunter, wenn ich nicht irre, nur eine 
einzige, die mit dem begriffe des flechtens unvereinbar ist und so- 
mit das charakteristische merkmal des webens bildet. Es ist dies 
die vorkehrung, durch welche die aufzugsfáden, wenn auch noch 
in böchst primitiver weise, in zwei abtheilungen gesondert werden. 
| 25* 


Ld 


388 Die webstüble der alten. 


Dadurch wird es nämlich möglich die verschlingung der einschlags- 
fiden mit den aufzugsfiden in dem nothwendigen wechsel der ge- 
genseitigen lage mit rascherer arbeit zu bewerkstelligen, ferner 
mit feineren materialien zu arbeiten und sie dichter mit einander 
zu verbinden, als beim blossen flechten leicht ausführbar sein 
würde. Kurz wer zuerst eine vorkehrung für jene theilung des 
aufzuges anbrachte, der hat nach meinem bedünken die webekunst 
erfunden. Aber allerdings ist die grenzlinie zwischen flechten 
und weben unverkennbar von der art, dass der sprachgebrauch 
sie nach der einen oder der andern seite hin leicht übersprin- 
gen kann. 

Das ganze geschäft des webens beginnt nun da, wo das die 
fáden liefernde spinnen aufhürt, und zerfállt seinerseits nach den 
darstellungen bei Karmarsch Mech. technol. Il, 868 ff., Techn. wb. 
i], 495 ff. und in der Krünitz'schen Encyclopädie b. 235, p. 188 ff. 
in zwei hauptacte. Der erste trügt mehr einen vorbereitenden und 
einleitenden charakter, indem er seinerseits für die zweckgemüsse 
herstellung der kette (des aufzuges) sorgt, anderseits auch den 
einschlag behuf der durchführung durch die kette in bequeme be- 
reitschaft setzt. Der zweite act begreift das weben im engeren 
sinne und umfasst auch bei der einfachsten weberei zwei sich ver- 
schränkende thütigkeiten, nämlich die verflechtung des einschlages 
mit dem  aufzuge und das dichtere zusammentreiben des eia- 
schlages. 

Q. 2. Das bisher bemerkte gilt in gleicher weise für die 
beiden hauptarten des einfacheren webstuhles, für den aufrecht 
stehenden und für den wagerecht liegenden, von denea 
jener die kette in senkrechter richtung hat, dieser in horizontaler. 
Jener beduinische webstubl und der hindostanische gehüren gleich 
dem gewöhnlichen europäischen webstuhle der neueren zeit zu der 
zweiten art. Aber bei den älteren Griechen und Römern wie auch 
bei den alten Germanen ist unbezweifelt der aufrechte webstubl in 
gebrauch gewesen, und es ist nur fraglich, wann bei diesen vél- 
-kern auch der wagerechte webstuhl bekannt, und wann er vor 
herrschend geworden sei. Unter denjenigen gelehrten, welche über 
die weberei der alten geschrieben haben *), hat Schneider p. 3798 


2) Den grund zu einer richtigeren kenntniss dieses gegenstande 


Die webstühle der alten. 389 


zugestanden, dass sich für den gebrauch des wagerechten web- 
stuhles im klassischen alterthume durchaus kein ausdrückliches 
zeugniss finde, aber doch aus einigen angaben schliessen zu müs- 
sen geglaubt, dass derselbe schon ziemlich früh in gebrauch ge- 
kommen sei und dann den aufrechten webstubl fast ganz verdrängt 
habe; auch noch in seinem griechischen lexikon (aufl. III. 1819) 
erklärt er „späterhin (d. h. nach Homer) kannten und gebrauchten 
die Griechen auch den horizontalen webstuhl“, und seine auffassung 
ist seitdem vorherrschend geblieben. Nur Rich unter Tela hat 
gegen Schneider den gebrauch des wagerechten webstuhles in der 
besseren zeit des alterthums geläugnet, aber doch in einigen er- 
wähnungen seit dem zweiten jahrhundert n. Chr. denselben erkannt. 
Dass aber.auch diese nicht den wagerechten webstuhl betreffen (s. 
anm. 4), wohl aber Rich in seinem widerspruche gegen Schneider 
vollkommen recht hat, wird sich im folgenden klar herausstellen 
und dadurch glaublich werden, dass der liegende webstuhl erst im 
mittelalter nach dem abendlande gekommen sei, höchstwahrschein- 
lich durch die Araber, die den von Burckhardt bei ihnen gefun- 
denen héchst primitiven webstuhl schon zu den ältesten zeiten in 
gebrauch gehabt haben werden, anderseits aber auch die verbes- 
serte indische einrichtung desselben, welcher der seit dem mittel- 
alter in Europa vorherrschende webstuhl entspricht, leicht eben so 
gut nach dem abendlande überführen konnten wie z. b. die indi- 
schen zahlzeichen. Eine merkwürdige spur der einführung des 


bat Salmasius gelegt ad Scriptt. Hist. Aug. p. 177 fi. Dann hat 
auch Braun nützliches geleistet in seinem werke de Vestitu sacer- 
dotum Hebraeorum, das ich in der ausgabe von 1701 benutzt habe 
(die erste anscheinend 1670). Die hauptarbeit ist noch bis jetzt der 
artikel von J. G. Schneider im Inder Scriptorum Rei Rusticae 
(1797) p. 359—393. Mongez in den Recherches sur les habillemens 
des Anciens Mém. de l'Instit. 1818. * T. IV, p. 241 ff. hat nur ziemlich 
oberflüchliches geliefert. Das ausführliche werk von Yates Textri- 
num Antiquorum (1843) ist leider, so viel ich finden kann, nicht über 
den ersten band hinaus gediehen, welcher nur die rohstoffe bespricht. 
Den aufsatz von Weigert „Ueber die weberei der alten“ in den 
„Verhandlungen der polytechnischen gesellschaft in Berlin. 1866. IH 
babe ich trotz eifrigen suchens weder hier noch in Góttingen auf- 
treiben können. Manches recht nützliche findet sich in dem Illu- 
strirten wörterbuche der römischen alterthümer von Rich (Deutsch 
von K. Müller 1862), wogegen die Pauly’sche Real-Encyclopädie und 
die deutschen werke über griechische und römische privatalterthümer 
hinsichtlich der weberei auffallend dürftig und mangelhaft sind. 


390 Die webstühle der altem, 


wagerechten webstuhles ins abendland durch die Araber wird auch 
noch in 2. 12 nachgewiesen werden. 

%. 3. Bei dem aufrechten webstuhle entstand aber wieder, 
wie schon Salmasius p. 401 richtig dargelegt hat, dadurch ein 
wichtiger unterschied, dass entweder aufwürts gewebt wurde 
oder abwärts, d. h. dass durch den einschlag das gewebe ent- 
weder zunüchst am oberen ende des aufzuges gebildet wurde und 
so immer weiter nach oben zu sich mehrte, oder umgekehrt. Die- 
ser gegensatz ist schon von Herodot ll, c. 35 hervorgehoben, 
wenn er berichtet: vpalrovos dì où pèr Ados Uvw tiv xoxo 
dI torres, Alyunrıos dé xatw, und auch noch in sehr später zeit 
von 'Theophylactus, erzbischof von Bulgarien um 1070 (Fabric. 
Bibl. Gr. Vll; 586), in seinem commentare zum Evangelium Johaonis 
c. XVIII, p. 825 in ganz ühnlicher weise, nur ausführlicher, be- 
schrieben: «4205 dé guow, du àv [IaAavot(vg vpatvoves toùs lom; 
oby Ws mag fuîr, Ovrwv vt) uiv tw uírwv xol TOU Cor, 
xárt) dè bpawoptrov tov narlov xai ovrwg GvuBalrorros, adda 
10bvavilov xatw uf» slow of pros, avw dè vpalveras 10 vpacpa. 
Salmasius hat hieraus schliessen wollen, dass Theophylactus ein 
Aegypter gewesen sei, wogegen jedoch Mongez p. 243 mit recht 
geltend gemacht bat, dass zu seiner zeit das abwürts-weben schon 
längst weit über die grenzen von Aegypten hinaus herrschend ge- 
worden war, was auch dann zutrifft, wenn man jene angabe auf 
ihre ältere quelle, wahrscheinlich Chrysostomus, zurückführt. Das 
aufwärts-weben ist aber den Galiläern auch von Isidorus Pelusiota 
Ep. I, 74, p. 24 B. zugeschrieben: xai ovs uadsora 10 toLovtoy 
quAet y(vec9a, imauov zéyvg zwi, we ui ocmmdodecpides, üra- 
xgovoróv tpasvousvory, wo der ausdruck «&voxgovew von Salmasius 
mit recht dem &vw dev zi» xgoxnv bei Herodot gleichgestellt ist?) 

Dass das aufwärts- weben auch bei den alten Römern sitte 
gewesen, aber spáter veraltet war, ergibt sich daraus, dass auf 

8) Die beiden letzten zeugnisse beziehen sich auf die beschrei- 
bung des rockes Christi Ev. Joh. 19, 23 „nv dè 6 yitwy adbagos, à 
zuv &vo9syv Üparrôs dé 0lov*, wo man den ausdruck éx su» drude 
ùpartòs auf jene sitte des webens bezog, was Braun Vest. sac. Hebr. 
p. 267 weiter ausgeführt hat. Die neueren interpreten, s. b. Meyer, 
haben sich auf diese auffassung nicht weiter eingelassen, indem sie 
za Gvwdey richtig von dem oberen stücke des chiton deuten. Wenn 


aber beim weben mit diesem der anfang gemacht war, scheint es 
allerdings auf das aufwürts-weben hinauszukommen. 


Die webstühle der alten. 891 


jene weise gewebte kleider wenigstens noch für die knaben beim — 
ablegen der prütexta und für die bräute am tage vor der hochzeit 
als eine altheilige eigenthümlichkeit in brauch blieben, nämlich 
rectae vestes (togae, tunicae), s. Plin. N. H. VIII, 48, 74, Fest. 
p. 177. 186, welche nach Fest. p. 177 a stantibus et in altitu- 
dinem, nach p. 186 susum versum a stantibus gewebt waren, vgl. 
Isid. Origg. XIX, 22, 18 recta dicitur vestis, quam sursum ver- 
sum stantesque lexunt. 

Die letzten definitionen lassen einen zweiten unterschied der 
beiden arten des aufrechten webstuhles erkennen, nämlich dass der 
aufwürts webende weber am webstuhle stand, der abwärts we- 
bende dagegen sass. Schon Salmasius hat für diese unterschei- 
dung auch das zeugniss des Ephoros benutzt EtM. 367, 49: ai 
na yuvalues ÉgrgGe, Upasvor xai Éminogevoueras tov Îotov. 
Rowtny dì yuvaixa Alyvnılav tovvopa “Yiov xudelopévyy vpäval 
paosr, ay cg xab Aiyunnos tig “A0nvas üyuluu idouoario, we 
gnow “Epogos iv 17 Eveding. Denn danach stammt das weben 
im sitzen von den Aegyptiern, die nach Herodot abwärts webten. 
Jedoch wird sich in g. 10 der beweis finden, dass in Aegypten 
auch das aufwürts- weben im sitzen geübt wurde, so dass beide 
unterschiede nicht durchaus zusammenfallen. Aber bei den Grie- 
chen und Rómern scheint dies allerdings der fall gewesen zu sein, 
da auch die folgenden traumdeutungen bei Artemidor (sec. II p. Chr.) 
Oneirocr. HI, c. 36 dafür sprechen: io:og 0ogJuog x(vgow xoi 
&nodgu(a» Onnalve. Yon yag nepınareiv tiv vpalvovoar. 6 dè 
Eregos íoróg xatoyÿç tori Oguavnxog, ened xadebopera Üqot- 
voudsy ab yuvaixes tov tosoviov torov. Denn der foros 0g910oç 
ist ohne zweifel ein solcher, an dem vestes rectae a stantibus 
(0994 $9g von 0OgJaig, s. $. 4. 6) gewebt wurden, und der 
Exegog fords ist somit für einen webstuhl nach ügyptischer art zu 
nehmen, der sonst jenem entgegengesetzt wird. Aus der bemer- 
kung von Servius zu Verg. A. VII, 14 apud maiores stantes texe- 
bant, ut hodie linteones videmus, sieht man, dass noch zu seiner 
zeit (gegen 400 n. Chr.) die leinweber die alterthümliche art des 
webens beibehalten hatten, während das weben im sitzen damals 
die gewöhnliche sitte war *). 


4) Diese stellen aus Artemidor und Servius hat Rich unter Tela 


392 Die webstühle der- alten. 


Q. 4. Weitere wichtige belehrungen über die verschieden- 
heiten beim stehenden webstuhle bringt Seneca Ep. 90, 20: Posi- 
donius . . . . dum vult describere . . . . quemadmodum tela sus- 
pensis ponderibus rectum stamen extendat , quemadmodum subtemen 
insertum, quod duritiam utrimque. comprimentis tramae remolliat, 
spatha coire cogatur et iungi, textrini quoque artem a sapientibus 
dixit inventam, oblitus posten inventum hoc subtilius genus, 
in quo 

tela iugo iuncta est, stamen secernit arundo, 

inseritur medium radiis subtemen acutis, 

quod lato paviunt insecti pectine dentes. 
Die verse sind aus der ovidischen scbilderung des wettstreites der 
Arachne mit Minerva entlehnt, Met. VI, 55 — 58, jedoch ausser 
einigen geringeren varianten mit einer erheblichen sogar um einen 
vers kürzenden änderung, worüber später zu sprechen ist (2. 7). 
Wie Seneca die stelle gegeben hat, soll sie offenbar eine darstel- 
lung der jüngeren art des webens enthalten im gegensatze zu der 
von Posidonius geschilderten ülteren. Hiermit sind gleich zusam- 
menzuhalten Poll. VII, 36 ayvidec dé xoi Actas ob Ado oi 
2önornufvos rdv crquovuv xarà tv apyaluy $guynuxjv. cna! 
09tv xal Onaday x.v.4. — Galen. de Sem. I, 15, vol. IV, p. 564: 
al Asia, xalovusvar xarà tors doFtovg iorovc. — Hesych. s 
OnaTuatdv: td 0g9óv Üpos, OnuOg xexgovpéror, oU xtevl. Als 
eine besondere eigenthümlichkeit der älteren art des webens oder 
des 6o%10ç Loróg ergibt sich hiernach, dass der aufzug durch unten 
angehängte steine (Asia, ayrodec, pondera) gespannt war. Auf 
diese einrichtung hat Salmasius mit recht auch den von Ovid. Her. 
I, 10 vom webstuhle der Penelope gebrauchten ausdruck pendula 
tela bezogen, wie auch die auf das weben der Philomele bezüg- 
liche beschreibung Met. VI, 576 stamina barbarica suspendit cal- 


als beweise für den spüteren gebrauch des liegenden webstuhles gel- 
tend gemacht. Auch Schneider p. 380a scheint die letztere in glei- 
cher weise zu verstehen, wührend er p. 379a für zweifelhaft erklärt, 
ob unter Ártemidors £zegos iors eine zweite art der tela erccía zu 
verstehen sei oder eine fela plana. Offenbar aber sieht man aus der 
notiz bei Servius nur, dass zu seiner zeit meistens im sitzen gewebt 
wurde, und Artemidor's &regos iords ist gleichfalls nur durch diese art 
des webens bestimmt. Dass aber das sitzen sich mit der einen (ägyp- 
tischen) art des aufrechten webstuhles sehr gut verträgt, wird in 
8. 10. 12 klar werden. 


Die webstühle der alten. | 393 


lida tela. Es finden sich auch diese webesteine, wie ich sie am 
liebsten nenne, mit dem aufwärtsweben verbunden in der erst kürz- 
lich bekannt gewordenen darstellung des webstuhles der Penelope 
auf einem vasengemälde (s. 4. 8) und auch bei dem altnordischen 
webstuhle (2. 9) zusammen mit dem weben nach aufwürts und im 
stehen. Auch den bewohnern der schweizerischen pfahlbauten ist 
wegen der in diesen gefundenen webesteine eine gleiche einrich- 
tung des webstuhles vindicirt, s. nr. 6. Am ägyptischen aufrechten 
webstuhle ist dagegen der aufzug nach unten in einen garnbaum 
gespannt (2. 10), wie auch anachronistisch bei dem webstuhle der 
Circe auf dem vaticanischen bilde zum Virgil (2. 11), hier wie 
zum theil bei dem ägyptischen webstuhle mit abwárts- weben ver- 
bunden, und ebenso wird es Seneca bei seinem subtilius genus an- 
genommen haben. 

Ein weiterer unterschied der beiden arten des aufrechten web- 
stuhles zeigt sich darin, dass bei der älteren das gewebe mittelst 
der 0749 9 gedichtet wurde, bei der jüngeren dagegen mit dem 
kamme (xzeíc, pecten). Dies ergibt sich nicht allein aus Seneca 
und der angeführten stelle von Hesychius, wo das d090v $goc, den 
reclae vestes entsprechend, deutlich ein am 0gJwog tordg gefertigtes 
ist, sondern auch aus Pollux, da hier die angaben über die webe- 
steine und die 07497 ein anhingsel zu den vorhergehenden auch 
den xzeig umfassenden notizen bilden, welche offenbar die jüngere 
art des webens betreffen (so auch in der kürzeren erwähnung X, 
125: xai Adag tac xoi ayvvdac, xoi onáJag x.1.À., wo wie 
in der ersten stelle noch mehr auf die onudn bezügliches folgt), 
und da somit die oz437; nicht weniger als die Asias, von denen 
dies ausdrücklich bezeugt ist, zur cdoyalu tpavtexy gerechnet sein 
muss. In 2. 9 wird sich zeigen, dass hinsichtlich der 07437 der 
altgriechische webstuhl ganz mit dem altnordischen stimmt, in 2. 10, 
dass der kamm der jüngeren art des webens auch von den Ae- 
gyptiern angewandt wurde, woraus dann zugleich, wie auch aus 
Q. 12, klar wird, dass Schneider und Mongez sehr mit unrecht 
denselben für ein besonderes merkmal des wagerechten webstuhles 
gehalten haben. 

2. 5. Unricbtig haben Salmasius und Schneider p. 379b 
auf grund der stelle des Seneca auch das jugum dem älteren 
webstuhle abgesprochen und deshalb die von Cato R. R. c. 10, 5 


394 Die webstühle der alten. 


und c. 14, 2 unter lündlichem hausrathe erwühnte tela iogalis für 
einen webstubl jüngerer art erklürt, wobei Schneider sogar zwi- 
schen dem liegenden webstuhle und der jüngeren art des aufrechten 
die wahl lässt. Aber gerade das unbezweifelte grundschema des 
ältesten gräco-italischen webstuhles aus zwei aufrecht stehenden 
pfosten, die oben durch ein querholz verbunden sind, wie es sich 
am deutlichsten bei dem altnordischen webstuhle finden wird (2.9), 
gibt das natürlichste bild eines jugum, namentlich des militürischen, 
das durch zwei hastae mit einer darübergelegten gebildet wurde 
(Liv. HI, c. 38 fin., Fest. p. 104) und von Ausonius de litteris 
monosyllabis vs. 15 mit einem griechischen Il verglichen wird 
Hostilis quae forma iugi est, hanc efficiet IJ. Cato’s tela iogalis 
wird daher gerade ein webstuhl der ülteren art sein, wie er zu 
seiner zeit ohne zweifel besonders auf dem lande noch üblich war. 
In der Ovidischen von Seneca ausgeschriebenen stelle ist aber das 
jugum nicht für das ganze gestell des webstuhls zu nehmen, son- 
dern nur für das horizontale queerholz, wie jugum an der wage 
den queerbalken, an weinstócken eine queerlatte bezeichnet, insbe- 
sondere aber dem ÉZuyov der lyra zu vergleichen, an welchem die 
saiten befestigt sind, gleich den aufzugsfäden w/ro, genannt, wie 
denn auch in andern ausdrücken (z. b. xg&xeıv) die lyra mit dem 
webstuhle analogisirt ist. In diesem sinne konnte aber das jugum 
auch dem jüngeren webstulle zukommen, dessen gesammtgestalt 
von einem jugum (militare) weiter abging, weil sie durch das bin- 
zutreten des unteren garnbaumes vielmehr  rahmenartig wurde. 
Rich unter Tela und lugum hat nun sehr richtig eingesehen, 
dass das jugum dem älteren webstuhle nichts weniger als fremd 
gewesen und die tela iogalis gerade für einen solchen zu nehmen 
sei, aber das charakteristische derselben darin gesucht, dass der 
aufzug an dem jugum (dem ursprünglichen queerholze) befestigt 
war, während die jüngere einrichtung für diesen zweck unter des 
jugum noch einen besonderen garnbaum (insubulum) gehabt habe. 
Mir erscheint dieser unterschied nicht wesentlich genug, um dea 
ausdruck tela iogalis als bezeichnung einer alterthümlichen art des 
webstuhls zu rechtfertigen. Auch hat Rich den webstuhl des vati- 
cauischen bildes (2. 11), an dem doch abwärts gewebt wird, für 
eine tela iogalis erklären müssen, wie denn das jugum gerade auch 
bei Seneca's subtilius genus erscheint. Anderseits würde, während 


Die webstühle der alten. 395 


der altnordische (faróische) webstuhl auch nach der auffassung von 
Rich im vollsten masse eine tela iogalis ist, der isländische, bei 
dem über dem garnbaume noch zwei queerhólzer angebracht sind, 
nicht für einen solchen zu halten sein, obgleich er in allen we- 
sentlichsten eigenschaften mit jenem übereinstimmt, s. ÿ. 9. Dabei 
ist noch zu bemerken, dass der garnbaum des isländischen web- 
stuhles gerade denselben namen führt (von Olaus und Biórn durch 
jugum übersetzt) wie das einzige queerholz (das jugum) des faröi- 
schen, wonach sich überall auch jugum als bezeichnung des garu- 
baumes rechtfertigt, mag dieser nun das einzige obere queerholz 
sein oder noth eines oder mehrere neben sich haben. Kurz die 
obige beziehung des ausdruckes tela iogalis auf die gesammtgestalt 
des ältesten stehenden webstuhles dürfte entschieden den vorzug 
verdienen. 


2. 6. Als die wesentlichen unterschiede der beiden im klassi- 
schen alterthume vorkommenden arten des aufrechten webstuhles 
erscheinen also folgende. a 


Aelterer webstuhl. Jüngerer webstuhl. 
a) Spannung der kette durch we- Spannung der kette mittelst eines 
besteine. unteren garnbaumes. 
b) Stehen des webenden. Sitzen des webenden. 
c) Weben nach aufwärts. Weben nach abwärts. 


d) Dichtschlagen des gewebes mit Dichtschlagen mit dem kamme. 
der onadn. 

Diese vier merkmale stehen auf beiden seiten nicht in einem 
ganz untrennbaren zusammenhange. Jedoch finden sich die des 
älteren webstuhles eben so bei dem altnordischen webstuhle ver- 
einigt, und es scheint, dass die spannung der kette durch webe- 
steine nothwendig das weben nach aufwärts und das stehen des 
webenden bedingt. Auch der intelligente züricher fabrikant Paur 
hat bei dem von ihm construirten hypothetischen webstuhle der 
pfahlbauten-bewohner (Mitth. d. antiquar. gesellsch. in Zürich b. XIV, 
h. 1, p. 22) die webesteine mit dem weben nach aufwürts ver- 
bunden und gewiss auch das stehen des webenden angenommen. 

Für den älteren webstuhl hat sich nun bei Galen und Arte- 
midor die benennung iozòs 00%0s gefunden. Man kann diesen 
ausdruck entweder auf das stehen der webenden beziehen, vgl. 


396 Die webstühle der alten. 


Hesych. s. 50ro» érosyouévnr: vpalvovoay. 099a) yàg opusvoy, 
oder darauf, dass an demselben 0gJjà von, rectae vestes gewebt 
wurden. Woher aber dieser letztere ausdruck ? Nach Salmasius, 
weil der beschreibung bei Seneca zufolge die angehüngten webe- 
steine stamen rectum extendebant. Jedoch auch bei der jüngeren 
art des aufrechten webstuhles war das stamen nicht minder rectum 
(6990v), und es kann daher der ausschliesslich für producte des 
älteren webstuhles dienende ausdruck nicht wohl auf jene weise 
gedeutet werden. Nach Fest. p. 177 sind die rectae vestes benannt, 
weil sie a stantibus et in altitudinem gewebt wurden. Der erste 
theil dieser deutung wird klarer, wenn man die dg%a wey von 
dem weben durch 093a benannt sein lässt. Aber diese erklärung 
erscheint doch wenig glaublich, und es wird die andere von dem 
weben in altitudinem vorzuziehen sein, indem bei der alten art 
des webens der einschlag sich gleichsam  aufrichtete. Dann ist 
aber auch der ausdruck fordg ógJuog ebendahin zu beziehen und 
nicht auf das stehen des webenden. Als lateinische bezeichnung 
des älteren webstuhls hat Salmasius nicht übel Ovid's pendula tea 
benutzt. Nach der obigen darlegung (2. 5) kônnte man ihn auch 
tela jugalis nennen, welchen ausdruck Salmasius unrichtig gerade 
für den neueren aufrechten webstuhl gewählt hat. Diesen, für den 
sich keine alte benennung findet, wird man am besten als den 
ägyptischen webstuhl bezeichnen. Denn sehr richtig bat Sal- 
masius aus den schon beigebrachten zeugnissen entnommen, dass 
das weben nach abwärts und im sitzen sich erst von Aegypten her 
im abendlande eingebürgert habe, und auch der gebrauch eines 
untern garnbaums statt der webesteine und des kammes statt der 
onadn wird sich in ÿ. 10 als ägyptische sitte erweisen. Aller- 
dings wird sich anderseits daselbst auch zeigen, dass trotz des 
herodotischen zeugnisses das weben nach aufwürts den Aegyptiern 
nicht ganz fremd war; im abendlande aber findet sich von dem 
gebrauche dieser modification des ügyptischen webstuhles keine spur. 
Die alte gräco-italische art des aufrechten webstuhles kann maa 
nun, da sie sich zugleich als die altgermanische und auch schon 
bei den europäischen pfahlbauten -bewohnern gebräuchliche heraus 
stellt, als den abendländischen webstuhl bezeichnen, welche 
benennung dann zugleich auf den gegensatz des indisch - arabischen 
wagerechten webstubles hindeutet. Wenn jene art des webeas 


Die webstühle der alten. 397 


auch aus Palästina her bezeugt ist, wäbrend man bei den Juden 
den webstuhl der verwandten Araber erwarten möchte, so lässt 
sich vielleicht vermuthen, dass der gebrauch des abendlündischen 
webstuhles dort von derjenigen bevólkerung herstammte, welche 
durch ihre abstammung, wie namentlich die Philister, mehr dem 
abendlande zugewandt war. 


Es kann aber der abendlündische webstuhl nicht vor Aristo- 
teles bei den Griechen in allgemeineren gebrauch gekommen sein, 
da dieser noch die websteine wie eine regelmässige einrichtung 
des webstuhles erwähnt 5); auch passen alle älteren erwähnungen 
auf den alten abendlündischen webstuhl. Im zweiten jahrhundert 
n. Cbr. ist dann dieser, wie die aus Galen und Artemidor beige- 
brachten stellen erkennen lassen, neben dem ägyptischen webstuhle 
wenigstens noch stark in gebrauch gewesen, während zur zeit des 
Servius gegen 400 n. Chr. der letztere entschieden vorherr- 
schend war. 

@. 7. Es lässt sich nunmehr über die schilderung des webens, 
wie sie Ovid bei dem wettstreite zwischen Arachne und Minerva 
Met. VI, 53 ff. ziemlich ausführlich gegeben hat, richtiger ur- 
theilen, als bisher geschehen ist. Die stelle lautet: 


Haud mora, consistunt diversis partibus ambae 

et gracili geminas intendunt stamine telas. 

tela iugo vincta est; stamen secernit arundo; 
inseritur medium radiis subtemen acutis, 

quod digiti expediunt, atque inter stamina ductum 
percusso feriunt insecti pectine dentes. 


Seneca Ep. 90, 20 hat, wie schon in Q. 4 bemerkt, diese 
stelle von tela iugo an ohne den namen des dichters aufgeführt, 
indem er die beiden letzten verse in den einen ,,quod lato paviunt 
insecti pectine dentes^ zusammenzieht und in derselben ein jüngeres 
subtilius genus der weberei anerkennt in gegensatz gegen die von 
Posidonius gegebene darstellung des alten webens. Dadurch ist 


5) In der schrift de Gener. Anim. sagt er nümlich bei verglei- 
chung der animalischen hoden mit den webesteinen I, c. 4 ,,xaSazt:o 
zag lasàc noocantovaw al Uyaivovonı roig loroic* und V, c. 7 ,,xai yàg 
abtas (ai sous loro)c Spaivovous) 10v crjuova xatateivovoas mpocámrovos 
tag xadovutvas Ansds“. Für desde ist aus Hesych. und EtM. 558, 57 
dsas herzustellen. 


398 Die webstühle der alten. 


veranlasst, dass Salmasius die ovidische schilderung auf den auf- 
rechten ügyptischen webstuhl bezogen hat, Schneider aber p. 379 
sogar auf den wagerechten (tela plana), und ebenso Mongez p. 247 
„Ovide a décrit le métier horizontal des tisserands“. Alle drei 
haben dabei übersehen, dass Ovid durch das ,,consistunt‘ den alten 
abendländischen webstuhl sehr bestimmt charakterisirt. Auch ist 
schwer zu glauben, dass der dichter hier eiue andere art des we- 
bens im sinne gehabt haben sollte als diejeuige, deren erfindung er 
Fast. Ill, 819 der Minerva beilegt : 
Illa etiam stantis radio percurrere telas 
erudit et rarum pectine denset opus 

wo sich das ,,stantis telas“ allerdings mit dem ägyptischen web- 
stuhle vereinigen lässt, aber auf keine weise mit dem liegenden, 
weshalb auch Mongez in dieser stelle eine ungenauigkeit des dich- 
ters anerkennt. Es ist aber in beiden stellen nichts, was nicht 
für den alten abendländischen webstuhl vollkommen passte, bis auf 
den pecten. Schneider und Mongez haben nun behauptet, dass der 
kamm überall dem aufrechten webstuhle, und zwar auch dem ügyp- 
tischen, fremd sei, wobei der letztere besonders deutlich erkennen 
lüsst, dass er sich den kamm gerade nur in der einrichtung der 
weberlade am liegenden webstuhle gedacht habe, s, p. 244: En 
effet le peigne, xrelc, doit être suspendu perpendiculairement au 
dessus d'une chaîne horizontale. Dass aber diese auffassung ganz 
irrig sei, wird sich in 2. 10. 12 genügend ergeben. Aber aller- 
dings lässt sich Ovid von dem vorwurfe eines anacbronismus nicht 
freisprechen. Denn obgleich sich kaum wird behaupten lassen, 
dass der gebrauch des kammes mit den einrichtungen des abend- 
ländischen webstuhles ganz unvereinbar sei, so war er doch der 
älteren gráco-italischen weberei, welche Ovid doch gemeint hat, 
jedenfalls fremd, und der dichter hat hier einen ühnlichen fehler 
gemacht, wie wir bei dem webstuhle des vaticanischen bildes (2. 11) 
finden werden. 

Wie ist es aber zu verstehen, dass Seneca in der ersten 
ovidischen stelle ein neueres subtilius genus der weberei anerkannt 
hat, wenn nur die erwähnung des kammes dazu einige berechti- 
gung gab? Es ist zu beachten, dass Seneca einerseits den anfang 
der stelle weggelassen hat, in welchem das stehen der webenden 
bezeugt ist, anderseits auch dasjenige stück, welches den einschlag 


Die webstühle der alten. | 399 


mit der hand durchführen lässt, was gleichfalls nur der ültesten art 
der weberei angehört haben kann. Danach scheint es deutlich, 
dass Seneca die ovidische stelle, die er ja auch nicht als fremdes 
eigenthum anführt, in freier benutzung dahin umgestaltet hat, dass 
sie gegen ihren ursprünglichen sinn nunmehr auf die jüngere 
ügyptische art des webens passt, wozu ihm immerhin die anachro- 
nistische nennung des kammes und die nichterwähnung der webe- 
steine die veranlassung gegeben haben mag. 

2. 8. Eine bildliche darstellung des alten griechischen web- 
stuhles ist erst kürzlich durch die Clusinische vase bekannt ge- 
worden, deren beide die rückkehr des Odysseus darstellende gemälde 
A. Conze in den Annali dell’ Instituto di corrispondenza archeo- 
logica von 1872, p. 187 ff. erläutert hat, während die bilder selbst 
in den Monumenti Tav. XLII. XLIII mitgetheilt sind. Nach dem 
charakter der zeichnung und der form der buchstaben setzt der- 
selbe die anfertigung etwa in die zeit von 400 v. Chr. Das erste 
jener bilder zeigt nun den webstuhl der Penelope, vor welchem 
diese in trauer versenkt sitzt, während Telemach ihr gegenüber- 
steht. Der webstuhl hat als charakteristische merkmale die webe- 
Steine und das weben nach aufwärts, indem oberwärts ein be- 
trüchtliches fertiges stück des gewebes sichtbar ist. Das stehen 
des webenden ist nicht zu erkennen, weil Penelope nicht in der 
arbeit dargestellt ist; ebenso wenig ist das dichtschlagende instru- 
ment zu sehen. Das gestell des webstuhles besteht zunächst aus 
den beiden aufrechten pfosten (ioromodsg) mit einem oberen queer- 
holze, unter welchem sich aber sehr nahe noch ein zweites und 
etwas tiefer ein drittes findet, diese beiden nur an ihren enden 
sichtbar, weil sie übrigens durch das fertige gewebe verdeckt sind. 
Da dieses noch über das zweite queerholz hinaufgeht, so ist es 
klar, dass das oberste als garnbaum diente ©), Die beiden andern 


6) Das oberste queerholz zeigt neun pflócke oder schrauben (pun- 
tell o viti), die in löchern (buchi) stecken; sechs davon sind mit 
scheibenfórmigen griffen (manichi tondi e piatti) versehen. Nach Conze 
sollen sie dazu dienen den fertigen theil des gewebes festzuhalten. 
(affinchè — non ricada a basso, specialmente pel movimento del tessere), 
was mir nicht einleuchtet. Sie haben aber, besonders die mit dem 
griffe, die grösste ühnlichkeit mit den wirbeln der saiteninstrumente 
und werden auch zu einem ähnlichen zwecke dienen, nämlich um 
die kette verlingern zu kónnen, wenn sie durch die verflechtung mit 
dem einschlage verktirzt wird, wofiir am altnordischen webstuhle eine 


400 Die webstühle der alten. 


nimmt Conze für stützen oder lehnen (appoggio) des gewebes, was 
mir nicht ganz klar ist; sie dürften nur zur grósseren festi- 
gung des gestelles dienen, wie solche bei der grossen breite dieses 
webstuhles sehr nóthig scheint, der vollkommen, wie Conze be- 
merkt hat, dem péyag ioróc, Asmıög xai meglwstgoc entspricht, an 
dem nach Od. 8, 94. 7, 139. w, 129 Penelope webte, als uéyaç 
noch öfter bezeichnet. Aehnliche das gestell verstärkende queer- 
hölzer finden sich auch bei dem isländischen webstuhle 2. 9, bei 
dem einen ägyptischen %. 10 und bei dem für die türkischen tep- 
piche 2. 12. Im übrigen soll hier über jenen webstuhl der Pene- 
lope nur noch bemerkt werden, dass trotz der einfachen einrich- 
tung die künstlichen randverzierungen und bilder des fertigen 
gewebes schon einen bedeutenden grad von kunstfertigkeit voraus- 
setzen. 

2.9. In ausgezeichneter weise wird die einrichtung des alten 
gräco-italischen webstuhles durch den genauer bekannten altnor- 
dischen webstubl verdeutlicht, der in allen wesentlichen stücken 
unverkennbar mit jenem übereinstimmt. Die wichtigsten einrich- 
tungen und geräthe desselben sind schon in der alten Nialssaga 
c. CLVIH zu erkennen, nämlich in der grausig-schönen erzühlung, 
wie die Walkyren das siegsgewebe weben, wobei 


mannabofut voru fyrir kliána, en Parmar or monnum fyri 
viptu ok garn, sverd var fyrir skeid, en aur fyrir hrel') 


und dazu ein lied singen, dessen zweite strophe lautet: 


Siá er orpinn vefr yta Paurmum 

ok bardkliadr haufdum manna, 
eru dreyrrekin daurr ut skauptum 
iarnvardr ylli en aurum hrelar 


skulom slá sverdum  sigrvef penna ®). 


andere einrichtung dient, s. anm. 9. Uebrigens werden jene wirbel, 
die auf dem bilde vertical stehen, in wahrheit horizontal zu den- 
ken sein. 

7) Menschenhüupter dienten als webesteine, menschendürme als 
einschlag und aufzug; ein schwert diente als onddy, ein pfeil als 
XEQXIS. 

8) Da mir nur die erste ausgabe von 1772 und die lateinische 
übersetzung (mit anmerkungen) von 1809 zugünglich sind, die man- 
ches dunkel lassen, enthalte ich mich hier der übersetzung und be- 
merke nur, dass in diesen versen wieder menschendürme zum weben 


Die webstühle der alten. 401 


Vollstándiger aber erhellt die einrichtung des altnordischen web- 
stubles aus dem im museum für nordische alterthümer zu Kopen- 
hagen befindlichen alten farüischen webstuhle, der in Antiquarisk 
Tidsskrift 1846 — 1848, p. 212 beschrieben und in. den „Afbild- 
ningar fra det Kongelige Museum for Nordiske Oldsager i Kjóben- 
havn . . . af J. J. A. Worsaae. 1854, p. 123, nr. 422, dann in 
desselben „Nordiske Oldsager i det Kongelige Museum à Kjöbenhavn. 
1859“ tab. 159 abgebildet ist. In jener beschreibung ist derselbe 
als „en aeldgammel færôisk Vav bezeichnet und von Worsaae 
unter die alterthümer aus dem früheren mittelalter (vor 1300) ge- 
stellt, trägt auch in seiner einrichtung den stempel des ehrwür- 
digsten alterthums. In Island hat sich dieser webstuhl mit etwas 
complicirterer einrichtung, aber doch in den grundzügen überein- 
stimmend, bis in die neuere zeit in gebrauch erhalten, und Olaus 
Olavius in seiner „Oeconomisk Reise igiennem Island. 1780“ hat 
p. 630 ff. eine beschreibung und tab. XII eine abbildung dieses 
Isländischen webstuhles geliefert; die deutsche bearbeitung , Olaus 
Olavius Oekonomische reise durch Island, 1787“ ist auch schon 
von Schneider benutzt. Durch diesen aufmerksam gemacht hat 
Rich in den artikeln Liciatorium, Pondus, Textor, Trama ein 
durch einige vereinfachungen gewonnenes phantasiebild des alten 
rümischen webstuhles gegeben, würde aber ohne zweifel, wenn er 
den faröischen webstuhl gekannt hätte, diesen vorgezogen haben, 
der ohne alle änderung ein richtigeres bild des alten gräco - itali- 
schen webstuhles darstellt, ja für die älteste zeit selbst ein richti- 
geres als das clusinische vasengemälde, das in der vermehrung 
nicht allein der oberen queerhölzer, sondern auch der schäfte dem 
Isländischen webstuhle sehr ähnlich eine schon etwas complicirtere 
einrichtung zeigt. | 
Bei dem faröischen webstuhle besteht das gestell aus zwei 
pfosten, auf deren gegabelten spitzen das einzige obere queerholz 
ruht, an dem die kette befestigt ist, die durch webesteine gespannt 
wird. Nach ausdrücklicher angabe der beschreibung wurde im 
stehen gewebt. Dass aufwärts gewebt wurde, ist selbstverständlich, 
in der abbildung des isländischen webstuhles aber auch daran zu 


dienen, menschenhüupter als webesteine, die schüfte mit speeren ver- 
glichen werden, der Ardell mit einem pfeile, die nicht genannte skeid 
als instrument des schlagens mit einem schwerte. 


Philologus. XXXV. bd. 8. 26 


402 Die webstühle der alten. 


erkennen, dass oben ein fertiges stück gewebe sichtbar ist. Das 
zum dichtschlagen dienende instrument gibt ohne zweifel ein sehr 
getreues bild der 07497, wie denn auch Rich unter Spatha diese 
durch die isländische skeid, welche der faröischen ganz ähnlich 
ist, dargestellt hat. In allen obigen stücken stimmt der isländische 
webstuhl mit dem faröischen ganz überein, nur dass oberhalb des 
garnbaums zwei queerhülzer zugekommen sind, welche nach Ola- 
vius zur stürkeren befestigung des gestelles dienen (jedoch ist das 
untere derselben auch für die gebinde des garnes benutzt), und dass 
der garnbaum selbst eine etwas künstlichere einrichtung zum dre- 
hen erhalten hat ?). 

%. 10. Dass die andere art des aufrechten webstuhles aller 
^ wahrscheinlichkeit nach aus Aegypten nach dem abendlande ge- 
kommen ist, wird durch die in uralten ägyptischen grabgemälden 
erhaltenen darstellungen von webstühlen bestätigt. Wilkinson 
in dem werke: A popular account of the ancient Egyptians. 1854, 
hat vol. Il, p. 85 —87 in dieser beziehung belehrende mittheilungen 
gebracht 1°). Nach seiner angabe wird Herodot’s bericht über das 


9) Derselbe ist walzenartig und in der art in die pfosten einge- 
lassen, dass er gedreht werden kann, was vermittelst einer durch den 
vorspringenden eckigen kopf gesteckten kurbel geschieht. Bei dem 
faröischen webstuhle ruht der garnbaum frei in den gaffeln der pfo- 
sten; an dem kopfe lüsst die abbildung ein loch erkennen, das ohne 
zweifel gleichfalls zum einstecken einer drehenden kurbel bestimmt 
war. Das drehen des garnbaums geschieht nach Olavius, um die 
kette zu verlängern, wenn sie durch die einflechtung des einschlages 
verkürzt ist. Dass die abbildung des isländischen webstuhles auf dem 
garnbaume fertiges gewebe aufgerollt zeigt, worüber die beschreibung 
keine weitere auskunft gibt, ist mir unverstündlich. Das untere ende 
der kette mit den webesteinen hängt in der abbildung offenbar dicht 
über dem boden und müsste daher, wenn ein theil des fertigen ge- 
webes schon auf dem garnbaume aufgerollt ist, vorher auf dem boden 
ausgestreckt gelegen haben, was ganz undenkbar. Auch widerspricht 
die angabe von Olavius, dass man durch das drehen des garnbaumes 
vielmehr die kette verlängere. Conze p. 193 hat sich durch jene an- 
scheinend fehlerhafte darstellung des bildes zu dem glauben bestim- 
men lassen, dass am isländischen webstuhle gewebe von grósserer 
länge als die hóhe des webstuhles gefertigt werden kónnten, was mit 
dem gebrauche der webesteine überall nicht vereinbar scheint. Auch 
der von Paur construirte webstuhl der pfahlbauten- bewohner ist of- 
fenbar nicht darauf eingerichtet. 

10) Wilkinson's grösseres werk ,,The ancient Egyptians‘‘, das ich 
gleichfalls eingesehen habe, enthült in First Series Vol. III, p. 135 
und IT, p. 60 über die weberei in text und bildern ganz dasselbe, 
&ber nicht so übersichtlich zusammengestellt. 


Die webstühle der alten. 403 


abwärts-weben der Aegyptier durch die gemälde bestitigt, welche 
die anfertigung von zeug darstellen, und in dem holzschnitte nr. 382 
ist dafür aus den denkmälern von Beni- Hassan ein beispiel beige- 
bracht. Dasselbe bild findet sich aber in zuverlässigerer und rich- 
tigerer gestalt auch in den denkmälern aus Aegypten und 
Nubien von Lepsius abth. II, bl. 126 aus dem zweiten grabe 
von Beni- Hassan (nach Lepsius dem alten reiche und zwar der 
zwölften dynastie angehörig). Dasselbe zeigt einen webstuhl, an 
dem zwei zu beiden seiten sitzende oder vielmehr nach ägypti- 
scher sitte kauernde weiber abwärtsweben, wie das zu unten 
sichtbare fertige stück des gewebes erkennen lisst. Der obere 
garnbaum ruht hier nicht auf pfosten, sondern deutlich auf trä- 
gern, die in der wand befestigt sind!!), Unten sind ganz klar 
tritte zu sehen, welche zur bewegung der schüfte dienen und 
von den beiden weberinnen abwechselnd getreten werden, indem 
die eine gerade auftritt, während die andre den fuss hebt. Die 
Wilkinson'sche abbildung ist gerade in diesen beiden wichtigen 
stücken sehr mangelhaft, indem hier weder die obere einrichtung 
zur befestigung der kette deutlich ist, noch die tritte sichtbar wer- 
den. Von der letzteren einrichtung, die eine wichtige verbesserung 
enthült, findet sich im klassischen alterthume nicht die geringste 
spur. Wilkinson fährt aber fort: but at Thebes a man, who is 


11) Hierdurch wird zuerst verständlich, wie die übersetzer der 
Septuaginta (alexandrinische Juden) in Jud. 16, 18. 14 sich die sache 
edacht haben. Es sagt dort nämlich vs. 18 Simson zu Delila: éay 
Spdync Tas; Éntà cespàc Ts xsq alg mov pete tov diacuaros xa Eyxpov- 
c iv ww naoodlo [sig tov roiyov|, toouae aodevnc, worauf fortge- 
fahren wird: [xei énoinosy avrò Aalıla ottws, xai idwicaro 1oùç Ente 
footevyovs tio xepalis &ÜroU peta Tg ÉnOTUOEWS xai xat1éxgovoty d» roig 
nadodhoss eis tov Towyov] Dann wird vs. 14 von dem erwachenden 
Simson berichtet: xei dEéonace 1oùç nacoalovs iy rw tgdouats [ix vov 
toigov] xai 10 diacua. Alles eingeklammerte ist dem urtexte fremd 
und erscheint nur als erläuternde ergünzung. Es scheint nun voll- 
kommen klar, dass die übersetzer gerade die einrichtung des web- 
stuhles von Beni-Hassan vor augen gehabt und mit den néocalos jene 
in die wand eingeschlagenen trüger gemeint haben. Nicht weniger 
deutlich scheint es, dass nach der meinung der übersetzer die zópfe 
des Simson zum aufzuge (dieoua) verwandt werden, und dass der 
ganze aufzug erst, nachdem er fertig geordnet ist, vermittelst der 
adocalos in der wand befestigt wird. Für die erklärung des dunklen 
urtextes ist natürlich aus dieser auffassung der übersetzer nichts si- 
cheres zu entnehmen.  Uebrigens erwühnt Schneider p. 384b aus 
einem ülteren werke über Guiana, dass der webstuhl der Indianer 
dort in einer forma quadrata ad parietem acclinata bestehe. 


26 * 


404 Die webstühle der alten. 


engaged in making a piece of cloth, with a coloured border or sel- 
vage, appears to push the woof upwards, the cloth being fixed above 
him to the upper part of the frame. Das dafür beigebrachte bild 
nr. 384 zeigt den weber trotz des aufwärts-webens sitzend und 
lässt den ganzen webstuhl in rahmenfórmiger gestalt erscheinen, 
bietet aber sonst, weil die kette nicht ausgedrückt ist, kein an- 
schauliches bild. Dagegen hat Rich unter Insubulum, Scapus, Tela 
aus einem ügyptischen wandgemälde, aber ohne nähere angabe der 
quelle (also der vorrede zufolge aus eigener benutzung des ori- 
ginals) mit einer leichten restauration einer kleinen beschüdigung 
die darstellung eines webstuhls, jedoch ohne den weber, gegeben, 
welche im wesentlichen mit jenem Wilkinson'schen bilde stimmt 
(nur ohne andeutung einer künstlicheren kante), aber die ganze 
einrichtung vollkommen deutlich erkennen lässt. Es ist ein auf- 
rechtstehender oblonger rahmen, der unter dem obern queerholze 
ein zweites paralleles hat, an dem die kette oben befestigt ist, 
wie unten an einem unterbaume; ein fertiges stück gewebe ist 
oben sichtbar. Somit ist also klar, dass Herodot's angabe von dem 
abwürts-weben der Aegyptier keine allgemeine gültigkeit hat, wie 
auch sein zugleich gegebener bericht, dass das weben in Aegypten 
sache der münner sei, sich nicht in aller weise bestütigt. Uebri- 
geus wird die abbildung bei Rich sich wahrscheinlich auf dasselbe 
gemälde zu Theben beziehen wie die bei Wilkinson. In einem 
grabe zu Theben ist auch der weberkamm gefunden, dessen abbil- 
dung Rich unter Pecten gegeben hat, und der den gehrauch die- 
ses instrumentes bei der ügyptischen weberei bezeugt, wie auch 
der ausdruck ,,pectine Niliaco* Martial. XIV, 150. 

Wilkinson bemerkt aber noch weiter: They had also the 
horizontal loom, which occurs at Beni- Hassan and other places. 
Das dafür beigebrachte bild von Beni-Hassan ur. 383, part. 2 fin- 
det sich auch schon in Minutoli's reise zum tempel des Jupiter 
Ammon etc. tab. 24, fig. 2, im texte p. 402 gleichfalls für einen 
höchst einfachen webstuhl erklärt. Aber bei Wilkinson hat das 
bild die unterschrift: The horizontal loom, or perhaps mat-making, 
und die zweite auffassung , wonach hier kein eigentliches weben, 
sondern nur mattenflechten dargestellt ist, muss ohne zweifel für 
die richtigere gelten, da keinerlei einrichtungen eines webstubles 
oder webergeräthe erscheinen, und so bat es auch Rich gefasst, 


Die webstühle der alten. 405 


der unter Subtemen dasselbe bild bietet. Mit den andern von 
Wilkinson erwäbnten darstellungen des wagerechten webstubles 
dürfte es sich nicht anders verhalten, und bis jetzt ist genügender 
grund zu der annahme, dass den Aegyptiern der wagerechte web- 
stuhl fremd gewesen sei. 

2. 11. Auch aus dem klassischen alterthume her findet sich 
eine darstellung des aufrechten webstuhles nach ägyptischer art in 
dem alten bruchstücke der Aeneide mit bildern enthaltenden vati- 
canischen codex, der von den kennern in den anfang des dritten 
jabrhunderts n. Chr. gesetzt wird (s. Ribbeck Prolegg. ad Virgil. 
p. 218), nämlich auf dem zu dem anfange des siebenten buches 
gebórigen bilde, wo ganz in der ecke Circe am webstuhle sichtbar 
ist. Die bilder jenes codex waren nach Schweiger's Handbuch 
der klassischen bibliographie b. If, 2 p. 1252 zuerst a. 1677 von 
dem kupferstecher Bartholi veróffentlicht , dessen platten, von an- 
dern wiederholungen abgesehen, namentlich auch in dem werke: 
Antiquissimi codicis Virgili fragmenta et picturae ex Bibliotheca 
Vaticana ... a Petro Sancte Bartholi incisae Romae. 1741, 
benutzt sind, dessen herausgeber der auf dem titel nicht genannte 
G. G. Bottari ist, s. Schweiger p. 1174.  Jenes bild ist daselbst 
p. 129. Aber viel zuverlässiger als die Bartholi'schen nachbil- 
dungen, denen nach Schweiger p. 1253 schon Rumohr treue und 
genauigkeit absprach, sind die in (A. Mai) Virgili Picturae an- 
tiquae ex codicibus Vaticanis. Romae. 1835, wo jenes bild tab. 
LIL Nur das bild der Circe am webstuhle ist in sehr vergrössertem 
massstabe wiedergegeben von Ciampini in den Vetera Moni- 
menta, in quibus praecipue Musiva opera . . . illustrantur. 1690 
p. I, tab, XXXV, fig. 1 zu p. 104, und danach von Montfaucon 
Antiquité expliquée vol. II, p. II, tab. CXCIV und andern wieder- 
holt. Rich unter Arundo, Stamen, Tela hat nur das bild des 
webstuhls ohne die figur der Circe gegeben. 

Auf dem bilde ist nun mit bezug auf Aen. VII, 14 (Circe) 
arguto tenuis percurrens pectine telas Circe dargestellt, wie sie 
am webstuhle steht, aber nicht, wie jene worte eigentlich forderten, 
mit dem pecten ausgerüstet, sondern mit einem instrumente, das 
man entweder für die xsgxíg (radius) halten kann, welche am auf- 
rechten webstuhle zur scheidung der fäden und einführung des 
einschlages diente, oder auch (wahrscheinlich richtiger) für die 


406 Die webstühle der alten. 


zauberruthe der Circe als ibr charakteristisches insigne. Sie ist 
auch keinesweges, wie man nach Ciampini's worten glauben müsste, 
iramam sursum , i. e. ab inferioribus ad superiora ducendo dar- 
gestellt, da in allen abbildungen deutlich ein fertiges stück gewebe 
am untern ende zu erkennen ist, Somit bietet das bild einen 
ägyptischen webstuhl, aber mit stebender weberin, was sich daher 
erklärt, dass der maler das percurrens des textes nach der einen 
(falschen) erklärung vom wandeln am webstuhle verstand, dies aber 
irrig mit der zu seiner zeit üblichen einrichtung des webstuhles 
verband. Das gestell des webstuhls besteht aus zwei pfosten mit 
einem oberen und einem unteren queerholze, die als garnbáume 
dienen; das ausserdem sichtbare queerholz ist für den schaft zu 
halten. 

Schneider hat hinsichtlich dieses bildes die wunderlichsten con- 
fusionen gemacht. Es hat nämlich Braun Vest, sac. Hebr. p. 273 
das bild eines webstuhles mitgetheilt, den er hatte construiren las- 
sen, um zu versinnlichen, in welcher weise der ungenühte rock 
Christi gewebt sei, s. p. 272: construi curavi in hac civitaie 
telam veterem, sive jugum textoris, quo veteres usos fuisse puto in 
huiusmodi textura (sc. tunicae aggagov) und p. 273: Team 
ilaque sive iugum. textoris cum omnibus eius instrumentis, de qui- 
bus iam modo mentionem fecimus, eb ipsam rationem texendi haec 
tabula exhibebit. Dieses Braun'sche bild, das eine am  webstubl 
im sitzen arbeitende frau darstellt, hat Ciampini a. a. o. der ver- 
gleichung wegen dem vaticanischen bilde als fig. 2 zur seite ge- 
stellt, obne sich über seinen ursprung ganz klar auszusprechen. 
Aber Braun, der in die neue auflage seines werkes zu p. 283 
aus Ciampini den vaticanischen webstuhl aufgenommen bat, sagt in 
bezug darauf p. 279: Hoc iugum (telam Vaticanam) hac tabula, 
prout et in eius ( Ciampini) opere iuxta. iugum, quod ego in ho 
meo opere proposui, quod et suo operi addere dignatus est, conspi- 
citur, exhibere volui. Montfaucon a. a. o. hat aus Ciampini (mit 
dessen untergesetztem namen) auch das Braun'sche bild wiederholt. 
Schneider hat nun die beiden Ciampini’schen bilder verwechselt und 
Braun's bild einer derben niederländischen weberin gn dem von ibm 
construirten webstuhle für das vaticanische genommen, indem er & 

namentlich p. 383b ausfübrlicher als tela Vaticana beschreibt. 
Während ferner Montfaucon p. 358 berichtet, in einem paris 


Die webstühle der alten. 407 


codex eines commentars zum Hiob finde sich ein bild, das einen 
stebenden weber zeige, wie auf dem vaticanischen bilde die. we- 
berin stehe, lüsst Schneider ihn angeben, jenes bild bei Ciampini 
fig. 1 sei aus dem Hiob-codex entnommen. Endlich hatte Schnei- 
der durch Heyne: picturam ex libro Botiarii Romae a. 1741 pro- 
dito exscriptam, erhalten, d. h. eine copie der webenden Circe in 
jenem Bartholi’schen kupferstiche. Dieses bild findet er nun na- 
türlich dem vermeintlich aus dem Hiob-codex stammenden sehr 
ühnlich , verwechselt aber wieder die beiden beschreibungen bei 
Ciampini und gibt ausserdem von dem bilde aus Bottari falsch an: 
femina adstans manum utramque telae applicat , während in 
wabrheit bei Bartholi durch einen fehler des kupferstechers nur 
eine einzige hand sichtbar ist. Durch diesen Schneider'schen wirr- 
warr hat sich selbst Ritschl 0 xgınxwzozog verleiten lassen in 
seinem trefflichen aufsatze über die alten gewichtsteine (webesteine) 
Jahrb. d. vereins v. alterthumsfr. im Rheinlande h. XLI (1866) 
p. 16 beide bilder bei Montfaucon für antik zu halten, und Conze 
in der arbeit über die clusinische vase hat unter den zeichen V 
und G, welche das vaticanische bild und den pariser Hiob - codex 
bezeichnen sollen, das bild des Braun'schen webstuhls beschrieben, 
das echte vaticanische bild dagegen vernachlüssigt. Es hat mir 
doch gut geschienen mit diesen seltsamen irrthümern einmal gründ- 
lich aufzuräumen. 

Q. 12. Höchst belehrend über die einrichtung der alten web- 
stühle ist die bis in die neueren zeiten für die aufertigung der so- 
genannten türkischen teppiche angewandte art der weberei, aufs 
genaueste mit zahlreichen abbildungen nach den einrichtungen der 
fabriken zu Chaillot (maison de la Savonnerie) und zu Aubusson 
beschrieben in: Art de faire les tapis façon de Turquie, connus 
sous le nom de tapis de la Savonnerie. Par M. Duhamel du Mon- 
ceau. 1766, welches zu der von der pariser academie herausge- 
gebenen Description des Arts et des Métiers gehôrige werk auch 
schon von Schneider, aber ohne genaue angabe und ungründlieher 
benutzt ist 12), Der für jene fabrication dienende aufrechte web- 


12) Schneider wird nur die deutsche bearbeitung gekannt haben, 
die sich sammt den bildern in dem ,,Schauplatz der künste und hand- 
werke“ b. VII (1768) zu anfang findet. Der inhalt ist auch, ein- 
schliesslich der abbildungen, sehr vollständig in die Krünitz’sche En- 
cyclopädie b. 138 unter Savonnerie aufgenommen. 


408 Die webstühle der alten. 


stuhl, vollständig dargestellt tab. I, fig. 2 und tab. IV, fig. 1. 2, 
ist im wesentlichen ganz der ägyptische, da an demselben von dem 
sitzenden weber abwürts gewebt wird, die kette deshalb auch 
unten in einen garnbaum gespannt ist, und zum dichten des ge- 
webes ein kamm dient. Das sitzen des webers ist nicht allein 
in der beschreibung bezeugt, sondern auch in den bildern tab. IV, 
fig. 1. 2 zu sehen. Die beiden pfosten des gestelles sind über dem 
obern garnbaume und unterhalb des untern noch durch je ein 
queerholz verbunden, welche offenbar nur zur befestigung des ge- 
stelles dienen. Duhamel's annahme, dass diese art der weberei 
zuerst von den Sarazenen zur zeit Karl Martell’s in Frankreich 
eingeführt sei (s. unt), ist eine verkehrte. In wahrheit ist sie 
nach Duhamel's eigenen angaben von Pierre Dupont in den ersten 
jahrzehnten des 17 jahrhunderts angefangen, und dass dieser sie 
von den Türken her entlehnt habe, lässt schon der von ihm selbst 
gebrauchte ausdruck tapis de Turquie genügend erkennen. Bei 
diesen hatte sich also der aufrechte ägyptische webstuhl erhalten, 
der in den ländern um das mittelmeer zur allgemeinen herrschaft 
gekommen war. 

Dem savonnerie-stuhle ist aber auch der für die berühmten 
Gobelins-tapeten zum theil gebrauchte hautelisse-stuhl sehr ähnlich, 
vgl Diction. de l'Acad. unter Lisse: Tapisserie à haute 
lisse ou de haute lisse, sorte de tapisserie, dont la chaine est 
tendue verticalement sur le métier . . . il se fait aux Gobelins des 
tapisseries de haute lisse et de basse lisse, und eine etwas ge- 
nauere beschreibung in Pierer's Universal-lexicon b. VII, p. 435. 
Tischbein in einem briefe an Góthe (Ital. Reise b. 24, p. 53 der 
ausgabe von 1840) erwähnt diese art des webens als „das tep- 
pichwirken mit stehendem zettel, hautelisse genannt“. Das wort 
lisse (alt lice) bezeichnet in jenen ausdrücken die kette oder dea 
aufzug, von Tischbein zetiel genannt. 

Zu der herleitung der savonnerie-teppichweberei von den Sara- 
zenen ist Dubamel dadurch veranlasst, dass im dreizehnten jahrhundert 
sarazenische teppichweber zu Paris vorkommen. Er erwähnt nám- 
lich p. 2 eine von jenem Pierre Dupont in seinem werke Stroma- 
tourgie (1632) beigebrachte notiz, dass a. 1295 das Chátelet zu 
Paris einen rechtsspruch zu gunsten der tapissiers de haute -lice 
gegen die tapissiers Sarasinois erlassen habe. Depping in der 


Die webstühle der alten. 409 


iusgabe der Réglemens sur les Aris et les Métiers de Paris (par 
Etienne Boileau), 1837, bringt p. 410 aus einer Ordonnance des 
orévòi de Paris, der im Chatelet seinen sitz hatte, von a. 1302 
lie nachricht, dass ein streit zwischen den fapiciers sarrazinois 
ind den tapiciers que l’on appèle ouvriers en la haute lice durch 
lie incorporation der letzteren in die innung der ersteren ge- 
ichlichtet wurde. Die statuten des Tapissiers de tapis sarra- 
sinois finden sich schon in der sammlung des prévôt Boileau aus 
ler zeit des kónigs Ludwig IX, tit. LI, p. 126 ff. und dann in 
1euen bearbeitungen aus a. 1277 und 1290, p. 404 ff. Sowohl 
Dupont und nach ihm Duhamel als auch Depping p. 126 haben 
1un angenommen, dass die sarazenische teppichweberei eine de haute 
isse gewesen sei. Aber jener streit zeugt doch gerade für das 
regentheil, und man wird kaum umhin können die mit den tapis- 
ers de haute lice rechtenden sarazenischen teppichweber für solche 
le basse lisse zu halten, also für arbeiter am wagerechten web- 
ituhle, Dann aber entsteht einige wahrscheinlichkeit, dass überall 
ler gebrauch des wagerechten webstuhles von den Sarazenen her- 
stamme, wobei man am natürlichsten an die spanischen Araber zu 
lenken hat. Die teppichweberei de haute lice hat Depping p. LX XI 
rermuthungsweise aus Flandern hergeleitet, welcher ursprung al- 
erdings denkbar ist; es würe dann anzunehmen, dass die weberei 
wm aufrechten webstuhle sich auch hier länger erhalten und für 
iunstreiche teppiche eine besondere ausbildung erlangt habe 1). 

18) In den Registres von 'Et. Boileau werden von den fapissiers 
Sarrasinois in t. LlÍ p. 129 die tapissiers de tapis nostrez unterschie- 
len, in Ordonnance XXV, p. 410 von a. 1285 éapiciers de tapis notrez 
renannt. Depping hat p. 410 Not. aus den gemachten angaben ge- 
chlossen, dass gróbere wollene gewebe gemeint sind, aber den aus- 
ruck nostrez nicht zu erklären gewusst. Es scheint aber das latei- 
ische nostrates zu sein, wie cifés (alt citez) = civitates, so dass 


inheimische teppiche im gegensatz der kunstreicheren sarazenischen 
u verstehen sind. 


Hannover. H. L. Ahrens. 


Soph. Elect. 514 


ürfte am einfachsten herzustellen sein: dx zovd’ Ziumev olxovc, 
s ist der vers am ähnlichsten dann und vorbereitet durch vs. 512, 
em ausserdem auch kein anderer in der epodos ganz gleich ist, 
obald man an der überlieferung festhält. 

Ernst von Leutsch. 


XI. 


Das fünfte buch der Odyssee und das prooemium 
des ersten buches. 


Die schwierige frage über das prooemium des ersten buches und 
die entsendung des Odysseus im fünften liegt trotz vielfacher 
kritischer versuche noch sehr im argen. Die folgende abhandlung 
hat den zweck zur lüsung der einschlagenden fragen einen beitrag 


. zu liefern. 


I. 
Hom. Odyss. a v. 1—10. 


Die worte v. 10: - 
Tv Guodev ye, Fed, Fvyateg Aids ein xoi muir 
bieten eine zwiefache schwierigkeit 1) in der erklärung des dpo- 
Sey = von irgend einem punkte an, 2) das xai npiv. Kai quir 
setzt einen gegensatz: wie auch anderen, das :izé von der muse 
gesagt bedeutet ein erzählen iu poétischer form. Der dichter die 
ser worte fordert von der Muse eine gleiche begünstigung als sie 
anderen hat zu theil werden lassen in bezug auf die in ray auoder 
angedeuteten gegenstánde. Letzterer ausdruck bedeutet von einem 
punkte dieser thatsachen an, entspricht also ungefähr dem deut- 
schen: erzähle uns etwas von diesen dingen (partit), nur fehlt 
dem deutschen ausdrucke die betonung des anfangspunktes als 
gleichgültig, dem belieben der Muse anheimgestellt. Hat sich nun 
der dichter der folgenden erzählung durch xoi muiy anderen ent 
gegengestellt, so setzt er damit eine klasse von dichtern, die wie 


Odyssee E. 411 


von dem mit zi» bezeichneten thatsachen zu dichten pflegen. 
iter zwy können nur die schicksale des Odysseus verstanden wer- 
n. Zu denken wäre dann also eine klasse von dichtern, die 
er den Odysseus zu dichten pflegen, und deren einem es wenig- 
ns gleichgültig ist, womit er seine erzählung beginnt. Für 
ien epischen dichter ist der anfangspunkt der erzählung keines- 
gs gleichgültig, und gerechtes bedenken muss man gegen eine 
isse von Odysseussüngern hegen. 


Der vers kann auch von einem rhapsoden gedichtet sein, der 
e dichtung eines anderen vortragen wollte. Mit dieser annahme 
llen beide anstósse, denn es gab eine klasse von rhapsoden, und 
ie der eine so trug auch der andre die thaten des Odysseus vor. 
'r sinn wäre dann: o Muse, hilf mir bei der erzählung dieser 
aten wie du anderen dabei geholfen hast. Da der vortrag eines 
apsoden durch ein natürliches zeitmass beschrünkt war, so konnten 
» nur stücke lüngerer epischer gedichte vortragen, sollte also 
cht der anfang eines solchen recitirt werden, so mussten sie von 
nem gewissen punkte des ganzen beginnen, für einen rhapsoden 
ire also auch der ausdruck duoger geeignet !). 


Wer der verfasser des verses auch sein mag, mit zwy (gen. 
utr. meint er die vorher erwähnten thatsachen. Anstössig im 
hen grade ist dabei, dass tw» eine andere beziehung hat als das 
imittelbar vorhergebrauchte zoiss v. 9: 


avtào Ó roicw Gpelhsto vócnuov Tung. 
nter zoici» sind in diesem verse die geführten des Odysseus ver- 
anden und nach sonstiger regel müsste auch zw» auf sie bezogen 


erden. 


Die angedeuteten, mit zw» gemeinten thatsachen sind die zer- 
órung Troja’s und die irrfahrten des Odysseus durch viele länder 
ad städte, sein vergebliches bemühn, die geführten zu retten. An- 
edeutet sind nur thatsachen vor der rückkehr, auffalend genug 
eibt diese selbst unerwähnt. Da zw» ein genitiv. partitivus ist, 
gentlich lokal aus diesen ereignissen heraus, so muss in der pro- 


1) Mit richtigem gefühle schrieb G. Hermann in einem briefe 
om 17. nov. 1841 an J. Bekker (Ho. Bl. p. 101 anm.): „auch kün- 
sich der dichter, der das @u069sy schrieb, gleich selbst durch das 
x fuiv als einen von dem ursprünglichen sänger verschiedenen an“. 


412 Odyssee E. 


jektirten erzáhlung etwas von den genannten dingen enthalten ge- 
wesen sein. 
Weiter wird die untersuchung durch v. 11— 12 gefübrt : 

"Ev? GAlos uiv mavıss, 0006 puyov almóv 0Àed or, 

olxoy tour, modsuov te nepevyores 708 Fadacoay. 

tov Ó' olov —. 
Das #19 setzt eine chronologische fixirung der zeit voraus, diese 
fehlt im vorhergehenden, da die kurzen andeutungen im prooemium 
weder die form der erzühlung tragen, noch auch ein chronologi- 
sches moment für die heimkehr der übrigen trojanischen helden 


abgeben kónnen ihres inhaltes wegen. Dass den gefäbrten des . 


Odysseus der tag der beimkehr genommen ist, kann unmüglich als 
eine solche normative zeitangabe gelten. Wer so begann, muss 
feste und klar bestimmte chronologische merkmale im sinne ge- 
habt haben. 

Das &AÀos ui» mdyrtg hat als gegensatz zov d° oiov (19) 
doch ist weder das eine noch das andere glied des gegensatzes durch 
nennung des namens deutlich bezeichnet. Die personen, welche im 
prooemium in gegensatz gestellt werden, waren Odysseus und seine 
geführten, nicht Odysseus und die übrigen trojanischen  helden 
(s. v. 5 flgd.). Der gegensatz an unserer stelle wird erst deut- 
lich, wenn man einige verse weiter abwärts liest. — Dies adios 
»die anderen* setzt 1) voraus, dass im vorhergehenden die summe 
der trojanischen helden klar vorgestellt war, und 2) da 4420. schon 
eine subtraktion als vollzogen andeutet, dass der name des Odys- 
seus im gegensatz zu den übrigen helden genannt war. 


Der anfang unserer erzühlung ist also unvollstindig, die vor- 
auszusetzenden verse verweist Düntzer (Hom. abhndlg p. 34 und 
nach ihm Kammer Einh, d. Od. p. 27) in das erste prooemium. 
Dass unser prooemium entstellt ist, unterliegt keinem zweifel, die 
weitere untersuchung wird aber zeigen, dass die form der anrufung 
an die Muse echt ist, ebenso v. 10. In einer solchen anrufung 
konnte vielleicht jener gegensatz zwischen Odysseus und den übri- 
gen trojanischen helden zum ausdruck kommen, niemals aber eine 
erzäblung, die ein chronologisches merkmal für das folgende iva 
hätte abgeben können. — Dem «240 ist erklürend hinzugefügt, 
000, guyov alnuy 0ÀtOgoy, dieser zusatz zeigt, dass im vorherge- 


mn — 


Odyssee E. 413 


henden nicht blos die entkommenen helden im gegensatz zum Odys- 
seus gedacht sein konnten, sondern sámmtliche (vielleicht vom 
kampfe verschonte) helden vor Troja. 

Das èv9a ist ein deutsches da, es soll die erzählung nicht 
weiter leiten, sondern nach einer summe von thatsachen einen über- 
blick über diese geben. „Nachdem dies alles geschehen war“, würde 
ein entsprechender vordersatz lauten. Der anfang unserer erzüh- 
lung ist also eine zusammenfassung oder rekapitulation vorausge- 
gangener thatsachen. Diese thatsachen müssen, wie der gegensatz 
beweist, aus den erlebnissen der übrigen trojanischen helden her- 
genommen sein. Der zusammenfassung derselben muss eine verein- 
zelung, d. h. eine erzühlung vorausgegangen sein, eine erzühlung 
von den erlebnissen der trojanischen helden. Die rekapitulation 
weist durch den gegensatz über sich hinaus, nemlich auf die schick- 
sale des Odysseus, sie dient also zur weiterführung der erzühlung. 
Hielt der dichter eine rekapitulation für nóthig , so muss er be- 
fürchtet haben, dass die vereinzelung in der erzühlung sich nicht 
zu einem deutlichen gesammtbilde verbinde, d. h. die erzählung 
muss ausgeführt gewesen sein. Ein solcher übergang ist daher 
psychologisch nur zwischen gleichberechtigten gliedern möglich, 
hier zwischen der erzählung von den übrigen trojanischen helden 
und den schicksalen des Odysseus. Als voraussetzung haben also 
unsere verse eine ausgeführte erzählung von den trojanischen hel- 
den, also eine nostendichtung. 

Hiermit wird das duoFev v. 10 vollständig klar, ein rhapsode 
hat seinen vortrag aus einem lüngeren epischen gedichte entlehnt, 
er musste von einem gewissen punkte beginnen, um dem vortrage 
die geeignete linge zu geben. 

Also mit v. 11 beginnt gleichsam ein neues buch oder ein 
neuer abschnitt des vom rhapsoden benutzten originals, das wir 4 
nennen wollen. 

V. 14 heisst es, die nymphe hielt den Odysseus zurück, im 
originale muss also schon erzählt gewesen sein, wie Odysseus nach 
Ogygia kam. Als motiv für den untergang der gefährten wurde 
im prooemium der frevel an den rindern des Helios bezeichnet, da 
dieser die nothwendige voraussetzung zum schiffbruch bildet, müsste 
auch dieses stück der erzählung in 4 enthalten gewesen sein. 
Gerade mit dem aufenthalte des Odysseus auf Ogygia beginnt die 


414 Odyssee E. 


erzählung der Odyssee, bis zu diesem momente gehen die andeu- 
tungen des thatsüchlichen im prooemium , es ist daraus leicht die 
absicht des verfassers zu erkennen, mit jenen andeutungen des be- 
wusstsein des hórers oder lesers bis zum anfangspunkte der er- 
zühlung zu führen. Darum ist auch von v. 4 an die form des 
referates gewählt. Der partitive genitiv zw» wies auf die that- 
sachen vor der landung auf Ogygia zurück, der anfang der erzäh- 
lung wurde aber nicht aus ihnen genommen, wie das tay deutlich 
verlangte, sondern setzte nach denselben ein. Oben war schon er 
wühnt, dass zwv wie das vorhergehende zoics eigentlich nur auf 
die geführten des Odysseus bezogen werden kann. Damit werde 
die verse, in denen der frevel an den rindern des Helios erwäbat 
wird, sehr verdáchtig. Der volle nachweis der unechtheit kam | 
erst unten folgen. | 

Nehmen wir den nachweis als geführt an, so würden noth- 
wendig die vv. 5—9 zu streichen sein, d. h. die verse, in dene 
das bestreben eine kurze vorgeschichte zu geben am deutlichstes 
zu tage tritt. Der form nach beginnt das referat im prooemium 
mit v. 3, wo die form des relativen anschlusses aufgegeben um 
in selbständigen sätzen erzüblt wird: rollür Ó' avIounwy idm, 
Die selbständig erzählende form steht nicht im einklang mit dem 
anfange des prooemiums, wo relativische thatsachen zur näheren 
charakteristik an Odysseus angeknüpft werden. Es läge hier ein 
starkes anakoluthon vor, d. h. der dichter hätte die form des as- 
fanges aus dem bewusstsein verloren. Schwer ist das zu glaube 
von dem dichter, der am schlusse des prooemiums wieder zu de 
im anfange gewählten form zurückkehrt. Ich halte es daher fr - 
geboten mit den vv. 5—9 auch die hiermit innig verbundene 
verse 3—4 als späteren ursprungs zu bezeichnen. Auch die ar 
gabe és dha moAA& nAayydn wird fallen müssen, wie die fol 
gende untersuchung zeigen soll. An stelle der thatsachen aus der 
geschichte des Odysseus müssen andeutungen im ersten prooemium 
gegeben sein, aus deren kreise die nachfolgende erzählung herge- 
nommen ist. Ferner wird der name des Odysseus genanut ge 
wesen sein, der einschachtelnde überarbeiter fand hierzu keine 
raum. 

Aus der bisherigen untersuchung ergiebt sich von vorn hereis 
der schluss, dass auf unser prooemium nicht die ganze Odyssee fol- 


Odyssee E. 415 


gen konnte, da der vortrag der rhapsoden nur ein stück von 
mässigem umfange umfassen konnte. 


Zu berücksichtigen im weiteren verlaufe der untersuchung ist: 


1) der verfasser des originals A, 
2) der rhapsode, 
3) der überarbeiter. 


In der natur von ausbebungen, wie sie unser rhapsode machte, 
liegt es, dass gewisse thatsachen und personen, die schon erwühnt 
waren, nun ohne gehörige einführung auftreten, und dass darum 
nicht selten vom rhapsoden eine kurze erläuternde charakteristik 
hinzugefügt sein wird. Unzweifelhaft liegt ein solcher nachträg- 
licher einschub in den vv. 50—55 vor, von der Kalypso muss die 
rede gewesen sein, unpassend lásst der rhapsode Athene diese worte 
sprechen, als ob erst von ihr die götter genauere kenntniss über 
die nymphe erhalten müssten. 


Ferner stammen die verse 29—31 vom rhapsoden, durch die 
erliuternde parenthese sind zwei anstósse in den text gekommen: 
1) die formelhafte verbindung zoics dè uvdwv fyc (v. 28) hätte 
unmittelbar vor der rede des Zeus stehen müssen (s. n 47. v 574. 
e 184. 7 103, 508. E 410. P 628. ® 287); 2) es ist höchst 
armselig und einer freien dichtung unwürdig 29 wrfouto yao und 
gleich darauf 31 zo) oy’ émiuvynodels zu schreiben. Dem einfü- 
genden rhapsoden gelang es nicht, geschickter den übergang zur 
direkten rede zu finden; 3) die veranlassung der rede des Zeus 
muss im zusammenhange von 4 deutlich gewesen sein, also be- 
durfte es eines solchen hinweises nicht; 4) die eingeschalteten 
worte genügen auch nicht zur erklirung der veranlassung; dass 
er an den Aegisthos dachte, ersieht man aus der rede selbst, aber 
warum denkt er an ibn? 


V. 32 figd. Die rede des Zeus stellt die that des Orestes 
als eben geschehen hin (s. 35 ws xai vüv); v. 32 olov di wv 
Feovs foro, alriowrras sagt deutlich, dass nun im anschluss an 
die that des Orestes die menschen die götter beschuldigen. Mit 
vv schliesst Zeus seine rede unmittelbar an die rache des Orestes 
und der menschen reden über dieselben an. Die vorstellungen des 
Zeus und der übrigen gôtter werden angefüllt von dem geschick 
der Atriden gedacht. Dies muss im originale 4 unmittelbar vor- 


416 Odyssee E. 


her erzählt gewesen sein. — Athene knüpft an das geschick des 
Aegisth an, um auf den Odysseus überzuleiten. Dass dieser über- 
gang sehr kunstvoll und geschickt gemacht wird, lässt sich nicht 
leugnen. Die überleitung selbst beweist nun, dass der dichter ein 
bedürfniss gefühlt baben muss, mit guter manier auf den Odysseus 
zu sprecben zu kommen. Der übergang verbindet zwei stücke, 
das eine ist die erzählung von Odysseus, das andere muss die mo- 
mente in sich schliessen, mit denen der übergang vollzogen wird, 
es muss also eine erzáhlung von der rache des Orest gewesen sein. — 
Das bedürfniss des überganges zeigt deutlich, dass vorher nicht 
vom Odysseus die rede gewesen sein kann. War Odysseus vorher 
nicht genannt, so war auch der gegensatz v. 11 &AAos ui» narız 
und v. 13 tov d° oiov aus der vorhergegangenen erzühlung nicht 
verständlich; das bewusstsein für denselben muss also aus dem 
ersten prooemium stammen. Bis v. 27 ist im wesentlichen nur 
vom Odysseus die rede, also können die verse 11—26 nicht den 
originale angehôrt haben. Sie stammen vom rhapsoden, der im 
deutlichen bewusstsein des zusammenhanges selbst geistig von die 
sem zusammenhange abhängig ist. Er überblickt den faden der 
voraufgegangenen erzäblung und rekapitulirt sich die gesammtsi- 
tuation mit dem £»Ja. Vielleicht konnte er auch die bekannt 
schaft des originals bei seinen zuhôrern voraussetzen, so dass diese 
die mit #v%a gegebene beziehung verstehen mussten. Jedesfalls 
setzt der rhapsode die bekanntschaft seiner zuhürer voraus vid- 
leicht in ähnlich naiver weise, als wenn das kind sagt: so gros 
war der mann und dabei voraussetzt, dass auch jedem andere 
sein massstab der grüsse bekannt sein müsse, Möglich wäre e 
bei diesem gewebe geistiger befangenheit des rhapsoden, dass er 
auch den gegensatz zwischen Odysseus und den übrigen trojasi- 
schen helden nicht schon wirklich im prooemium angedeutet hätte, 
sondern dass auch dieser aus der geistigen abhängigkeit zu er- 
klären wäre. | 

Die verse 11—26 führen die erzählung nicht weiter, sonders 
dienen dazu den hórer über die situation im allgemeinen anfse- 
kláren. Sie stammen also aus einem ühnlichen streben nach deut- 
lichkeit wie die schon besprochenen erklürenden zusütze des rbap- 
soden. Dass dieser bei der ausführung seines situationsbildes sich 
unbeholfen benahm, muss man ihm zu gute halten, da er nicht 





Odyssee E. 417 


dichter von profession war. Trotzdem sind ihm die ungeschickten 
verse 15—19 nicht zuzutraun, Der anfang, als das jahr kam, in 
dem die gôtter ihm die heimkehr zugedacht hatten, hat ganz ge- 
wiss nicht den nachsatz gehabt v. 18: 

oùd” Eva mepvyuéros jev aéPiwy, 

xal pero olo& plioros. 
Mit den haaren wird hier eine andeutung von abenteuern auf der 
heimfahrt herbeigezogen, der richtige nachsatz muss gelautet haben; 
da versammelten sie sich im Olymp oder sonst wo. Eine spätere 
untersuchung soll zeigen, dass der überarbeiter diesen vers und die 
worte über den Poseidon einschob, um die schicksale durch die 
landung auf Scheria noch bunter zu machen.  Offenbarer wider- 
spruch liegt in den worten: GAA’ Ste di Frog 749€, tH ob ème- 
xÀebcavro eo olxovde véecdas und in For d ZAEasQoy 
änuvısg. 

Mit dieser interpolation, die bis v. 26 reicht, ist die noth- 
wendige angabe fortgefallen, dass die götter sich in dem hause 
des Zeus versammelt hatten. Die angabe über den zweck und die 
veranlassung der götterversammlung fehlt vollständig in unserem 
texte. Nach dem anfange der rede des Zeus knüpft die versamm- 
lung an die rachethat des Orestes an. Wenn eine mitbetheiligung 
der Klytaemnestra anzunehmen wäre, oder wenn die götter die 
that des Orestes verurtheilten, liesse sich vielleicht denken, dass in 
dieser versammlung über die bestrafung des Orestes durch die Eu- 
meniden verhandelt werden sollte; doch giebt Zeus und Athene dem 
Orestes offenbar recht (s. v. 33 flgd. und v. 46 figd.). Die ver- 
sammlung ist nur ein kunstmittel, die erzühlung auf den Odysseus 
überzuspielen; wahrscheinlich war daher im originale über veran- 
lassung und zweck derselben nichts gesagt. Es hiess hier wahr- 
scheinlich einfach: die götter hatten sich versammelt. Der rhapsode 
verwendete diese nackte angabe als nachsatz zum vordersatze in 
16—18. War aber doch eine äussere veranlassung angegeben, 
so wurzelte diese in der geschichte von Orestes, sie war also für 
den rbapsoden unbrauchbar. 

Das resultat der untersuchung ist also folgendes: der grund- 
stock der vv. 1—31 gehört dem rhapsoden an, der seinen vortrag 
einleiten und seine zuhörer kurz orientiren wollte. Ein späterer 
überarbeiter veründerte an dieser einleitung einiges, um auf ge- 

Philologus. XXXV. bd. 8. 21 


418 Ödyssee B. 


wisse thatsachen aufmerksam zu machen, die er in die erzühlung 
der rhapsoden eingefügt hatte. Es sind dies die vv. 3 — 9 und 
18—26. Die vv. 29—31 legte der rhapsode ein, um die hörer 
über den anfang der rede des Zeus ins klare zu setzen. 


II. 
. Die gótterversammlung. 


V. 71—75 geben die genealogie des Polyphem und den grum 
vom zorne Poseidons an: ging das abenteuer des Odysseus bei dea 
Kyklopen vorher, so war diese ausführlichkeit überflüssig. War 
der zorn Poseidons der grund, dass Odysseus so lange bei der 
Kalypso bleiben musste, so muss Athene wohl diesen grund nicht 
genau gekaunt haben, sie fragt v. 62: rf vv rocor wWduoao, Zt; — 
Sinnlos ist der ausdruck 74—75: 2x rov di) Odvona llocnudáw 
ovr, xaruxrelves; hat ihn Poseidon vorher immer getédtet? Dieser 
ausdruck weist auf die behinderte hand eines nachdichters. Ist es 
ferner richtig zu sagen, dass Poseidon seitdem den Odysseus um- 
hertreibt? Seit sieben jahren ist dieser schon auf Ogygia. Die 
worte von des Poseidon zorn sind also im höchsten grade ver- 
düchtig in unserem zusammenhange. War dieser zorn ein echtes 
motiv, so war es berechtigt, dass Zeus die gôtter zur berathung 
über des helden heimkehr auffordert, denn allen góttern gegenüber 
muss der bruder sich beugen. Diese berathung und die vota der 
übrigen götter fehlen. War dies nicht ursprüngliches motiv, so 
genügte es vollständig, wenn Zeus sein jawort gab, dass der held 
heimkehren sollte. Nur dies ist in den überlieferten versen ausge 
drückt. Also auch an unserer stelle steigen sehr schwerwiegende 
bedenken gegen die rolle des Poseidon auf. 

Die gütterversemmlung soll einen übergang bilden zur ge 
schichte des Odysseus, diese folgt nicht unmittelbar darauf, sondern 
eine erzäblung vom Telemach. Letztere kann daher nicht die 
echte fortsetzung zur gótterversammlung bilden. Daher wird eine 
neue gütterversammlung improvisirt, um von dem vierten buche auf 
die eigentliche geschichte des Odysseus zu kommen, ein deutlicher 
beweis, dass die abfahrt von Ogygia als unmittelbare folge einer 
solchen gótterversammlung gedacht war. 

Die götterversammlung im ersten buche hat die erwartung de 


Odyssee E. 419 


leser oder hörer auf die erlösung unseres helden angespannt, schon 
das mittel, wie diese bewerkstelligt werden soll, ist angegeben. 
Es war die pflicht des dichters, die heimkehr unmittelbar folgen 
zu lassen. That er dies nicht, so spielte er absichtlich in der 
weise eines Ariost mit den gefühlen der hirer. - 

Die reise der Athene nach Ithaka ist zwecklos, denn die da- 
durch herbeigeführte fahrt des Telemach führt und kann zu kei- 
nem ziele führen. Er macht keinen gebrauch von den nachrichten 
des Menelaus über den aufenthalt des vaters. Die worte über den 
zweck von Athenes reise, sind unklar, kónnen aber auf keinen fall 
einen erziehungsplan andeuten, da v. 88 ogee of viöv uüloy 
ÉnotQvvo, xoi ob pévos Ev pgeci Jelw, nicht allgemein gesprochen 
sind, sondern ihre begrenzung haben in dem zwecke v. 90: eic &yogn» 
xadfoarta xupnxouowvrac ’Ayarods macs prnotngecow ansınlusv. 
Sie beziehen sich also nur auf ein krüftigeres auftreten den freiern 
gegenüber. Als zweck der reise nach Pylos und Sparta aber 
wird angegeben, kunde zu erfragen vom vater und ruhm zu er- 
werben. Selbst diese beiden zwecke heben sich wieder auf, Tele- 
mach bat nach dem letzteren gar keine zeit, die neue von der 
Athene erhaltene kraft den freiern gegenüber zu zeigen. Auch 
würde eine solche abschweifung für die dem vortrage zugemessene 
kurze zeit unpassend sein. 

Die unmittelbar auf die gótterversammlung folgende erzáhlung 
war also keine echte fortsetzung derselben. 

Der überarbeiter, der das I—IV buch einlegte, fand eine göt- 
terversammlung so fest mit der eigentlichen erzühlung verquickt, 
dass er dies motiv zum zweitenmale einführen musste. Hierbei ist 
es ihm klar nachzuweisen, dass er die erste versammlung ausge- 
schrieben hat, also ein neuer beweis für die ungehôrigkeit des 
I—IV buches. Gemeinsam sind beiden versammlungen die vv. 
a 70 = s 4, a 639—064 = e 21—22, a 86—87 = 2 30—31, 
a 96—98 = e A4— 40. Ferner zeigt sich der charakter der 
nachdichtung in der versammlung des fünften buches deutlich in der 
unselbständigkeit, mit der reminiscenzen an stelle freier dichtung . 
gesetzt werden. V. 1, 2 — 4 1, 2, unhomerisch ist der aus- 
druck xadibavw = xaditw v. 8; v. 4 = IT 121 und o 70. 

Die direkte rede der Athene wird eingeleitet mit den 
worten ; 

27* 


420 Odyssee È 


totes 0 AInvaln Akys xndea noAM "Odvorog, 

prnoapévy uéAe yag of èwv iy duuats vuppns. 
Es fehlt also ein einleitendes verbum: Afye xijdea 27022’ = sie 
zühlte die vielen leiden auf, lässt überhaupt nicht auf eine nach- 
folgende direkte rede schliessen; uyyoœuéyn erinnert an a 28. 29. 
Vs. 29 gehörte dem rhapsoden an, also hatte der dichter vom an- 
fange des fünften buches die vom rhapsoden überarbeitete form der 
götterversammlung in « vor sich. 

In der rede der Athene (v. 7 flgd.) sind die vv. 8—12 — 
B 230—234, Im II, buche spricht sie Mentor zum versammelten 
volke der Ithakesier und macht ihnen hier mit vollem rechte vor- 
würfe. Der vorwurf richtet sich gegen die unterthanen des Odys- 
seus, v. 11 ws ovtis ufurgras Odvoojos 9t(ovo Aou», olciv &vacot, 
mathe d° ws qmoç jev, und doch wird dem, was die Ithakesier 
nicht thun, entgegengesetzt v. 13: 

GAN 6 piv iv vijow xettas xt. 

Diese worte müssten ihres gegensatzes wegen den positiven inbalt 
des vorwurfs zum ausdruck bringen: und doch sind die unterthanen 
unschuldig an der gefangenschaft des Odysseus. Diese füllt dem 
Zeus zur last. Der dichter von ¢ 7 flgd. wollte die Athene offen- 
bar einen vorwurf gegen Zeus aussprechen lassen wie in a, er 
benutzte die worte des Mentor und gerieth dadurch in widerspruch 
mit seiner eigenen absicht. Auch an sich ist dieser vorwurf un- 
passend bei dem zu tage liegenden zwecke der Athene, die götter 
zur ausfübrung von des Odysseus heimkehr zu bewegen. 

V. 13 = 721; 14—17 = à 557 = 580. 

d 557—560 spricht der meergreis die worte, um dem Me- 
nelaus von dem geschicke des Odysseus auskunft zu geben, wes 
sollen sie aber an unserer stelle, wo die götter ja genau über die 
lage orientirt sind, in der sich Odysseus befindet? Passend dagegen 
sind in « die vv. 50 flgd., in denen Athene durch eine schilderung 
des tiefen leides in Odysseus seele das mitleid der gôtter zu er- 
regen sucht. Dass Odysseus keine schiffe und gefährten hat, ist 
so schlimm nicht, wenn die gôtter den guten willen haben, ibn 
heimkehren zu lassen. Die erzühlung zeigt es ja. 

Man braucht nur weiter zu lesen, um überall reminiscenzen 
und flickwerk zu finden vv. 21 —22 = a 63-64. VV. 28-2 
setzen die fahrt des 'l'elemach voraus. 


Odyssee E. 421 


Der anfang des fünften buches ist ein elender flicken, der dem 
echten gedichte unseres rhapsoden aufgesetzt ist. Ohne grund 
kann niemand diese undankbare arbeit angetreten baben, die ver- 
anlassung liegt in dem bedürfnisse von der eingelegten partie (ll. 
I—IV) wieder zur echten erzählung zurückzuführen. 

e, 28 figd. Ganz der weise einer überarbeitung entspricht 
es, dass Zeus mit keinem worte seine zustimmung zur absendung 
des Hermes vor dem eigentlichen auftrage selbst ausspricht. Auch 
in « fehlen die entsprechenden verse. Mit sicherheit lassen sich 
solche im originale vor der absendung des Hermes annehmen. 
V. 52 figd. theilt Zeus dem Hermes die heimkehr des Odysseus in 
all ihren einzelheiten mit. Diese detaillirung hat keine berechti- 
gung, da sie weder auf die handlungsweise des Hermes nach der 
Kalypso bestimmend einwirken kann. V. 32: ovre dev moumm 
ovre Orgy» dvJ9gu nov steht ohne sichtbare grammatische und lo- 
gische beziehung. Nach dem üusseren gefüge der worte kann es 
ner zu cg xe végrus gehören, d. h. zu einem absichtssatze, die 
negation musste also uz sein. V. 33 heisst es nun weiter: 

GA Sy’ ini oyeding moAvdEopov miata macywr 

Auats x slxoo1® Syeglny tolfwdov Txcito. 
Der selbständige anfaug @Ad’ oy’ mit der starken betonung des 
subjekts weist unzweifelhaft darauf hin, dass der andere theil des 
gegensatzes gleichfalls ein selbständiger satz war und nicht eine 
blosse adverbiale bestimmung : 32 ovze edv non; ovrt Iynıwv 
ar3ourwr. Die verse können also nicht echt sein, ovre weist auf 
einen behauptungssatz, also werden die verse ursprünglich einer 
erzühlung über die erlebnisse des Odysseus angehört haben. Damit 
fällt die detailbeschreibung des Zeus auch mit rücksicht auf die 
composition der worte. In diesen versen zeigt sich wieder remi- 
niscenz bei reminiscenz: 34 = 1 363, 35 = r 279, 38 = 
y 136, y 341, 40 = v 138, 41 = d 475. Auch v. 32 wird 
eine einzelne reminiscenz gewesen sein. 

Als letztes moment für die unechtheit der verse führe ich an, 
dass Hermes in seiner botschaft dieses detail nicht erwühnt. Die 
vv. 41—42 sind gleich 114—115, also einen theil der worte des 
Zeus bat Hermes in seine botschaft übergenommen. V. 31 vooıov 
"Odvocjog tulaclpgovos, dsc xe véntay würde im inhalte dem re- 
ferate 113 entsprechen : tov viv 0° ruyear Gnontunéuty Orte 1á- 


422 Odyssee E. 


gsora. Es erscheint daher sehr wahrscheinlich, dass sich ursprüng- 
lich v. 44—42 unmittelbar an v. 31 anschloss, natürlich muss ox 
yao in aad Ér, verwandelt und v. 113 dazwischen gesetzt werde 
Im anfang der rede werden noch einige worte der zustimmung au 
Athene gestanden haben. 

Die einfügung jenes details verräth ein interesse des überar- 
beiters auf die erlebnisse bei den Pbaeaken hinzuweisen, ein be- 
streben, das sich schon oben in zwei füllen ergab. Der schiffbruch 
bei Scheria steht im engsten zusammenhange mit dem zorne de 
Poseidon. 

Mit der abreise des Hermes ist der nachdichter wieder zu den 
worten des originals gelangt, diese hatte er im ersten buche von der 
abreise der Athene verwendet und selbst nicht vergessen, dieser 
statt des Hermesstabes die lanze zu geben, auch die flügelschuhe 
muss sie borgen (e 44—46 = a 96—98). Bei dem attribut der 
lanze v. 99 ist der nachdichter abhüngig von versen wie x 185, 
A 12. O 482. o 551 v 127 = a 99; E 745, 747. O 890, 
891 — 100, 101. 

Wie elend diese ganze nachdichtung ist, hoffe ich deutlich 
gemacht zu haben. Wenn ich die zum theil übereinstimmendea 
oder widersprechenden urtheile anderer gelehrten nicht berührt habe, 
so ist dies aus rücksicht auf den umfang der abhandlung ge- 
schehen und in dem bewusstsein, dass ich eine anzahl neuer punkte 
in die beweisfiibrung gezogen habe, die geeignet sind, dem ganzen 
ein neues licht zu geben. 


IH. 
Hermes und Kalypso. 


V. 48—91. Die rede des Hermes (97 flgd.) enthält that- 
sächliches aus der geschichte des Odysseus 105—111. Man hat 
die mit 133—134 und n 251 übereinstimmenden verse schon im 
alterthume gestrichen. Ein scholion erklärt sie für egırzoi xoi 
006 v)» foroglav wayduevos (Kóchly de Od. carm. disc. 1, p. 14). 
V. 112 weist rdv »vy auf den Odysseus als eine näher vorher be- 
stimmte persönlichkeit hin. Streicht man die fraglichen verse, so 
fehlt diese nähere bestimmung, denn diese lüsst sich nicht in v. 105 
finden: gyot tos avdoa nageivus ditupuitator adda», es liegt in 


Odyssee E. 423 


diesen worten kein merkmal, das die identität des Odysseus klar 
legte. Der hinweis mit zov fordert, dass etwas thatsächliches von 
Odysseus ausgesprochen war. — Fielen die verse fort, so hätte 
die erwühnung des sturmes und der Griechen frevel keinen siun, 
da beides ohne beziehung auf Odysseus stünde. Der sturm muss 
in beziehung zu des Odysseus aufenthalt bei Kalypso gedacht wer- 
den, dieser sturm trieb ihn eben an die küste von Ogygia. 

Schlecht sind allerdings die verse und ungenau scheint 108 
gesagt zu sein: azao àv voor "Aÿmvalyy dA(rovro. Oder setzt 
diese stelle eine andere veranlassung des zornes voraus als die 
gewöhnliche überlieferung? Trotzdem kann es nicht zweifelhaft 
sein, dass die verse beibehalten werden müssen, Nach dieser er- 
zählung wäre Odysseus also aus dem allgemeinen sturme nach 
Ogygia verschlagen, bis zum sturme fuhr er mit den übrigen hel- 
den zusammen, Es bleibt somit kein zwischenraum für die aben- 
teuer und irrfahrten vor der landung auf Ogygia. Es fallen damit 
für unsere erzählung fort die erlebnisse beim Polyphem und damit 
die schon oben verdächtigten stellen über den zorn des Poseidon 
und im zusammenhang hiermit die landung bei den Phaeaken. Es 
fällt fort der frevel an den rindern des Helios und damit die oben 
besprochene stelle im prooemium; gleichfalls ohne berechtigung 
würde vom Odysseus gesagt sein, dass er vieler menschen städte 
gesehen habe und weit umhergeschlagen sei. Der vortrag des rbap- 
soden beschrünkte sich also auf einen müssigen umfang, der die 
rückkehr von Ogygia und den freiermord in sich schloss. Ein 
Odysseus ohne irrfahrten ist mythisch vollkommen in der ordnung, 
so frappirend dies dem gefühle so manches erscheinen mag; eine 
spütere abhandlung soll dies zeigen. 

Doch sind die verse in der rede des Hermes und diese selbst 
sehr mangelhaft. Die sendung des Hermes zur Kalypso ist die 
nothwendige fortsetzung des götterrathes, und doch kann diese 
nicht ursprünglich mit der entsendung des’ Odysseus zusammen- 
gehórt haben. Diese ist vollstindig entstellt durch die mitwirkung 
des gütterboten. Der nachweis dieser thatsache wird nun nicht 
blos zeigen, dass die vorliegende form der botschaft späteren ur- 
sprungs ist, sondern dass die wirkliche beimsendung überhaupt eine 
solebe botschaft nicht voraussetzen konnte. Damit müsste auch 
der götterrath fallen, d. h. das bindeglied zwischen dem nostos des 


424 Odyssee E. 


Agamemnon und Odysseus, Ist dies bindeglied als unecht erwiesen, 
so fallen beide nosten als ursprünglich getrennt auseinander. Der 
verfasser des originals 4 hatte also zu seiner umfassenden kom- 
position fremde dichtungen benutzt und diese zu einem ganzen zu 
vereinigen gesucht. — Dies ist das ziel und die consequenz der 
untersuchung. 

Der flug des Hermes (v. 51) über die see wird verglichen 
mit der einer Adgog Ogvic, einer möve. Nach dem vergleiche fliegt 
der gott unmittelbar über dem wasser, bald taucht er hinein, bald 
schwebt er darüber. Ja er muss wohl zumeist im wasser ge- 
dacht werden, denn v. 56 heisst es von der ankunft auf der insel 
ix nôvrou Bac. Dieser flug ist thöricht, Hermes wird gewiss 
nicht auf- und abtauchen. Sehr schon wäre das bild von einem 
in stark bewegter see schwimmenden menschen, der von den wellen 
bald in die hóhe geworfen bald in die tiefe hinabgezogen wird, 
z. b. vom schiffbrüchigen Odysseus. Nur auf einen solchen passt 
jenes àx móvrov Pac. 

V. 73: 39a x Enesta xal GJavaroc neg EneiIWr 

Innoasıo Wav xai tagpFeln pesci How. 

Die schönheit der umgebung könnte selbst einen gott in staunen 
setzen, es kann nach der situation also nicht ein gott sein, der 
die umgegend bewundert, nur ein mensch, z. b. Odysseus. Es 
konnte nicht fortgefahren werden: 

É9o crac Iysizo didxtogos “Aoysspovens, sondern x, b. 

+ + . MoAvtAag dios Odvoceuc. 
Die verse sind nicht ursprünglich von der ankunft eines gottes auf 
Ogygia gedichtet, sie weisen mit nothwendigkeit auf die eines 
menschen, die vermuthung ist also nicht abzuweisen, dass sie ur- 
sprünglich von des Odysseus ankunft bei der nymphe gedichtet 
waren Die beweisstellen werden sich noch mehren. Dadurch, 
dass des Odysseus schicksal mit dem der übrigen trojanischen hel- 
den verknüpft wurde, musste mit seiner rettung aus dem allge 
meinen sturme auch die der übrigen erzählt werden. Eine detail- 
schilderung wurde damit unmöglich, der dichter von A konnte 
also die ausführliche erzühlung seiner vorlage von Odysseus nicht 
in allen punkten verwerthen. Er gab nur kurz die rettung des 
Odysseus an. Den überschuss von versen benutzte er aber sur 


Odyssee E. | 425 


yenen erzühlung von des Hermes botschaft. In beiden fällen ist 
die situation ühnlich. 

Anstóssig ist in v. 85 flgd. das fehlen einer formel zur ein- 
brung der direkten rede. Auffallend ist ferner, dass Kalypso 
n Hermes ohne gruss empfängt?) und sogleich nach seinem ge- 
erbe fragt, ohne auch nur die antwort abzuwarten.  Hielt der 
chter eine bewirthung für geboten, so musste diese jener frage 
rausgehn. 

V. 98: xépacce dì véxtag 2ouF gov. 

18 beiwort 2gvJgoc wie das xéoaoce passen nur zum weine. Die 
deutung eingiessen, in der Aristoteles das wort nahm, ist ohne 
alogie. Also wieder ist von der bewirthung eines menschen die 
de. Mit richtigem takte halten die scholien das 7ouge Jvuoyr 
wj für unpassend vom gotte gesagt. So hiess es ursprünglich 
m Odysseus. 


Die rede des Hermes. 


V. 97: elowräg pw’ Sovran Fed Pedy. 
iverständlich ist an unserer stelle der gegensatz Fea Fedv, solche 
yndeta dienen dazu, energisch zwei verschiedenen personen einen 
eichen begriff zu vindiciren oder abzusprechen (z. b. 29£1wy 
‘élououy). Was soll diese energie an unserer stelle? Wäre 
lysseus hier sprechende person und nennte sich fgoróv, so wäre 
r gegensatz vollständig in ordnung, da Odysseus als mensch die 
ittliche und darum überlegene Kalypso fürchten und in seiner 
itheilung vorsichtig sein musste. 

V. 97—98: avido éyw tos 

ynpegtiwg tov uvdor Imonjow xélsas yaQ. 
ne solche sprache setzt den freien entschluss des sprechenden 
raus, Hermes aber muss dem Zeus gehorchen, für ihn ist nicht 
und xéleus yàg. Es kann der ausdruck nur heissen: ich will 
» wabrheitsgetreu die geschichte erzáhlen, eine solche hat Hermes 
bt zu berichten, sondern nur einen befehl zu überbringen. Also 
ch hier werden wir auf eine erzühlung des Odysseus geführt. 

V. 99. Dass Zeus den Hermes oùx ê9élovra zur Kalypso 
schickt, ist unrichtig und bei seinem wesen als botengott lücher- 


2) Tints pos sibilouSas ist sehr thöricht von Ameis für eine be- 
issungsformel erklürt. 


426 | Odyssee E. 


lich. Ueberhaupt ist es unwürdig, wenn der gott über den langen 
weg klagt, was sollen ihm unterwegs die städte und hecatomben, 
will er hier station machen und sich restauriren? Vollständig an- 
gemessen ist eine solche sprache für einen durch des Zeus wetter 
an den üussersten erdrand verschlagenen mann, wie Odysseus, nur 
müssten natürlich die auf Hermes berechneten hecatomben fallen. 

V. 116—117. Die einführenden worte der antwort sind aus 
v. 171 —172 entlehnt. Also die ganze erzühlung von Hermes 
botschaft stellen sich als nachdichtung heraus. 


Kalypso und Odysseus. 


Diesem sachverbalte entsprechend ist mit der entfernung des 
Hermes auch jede spur seiner botschaft entschwunden, Kalypso 
spricht mit keinem worte davon zum Odysseus. Als grund der 
heimsendung giebt sie 190 flgd. ihr mitleid mit dem helden an 
und zwar in einem zusammenhange, der jeden zweifel an der auf- 
richtigkeit der worte unmöglich macht, Sie stehen in unmittel- 
barer verbindung mit dem feierlichen eide, dem helden nicht scha- 
den zu wollen. — Was sollte überhaupt das motiv der güttin 
gewesen sein, den befehl des Zeus zu verschweigen, — scham! 
V. 168— 170 erkennt sie unumwunden die überlegenbeit der 
olympischen gótter an. Und hütte der dichter dies motiv dennoch 
verwenden wollen, so hätte er doch eine silbe davon sagen 
müssen. 

Die erziblung selbst ist natürlich durch jenen einschub ia 
verwirrung gerathen, Die göttin versucht nach ihrem feierliches 
eide noch einmal den helden von der fabrt abzubringen. Un 
nütze zeit wird mit der zwecklosen unterhaltung in der höhle 
verloren. 

Odysseus sitzt weinend am meeresgestade, erwühnt war dies 
schon 81—84, v. 83— 84 = 157 — 156 und auch $22’ der 
xa3iuevos ist aus 151 entlehnt 2n’ axıng xadmuevor. Die vr. 
154 — 158 enthalten nicht eine schilderung von des Odysseus 
kummer für den besonderen fall, wie nach dem eingange 151: 
tov d° ag’ im üxıng edge xadypuevov und nach der situation über- 
haupt zu erwarten war. Es wird ganz allgemein der ausdruck 
seines schmerzes beschrieben, wie er sich zu verschiedenen seiten 
und an verschiedenen orten zeigt. Nach v. 153 war in der erste 


Odyssee E. | 427 


erzühlung beschrieben, wie der held allmählich des sinnlichen ver- 
kehrs und der reize der güttin überdrüssig wird, und wie dies die 
qualen des heimwehs noch verstärkt. — Sicher sind unsere verse 
ein rest der ursprünglichen erzäblung, in der das leid des Odysseus 
zusammenhüngend beschrieben wurde. Eine ergünzung bilden wohl 
die verse der Athene a 55 flgd. das heimweh und der nymphe 
lockungen waren echte züge jener erzählung. 

V. 161: 707 ydo ce pala ngoggaoc anonsuypw und 
doch hatte die nymphe wenige verse vorher dem Hermes erklärt 
v. 140: zn£yuyo dé puy o9 tywye. 

V. 162: @ aye doupara xrÀ. Die aufforderung der güttin 
zum bau des flosses ist auf unmittelbare ausführung berechnet, die 
nur durch des Odysseus bedenken aufgeschoben werden konnte. 
Waren die bedenken gehoben, so sollte und musste der bau sofort 
beginnen. Die worte setzen also eine situation voraus, nach der 
Odysseus nur das bandwerksgerith zu ergreifen brauchte, sich also 
mit Kalypso in der hóhle befinden musste, Die verlegung an den 
strand verdanken wir dem besuche des Hermes, bei dem Odysseus 
entfernt werden musste und zwar mit den aus 157—188 ent- 
lehnten versen 83 —84. Die nymphe musste den Odysseus zurück- 
führen, dabei theilt sie ihm 'den plan mit. Die rückkehr in die 
bóhle war nöthig, um das handwerksgerüth zu holen. Da die 
abreise hier nun nicht zum zweiten male verhandelt werden konnte 
so legte der verfasser von 4 jenen unglücklichen versuch ein, 
den Odysseus von der fahrt abzubringen, zu der die nymphe ihn 
selbst bestimmt hatte. 

Bezeichnend setzt mit dem schluss dieser eingelegten erzäh- 
lung die echte fortsetzung mit einem vollständig unpassenden 
verse ein: 

xai tot Odvooni peyadnrogs dero nopmiy. 
Der überarbeiter hatte ihn aus irgend einer stelle im gedächtnisse 
behalten und hier zum übergang gebraucht, obgleich das u5jósc9a, 
lingst vorhergegangen war. — Bei der nachdichtung von des 
Odysseus gesprüch mit Kalypso mag wohl die echte erzühlung von 
der ersten nacht benutzi sein, sowohl bewirthung als beilager. 

Von leiden des Odysseus auf der heimfabrt 109—170 kann 
Kalypso nach der erzühlung nichts bestimmtes wissen, sind diese 


428 Odyssee E. 


verse echt in einem theile des originals, so können sie nur als 
ein schreckmittel gelten. 


Vs. 219 — 220: alla xai we 896m xal douar 7 wate 
BAYT 
olxade 7’ 2PEusvas xoi voonuor quag WéoPus. 

Diesen worten kann die festsetzung der heimreise nicht vorange- 
gangen sein, denn alle tage hofft Odysseus noch auf die heimkehr. 
Die verse lassen also mit sicherheit darauf schliessen, dass das 
original des dichters von 4 eine erzählung enthielt, in denen diese 
verse am platze waren. Möglich wäre allerdings, dass sie aus 
der III pers. in die I umgesetzt wären, ebenso möglich erscheint es 
jedoch, dass jenes original eine episode enthielt, in der die nymphe 
den helden von der heimkehr abzubringen suchte und dass hieraus 
unsere vorliegende erzählung umgearbeitet ist. Dass die nymphe 
hierbei auf die gefahren der seefahrt hingewiesen hat, ist sehr 
wahrscheinlich, und dem würde des Odysseus antwort entsprechen: 


e d attic balnos Dewy dvi olvom norte, 
zAnoouos iv corn deco Eywv tadanev3ta Fvuov 


VV. 225—227 sind flickverse. 


Das resultat der untersuchung ist also folgendes: ein rhapsode 
schied aus einer umfassenden nostendichtung die geschicbte des 
Odysseus aus. Er veränderte am anfang vielleicht einiges, was in 
direkter beziehung zum vorhergehenden stand und fügte ein kurzes 
referat hinzu zur aufklärung der situation. Sein original 4 kannte 
keine abenteuer des Odysseus zwischen dem schiffbruch der grie 
chischen flotte und des Odysseus ankunft bei der Kalypso. Ueber 
die schicksale des Odysseus benutzte der dichter von A ein ge 
dicht, das er durch eine gôtterversammlung und eine botschaft des 
Hermes mit dem vorhergehenden, dem nostos des Agamemnon und 
der rache des Orestes verband. Dadurch wurde die zu grunde 
liegende erzühlung verstümmelt und entstellt, A hatte sich mit der 
schilderung des sturmes begnügt, kurz die rettung des Odyssess 
nach Ogygia erwähnt. Die echte erzählung von des Odysseus am 
kunft bei der Kalypso benutzte er zur botenscene des Hermes. — 
Das original von 4 muss ungefähr folgendermassen erzählt 
baben: Odysseus schiff ist im sturme zertrümmert, seine gefährten 
sind untergegangen, er selbst rettet sich auf einem balken durch 


Odyssee E. 429 


die sturmbewegte fluth nach Ogygia. Er durchwandert die insel, 
kómmt zur grotte der Kalypso staunend über die schónheit der 
umgebung. Die nymphe nimmt ihu gastlich auf und lebt bei ihr 
im genusse ihrer reize. Diese werden ihm allmählich überdrüssig, 
und er sehnt sich zurück in die heimath. Die vorstellungen der 
nymphe helfen nicht, bis sie ihm die abfahrt bewilligt. 


Zeitz. Ph. Wegener. 


Soph. Elect. 47: 


ayyehhe Ó' Ogxm nooçtedeic oJovvexa 
Te$vnx’ Ogkorns, 

hat ogxq 790c123tic bekanntlich eine menge conjecturen hervorgerufen, 
zunüchst wegen des dativs: aber dass sprachlich gegen diesen nichts 
einzuwenden zeigt Arist. Av. 1001 vergl. mit Fritzsch. Quaest. Lu- 
cian, p. 113: um ógx« recht hervorzuheben ist die etwas auffallende 
construction gewählt. Aber trotzdem ist hier ein fehler: denn von 
diesem eide ist im folgenden gar keine rede, der pädagog benutzt 
ibn gar nicht: nun wird aber im folgenden ich möchte sagen jedes 
hier im prolog gesprochene wort weiter ausgeführt, nüher bestimmt, 
berücksichtigt. Dazu kommt, dass die aufforderung zu einem fal- 
schen eide ohne alle noth sehr auffallend: es ist klar, von So- 
phokles kann dies nicht herrühren, es rührt vielmehr von dem her, 
der unt. vs. 59—66 eingeschoben und beabsichtigt hat, den Orest als 
leicht den auftrag des Apoll nehmend darzustellen. Denn dass diese 
verse unecht sind, zeigt ausser anderem besonders vs. 63 ora» do- 
povc "EX9woiw audıc, da das nur von einem gesagt sein kann, der 
in frieden aus seinem hause gegangen, nicht also wie Orest, s. ob. 
vs. 10: es müsste nutgic, douor nozQQo, drgl. gesagt sein. So 
hat denn vs. 47 ursprünglich vielleicht ws #277Uuws gestanden, woran 
metrisch kein anstoss zu nehmen: auf diese weise würde die wir- 
kung von unt. vs. 1452 sehr erhöht werden, Uebrigens könnte 
ngostsdets auch möglicherweise echt sein, wenn ein @44@ oder 
xava oder ógJà oder ein anderes adjectiv dieses sinnes dabei stünde: 
natürlich wird dabei die echtheit von vs. 49. 50 festgehalten: dann 
ist die ganze erzühlung vs. 680 figg. schön vorbereitet. 

Ernst von Leutsch. 


XII. 
Pindars zweite pythische ode. 


Kaum ein anderes gedicht Pindars bietet der erklärung » 
grosse schwierigkeiten dar wie dieses. Trotz der vielfachsten be 
mühungen hat bis jetzt noch kein erklürer ein auch nur halbwegs 
befriedigendes resultat erzielt. Es ist dies um so befremdender, 
als durch Boeckhs untersuchungen die abfassungszeit ziemlich sicher 
gestellt ist (ol. 75, 4 = 477), und die damals am hofe Hieres 
und in Sicilien überhaupt herrschenden verhältnisse so klar und 
vollstándig als man es nur wünschen kann dargelegt sind. 

Hiero hatte etwa ein jahr vor der entstehung des gedichts 
(ol. 75, 3) die herrschaft von Syrakus angetreten; er hatte soebea 
seine macht an Anaxilaus, dem tyrannen von Rhegium, bewiesen, 
dessen versuch sich Lokris zu bemüchtigen an seinem  einspred 
scheiterte. Die spannung zwischen Hiero und seinem jüngern bre 
der Polyzelus, dem Gelo seine gemahlin Demarete und die ver 
mundschaft über seinen sohn nebst dem oberbefehl über das heer 
hinterlassen batte, war bereits auf das höchste gestiegen, so dms - 
sich der letztere genöthigt sah, zu seinem schwiegervater The | 
nach Agrigent zu fliehen; der krieg mit dem letzteren stand i 
maher aussicht. Hieros herrschaft fehlte es also weder an kriege 
rischer thütigkeit noch an kriegsruhm. Er galt bereits mit recht 
für den mächtigsten fürsten der insel. Beliebt war er aber nicht; 
denn es scheint, dass schon frühe die schlimmen seiten seiner net 
hervortraten, die, von ehr- und gewissenlosen hôflingen ausge 
beutet, den aufenthalt an seinem hofe und in Syrakus iiberbaspt 
für freigesinnte und selbstständige männer unbebaglich, ja well 
gar gefährlich machten. Die eigenmüchtigkeit und gewaltthätigkeit 


Pindaros. 431 


seines auftretens musste bei dem volke, dem das biedere, leutse- 
lige benehmen Gelos noch in dankbarer erinnerung war, einen 
üblen eindruck machen und wohl auch revolutionsgedanken wach 
rufen. Diodor erzählt uns (11, 67): qv xai qiÀdgyvgog xal 
Biasos xai xadclov tig dnAÀorgrog xa) xaloxdyadtas rádsigoU 
&Alorguorarog. dsò xal mhslovés veg aploractas 
BovAduevos nagaxaréoyor zac ld(acg oquac dia tiv Félwvos 
dota» xal mv slg toùs aravras Zixeduwras evvoray. Diese unzu- 
friedenheit des volkes, die dem fürsten nicht entgehen konnte, 
musste ihrerseits wieder dazu dienen, seiner neigung zum miss- 
trauen nahrung zu geben. So bürgerte sich an seinem hofe mehr 
und mehr jenes spionirsystem ein, das einen trüben schatten über 
seine sonst ruhmreiche regierung wirft und ihm gerade den besten 
theil seiner mitbürger und zeitgenossen entfremdete. 

Unter solchen verhültnissen wurde die vorliegende ode ge- 
dichte. Man sollte meinen, sie müssten zum verständniss des 
gedichtes ausreichen. Wenn dasselbe noch besondere vorgünge zur 
voranssetzung hätte, so dürfte man wohl erwarten, dass uns dar- 
über specielle mittheilungen von den alten erklärern überliefert 
worden wären. Dies ist aber nicht der fall. 

Dass das gedicht einen sieg Hieros, und zwar einen wa- 
gensieg feiert, hätte angesichts der einleitenden verse (1—12) 
nicht bezweifelt werden sollen. Dass dies allerdings kein an 
einem der vier grossen nationalspiele davongetragener war, hat 
Boeckh nachgewiesen. Ob wir aber mit ihm an einen sieg in den 
thebanischen lolaeen oder Herakleen zu denken haben, muss dahin- 
gestellt bleiben. Jedenfalls haben wir es mit einem ge- 
fegenheitsgedicht zu ehren des siegreichen Hiero 
su thun. Dies werden wir vor allem festzuhalten haben. Wir 
halten deshalb jed!e erklärung für unrichtig, welche unser gedicht 
entweder zu einer strafpredigt stempelt, oder für eine samm- 
lung von guten lehren und rathschlägen ansieht, die 
man mit mühe und noth, aber nicht ohne gewaltthütigkeit zu einer 
wenigstens äusseren einheit zu verbinden verstand. Das letztere 
widerstreitet durchaus dem character eines des Pindar würdigen 
kunstwerks, von dem man mit recht erwarten darf, dass es die 
weitgeschichtlichen zustünde, die seine voraussetzung und zugleich 
weinen inhal bilden, zu einer würdigen einheitlichen idee ver- 


432 Pindaros, 


knüpfen und in ein höheres licht verklären wird. Die annahme 
hingegen, dass Pindar den auftrag für Hiero ein siegeslied zu 
dichten so habe missbrauchen dürfen, dass er ihn vor tausenden 
von festgüsten an den pranger stellte, indem er ihm seine fehler 
vorhielt und ihn vor der ausführung schlechter absichten warnte, 
ist so ungeheuerlich, dass man sie gar nicht für möglich halten 
würde, wenn sie sich bei der erklürung der pindarischen gedichte 
nicht thatsächlich oft genug geltend machte. Solche unmüglid- 
keiten sollten doch endlich einmal aus den commentaren Pindars 
verschwinden. Die oft gehörte berufung auf die freimiithigkeit 
der alten und Pindars insbesondere macht die sache nicht besser. 
Auch die alten waren menschen wie wir; auch sie hatten sches 
und ehrgefühl wie wir und liessen sich nicht vorwürfe über i 
sittliches verhalten ins gesicht schleudern, ohne zu errüthen, wem 
diese berechtigt waren, ohne sie mit aller entschiedenheit zurück- 
zuweisen, wenn sie unberechtigt waren. Und Hiero wäre gem 
gewiss der allerletzte gewesen, der so bedeutende kosten dare 
gewendet hätte, um sich unter grossem pompe vor der menge sei- 
ner unterthanen von einem dichter den text lesen zu lassen. — 
Auch die hinweisung auf den von Pindar allerdings wohl er 
kannten gôttlichen beruf des dichters als eines sehers und priesters 
kann hiefür nicht zur erklärung dienen. Denn die beiziebung 
eines dichters zu einer festfeier war eine durchaus freiwillige 
sache, und für éinen dichter, der sein amt nicht ohne verletzung 
des auftraggebers glaubte ausführen zu können, gab es jedenfall 
immer drei andere, welche zur übernahme bereit waren, ohne se 
gleich einen missklang in die festfreude zu mischen. Die analogie 
mit unsern geistlichen, welche ja auch oft genóthigt seien, de 
müchtigen bittere wahrheiten zu sagen, würde nur dann passes, 
wenn diese nicht kraft ihres amtes oft auch da reden müssten, we 
sie nicht aufgefordert werden. Kurz, — Hiero wollte vos 
Pindar lobgedichte und siegesgesünge, und lobge 
dichte und siegesgesánge auf Hiero hat Pindar ge 
dichtet, 

Sind diese bemerkungen begründet, so fallen so ziemlich alle 
bisherigen erklürungen des gedichts. Zunächst werden wir die 
Boeckhs und Dissens aufgeben müssen. Der erstere bezieht das 
gedicht auf den krieg Hieros mit Polyzelus und Thero, auf dit 


Piudaros. 433 


nachstellungen, die Hiero angeblich gegen das leben seines bruders 
Polyzelus machte und auf das bestreben Hieros die Demarete in 
seine gewalt zu bringen. In Ixion, der zuerst verwandtenmord 
begangen und die gemahlin des Zeus begehrt habe, solle Hiero 
sein warnendes gegenbild erkennen. Der letzte theil des gedichtes 
aber sei Zur bekämpfung der höflinge bestimmt, die zum unge- 
rechten dnd verderblichen krieg riethen. Die einheit des gedichtes 
wird hier allerdings gewahrt, dagegen vertrügt sich, auch abge- 
sehen von der unberechtigten parallele zwischen Hiero und Ixion, 
das lob der kriegerischen tugenden Hieros, wie schon Hermann 
und Mommsen hervorgehoben haben, schlecht mit der abmahnung 
von einem krieg, und endlich hatte Pindar kaum ein schlechteres 
mittel wählen können, den Hiero gegen seine höflinge misstrauisch, 
sich selbst aber wieder geneigt zu machen, als indem er ihn der 
schlimmsten verbrechen beschuldigte. — Nicht viel verschieden 
hievon ist die Dissensche erklürung: das gedicht schildere das ideal 
eines fürsten, der macht mit weisheit vereinige. Hiero besitze 
die erstere, ermaugle aber der letzteren. Er werde deshalb zwar 
wegen seiner macht gepriesen, zugleich aber, theils durch das bei- 
spiel Ixions, dessen frevel ihm nicht fremd seien, theils direct zur 
weisheit ermahnt. — Einen ganz andern weg schlägt Hermann 
ein: das gegenbild Ixions sei nicht Hiero, sondern vielmehr sein 
gegner Anaxilaus von Rhegium, der feind der Lokrer. An ihm 
zeige sich, wie die undankbarbeit bestraft werde und eine der 
weisheit ermangelnde macht in sich selbst zusammenstürze. Hiero 
dagegen werde gerühmt wegen seiner unvergleichlichen macht und 
weisheit, welcher auch schmühsüchtige, wie Bacchylides, nichts an- 
zuhaben vermöchten. Während Pindar hiemit seinen gegner Bac- 
chylides zu verdüchtigen suche, warne er im letzten theil den für- 
sten überhaupt vor den einflüsterungen seiner unehrlichen hóflinge 
und betone dagegen seinen eigenen ehrenhaften und wahrhaftigen 
character, durch den er sich auch den beifall Hieros zu erwerben 
hoffe.. So im wesentlichen auch Mommsen, nur dass dieser noch 
weiter geht und den letzten theil (von v. 73 an) vom gedichte 
ganz lostrennt, da er privatangelegenheiten behandle und gar nicht 
zum öffentlichen vortrag bestimmt gewesen sei. Beide letztere er- 
klürungen sind unhaltbar, weil 1) durch sie die einheit des ge- 
dichts aufgehoben wird, 2) der beweis nicht geliefert ist, dass 


Philologus. XXXV. bd. 8. 28 


434 Pindaros. 


Anaxilaus dem Hiero zu dank verpflichtet gewesen sei, 3) das le- 
ben des Anaxilaus keine ühnlichkeit mit den freveln des Ixion auf- 
weist, und endlich 4) Anaxilaus für Hiero und seine herrschaft 
keineswegs von solcher bedeutung war, dass seine bekümpfung in 
den mittelpunct eines siegesliedes hätte gestellt werden können. — 
Richtige und gesunde gedanken über unsere ode finden sich ohne 
zweifel bei Hartung. Was er über das an Hieros hofe herrschende 
spionirsystem, über die natur der kläffer, die sich auch den edelsten 
an die fersen hángen, und die beste art sie los zu werden, endlich 
über das wesen des neides sagt, der sich selbst bestraft, das ist 
alles ganz in der ordnung. Allein — es sind das nur einzelue 
momente, durch welche der reiche inhalt des gedichtes noch kei- 
neswegs erschópft wird, uud überdies hat es Hartung unterlassen, 
sie auf eine innere einheit zurückzuführen. — Ganz anders ver- 
führt der neueste ausleger, Leopold Schmidt. Das gedicht meint er, 
sei gar kein siegeslied, sondern eine absageepistel auf eine an 
Pindar ergangene einladung zu einem besuch in Syrakus. Die 
bekannte von Pindar dem Simonides gegebene antwort mache es 
wahrscheinlich, dass sich Pindar erst nach wiederholter einladung 
entschlossen habe, an den tyrannenhof zu kommen. Es dürfe aber 
gerade die abfassungszeit unserer ode, kurz nach Hieros thronbe- 
steigung , für die erstmalige eiuladung der passendste zeitpunct 
gewesen sein. Schmidt gibt uns auch die motive der einladung 
an: der fürst wollte dem dichter ein asyl gewähren, da diesem 
nach seiner vermuthung der aufenthalt in Theben, wo sich gerade 
damals das demokratische element immer breiter machte, unertrüg- 
lich sein musste. Der dichter belehre ihn aber in diesem absage- 
brief eines andern: er komme nicht, denn einerseits fürchte er sich 
in so nahe persönliche beziehungen zu dem mächtigen fürsten zu 
treten, andererseits finde er es unter seinen mitbürgern gar nicht 
so unbehaglich. Jenes sage er durch die mythische partie, dieses 
durch den zweiten theil des gedichts. Der Ixionmythus habe also 
sein gegenbild in Pindars eigenen verhültnissen, doch so, dass der 
dichter die nachtseite des mythus dazu benutze, um die gegenwart 
damit in contrast zu setzen: er wolle nicht das schicksal Ixions 
theilen, der sich in unmittelbarer nähe seines höchsten gönners 
sonnte und darauf den schmühlichsten fall that.  Freilich theile er 
dessen sinnesart nicht; denn während lxion ein verwandtenmórder 


Pindaros. 435 


und übermüthig gewesen sei, habe er gerade die entgegengesetzten 
eigenschaften der dankbarkeit, friedfertigkeit und. genügsamkeit. 
Diese würden dann im zweiten theile nachgewiesen. Die ver-- 
knüpfung beider theile biete dem verständniss allerdings einige 
schwierigkeiten dar, indem sich v. 54 ff. auf ein uns unbekanntes 
verhültniss beziehe, da wir nicht mehr anzugeben vermöchten, wer 
der „zweite“ Archilochus war, dessen schicksal Pindar zu theilen 
fürchte. Jedenfalls aber lasse er sich durch das schicksal „eines“ 
Archilochus von schmähungen abhalten. Schmidt enthält uns auch 
den grund nicht vor, aus dem Pindar sich daran erinnert: Hiero 
habe von ihm die bekämpfung des thebunischen demos verlangt. 
Diese zumuthung werde durch die behauptung zurückgewiesen, dass 
ein gerader character es unter jeder staatsform auszuhalten ver- 
müge. So drehe sich also der zweite theil um Pindars verhält- 
niss zu seinen mitbürgern, der erste um das zu Hiero, und beide 
vereinigt güben eine beschreibung seiner stellung, insoweit sie auf 
seinen gegenwärtigen entschluss von einfluss gewesen sei. Zur 
beurtheilung dieser auslegung war es nóthig sie ausführlich dar- 
zulegen; jedenfalls gebührt ihr das verdienst der neuheit. Es will 
zwar noch manches hier nicht recht zusammenstimmen; so sieht 
man namentlich nicht recht ein, weshalb denu Pindar das schicksal 
Ixions so sehr fürchtet, wenn er doch so zuversichtlich behaupten 
kann, dass er keine eiuzige von dessen schlechten eigenschaften 
hat, ja, wie der nachfolgende katalog beweisen soll, ein wahres 
tugendmuster ist. Aber jedenfalls macht diese erklärung dem vor- 
stellungsvermógen ihres urhebers alle ehre, und es ist nur zu be- 
klagen, dass uns die scholien über alle die puncte, auf denen die- 
ses schine gebüude beruht, hartnückig jede auskunft verweigern: 
kein wort von einer einladung, kein wort von einer ablehnung, 
kein wort von dem erhaltenen auftrag die thebanische demokratie 
zu bekämpfen, kein wort davon, dass es in Theben oder anderswo 
einen zweiten Archilochus gegeben habe. Vielleicht gelingt es 
Schmidt noch, belege für all diese hypothesen aufzufinden; bis da- 
hin können wir seine erklärung für nichts anderes halten, als für 
ein phantasievolles gemälde, das eine widerlegung uumôglich 
macht. — Doch, um zur sache zu kommen, vergegenwärtigen wir 
uns kurz zunächst den inhalt des gedichtes. 


28 * 


436 Pindaros. 


Syrakus, dem kriegerischen Aresvolke, der stadt eisengeri- 
steter männer und rosse, bringt der dichter die erfreuliche kunde 
von einem sieg mit dem rasselnden viergespann. Die stadt ver- 
dankt diesen neuen schmuck Hiero, dem lieblinge der götter, dem, 
wenn er zu Poseidon betend den glänzenden wagen besteigt, Ar- 
temis selbst und Hermes die füllen anschirren (v. 1— 12 zeo- 
olpiov). 

Jegliches verdienst muss aber sein lob finden; so preisen die 
Kyprier den Kinyras, den liebling Apollos, Denn die ehrerbietige 
dankbarkeit treibt es, sich zur erwiederung für empfangene wohl. 
thaten irgend einen!) ausdruck zu geben, und so preisen denn 
auch die Lokrer den Hiero, weil er ihnen ruhe vor den feinden 
verschafft hat (v. 13—20 Goya). Dass man den wohlthüter ehren 
muss, zeigt auch die strafe, welche den Ixion traf, der, undankbar 
für die von den Kroniden erhaltenen wohlthaten, sich frevelhafter 
weise über das ihm beschiedene mass erhob und deshalb zur strafe 
von den göttern so tief gestürzt wurde. Denn die gütter können 
alls, was sie wollen; ihrer macht ist jeder unterworfen, wer er 
auch sei (v. 21—52 óugaAoc). | 

Gewarnt durch das beispiel des Archilochus will ich zwar 
nichts schlimmes sagen, aber das muss ich doch aussprechen, dass 
nur die mit weisheit verbundene macht wahres lob verdient (v. 
902—506 pueruxatatgora). 

Darum muss man den Hiero wirklich glücklich preisen, der 


1) Friederichs ging mit recht wieder auf die vulgata nos n»og zu- 
rück, erklärt sie aber falsch; denn zoí wird nirgends für zov ge- 
braucht. Als object zu ayes hat man aus gélwy «vii Eoywr zu ent- 
nehmen tovs evepysrnSévras, wenn man es nicht lieber absolut fasst: 
die dankbarkeit treibt, drüngt. Das viel des treibens wird 
durch zoí angegeben: irgend wohin d.h. sie will irgend einen 
ausdruck haben, um etwas an die stelle der wohlthaten zu setzen; 
und wenn die mittel zu anderer vergeltung nicht da sind, so findet 
die y&gss ihren ausdruck eben im wort, im lob, im $uwog says 
(v. 14). Diesen gegensatz von thaten und worten hat auch der scho- 
liast erkannt: posvegyemdeis Uno "lépovog viv dueiferas aëroy ris 
duvoss xai Éyxwpios. avti yao Eoywv i ydess Ayes TOY nosgtir 
elc 10 Àéyesv xaè ouveiv, ros ó usc9óc. Dies liegt aber im wesen 
der ydess, denn sie ist onıloueve d. h. voll ehrerbietung. Dieses bei- 
wort findet seinen bedeutsamen gegensatz v. 28, wo die #fgs¢ als die 
quelle der undankbarkeit Ixions genannt wird. Spiegels fast allge- 
mein angenommene conjectur noivsuos ist also überflüssig; überdies 
dürfte es auch zweifelhaft sein, ob zosssuog überhaupt in dem bier 
Angenommenen sinn von dankbarer vergeltung vorkommt, 


Pindaros. 437 


sich nicht nur hohe macht durch seine kriegsthaten errungen hat, 
sondern auch durch weisheit sich auszeichnet. Möge er dies lob 
freundlich aufnehmen und immer mehr zur wahrheit machen, indem 
er in der schwierigen stellung, in der er sich befindet, den Rhada- 
manthys nachahmt und unbeirrt durch trug und list schlechter men- 
schen, den hoben werth wackerer münner erkennt, die jeder staats- 
verfassung segen bringen (v. 57— 88 opouyts). 

Man muss sich in die verhültnisse, wie sie die gótter unab- 
ünderlich festgesetzt haben, fügen; denn unzufriedene widersetzlich- 
keit bringt nur schaden und ist deshalb die höchste thorheit. Sol- 
cher leute umgang muss man vermeiden (v. 88—96 #£0di0r). 


Die gruppirung des inhalts lüsst sich also in folgender weise 
veranschaulichen: 12 + 8 + 32 + 4 + 32 + 8. 
nes nun? 





Kann man schon aus dieser kurzen zusammenfassung den 
ideengang des dichters einigermassen erkennen, indem man daraus 
sieht, dass das ganze gedicht in zwei grosse gruppen zerfällt, von 
denen die erstere, der mythische theil, zeigt, dass Hiero gelobt 
werden muss, während die andere das lob selbst enthält, so 
werden wir doch erst dadurch einen sicheren aufschluss über die 
tendenz des dichters gewinnen, dass wir die einzelnen fingerzeige, 
die er uns selbst für das richtige verstündniss gibt, aufsuchen. Es 
ist ja eine bekannte thatsache, dass Pindar in der regel durch 
kurze , nicht misszuverstehende sentenzen uns gleichsam weg weiser 
an den anfang oder schluss grüsserer, besonders mythischer partien 
stellt, welche dazu bestimmt sind auf das vorausgegangene und 
machfolgende ein helles licht auszustrahlen, damit der leser durch 
die verschlungenen pfade der dichtung sicher den weg zu dem 
von dem dichter ins auge gefassten ziele finde. An solchen weg- 
weisern fehlt es auch in diesem gedichte keineswegs. 

V. 17 ist gesagt, dass es die dankbarkeit treibt, empfangene 
wohlthaten voll ehrerbietung zu erwiedern; und v. 24 wird aus- 
drücklich noch hinzugesetzt, dass es auch ein göttliches gebot 
sei, dem wohlthäter dank zu erstatten, und dass seine übertretung 
von den góttern gestraft werde. Beweis dafür ist Ixion. Nach- 
dem dessen frevel als undankbarkeit gegen die Kroniden, die ihn 
mit wohlthaten überhäuft hatten, characterisirt worden, wird v. 34 
durch den allgemeinen satz, dass jeder das ihm beschiedene mass 


438 Pindaros. 


beachten müsse, als die quelle seiner undankbarkeit die überhe- 
bung bezeichnet, wie auch v. 28 die ößgsg als der grund seines 
unglücks genannt wird, in leicht erkennbarem gegensatz zu v. 17. 
Eben weil die undankbarkeit ihrem wesen nach fig ist, trägt 
sie die nothwendigkeit ihrer bestrafung in sich. Denn nur die 
gôtter sind in ihren bestrebungen unbeschrünkt, wie auch ibre 
macht eine schrankenlose ist (v. 49 ff), den meuschen aber ist 
ein bestimmtes mass gesetzt, wer von ihnen über seine verhält- 
nisse hinausstrebt, wird von den güttern gedemüthigt (vuuqgovur 
zw &xouwe Bootwy v. 51), wie diese andern wieder unvergäng- 
lichen ruhm verleihen. So schliest der mythus von Ixion ab. Es 
kann also über seinen sinn kaum noch ein zweifel obwalten. 
Ixion soll ein beispiel dafür sein, wozu die undankbarkeit führt, 
die ihrem wesen nach nichts anderes als vf0:s ist, als solche aber 
gegen die von den göttern garantirte weltordnung verstösst und 
deshalb auch göttliche strafe nach sich zieht. Der dichter be- 
leuchtet aber die handlungsweise des Ixion noch von einer andern 
seite: nachdem er sich durch die erinnerung au das geschick des 
schmähsüchtigen Archilochus von einer weiteren bekümpfung der 
vylpoovecs hat abrufen lassen, fährt er v. 56 mit dem satze fort: 
„nur der mit weisheit verbundene wohlstand ist ein wirkliches 
gut“. Man hat diese worte bisher auf den Archilochus und sein 
geschick bezogen. Schwerlich mit recht. Denn bei diesem konnte 
nicht nur von einem mit weisheit verbundenen wohlstand keine 
rede sein, sondern überhaupt von keinem wohlstand. Wir sind 
also genóthigt zur erklärung weiter zurückzugreifen und auch 
diesen ausspruch mit dem vorausgegangenen mythus in verbindung 
zu setzen. Ich will, sagt der dichter, in erinnerung an das loos 
des Archilochus nicht weiter harte reden über die öyfpgoves füh- 
ren; aber das muss ich doch sagen (v. 56 d£), dass nur der 
wohlstand, der mit weisheit gepaart ist, ein wahres gut genannt 
werden kann. Damit wird also die handlungsweise des Ixion zu- 
gleich als der weisheit ermangelnd d. h. als thorheit bezeichnet, 
wie dieser auch v. 37 audgeg «vio heisst. Er ist also nicht blos 
das urbild eines undankbaren und übermüthigen, sondern 
auch das eines thoren. Hier setzt nun der dichter ein, um des 
gegenbild zu bringen: Hiero dagegen ist im besitz der hôchsten 
macht und weisheit zugleich. Damit ist der übergang zu 


Pindaros. 439 


dem lob des fürsten selbst gemacht. Der schwerpunct des lobes 
"muss nach dem vorausgegangenen offenbar in dem preis seiner 
weisheit liegen. Wir sind also begierig zu hören, worin er sie 
bewährt. Um unsere aufmerksamkeit aufs höchste zu spannen, 
bricht aber der dichter nach der erwähnung der früheren kriegs- 
thaten Hieros gerade an dem puncte ab, wo er die fovAaì mQso- 
Bvisoas berührt, die den ruhm des fürsten zum abschluss bringen 
sollen (v. 65). Er präludirt gleichsam zuerst, ehe er den lobge- 
sang in vollen tönen dahin rauschen lässt. Das präludium hat aber 
zugleich den besondern zweck über den character des nun folgen- 
den lobliedes zu belehren. Es singt zwar von weisheit und kommt 
also in friedlichem gewande phünicischer waare gleich, aber es ist 
dennoch ein lied, wie es Hiero verlangt hat, ein ächtes reiter- 
und ritterlied, das mit recht in der kriegerischen üolischen weise 
ertönt; denn von kampf kliugt es wieder von anfaug bis zu ende. 
Und so hart ist derselbe, dass der dichter es angemessen findet, 
ein wort der ermunterung an die spitze zu stellen: yévow oiog 
ico uaJuv (v. 72), was wir am besten mit den worten wieder- 
geben, mit denen Bertha im 'T'ell den Rudenz zum ehrlichen kampfe 
zu stärken sucht: seid, 
wozu die herrliche natur euch machte: 

vrgl. Cic. ad Fam. IX, 14, 6: te imitere oportet, tecum ipse certes. 
Umschwirrt von schmeicheleien, lügen und ränken schlechter men- 
schen, die sich in ihrer frechheit durch nichts hindern lassen und 
nach jedem misslungenen versuch ihre angriffe erneuern, soll Hiero 
des königlichen und richterlichen amtes warten und wie Rhada- 
manthys stets das rechte finden. Und er bewährt sich; denn er 
ist auch ein ay«90c, und so gilt auch von seinem staate das 
wort: GOvrura 0° Eros Exßadriv ı xoararov Ev ayudoîg dolor 
aorov (v. 81). Machtlos gegen die guten prallen die angriffe der 
schlechten nur auf sie selbst zurück; denn Hiero kennt die art 
und kampfesweise der guten und weiss den werth, den sie für. 
jede staatsverfassung und auch für die tyrannis haben, wohl zu 
schützen. Damit ist das lob des Hiero als eines Oogog und aya- 
Soc vollendet. Merkwürdiger weise kehrt nun aber der dichter 
v. 88 zu demselben gedanken zurück, mit dem er den mythus von 
Ixion abgeschlossen hat und wiederholt ihn zum theil sogar mit 
denselben worten (vgl. v. 89 tor’ avd?’ éréqois Edwxev utya xvdog | 


440 Pindaros. 


mit v. 52 éréçouss dì xüdoç ayiouov nagédwxs). Ein deutlicher 
hinweis auf die bedeutung desselben für das verstündniss des gan- 
zen gedichts. Die betrachtung des sturzes Ixions von seiner git- 
tergleichen hóhe in die tiefste erniedrigung bat den dichter auf 
den gedanken geführt, dass die göttliche allmacht sich in den ge 
schicken der menschen offenbart und zwar als eine widerstandslose. 
Und nun beim abschluss des lobes Hieros spricht er die waraung 
aus: ,man darf gegen gott nicht streiten, der bald den bald jenen 
erhöht“. Im unmittelbaren anschluss an den satz, dass die gutea 
sich mit jeder staatsverfassung vertragen, kann hiemit nichts an 
deres gemeint sein, als dass alle staatsformen göttlichen urspruugs 
sind, dass jede änderung derselben von dem willen der gottheit 
abhüngt, und dass ein angriff auf eine bestehende staatsform eia 
angriff auf die gottheit selbst ist. Als abschluss des lobes Hieros 
aber, als eines weisen und guten fürsten, muss dies ganz besonders 
auch von dem göttlichen rechte der tyrannis verstanden werden, 
und von dem göttlichen schutze unter dem Hiero persönlich steht. 
Es künnen also unter denen, welche dennoch den thôrichten ver- 
such machen, sich gegen die gottheit aufzulehnen (v. 89 f.) nur 
politische parteien verstanden werden, welche die wahrheit des 
mahnwortes, dass es segen bringe, das aufgelegte joch des nackens 
leicht zu trageu (v. 93), dass es dagegen ein schlüpfriger weg 
sei, gegen den stachel zu löcken (v. 94 f), noch nicht einsehen 
und deshalb in thürichter überhebung sich selbst ins verderben 
stürzen (v. 90 f). Von der gemeinschaft mit diesen sagt sich der 
dichter, der so klar erkannt hat, worauf das wohl der einzelnen 
wie ganzer staaten beruht, aufs entschiedenste los mit dem feier- 
lichen schlusswort: ,,in freundschaft mit den guten will ich lebea* 
(v. 96). | 

Man sieht, das ganze gedicht dreht sich um die grossen ge- 
gensätze von dankbarkeit und undankbarkeit, ehrerbietiger beschei- 
denheit und frevelhafter überhebung, gôttlicher macht und mensch- 
licher ohnmacht, weisheit und thorheit, guten und schlechten. 
Man sieht ferner, dass diese gegensütze im zweiten theil des ge- 
dichts eine concretere gestalt annehmen, indem sie auf das gebiet 
des staatslebens beschränkt werden, wo sie in hartem kampfe an- 
einander gerathen und den Hiero umtosen, dessen person sich is 


Pindaros. 441 


erhabener ruhe über dem streite der parteien Rhadamanthys gleich 
emporhebt. 

Wen meint aber der dichter damit? Die einleitung 
wird uns darüber aufschluss geben. Der kriegsliebenden bevölke- 
rung von Syrakus hat die ritterliche geschicklichkeit und die fróm- 
migkeit des Hiero soeben neuen siegesruhm gebracht. Sollte sie 
ihm dafür nicht dankbar sein? Sollte sie nicht das beispiel der 
Kyprier und der Lokrer nachahmen? Und dennoch gibt es unter 
ibnen undankbare, die über die herrschaft des Hiero murren. Dem 
Ixion gleich geniessen sie zwar die ihnen zu theil gewordenen 
wohlthaten, lassen sich aber dadurch zur überhebung verleiten, so 
dass sie dinge begehren, die über das ihnen beschiedene mass hin- 
ausliegen. Die gottlosen! Wie Ixion werden auch sie für ihren 
übermuth bestraft und tief gestürzt werden. Denn die gótter dul- 
den nun einmal keine stórung der von ihnen gesetzten ordnung 
und geben macht und ansehen, wem sie wollen. Der dichter will 
nicht weiter schlimmes über solche bestrebungen sagen — das loos 
des schmähsüchtigen Archilochus schreckt ihn —, aber das kaun 
er nicht verschweigen: die weisheit geht diesem undankbaren ab 
und deshalb werden sie zu fall kommen. Hiero dagegen besitzt 
weisheit im höchsten grad, und darum besteht sein thron. Das 
gegenbild Ixions ist also der unzufriedene theil der 
syrakusanischen bevölkerung, das abbild der Kro- 
niden der auf festbegründetem, durch weisheit ge- 
stütztem throne sitzende Hiero. 

Mit diesem gegensatz hat es der zweite theil offenbar nicht zu thun. 
Es handelt sich hier um keinen feindlichen angriff gegen den fürsten 
selbst, sondern um den versuch ihn durch anwendung von schmeichelei 
und schlechten künsten zu gewinnen für unedle zwecke, für unter- 
drückung der «09vyAwocos &vdees, die mit unrecht als feinde des 
fürsten hingestellt werden. Die rünkespinner haben wir natürlich 
in der nüchsten umgebung des fürsten zu suchen — es sind die 
hóflinge. Zu der zahl der augefeindeten aber und verlüum- 
deten werden wir alle diejenigen zühlen müssen, die sich noch 
einen freien, mánnlichen sinn bewahrt hatten und eben deshalb de- 
nen, welche die tyrannenherrschaft zu ihrem privatvortheil aus- 
beuten wollten, ein dorn im auge waren. Dazu gehörte aber der 
unsbbängige und aristokratisch gesinnte dichter, der freund Theros, 


442 Pindaros. 


gerade so gut wie die stolzen dorischen männer des volkes, die 
sich noch der besseren zeiten erinnerten und, wenn sie auch die 
herrschaft Hieros anerkennen mochten, doch keineswegs gesonnen 
waren, sich zu knechten und sklaven erniedrigen zu lassen. Die 
unehrlichen bestrebungen der höflinge scheitern aber an der weis 
heit und tüchtigkeit Hieros, und dies ist das hohe lob, das dem 
fürsten ertheilt wird. 

Wir haben also in beiden theilen des gedichtes einen kampf 
politischer parteien; im ersten einen kampf gegen Hiero, 
im zweiten um Hiero; im ersten erhebt sich die unzufriedene de 
mokratie gegen die monarchie, im zweiten bekämpfen die 
absolutistisch gesinnten höflinge die aristokraten; ime 
sten kampf offenbart sich eine undankbare gesinnung, im zweiten 
eine unlautere, beiden gemeinsam ist die thorheit: jene sehen 
nicht ein, dass sie gegen den liebling der götter kämpfen (vgl. 
v. 9—12 mit v. 52 und 89), diese verkennen, dass sie mit ihren 
künsten unter guten münnern nichts auszurichten vermügen. Beide 
widerstreben in ihrer thorheit einer güttlich gesetzten ordnung uni 
müssen deshalb zu schanden werden. Denn nur diejenige mack 
hat bestand, welche mit weisheit gepaart ist, und das ist die macht 
Hieros. So liegt also der schwerpunct des gedankencomplexes 
auch wirklich in der mitte des gedichtes: to mAovreiv dè oW 
mvya nôtuou Cog(ac ügıorov (v. 56), und das ganze gedicht ist 
in der that, was es sein sollte, ein loblied auf den fürsten, dessen 
person durchaus den mittelpunct bildet, obwohl es des dichters feine 
kunst verstanden bat, bei dieser gelegenheit auch den verdächti- 
gungen entgegenzutreten, zu denen seine aristokratische gesinnusg 
und die freundschaft mit Thero den höflingen willkommenen stof 
geboten haben mochten. Diese rechtfertigung dürfte aber bei 
Hiero um so mehr eingang gefunden haben, je mehr er sich freue 
musste über die glänzende vertheidigung seiner herrschaft gegen 
über den unzufriedenen elementen in Syrakus, die seine besorgnis 
jedenfalls in viel höherem grade erregt hatten, als die bei ihm 
verdüchtigte aristokratische gesinnung des dichters selbst. Daran 
aber dürfen wir nicht zweifeln, dass Hiero, als er das gedicht 
hórte, und mit ihm alle Syrakusaner, jedenfalls rascher und sicherer 
als die neueren herausgeber erkannt hat, wer das gegenbild Ixions 
sei. Wenn auf einem öffentlichen platze von Syrakus der chor 


Pindaros. 443 


von der dankbarkeit der Kyprier und der Lokrer sang und danu 
von der undankbarkeit des mit wohlthaten überhäuften Ixion, so 
konnte sicher niemand darüber im zweifel sein, dass mit letzterem 
diejenigen gemeint seien, die siegesfest auf siegesfest feierten und 
triumph auf triumph und dennoch über die herrschaft des siegers 
murrten. Diese parallele springt augenblicklich so sehr in die 
augen, dass man gar nicht einmal nóthig hat darnach zu fragen, 
ob sich auch die einzelnen züge des mythus mit der wirklichkeit 
decken oder ob sie blos poetische zuthaten sind. Dennoch dürfte 
mancher bei dem verwandtenmord Ixions, wegen dessen er von 
Zeus entsühnt wurde, an aufstandsversuche, durch welche das land 
‘ mit bürgerkrieg .bedroht wurde, die aber Hiero gnädig verziehen 
batte, denken, und bei dem angriff desselben auf Hera an einen 
von der demokratie beabsichtigten umsturz des thrones selbst, an 
den Hiero ein recht zu haben glaubte, wie der mann an seine 
gattin. Der bericht Diodors würde eine solche beziehung wohl 
rechtfertigen. Doch mag diese letztere vermuthung richtig sein 
oder nicht, unter allen umständen wird man daran festzubalten 
baben, dass wir bei dem Ixionmythus an den unzufriedenen theil 
des syrakusanischen volkes zu denken haben. Ist dies aber der 
fall, dann lässt sich nicht mehr in abrede stellen, dass auch der 
zweite theil in seinem ganzen umfang eine directe em- 
| pfehlung des siegers ist und gar nichts enthält, was nicht in 
unmittelbarster beziehung zu der hauptidee stánde. Denn wenn 
Hieros macht als eine mit weisheit gepaarte geschildert und zu 
dem fürsten das feste zutrauen ausgesprochen wird, dass er diese 
weisheit auch den einflüsterungen seiner unlauteren höflinge gegen- 
über zeigen werde, so lag darin nicht blos eine aufforderung an 
Hiero den immer und immer wieder gegen den dichter und seine 
gesinnungsgenossen vorgebrachten verliumdungen sein ohr zu ver- 
schliessen, sondern zugleich ein trost für das volk, das, wie es 
immer und mit recht geschieht, die umgebung des fürsten für des- 
sen haltung und anordnungen jedenfalls noch mehr verantwortlich 
machte als diesen selbst. Hieraus ergibt sich aber die innigste 
verbindung des zweiten theils mit dem ersten. Denn wurde eine 
solche hoffnung óffentlich von einem durch den fürsten selbst be- 
stelllen chor ausgesprochen, so lag darin gewissermassen eine of- 
fizielle erklärung Hieros gegenüber dem murren des volkes, dass 


444 Pindaros. 


von nun an dem treiben der camarilla ein riegel vorgeschoben sein 
solle, und dass er den hohen werth, den wackere und geradsinnige 
bürger für jede staatsverfassung haben, auch für die syrakusanische 
hiemit feierlich anerkenne. 

Ist diese anschauung richtig, dann ist aber der dichter in 
dieser ode seinem hohen berufe ein verkündiger der göttlichen 
wahrheit zu sein und die im leben sich schroff bekümpfenden ge- 
gensütze zu versöhnen und in einer höheren einheit auszugleichen, 
in einer so glinzenden weise gerecht geworden, dass ihr kaum 
eine andere in dieser hinsicht an die seite gestellt werden kann: 
er hat die herrschaft Hieros auf eine feste ethische grundlage sr 
rückgeführt und die auflehnung gegen sie als eine frevelhafte über 
hebung und auflehnung gegen die göttliche ordnung aufs schärfse 
verurtheilt (I. theil) — und damit sich gewiss ein recht auf dw 
vollste lob des fürsten erworben. Andererseits hat er aber aud 
dem volke die genugthuung gewährt, dass in gegenwart Hieros 
selbst vor der versammelten Doriergemeinde in feierlichster weise 
auerkannt wurde, dass auch die fürstengewalt hóheren sittlichea 
gesetzen unterworfen ist, \und dass auch der syrakusanische stest 
deshalb noch raum babe für den wackern geraderedenden mam 
(Il. theil), So ist das recht beider anerkannt, und Pindar hat sid 
im vollsten sinn als lehrer und mittler zwischen fürst und vol 
bewäbrt. So weit es an ihm lag, ist die versübnung gestiftet; 
das siegesfest ist zugleich ein friedensfest geworden. Pindars thi 
tigkeit war also ähnlich wie die jener seher, von denen das grew 
alterthum erzählte; und wie das andenken des Epimenides, desse 
sühnende wirksamkeit der stadt den frieden wiedergebracht hatte, 
in Athen jahrhunderte lang gesegnet wurde, so wird auch Pindss 
thätigkeit in Sicilien lange in dankbarer erinnerung geblieben seis. 
So erklürt es sich auch, dass ein so despotisch gesinnter mann wii 
Hiero doch immer wieder wie durch einen geheimen zauber # 
dem freimüthigen aristokratisch-gesinnten dichter sich bingezoge 
fühlte, während zugleich das volk allenthalben ihn wie einen lie 
ling und boten der gótter verehrte. Gedichte aber, durch welche 
solche wirkungen hervorgebracht wurden, sind mehr als blose 
kunstwerke, — es sind rettende thaten. 


Augsburg. Friedrich Mesger. 


bem -- -- = - = 


XIII. 
Die expedition gegen die Drilen. 


(Zu Xenophons Anabasis V, 2). 


Ueber die im zweiten capitel des fünften buches geschilderte 
cpedition eines theils der 10000 Griechen unter Xenophons füh- 
mg gegen die hauptstadt der Drilen, welche trotz der relativen 
wführlichkeit der erzühlung doch manche unklarheiten und schwie- 
gkeiten bietet, hat H. Heller im maiheft des 28sten jahrgangs der 
gliner zeitschrift für das gymnasialwesen (1874), p. 331 ff, in der 
eise gehandelt, dass es sein bestrebengewesen ist, „die örtlichkeit, an 
æ der kampf stattfindet, zur anschauung zu bringen“. Sodann hat 
A. Richter in seinen „kritischen untersuchungen über die interpola- 
men in den schriften Xenophons“ (1873) p.590 ff, auch dieses capitel 
ner untersuchung unterzogen und auch in ihm viele interpolationen 
| entdecken geglaubt. Da mir nun mehrere puncte auch von Heller 
ch nicht aufgeklürt oder aber falsch aufgefasst zu sein scheinen, 
d da ich mit Richters ansichten durchaus nicht einverstanden sein 
an, so will ich die von beiden behandelten stellen im folgenden 
ser erneuten besprechung unterziehen, in der hoffnung, dadurch 
ch andere zum auseinandersetzen ihrer ansichten zu veranlassen, 
mentlich die herausgeber der Anabasis dazu, in ihren aumerkun- 
m mehr, als bisher fast alle thun, zur aufhellung der dunklen 
nkte und zur beseitigung der schwierigkeiten beizutragen. 

Richtig stellt Heller (p. 332) zunächst nach 2. 3 fest, dass 
e ganze j5rgózoAsg von einer tiefen, nur schwer auf einem. 
hmalen fusspfad zu passierenden, schlucht umgeben war; aber 


446 Zu Xenophon's Anabasis. 


jener fusspfad führt nicht „nach der burg“, wie Heller sagt, die 
doch innerhalb der unrgomods lag, sondern nach dem ywgfloy, d.h. 
hier: nach der wnroonoAsg selbst. Von dem schmalen fusspfad 
handelt aber nur ÿ. 6: 7v yàg àg' Evo, 7] xatdBaotg Ex tov ya- 
ofov slg rjv yueadeay, nicht aber auch, wie Heller will, 2. 28: 
[os “EdAnvec] tv xutuBaow iqofo)rro rjv sig Touneboüyra, agarıy 
yàg nv xoi orevn. Denn hier ist xaraBaorg nicht das hinabgehen 
in und das durchgehen durch die schlucht, wie im 2. 6, denn durch 
diese sind die Griechen schon abends gezogen, wie ich aus Q. 27 
&njÀJov and tov yweiov schliesse, und daraus dass Xenophon 
diese xaruBaors slg tiv yaoudgav wohl nicht xezafacw rh» dj 
TownsboUrvra nennen könnte, sondern es ist der von den verfe- 
genden Drilen belästigte rückzug aus der nähe der stadt, wo de 
Griechen bivouakiert haben, nach Trapezunt. Kazußaoıs steht im 
%. 28 also in demselben sinne vom rückzuge, in welchem es ja 
vom rückzug der 10000 Griechen überhaupt, z. b. V 5, 4, VII 
8, 26 gebraucht wird (vergl. z. b. auch IV 1, 10). Auch 4. 29 
und’ 30 sprechen für meine ansicht, nicht aber für Heller; wenig- 
stens kann ich mir keinen begriff davon machen, wie die schlucht 
„dichtbewaldet und von thalgründen durchzogen“ sein konnte 
Diese von Xenophon gegebene terrainbeschreibung passt aber auf 
die ganze gebirgslandschaft der Drilen (plateau; 7 dv quea 2.3), 
durch welche die Griechen heranzogen und nachher den rückzug 
nach Trapezunt machten. 

Heller spricht dann (p. 332) davon, dass der zugang zu der 
pnrgoroà:s ganz besonders gut verbarricadiert gewesen zu sein 
scheine, „wie aus dem sturm der Griechen (2. 13. 14) erhellt“. 
Er nimmt an, dass auf diesen zugang (womit er doch wohl dis 
sudo. des 2. 16 meint, nicht aber die z906odos yadenat des 2. 3f) 
allein sich der angriff der Griechen gerichtet habe, und dass ne 
die sturmkolonnen halbkreisfórmig aufgestellt werden mussten, „um 
den eingang von allen seiten zu forcieren“, weil „die verschanzung 
am eingange nach art eines brückenkopfes vorgeschoben war“, 
Allein von alle dem ist in wahrheit gar keine rede: d. 13. 14 
wird nicht gesagt, dass die z/Aa; allein angegriffen wurden, ebea- 
sowenig wie im 2. 15, dass sie allein zuerst genommen sind. 
Allerdings lässt sich aus 2. 16 schliessen, was aber sich ganz vom 
selbst versteht, dass die zvlas das hauptangriffsobject gewesea 


Zu Xenophon's Anabasis. 447 


1; dass aber die diesen z;/Ac«ig nahen theile der oravowpara 
nfalls angegriffen und genommen wurden, folgt doch ganz deut- 
» aus 2. 15. Die schlachtordnung der Griechen ist aber. mund- 
mig gebogen nicht wegen der „brückenkopfartigen verschan- 
igen*, die man von allen (d. h. doch hóchstens von drei) seiten 
rleich forcieren wollte, sondern ganz einfach did 76 zwelov !), 
b. der beschaffenheit der ganzen stadt wegen, die selbst bogen- 
mig (wenn auch nicht abgezirkelt) war, und die man daher an 
breren seiten zugleich angriff. Auf diese weise künnen die ein- 
nen lochagen und unterlochagen sich sehen und kónnen nach 
er gewohnheit &»zz:0:6:09as aAAmAoıg nEgi dvdoaya3as (2. 11), 
r in der weise, dass jeder den von ilm anzugreifenden theil 
' cravowuara zuerst zu besteigen und einzunehmen sucht. 


Nach Heller befand sich (p. 333) ausserdem „vor dem ein- 
og ein freier, nicht gerade kleiner platz, denn es konnte sich 
selbst eine ziemlich starke angriffslinie entwickeln (2. 12. 13), 
ich das ist nicht ganz richtig. Dieser freie platz, der gewiss 
tht so gar klein war, wie E. A. Richter zu glauben scheint, 
* (a. a. o. p. 597) ihn „einen wohl nicht bedeutenden zwischen- 
im nennt, befand sich freilich vor den zvdav, aber nicht vor. 
sen allein, sondern er umgab die ganze stadt, wenigstens so 
it die worte meoi dà rovro nv yaeddea icyvews Padeïu gelten, 
d befand sich eben zwischen dieser yagddga und der tageos 

5). Nachdem man auf den mgocodo: yaÀezat (2. 3) durch die 
ilucht gegangen war, kam man auf diesen freien platz, auf wel- 
em für den zweiten angriff der Griechen die schlachtlinie ge- 
det wurde (2. 11—13), auf welchen vorher die peltasten ge- 
igt waren (2. 4) und von wo aus sie allein den angriff auf die 
dt machten, nachdem sie von diesem platze aus in der stadt 
oßura etc. gesehen hatten. (So meint auch wohl Heller: „dort 
hen sie #çofura etc.“?). 


1) Schon Weiske erklärte richtig, aciem fuisse inıxauny circum 
pidum, cornibus sibi oppositis, und dasselbe ist die ansicht aller 
rausgeber, soweit dieselben ihre ansicht überhaupt errathen lassen. 
»gíov bedeutet im ganzen capitel (88. 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 18, 15, 20, 
) „platz, ort, ortschaft" (so richtig E. A. Richter &. a. o. p. 591; 
er 88. 3 und 6 vergl. unten p. 451: s. IV 7, 1; 3; V 5, 2; 11; 
4, 6; V 4, 31 [Theiss.]); nur $. 2 ist es, wie V 5, 20 „gegend, órt- 
'hkeit". 


448 Zu Xenophon’s Anabosis, 


Durch den zweiten angriff (2. 14) nehmen die Griechen uicht 
blos, wie Heller sagt, „die aussenwerke*, wenigstens nicht in dem 
sinne, wie wir von aussenwerken zu sprechen gewohnt sind, 
so dass damit nicht die eigentliche enceinte, d. i. wall und graben, 
gemeint ist; vielmehr heisst es 2. 15: nAwxes to xco(ov, ws 
èdoxes 2). Die Griechen halten sich, nachdem sie die ævAas und 
die diesen nahen cravewuaza eingenommen haben, für herren der 
ganzen stadt, da sie keine ahnung davon haben und nicht sehen 
künnen (2. 17), dass in der stadt noch eine feste burg ist. 

Schwierigkeit machen nun die anderen feinde, welche égat- 
vovzo én’ Gxgoss noir loyvooig (2. 16), wegen deren Xenophe 
die meisten hopliten oraçs xara tag mvdag xurexuuoe Ew. We 
diese àxga lagen, ist sehr unklar, und auch Hellers vermutimw 
darüber (p. 333) befriedigt keineswegs. Als sicher lüsst sich nu 
angeben, dass diese dxga nicht zu verwechseln sind mit der eigest- 
lichen citadelle,  àxoo (2. 17; 19; 22; 23; 27 = 4 axgomelx 
Rehdantz), die innerhalb der stadt lag (èvdov) und von den sva 
aus nicht gesehen werden konnte (2. 17), während auf jenen azga 
die feinde &paírovro, wonach also jene axga selbst ebenfalls sicht- 
bar waren (2. 16). — Nun vermuthet Heller, dass jene üzgs 
„innerhalb der stadtbefestigung , aber an solchen stellen lagen 
dass sie die nach der burg führende strasse nicht beherrschten‘. 
Das scheint mir ganz undenkbar. Wenn diese axga innerhalb 
der stadtbefestigung, also der oravowpaza und der tagegos, lagen, 
welche doch jetzt in den hünden der Griechen ist, würde dam 
wohl Xenophon die hopliten &&w, d. bh. ausserhalb des thore 
und der stadtbefestigung °) zurückbehalten haben? Würde 
er nicht vielmehr mit ‘aller seiner macht in das yapfo» gedrunges 
sein und versucht haben, auch diese axga zu nehmen, wie er € 
bald nachher mit der einen wirklich in der stadt gelegenen à 
thut? Welchen nutzen soll das verweilen der hopliten drausse 
haben gegen die feinde auf den @&xgoss drinnen? Zudem steli 
2. 17 doch ganz deutlich, dass nur eine axga in der stadt 


2) Auch K. Koch, „der zug der 10000“ spricht davon (p. 114) 
dass die Griechen nur die vorderen räume des ortes, welche ar 
fach durch pallisaden geschützt waren, einzunehmen vermochten, ws 
mir nicht richtig scheint. 

8) Richtig R. Kühner und andere: dore ifm v0) yegéov paw 
aut wor un eis v0 yopéor elodpaptiv. 


Zu Xenophon's Anabasis. 449 


war; denn die peltasten, welche 7ozolov on Éxacrog BÓ voro, 
würden jedenfalls die mehreren &xg& ebenso wohl gesehen haben, 
als die eine axga. — Danach kann ich nur vermuthen, dass 
diese axou nicht zu dem ywetov selbst gehört haben, sondern in 
der nühe gelegen waren, dass Drilen sie besetzt hatten, von wel- 
chen Xenophon gefahr fürchtet; dass also die worte des 2. 3: 
sig Toro mavtec ouvegouixecay, nicht ganz streng zu nehmen 
sind. Es lisst sich ja wohl annehmen, dass die Griechen nicht das 
gebiet aller Drilen schon durchschritten haben, ehe sie gegen 
diese uwnyrçonolusç heranrücken, und dass nun diese feinde, welche 
auf den nahen höhen sich befinden, eben die bisher noch unbelä- 
stigten Drilen sind, welche ihren stammesgenossen zu hülfe eilen 
wollen. Doch will ich mich gern bescheiden, dass auch diese ver- 
muthung nichts ganz sicheres bietet. 

Was dann weiter von Heller (p. 333 f) über die &xga und 
den vorstoss der Griechen gegen diese, sowie endlich über den 
abzug der Griechen gesagt wird, giebt mir zu gegenbemerkungen 
keinen anlass. Dagegen will ich nun die ansichten und behaup- 
tungen von E. A. Richter einer genaueren prüfung unterziehen und 
sie zu widerlegen suchen. Dieser gelehrte stellt die behauptung 
auf, dass die schriften Xenophons, und besonders die Anabasis, 
von einem interpolator systematisch mit zusützen versehen sei, und 
er behandelt, um dieses zu beweisen, auch dieses zweite capitel 
des fünften buches. 

Richter nimmt zuerst (p. 590 ff.) anstoss an den worten des 
è 6: qw yao d! fvóg 7) xaraflacig dx tov ywolou clc 1)» yaga- 
deay, und meint dass „dieser zusatz unmöglich von Xenophon her- 
rühren kann. Als grund wird vor allem der umstand angeführt, 
dass das bindurchschreiten der vorausgeeilten peltasten durch die 
schlucht, ihr angriff und dann ihr versuch zurückzugehen in ver- 
báltnissmüssig sehr kurzer zeit geschehen sein müsse, da sie dem 
Xenophon nur 5—6 stadien, „also eine viertelstunde weges etwa“, 
vorausgeeilt waren und alles vor Xenophons ankunft schon ge- 
schehen war, dass aber nicht angenommen werden kónne, dass das 
xatafalvew so beschwerlich gewesen sei, während das &va- 
Balve für viele zugleich möglich war. Den hauptnachdruck 
legt Richter also auf die zeit, welche die peltasten verbracht 
haben, und da zwingt nun, wie ich glaube, nichts zu der annahme, 

Philologus. XXXV. bd. 8. 29 


450 Zu Xenophon's Anabasis, 


dass nur eine viertelstunde zwischen der ankunft der peltasten vor 
der yaocdea und der des Xenophon mit den hopliten ebenda ver- 
strichen sei. Aus den worten des 2. 4 of meAracrai meodgandrız 
crédia mévre dj 8E rdv onAuwy folgt durchaus nicht, dass die ho- 
pliten im marsche geblieben sind, nachdem die peltasten vorausge- 
laufen; sie haben vielmehr halt gemacht und warten, ob es den 
peltasten gelinge, durch raschen angriff die unzgomoAsg zu nehmen. 
Ebensowenig darf sich Richter auf die worte 6 dè myeiro roi 
6nAira:s (2. 6) berufen, welche nicht besagen, „dass Xenophon 
eben noch die hopliten führte, beziehentlich an ihrer spitze mar- 
schierte“, sondern nur dass er sie commandierte („stand an der 
spitze‘ Rehdantz); das schliesst aber durchaus nicht in sich, das 
sie im marsche waren; er war ihr fyeuwr auch wenn sie re- 
steten. Dieses halten der hopliten wird denn auch bewiesen durch 
den folgenden bericht. Als die peltasten in noth sind, müssen sie 
zu Xenophon schicken (2. 6), und dann erst führt Xenophon 
die hopliten an die yagadga heran, wie es ausdrücklich heisst 
(2. 8): dxovcas taÿra, also erst nachdem er die botschaft er- 
halten hatte, woraus doch zweifellos hervorgeht, dass er sie vorher 
nicht heranführte. Allerdings hält Richter, wie ich weiter unten 
zu erwähnen habe, auch jene worte des 2. 6, sowie theile von 
2. 7 und 2. 8 für interpoliert, muss sich aber, um das zu be 
weisen, auf den von ihm, wie er meint, gereinigten 2. 6 sti- 
tzen: um so mehr glaube ich berechtigt zu sein, die integrität des 
Q. 6 durch den bisher noch für unversehrt gehaltenen 2. 8 zu 
schützen, und zu behaupten, dass das hindurchschreiten der peltasten 
durch die yagadga und ihr vereitelter angriff lange zeit in an 
spruch nahm, und dass aus der kurzen angabe des è. A: die- 
Bavies ty yagadqur, die absolut gar keine andeutung über 
die grössere oder geringere beschwerlichkeit des diaffalves» eat- 
halten, nichts für die unechtheit jener worte des 2. 6 gefolget 
werden kann. 

Danach brauche ich mit Richter nicht weiter zu discutieren 
darüber, ob das &vafatvew für viele zugleich möglich ge 
wesen sein könne, das xaraßalveıw nicht; und ich will nicht mit 
ihm rechten über seine ansicht, ‚dass wenn der übergang so 
schwierig gewesen würe, die peltasten sich gewiss bedacht babea 
würden, ehe sie sich hinübergewagt hätten“. Ich halte es über- 


Zu Xenophon's Anabasis 451 


baupt für sehr gewagt, vermuthungen darüber aufzustellen, was 
jemand gethan haben würde, wenn diese oder jene bedingung ein- 
getreten wäre; ich meine auch, dass es keine richtige exegese der 
alten schriftsteller ist, in diese hineinzubringen, was nach unserer 
meinung darin stehen müsste, oder aus ihnen herauszuwerfen, was 
zu unserer ansicht nicht passt, dass wir vielmehr das, was sie 
uns übermitteln, zu verstehen suchen müssen, ehe wir zu änderungen 
oder zur annahme von interpolationen schreiten. Dann aber weiss 
ich aus eigener erfahrung, dass ein soldat nicht fragt, ob 
ein ihm gewordener auftrag leicht oder schwer auszuführen ist; 
der befehl ist gegeben, und ausgeführt wird, was befoh- 
len ist. 

Dass dann ferner „beim abzug des ganzen heeres diese schwie- 
rigkeit mit keiner silbe erwähnt wird“, beweist auch nichts für 
Richter; denn ebenso ist auch nichts davon gesagt beim ersten 
hindurchmarsch der hopliten (2. 10. 11) und zwar gewiss mit 
recht; Xenophon konnte doch unmôglich (Richter freilich scheint 
es so zu verlangen) viermal in demselben capitel diese schwierig- 
keit hervorheben, die einmalige erwähnung genügt doch wohl allen 
gerechten anforderungen. 

Endlich bezeichnet es Richter als „auffällig“, dass éx rov yw- 
glow gesagt ist von dem terrain zwischen yagadga und feste, wäh- 
rend sonst im ganzen capitel die feste selbst so genannt ist (vergl. 
p. 447). Allerdings ist das wort hier etwas auffállig gebraucht, 
aber nicht, wie Richter annimmt, bloss von dem terrain zwischen 
yagadoa und feste, sondern in etwas weiterem sinne von die- 
sem terrain und der feste zusammen, Ganz dasselbe ist 
auch im 2. 3 der fall, wo in den worten: zegi zovro Av yoagadQa 
isyvews Padeïa xai 900000: yolemai mQOg td guwelov die mgóc- 
odo, yaÀezoal doch, nur eine andeutung dieses schmalen weges; 
welcher durch die yagdga zu dem ywofov, d. h. jenem terrain 
und der feste, führt, sein können, nicht aber eine hinweisung 
auf die zapgog zugein und die cxóAoneg und rügossç (2. 5), 
wie Richter ,ohne zweifel* meint. Wenigstens erregt es mir 
bedeutenden zweifel, ob Xenophon eine zapgog evgeia ávofsfAn- 
pévn nebst den oxddomes émi zig ávafoXj; und den rvgoaç wohl 
moocodos eds 10 quwelov, d. h. zugünge zur stadt, habe nen- 


nen kónnen. 
29 * 


452 Zu Xenophon's Anabasis. 


Somit glaube ich alle argumente, welche Richter gegen jene 
worte des 2. 6 vorgebracht hat, als nicht stichhaltig erwiesen zu 
haben, und darf daher auch seine schlussfolgerung als ungegriindet 
verwerfen, wonach es ,keinem zweifel unterliegen kann, dass die 
besagten worte das werk des interpolators sind, dem die schwie- 
rigkeit noch nicht gross genug schien, oder der nicht verstam, 
worin die schwierigkeit lag, die den Griechen die schlucht und die 
unmittelbare nähe der feinde an und für sich beim rückzuge 
boten“. 

Allein Richter ist „sehr geneigt anzunehmen“, dass auch ia 
den folgenden worten des 2. 6 und im @. 7 „fälschungen vor 
liegen“. 

Zunächst erklärt er die notiz: 6 d? Zysíro roig OxnAÍzaug, für 
„vollständig überflüssig“, da aus Q. 4 oí meArzacral neodeaporz 
rg» onurüv klar sei, „dass Xenophon noch die hopliten führte, 
beziehentlich an ihrer spitze marschierte*. Diese ansicht ist aber, 
wie schon gesagt, ganz falsch; es ist vielmehr als sicher anze- 
nehmen, dass die hopliten halt gemacht hatten, als die peltastea 
vorausliefen. Dass nun Xenophon bei den hopliten geblieben und 
nicht mit den peltasten vorausgelaufen, wird hier ganz passend er- 
wühnt durch diesen erklürenden zusatz, dessen inbalt bisher direc 
noch nicht angegeben war, wenngleich man ihn aus Q. 4 vermu- 
then (aber auch nur vermuthen) konnte, und der gar nichts 
anderes besagt als der von den schlechteren handschriften gebotene 
relativsatz: 0g yeiro roig ÓnA(raig, welchen Krüger beibehalten 
hat 4). Einen solchen erklürenden zusatz führt dé oft ein, vrgl 
Kühner zu An. 1 7, 12, ’Aßooxouag dé Sorégnos, wo freilich die 
schlechteren handschriften auch nicht dé sondern ydQ bieten, was. 
Krüger aufgenommen hat; ähnlich steht es V 6, 18; V 5, 23; 
VI 6, 9; VI 3, 20; VII 2, 6; VI 1, 32; 13, 8; VI 3, 4. Be 
sonders ähnlich aber sind die stellen V 6, 36: mavres zAnv Néwrog 
0g .Xeugicógo vrecrquriye, Xesotcogog dé ovzw nagir 
Eoyovzaı xi., und VII 1, 2: réuyaç neds "AvaËlfsoy àv vavag- 
yov, 6 O° Ervyev dv Bv(ayi(o wy, ddeiro x14. 

Sodann hält Richter die grosse „sprachliche härte“ für am 

4) Dieselbe verschiedenheit der lesart in den handschriften findet 


sich z. b. auch 8. 25, wo ABC ai dé Eulwwus joay bieten, die übrigen 
das von den herausgebern aufgenommene relativum af. 


Zu Xenophon’s Anabasis. 453 


. stôüssig, dass o dè &9wr über 6 dè myeiro roig OmÂlraus weg auf 
das zu z£uzovO, zu ergänzende object &yyelov oder mvc bezogen 
werden soll Richter „möchte überhaupt die möglichkeit leugnen, 
den demonstrativ gebrauchten artikel in 0 dè #49wv auf ein zu 
méurcovos hinzuzudenkendes object zu beziehen“. Eine gewisse 
sprachliche härte ist allerdings wohl vorhanden, doch nicht so 
schlimmer art, wie Richter behauptet; was zu beweisen der um- 
stand genügt, dass noch kein herausgeber daran anstoss genommen 
hat ©) (Zeune und Krüger: 6 &yyeloç, Kühner: 6 7005 Ztvoqüvia 
ziugot(c, Rehdantz: 6 neugdels, F. Vollbrecht : „der abgesandte**). 
Jedenfalls aber würde diese sprachliche härte noch viel schlimmer 
werden, wenn die worte o dè qyeizo roig baAlross als unecht ent- 
fernt würden, Das giebt Richter selbst zu, scheint aber deshalb 
um so mehr zu glauben, eine interpolation jener worte annehmen 
zu müssen, während er doch durch diesen umstand von seiner an- 
sicht hátte abgebracht werden sollen. 

Zu dieser — ziemlich imaginaeren — sprachlichen hárte sol- 
len nun sachliche bedenken kommen (p. 592). Die sendung des 
boten wird als „überflüssig“ bezeichnet, da bei dem geringen vor- 
sprung der peltasten, während ihres durchschreitens durch die 
schlucht, ihres angriffs und ihres versuchs zum rückzug „so viel 
zeit vergehen musste, dass Xenophon herankam und selbst sah, 
was vorging, wenn er nicht den vorgang, was ebenfalls, da die 
festung doch auf einer erhebung lag (2. 28), sehr leicht mög- 
lich ist, von weitem schon bemerkt hatte“. Ich habe schon 
darauf hingewiesen, dass durchaus nichts uns zu der annalıme 
zwingt, Xenophon sei den vorauslaufenden peltasten mit den ho- 
pliten gefolgt, dass vielmehr ziemlich sicher ist, Xenophon habe 
halt gemacht und warte das resultat des angriffs der peltasten ab. 
Dagegen wird nun als grund der umstand angeführt, dass Xeno- 
phon doch gegen eben dieses ywofoy auf dem marsche war und 
wusste, dass er sich in der nähe desselben befand: das ist wohl 


5) Dieses an sich ja nichtssagende argument wird wenigstens 
Richter gelten lassen müssen, wenn er consequent ist; gebraucht er 
doch ganz dasselbe, wenn auch umgekehrt, p. 565: „denn wenn ein 
kenner des griechischen und des Xenophon insbesondere wie Rehdantz, 
um der übrigen zu geschweigen, die stelle missversteht, so kann die 
miseverständlichkeit der stelle doch nicht wohl in abrede gestellt 
werden". 


454 Zu Xenophon’s Anabasis. 


richtig, beweist aber für Richter doch nicht das mindeste 5. 
Sodann meint Richter, dass es, wenn Xenophon die festung noch 
nicht hätte sehen können, aber die peltasten in der nähe gewusst 
hätte, ,unverzeihlich leichtsinnig und gar nicht zu motivieren ge- 
wesen sein würde, wenn er, nachdem die peltasten vorausgeeilt, 
mit den hopliten halt gemacht hätte“. Danach muss also ein 
feldherr, wenn er gegen einen platz anrückt, sofort mit seiner 
ganzen macht denselben angreifen, darf aber nicht eine über- 
rumpelung versuchen und mit dem gros noch zurückbleiben: eine 
ansicht, die auch der elementarsten kriegskunst schnurstracks 
entgegenläuft. (Vergl Köchly und Rüstow griech. kriegswesen 
p. 157). 

Auch dass Xenophon die festung und den missglückten au- 
griff der peltasten auf dieselbe habe sehen können, ist mir sehr 
unwahrscheinlich, denn das terrain war ja ögswd xwota (8. 2), 
enthielt hügel, schluchten und wilder (2. 28 ff), so dass e 
wohl anzunehmen ist, dass Xenophon auch in geringerer ent- 
fernung als 5—6 stadien noch nichts von der ugrgómolig ge 
sehen habe. 

In der meldung des boten selbst (2. 7) ist nach Richter 
„höchst auffällig“, dass ywelov ohne artikel gesetzt ist, wonach 
der bote, resp. interpolator, voraussetzt, „dass Xenophon von der 
existenz dieses ywofoy noch gar keine ahnung hat, sondern es 
erst durch den boten erfährt“. Das kann allerdings nicht wohl 
der fal gewesen sein, aber dieses folgt gar nicht aus dem fehlea 
des artikels, welches gar nichts beweist, als dass der bote von 
der existenz dieses ywoflov vorher keine ahnung gehabt hat. Ze 
dem ist doch zu bedenken, worauf die herausgeber richtig auf- 
merksam machen, dass Xenophon hier die meldung des boten wol 
ganz wortgetreu wiedergegeben hat; ein athemlos herangeeilter 
soldat aber, welcher in grosser aufregung (diese wird ausgedrückt 
durch die vielen, kurzen, athemlos herausgestossenen sätze, vergl. 


6) Das geht aber auch keineswegs, wie Richter will, aus dem 
umstand hervor, „dass das yeoíor bereits geschildert wird, ehe die 
peltasten an dasselbe gelangen“. Denn die ganze erzihlung Xeno- 
phons entbehrt doch nicht der kunstvollen anordnung, und su dieser 
gehürt es, dass die terrainschilderung der erzählung der begebenheit 
selbst vorangeht. Die kenntniss des terrains hat Xenophon natürlich 
erst erhalten, als er selbst das ywoéor recognosciert und betreten hat. 


‘ Zu Xenophon's Anabasis. | 455 


Rehdantz z. d. st.) seinem commandeur eine wichtige botschaft zu 
überbringen hat, achtet nicht viel auf das setzen oder weglassen 
des artikels. — Allerdings sagt die meldung des boten dem leser 
nicht viel neues, aber Xenophon berichtet hier nun einmal sehr 
genau, so genau, dass er auch die worte des boten nicht weglüsst, 
unbekümmert darum dass er somit seinem leser zweimal dasselbe 
erzählt (aber doch jedes mal in anderer weise!) Ohne frage hätte 
Xenophon sich darauf beschränken können zu sagen, dass ein 
bote an ihn abgesandt wurde, aber er brauchte sich nicht 
darauf zu beschrünken nach den einfachsten regeln der compo- 
sition, wie Richter meint (p. 593), denn darnach hätte er ja auch 
gar nicht nóthig oder gar nicht einmal das recht gehabt, diese 
doch für den ganzen rückzug und die endschicksale der Griechen 
so wenig bedeutende expedition gegen die Drilen so ausführlich, 
so ausser allem verhültniss zu der kürze, mit der oft andere, 
wichtigere dinge berichtet sind, zu behandeln; warum geben wir 
da nicht lieber gleich das ganze capitel als vom interpolator her- 
rührend preis? Das würe ja das allereinfachste ")! 


Damit kónnte ich von dieser stelle, welche mir durchaus echt 
und richtig zu séin scheint, scheiden, wenn nicht gerade hier ein- 
mal so recht deutlich zu tage trete, wie Richter gearbeitet hat 
und was er seinen lesern zumuthet. Er hatte den ausweg aus 
aller schwierigkeit, dass Xenophon mit den hopliten halt gemacht 
habe und zurückgeblieben sei, als durchaus nicht annehmbar be- 
zeichnet (p. 592); er hatte dann gesagt (ebenfalls p. 592), dass 
Xenophon auf dem marsche geblieben, lehre der ganze zusammen- 
hang und der ausdruck ngodgumovrss (und doch kann zQoroéyeww 
ohne frage auch von dem gesagt werden, welcher vorauslüuft, 
wührend sein genosse, der bis zum trennungspunct mit ihm ge- 
gangen, stehen bleibt); nun heisst es p. 593: „ich meine also 


7) Bei dieser gelegenheit entwickelt Richter seine kritischen 
ndsätze mit den worten: „wenn man sich nicht entschliesst, auch 
in der kritik diesem aesthetischen oder auch nur logischen gesichts- 
punct mehr geltung einzuräumen als bisher, wird man nie dazu 
kommen, die werke Xenophons, und vielleicht noch andere, nament- 
lich historische schriftsteller des alterthums von dem schmutz, der 
sich an sie angesetzt hat, zu reinigen“. Sehr schön gedacht, aber 
wer ist der unfehlbare mann, welcher die massgebenden „gesichts- 
puncte“ aufstellen kann? 


496 Zu Xenophon's Anabasis. 


Xenophon hat geschrieben: wg di oóx êduyarro ümosgtgew, 6 
Atvogu» rçocuyaywr nQóg tiv yugddoay (also heranführen 
an die yagádga muss Xenophon nun doch noch, nachdem der a 
griff der peltasten abgeschlagen ist? vergl. o. p. 452) u.s. w. will 
jemand dxo/cag tata belassen, so habe ich nichts dagegen 
einzuwenden (!), ausser dass ich glaube, dass eben gar kein 
bote an Xenophon abgeschickt wurde (das wäre doch einwands 
genug!) u. s. w. und in einer anmerkung dazu liest man nu 
gar: „auch xéumovor 1006 Zsvopurra* 0 dé nQocayayc» ne 
ınv yapadouv xi. wäre möglich, Denn Xenophon kann mit 
den hopliten in einiger entfernung von der yagadga 
gestanden und die vorgänge mit angesehen haben, dann abe, 
als die peltasten, die schwierigkeit ibrer lage erkennend, iha 
durch einen boten um persónlichen beistand er 
suchen liessen, sofort an die schlucht mit den hopliten ge- 
rückt und selbst hinübergegangen sein“ Das ist doch der cres 
seste widerspruch gegen das ganze raisonnement von p. 592 um 
danach ist doch auch für Richter gar kein sachlicher grund 
mehr vorhanden, eine interpolation anzunehmen. 

Ferner behandelt Richter (p. 593 f) den 2. 15 und nimm 
anstoss an den worten: xaì GAdog &AAov elÀxe xai GAdog avaft- 
fixe, da eine nähere angabe darüber zu erwarten sei, „wie Age 
sias and Philoxenos in den platz gelangten, nämlich so, dass der 
eine hinaufgestiegen war xai &AAog ávafesfxs. und nun den ar 
deren zu sich hinaufzog*. Richtig wird als einzig mögliche (vom 
sprachlichen standpunkt) bedeutung der worte hingestellt : „und 
der eine zog diesen, der andere jenen hinauf, und ein anderer war 
hinaufgestiegen“; denn die übersetzung Hertleins: „einer zog des 
anderen binauf* ist nicht richtig, da das, wie Richter hervorhebt, 
ó aAAog Toy GAdov, oder vielmehr 6 Eregog zóv Fzegoy heissen 
müsste, auch ist es nicht möglich @4Z06 @AAovy im sinne von di- 
Andovs zu fassen. Weshalb nun aber jene sprachlich einzig mög- 
liche bedeutung keinen passenden sinn gebe, vermag ich aus Rich 
ters raisonnement nicht zu erkennen, welches an dieser stelle 
besonders unklar ist. Mir scheint jene bedeutung auch sachlich 
durcbaus richtig zu sein, wenn wir nur die verba betones 
welche doch den nachdruck haben. Agasias und Philoxenos stei- 
gen hinauf und helfen anderen, der eine diesen, der andere 


Zu Xenophon's Anabasis. 457 


jenen, beim hinaufsteigen, andere (@AAog species pro genere?)) stei- 
gen selbständig (Krüger: oùy £lxoueros, „ohne hülfe“) hinauf. 
Da brauchen wir, scheint mir, keine änderung vorzunehmen und 
keine interpolation zu argwöhnen. 

Anders stellt sich nun die sache, wenn wir mit den besseren 
bandschriften ABCE nur lesen: wore “Ayactas Zruugulos xura- 
Huevog ta onda ev yıravı udvov avéBn xai aAXov elàxe xuè GALS 
avußeßijxeı xt. in diesem satze sind allerdings noch die worte 
xai GAdog avafePixes Richter auffällig (würden es aber wohl nicht 
mehr sein, wenn er meine erklärung adoptierte), sonst aber möchte 
er ihr „den vorzug vor der allgemein recipierten einräumen, wenn 
man sich erklären könnte, wie die erweiterung in die schlechteren 
handschriften gekommen, namentlich woher das DsAo&svog TeAAn- 
vevc stammt“. Dagegen möchte aber zu bedenken sein, dass doch 
oft die schlechteren handschriften die richtigere lesart bieten, wäh- 
rend die sogenannten besseren codices schun corrumpiert sind. So 
dürfte man vielleicht auch hier behaupten, dass in den besseren 
handschriften die auslassung von Dsro&evog IleAAnvevs und die da- 
nach nöthig gewordenen änderungen von einem abschreiber herrüh- 
ren, der sich erinnerte, dass Agasias mehrfach als tapferer mann 
erwähnt wird (z. b. IV 1, 27; 7, 8), während von Philoxenos 
sonst nie die rede ist, und dass sonach auch hier die lesart 
der schlechteren handschriften die richtige und beizubehaltende ist. 

Zugeben kann und will ich Richter schliesslich gern, dass die 
stelle nach ausfall der iucriminierten worte noch einen sinn geben 
würde, welcher den leser befriedigen künnte; aber dieser umstand 
trägt doch zur sicherung oder begründung der annabme einer in- 
terpolation nichts bei. 

Sodann hält Richter (p. 595 ff.) die worte des 2. 23: xai 
4 voi qofsod jy i àmovoa für unecht. Er meint, wenn man die 
situation der Griechen bedenke, sei gar nicht daran zu zweifeln, 
dass das herannahen der nacht ihre besorgnis nicht habe erhöhen 
können. Da legt nun Richter fälschlich nachdruck auf émotoc, 


8) So erkläre ich mir den singular, wührend ich es für ganz 
unmöglich halte, was Richter „uothwendig“ nennt, dass für @llos 
stinde 6 fzoc, selbst wenn vorher gestanden hätte ö Pregog Tor Frepov, 
da doch weder Agasias noch Philoxenos als subject zu avafepjxes 
gedacht werden kann. 


458 Zu Xenophon's Anabasis. 


während doch 7 »v£ durch xa( betont wird ?), und éêmoÿca nur 
attributiv hinzutritt. Nicht das herannahem der nacht war 
furchtbar, sondern die nacht, welche anbrach. Damit fallt Rich- 
ters ansicht, dass die noch nicht angebrochene finsternis keine 
beüngstigung verursachen kónne; die anbrechende finsternis ist 
dazu gewis im stande. — Richter meint weiter, es sei nicht an- 
zunehmen, dass die Griechen gar nicht daran gedacht haben, „was 
die einbrechende finsternis ihnen noch bringen künnte*, Aber Xe- 
nophon sagt es doch ausdrücklich ; kónnen wir denn ohne weiteres 
seine worte für unwahr ansehen und streichen, ohne äusseren 
grund? ich sollte meinen, wenn die lage der Griechen, welchea 
yaherov Tv» xol uévev xol ämévas 1), schon bei tage schwierig 
genug war, dass sie dann durch die hereinbrechende nacht nod 
bedeutend erhöht werden musste, und dass daher einem so umsich- 
tigen und besorgten feldherrn, wie Xenophon es ist, dieser umstand 
wohl sehr viel furcht und sorge bereitete. 

Die ganze argumentation Richters läuft ja deutlich darauf 
hinaus, nach seiuer vorgefassten ansicht, dass ein interpolator, 
„dem die lage noch nicht schlimm genug erschien (p. 596)“, die 
anabasis mit zusützen versehen habe, solche scheinbare übertrei- 
bungen zu beseitigen; er sucht dann seine aufstellungen durch so- 
phistische schlussfolgerungen zu stützen, wobei er aber glücklicher- 
weise immer zu fassen ist. So auch hier: p. 59°/7 sucht Richter 
nachzuweisen, dass der einbruch der nacht noch gar nicht so nahe 
war und so nahe sein konnte, Aber schon die ersten sätze, die zum 
beweis dienen sollen, sind ganz unrichtig, gewiss ein büses omem 
für die folgenden ausführungen! ,,Xenophon hatte die zeit des angriffs 
sicher in seiner gewalt; er kannte die feste‘. Aber dagegen 
spricht, was Xenophon 2. 8. 9 erzühlt, dass er, nachdem er die 
hopliten herangeführt hat, die festung untersucht und sich mit des 
lochagen darüber berüth, ob sie einnehmbar ist oder nicht. De 
gegen spricht ferner auch der umstand, dass Xenophon nichts vos 


9) Wenn Richter recht hätte, dass die anknüpfung mit xai, „die 
gleichsam etwas halbvergessenes oder nebensächliches verm 
lässt, sehr für die interpolation der worte spricht“, so müssten doch 
gar viele stellen im Xenophon interpoliert sein. 

10) Mit welchem recht behauptet Richter (p. 596), dass die au 
genblickliche gefahr „ganz unabhängig von der einbrechenden nacht 
mit jeder minute wuchs“? 


Zu Xenophon’s Anabasis, 459 


der existenz der axga in der stadt wusste (2. 17). — Auch ist 
es falsch zu behaupten, wie Richter thut, dass Xenophon „bisher 
die erfahrung gemacht hatte, dass die Drilen sich tapfer verthei- 
digten (2. 2. 3)“. Es ist denn doch eine sonderbare art „tapferer 
vertheidigung* von seiten der Drilen, dass dieselben ómoia zw 
xuwolwv aiworua elvas 2doxsı Qunumodvrsg anrecav, und dass sie 
alle in die ugroózoAig GvvegQvrxeooy (2. 3). — „Auch das musste 
er sich sagen“, heisst es weiter, ‚dass im fall der angriff abge- 
schlagen würde, der abzug nicht ohne gefahr sein würde*. Leider 
widerspricht auch diese behauptung dem berichte Xenophons 2. 8. 
6, und wir müssen doch wohl Xenophon selbst etwas mehr glau- 
ben schenken in bezug auf das, was er wusste, sich sagte und 
that, als unserem verstande und unserer phantasie. — Auf diese 
also ganz unbegründeten argumente baut nun Richter den schluss, 
dass Xenophon den angriff nicht habe zu einer zeit vornehmen 
kónnen, ,wo man müglicherweise von dem einbruch der nacht 
überrascht werden konnte*. Dieser behauptung stimme ich bei, 
aber aus ganz anderem grunde, und glaube nun erst recht, dass 
die stelle völlig gesund ist, Doch sehen wir erst weiter, wodurch 
Richter seine annahme noch mehr zu stützen sucht. Er meint, da 
die einzelnen operationen schnell auf einander folgten (worüber 
wir doch kein sicheres urtheil haben und was ich oben p. 450 in 
bezug auf die von Richter verdüchtigten worte des 2. 6 schon als 
irrig erwiesen habe), künne der kampf um den platz nicht lange 
zeit in anspruch genommen haben; wenn also jetzt dennoch die 
macht nahe war, so müsse der angriff spät am tage begonnen sein; 
das sei aber bei der klugheit und kriegserfahrung des Xenophon 
micht anzunehmen. Auch dieses letztere gebe ich zu, urtheile nun 
aber gerade umgekehrt als Richter: eiu so tüchtiger und beson- 
mener führer wie Xenophon wird nicht am späten nachmittag sol- 
chen schwierigen angriff noch unternommen haben; wenn er uns 
mun aber berichtet, welchen bericht anzuzweifeln wir gar keinen 
grund haben, dass noch vor beendigung des kampfes die nacht 
hereingebrochen, so ist daraus zu schliessen, nicht dass dieser be- 
richt falsch oder interpoliert ist, sondern dass der angriff so 
schwierig war, dass er, trotzdem man ihn etwa schon gegen mit- 
tag oder schon am vormittag begonnen, doch gegen abend noch 
nicht hatte beendigt werden künnen. 


460 Zu Xenophon's Anabasis. 


Aber Richter hat nun noch ,ein weiteres und sehr schwer 
wiegendes, wenn nicht entscheidendes argument“ für seine ansicht 
in den worten des 2. 26 gefunden: of dì xara rÓ oropa di în 
uovo, EAunovv xai dios On énsxeloovras Èv tm 2Eddm te xoi dia- 
Baosı. In langer erörterung (p. 597—599), wegen deren eimel- 
heiten mit ihm zu rechten, so yiel veranlassung sich auch dazu 
böte 11), hier zu weit führen würde, sucht Richter nachzuweisen, 
worin ich ihm auch wieder beistimme, „dass hier xaraflacig von 
dem weiteren rück- bez. hinabmarsch nach dem verlassen des yw- 
giov selbst (der ££odos) zu verstehen ist“, welchen marsch bis zum 
bivouak die Griechen, wie ich schon oben p. 446 behauptet habe, 
noch am abend machten. Daraus nun, dass die Griechen beim ab- 
zug aus der feste und beim rückzug den angriff der feinde fürch- 
teten, folgt nach Richter „jedenfalls“, dass die Griechen noch am 
selben tage und ohne weiteren aufenthalt die xaraßacıg beab- 
sichtigten. Diese schlussfolgerung ist wieder nicht richtig. 
Denn wenn Xenophon erzählt, dass die Griechen eine belästigung 
durch die feinde beim auszug und hinabmarsch fürchteten, so ist 
doch damit keineswegs gesagt, dass es absicht war, diesen his- 
abmarsch auch wirklich stattfinden zu lassen. Doch gebe ich zu, 
dass Xenophon für diesen abend noch etwas mehr als die èEodog, 
d.h. das verlassen des ywefov und das durchschreiten der yagadga 
beabsichtigt habe; er wird seine truppen gewiss nicht unmittelbar 
bei der yapxdox ihr nachtquartier haben nehmen lassen wollen, 
sondern immerhin einige stadien davon entfernt, eine strecke weges, 
welche für den ausdruck ywefoy vollkommen genügt. Ob man nun 
diesen nachtaufenthalt noch mit Richter ein „übernachten in der 
unmittelbaren nähe des feindes* nennen darf, kann. zweifelhaft sein; 
gewiss aber darf man dasselbe nicht „unbegreiflich“ finden, dena 
mit den soldaten, welche den tag über schon einen marsch ge- 
macht, dann gekämpft hatten und lange in grosser bedrängnis 
gewesen waren, die endlich den beschwerlichen rückzug durch die 


11) Man bewundere z. b. die logik in folgendem satze (p. 597): 
„schon der umstand, dass Hertlein für nöthig gehalten hat, die wo 
»»in die schlucht«« in parenthese hinzuzufügen, zeigt, dass xarifasx 
allein und ohne zusatz auch von Xenophon schon wegen des m 
lichen missverständnisses nicht gebraucht worden sein würde“. 
wenn Xenophon bei abfassung seines berichts an Hertlein und die 
anderen neueren herausgeber gedacht hätte! 


Zu Xenophon's Anabasis. 461 


gagadge gemacht hatten, konnte Xenophon unmöglich noch die 
nacht hindurch marschieren; er musste ihnen ruhe gónnen, und das 
that er jedenfalls noch in der nähe des ywofor. Somit halte ich 
den bericht Xenophons nicht nur für müglich sondern sogar für 
ganz sicher; und für ebenso sicher halte ich es, was Richter eben- 
falls unmôglich zu sein scheint, dass die Drilen auf die Griechen 
die ganze nacht hindurch keinen angriff machten !?); ich halte das 
für sicher aus dem einfachen grunde, weil Xenophon es berichtet, 
den wir nicht berechtigt sind durch rhetorische fragen der un- 
wahrheit zu beschuldigen 1%), Ich halte es ferner nicht nur für 
möglich sondern sogar für unzweifelhaft (da es ja klar vor augen 
liegt), dass Xenophon gar nichts davon sagt, was ihn bewog einen 
so geführlichen aufenthaltsort zu wühlen und welche vorsichtsmass- 
regeln er für die nacht traf. Sagt doch Xenophon von gar vie- 
len dingen nichts, für welche er bei seinen lesern kein interesse 
voraussetzte, oder von denen er glauben konnte, dass sie dieselben 
von selbst wussten. Endlich würde es ebenfalls ganz wohl mög- 
lich sein, dass die Drilen am morgen den Xenophon mit dem heere 
abziehen liessen, ohne ihn daran zu hindern, wenn Xenophon die- 
ses wirklich herichtet hatte. Das ist aber nicht der fall. Denn 
aus Xenophons erzühlung 2. 28 ff. ist durchaus nicht zu folgern, 
dass Xenophon den hinterhalt erst legte, „nachdem er ein stück 
weggezogen war“. Dieser ist vielmehr gelegt, che die Griechen 
aus dem bivouak aufbrachen, in ganz &ühnlicher weise wie noch 
jetzt auf einem rückzuge beim aufbruche aus einem nachtquartier 
arriéregarden als wachen zurückgelassen werden, um erst, nach- 
dem das gros eine strecke weit fortgerückt ist, diesem zu folgen, 
und ihm so deckung zu gewühren. Die Drilen haben dann sofort 
die Griechen anzugreifen gesucht, als diese aus ihrem bivouak ab- 
rückten, haben aber den angriff der wevderédoa wegen verzögert. 
Da nun, wie Richter ganz recht bemerkt, aus den worten des 
Q. 29: ai dì nélra: avtwr Gore xai Gore diepalvorio yadxat 


12) Wie Richter zu der behauptung kommt, dass ein solcher an- 
griff sebr leicht von zwei seiten unternommen werden konnte, 
verstehe ich nicht. | 

18) Vergl. Rehdantz zu 8. 27: »das bei dem mehr als eintügigen 
streifzug natürliche bivouak auf einem sicheren puncte des plateaus 
erwähnt Xenophon nicht, besonders, weil die Drilen hier nicht störten 
und nicht stören konnten«. 


462 Zu Xenophon's Anabasis. 


ovoas folgt, dass der weitere rückzug am tage stattgefunden hat, 
da aber, wie ich nachgewiesen zu haben glaube, kein grund gegea 
die annahme vorliegt, dass die Griechen die nacht noch in der 
nähe des ywolov zugebracht haben, so lässt sich auch aus Q. 28 ff. 
nur folgern, dass dieser weitere rückzug nicht noch am abem 
sondern erst am folgenden tage unternommen sei. Dabei bleibt 
bestehen, was Xenophon berichtet, dass es dunkel war, als die 
xarcBaots, d. h. also der rückzug bis zum bivouak, stattfand, und 
Richter hat nicht bewiesen, dass die worte des 2. 23  »vÉ ge- 
Bega Tv 7 exsovoa interpoliert seien. 

Im zusammenhang mit diesen ganzen ausführungen und ge- 
stützt auf dieselben wird nun von Richter (p. 600 f) auch die 
unechtheit der worte des ÿ. 28: 17 dé voreqalg ännecar of 'EM- 
Anveg Eyovıss tà enstydeva behauptet, obwohl er selbst zugiebt, 
dass die worte an sich eigentlich keinen anstoss bieten. Allerdings 
passen die worte nicht mehr, wenn in Q. 23 jene eben besproche- 
nen worte beseitigt sind; da aber deren interpolation nicht nach 
gewiesen ist, kann sich auch ein unechtheitsbeweis dieser worte 
des 2. 28 nicht mehr auf jene stützen, Zudem hat Richter. gam 
übersehen, dass Xenophon im 2. 1 dieses. capitels ausdrücklich 
sagt, diese expedition. habe länger als einen tag gedauert. Das folgt 
wenigstens ganz nothwendig daraus, dass er erzühlt, es sei nicht 
mehr möglich gewesen, die nöthigen lebensmittel zu erlangen, 
wore anuvsmusgllew ènè 10 orgardmedov, und deshalb (x 709- 
zov) sei diese expedition unternommen. Trotz dieser durchaus 
nicht miszuverstehenden äusserung Xenophons, deren interpolatios 
doch erst zu erweisen wäre, ehe an die der worte des 2. 23 und 
&. 28 auch nur gedacht werden könnte, arbeitet Richter darauf 
hin darzulegen, dass alle einzelheiten der expedition am selbe 
tage geschehen sind, sagt auch p. 607 ganz unumwunden „da 
alles geschah am hellen, lichten und einem und demselben tage“. 
Dabei ist aber als eine fernere probe von der art, wie Richter 
gearbeitet hat, zu beachten, dass es p. 599 also heisst: „wenn & 
hierfür (nämlich für die annahme, dass die Drilen den Grieches 
lange nachsetzen würden) noch eines beweises bedürfte, so ist er 
in den massregeln vorhanden, welche die Griechen am anders 
morgen bei der xazefacss trafen, um sich vor der verfol- 
gung seitens der feinde zu sichern u. s. w.* und das steht ia 


Zu Xenophou's Anabasis. 463 


selben zusammenhange, in welchem Richter sich bemüht, nachzu- 
weisen, dass die xazaßocıg nicht am anderen morgen, son- 
dern am selben tage, etwa am nachmittag, stattfand! 

Obwohl es danach nicht mehr nóthig sein dürfte, gegen die 
behauptete unechtheit jener worte des 2. 28 noch weiteres auzu- 
. führen, will ich doch der vollständigkeit wegen auch die beiden 
puncte kurz besprechen, die Richter aus sprachlicher rücksicht an 
denselben bemängelt. Zuerst findet er (p. 600) den ausdruck 
Éyovreg 1a &mrndesa „nicht glücklich und treffend gewählt“, da 
die Griechen ,,beute mit sich führten, nicht „lebensmittel“, und da 
za imujóno hier die für den marsch nöthigen lebensmittel be- 
‘ zeichnen würde. Aber es hat doch wohl so strenge termini tech- 
mici bei den Griechen nicht gegeben, dass Xenophon hier 
nicht die beute, welche grösstentheils aus 271170800 bestand, da 
solche zu holen ja der zweck der ganzen expedition gewesen war 
(2. 1. 2), hätte ézenjdesa nennen können, trotzdem auch andere 
dinge dabei waren. Und sodann ist die deiktische kraft des arti- 
kels nicht mit Richter von den zum rückmarsch nôthigen lebens- 
mitteln zu verstehen, da doch die Griechen ohne frage mehr le- 
bensmittel mit fortgeschaft haben, als sie für den kurzen rück- 
marsch gebrauchten, sondern entweder von den lebensmitteln, welche 
sich zu verschaffen die Griechen ausgezogen waren (, die ge- 
wünschten, nöthigen lebensmittel, um derentwillen der streifzug 
gemacht war* Rehdantz), oder wohl besser von denen, welche sie 
erbeutet hatten. 

Sodann scheint Richter (p. 601) die hinzufügung von of "EA- 
Agveg „nicht in der ordnung“ zu sein, da Xenophon, wo er von 
den Griechen spreche, of ’EAAnves nur da hinzusetze, wo ein ge- 
gensatz vorhanden, da aber hier dieses nicht der fall sei; denn 
2. 27 werde vom rückzug der Griechen gesprochen und die worte: 
xatexavÌn zücu 7 mos enthalte doch keinen gegensatz, auch 
im folgenden finde ein solcher sich nicht; vollends sei die hinzu- 
fügung von of '"EAAqveg im höchsten grade auflällig, wenn auch 
das ende von Q. 27 unecht sei, wie im folgenden dann erwiesen 
wird. Alles dieses zugegeben, obwohl das letzte ja an dieser 
stelle noch nicht erwiesen ist, und obwohl allerdings ein gewisser 
gegensatz besteht zwischen den brennenden häusern der Drilen 
und den Griechen, so ist es doch wohl mehr als passend und 


464 Zu Xenophon's Anabasia. 


ganz natürlich, dass Xenophon, als er die begebenheiten des fol. 
genden tages zu erzählen beginnt, das subject, trotzdem dieses vor- 
her meistens dasselbe gewesen war, wiederholt. Gewiss würden 
die worte auch ohne of “EdAnveg verständlich gewesen sein und 
niemand würde an ein anderes subject zu àzyecav gedacht haben, 
als an die Griechen; aber diese selbstverständlichkeit ist weder 
für Xenophon ein grund etwas nicht zu schreiben, noch für uns 
etwas, das Xenophon geschrieben, für unecht zu erklüren.. Dam 
kommt denn endlich, dass Richters behauptung, Xenophon setze 
of "EAlnveg nur im gegensatz zu anderen, nicht stichhaltig ist; 
man vergl. I 10, 11; IV 7, 18; V 6, 11. 

Somit ist in sprachlicher hinsicht ebensowenig ein grund, wie 
in sachlicher, die incriminierten worte des 2. 28. für interpoliert 
zu halten. 

Bevor Richter dann zur besprechung der letzten hälfte von 
Q. 27 schreitet, sucht er den nachweis der unechtheit eines theils 
von 2. 26 zu führen (p. 601 ff). Er meint nämlich, Xenophon 
habe nur geschrieben: nei dè ixava #07 $v, évypar obrem pod 
anidov ano 109 ywolou. Er hält also die worte: dvzwmrov à 
xai tag naQ adrò TO yaguxucpo olxíag, Onws oi modéjsos augi 
ravta Exosv für interpoliert von seinem „feuer- und brandlustigen 
interpolator“. Denn da die häuser am yapaxwua nicht auf der 
rückzugslinie der Griechen standen, sei kein grund gewesen sie 
in brand zu stecken, zumal das den abzug ermóglichende mittel 
allein das feuer in der mitte der strasse war; der hinzugefügte 
grund omwe xrÀ. sei eher eine bestätigung der unechtheit, denn 
durch das brennen der häuser würden sich, „wie Xenophon und 
die übrigen Griechen nach ihren bisherigen erfahrungen wissen 
mussten“, die Drilen nicht haben von der verfolgung der Griechen 
abziehen lassen. Hiergegen möchte ich folgendes bemerken: sa- 
nächst hat Xenophon vielleicht gar nicht selbst den befehl zum 
anzünden auch dieser häuser gegeben, sondern einzelne soldatea 
haben aus eigenem antriebe sie in brand gesteckt, in der gewiss 
erklärlichen absicht, auch dadurch die feinde aufzuhalten; ob die- 
ser gedanke sehr viel wahrscheinlichkeit für sich hatte, kann al- 
lerdings dahin gestellt bleiben. Und müssten wir doch annehmes, 
dass Xenophon das anzünden auch dieser häuser selbst befobles 
habe, so könnten wir doch auch für ihn noch zwei gründe findes, 


Zu Xenophon's Anabasis. 465 


einen, den er freilich nicht angiebt, der aber klar vor augen liegt, 
damit nàmlich die feinde auch nicht durch die hüuser an den seiten 
des ausgangs herausbrechen künnten; und sodann den, welchen er 
anführt. Und ohne frage durfte Xenophon darauf rechnen, dass 
es den Drilen nicht ganz gleichgültig sein würde, ob ilre feste 
pnrgorodss mitsammt den befestigungswerken u. s. w. ein raub - 
der flammen werde, wenn sie auch vorher die Glwgmu ywola 
selbst in brand gesteckt hatten. 

Als grund für den interpolator, auch diese häuser noch an- 
brennen zu lassen führt Richter nicht blos ,seine uns schon be- 
kannte lust am feuer und seine sucht zu übertreiben* an, sondern 
noch die absicht, die, wie Richter hier vorläufig nur behauptet, 
ebenfalls von ihm interpolierten worte des 2. 27, wonach auch 7a 
Oruvquuara xiÀ. xatexcvdn, zu motivieren. Aus diesem grunde 
hat denn der schlaue interpolator, nach Richters meinung, nicht 
blos gesagt maga 10 yaguxœua, d. h. „an der verpallisadierung 
hin“, sondern zag’ aùrd :0 yagéxwua, d. h. „unmittelbar an 
der verpallisadierung hin*, was doch sachlich so ziemlich dasselbe 
ist. Da nuu aber die interpolation im 2. 27 vorerst nur behauptet 
ist, und zwar, wie ich zu erweisen hoífe, mit unrecht, so kann 
sie kein argument liefern für die interpolation in %. 26, die so- 
nach völlig unbewiesen ist. — Als ein interessantes beispiel 
Richterscher argumentation führe ich noch diese schlussfolgerung an 
(p. 603): „auf diese weise hat sich der interpolator für die folgende 
interpolation in 2. 27 vorgearbeitet, und dieser zusammenhang be- 
weist einmal, dass Xenophon, dem wir unter allen umständen 
so subtile berechnungen bei einer so kleinlichen angelegenheit, wie 
die verbrennung der pallisaden ist, nicht zutrauen dürfen (?), ge- 
wiss die worte des 2. 26 nicht geschrieben hat, und zum an- 
deren, dass der verfasser dieser worte auch der verfasser des 
passus ist, in welchem die verbrennung der oruvgwuora gemel- 
det ist“. 

Im folgenden (p. 603 f.) geht Richter dazu über, die worte 
des 2. 27: xai xatexavdn nüca n mods xai ab oixlos xoi ai 
tugcEs xoà 1% Cravowpara xui Talla navra Àj» 196 &xgas, 
deren unechtheit also schon behauptet und als argument für die 
zu beweisende interpolation anderer worte benutzt worden ist, als 
unecht zu erweisen. Dafür bildet nun, — und das ist ein treffli- 


Philologus. XXXV. bd. 8. 30 


466 Zu Xenophon’s Anabasis. 


ches beispiel eines zirkelschlusses! — die unechtheit der bespro- 
chenen worte des 2. 26 schon „ein sehr wichtiges zeugniss“. — 
Geringeren werth legt Richter auf den ausdruck w0%5, den er, 
weil ihn Xenophon sonst von dem platze nicht gebraucht, trots 
der benennung umzoonolıs Q. 3 für anstössig hält; auch erscheint 
es ihm unwahrscheinlich, dass die ganze stadt niedergebranat 
sein solle, da nur in einem ausschnitt des um die ganze üzxga 
stehenden häuserkreises und nur in einer strasse (dieses lets- 
tere steht aber nur in Richters „gereinigtem“ Xenophon!) von den 
Griechen feuer angelegt sei. Ob wirklich um die axga herum 
bäuser standen, davon wissen wir doch, soweit ich sehe, durchaus 
gar nichts; denn aus den worten des Q. 3: megi zovro 7r yaoadea 
loyvows Padeïa und des 2. 5: xal yàg tépoos Tv meoì aùrò et- 
osta dvafeBinutwn, welche Richter zum beweis heranzieht, welche 
aber nur berichten, dass die yaoadoa und der zígQog rings um 
die stadt gingen, folgt nicht, dass die &xga nicht auch an einem 
ende der stadt hat gelegen sein können. Aber abgesehen davon 
ist doch auch nicht anzunehmen, dass in jenen zeiten das feuer se 
viel liebenswürdiger gewesen sei, als jetzt, dass es nur die strasse 
zerstörte, in welcher es angelegt wurde; es wird damals so gut 
um sich gegriffen haben, wie heut zu tage. — Das aber hält 
Richter für sehr wichtig, „was Xenophon bestimmen konnte, nack- 
dem er gesagt hatte, dass die ganze stadt niedergebrannt sei, bin- 
zuzufügen, natürlich epexegetisch, wie F. Vollbrecht mit befriedi- 
gung anmerkt, dass die häuser und die thürme und die pallisades 
niederbrannten, und welches interesse er bei seinen lesern speciell 
für das niederbrennen sämmtlicher thürme und pallisaden voraus 
setzen konnte“. Ob mein vater jene anmerkung „mit befriedigung* 
gemacht hat, weiss ich nicht, das thut auch nichts zur sache; das 
aber weiss ich, dass durch ironische phrasen die thatsache nick 
aus der welt geschafft wird, dass Xenophon vielfach solche epexe- 
getische zusätze macht 1%). So lange das feststeht, wird man auch 


14) Ein sehr treffendes beispiel bietet V 8, 9: xaè névrec of me 
Ziras xai oi nodoywpos &vdgegc x«i yuvvaixes. Auch hier können 
die mgdécywgos wohl nichts anderes gewesen sein, als männer und 
frauen, und doch scheut Xenophon hier ebenso wenig die „abge 
schmacktheit‘ der epexegese, wie an unserer stelle. Aehnliche bei 
spiele finden sich I 9, 28; 81; 10, 8; IL 5, 82; IV 7, 8; V 4, 33; 
V 7, 12; und sonst! 


Zu Xenophon's Anabasis. | . 407 


hier an der epexegese nicht rütteln dürfen, selbst wenn manche 
genügsame leser wenig interesse an ihr finden' und mit dem ein- 
fachen xatexavIn noa 7 now zufriedeu wären. Und vollends, 
bátte Richters ganze argumentation gegen die epexegese irgend- 
welche berechtigung, so würde durch dieselbe doch nur die inter- 
polation dieser epexegese.selbst, d. h. der worte: xai af oîxlas 
xal ab rigvers xoi ta oravgWwuare xol 1à3Àa uvre 15) erwiesen 
werden, nicht auch die der worte: xai xatexav3y mco % nóAg 
mÀcv tig dxeas, welche doch von jener argumentation nicht mit 
betroffen werden. Aber auch gegen ihre echtheit hat Richter ein 
argument: ,,woher hatte Xenophon, der doch gleich nach dem ver- 
lassen des ywglov abgezogen ist, diese genaue kenntniss, dass er 
mit solcher bestimmtheit sagen konnte, dass alles ausser der burg 
verbrannt sei% Die antwort ist sehr einfach: aus späteren 
nachrichten von den Drilen durch die Trapezuntier (Rehdantz : 
„was Xenophon, wenn vielleicht auch selbst nicht gesehen, doch 
sicher in Trapezunt erfahren hat“), und allerdings nicht, wie 
Richter des breiteren auseinandersetzt, durch seine eigenen leute 
und nicht aus eigener anschauung. Es wäre gewiss sehr traurig, 
wenn Xenophon uns nur das berichtet hätte, wovon er augen- und 
obrenzeuge gewesen. Wir hütten dann nichts erfahren, z. b. vom 
tode des Kyros und der behandlung seines leichnams (I 8, 27; 
10, 1), nichts von der unterredung des Tissaphernes mit Klearch (Il 
5), nichts von vielen anderen dingen. (Xenophon sagt es auch selbst, 
s. b. I, 7, 13, dass er nach mündlichen mittheilungen dinge erzählt, 
welche er selbst nicht gesehen haben könnte). — Also auch dieses 
argument ist nicht stichhaltig, unser bericht bleibt nach wie vor 
xenophonteisch und rührt nicht ,,von dem feuer- und brandlustigen 
interpolator her, der sich nicht genug thun kann zu sagen, dass 
alles, rein alles niedergebrannt sei, und wobei man sich nur über 
das eine verwundern muss, dass die &xgo stehen bleibt“. Das ist 
gar nicht zu verwundern, da die uneinnehmbare &xga wohl schwer- 
lich von holz war. 


15) Auf Richters frage, wodurch s&Ala ndvra an sich gerecht- 
fertigt werden könne, lässt sich erwiedern, dass in dem orte und in 
den ofxias und in den réçosss gewiss gar vieles enthalten war, das 
brennen konnte, hausgerüth, kleidung und dergl. (vergl. Rehdantz: 
„‚bolzgallerieen, zäune, brunnen, wassertröge, wagen, karren, geráthe"). 


30 * 


468 Zu Xenophon’s Anabasis. 


Nach der zusammenfassung dessen, was nach Ausscheidung 
all der vermeintlichen interpolationen noch übrig bleibt, wobei 
„nicht verhehlt wird, dass die echtheit der worte xig i» pécy 
&uvıwv xai ıwv modeulwv noımoausvos (Q. 27) „ebenfalls zweifel- 
haft“ ist (p. 604), geht Richter (p. 605 ff.) über zur schilderung 


des verlaufs der ganzen begebenheit, wie er ihn sich zurechtge © 


dacht hat. Da finden sich denn alle die willkührlichen annahmea 
und falschen suppositionen wieder, die wir bei den einzelnen stel- 


len uns des näheren ansahen, bereichert um einige noch unbegrür- | 
detere behauptungen, als deren moustrôseste ich die annabme an- . 


führe (p. 605), dass die yagudga, „da sie tief war und de 
verkehr der volkreichen feste mit der aussenwelt sehr erschwert 
haben würde, an einer oder mehreren stellen überbrückt ge 
wesen sein muss. Möglich, dass die Drilen diese brückea 
bei annäherung der Griechen abgebrochen haben. Es ist aber 
auch sehr leicht möglich, dass sie auch die möglicher- 
weise selr solide brücke, die wahrscheinlich den übergasg 
nach der strasse zum meere vermittelte, stehen liessen und ei 
theil der Griechen wenigstens sie benutzten“. Wer dadurch 
nicht von der unbestreitbarkeit der Richterschen hypothesen über- 
zeugt wird, dem ist nicht zu helfen! 

Auf p. 607 f. bespricht Richter dann die worte des Q. 14: 
10a» dì of xoi mug noocépeoor, welche ihm ebenfalls ,,unechtea 
ursprungs zu sein scheinen“. Jene worte schliessen sich, wie ef 
sich ausdrückt, durchaus abfallend an die vorhergehende dramatische 
schilderung an; „wer fühlte nicht, wie sehr die darstellung ge 
winnt, wenn man sich jene worte hinwegdenkt?“ Zugegeben, das 
jeder das fühlen müsste, was immerhin sehr zu bezweifela sem 
müchte, so ist docl solches gefühl kein argument für die kritik. — 
Weiter meint Richter, da nach 2. 11. 12 kein befehl zum feuer 
anlegen gegeben sei, müsse man annehmen, dass einzelne soldates 
dieses auf eigene band gethan; das sei aber auch nicht anzumwek- 
men, da die Griechen eher hätten fürchten müssen, dass die Dres 
auch diese unroomoAss durch brand zerstörten. Also sind die worte 
interpoliert? Ja, wenn man wirklich solche besorgniss bei alles 
soldaten voraussetzen dürfte, und wenn es so ganz unmöglich wire, 
dass einige auch ohne befehl feuer herangetragen haben, um & 
an die or«vowuare zu legen; und wenn wirklich, wie Richter be 


Au wi. 


Zu Xenophon's Anabasis. 469 


bauptet, die ausführung der befehle (2. 14) den anordnungen (f. 
11, 12) ,genau* entspriche, was doch auch nicht der fall ist in 
bezug auf die zieicro, Ó' àx rà) yesgwy Aldoı. — Was ferner 
Richter sagt, dass stürmen und feueranlegen nicht gleichzeitig an- 
gewendet werden künnten u. s. w., kann ich übergehen, da solch 
allgemeines raisonnement doch gar nichts verschligt. — Aber auf 
das letzte argument muss ich noch eingehen, dass nümlich diese 
worte deshalb unecht seien, weil von den folgen dieses zug zQoc- 
péçesv nicht das geringste erwähnt werde. Das köunte man doch 
durch die annahme rechtfertigen, dass das feuer gar nicht ange- 
gangen sei. Aber es findet sich wirklich ein resultat dieses svg 
meocpégesy angegeben: als die Griechen an die häuser der unzo0- 
2045 feuer anlegen, woher nehmen sie den zündstoff? Im 2. 14 
stehts: Zc«» dé of xoi nie moocépepor. Ich kann somit auch 
diese worte nicht für unecht halten, und nicht glauben, dass wir 
sie „der uns bereits bekannten pyromanie des interpolators verdan- 
ken, auf den auch die art der anfüguug der worte hinweist*, die 
doch echt xenophonteisch ist, vergl Krüger zu V 10, 6; index 
p. 271 (5te auflage), Rehdantz zu VI, 2, 6, und ganz besonders 
Sauppe Lexilog. xenophont. p. 41. 

Endlich behandelt Richter (p. 608 ff.) noch den 42. 31, in 
welchem er die worte: aMloxeoda, yàg Eyuoav td) deouw für 
interpoliert hält. Dass diese worte die besorgniss der Kreter aus- 
drücken sollen, von den feinden eingeholt zu werden, darüber sind 
alle herausgeber einig, wäbrend sie allerdings die worte selbst 
verschieden auffassen, „was nicht gerade für die echtheit der worte 
spricht 16)“. In bezug auf die erklärung von £gacav schliesst sich 
Richter an Krüger und andere an, wonach es heisst: ,,sie erzählten 
dem heere nach ihrer zurückkunft“; darin stimme ich ihm bei, 
ohne damit freilich die annahme meines vaters, dass sie einander 
zuriefen ,,GAoxoueda „fast komisch“ zu finden (ähnlich doch 
auch Kübner: ed ze&youev, Eyocuv, aloxousda, und Hertlein: 
„sie sagten, einer zum andern, sie würden eingeholt“). Nun meint 
Richter aber, in dieser bedeutung „passen die worte nicht recht 
an diese stelle, und sind nicht nur unnöthig sondern unrichtig“. 

16) Wenn alle stellen der alten schriftsteller, welche von den 


verschiedenen erklürern verschieden aufgefasst werden, unecht wären, 
wie viel echtes bliebe dann wohl übrig? 


470 Zu Xenophon's Anabasis. 


Dieses wird nun nachzuweisen gesucht, wobei aber gar keine 
rücksicht darauf genommen ist, dass doch stellen wie IV 4, 16; 
VI 2, 7; VII 4, 15 solche art der anticipation völlig sichern 
(vergl. Krüger und Rebdantz z. d. st). Richter meint nämlich, 
dass die einzige gefahr, welcher die den hinterbalt verlassenden 
ausgesetzt waren, die gewesen sei verwundet zu werden, und das 
sie deshalb die strasse verlassen und sich durch wald und terrain 
zu decken gesucht haben. Wir müssen uns aber jedenfalls doch 
die sachlage so denken, dass der wevdevédga, welche zurückblieb, 
bis das gros dem Xenophon ‘weit genug entfernt zu sein schien, 
und bis Xenophon dem Myser das zeichen zu eiligster flucht gab, 
die feinde sehr nahe waren und dass daher für die Kreter die ge- 
fahr des &lloxeodas sehr gross war. Doch ist es auch gar nicht 
nóthig, dass die gefahr in wirklichkeit sehr gross war, richtig 
scheint mir Rehdantz &áA(oxeo9as zu erklären als infinitiv des imperf. 
conatus und zu übersetzen: „denn nach ihrer erzühlung waren sie 
nahe daran gefasst zu werden“. Die Kreter stellten sich also in 
ihrer furcht die gefabr grósser vor, als sie wirklich war. — 
Dass sie sich dann in den wald gestürzt haben, nicht um sich vor 
den geschossen zu retten, ist schon-deshalb sicher, weil Xeno- 
phon davon gar nichts sagt und wir nicht das recht haben, will 
kürlich etwas: in den text hineinzutragen ; sodann zeigt auch der 
gegensatz von dá4(oxscJo. rd Ogopq (nämlich auf der odes) 
und xata tag ȇgag xalsrdouperos ganz deutlich, dass es auf 
noch grössere beschleunigung der flucht den Kretern ankam, sb 
ihnen auf dem wege möglich war. Dazu ist dann von den fein 
den auch auf die Kreter geschossen, wie wir aus der verwundasg 
des Mysers und aus dem ausdruck a»zıro&evoritg tveg (2. 32) 
lernen. Als die Kreter sich in den wald stürzen, kann der Myse 
ihrem beispiel nicht folgen aus dem einfachen grunde, weil er ver- 
wundet war, und aus keinem anderen 1"); einige soldaten vom gre 
kommen ihm, der auf dem wege weiter läuft, entgegen auf seis 
hülfsgeschrei und nehmen ihn mit sich. Davon endlich, dass die, 
17) Es ist durchaus müssig, wenn Richter p. 610 mehrere 
als denkbar anführt, welche den Myser bewogen haben auf dem 
wege zu bleiben; z. b. den: ,,da er den seinen etwas voraus ww 
(woher weiss Richter das?), merkte er vielleicht die geschosse nicht, 


die ihnen nachflogen“. (Trotzdem er durch eins. derselben verwas- 
det wurde!). 


Zu Xenophon's Anabasis. 471 


welche dem Myser zu hülfe eilten und ihn aufgenommen hatten, 
„sich rückwärtsgehend durch ihre schilde deckten“ ist bei 
Xenophon keine rede; émi z0Ó« cvaywoeiy ist schon, wie aus 
Krügers und Kühners anmerkungen zu ersehen, von alten erklärern 
umschrieben durch: ywgsiv émi oxéloçs 10 dnlow dvaywgeiv wi 
dorra roig vmevavilois ta vita („das gesicht dem feinde zuge- 
kehrt“ Passow s. v.), obne dass vom decken durch schilde die rede 
ist, so dass also dabei nicht nothwendig an mit schilden versehene 
gedacht zu werden braucht: vergl. die herausgeber zu Xen. Kyrop. 
HI, 3, 69; VII, 5, 6 und and. — Hell. H, 4, 33. 

Es scheint mir somit, dass dieser von Richter für ,unzweifel- 
baft* gelaltene nachweis nicht geführt ist. Dasselbe ist auch mit 
den anderen argumenten der fall, die noch dafür angeführt wer- 
den, dass ,von einer besorgniss von den verfolgenden eingeholt zu 
werden keine rede sein könne“. Da wird denn als „keinem zwei- 
fel unterliegend“ mitgetheilt, dass diese list vorher überlegt war, 
dass deshalb besonders schnelle leute dazu auserlesen wurden, dass 
sie einen nicht unbedeutenden vorsprung vor den feinden hatten, 
alles sachen von denen Xenophon auch nicht ein sterbenswürtchen 
sagt, auf welche wir danach auch keine schlüsse bauen dürfen. 
Mit viel mehr innerer wahrscheinlichkeit vermuthet z. b. Rehdantz, 
dass die Drilen schneller gewesen sind als die Kreter und somit 
ihnen wirklich gefährlich werden konnten. — Ein wirklich 
sachlicher grund gegen die echtheit und wahrheit des von Xe- 
nophon berichteten wird durchaus nicht vorgebracht und somit die 
bebauptung, dass auch die hier in frage stehenden worte von dem 
interpolator herrührten, ebenso wenig bewiesen , wie das bei den 
übrigen stellen der fall war. 

Doch genug der polemik für dieses mal. Ich glaube be- 
stimmt, dass die ausführungen Richters keinen aufmerksamen leser 
überzeugt haben von der richtigkeit oder auch nur wahrscheinlich- 
keit seiner hypothesen, und glaube auch nicht mit Nitsche a. a. o., 
dass man sich hier mit einem non liquet zu beruhigen braucht. — 
Und dasselbe gilt von fast allen von ihm behandelten stellen Xe- 
nophons in gleichem masse, was nachzuweisen mir vielleicht ein 
ander mal verstattet ist. Hier möchte ich zum schluss noch deu 
ganzen verlauf der expedition darlegen, wie er zu denken ist, 
nach Xenophons als echt und wahr erwiesenem bericht. 


472 Zu Xenophon's Anabasis. 


Xenophon macht mit der hälfte des heeres und mit trapezun- 
tischen führern einen zug in das gebiet der kriegerischen Drilea, 
um lebensmittel für das heer herbeizuschaffen. Die Drilen weichen 
vor den heranrückenden Griechen zurück, indem sie alle ihnen 
einnehmbar scheinenden plätze durch feuer zerstóren und auf diese 
weise den Griechen nichts ala wenig vieh überlassen, welches dem 
feuer entrann. Sie zogen sich iu ihre feste urgroozroAig zurück. 
Diese war schon von natur sebr unzugünglich, indem eine tiefe 
schlucht sie umgab, zudem hatten die Drilen noch durch kunst sie 
befestigt dadurch, dass sie rings herum einen breiten graben auf- 
geworfen und auf dem walle pallisaden und thürme errichtet hat- 
ten; in(mitten) der so befestigten stadt befand sich noch eine feste 
citadelle. 

Als das beer der Griechen bis auf 5— 6 stadien gegen diesen 
platz herangerückt ist, lässt Xenophon die hopliten halt machen 
und bleibt selbst bei ihnen zurück, während die peltasten, um 2000 
an zahl, vorauseilen, um den versuch zu macben, durch überrum- 
pelung sich des platzes zu bemächtigen. Sie durchschreiten die 
schlucht und gelangen auf den freien platz, welcher zwischen der 
schlucht und dem graben sich befand; als sie von hieraus sehen, 
dass sich vieh und andere beutegegenstünde in dem platz befinden, 
machen sie einen angriff auf denselben. Dieser angriff aber hat 
keinen erfolg und so versuchen die peltasten wieder durch die 
schlucht zurückzugeben („waren dabei den abzug zu unternehmen“ 
Rehdantz). Dabei werden sie aber von den Drilen sehr bedrängt 
und belästigt, zumal sie nur einer hinter dem andern in die schlucht 


hinabsteigen können. Sie sehen sich also genöthigt einen botee 


an Xenophon abzuschicken und ihn um hülfe zu bitten. Xenophon 
eilt auf die nachricht von der misslichen lage der peltasten sofort 
mit den hopliten herbei, lässt die hopliten vor der schlucht halt 
machen, geht aber selbst bindurch durch die schlucht und recognos- 


ciert mit den lochagen den platz, um festzustellen, ob derselbe eis- - 


nehmbar sei oder nicht und ob es danach gerathener sei, die pel- 
tasten unter dem schutz der hopliten zurückzunehmen oder die 
hopliten zum energischen angriff auf den platz durch die schluckt 
vorrücken zu lassen. Der rückzug der peltasten scheint nur mit 
grossen verlusten ausführbar, die einuahme des platzes dageges 
wird von den lochagen für môglich gehalten, aus den opfern ver 


—— 


Zu Xenophon's Anabasis. 473 


heissen die seher zwar kampf doch glücklichen ausgang der expe- 
dition: daher beschliesst Xenophon die hopliten durch die schlucht 
kommen zu lassen, während die peltasten etwas zurücktreten miis- 
sen (dvaywolouc &mavrag rovg msAraOrÓG 2. 10). Bogenférmig, 
dem kreisfórmigen platz entsprechend wird die schlachtordnung der 
hopliten auf dem terrain zwischen schlucht und graben aufgestellt, 
wobei es jedem lochagen überlassen bleibt seine truppe tactisch und 
moralisch in solche verfassung zu bringen, wie es ilm für den 
kampf am besten zu sein scheint (,môglichst kampftüchtig zu ord- 
nen* Rehdantz); zwischen die einzelnen lochen und etwas zurück 
werden die leichtbewaffneten und peltasten gestellt. Als nun alles 
zum angriff bereit ist, stimmt man den paean an, die trompete er- 
tönt und unter dem schlachtgeschrei &AsAev, 2Aelev eilen die ho- 
pliten im sturmschritt vor, während lanzen, pfeile, steine in grosser 
menge von deu peltasten gegen die feinde geschleudert werden, 
und einzelne auch mit feuer herankommen. Die feinde halten den 
geschossen nicht stand, sonderu verlassen, ehe es zum handge- 
menge kommt, den wall und die thürme und ermöglichen so die 
einnahme des platzes. Agasias und Philoxenos sind die ersten, 
welchen es gelingt, den feindlichen wall zu erklimmen, sie helfen 
anderen hinauf, noch andere ersteigen ohne hülfe die verschanzun- 
gen und die Griechen sind, wie es ihnen scheint, herren des platzes. 
Die zuerst hineingelangten óffnen das thor, durch welches nun pel- 
tasten und andere leichtbewaffnete eindringen, um drinnen zu 
rauben und zu plündern, während Xenophon die hopliten draussen 
möglichst zurückzuhalten sucht, weil er auf nahen höhen andere 
feinde erblickt hatte. Gar bald aber erhebt sich drinnen ein 
grosser lärm; die eingedrungenen Griechen drängen zum thor wie- 
der hinaus, indem sie berichten, dass in der uyrgorolıg eine cita- 
delle sei und dass aus dieser die feinde in grosser anzahl einen 
ausfall gemacht hätten und sie bedrüngten. Da fordert Xenophon 
durch den herold die hopliten auf, so viele ihrer wollten durchs 
thor einzubrechen. Das geschieht: die gewaltsam eindringenden 
hopliten bewältigen die hinausstrémenden "Griechen, bringen sie 
zum stehen und nöthigen sie zur umkehr !?), drängen dann zu- 

18) Richtig verbinden die meisten herausgeber of eiow mit w9ov- 


usvos, fassen dieses medial und beziehen es auf die hopliten. Gegen 
Krügers ansicht, dass Wtovuevos passivum sei und attributivum zu dem 


474 Zu Xenophon's Anabasis. 


sammen mit ihnen auch die Drilen wieder in die citadelle zurück 
und schliessen sie darin ein, Während dann die ganze stadt bis 
auf die citadelle ausgeplündert wird, recognosciert Xenophon mit 
den lochagen die citadelle, und findet, dass es unmüglich sei, die- 
selbe einzunehmen, dass man also auf den abzug bedacht sein 
müsse, Zu dem ende lüsst Xenophon die zum kampf untauglichen 
und die zum lasttragen bestimmten hinausgehen, zugleich auch alle 
peltasten und den gróssten theil der hopliten; von diesen bleiben 
nur die zurück, welche von den lochagen dazu ausgewühlt wer- 
den. Nachdem jene alle den platz verlassen baben, machen auch 
die mit Xenophon zurückgebliebenen hopliten 19) anstalten zum 
rüumen des platzes. Da aber brechen die Drilen wieder aus der 
citadelle heraus und bedrüngen die abziehenden hopliten im rücken, 
ja einigen gelingt es, die häuser, welche auf beiden seiten der 
nach der burg führenden strasse stehen, zu besetzen. Von bier 
aus werfen sie balken, holzklótze u. s. w. auf die Griechen und 
machen ihnen dadurch die zurückdrängung und verfolgung der 
Drilen bis an das thor der citadelle (xozà rag mvAag tag sig my 
axgav pegovoas Q. 23) unmöglich, machen ihnen zugleich sowohl 
das bleiben wie den abzug sehr schwierig. In dieser grossen noth, 
welche durch die hereinbrechende nacht noch erhóht wird, zeigt 
ein gott den Griechen ein rettungsmittel: durch irgend jemand an- 
gezündet beginnt eins der auf der rechten seite der strasse ste- 
henden häuser zu brennen und wird, da es von holz ist, rasch von 
den flammen verzehrt. Das veranlasst die Drilen, welche auf die- 
ser seite einige häuser besetzt halten, dieselben eiligst zu räumen, 
es bringt zugleich Xenophon auf den gedanken, auch die auf der 
anderen seite der strasse stehenden báuser in brand stecken zu 
lassen, und so die feinde auch von hier zu vertreiben. Nachdem 
dieses ausgeführt ist, wird nur noch die der burg zugekehrte front 
der Griechen von feinden belästigt. Um nun auch vor diesen ge- 
sichert zu sein, lässt Xenophon von den hopliten, welche ausser 


gleichsam substantiviertén oi slow, spricht schon der umstand, dass 
ob éxnintovtes §. 17 und 1oùç èxrintortas $. 18 doch gewiss dieselben 
menschen bezeichnen, wonach auch Kühners erklärung, zoös éxnimtoy- 
Tag = toùs ix tic üxgas Exdedoauyxüras falsch ist. Vgl. F. K. Hert- 
len, Programm, Wertheim 1858, p. 17 f. 


19) Die sind als subject zu Zo£favro (8. 22) zu supplieren. 


Zu Xenophon's Anabasis. 475 


schussweite waren, holz vor die front, also zwischen seine truppen 
und die Drilen, tragen und dieses in brand stecken. So können 
die feinde den nun abziehenden Griechen nicht folgen, welche, um 
die Drilen noch mehr zu beschäftigen und noch mehr abzubalten 
von rascher verfolgung, auch die an den verschanzungen stehenden 
häuser anzünden. Auf diese weise geschah es, dass die ganze 
punioorod:s mitsammt den befestigungswerken bis auf die citadelle 
völlig niederbrannte, während die hopliten unbelästigt aus dem 
xwolov hinaus und durch die yagadoa hindurchkommen. Zusam- 
men mit den schon früher hinausgegangenen marschieren sie noch 
eine strecke weiter, bis sie einige stadien entfernt im freien aber 
obne zweifel ,,auf sicherem punkte“ (Rehdantz) halt machen und 
die nacht zubringen. 

Am anderen morgen brechen sie wieder auf und ziehen 'Tra- 
pezunt zu. Um das gros vor verfolgung und belästigung durch 
die feinde möglichst zu sichern, hat Xenophon einen aus 10 Kre- 
tern unter anführung eines Mysers bestehenden scheinhinterbalt ge- 
legt, ehe er mit dem gros den abzug beginnt. Die Drilen sehen 
die waffen derer, welche den scheinhinterhalt bilden, durch die 
büsche schimmern, und fühlen sich dadurch veranlasst, die Griechen 
nicht zu belästigen. Als nun das gros eine genügende strecke 
weit vorgerückt war, sodass nichts mehr vou den Drilen zu 
fürchten schien, giebt Xenophon 29) durch ein trompetensignal dem 
Myser den befehl, eiligst zu folgen. Als er, um diesen befehl 
auszuführen, sich mit seinen leuten aus der 2védga erhebt, halten 
die Kreter, da ihnen die feinde ziemlich nahe waren, es für si- 
cherer, sich abseits des weges durch schluchten und gebüsche vor 


20) Gegen Krüger und Kühner bin ich mit den anderen heraus- 
gebern der ansicht, dass im 8. 30 das komma hinter vnelmludéras zu 
setzen ist, und dass t) Mvow nicht zu idóxe gehört, sondern zu éoy- 
unvs ; dazu veranlasst die stellung (der zu idoxes gehörige dativ würde, 
wenn hinzufügt, wohl unmittelbar bei édoxe stehen, wenigstens ist 
das der constante gebrauch Xenophons), aber noch mehr das folgende 
xaè 0c, welches gar nicht anginge, wenn der'durch dieses ös bezeich- 
nete Myser subject auch zu £ogugve wäre (vergl. stellen wie I, 8, 16; 
III, 4, 48; VI, 5, 22; VII, 3, 45; 4, 8; 7, 2; 13); sodann auch noch 
der umstand, dass zu 2orunvs doch der gewohnheit nach 6 ce«à- 
nixtyc als subject zu ergänzen ist (wie z b. $. 12. Vergl. Rehdantz 
zu IV, 3, 29), nicht aber 6 Mvoös dazu subject sein kann, wie 
Krüger will, zumal ein trompeter der wevdsvédga wohl nicht beigege- 
ben war. | 


476 Zu Xenophon's Anabasis. 


den feinden zu retten; der Myser kann, da er verwundet wird, ihrem 
beispiel nicht folgen und ruft sie zu seiner unterstützung zurück. 
Diese wird ihm zu theil, ohne dass die feinde weiteren schaden 
zufügen, es gelingt der wevderédou sich mit dem gros wieder zu 
vereinigen, und so gelangen die Griechen fast alle unversehrt und 
mit nicht geringer beute versehen nach Trapezunt zurück. 

Zusätze: 1) P. 456 am ende des (ersten) absatzes: (Dieser 
widerspruch scheint Nitsche entgangen zu sein, welcher in der 
zeitschrift für das gymnasialwesen 1874, pg. 934 die Richterschen 
uthetesen an dieser stelle zugiebt). 

2) P. 457 am ende des ersten absatzes hinter ,,argwühnen*: 
(So auch Nitsche a. a. o.: „Agasias und Philoxenos zogen jeder 
einen anderen kameraden hinauf: unterdessen war ein fünfter schon 
ohne hülfe emporgestiegen; in gleicher weise ging es schnell 
weiter und in kurzer zeit schien der platz schon so gut wie ge- 
nommen“,  Desselben vorschlag av vor Gvafefixe einzusetzen 
scheint mir überflüssig). 

Ratzeburg. Wilhelm Vollbrecht. 


—— 


Zu Cornelius Nepos. 


Paus. 1, 3 bieten die besten handschriften: Sed primum in e 
est reprehensus, quod cum ex praeda tripodem aureum Delphis 
posuisset et epigrammate scripto, in quo haec erat sententia: suo 
ductu etc. Nipperdey tilgt quod, Halm cum; bei Siebelis steht quod 
ium, was in dem zusammenbange ganz angemessen ist. Ich nehme 
anstoss an in quo, statt dessen nach classischem sprachgebrauch 
cuius steheu müsste, vgl. Cic. Legg. 1, 22, 58 cuius praecepti tanta 
vis et tanta sententia est (ib. 2, 5, 11 in ipso nomine legis inter- 
pretando inesse vim et sententiam iusti et veri legendi, ist mit unsrer 
stelle nicht zu vergleichen). Die nämliche redensart findet sich 
Dion. 6, 4 Versum illum Homeri rettulit 6x secunda rhapsodiu, is 
quo haec sententia est, non posse bene geri rem p. multorum 
imperiis, Hier verräth sich die hand eines interpolators in dea 
ez secunda rhapsodia, da eine solche weise des citirens bei Cornel 
nicht wohl anzunehmen ist. In beiden stellen aber scheint das 
unclassische in quo haec sententia est (erat) beigeschrieben zu 
sein, um die construction der folgenden acc. c. infinitivo zu er- 
klären, während dieselben ohne weiteres in der ersten stelle von 
epigrammate scripto, in der zweiten von versum illum (entspre- 
chend dembekannten illud) abhüngen. 

Clausthal. Latimann. 


i —— —— ees 


XIV. 


Studien über Horaz. 


I. 
Francois Guiets randbemerkungen zum Horaz. 


Im Giistrower Osterprogramm 1873 habe ich diejenigen stro- 
phen und verse aus den horazischen Oden tabellarisch zusammen- 
gestellt, welche von Hofman-Peerlkamp und dessen nachfolgern für 
unücht gehalten worden sind, und damit über die geschichte jener 
eigenthümlichen hyperkritik, die sich zu förmlichen theorieen einer 
interpolationslehre ausgebildet ‘hat, orientiren wollen. Es lag mir 
natürlich daran, die erscheinung bis zu ihren anfángeu, d. h. von 
Lambin und Tanaquil Faber abgesehen, bis auf Guiet zurück zu 
verfolgen; allein da ich der Marollesschen ausgabe des Horaz, 
Paris 1660, welche die Guietschen marginalbemerkungen am voll- 
ständigsten enthält, nicht sogleich habhaft werden konnte, so musste 
ich mich damit begnügen, diejenigen stellen als bereits von Guiet 
verdächtigt auzuführen, bei denen Peerlkamp u. a. Guiets namen 
ausdrücklich nennen. Nach nuumebriger einsicht in die Marol- 
lessche ausgabe vermag ich das verzeichniss der von Guiet für 
unücht erklärten stellen zu ergänzen und halte einen abdruck der 
Guietschen randnoten für um so nôthiger, als nicht bloss die neue- 
ren anbánger der interpolationsmanie ihre hypothesen durch die 
thatsache zu stützen unterlassen haben, dass bereits vor mehr als 
zweihundert jahren einer der scharfsinnigsten und gelehrtesten, aber 
eben so willkürlichen als genialen franzósischen gelehrten mit dem 
messer der subjectiven kritik am Horaz herumsecirte, sondern auch 
die Keller-Holdersche ausgabe, welche die neuere literatur sorg- 


478 Horatius. 


filtig angiebt, sich für Guiet auf das dürftigste maass des durch 
Sanadon und demnächst durch Peerlkamp bekannten beschrünkt!). 

Ueber die schicksale der handexemplare Guiets, welche dieser 
mit seinen übrigens nicht zur veróffentlichung bestimmten bemer- 
kungen versah, sind wir ausreichend unterrichtet. Viel darüber 
findet sich schon bei Bayle, die vollstindigste zusammenstellung 
aber lieferte Johann Albert Portner, dessen unter dem pseudonym 
Antonius Periander verfasste Vita Guyeti nach dem zeugniss Eich- 
städts im Jenenser Programm 1837, pag. 9 (Paradox. Hor. sp. 
VIII) die beste und zugleich klassisch geschriebene quelle zum ver- 
stündniss der persónlichkeit Guiets ist. Für den vorliegenden 
zweck genügt es, auf Eichstädts gelehrte und instructive abhand- 
lung zu verweisen und aus ihr die für Horaz in betracht kom- 
menden punkte herauszuheben. 

Bekanntlich meinte Peerlkamp (pag. XXVII der Harlemer 
ausgabe der Carmina), der die Sanadonsche ausgabe von 1756 be- 
nutzte, in welcher Sanadon nicht angiebt, wie er zu den bemer- 
kungen Guiets gekommen sei, Sanadon habe in der von ihm selbst 
besorgten, Peerlkamp aber nicht zugünglichen ausgabe von 1728 
hierüber eine erklärung gegeben. Aber auch der Sanadonsche 
Horaz von 1728 enthält eine derartige auskunft nicht. Vielmehr 
ist es die zweite ?) Horazausgabe von Michael de Marolles, abt 
von Villeloin, Paris 1660, die zugleich angiebt, dass Marolles das 
handexemplar Guiets von dem Abbé Menage zur benutzung be- 
kommen habe (zu Sat. I, 1, v. 91) und in ihren französisch ge 
schriebenen noten die Guietschen bemerkungen vollstándiger entbält 
als Sanadon. Somit bildet diese selten gewordene Marollessche 
ausgabe (ein exemplar befindet sich in der fürstl. bibliothek za 
Rudolstadt, ein anderes auf der Rostocker universitütsbibliothek) 
die vollstándigste quelle für unsre kenntniss der Guietschen Ho- 
razkritik. 

1) An 116 stellen des Horaz hat Guiet interpolationen angenom- 
men. Von diesen führen Keller-Holder nur 6 unter Guiets namen 
an und auch diese nicht vollkommen richtig (Ep. I, 1 streicht Guiet 
v. 56 und 57, Ep. I, 10, 28—27); an zehn stellen vindiciren sie Guiet- 
sche athetesen Peerlkamp, an je zwei Bentley und Gruppe, an je 
einer Apitz, Francke, Gesner, Haupt, Linker, Nauck, Paldamus. 

2) Die erste erschien 1652 (Marolles zu Od. III, 4, 10: je n'y ay 


rien changé depuis sa premiere Edition qui fut en l'annee 1852) entbàlt 
aber die Guietschen noten nicht, cf. Eichst. p. 8. 


Horatius. 479 


Ich lasse nunmehr die noten von Marolles, soweit sie Guiet 
etreffen, folgen; die verszahlen in der äusseren columne bezeichnen 
ie von Guiet für unächt erklärten stellen. 


0d. I, 1, 3: ,,Dans un char“. Du latin Curriculo que d'au- 
‘es auroient voulu traduire dans la carriere, parceque le mot 
sient à l’un et à l’autre: mais je ne suis pas de leur avis à 
tuse de ce qui suit Metaque fervidis evitata rotis. M. Guyet est 
rantmoins d'avis contraire. 

Od. 1, 2, 6. — Mais Guyet la (la description du deluge du 
mre humain) retranche, avec les deux Stances qui la contiennent 
puis ces mots torruit (sic) gentes jusqu'à Aequore Damae. — 
>. 24: Cette stance est encore effacée par Guyet. — lb. 36: 
e Critique de Guyet efface encor icy la Stance qui commence, Heu 
imis. . 

0d. I, 3, 14: Icy Guyet retranche six vers de suitte apres 
s mots: quo non arbiter, et oste encore le 25. et le 26: 
ns en dire de raison. 

0d. I, 20, 5: Au lieu de Care Mecenas M. Guyet vou- 
oit. qu'on leust Clare Mecenas: ce qui me semble iudicieux. 

Od. I, 31, 9—16: Fr. Guyet efface icy huit vers de suitte, 
mme des vers supposéz. Quis haec spuria esse non videt? 

0d. II, 13, 1: Monsieur Guiet (sic) efface icy les 4. premiers 
rs de cette Ode, sans en dire le sujet. 

Od. 11, 19, 5: Monsieur Guyet efface icy 4 vers de suitte. — 

16, 16: Le 27. (sic) vers et les sept en suitte sont retranchez 
r Monsieur Guyet. 

Od. 111, 2, 5: sub divo, comme lisent Lambin, Cruquius et 
“yet. 

Od. Ill, 8, 26: Monsieur Guyet retranche taut à fait depuis 
25 vers. 

0d. HI, 10, 1: Mons. Guyet oste la 3. Stance de cette Ode. 
. Od. 111, 11, 34: La derniere Stance de cette Ode est ostée 
r Monsieur Guyet. 

Od. IH, 13, 1: „Fontaine Blandusie*, ou Bandusie selon Crus- 
jus (sic), et Monsieur Guyet elle est dans le pays des Sabins. — 

13: Guyet efface la derniere Stance de cette Ode parce qu'elle 
luy semble pas digne d Horace. 


480 Horatius. 


Od. III, 16, 41: Monsieur Guyet retranche les seize derniers 
vers de cette Ode. 

Od. Ill, 23, 11: Monsieur Guyet efface la derniere Stance de 
cette Ode. | 

Od. Ill, 27 am schluss: Monsieur Guyet efface la 12. et 18. 
(sic) Stance de cette Ode. 

Od. IV, A, 17: Apres cecy, il y a quatre vers que M. Gui 
efface. . 

Epod. V um schluss: Monsieur Guyet reiranche dix vers de 
cette piece. Le 69. et 70. le 73. et les trois suivants, et le 85. 
et les trois suivants ou il se contente de marquer ces mots, hic 
putarunt aliquid deesse. 

Epod. VI schluss: M. Guyet dit des deux derniers vers de 
cette Epode haec puerilia non Horatiana videntur. 

Epod. 1X, schluss: Monsieur Guyet efface de cette Ode le 17. 
vers et les trois qui sont en suilte. 

Epod. XVI, schluss: Monsieur Guyet n’approuve pas les deus 
derniers vers de celte piece. 

Epod. XVII, 8: Monsieur Guyet retranche le 23. et le 24. 
vers. — Ib. schluss: Monsieur Guyet retranche tout à fait les 8 
derniers vers de cette piece. 

Carm. Saec, schluss: le bon homme Guyet efface la 7% Stance 
de cette Hymne. 

Sat. 1, 1, 27: ,En quittant la raillerie* devant ces mots, il 
y en a deux dans le texte, sed tamen, qui ne seruent rien pour 
le sens, ow qui sont fort interposez pour la construction. Cest 
peut estre pour cela mesme, que François Guiet (sic) retranche tout : 
à fait ce vers, comme il fait en suitte le 34. et le 35. — lb 
45: Guyet retranche encore ce vers avec le precedent. — Ib. 53: 
Apres ce vers, M. Guiet (sic) en oste 8. tout de suitte, jusque 
au vers 62. qu'il n'oste pas, et puis il traitte de la mesme sort, 
cinq vers qui commencent à ces mois: quid facias illi, en quy 
il a sujet de s’étonner quil retranche si facilement des ancias 
Autheurs les choses qui ne lui agréent pas — und über dieselbe 
stelle zu v. 64: Mais tout cecy est suspect à Monsieur Guyet. — 
Ib. 91: tout cecy depuis le 88. v. A (At) si cognatos, iusques 
au 100. Divisit medium, est rayé comme inutile et superfs 
par M. Guyet : De sorte qu'il oste de cette Satyre en divers endroits 


Horatius. 481 


iusques à 32 (sic) vers, selon le Manuscript que j'en ai và, lequel 
m'a esté pretté par M. V Abbé Menage, qui a recueilli soigneusement 
tous les Escrits de cét honneste homme. 

Sat. I, 2, 95: En suitte de cecy il y à cinq vers qui sont 
suspects à Monsieur Guyet, c'est pourquoi il passe dessus un trait 
de plume: et certes le sens s'y pourroit bien trouver sans cela: 
mais il s'y trouve bien aussi avec cela. Il efface aussi le 3. vers 
et tient pour suspects le 108. et le 109. 

Sat. I, 3, 27: le bon-homme Guyct efface icy 18 vers de suitte, 
à commencer au 29. Cum tua peruideus, jusques au 42. 


Errori nomen, sans en dire de raison. — Ib. 47: Guyet ef- 
face encore icy six vers de suitte, depuis le quarante — neufvitme, 
et traite de la mesme sorte le 56. et 57. — Ib. 64: Cecy est 


encore retranché par nostre Censeur, depuis le 63 vers, jusques au 
72. Si nolet. 

Sat. 1, 4, 10: Ce vers est suspect à Mons. Guyet avec celuy 
qui le precede, et celuy qui le suit, qui doit estre renfermé duns 
une parenthese. — Ib. 25: Il y a un vers apres cecy que Mon- 
sieur Guyet retranche entierement, Aut ob avaritiam, etc. 
Hic versus subdititius videtur. 

Sat. 1, 6, 122: Ad quartam jaceo, el les dix vers qui 
sont en suitte, sont entierement effacez par François Guyet, qui 
écrit à leur sujet, Sequentia subdititia el inepta, supra 
enim acta diurna enarravit. 

Sat. 1, 7, 9: Ad Regem redeo. Mons. Guyet joint ce 
demy vers à ces mots du 19. (sic) vers, Bruto practore te- 
nente, et efface sans scrupule tout ce qui est entre deux, qui est 
à la verité un lieu fort difficile. 

Sat. 11, 1, 49: Mons. Guyct retranche les deux vers qui sont 
en suitte, sans en dire la raison. 

Sat. 11, 2, 9: Ce vers est supposé selon M. Guyet — Ib. 
27: ce vers et les deux suivants, sont encore supposez, selon Mon- 
sieur Guyet. — Ib. 38: ce vers est supposé Monsieur Guyet 
‘sic. — Ib. 61. le 63. et le 64. vers, sont ‘encore supposez, 
Monsieur Guyet (sic) — Ib. 89: Rancidum aprum, de ce 
vers et des 4. qui sont en suitte, Monsieur Guyel escrit, Hi ver- 
sus nec mali sunt, nec Horatio indigni ; sed hic locum habere 
con videntur. — Ib. 133: Nunc agor, et les 3. vers qui sont 


Philologus. XXXV. bd. 8. 31 


482 Horatius. 


en suitte sont effacez par François Guyet, qui escrit à leur sujet. 
Hi 4. versus Authoris non sunt; sed Grammatici 
cuiusdam, qui Umbreni nomen huic Eclogae in 
serere voluit. | 

Sat. II, 3, 7: Culpantur frustra, ce vers et le ni- 
vant sont suspects à Monsieur Guyet. — Ib. 72: Cum rapies 
in jus, etc. Monsieur Guyet dit de ce vers et du suiuant: Hoc 
inepti Grammatici additamentum videtur. — 
lb. 187: Monsieur Guyet a marqué devant le vers nequis he 
masse: Hic nonnulla deesse videntur, et retranche har- 
diment 27. vers qui sont en suitte. — Ib. 243: Quinti pro 
gentes, elc. Monsieur Guyei oste encore ce vers et les 3 qui 
sont en suitte. — Ib. 300: Stoice post damnum, et tout 
ce qui suit jusques à la fin., qui sont en tout 27. vers, sont juges 
superflus par Monsieur Guyet. 

Sat. II, 4, 6: Ouod si interciderit, etc. et le vers 
qui est en suilte, est rejetté par Monsieur Guyet. 

Sat. II, 5, 100: Et certum vigilans. Monsieur Guy 
dit de ce vers et de celuy qui est en suitte, Delendi sunt hi 
duo versus. — lb. 105: Commissum. Monsieur Guy 
mei permissum au lieu de commissum, et au lieu de funus, 
à la fin du vers, il met le si quis de la fin du sumant, effagant 
ce qui est entre deux. 

Sat. II, 6, 17: Ce vers et les deux suiuants sont effaces par 
Monsieur Guyet , le 27. Vest aussi. — Ib. 28: Apres ce vers 
Monsieur Guyet iuge aussi à propos d'effacer les trois vers qui soni 
en suitte. — Ib. 85: Aridum et ore ferens, est encore iugé 
superflu par Monsieur Guyet, aussi bien que les deux vers qui sont 
en suitte, et le 105. vers. 

Sat. H, 7, 61: Contractum genibus tangas, et dis 
vers en suitte sont relranchez , comme inutiles par nostre Censer 
decisif, qui efface aussi le 84. vers, et le 115. 

Sat. II, 8, 29: Ut vel continuo, ce vers et le suiuani 
sont effacez par Fr. Guyet. 

Epist I, 1, 16: Nunc agilis fio. Monsieur Guyet d- 
face ce vers et les deux qui sont en suitte, sur les quels il di 
haec Horatii esse non videntur. — Ib. 28: Monsier 
Guyet efface le vers precedent Restat ut his. — Ib. 57: Le wr! 


. Horatius. 483 


precedent ne peut subsister selon Francois Guget , qui dit encore 
que les deux suiuants sont interposez. — Ib. 106: Ce vers et 
les deux suiuants sont encore effacez par Monsieur Guyet. 

Epist. I, 2, 46: Monsieur Guyet efface le 44. et le 45. vers. 

Epist. I, 4, 16: Monsieur Guyet efface le 9. vers et les deux 
en suitte. 

Epist.I, 7, 6: Monsieur Guyet efface le 10. vers et les 3. qui 
sont en suitte. — lb. 23: apres ce vers, il y en a cinq de suitte 
qui sont effacez par Guyet, qui oste encore le 37. le 38. et 39. — 
Ib. 46: il faut encore oster le 59. vers selon Monsieur Guyet avec 
le 96. et le 97. 

Epist. I, 10, 1: il faut oster le 3. et le 4. vers, si Monsieur 
Guyet en doit estre crt. — Ib. 25: Monsieur Guyet efface ce 
vers avec le precedent, et les 3. qui sont en suitte. 

Epist. I, 11, 7: ce vers et les trois qui sont en suitte, ne 
sont pas d’Horace au jugement de Monsieur Guyet: haec insi- 
titia et notha videntur. — Ib. 16: le 22 vers est sup- 
posé au jugement de Monsieur Guyet aussi bien que les 4. qui sont 
en suitte. 

Epist. I, 12, 1: le 7. vers et les 2. en suitte inepti et 
addititij videntur. Monsieur Guyet. 

Epist. I, 14, 6: apres ce vers il faut des 2. suiuans n’en faire 
qu'un seul en celte sorte fratrem maerentis, tamen istuc 
mens animusque; selon la pensée de Monsieur Guyet, et s’il 
en doit estre cru, le 36. vers et les 3. suiuants ne sont pas 
d’ Horace. 

Epist. I, 15, 8: Le 10. vers, et le (sic) 3. qui sont en suitte 
ne peuvent subsister avec le bon sens dn Poële. Monsieur Guyet. 

Epist. 1, 16, 60: Les vers 32. 34. 35. 53. 55. et 56. sont 
suspects à Monsieur Guyet, et les retranche de son Manuscrit. 

Epist. 1, 18, 49: Et quinze vers en suitte sont retranchez par 
François Guyet. Il efface aussi le 67. le 74. et 75. le 81. et les 
quatre qui sont en suitte, le 89. et les 23. vers qui suivent; de 
sorte que de cette seule Epistre, il oste en tout 48. vers qu'il tient 
supposez: mais c'est un peu trop. 

Epist. I, 19, 31: Ce vers et le precedent sont effacez par 
Monsieur Guyet qui retranche aussi les deux derniers comme 
euperfius. 


31* 


484 Horatius. . 


Epist. II, 1, 5: Monsieur Guyet efface en suitte le 13. el le 
14. vers. — Ib, 186: Monsieur Guyet efface le 198. vers. — 
Ib. 244: les vers 261. et les deux suivants sont suspects à Mon- 
sieur Guyel. 

Epist. 11, 2, 3: le 9. et 19. vers sont suspects à Monsieur 
Guyet. — lb. 71: Monsieur Guyet dit du 87. vers et des 54. 
(sic) en suilte. Notha sunt prorsus ista, à mente el 
instituto authoris alienissima. Et de fuit en quelques 
editions, on u marqué des Estoiles pour faire connoistre qu'il y 
auoit quelque chose à dire. — Ib. 128: Monsieur Guyet a bie 
marqué devant le 141. vers Initium epistolae esse videtur. 
Toutes — fois il tient supposez les vers 158. et les 18. qui sont 
en suitte. Horatianum, dit-il, non videtur etc. 

A. Poet. 108: Car la nature nous forme, cecy revient au vers: 
Format enim natura, etc. que Monsieur Guyet appelle avec les 
3. qui sont en suilte, inepti versus et Horatio indigni. — 
Ib. 128: I! est dificile. Ce vers et les deux suivants sont retran- 
chez par Monsieur Guyet. — Ib, 209: Sur le 212. vers et cduy 
qui est en suilte, Indoctus quid enim, etc. Monsieur Guyd 
escrit, quid vult dicere? frustra laborant interpretes. 
Nothi sunt. — Ib. 227: Et sur le 230. vers Monsieur Guye 
escrit, Additamentum grammaticale (sic, soll wohl heissen 
grammaticuli) hic versus videtur: nam quid orations 
grandi et Dithyrambicu opus est in Satyris ridiculis 
et jocosis? Et sur le 234. vers et les 9. suivants qu'il re 
tranche, il marque Grammaticuli sunt ista. — Ib. 259: 
Apres ce vers Monsieur Guyct en efface 3. de suite, où il marque, 
Hic nulla trajectio facienda Lambinus optime cen 
suit. — Ib. 318: Les 4. vers qui sont en suille, sont ostts 
par François Guyet. — Ib. 335: Monsieur Guyet écrit du 331. 
vers: hic versus subdititius videtur. — Ib. 383: Cay 
n'est pas d'Horace et Monsieur Guyet écrit du 382. vers et da 
deux suivants: Inepti versus et Horatio indigni. — lk 
403: Les vers 406. et 407. ne sont pas d'Horace au jugement de 
Monsieur Guyet, il en vit autant du 422. et des 3. suivants. — 
Ab. 434: Ce vers neantmoins et les 3. suivants sont supposes # 
lon la pensée de Monsieur Guyet. — Ib. 450: Monsieur Gud 
retranche tout le reste depuis le 452. vers qui sunt 25. vers à 


Horatius. | | 485 


suitte, ce qu'il n'a pas fait sans quelque fondement: car il estoit 
fort judicieux en ces choses là: mais quoy qu’il en soit, il ne s'en 
est pas clairement expliqué. | 

Es fragt sich zunächst, ob Marolles alle bemerkungen Guiets 
mitgetheilt hat, die er in dessen exemplar (Manuscrit nennt er das- 
selbe doch wohl nur wegen der in ihm enthaltenen handschrift- 
lichen noten zu Sat. I, 1, 91 und Epist. I, 16, 60) vorfand. 
Einigen anhalt bieten die noten zu Od. Ill, 13, v. 13, nach der 
es scheint, dass Marolles eine lateinische bemerkung Guiets wie 
haec Horaiio indigna videntur übersetzt hat, Epist. 1, 1, v. 57 
le vers precedent ne peut subsister selon François Guict, qui dit 
encore que les deux suivants sont interposez, wo ebenfalls eine 
übersetzung angedeutet sein kann, und Epist. II, 2, v. 128, wo 
das &c. zu beweisen scheint, dass Marolles die bemerkung Guiets 
nicht ganz ausgeschrieben hat. Cf. auch die noten zu Od. I, 1 
und II, 13, v. 1. Im ganzen sind an 22 stellen die eigenen 
worte Guiets mitgetheilt; unter ihnen sind die bedeutendsten äusse- 
rungen die zu A. P. v. 227 und 259; der allgemeine eindruck 
der Marollesschen auslussungen ist der, dass er wichtige noten 
Guiets nicht wird übersehen haben; er echauffirt sich sogar dar- 
über, dass dieser verse gestrichen habe sans en dire de raison (Od. 
1, 3, 14). 

Eigenthümlich ist die tradition über die verwerfung der gan- 
zen ersten ode, die man Guiet überall zugesprochen findet. Bei 
Marolles ist nur in der mitgetheilten note die rede von Guiet; ich 
kaon aus ihr nur entnehmen, dass Guiet curriculo = rennbahn 
fusste und ein dies besagendes wort oder zeichen an den rand ge- 
schrieben hat. Jedenfalls findet die sage von dieser Guiet'schen 
athetese an Marolles keinen unbedingten anbalt, sondern stützt sich 
vielmehr, wie Eichstädt a. a. o. pag. 18, note 10 richtig bemerkt, 
auf Fabricius Bibl. lat. I, pag. 394 Ernesti licet. primam Odam 
libri primi (uti non paucos Virgilii versus) pro spuria habuit 
Franciscus Guietus, doctus, sed nimis delicati fastidii Aristarchus. 
Die quelle, aus der Fabricius diese notiz geschöpft hat, ist mir 
unbekannt; nach aller wahrscheinlichkeit ist sie aber eine unzu- 
verlissige gewesen. 

In welcher weise Guiet den hóheren oder geringeren grad 
seiner bedenken an der ächtheit einzelner stellen ausdrückte, geht 


486 Horatius. 


aus der Marollesschen bemerkung zu Sat. I, 2, v. 95 hervor. 
Dort hält er verse für suspects und deshalb il passe dessus un trait 
de plume; d. b. er bezeichnete sein bedenken dureh federstriche 
oberhalb der betreffenden verse, während er die sicher für ur 
acht erkannten verse einfach durchstrich (effacer, retrancher, 
oster cet.). Ob Guiet in dieser bezeichnung consequent gewesen 
ist, lässt sich nicht mit bestimmtheit erkennen; in der angeführten 
note wird ein entschiedener gegensatz zwischen il efface und il 
tient pour suspects gemacht. 

Uebrigens gewähren die mitgetheilten noten auch ausser den 
Guietschen athetesen, die zumeist doch nur von historischem resp. 
üsthetischem  werthe sind, noch allerhand andere ausbeute. Man 
sieht z. b. aus ihnen, dass auch Guiet bereits zur lückenannahme 
(Sat. II, 3, v. 187), zur umstellung (Sat. II, 2, v. 89), zur thei- 
lung eines gedichtes in zwei (Epist. II, 2, v. 141) sich verstand, 
wenngleich er die anwendung dieser kunststücke noch nicht mit 
moderner handwerksmüssigkeit betrieb. Auch sonst wird man ge- 
legenheit haben, manche note bei Keller-Holder zu vervollständigen, 
insbesondre Od. I, 20, 5 die lesart clare nicht mehr bloss bis auf 
Bentley und seinen Codex regiae societatis oder das verzweifelte 
y zurückzuführen. Ob es möglich sein wird, aus den Marolles- 
schen noten zu bestimmen, in welche ausgabe Guiet seine bemer- 
kungen eingetragen bat, muss ich für jetzt dahingestellt sein las- 
sen; einzelne anhaltspunkte finden sich, wie die bemerkung Sat. Il, 
5, 105 zu der LA. commissum, die bei Keller-Holder ganz fehlt, 
und jedenfalls ist es der mühe werth, diese frage weiter ins auge 


zu fassen. 
Il. 


Horatii Carm. Ill, 14, v. 10—11: Vos, o pueri et puellae 
iam virum expertae. 

Die verbindung der plurale pueri et puellae (es ist im folger 
den immer nur vom pluralis dieser wörter die rede, über den 
freien gebrauch des singularis derselben und ihrer synonyma bedarf 
es keiner weiteren erörterung) bezeichnet bei Horaz regelmässig 
die unverbeiratheten jünglinge oder knaben und mädchen, und zwar 
entweder 1) als kinder auf der strasse, Sat. I, 1, 85: Vicini ode 
runt, noli, pueri atque puellae; Il, 3, 130: Insanum te omne 
pueri clamantque puellae; oder 2) als sklaven und sklavinnen, 


Horatius. 487 


Carm. IV, 11, 10: huc et illuc Cursitant mixtae pueris puellae 
(nur hier; es ist klar, dass die engere bedeutung von puer — 
sklave bier auf puella forigewirkt hat); oder 3) als geliebte, Sat. 
Il, 3, 325: Mille puellarum, puerorum mille furores (in demselben 
sinne collectiv der singular Me nec femina nec puer — iuvat C. 
IV, 1, 29). Hingegen werden die zu religiósen zwecken verwen- 
deten chóre von knaben und mädchen bezeichnet Carm, I, 21, 1:. 
Dianam tenerae dicite virgines, Intonsum pueri dicite Cynthium, 
HI, 1, 4: Virginibus puerisque canto (ohne attribut nur hier), IV, 
1, 25: Illic bis pueri die Numen cum tacitis virginibus tuum Lau- 
dantes, IV, 6, 31: Virginum primae puerique claris Patribus orti, 
C. Saec. 6: Virgines lectas puerosque castos. Endlich finden sich 
C. I, 6, 17: proelia virginum Sectis in iuvenes unguibus acrium 
die beim gelage kosenden erwähnt, sodann C. Ill, 14, 9: Virgi- 
sum maires iuvenumque nuper Sospitum junge frauen und münner 
und ebenso Il, 8, 21: Te suis matres metuunt iuvencis, Te senes 
parci miseraeque nuper Virgines nuptiae; doch gehören I, 6, 17 
und II, 8, 21 wegen der loseren verbindung, in der die betreffen- 
den worte zu einander stehen, nicht eigentlich hierher. Horaz 
braucht also virgines den pueris gegenüber vorzugsweise, wo der 
begriff der ehrbarkeit wesentlich ist, wie: auch der singular virgo 
die kónigstochter, Vestalinn, Diana bezeichnet, während puellae den 
pueris gegenüber die mädchen als kinder, sclavinnen oder geliebte 
bedeuten, ebenfalls dem siagularischen gebrauch entsprechend. 

So liegt die sache, abgesehen von Carm. lll, 14, 10, 11: 
Vos o pueri et puellae jam virum expectae. Bentley leitet seine 
anmerkung ad h. l ein: — cum polius par erat, ut cum pueris 
innuptae puellae conjungerentur , und will somit auch hier an 
chöre von knaben und mädchen gedacht wissen. Für solche passt 
das jam nicht; er conjicirt non, ohne es jedoch in den text zu 
setzen (Equidem si per codices liceret, sic potius emendaverim). 
, Einen eigentlichen beweis bringt Bentley nicht; seine ,bewunderns- 
werthe anmerkung“, wie Lehrs sie nennt, beschränkt sich auf fol- 
gende citate: Ep. Il, 1, 132: Castis cum pueris ignara puella 
mariti Disceret unde preces, vatem nisi Musa dedisset? Carm. III, 
1, 4: Virginibus puerisque canto. I, 21, 1: Dianam tenerae etc., 
C. Saec. 6: Virgines lectas etc., IV, 6, 31: Virginum primae etc. 
Unter diesen stellen ist die wichtigste und zugleich die einzige, 


488 ° Horatius. 


wegen der verbindung des plural pueris mit dem singular puella 
oben nicht mit aufgeführte Epist. 11, 1, 132. Es leuchtet ein, 
dass aus ihr nicht gefolgert werden kann, puella würde ohne den 
zusatz ignara mariti eine verheirathete frau oder ein verbubltes 
müdchen bezeicbnen, sondern vielmehr hebt das ignara mariti nur 
die mit dem wort puella an sich nicht nothwendig verbundene ei- 
genschaft der keuschheit ebenso hervor, wie dies casti bei den 
pueri thut. Mithin sind nicht gegensátze pueri (knaben) und 
ignara puella mariti (jungfrau), sondern casti pueri und ignare 
puella mariti. Nimmt man aber hinzu, dass nach der obigen 
ausführung virgines gewöhnlich die bedeutung der ehrbaren jung- 
frau oder jungen frau haben, puellae hingegen diese beziehung 
an sich nicht enthalten, ferner, dass für pueri ein eigenes sub- 
stantivum in der bedeutung ehrbarer knabe oder jüngling nicht da 
ist (cf. iuvenes C. I, 6, 18, mares C. I, 21, 10), sondern pueri 
sowohl zu puellae wie zu virgines das correlat abgeben müssen 
( Virginibus puerisque canto; Mille puellarum , puerorum mille fu- 
rores) so ist klar, dass nichts auffallendes darin liegen kann, wenn 
Carm. lil, 14 pueri ohne attribut in der bedeutung „reine knaben* 
neben den erst durch das attribut non virum expertae zu dem be- 
griff virgines erhobenen puellae gebraucht wird. Hieraus folgt, 
dass, wenn auch die von Bentley angeführte stelle Ep. II, 1, 132 
nichts für seine conjectur beweist, die letztere doch an sich völlig 
dem horazischen sprachgebrauch entspricht. Sie kann ausserdem 
gut belegt werden durch Virg. Ecl. IV, 476 pueri innuptaeque 
puellae. Hiernach ist Bentleys conjectur non für iam schlagend in 
dem falle, dass seine voraussetzung zutrifft, Horaz habe C. HI, 14 
wirklich knaben — und mädchenchôre bezeichnen wollen. 

Diese voraussetzung ist aber irrig. Denn solche chöre ge 
hören nur in einen fórmlichen hymnus, wie Carm. Saec. und viel- 
leicht I, 21 es sind und wie die erste strophe III, 1 ihn einleitet. 
Ein solcher aber ist C. HI, 14 nicht. Denn mag auch die diesem 
gedichte zu grunde liegende veranlassung und der inhalt der erstes 
vier strephen für einen solchen ganz angemessen sein, so ist doch 
die form der ode mit einem hymnus ebenso unvereinbar wie der 
mit strophe fünf plótzlich umspringende ton. Denn in den eigent- 
lichen hymnen lässt Horaz die chöre nicht bloss gegenwärtig seis, 
sondern auch vom dichter ihr lied empfangen, Dianam tenerae 


Horatius. - 489 


dicete virgines, Doctus et Phoebi chorus et Dianae Dicere laudes, 
Carmina non prius Audita Musarum Sacerdos Virginibus puerisque 
canto; cf. IV, 6, 41: Nupta iam dices: Ego. dis amicum, Saeculo 
festas referente luces, Reddidi carmen docilis modorum Vatis Ho- 
rati. Von allem dem ist hier keine spur. Sodaun aber wäre es 
widersinnig, wenn der dichter hier dem zum singen bestimmten 
chore schweigen gebieten wollte, und nicht, wie C. HI, 1, der 
profanen menge, damit diese des dichters lobgesang aus dem munde 
des chores vernehme. 

Darf man nun hiernach nicht an knaben- uud mädchenchöre 
denken, so fällt damit auch die consequenz, die Bentley und nach 
ihm Pottier mit seiner conjectur haud vir. exp. gezogen haben. 
Andrerseits bedarf es auch nicht des Cuninghamschen expertes, 
der Kaestnerschen interpunctionskünsteleien oder deg Madvigschen 
puellae et, um in die stelle sinn zu bringen; man muss eben bei 
einem gedicht, das keins der meisterstücke des Horaz ist, eine 
bürte mit in den kauf nehmen. Wie oben bemerkt findet sich 
pueri el puellae bei Horaz noch als kinder auf der strasse, sklaven 
und geliebte. Dass zu allen drei bedeutungen des attribut iam 
virum expertae nicht passt, ist klar; puellae iam virum expertae 
kónnen hier nur junge frauen sein. Der zusammenhang weist aber 
auf die jungen frauen, die soeben mit eirginum bezeichnet waren, 
Demgemäss sind pueri hier ebenfalls junge männer, wie C. IV, 11, 
10 puellae sklavinnen bedeutet wegen pueri, und zwar die vorher 
iwvenum genannten. Da sie die sóhne der vorerwähnten matres 
sind, so ist auch die von Nauck beigebrachte stelle C. 1, 12 pue- 
rique Ledae, die sóhne der Leda, in gewissem betracht eine pa- 
rallele; man darf jedoch nicht vergessen, dass nur der hinzutre- 
tende genitiv des vater- oder mutternamens die bedeutung sohn 
hervorbringt, und dass dieser genitiv hier erst dem vorigen verse 
zu entnehmen ist. Der sinn ist also: ihr selbst aber, ihr verhei- 
ratheten sólne und töchter, stört nicht die feier durch unheilige 
worte, was gleichbedeutend sein würde mit: ihr selbst aber gebt 
euch der freude des wiedersebens erst hin, wenn das dankopfer 
vollbracht ist. 

Für die verbindung pueri et puellae ist also hier die sonst 
bei Horaz nicht vorkommende bedeutung „junge männer und frauen“ 
zu statuiren, die einerseits und zwar hauptsächlich durch das at- 


490 Horatius. 


tribut iam virum expertae andrerseits durch den zusammenhang 
bewirkt wird, Zu bemerken ist der parallelismus der attribute 
Virginum matres iuvenumque nuper Sospitum. Vos, 0 
pueri et puellae iam virum expertae. Die doppelte be- 
zeichnung derselben jungen männer und frauen in zwei verse 
hintereinander behält aber allerdings auch bei dieser erklärung eine 
gewisse hürte, welche man bei jedem lesen wieder empfinden, aber 
schwerlich durch emendation entfernen wird, 

Iam ist von Meineke, Haupt und L. Müller, von letzterem 
jedoch in beiden ausgaben mit einem zeichen des verderbnisses, 
sowie von Keller-Holder und Nauck beibehalten; ausser Lehrs hat 
auch Dillenburger in seiner neusten auflage haud geschrieben. 


Ill. 
Hor.fCarm. IV, 5, 17, 18 und IV, 8, 28, 29. 


Carm. IV, 5, 17, 18 lauten: 

Tutus bos etenim rura perambulat 

Nutrit rura Ceres almaque Faustitas. 
So viel die stelle besprochen ist, so hat doch meines wissens aoch 
niemand auf die einzig schlagende parallele aus Horaz selbst bin- 
gewiesen, nämlich auf IV, 8, 28, 29: 

Dignum laude virum Musa vetat mori, 

Caelo Musa beat. 
Die augenfällige ähnlichkeit beider stellen ist mir stets ein starker 
beweis für die ächtheit der lesart in IV, 5, 18 und des ganzen 
verses IV, 8, 28 gewesen. Ich gehe kurz auf diese von der kritik 
oft als probleme aufgestellten verse ein. 

Was zunächst IV, 5 betrifft, so sind rura den pascuis geget- 

übergestellt Lucr. V, 1247: 

Sive quod inducti terrae bonitate volebant 

Pandere agros pinguis et pascua reddere rura, 
also aus weideland ackerland machen. Diese verse hätte Ritter 
für sich anführen können, wenn er sagt: perambulare ego de aranti 
bove dictum accipio — bos enim pascitur in pratis vd is 
pascuis. Aber da hätte er auch nachweisen solleu, dass peram- 
bulare vom pflügenden stiere gebraucht wird. Es heisst vie- 
mehr im gegensatz zu sedere oder cubare umbergehen, ganz gt 
wöhnlich mit dem nebenbegriff des müssig umhergehens, schles- 


Horatius. 491 


derns, so dass es trefflich auf den bald hier bald da grasenden 
stier passt. Die stelle bildet einen pendant zu dem Festus in pra- 
tis vacat otioso Cum bove pagus, wo man sich den stier in behag- 
licher ruhe wiederkäuend liegen denkt. Aber aus den pratis in 
dieser stelle folgt nicht, dass Tanaquil Faber und Lehrs recht 
haben, wenn sie auch an unsrer für rura das prata einsetzen wol- 
len. Vielmehr ist rurd das allgemeinere wort und umschliesst die 
prata und pascua. Zum beweise hierfür braucht man keineswegs 
die seltsame erklärung von dem Vetus auctor de Limitat. ap. Ri- 
galt. p. 299 Rura veteres incultos agros dicebant, id est silvas et 
pascua anzunehmen, sondern es genügt der gewöhnliche gegensatz 
zwischen stadt und land, um in rura den ausdruck für „ländliche 
fluren, gefilde* zu erkennen. So sagt ganz ähnlich Cic. Offic. 
Ml, 1: urbe relicta rura peragrantes saepe soli sumus, und treffend 
Bentley Rura sunt arva, prata, campi, saltus etc. pro varia 
terrarum forma et situ. — Aber auch im nächsten verse 
ist rura nicht zu ändern. Bentleys einwand, Nihil nutriri dicitur, 
ne per metaphoram quidem, nisi quod augeri et incrementum capere 
potest, ut arbores, segetes, fructus, ut odiwm, amor, bellum, incen- 
dium hat auf den ersten blick etwas überzeugendes und es ist 
keine frage, dass er mit seiner definition nutrire = teépew den 
nagel auf den kopf trifft. Aber er hat den weiteren und übertra- 
genen gebrauch nicht mit in betracht gezogen. Der weitere ge- 
brauch des nutrire vom pflegen der kranken ist von Jo. Fr. Gronov 
zu Liv. VII, 4 bestimmt: nutrire est aliquo modo remediis et fo- 
mentis adhibitis curare = ävargépaw, s. Cic. Ep. ad Att. VI, 1: 
Appius provinciam noocavargepoutyny a me non libenter videt — 
und ebenso von "Turnebus Adv. 28, 34 (Drakenb. ad Liv. IV, 52) 
nutrire est fovere, curare. Hieran schliesst sich das nutrire = 
fovere auch von nicht eigentlich kranken, wie an unsrer stelle, die 
durch das von Orelli beigebrachte citat aus Silius It. 12, 375: 
Cetera (arva) propensae Cereris nutrita favore treffend be- 
legt wird. Vgl. noch Ovid Fast. I, 704: Pax Cererem nutrit, 
pacis alumna Ceres und Fast. IV, 407: Pace Ceres laeta est, wo 
also Ceres nicht personification des getreides, sondern die géttin 
selbst ist, mithin nutrire gleichfalls die allgemeine bedeutung — 
pflegen hat. Somit ist Nutrit rura Ceres sprachlich durchaus 
richtig und alle änderungen wie farra, culta, tuta, rite etc. über- 


492 Horatius. 


flüssig. Von den neueren hat nur L. Müller Bentleys farra auf- 
genommen; Meineke und Haupt bleiben beim handschriftlichen rura. 
Ebenso Dillenburger VI. 

Ueber die stelle IV, 8, 28. 29 kann ich mich kürzer fassen, 
da bereits Heynemann De Interpol. in Carm. Hor., Bonn 1871, die 
bisher dominirende ansicht Lachmanns (Philol. I, p. 164 sq.) in 
bezug auf vers 28 mit erfolg bekümpft hat. In der that hat 
Lachmann gegen diesen vers auch nichts weiter sagen können als: 
„so schön dieser vers ist, hier fällt er aus dem ton‘. Das ist 
geschmackssache; mir ist v. 29 Caelo Musa beat im unmittelbaren 
anschluss an v. 27: Vatum divitibus consecrat. insulis stets 
völlig ungeniessbar erschienen. Wie vorher das Ereptum Stygiis 
fluctibus Acacum seine positive ergánzung. findet in dem lingua — 
Vatum div. consecr. ins., so schreitet der begründende gedanke iu 
Dignum laude virum Musa vetat mori, 

Caelo Musa beat 
analog von der negation zur position fort und gewinnt erst da- 
durch seine volle abrundung. 

Die kraft der anapher geht aus deu verglichenen stellen klar 
hervor; ibnen reihen sich noch andre an, wie C. II, 20, 5, 6: 

Urbes relinquam; non ego pauperum | 

Sanguis parentum, non ego, quem vocant cett., 
und eb. IV, 9, 45 ff.: 

Non possidentem multa vocaveris 

Recte beatum; rectius occupat 

Nomen beati, qui deorum cett. — 
Ueberhaupt liebt es Horaz, bestimmte worte und verbindungen be- 
stimmten versstellen zuzuweisen, wodurch ungezwungen anklänge 
eines gedankens an früher ausgesprochene entstehen. Vrgl. ausser 
den durch ihre quantität nur bestimmten versstellen zugänglichen 
worten wie Capitolium importunus auspiciis imperio progeniem mi- 
litia quicumque utiumque devola carmine u. s. w., verse wie lll, 
20, 5 Cum per obstantis iuvenum catervas und IV, 9, 43 
Voltu, per obstantis catervas; 1, 35, 9 Te Dacus asper, 
te profugi Scythae und IV, 14, 2 Medusque et Indus te pre 
fugus Scythes; MI, 20, 1 Non vides quanto und Ill, 27, 17 
Sed vides quanto; Ill, 17, 4 Per memores genus omne fa- 
stos und IV, 14, 4 Per titulos memoresque fastos, Ill, 14, 
13 und III, 8, 9 u. s. w. 

Güstrow. Th. Fritzsohe, 


XV. 


Besserungen und erläuterungen zu P. Papinius 
Statius. 


I. 


Diesem versuche eine anzahl von etwa siebzig schwierigen 
stellen des Statius aus dem sinn, der sprache und der denkweise 
des dichters selbst ohne alle unnütze zuthat zu heilen, zu erklären 
und zu erhárten, geht die consolatio ad Flavium Ursum voran, 
weil sich an sie wichtige allgemeine bemerkungen knüpfen lassen. 
Ich gehe immer, wie nicht anders zu erwarten ist, von den les- 
arten der handschriften aus, sehe aber, was bisher nicht genug 
beachtet ist, im Statius auch in den hexametern der Silven den 
epiker, und fasse, wie ich glaube zuerst unter seinen: auslegern, 
die alliteration ins auge als ein hauptmittel den text festzustellen; 
auch die assonanz spielt ihre rolle, beide, alliteration wie assonanz, 
nebenbei zur ästhetischen würdigung des dichters unentbehrlich. 

Silv. 2, 6, 4: 

Durum et deserti praerepta coniuge partem 
Conclamare tori; moesta et lamenta sororum 
Et fratrum gemitus. Arcte tamen et procul intrat 
Alius in sensus maioraque vulnera vincit 
Plaga minor. Famulum cet. 

Madvig sagt: Nihil est arcte . Scribendum: 


Et fratrum gemitus acres; tamen et procul intrat cet. 


494 Statius. 


Moesta lamenta sororum, acres gemitus fratrum concinne compa- 
rantur. Mit dieser änderung des unmöglichen arcte in acres ist 
der stelle durchaus nicht geholfen. Einmal klappt das acres auf 
unangenehme weise nach, während die prädicate miserum est — 
durum — moesta ausdrucksvoll voranstehen; moesta deckt sehr 
gut beides lamenta sororum und fratrum gemitus, und dann bleibt 
immer noch -— und dus ist das entscheidende — der comparativ 
altius zu erklären. Die kleinere wunde soll tiefer eindringen, soll 
schmerzhafter sein als die grüssere? Es fehlt ein saepe oder sonst 
etwas. Was will der dichter sagen?“ Der nähere verlust der 
verwandten fállt mehr in die augen, aber der fernere des treuen 
dieners dringt oft tiefer ins herz. Das dem Statius immer vor- 
schwebende cominus und eminus, hier in procul versteckt, hilft 
ihm zum übergange. Er hüllt diesen in ein bild: die grosse wunde 
im nahkampfe vom schwerte beigebracht ist schlimm; aber die 
kleinere von fern her durch den pfeil entstanden dringt tiefer und 
schmerzlicher ein als diese. Arcte muss heissen: arcus, genetiv 
zu plaga minor, was nebenbei einen schônen und durch den hexa- 
meter gebotenen zusammenschluss des ganzen hervorbringt. Ich 
lese also: 

Arcus tamen et procul intrat cet. 
Ich mache auch auf die vielen schmerz verkündenden assonanzen 
in a aufmerksam. 

Silv. 2, 6, 8 ff.: 

— — Famulum — quoniam rerum omnia caeca 

Sic miscet fortuna manu nec pectora movit — 

Sed famulum gemis, Urse, pium, sed amore cet. 
An dieser stelle zuerst habe ich mit bewusstsein die alliteration, 
in der der dichter zu schwelgen pflegt — Silv. 3, 3, 208 ff. fia- 
det sich sogar ein zwülfmaliges absichtliches wiederholen des s am 
aufange der würter — zur besserung des textes gebraucht. Wo 
ich soust ohne noch davon zu wissen geündert hatte, ist mir des 
für meine vermuthungen, die nur den sinn ins auge fassten, eine 
schöne bestätigung geworden. Wie zu unsrer zeit Jordan die 
alten stabreime wieder zu beleben sucht, die nur noch selten als 
malerei von unsern dichteru gebraucht werden, so geht Statius 
noch über Virgil und Ovid fast bis auf Ennius zurück und hat es 
im gebrauch dieses reimes zu einer gradezu staunenswerthen übuog 


4" 


Statius. 495 


bracht. Die beispiele werden folgen, welche die ungewöhnliche 
tigkeit zeigen, und zugleich den werth, den diese beobachtung 
* die kritik des textes hat. Auch die assonanz, oft sehr glück- 
h zur klangmalerei gebraucht, schliesst sich dem an, und endlich 
+ wiederholung derselben wörter, welche eine natürliche nur bei 
n zu weit gehende ausdehnung desselben strebens ist. Zu un- 
'er stelle! 


Queck sagt: Par. et editi. pectora movit; bene emendavit 
rnartius novit (,,fortuna summa imis miscet nec animum cuius- 
8 in miscendo respicit“) quae emendatio etiam Vrat. auctoritate 
frmatur. Auf deutsch ist der kern dieser erklärung, der zweite 
:il auf den alles ankommt, ohne jeden sinn: wie oft hüllt sich 
r mangel an verstündniss in den dürftigen mantel des lateini- 
en! Was will der dichter sagen? „Königstochter und schäfer, 
rr und diener lieben einander, das ungleichste fühlt sich zu ein- 
der gezogen; so lenkt der zufall die herzen“. Wir behalten 
on wegen der alliteration misce — manu das movit bei; lesen 
er nicht nec pectora movit, sondern 


Sic pectora movit. 


0 pflegt sie die herzen zu lenken*. 


Man beachte: sic — sic; im folgenden verse dem entspre- 
end: sed — sed, und in den beiden dann folgenden: meritum — 
or — mente. Ueberhaupt wimmelt dieses gedicht gradezu von 


chen anklängen: peremtum Parthus . fidos flevere . educat Eu- 
tas Elin . pubem primos puer . mentis morum maturior . tran- 
illa temperies tenero . carmine castigabat consiliis . lecum tristis 
>». suus sumebat . vitalia vidit vias vitae . tribus trieterida 
siis . torvo toros . attendit addidit . ac ac . solito sublimius . 
wa saevius saeva . duri durum u.s. w. Einige beispiele mögen 
gen, dass sich die sache wichtiger anlässt als sie zuerst aus- 
ht nach positiver und negativer seite hin. 
Silv. 4, 4, 101 ff: . 

lamque vale et penitus noti (Ven. voti) tibi vatis amorem 

Corde exire veta . Nec enim te rintius (Vrat, tirintius) almae 

Pectus amicitiae, cedit tibi gloria fidi 

Theseos, et lacerum qui circa moenia "Troiae 

Priamiden caeso solatia traxit amico. 


496 Statius. 


Zuerst müssen wir einen schaden beseitigen, welcher zu der 
allerdings sehr sehr geistreichen aber wegen der beseitigung des t 
unzulássigen conjectur des Grotius retinentius für te rintius oder 
tirintius geführt hat, eben so wie zu dem zulässigen te mitius 
lmhofs und dem te certius Bentleys, welche eine ubschwüchung des 
sinnes und der sprache zur folge haben. ' Es muss statt mec enim 
te rintius heissen: sed enim Tirynthius (cedit tibi), und oun 
tritt die ausdrucksvolle stelle erst in ihr recht. Aller guten dinge 
sind drei: Hercules und Philoktet, Theseus und Pirithous, Achill 
und Patroclus. Die construction ist wie Achill. 1, 657: 

Sed pater ante igni ferroque excisa iacebit 

Scyros. 
Es folgt v. 101 noti, welches Markland für voti des Gronov und 
der Veneta wiederhergestellt hat. — Noti ist matt, und daher schrieb 
ich voti uls meine vermuthung darüber, strich es dann auf Mark- 
lands auctorität (der stellen für penitus notus anführt, als ob man 
nicht eben so gut penitus votus sagen könnte, grade so wie er an 
anderem orte, wo er gern rari parentes weghaben móchte, stellen 
anführt dafür, dass man cari parentes bei den Römern gesagt habe; 
wo sugt man das nicht? das wäre mit beispielen zu belegen!) also 
ich strich es wieder weg, um später, was auch die handschrift 
sagen mag, dazu zuriickzukehren. Die alliteration spricht entschie- 
den und ich glaube entscheidend für voti. Vier v folgen einander: 
vale voli votis vela , mit ihnen wechselnd fünf t: Tirynthius tibi 
Theseos Troiae traxit und vier c: corde, cedit circa caeso. Ich 
lese also: 

Jamque vale et penitus voti tibi vatis amorem 

Corde exire veta . Sed enim Tirynthius cet. 

Theb. 4, 697 f.: 

Dixerat: ast illis tenuior percurrere visus 

Ora situs, viridisque comis exhorruit umor. 

Protinus lnachios haurit sitis ignea campos cet. 
Es ist offenbar, dass dem umschaffer dieser zeilen ein ganz be 
stimmtes naturbild vorgeschwebt hat: die flüsse und teiche über- 
ziehen sich mit einem dünnen schleier von schimmel, und grüner 
schlamm starrt aus ihnen hervor. Aber uumöglich kann Statius 
so geschrieben haben. Erstens werden die eben noch göttlichen 
Nymphen von herrscherinnen ganz unerwartet zu beherrschten, vos 





Statius. | 497 


personen zu sachen herabgesetzt, jedenfulls person und sache unge- 
börig vermischt, und zweitens ist die sprache eine solche dass 
man sie unserm dichter nicht aufbürden darf. Das tenuior ist un- 
erklärbar; ich habe alle eigenthümlichen comparative bei Statius 
verglichen: sie lassen sich alle erkláren, dieser nicht: dünner als 
sonst? oder dünner als was? wird man fragen und keine antwort 
finden; denn das ungemein verdüchtige situs (al. sitis), und der 
eigenthümliche gebrauch des exhorrescere. Daher hat Schrader oder 
wer sonst exuruit vorgeschlagen, und Madvig ,,tenuior percurrere 
visus ora sinus“, ut contractae fauces ek oru angustata dicantur. 
Ich halte nun dem suspecten situs gegenüber das sinus fest aber 
in anderer bedeutung, und werde, mich dem überlieferten eng 
anschliessend , dem fenuior seine eigentliche gestalt und der gan- 
zen stelle form uud inhalt wiedergeben. Die nymphen sind ver- 
sammelt. Bacchus sagt: 


adiuvat ipse 
Phoebus ad hoc summo, cesset ni vestra voluntas, 
Limite, 
und kaum hat er geendet, so verbrennt sichtbar ihnen der sonnen- 
gott zartes antlitz und busen und die grüne feuchtigkeit des haars 
verdunstet. Ich lese nämlich: 


Dixerat: ast illis tenuia ora perurere visus 
Solque sinus, viridisque comis exaruit umor. 


Ueber dieses bild und diese sprache des dichters wird selbst 
Madvig nicht zürnen können. So tenuia ora Th. 6, 196. Darf 
ich jetzt auch zur bestätigung meiner änderung auf sol sinus und 
das gleichfolgende sitis aufmerksam machen? 
Silv. 3, 4, 13: 

Pergame, pinifera multum felicior Ida! 

llla licet sacrae placeat sibi nube rapinae; 

Nempe cet. 


Barth sagt: nube i. e. fabula, umbra, fictione imaginaria. Gewiss 

falsch; denn Ganymeds raub war glaube des volkes und soll vom 

dichter nicht bestritten werden. . Queck sagt: Vulgata lectio nube 

sana est. Vrat. Par. Ida sibi placet nube rapinae sacrat h. e, 

coma Ganymedis a Iove rapti. Nubes de coma ut 'Theb. 6, 589. 

Vrat. Parm. Schlagen wir diese stelle in der Thebaide nach, so 
Philologus. XXXV. bd. 3. 32 


498 Statius. 


steht da: nec se lunugo fatetur. intonsae sub nube comae! „man kann 
deu flaum vor der wolke des uugeschorenen haars nicht sehen“. 
Eine wolke von haar ist ein bild auch im deutschen; aber heisst 
deshalb nubes oder wolke das haar? Und ist an dieser unserer 
stelle überhaupt von haar die rede? Hat der adler etwa nicht den 
Ganymed, sondern dessen perrücke geraubt?  Earinus wird mit 
Ganymed, Domitian mit Jupiter, die kaiserin Domitia mit Juno ver- 
glichen. Der sinn der verse fordert nicht nube, sondern pube — 
die anwohner des Ida prahlten mit ihren schönen knaben — wie 
ich auf der stelle verbesserte, und das ward mir nachher durch das 
schwelgen des dichters in der alliteration des p bestätigt. „Per- 
gamus ist glücklicher als der Ida. Mag der Ida prallen mit dem 
heiligen raube seines Ganymed, die Juno sieht ihn dennoch mit 
schelem auge; dich, Earinus, sieht der ausonische Jupiter und die 
römische Juno stets mit wohlwollen*. Man beachte: proferet ponet 
Pergame pinifera placeat pube; daun klingt es gleich nachher noch 
einmal spärlicher aus in pulchro placida pariter probant. Wir 
lesen deshalb getrost: 


Ila licet sacrae placeat sibi pube rapinae. 
Theb. 1, 227: 


Mens cunctis imposta (immota O. Müll) manet: quis fu- 
nera Cadmi 

Nesciat et totiens excitam a sedibus imis 

Eumenidum bellasse aciem? 


Diese nur durch verzwickte erklürungen zu rettenden funera hatte 
ich iu munera verwandelt, und sah dann später den reim des m 
in mens manet. munera, der ja in den folgenden mala matrum me- 
morum wiederkehrt, für das O. Müllersche memorum eine auch 
äusserliche stütze. Munera geht auf das verderben bringende hals- 
band der Harmonia, auf welches in der Thebaide vom dichter mit 
recht ein grosses gewicht gelegt wird. S. besonders iu bezug auf 
Jupiters worte an unsrer stelle: 
2, 202 f.: 
Improba mox Semele vix dona nocentia collo 
Induit, et fallax intravit limina Juno. 
So 2, 265 ff.: 
nec mirum: nam tu infaustos donante marito 


n n nn 


Statius. 499 


Ornatus Argia geris dirumque mo nile 
Harmonies. 
Also von demselben halsband redend an der ersten stelle drei i, 
an der zweiten wieder drei m. S. ebendaselbst 4, 191. 206. 8, 
104. 120. 
Theb. 1, 383 ff.: 
hinc celsae Junonis templa Prosymnae 
Laevus habet, hiné Herculeo signata vapore 
Lernaei stagna atra vadi. — 
Wer hat nicht für das unausstehliche vapore, das offenbar aus 
einem missverstándnisse durch stagna atra und aus einer gelehrten 
reminiscenz hervorgegangen ist und sich eben dadurch auch er- 
halten hat, labore emendirt? Und doch steht noch immer vapore 
im text statt unter demselben für liebhaber. Laevus und Lernaei 
ziehen hoffentlich labore nach sich. 
"Theb. 6, 572 f.: 
nec pectora nudis 
Deteriora genis, latuitque in corpore vultus. 
O. Müller bessert sehr richtig: patuitque, aber er hätte einen 
schritt weiter gehen müssen: 7 hat pectore, also pectora patuit 
pectore und nun erst ist sinn und sprache des dichters in harmonie. 
Fortan muss es heissen in rücksicht auf sinn, reim und handschrift: 
patuitque in pectore vultus. 
"Theb. 9, 343: 
Nihil ille, sed ibat 
‘ Cominus; opposuit cumulo se densior amnis 
Tardavitque manum, vulnus tamen illa retentum 
Pertulit, atque animae tota in penetralia sedit. 
Einil Nauke p. 9 f. macht auf den ungehörigen gebrauch des 
sedit aufmerksam. Sollte er bei seiner andeutung nicht an pegit 
gedacht haben? Dann reimen: pertulit penetralia und pegit. 
Theb. 11, 403: 
lamque in pulvereum Furiis hortantibus aequor 
Prosiliunt cet. 
Andere lesart ist stimulantibus; offenbar glosse nicht zu hortan- 


&ibus, denn wer wird dazu eine glosse machen, sondern zu por- 
32° 


500 Statius. 


tantibus, wie ich, ohne das spiel des reims zu ahnen, in aller 
unschuld schon vor langer langer zeit gebessert habe. Die Furien 
sind hier wie Shakespeares hexen als sturmgottheiten aufgefasst, 
die über die fläche sausen und alles mitreissen. Nun kommt der 
malende reim hinzu: pulvereum portantibus prosiliunt. 


Theb. 11, 413: 


Restinxit Bellona faces, longeque paventes 
Mars rapuit currus, et Gorgone cruda virago 
Abstitit, inque vicem Stygiae rubuere sorores. 


Für das unverstandliche rubuere, "welches mit in vicem zusammen 
auf die abenteuerlichste weise erklürt wird (et altera post alteram 
etiam Furiae erubuerunt) setze ich als gegensatz gegen die sich 
abwendenden gótter das klare und durch das dreifache schlangen- 
artig zischende s empfohlene subiere: Stygiae subiere sorores und 
erinnere hier an einen ähnlichen vers bei dem vorbilde des Statius, 
bei Vergil. Aen. 5, 866: 


Tum rauca adsiduo longe sale saxa sonabant. 
Ich lese also: 
Abstitit, inque vicem Stygiae subiere sorores. 
Theb. 6, 485: | 
Anguicomam monstri effigiem saevissima visu 
Ora movet —- sive ille Erebo seu finxit in astus 


Temporis, innumera certe formidine cultum 
Tollit in astra nefas. 


Diese ganze stelle scheint mir im argen zu liegen, aber jedenfals : 
muss es heissen: innumera certe formidine fultum. Ein glossater 
erklärt cultum mit plenum, armatum , hat also fultum gelesen. 
S. Theb. 11, 398: fulta metallo parma. So ist ja das fulte 
Theb. 1, 144 wo andere culia lesen wollten, jetzt festgestellt 
durch Otto Müller. 


Silv. 5, 3, 10: 
Quis sterili mea corda situ, quis Apolline merso 
Frigida damnatae praeduxit nubila menti. 


Das merso hat Imhof aus den handschriften gegen die conjectur 
verso zurückgerufen. Ich hatte dazu bemerkt: „die sonne get 





Statius. 501 


ter (sidera merguntur) und die kalten wolken der nacht umzie- 
n den geist des dichters, s. "Theb. 4, 282“. Dafür sprechen 
sser dem codex aber besonders auch die drei gewichtigen m in 
M merso und menti. | 


Silv. 1, 1, 27 £.: 


Das Cattis Dacisque fidem . Te signa ferente 
Et minor ih leges iret gener et Cato castris. - 


ute, welche um das unertrügliche castris loszuwerden, etwa 
stras oder mit Markland iustas lesen móchten, und es wird 
ren noch immer in irgend einem winkel des grossen vaterlandes 
ben, mache ich auf den reim in Cattis Cato casiris aufmerksam. 
| ist immer gut etwas als entschiedenen irrweg zu kennen. 
ichstens könnte man an castas denken d. h. sancias. 


Silv. 1, 1, 61 ff.: 


Nec longae traxere morae . luvat ipsa labores. x 
Forma dei praesens, operique intenta iuventus 
Miratur plus posse manus . Strepit ardua pulsu 
Machina : continuus septem per culmina montis 

It fragor et magnae fingit vaga murmura Romae. 


ir fingit oder figit ist vincit conjectur. Continuo und multus 
njectur für continuus (oder continuos) und montis. Ich lese: 


continuus septem per culmina pontis 
It fragor. 
ons ist das gerüst (tabulatum, die machina oder ein theil der 
repens machina), auf welchem der riesige krahn die theile des 
sses und den reiter hinaufzieht. Das spiel mit den fünf m und 
a fünf p fällt in die augen: miratur manus machina magnae 
urmura und praesens plus posse pulsu pontis. 

Für den augenblick sei dies genug. Sollte man, noch etwa 
auben, dass nicht der dichter, sondern der erklärer dieses spiel 
ibe, so lese man weiter und verspare das urtheil bis ans ende 
s schriftcheos. Es kommt noch besser, schlagender und er- 
'uender. 


Silv. 2, 3, 53 ff.: 
Illa dei veteres animata calores, 


502 Statius. 


Uberibus stagnis obliquo pendula trunco 
Incubat atque umbris scrutatur amantibus uudas. 

Ein glänzendes beispiel der mischung von assonanz und alli 
teration. Uberibus umbris undas : stagnis sperat spiritus. Die 
assonanz des achtmaligen « deutet den schatteu an. Steht das 
scrutatur so ganz fest? Ich vermisse etwas zu dem sehr wich 
tigen trunco. Das allerliebste gedicht die arbor Atedii Melioris, 
parva quidem —- dona, sed ingenti forsan victura sub aevo, ist 
glaube ich noch nicht ganz verstanden und gewürdigt. Kebren 
wir wieder in unser gedicht zurück. 

Silv. 2, 6, 73: 

Attendit torvo tristis Rhamnusia vultu, 

Ac primum implevitque toros oculisque nitorem 
Addidit et solito sublimius ora levavit, 

Heu! misero letale favens seseque videndo 
Torsit et invidia mortemque amplexa iacenti 
Iniecit nexus carpsitque immitis adunca 

Ora verenda manu. 

Diese stelle liefert einen interessanten beitrag zu der von Her 
mann Nohl p. 33 seiner trefflichen abhandlung bewiesenen mi- 
schung von text und rand- oder interlinearerklürung. Ein solcher 
vom rande in den text übergegangener cento ist das seseque vi- 
dendo torsit et invidia mortemque. Nehmen wir diese worte oder 
vielmehr wörter heraus, so ist alles concinn und nur ein kleiner 
verstoss zu bessern; behalten wir sie bei, so ist sinn und zusam- 
menhang zerstört. Sese videndo ist seltsame erklärung zu oculis 
— levavit, torsit zu carpsit adunca manu, invidia zu Rhamnusie, 
morlem zu letale. Da man darin verstheile sah und diese ein- 
zuordnen strebte, so ist einiges dieser erklärungen willkürlich 
geändert worden. 

Mit der kleinen aber nothwendigen besserung meine ich fo- 
vens für favens; favens entstanden durch das unglückliche zwi- 
schenschiebsel, weil man misero nicht zu bezielen wusste. Werfes 
wir den eindringling dahin wohin er gehört, so bezieht sich misere 
auf iucenti. Zu fovens siehe die überzeugenden stellen: 

Silv. 2, 1, 121 £.: 

gremio puerum complexa fovebat 
Invidia, 


m ——— — + A-— u. 


Statius. 503 


und Silv. 5, 1, 47: 


te ceu virginitate iugatum 
Visceribus totis animoque amplexa fovebat. 


Ich lese also: 
Heu! misero letale fo vens amplexa iacenti 
Iniecit nexus cet. 


Bei dieser gelegenheit sei auch andrer eingeschobener verse 
gedacht, die doch endlich einmal beseitigt werden sollten, und man 
komme hier nicht mit den worten, die sonst allerdings sehr ge- 
wichtig sind: tuentur omnes codd. Es ist ja, so heisst es, nur 
einer da, und sind nicht auch conjecturen und verse und zwar 
sehr schlechte conjecturen und schlechte verse schon vor dem cost- 
nitzer concil in der einsamkeit vou St. Gallen oder sonst wo ge- 
macht worden? 

Silv. 4, 8, 25 ff.: 

Macte quod et proles tibi saepius aucta virili 
Robore; se iuveni laetam dat virgo parenti. 
Aptior his virtus, citius dabit illa nepotes, 
Qualis maternis Helene iam digna palaestris 
Inter Amyclaeos reptabat candida fratres, 
Vel qualis coeli facies, ubi nocte serena 
Admovere iubar mediae duo sidera Lunae. 


Schon Markland hat sehr richtig den vers 27 aptior cet. als 
einfaltig und sinnstórend verurtheilt, und noch immer steht er, 
statt unten hin in das barathron geworfen zu werden, breit und 
störend im texte. Er stammt von einem, der die folgenden verse 
nicht verstand. Aber sollte Markland so ganz im rechte sein, 
wenn er zu se iuveni laetam cet. bemerkt: Nisi fallor, scripsit 
Statius mediam, quippe trium liberorum nata medio loco. Com- 
paratur mox haec Plia Helenae inter duos fralres , et Lunae inter 
duo sidera mediae? Woher weiss: Markland, dass die tochter die 
zweitgeborne ist? Der mond ist das grosse gestirn, dem zur 
seite zwei kleinere sterne stehen. Auch die Helena fasst der 
dichter hier als älter auf gegen ihre beiden brüder: wie eine junge 
mutter — wir müssen uns denken: beide an der hand — ging 
sie strahlend zwischen ihnen — nebenbei den zwillingsbrüdern. 
Froh widmet sich das mädchen (man beachte virgo, das ältere 


504 Statius. 


mädchen) dem jüngeren verwandten d. h. hier den jüngeren brü- 
dern: sie wird sie gut und mit freude erziehen, ohne sie, da es 
zwei sind, verweichlichen zu kónnen. 

Silv. 5, 1, 92: 

Omnia nam laetas pila attollentia frondes 
Nullaque famosa signatur lancea penna. 

Zwei den zusammenhang, sie mügen heissen wie sie vollen 
und was sie wollen, empfindlich störende verse. Das nam ist eat- 
scheidend für dieses einschiebsel. Sie gelören unter den text. 
Eben so der von Markland bezeichnete vers 5, 2, 14 Succunbitque 
oneri et mentem sua non capit aetas, und endlich 5, 5, 14, vou 
dem ich noch sprechen werde. 

Gehen wir auf die via Domitiana über, dieses allerliebste 
kleine kunstwerk , voll lebendiger schilderung, in hohem grade in- 
teressant nach form und inhalt, aber auch un einigen stellen un- 
verstándlich und unverstanden. Bei Queck muss man zuerst fünf 
druckfehler beseitigen. Vs. 107 fehlt age! 

Silv. 4, 3, 20 ff.: 

Hic scenis (scaevi, coeno cet) populi vias gravatas 
Et campis iter omne detinentes 

Longos eximit ambitus novoque 

Iniectu solidat graves arenas. 

Markland sagt: vix locum vidi hoc inquinatiorem und con- 
jecturirt : 

Hic, coeno bibulo viam gravante 
Et campis iter amne detinente 
Longos eximit ambitus. 

Gewiss sehr scharfsinnig, aber entschieden falsch, da der ge- 
gensatz zwischen den ambitus und arenae, auf den hier alles an- 
kommt, verwischt ist. Imhof hat gediegen und glänzend, glänzend 
und gediegen schon 1859 nachgewiesen, wie sehr man sich vor 
dem sonst unentbehrlichen Markland in acht zu nehmen hat, Mark- 
land hat eine ausgezeichnete diagnose, aber sie hült sich oft za 
sehr im allgemeinen, uud er heilt mit den langen gefährlichen re 
cepten von 1728, die häufig, ja meistens schlimmer sind als die 
krankheit selbst; er ist ein kühner talentvoller chirurg, aber «f 
fleischert gern und operirt mit einem messer, vor welchem Stro- 
meyer und Esmarch erschrecken würden. 


Statius. 505 


Nach Queck lesen die handschriften: Vrat. scaevi populi vias 
gravatas, Seu. scenis his populi vias gravatas, Parm. Ven. saevis 
et senis, Par. coeno hic populeo vias gravatas; v. 21 "Vrat. Par. 
detinentes, omne. 

Den einzig móglichen sinn giebt: scaevis populi vias gra- 
vatus. Schon Queck hat gravatus in den text genommen. Die 
scaeva sind umwege, wie Nikander Ther. 266 oxasdg vom gange 
der viper braucht, und Vitruv. 1, 5 (diese wichtige stelle ver- 
danke ich dr. Adolf Micolci) scuevus dem directus entgegensetzt: 
excogitandum, uti portarum itinera non sint directa sed scaeva. 


Die sache ist sehr einfach. Der alte weg litt an zwei 
übeln, deu umwegen und dem tiefen sande, den ambitus und den 
graves arenae oder den scaevis und den campis. Domitian besei- 
tigte daher diese umwege, diese Maander der strasse, und die un- 
wegsamkeit der campi durch eine gerade und zugleich feste 
strasse. | | 

Es muss also gelesen werden: 

Hic scaevis populi vias gravatus 
Et campis iter omne detinentes cet. 

Silv. 4, 3, 59 f.: 

His parvus, nisi deviae vetarent, (Vat. natarent) 
Inous freta miscuisset Isthmos. 

Emil Grosse p. 32 kennt vierzehn vermuthungen und ausle- 
gungen zu dieser stelle. So möge denn auch meine, welche also 
die funfzehnte sein wird, hinzukommen. 

Ueber die abscheuliche conjectur nisi Lechiae vetarent ist jetzt 
nur die eine meinung, sie auf immer aus dem texte zu verban- 
nen, Caspar Bachet de Mezeriac zu Ovids Heroiden liest, wie ich 
aus Grosse lerne, so wie die handschriften die worte liefern, aber 
mit der gewöhnlichen interpunction, die ich oben angegeben habe, 
und erklärt deviae durch Ovid. Her. 2, 118, wo er devia avis mit 
un oiseau de mauvais augure erläutert. 


Ich kann mich mit dieser erklärung, so treffend sie scheint, 
nicht einverstanden erklären. Denn was heisst parvus? Da liegt 
die eigentliche schwierigkeit! Kann man parcus Isthmos sagen? 
Kann es für angusius stehen? Gewiss nicht! Ja es müsste hier 
an unsrer stelle sogar latus oder ingens heissen, wenn es dem 


506 Statius. 


sinne entsprechen sollte; etwa: „die hände dieser werkleute hätten 
selbst den gewaltigen Isthmos gebándigt*. An diesem beiworte, 
welches weder der sprache noch dem sinne gemäss ist, scheitert 
die sonst annehmbare erklärung. Imhof, welcher hier und auch 
bei Ovid cliviae lesen will, was uns für diese stelle augenblicklich 
gleichgültig ist, fühlt mit gewohnter feinheit das schwierige und 
häklichte des parvus heraus und schliesst es eng mit his zusam- 
men ,er war für diese hünde gering^, aber wo ist danu der zu 
miscuisset ganz nothwendige dativ, welchen jetzt parvus ver- 
schluckt hat, geblieben? Imhof kommt der wahren auslegung 
ganz ganz nahe, aber geht ihr dennoch vorbei. Ich schlage des- 
halb eine andre vor, muss aber dabei einiges vorausschicken. 


Der vater des Statius, ein dichter und eine art priester, batte 
an den isthmischen spielen preise gewonnen; unser dichter selbst ist 
wenn auch nicht ebenfalls in Korinth gewesen, so doch offenbar 
schon durch seinen vater sehr gut über alles dortige unterrichtet. 
Er hat an vielen stellen den geheimdienst der Ino und des Meli- 
kertes im munde, die flucht der mutter, das irren der verfolgten, 
das wehklagen des sohnes, einen geheimdienst, der sich zu einem 
widerlichen aberglauben ausgebildet haben muss. Ich führe nur 
einiges an: 

Theb. 4, 563: 

anlielam cernimus Ino 

Respectantem arcus et ad ubera dulce prementem 

Pignus. 
"Theb. 10, 418: 

Moderatius oro 

Ducite, fulminei per vos cunabula Bacchi 

Inoamque fugam vestrique Palaemonis aunos. 
Theb. 2, 380 f.: 

irataque terrae 

Curva Palaemonio secluditur unda Lechueo. 

Theb. 1, 120 ff.: 
geminis vix fluctibus obstitit Isthmos. 
lpsa suum genetrix eurvo delphine vagantem 
Arripuit frenis gremioque Palaemona pressit. 


Theb. 9, 401: 


Statius. 507 
r 


Qualiter Isthmiaco nondum Nereida portu 
Leucothean planxisse ferunt, dum pectore anhelo 
Frigidus in matrem saevum mare respuit infaus. 


Ferner sei verwiesen auf Theb. 1, 12 ff. 4, 59 ff. 6, 10 ff. 
7, 420. 9, 331. 12, 130. 
Silv. 3, 2, 39: 
Tu tamen ante omnes diva cum matre Palaemon 
Annue, si vestras amor est mihi pandere Thebas. 


Silv. 2, 1, 179: 


Talis in Isthmiacos prolatus ab aequore portus 
Naufragus inposita tacuit sub matre Palaemon. 


Silv. 3, 1, 142: 
Nil hic triste locis; cedat lacrimabilis Isthmos, 
Cedat atrox Nemee, litat hic felicior infans, 


Das irren, die flucht, der sturz der mutter ins meer, das 
dulce pignus, der infans, die anni Palaemonis, sein schwimmen auf 
dem arme der mutter als damon spielen in diesen mysterien eine 
grosse rolle. Nun hatte Nero — das war noch in aller ge- 
düchtniss und munde — bekanntlich versucht den Isthmos zu durch- 
stechen; aber aufquellendes blut, wehklagen, graunvolle erscheinun- 
gen hatten, so meinte das volk, den frevel verhütet. (Dio Cass. 
63, 16). Auf diese beiden betrachtungen gestützt beseitige ich das 
komma nach parvus und setze es nach his, und stelle, da deviae 
genetiv zu parvus ist, das ursprüngliche vetaret oder vielleicht na- 
taret wieder her. Ich lese also: 


His, parvus nisi deviae vetaret (nataret), 
Inous freta miscuisset Isthmos. 


»Die hünde dieser gewaltigen werkleute, die die kaiserstrasse 
anlegen, hätten, wenn der kleine der (pfadlos) irrenden* (wir wür- 
den sagen: der sohn der schmerzensreichen) es nicht verböte, den 
inoischen Isthmos durchstechen können, was dem Nero nicht ge- 
lungen ist“, . 

Dieser parvus (infans, dulce pignus) deviae (matris) ist der 
diva cum matre Palaemon, und es sind die ausdrücke des geheim- 
dienstes; devia gerade so mysteriés hier gebraucht wie Theb. 4, 
719 avia natürlich in anderer bedeutung von der nymphe Langia 


508 Statius. 


gebraucht wird auch in der sprache des gelieimdienstes. Ueber 
parvus und parti bei Statius brauche ich wohl nichts zu sagen; 
aber das mysteriüse sind die beiden zusammenstehenden adjectiva, 
welche zu substantiven erhoben sind. Ist nataret nicht aus natanti 
durch ein versehen des auges entstanden, immerhin belustigend, se 
wäre es das würdige dritte im bunde der priestersprache. So 
leicht hin zu verwerfen, ist es gewiss nicht. | 


Silv. 4, 3, 112 f.: 

Qui primo Tiberim reliquit ortu, 
Primo vespere navigat Lucrinum. 

Diese beiden längst gezeichneten verse stóren hier an dieser 
stelle, wo sie die prophezeiung des dichters unterbrechen, sinn und 
zusammenhang , da sie ausserdem zur schilderung des weges ge- 
hören, und die völker des ostens wohl von Neapel nach Rom, aber 
doch nicht von Rom nach Neapel gehen werden um den kaiser zu 
sehen. Ich halte sie leider für ächt; aber sie gehören hinter 
v. 106 als 107 und 108, so dass dann vier prim zusammenstehen: 
primae, primo, primo, primo: in diesem durch schénheit der äus- 
sern und innern form ausgezeichneten gedichte eine  widerliche 
spielerei, 

Silv. 4, 3, 158 f.: 

Et laudum cumulo beatus omui 
Scandes belliger abnuesque currus; 
Donec 'Troicus ignis et renatae 
Tarpeius pater intonabit aulae, 
Haec donec via te regente terras 
Annosa magis Appia senescat. 


Diese stelle leidet an einer interpunction, welche beweist, dass 
entweder bei mir oder bei den herausgebern ein schweres missver. 
ständniss obwalten muss. Nach meiner meinung sagt die Sibylle 
(und da sie in die zukunft sieht, muss sie nicht senescat, sondern 
senescet prophezeien; sie spricht, nicht der dichter): „du wirst 
triumphe feiern und triumphen ausweichen, so lange das Vestalen- 
feuer lodert, und der donnerer in seiner balle waltet, so lange 
dieser weg besteht: der weg uud du ihr werdet lünger als die 
alte Appia greisen! Also muss so interpungirt werden: 


Scandes belliger abnuesque currus, . 


Statius, 509 


Donec 'Troicus ignis, et renatae 
Tarpeius pater intonabit aulae, 
Haec donec via: Te regente terras 
Ánnosa magis Appia senescet. 


Diese letzte schmeichelei gegen den unglücklichen kaiser ist 
so erhaben, dass sie für alle anderen, nur nicht für ihn selbst ins 
lächerliche umschlagen musste. Eins fällt in die augen. Je näher 
der entscheidende moment des sturzes herankommt, je mysteriöser 
im tiefsten innern der tyrann sein baldiges ende, seinen achtzehnten 
september, vorausahnt, je düsterer die stimmung in den leitenden 
kreisen, je tiefer das gefühl, es muss ein wechsel eintreten, desto 
mehr muss der dichter den glauben an das glück und die ewigkeit 
des gefeierten, dem er übrigens wohlzuwollen grund hatte, hervor- 
zuheben suchen, Erinnert es uns nicht lebhaft an das wort „bis 
ans ende der tage“, welches wir so oft haben hóren müssen? 
Vom chernen rosse des kaisers heisst es: stabit, dum terra polus- 
que, dum Romana dies, und where is it now? fragen wir: keine 
spur ist davon übrig, die da sagte: hier hat es gestanden, kein 
wort in einem schriftsteller, das da sagte: ich habe es gesehen. 


Es folge das epicedion in patrem suum. Die geschichte die- 
ses vaters, eines antiken philologen, dichters und priesterlichen leh- 
rers, macht das gedicht zu eiuem der lebeudsten überbleibsel aus 
dieser zeit des alterthums, Der text ist in arger weise verdorben. 
Ich hebe nur einiges hervor aus diesem walde von schwierigkeiten, 

Silv. 5, 3, 41: 

Hic ego te — nam Sicanii non mitius halat 

Aura croci, diles nec si tibi rara Sabaei 

Cinnama, odoratas nec Arabs decerpat aristas — 

Inserui (inferni Parm.) cum laude loci, sed carmine plango 
Pierio; sume et gemitus et vulnera nati 

Et lacrimas cet. 


Eine ausserordentlich schwierige stelle, wie Markland mit ge- 
wohnter schürfe zu voll herausgefühlt hat. Das hic, der in dieser 
fassung nur schwer zu erklürende zwischensatz mit nam, das in- 
serui ohne dativ, und endlich das unertrügliche sed. Markland 
schneidet deshalb, nach seiner weise nur an den genuss des lesers 
denkend, tief ein und emendirt: His ego te — insertum cum 


510 Statius. 


laude locis, te carmine plango Pierio. Ungemein treffend dem 
sinne nach; aber ganz behaglich kann man sich nicht dabei fühlen: 
dus ganze hängt freilich besser zusammen als vorher, aber lotterig 
ist's noch immer, und die veränderungen ohne alle stütze der hand- 
schriften sind denn doch gar zu willkürlich; ich meine nicht his 
— locis, wohl aber insertum und die erklärung der laus für lau- 
datio oder laudes, und endlich das tu; denn das s in sed möchte 
ich um keinen preis missen: dieses fehlende s allein schon macht 
mir das ganze in hohem grade verdächtig. Deshalb wollte ich 
zuerst huic ego te auf tumulo bezogen lesen und auf diese weise 
dem inserui helfen; aber auch dann wird der kundige dennoch 
immer wieder velit nolit auf Markland zurückkommen müssen; 
denn es ist immer noch nicht der eigentliche heerd der krankheit 
gefunden, und diese dann auf rationelle weise geheilt. Dieser 
heerd steckt in inserui. Parm, liest, wie ich aus Markland und 
Imhof lerne, inferni, uud das giebt das richtige: es ist interni als 
attribut zu loci. Ich erlaube mir auf der stelle meine version des 
passus zu geben und diese dann zu erklüren: 

Sic ego te — nam Sicanii non mitius halat 

Aura croci, dites nec sic tibi rara Sabaei 

Cinnama, odoratas nec Arabs decerpat aristas — 

Interni cum laude loci si carmine plango 

Pierio: sume et gemitus et vulnera nati 

Et lacrimas cet. 

Der vordersatz — Statius kommt vom epos her — geht bis 
hinter Pierio; von sume — parentes nachsatz. Ich schreibe sic 
für hic uls in bezug stehend zu dem vorhergehenden: drei monate 
war der dichter krank gewesen, jetzt endlich rafft er sich wenn 
auch noch leidend auf und gelehnt an das grab des vaters will er 
ihn besingen. Das wörtchen sic ist häufig durch hic, hoc, nec und 
et verdrängt worden und umgekehrt, wie wir sehen werden. Hier 
spricht nebenbei der reim dafür. Das nam mit dem zwischensatze 
ist dus ücht lateinisch ausdrucksvoll vorangehende lob in form eines 
grundes für die todtenklage aus dem herzeu des sohns, die mehr 
ist als’ aller weihrauch. Das zweite sic vor tibi rara Subaci ist 
alte nothwendige besserung für si oder wie ich glaube lesart; ohne 
dieses sic würde die vergleichung des wohlgeruchs mit der klage 
wegfallen. Der internus locus sind die iugera nostra, der eigene 


Statius. 511 


theure grund und boden, eine geweihete státte, wo er der gattin 
und dem sohne nahe ist; loci fordert auch bei Statius fast noth- 
wendig ein stützendes adjectiv. Die bedeutendste änderung si car- 
mine plango für sed carmine plango geht aus der epischen anlage 
des gedichts, also aus dem nachsatze sume einfaeh hervor. Bei- 
spiele dazu folgen gleich. Es tritt uns hier wieder das spiel der. 
alliteration, welches, durch mein sic für hic nur um ein und dazu 
nothwendiges glied verstärkt wird, in auffallender weise entgegen: 
sic Sicani sic Sabaci si sume, ebeuso aura Arabs aristas, laus 
loci, plango Pierio. 
Silv. 5, 3, 58: 

Ipse madens oculis, umbrarum animaeque sacerdos, 

Praeciuerem gemitum, cui te nec Cerberus omni 

Ore nec Orpheae quirent avertere leges, 

Atque habitus moresque tuos et facta canentem 

Fors et magniloquo non posthabuisset Homero, 

T'enderet et torvo pietas aequare Maroni. 


Queck hat mit recht Marklands praeciperem reditum mit der 
lesart der handschriften praecinerem gemitum vertauscht; er hätte es 
mit habitus nach atque eben so machen und vielleicht nur meque 
tibi für das handschriftliche atque tibi schreiben müssen; der grund : 
dafür liegt im deutlicher hervortretenden sinn und im zwingenden 
reim. „Die ganze stelle, so hatte ich vor den devreguı yoorıldes 
hinzugeschrieben, und ich möchte das auch jetzt wenigstens nicht un- 
terdrücken, krankt an einem schweren, aber glücklicher weise durch 
einen einzigen buchstaben zu beseitigenden fehler und zwar in fors: 
es muss sors heissen, und das bedeutet hier das priesteramt; auch 
möchte denn doch wohl statt des seltsamen torvo, mit welchem 
worte bei Statius misbrauch getrieben wird, tenero zu lesen sein. 
Der dichter sagt: ,einen tempel, einen altar móchte ich dir bauen, 
vater, versammelt um ihn die schaar der dichter; ich selbst als 
priester der schatten und deiner seele würde dich heraufbeschwören 
trotz des Cerberus, und mir dem sänger deines ruhmes würde das 
amt die hohen worte Homers, die kindliche liebe die rührenden 
tone Vergils leihen“. 


Jedenfulls beachte man zur würdigung des mir selbst zweifelhaften 
meque die vier o in oculis omni ore Orpheae, die vier ¢ in tibi 


512 Statius. 


tuos tenderet torvo (tenero), und nun sage ieh auch die vier m in 
me mores magniloquo Maroni. 
Silv. 5, 3, 69: 

Maior certe aliis superos et tartara pulsem 

Invidia, externis etiam miserabile visu 

Funus eat. Sed nec mihi se natura dolenti 

Nec pietas iniusta dedit; mihi limine primo 

Fatorum et viridi, genitor, ceu raptus ab aevo 

Tartara dura subis. Nec enim cet. 


Diese stelle von 69 — 74 und dadurch auch mittelbar der 
ganze passus von 64—79 ist noch von keinem ausleger zu voll 
verstanden worden, auch von Markland nicht, der den text, als ob 
er mit einem lyriker zu thun hätte, auf die ürgste weise zerhackt. 
Sie leidet an zwei buchstaben, an mangelhafter interpunction, und 
daran dass niemand das alii uud externi, so scheint es, zu er- 
klären gewusst hat. 

Otto Müller Quaest. Stat. p. 19 hat pulset statt pulsem con- 
jecturirt wegen des langen a in invidia, das mit dem daranstossen- 
den vocal nicht verschmolzen werden darf. Gewiss richtig, auch 
dem zwingenden sinne nach, wie sich zeigen wird; aber seine fol- 
geude erklärung: forsitan alii lamentationibus me superent, at 
abeant planctus palam editi vulgique misericordiam | excitantes ist 
falsch, noch schlimmer als das Marklandsche iilis. Ich will lieber 
die hauptstelle sogleich nach meiner version hinsetzen und das 
ganze im einzelnen und im zusammenhange erklären: 


Maior certe aliis superos et tartara pulset 
Invidia, externis etiam miserabile visu 
Funus eat; sed, nec mihi si natura dolenti 
Nec pietas iniusta dedit, mihi limite primo 
latorum cet. 


Die alii und externi (aliis heisst „für andere, für draussen 
stehende“ und etiam gehört nicht zu externis, sondern zu visu mi- 
serabile: die invidia der innere groll ist dem äusseren anblicke 
entgegengesetzt) sind ein und dasselbe: es sind die fremden, die 
nur das üussere ins auge fassen, nicht ins herz sehen kônnen und 
diese stehen dem mihi vor limite primo gegenüber. S. Theb 
7, 382: 


Statius, 518 


Urbem socia de gente subistis 
Tutari, quam non aliis populator ab oris 
Belliger ex ternave satus tellure, sed hostis 
Indigena assultat. 


r steht auch der hostis indigena den — sage ich kurz — 
is externisque gegenüber, wie an unsrer stelle dem ego die alii 
| externi. Der vordersatz des epikers geht bis eat; mit sed 
innt der nachsatz. Mit si für se geben wir nicht nur dem 
ze, sondern auch dem sinne, dessen ausdruck der satz ist, seine 
htige form, und beseitigen zugleich das se dedis iniusta, das 
ilich durch das Gronovsche beispiel grammatisch gesichert scheint. 
e dichter sagt von 64—79 kurz folgendes: die trauernde mutter, 
trauernde gattin erregen mehr mitleid; der fremde, draussen 
hende findet ihren schmerz gerechter, das begüngniss erschüt- 
ader; aber ich, der ich mein innigster vertrauter bin, weiss wohl, 
s weder natur (der genetrix gegenüber) noch pietüt (der coniux 
penüber) sich an mir vergangen, aber ich weiss auch, weshalb 
dich mehr betraure als alle diese: du bist mir wie ein jüng- 
x, du bist mir als innigster freund meiner jugend entrissen wor- 
. Und nun folgt das beispiel von der tochter, die sich um 
en vater den tod gegeben, und von der gattin, die einen andern 
iommen hat, 
Silv. 5, 3, 92: 

Quis labor Aonios seno pede ducere campos, 

Et quibus Arcadia carmen testudine mensis 

Cidaliben nomenque fuit, 


10 pale decere campos ist ein unmügliches, weil lücherliches 
I: es muss dicere heissen; also „in hexametern besingen“, 
nselben verstoss finden wir im ersten argument zur Thebais v. 6: 


Archemori sextus ludos ad funera ducit, 
Septimus obsessas "Thebas vatisque sepulcrum. 


hon vers 7 sagt uns, dass es dicil heissen muss. Im zweiten 
rument heisst es v. 3: Tertius Haemoniden canit uud v. 5: 
e Furiae — narrantur. 

An das Cidaliben nomenque fuit hat sich wohl ein jeder nur 
; schaudern gewagt. Die handschriften geben bekanntlich Cida- 
m, Cyda liben, cida liben, Cyda libem : Cyda labor ist eine 


Jhilologus XXXV. bd. 8. | 33 


514 Statius. 


conjectur des Domitius. Wer labor für die richtige überlieferung 
hält — und das vorangehende quis labor würde nicht dagegen, 
sondern dafür sprechen — der künnte die vermuthung von J. H. 
Withof, trotz der verzweifelten gesellschaft in der sie steht, nicht 
so von vorn herein spôttisch und vornehm abweisen: Pisa labor 
nomenque fuit : nomen bier als ,,rubm* aufgefasst. Denn so spricht 
Statius: Pisa ist für ihn die stätte des kämpfers, des bildners, des 
lyrikers: Oenomaus, Phidias, Pindar die reprüsentanten. Die sänger 
der epinikien stünden also für alle lyriker. Wer aber weiss, wie 
es mit labor steht, der muss freilich Cidaliben und consorten im 
auge fassen, Ich lese: 


Et quibus Arcadia carmen testudine mensum 
Idalie numenque fuit. 


Die Idalie, Acidalia, die Venus ist ihr carmen und numen, die erotiker, 
ein theil der lyriker für alle, vielleicht weil Statius’ vater amores oder 
fowrixà gedichtet hat; denn er war allen sätteln gerecht. Vers 96 
würde ich die alte lesart domos wiederherstellen . regum domus 
sind geschlechter der tyraunen; dolos schwächt das &y dia dwir 
ab; furias ist genug. So v. 105 mit Imhof sepultum (Vrai.): 
sepelire heisst hier: , verbrennen, versengen“. V. 110 möchte ich 
sehr gern mit Markland aque für atque trotz der handschriften 
lesen; aber ich will mich geru eines besseren belehren lassen. 
Silv. 5, 3, 126: 

Te de gente suum Latiis adscita colonis 

Graia refert Selle, Graius qua puppe magister 

Excidit et mediis miser evigilavit in undis; 

Maior at inde suum longo probat ordine vitae . ., 

Desunt nonnulla. 

Maeoniden aliaeque aliis natalibus urbes 

Diripiunt cunctaeque probant; non omnibus ille 

Verus, alit victos inmanis gloria falsi. 


Zu dieser stelle ruft Markland aus: sed quid fiet de sequentibus 
Maeoniden aliaeque aliis? De iis desperandum est, done 
inveniatur codex aliquis qui locum suppleat. Ich glaube nicht, dass 
die sache so schlimm steht. Lacuna, ingens lacuna, desunt non- 
nulla ist mir immer verdächtig; gewöhnlich ist diese lücke in de 
köpfen der ausleger und nicht im schriftsteller zu suchen, und de 


Statius. "515 


kreuze, welche man da. zu setzen pflegt, bedeuten den kirchhof, 
auf dem friedlich denken und gedanken der erklärer zu ruhen 
wünschen. Es ist die bequemste art sich aus der verlegenheit zu 
ziehen und bedeutet „ich verstehe die stelle nicht“, schon immer 
ein mit freude zu begrüssendes geständniss, denn es fordert zu 
eigner thütigkeit auf. Krank ist die stelle, aber nicht da wo 
desunt nonnulla steht, und Markland selbst ist es der die krankheit 
verdeckt hat durch sein Phrygius für Graius; denn an Groia und 
Graius liegt es, wenn maior schwierigkeiten bereitet; die mediis 
miser maior Maeonides warnen von vorn herein vor der annahme © 
einer lücke, Wie nun wenn wir statt Graia : parva lesen kónnten? 
Parva urbs Selle, dem dann die maior (urbs Parthenope) gleich 
darauf gegenüber stinde, da ja das Graia schon implicite in Latiis 
adscita colonis liegt? Aber das ist zu sehr gegen die handschrift! 
Gewiss sehr wahr! Sehen wir uns deshalb Graius näher an. 
Phrygius ist nicht schlechte, aber woblfeile conjectur, und wenn 
Grais stehen bleibt, so stimme ich für Graius (Graia und Graius 
stehen doch nicht umsonst beisammen) und sage, Statius habe die 
anrede laside Palinure beim Vergil missverstanden und ihn für 
einen nachkommen des argivers Jasius gehalten, wie ja bei ihm 
Theb. 1, 541 Adrastus Iasides heisst, und die Argiverinnen Th. 
2, 254 Iasides heissen. Das ist aber bei dem gelehrten, unendlich 
sorgfültigen, in diesem gedichte ich móchte fast sagen geleckten 
dichter nicht anzunehmen. In Graius steckt etwas anderes, und 
darauf führt uns eben das beiwort Iasides bei Vergil, dem unser 
Statius so gern nachahmt, versteckt nachahmt, den er in gelehr- 
samkeit zu überbieten sucht. 'S. Imhof. c. crit. p. 10. fasius oder 
Jasion, bruder des Dardanus, hat einen sohn Parius, der die stadt 
Parion in Mysien an der Propontis gründet, eine stadt welche auch 
von Paros aus gegründet sein soll. So nennt denn der dichter 
den Palinurus Parius, einen Parier mit dreifacher beziehung auf 
den Parius auf Parion und auf Paros: er nahm das wie er meinte 
poétischere gelehrte beiwort für das einfache vergilische. Sehen 
wir uns jetzt die stelle an und lesen: 
Parva refert Selle Parius qua puppe magister 
Excidit, 

so haben wir drei reime in p, dabei ist alles klar, sinnvoll, und 
da das illo te cive v. 110 und das parva refert Selle gar nicht 


33 * 


516 | . Statius. 


zweifeln lässt, auf wen sich maior bezieht, so fallt die lücke weg. 
Dass wir dann für aliaeque mit Gronov aliae quem lesen, ver- 
steht sich von selbst.  Freundliches lücheln muss es erwecken, 
wenn Markland mit ächt philologischer schlauheit zu dem alie 
quem sagt: infeliciter : nec enim Statius scripsisset aliae quem 
aliis, tam dura elisione, et perpetua carminum eius. suavitaté con- 
traria! Es passt ihm eben nicht in seinen kram! Jetzt hole id 
das wieder bervor, was ich bei meiner ersten behandlung diese 
stelle aufgeschrieben hatte: Statius stellt seinen vater germ mi 
Homer zusammen, so v. 114 f. und 159 f, unseres gedichts, un 
kennt nicht leicht ein maas in seinen lobsprüchen, wie er ja in 
bezug auf Lucau S. 2, 7, 34 sagt: 

Graio nobilior Melete Baetis. 

Baetin, Mantua, provocare noli. 
Der dichter sagt: „vor dem kleineren Sella trägt das grössere 
Neapel den preis davon mit seinem Homer (Statius’ vater) den wi 
Homer alle städte gern den andern entreissen, alle zu erweisen 
suchen; eine nur kann ihn wahrhaft den ihrigen nennen, aber md 
der schatten des ruhmes entschädigt die andern“. Kamenz, Leipzig 


Berlin, Hamburg und Wolfenbüttel streiten sich um Lessing; Que | 


linburg, Kopenhagen und Hamburg um Klopstock, Frankfurt uni . 
. Weimar um Göthe, Aber noch eine andere feinheit scheint mir à — 
diesem Homer aus Parthenope zu stecken. Homer soll als eim : 


art abnherr des Statius hingestellt werden; daher oben das ille h 
cive probabas Graiam aque Euboico maiorum sanguine duci. He 
mers vaterstadt soll nach einigen Kyme in Aeolis, nach ande 
Kyme iu Eubóa gewesen sein, eine der mutterstüdte von Cumi à 
Campanien, der gründerin Neapels; dieser sage folgten ohne frage 
die Neapolitaner. Homer also ahnherr des ültern Statius und se 
mit auch des jüngeren: der ältere hat mit Homer eine arbeit 


gemein den hexameter, eine abstammung Euböa, und einen re - 


von vielen städten beansprucht zu werden. Zum schlusse nec 


einmal: patriae pendet, geminae gente, parva Parius puppe, magi | 


ster mediis miser maior Maeonides, probat probant. Dazu komme | 


zuletzt die vielen bewunderungsvollen a und o, welche auf kunst : 


und art unseres guten harmlosen talentvollen aber grenzenlos eitea 


dichters ein streiflicht werfen. 
Silv. 5, 3, 152 lesen wir: 


Statius. 517 


volucrumque precator 
Obsitus (oblitus, obsonus) et tetricis Aleman cantatus Amyclis. 


dieser stelle des epicedions spielt der dichter auf die absicht- 
ste weise mit dem reim: quantus quantum . agrestes Ascraeus . 
tis senex . Alcman Amyclis . Stesichorus saltus Sappho . 
lcide chelys . latebras Lycophronis . par pedes passu . senos 
tis; es folgen auch auffallend viele -que hinter einander: quan- 
que . Siculusque . volucrumque . Stesichorusque . saltusque . 
que . latebrasque . Sophronaque . tenuisque . senosque, also 
ı an der zahl, so dass das et vor tetricis gradezu auffällt und 
üchtig wird; denn das letzte e£ vor nunquam v. 161 schliesst 
ganze befriedigend ab. Diese vielen que sollen die fülle des 
ens, das immer neue, das nie versiegende des lehrers andeuten, 
endlich zuletzt noch die gabe der dichtkunst den kranz auf- 
il Hievon gehe ich aus. Was heisst obsitus oder oblitus oder 
nus? denn Ibycus ist wohlfeile conjectur. Dass obsitus „alt“ 
sen sollte, also gleich obsitus aevo oder annis, möchte ich 
ius ohne noth nicht aufbürden; den Ibycus oblitus zu nennen, 
etwa ,geleckt oder schmuckvoll*, ist denn doch sehr sehr 
nklich in diesem zusammenhange; ich halte mich also an ob- 
s und an die bezeichnung des ortes woher er stammt wie bei 
aeus Siculusque senex und lese: 


volucrumque precator 
Ausonius tetricisque Aleman cantatus Amyclis. 


dreifache reim, das vermisste elfte que und die ungemein pas- 
e bezeichnung Ausonius nach der vaterstadt des Ibycus Rhe- 
i, das am mare Ausonium lag sprechen für die ünderung: 
nennt den nächsten örtlichen nachbar der stadt auf Sicilien: 
rum Ausonium . Au und o werden oft in den handschriften 
rechselt, wofür ich ein interessantes beispiel aus der 'Thebaide 
hren will, 1, 529 fl: 


Tunc rex longaevus Acesten 
Natarum haec altrix eadem et fidissima custos 
Lecta sacrum iustae Veneri occultare pudorem — 
Imperat acciri tacitaque immurmurat aure. 


schreibe: tacitoque immurmurat ore. „Er raunt ihr zu mit 
' stimme“, So braucht bekanntlich Ovid tacita voce und eben 


518 Statius. 


so immurmurare mit supplirtem dativ. Nebenbei befreien wir Sta- 
tius von einem argen sprachfehler. 
Silv. 5, 3, 154: 
Stesichorusque ferox saltusque ingressa viriles 
Non formidata temeraria Chalcide Sappho. 


Die Marklandschen conjecturen actusque egressa viriles und Leucade, 
welche in unsere ausgaben übergegangen sind, müssen beide als 
gleich falsch beseitigt werden, wenn auch die erstere sehr viel 
Schein hat; aber Stesichorus saltus Sappho widerlegt sie. Eben so 
ist Chalcide an seinem platze zu chelys. Sappho war so kühn 
selbst zu Chalcis sich auf den musischen wettkampf im liebesge- 
sange einzulassen. Paus. 9, 31, 3: ayovos dì xal rà "Egon 
«Fia où uovoux)c uovov adda xai aGPAytaig Tidévrec. 
Silv. 5, 3, 159: 
Tu par assuetus Homero 
Ferre iugum senosque pedes aequare solutis 
Versibus et nunquam passu breviore relinqui. 


Markland und Dübner, der den letzteren ausschreibt, geben selt- 
same erliuterungen. Statius sagt: „das erklären der dichter ist 
kleine arbeit; aber selbst dichter sein und mit Homer im hexa- 
meter wetteifern, das ist etwas und mehr als im klüglichen disti- 
chon arbeiten“. Was das letztere im tiefsten innern des dichters 
bedeutet, davon in einer andern schrift Die versus soluti sind 
hexameter wie soluti flores, die distichen sind versus serti oder nezi. 
Silv. 5, 3, 162: | 

Quid mirum, patria si te petiere relicta, 

Quos Lucanus ager, rigidi quos iugera Dauni, 

Quos Veneri plorata domüs neglectaque tellus 

Alcidae, vel quos cet. 


„Fällt es nicht auf, dass von Pompeji und Herculaneum, die doch 
damals zu des vaters probezeit in Neapel noch in voller blüthe 
standen und ihm gewiss schüler zugesandt haben, gar nicht die 
rede ist?“ Das hatte ich mir zu dieser stelle bemerkt, innerlich 
fest überzeugt, dass hier die beiden verschütteten stüdte gemeint 
seien. Barth, Markland, Weber, Dübner geben unmüglicbes: Lavi- 
nium und Bauli; nur Markland deutet von fern an, dass mit né 
glectaque tellus Alcidae Herculaneum gemeint sein könne. Dass ich 


Statius. 519 


das richtige vermuthet, zeigte sich mir aus Martial. 4, 44, einem 
gedichtchen, das ich der wichtigkeit der sache wegen ganz hersetze: 


Hic est pampineis viridis modo Vesvius umbris, 
Presserat hic madidos nobilis uva lacus. 
Haec iuga, quam Nysae colles plus Bacchus amavit, 
Hoc nuper Satyri monte dedere choros. 
Haec Veneris sedes, Lacedaemone gratior illi, 
Hic locus Herculeo numine clarus erat. 
Cuncta iacent flammis et tristi mersa favilla: 
Nec superi vellent hoc licuisse sibi. 
Also in Pompeji war ein hauptcultus der Venus, in Herculaneum 
des Hercules, für die ausgrabungen von interesse, jedenfalls ein 
beweis mehr, wenn es dessen bedürfte, dass der 1817 in Pompeji 
entdeckte peripteros der der Venus ist, und welche bedeutung er 
gehabt hat, er der einer gauzen stadt zur bezeichnung dient. Auf 
diesen peripteros machte mich Dr. Ferdinand Lüders aufmerksam. 


Silv. 5, 3, 209 ff.: 

Me quoque vocales lucos lustrataque "Fempe 

Pulsantem, quum stirpe sua descendere dixi, 

Admisere deae; nec enim mihi sidera tantum 

Aequoraque et terras, quam vos debere parenti. 

Sic decus hoc quodcumque lyrae primusque dedisti 

Non vulgare loqui. 
Weber erklärt das nec enim mihi sidera cet. durch: neque mihi 
tantum, tam magnum est, parentis beneficio frui adspectu siderum 
rel. quam quod commercium cum vobis ab eo mihi quasi sanguine 
traditum est. Text und erklirung sind so geschraubt und ge- 
zwungen wie müglich. Die par. handschr. lesen als ob sie von 
einem vetter des codex Pogg. abstammten: quatu ostëdere pa- 
renti, und hierin steckt der wahre text. Es muss heissen: 

nec enim tibi sidera tantum 

Aequoraque et terras, quantum os debere parenti. 

Sic decus hoc cet. | 
,Denn dir dem vater verdanke. ich eben so sehr das leben als 
und vor allem die dichtergabe*. 

Für das Marklandsche tw ist natürlich das sic der hand- 

schriften wiederherzustellen (d. h. so ist es, ja du). Dieses os 


520 Statius. 


heisst dann: decus hoc quodcumque lyrae primusque dedisti nen oul- 
gare loqui. 
Silv. 5, 3, 219: 

Quam tuus ille dies, quam non mihi gloria maior! 

Talis Olympiaca iuvenem quum spectat arena 

Qui genuit, plus ipse ferit, plus corde sub alto 

Caeditur; attendunt cunei, spectatur Achates 

Ille magis, crebro dum lumina pulveris haustu 

Obruit et prensa vovet expirare corona. 


Quam tuus cet. heisst bei Queck noch: qualis et ille dies qua non 
mihi gloria maior, ein vers, der in dieser fassung unbedingt bitte 
zu den todten geworfen werden müssen als sprache, sinn, zusam- 
menhang gleich sehr beleidigend; durch Imhof ist er eine sierde 
geworden Ob ich sonst Imhof ganz verstehe, kann ich nicht 
sagen; aber wegen des gleich folgenden schwierigen passus muss 
ich mich aussprechen. Achates halte ich fest: es ist ein alter 
ehrwürdiger begleiter gleichviel ob vater oder oheim oder erzieher. 
Achaeis scheint mir eine abschwüchung zu sein. Schon die eris- 
nerung an einen namen beim Vergil gewann dem dichter die her- 
zen, Ipse geht auf den jüngling. Der dichter sagt: „wenn ich 
stritt, warst du wie ein vater zu Olympia, der den sohn kämpfen 
sieht; der anblick des vaters leiht dem sohne kraft und ehrgefühl; 
alles schaut zu, hat aber mehr auge für den alten Achates, und der 
wünscht weinend gewinnt er den kranz zu sterben“. Der sohn, 
der dem vater alles verdankt, wie ich dir, wird ihm den kram 
aufsetzen. V. 228: si per me seria tulisses. Es sind vüter za 
Olympia vor freude gestorben, 
Silv. 5, 3, 231: 
Nam quod me mixta quercus non pressit oliva, 
Et fugit speratus honos, qua (cum: margo Par.) dule 
parentis 

Invida Tarpeii caneret — te nostra cet. 
Die lesarten zu dieser schwierigen stelle bei Emil Grosse p. 8. 
Ich bilde mir nicht ein la difficulté vaincue proclamiren zu könnes, 
müchte aber doch anfübren, wie ich die stelle zu verstehen glaube. 
Grosse macht folgende angaben: 231. Nam libri olimque inpressi; 
Heu Marklandus. 232. cum dulce margo P., qua dulce libri olim- 


Statius. 521 


que inpressi; cum lustra Marklandus. 253. tarpei carperet R., 
tarpei caperes B. S., tarpei caperet Neapolitanus, ed. Parm., tarpei 
caneret L. P. ed. Rom; tarpei raperes ed. pr. canerem Gronovius. 
Ich lese mich Gronov und Markland anschliessend: 


cum dulce parentis 
Invida 'Tarpeii canerem — 


Marklands heu für nam zerreisst siun und zusammenhang. Es ist 
eine der dem improvisator eigenen .ausdrucksvollen aposiopesen; 
wir müssen uns hinzudenken capitolia und dann: „daran war dein 
tod schuld. Unter deinen augen hätte ich gesiegt; denn du hast 
mir zu allem geholfen, zum hóchsten ruhm; ohne dich bin ich ein 
spiel der wogen“. So heisst denn die ganze eng zusammenhüngende 
stelle von 209—238 ganz kurz dem sinne nach dies: ,du vater, 
bast mir alles gegeben, leben und dichtermund, ruhm und sieg. 
Unter deinen augen war ich ein anderer. Hättest du verjüngt 
durch den albanischen ólzweig dem wettstreite auf dem capitol 
zugesehen, so wäre mir der eichenkranz nicht entgangen! Ohne 
dich bin ich nur ein führerleses vor dem winde treibendes fahrzeug*. 


Silv. 5, 3, 250: 


His tibi pro meritis famam laudesque benignas 
Index (iudex, vindex) cura deum nulloque e vuluere tristem. 
Concessit . Raperis, genitor, non indigus aevi cet. 


Das verhältniss zum sohne und zur gattin führt auf deren schmerz 
bei seinem tode, einen schmerz der natürlich war bei dem edlen 
und liebenswürdigen charakter des verstorbenen. „Dafür haben 
die gótter dir, fährt der dichter fort, ein freundliches ende und 
einen freundlichen nachruf gegönnt“. Die fama ist schon in den 
laudes dem nachrufe und der nachrede nach dem tode enthalten ; 
famam muss finem heissen, denn darauf bezieht sich das nulloque 
e vulnere tristem der handschriften. „Dein ende war ohne seelen- 
schmerz; denn du hinterliessest weib und sohn am leben“. Die 
pariser haben vinder cura deum (vindex bonorum, iniuriae) „die 
schützende sorge der götter“, und dieses vindex ist denn doch wohl 
das ursprüngliche; es klingt auch mit vulnere zusammen. Liest 
man jetzt auch das folgende: Raperis, genitor, non indigus aevi, 
non nimius u. S. W., so wird man sich von der nothwendigkeit 
des finem überzeugen. Ich lese also: 


522 Statius. 


His tibi pro meritis finem laudesque benignas 

Vindex cura deum nulloque e vulnere tristem cet. 
Silv. 5, 3, 271: 

Si chelyn Odrysiam pigro transmisit Averno 

Causa minor, si Thessalicis Admetus in oris 

Silva una tetra Phylaceida rettulit umbram, 

Cur nihil exoret, genitor, cet. 


Markland verbessert auf Gronov gestützt ungemein scharfsinnig 
aber auch ungemein unwahrscheinlich: 

Si Thessalicas Admeton ad oras, 

Si coniux retro Phylaceida rettulit umbram, 
so dass Admet von der Alcestis, Protesilaus von der Laodamia der 
unterwelt entrückt wird. Aber die rettung der Alcestis selbst ist 
doch das allgemein bekannte, von Euripides behandelte; dass sie 
den Admet durch ihr opfer der unterwelt vorenthalten, kann hier 
an unsrer stelle nicht in betracht kommen, sondern nur ihre rück- 
kehr von den todten, vom grabe, vom cippus selbst; dann kann 
aber auch die Phylaceis umbra sehr wohl auf die tochter des Pe- 
lias gehen als allgemeines beiwort des landes und dieser verwi- 
ckelten familienkreise, und endlich ist die abweichung vom über- 
lieferten denn doch zu gross und unwahrscheinlich als dass ein 
bürger des neunzehnten jahrhunderts noch daran glauben könnte, 
Gehen wir also von silva una tetra aus und setzen als das ur- 
sprüngliche: 

si Thessalicis Admetus in oris 
Salvam urna tetra Phylaceida rettulit umbram. 


Silv. 5, 3, 288 f.: 
Inde tamen venias melior, qua porta malignum 
Cornea vincit ebur cet. 
Das komma nach melior muss getilgt und nach venias gesetzt 
werden wie schon bei Gronov und Barth. Die porta cornea steht 
dem ebur d. h. der porta eburnea gegenüber, melior dem malignum. 
Gehen wir auf das Epicedion in puerum suum über. 
Silv. 5, 5, 5: 
quae vestra, sorores, 
Orgia, Pieriae, quas incestavimus aras? 
Dicite, post poenam liceat commissa fateri. 


Statius. 523 


Numquid inaccesso posui vestigia luco? cel.” 


Der schwer getroffene dichter hat nichts zu bekennen; er will 
den grund seiner strafe wissen: „ihr habt mich gestraft; jetzt 
" nach der strafe sagt, was ich begangen habe? Das ist eine billige 
forderung. Habe ich u. s. w.* Statt fateri muss es doceri 
heissen. 
Silv. 5, 5, 13: 
Huc patres et aperto pectore matres 
Conveniant, cineresque oculis et carmina ferte, 
Si qua cet. 


Markland bessert: crinesque rogis et munera ferte, was wegen der 
drei c nicht zu dulden ist; aber schon der alte Barth bemerkt mit 
recht: ineptissimus et spurio omni magis spurius versus. Durch 
diese geschmacklose reminiscenzenzusammenstellung wird zusammen- 
hang und schönheit der rede gestört: die patres et aperto pectore 
matres werden ausdrucksvoll durch si qua und quisquis mit den 
prüdicaten adsit und fatiscat specialisirt. 
Silv. 5, 5, 24: 

Hoc quoque dum in *** ter dena luce peracta 

Acclinis tumulo luctus in carmina verto, 

Discordesque modos et singultantia verba 

Molior . Orsa * * * * est atque ira tacendi 

Impatiens . Sed nec cet. 


Diese beiden lücken sind bisher nicht geschickt ausgefüllt worden. 
Hoc quoque dum nitor oder meditor: wo fängt da der nachsatz 
an? Das dum bezieht sich ohne frage auf verto und mit verto 
schliesst der vordersatz. „Selbst jetzt, sagt der dichter, nach lan- 
gen dreissig tagen stehen mir nur abgerissene misstónende weisen 
zu gebote. Begonnen habe ich freilich, aber u. s. w.*. Die schwie- 
rigkeit liegt in hoc, welches wie so oft das sic verdrüngt hat; 
in dem in..ter oder auch inier liegt ein eiufaches adverbium, näm- 
lich das bei Statius mehr als ein dutzendmal vorkommende interea 
zu dem (fer) dena luce peracta verborgen. Ich lese deshalb: 


Sic quoque dum interea ter dena luce peracta 

Acclinis tumulo luctus in carmina verto cet. 
Die füllung der zweiten lücke ist leichter und für den kenner des 
gedankenkreises und ausdrucks unseres dichters auch schlagender. 


524 i Statius. 


Die muthmassung des Domitius: orsa dolor prohibet atque ira ta- 
cendi impatiens ist durch den fehler gegen die quantitát und durch 
einfachen nonsense unmöglich. Zu orsa gehört wegen des folgen- 
den sed ein quidem, und zu iro — mich müsste alles täuschen ' 
wenn nicht — invidia: die invidia und ira leihen die worte. Also: 
Orsa quidem invidia est atque ira tacendi 
Impatiens; sed nec solitae cet. 
Silv. 5, 5, 46: 
Nimirum nunc vestra domus ego funera moestus 
Increpitans, nunc damna dolens aliena, repono 
Infelix lacrimas et tristia carmina servo (serva). 
Verum erat; absumptae vires et copia fandi 
Nulla mihi, dignumque nihil mens flumine tanto 
Repperit; inferior vox omnis, et omnia sordent 
Verba . Ignosce, puer, tu me caligine moestum 
Obruis ah! dira. Viso sic vulnere carae 
Coniugis, invenit caneret quod 'Thracius Orpheus 
Dulce sibi; sic busta Lini complexus Apollo 
Non tacuit. 
In dieser fassung kann man den ganzen passus nur ganz im all. 
gemeinen verstehen. Man staunt, dass sich namentlich der unsinn 
der vier letzten verse trotz Gronovs versuchen zu heilen noch mehr 
als zwei jahrhunderte hat halten können, und Marklands sophiste- 
reien sind geradezu unbegreiflich. Sonst möchte ich noch einmal 
darauf hinweisen, dass Statius vom epos herkommt, und dass man 
ibn nicht in lyrisch abgerissene sütze zerhacken darf: das einzelne, 
nur im grossen zusammenhange zu voll verstündlich, hängt auch 
üusserlich eng an einander. Um über diesen einzigen passus nicht 
eine bibel zu schreiben, will ich hier gleich meine fassung der 
stelle geben. 
Nimirum cum vestra domus ego funera moestus 
Increpitans, cum damna dolens aliena repono 
Infelix lacrimas et tristia carmine servo: 
Verum erat — absumptae vires et copia fandi 
Nulla mihi, dignumque nihil mens fulmine tanto 
Repperit: inferior vox omnis et omnia sordent 
Verba . Ignosce, puer, tu me caligine moestum 
Obruis ah! dira. Viso nec vulnere carae 


Statius, $25 
Coniugis, invenit caneret quod Thracius Orpheus 
Dulce sibi; nec busta Lini complexus Apollo 
Non tacuit, | 
' Die verse von nimirum bis servo sind vordersatz, deshalb hinter 
servo ein kolon und hinter verum erat einen strich. Was will der 
dichter sagen? „Während ich euern verlust beklage, während ich 
fremde thränen trockue, habe ich — so war’s natürlich, so in 
wirklichkeit — meine kräfte erschöpft; jetzt, wo mich selbst ver- 
lust trifft, weiss ich das heilende wort nicht zu finden. Verzeihe, 
geliebter, mein stammeln; auch Orpheus verstummte, auch Apollo 
schwieg als er den leichnam (busta) des Linus in armen hielt“, 
Aber was heisst lacrimas reponere? Es bedeutet dasselbe was 
in dem tristia carmina servo steckt; denn serva ist nicht zu er- 
klären: es als „obligatorisch“ aufzufassen, möchte denn doch zu 
gewagt sein und nothwendig die änderung von lacrimas in lacri- 
mans fordern, also weg damit! — in tristia carmina servo steckt 
tristia carmine servo; aber tristia carmine servare ist dasselbe 
was lacrimas reponere die thränen, die klagen in gedichten nieder- 
legen, bestatten, den todten in den liedern ein zweites sepulcrum 
schaffen. Es gehört das zum gefühlskreise des dichters und seiner 
zeit; er nennt das sonst condere. S. Silv, 5, 1, 15: 
(Nos tibi) Temptamus dare iusta lyra; 
. Haud alio melius condere sepulcro. 
Silv. 3, 3, 215: — | 
Nostra quoque exemplo meritus tibi carmina sauxit, 
Hoc etiam gaudens einerem doriasse sepuléro. 
Dass ich für sic — sic die von Gronov gesuchte aber nicht ge- 
fundene lósung: nec — nec geschrieben habe, brauche ich wohl 
nicht zu vertheidigen. | | 
Silv. 5, 5, 79: 
Reptantemque solo demissus ad oscula dextra 
Erexi, blandoque sinu iam iamque natantes 
Excepisse genas dulcesque accersere somnos. 
Ich mache auf die neun perfecta aufmerksam, die auf einander 
folgen von dilexi v. 69 an, uud müchte ihnen noch ein zehntes 
hinzufügen, welches in dem unverstündlichen blandoque sinu steckt, 
nümlich pandique sinus: der eigenthümliche gebrauch des fol- 


526 Statius, 


genden infinitivs mag zuerst diese störung veranlasst haben. Statt 
firique mihi möchte ich gern finzique mihi lesen nach Silv. 5, 
3, 191 iuvenilia fingere corda; aber diese ganze stelle scheint mir 
uoch etwas unklar zu sein. 

Silv. 1. Ad Stellam. 

In fine sunt Kalendae Decembres, quibus «tique creditur: 
noctem enim illam felicissimam habent et coluptatibus | publicis 
inexpertam. 

Es muss heissen: festem enim illae felicissimam habent cet. 
Der dichter hat zeugen für das schnelle entstehen der andern ge 
dichte angeführt. Nun sagt er: ,,dass ich dieses gedicht in der 
laune des augenblicks geschaffen, davon giebt es keinen bessern 
zeugen als das herrliche fest selbst“. Denn vielleicht noch kei 
tafel, jedenfalls schon am andern tage hatte der dichter es dem 
kaiser und den senatoren vorgelesen. Die glosse noctem hat das 
erklürte wort verdrüngt, und dies danu das illae in die verderbniss 
illam hineingezogen. 

Silv. 1, 2, 74: 

Hunc egomet tota quondam —- tibi dulce — pharetra 
Improbus et densa trepidantem cuspide fixi. 


Densa cuspide würde nur eine müssige wiederholung von tote 
pharetra sein; es steht hier aber im gegensatze zu summa leviter 
lampade parcentes et inerti sirinximus arcu, von dem die Vio- 
lentilla getroffen wird. Es muss tensa heissen. Silv.2, 3, 27 £ 
— tensa cuspide im gegensatze zu inerti arcu ist so viel wie 
tenso arcu. Silv. 3, 1, 51. 
Wir lesen also: 
et tensa trepidantem cuspide fixi. 
Ich mache auf tota tibi tensa trepidantem aufmerksam. 
Silv. 1, 3, 72: 
Huc illuc fragili prosternit pectora musco. 
Dieses fragilis als beiwort zu muscus ist mir sehr verdüchtig; 
sich dann unter zerbrechlichen sachen huc illuc prosternere noch 
verdächtiger ; ich lese deshalb: facili. S. Theb. 4, 787: 
nunc faciles sternit procursibus herbas. 
Silv. 1, 5, 41: 
non lumina cessant, 


Statius. 527 


Effulgent camerae, vario fastigia vitro 
In species animosque nitent cet. 
Ich lese: in species animasque nitent. ,,Die fenster erhellen 
den von beseelten bildern geschmückten boden“. Es ist so viel 
wie in species animatas s. Silv. 5, 1, 2 aurum animare figuris. 
Silv. 1, 6, 5: 
Et multo gravidus mero December 
Et ridens iocus et sales protervi 
Adsint, dum refero diem beatam 
Laeti Caesaris ebriamque partem. 


Die lesart partem ist viel angefochten worden; aber partem ist 
das allein richtige. Pars. heisst die hälfte. Pars animae victura 
meae, Silv. 5, 1, 77. 3, 2, 7. Pars tori ist die gattin oder der 
gatte, und „die schönere hälfte des tages“ ist nach dem dichter die 
nacht; die trunkene hälfte des tages hier ganz dasselbe. Mark- 
land hat das richtige gefühlt, als er fälschlich noctem hineinbesserte, 


Silv. 2, 5, 23: 
Firmat hians oculos animamque hostemque requirit. 


animumque ist eine unglückliche conjectur Marklands für das alte 
gute animamque Der animus, der alte lówenmuth liegt schon 
in hostem requirit ; aber hier heisst es: der löwe schnappt ster- 
bend nach athem (hiat) und sucht den feind. "Theb. 5, 595: 


animaeque fugam per membra tepentem 
Quaerit hians. 


Silv. 3, 1, 116; 
Dixit mentemque reliquit. 


Recht üble conjectur, die auch in unsere ausgaben übergegangen, 
ist: montemqne reliquit. Der tempel des Hercules lag am ufer; 
es ist hier kein mons vorhanden, und es heisst ja vorher v. 89: 
dilectaque Polli corda subit. Bei diesem mentem relinquere sei 
der vortrefflichen besserung Bentleys gedacht Theb. 1, 72, der 
für das sinnlose miseraque oculos in maire reliqui das allein rich- 
tige in menie reliqui hergestellt und dadurch Statius von einem 
widerlichen flecken befreit und um eine zierde bereichert hat. 
Wie viele federn hatte dieses in maire in bewegung gesetzt! 
Silv. 3, 2, 30: 


528 Statius. 


Sint quibus exploret rupes gravis arte molorthus. 


Die handschriften lesen molorchus, molorthus, molucrum, woraus 
dann molybdis oder molybdus conjecturirt ist. Aber wie ist man 
auf Molorchus, den alten freund des Hercules, wie überhaupt saf 
einen helfenden mann gekommen, da doch sonst alles den Nereideu 
anvertraut wird? Durch das wort arte: wir müssen es in aere 
verwandeln und lesen: 
gravis aere molorthus (oder molybdus ?). 
Silv. 3, 3, 66: 

Aula tibi vixdum ora nova mutante iuventa 

Panditur . Hic annis multa super indole victis 

Libertas oblata venit. 


Das super ist unverständlich in diesem zusammenhange und ebenso 
das kahl dastehende annis. Liest man his annis, so ist alles 
deutlich. „Diesen jungen jahren (bei Tiberius eine grosse em- 
pfehlung), die dein geist dabei weit überstrahlte, ward die freiheit 
zum geschenk!“ Zugleich liegt darin die andeutung: „du bist nicht 
lange knecht gewesen, schon in früher jugend frei geworden, ds- 
her mit der frühen libertas die liberalitas", 


Silv. 8, 3, 95 £.: 
uni parent commissa magistro, 

Quae Boreas, quaeque Eurus atrox, quae nubilus Auster 

Invehit . Hibernos citius numeraveris imbres 

Silvarumque comas . Vigil ite animique sagacis 

Exitus evolvit, quantum Romana cet. 
Dieses vigil ite der handschriften ist ohne sinn, und nicht viel bes- 
ser ist das vigil iste der conjectur; denn eine solche personification 
des exitus — und was würde es in diesem zusammenhange heissen t — 
hätte sich Statius nicht erlaubt, so kühn und setzen wir hinzu ücht 
dichterisch er sonst das todte zu beleben weiss. Ich will ohne 
mich auf die bekannten nach meiner meinung missglückten ver- 
suche die stelle zu erklären einzulassen kurz meine ansicht ar 
führen. Die handschriften geben also vigil ite; ich schreibe: vigil 
ipse animique sagacis und ziehe es zu numeraveris, tilge das 
punctum vor vigil und setze es hinter sagacis. „Wenn du auch 
noch so scharf und wachsam wärest, eher könntest du die tropfes 
des regens und die blätter der biume zählen“. Dann erklärt sich 


Statius. 529 


auch das exitus evolvit. Er hat die reditus oder wenn ich so 
sagen dürfte den introitus opum geschildert, die fluth, welche den 
strom der einkünfte in die hauptstadt führt; jetzt schildert er den 
exitus, um im bilde zu bleiben die ebbe, das was wieder aus- 
mündet, den gegensatz der reditus: die ausgaben, die magni im- 
pendia mundi. Ich lese also: 
Hibernos citius numeraveris imbres 
Silvarumque comas vigil ipse animique sagacis. 
Exitus evolvit, quantum cet. 
Silv. 3, 3, 140: 
(illum) Laetus Idumaei donavit honore triumphi, 
Dignatusque loco victricis et ordine pompae 
Non vetuit, tenuesque nihil minuere parentes. 
Dignatus — non vetuit? er würdigt ibn der theilnalme am 
triumphzuge und weist ihn nicht zurück? Es muss dignatum 
heissen. Andere, welche die verdienste des alten finanzmannes 
kannten — er hatte wahrscheinlich dem Sabinus gelder vorge- 
streckt und dann zum kriege in Judäa geholfen, gewiss wollte 
man ihn warm halten — hatten ibn vorgeschlagen; wenn man : 
jemanden braucht, ist er ein vornehmer mann. 

Silv. 4, 4, 20: 

Quid, tuus ante omnes, tua cura potissima Gallus, 
Nec non noster amor — dubium morumne probandus 
Ingeniive bonis — Latiis aestivat in oris? 

Dieses dubium morumne probandus ingeniive bonis ist, wenn 
überhaupt eins, so ein sehr zweifelhaftes lob: „es ist zweifelhaft, 
ob er von seiten seines charakters oder seines geistes zu loben 
ist, Wir konnen deshalb nur zweierlei setzen, entweder: dubium 
morumne probandus ingeniine bonis d. h. magis probandus ,,es ist 
zweifelhaft, ob er mehr seines charakters oder seines geistes 
wegen zu loben ist“, oder dubium morumne probandis ingeniine 
bonis, und dieses letztere ist das richtige: es soll ja der grund 
angegeben werden, weshalb Gallus die cura potissima des Mar- 
‘cellus, der amor des dichters ist, und es muss daher gelesen werden: 

Nec non noster amor — dubium morumne probandis 
Ingeniine bonis. 
„Man weiss nicht, soll man ihn mehr seines charakters oder seines 
geistes wegen schätzen“. 
Philologus. XXXV. bd. 8. 34 


532 Statius. 


passender ausdruck — und die mannschaft umherschlendert, dass 
ihr die ruder leer gegen die brust fahren. Es muss statt puppem 
heissen: pubem. 
Theb. 7, 238 f.: 
subeunt campo qui proximus urbi 
Damnatus bellis patet expectatque furores. 
Ich lese belli und beziehe es auf damnatus und furores. 


Theb. 7, 316: 
Tunc pater, abruptis quum torrentissimus exit 
Pontibus, aut natae tumidus quum virginis ultor 
Flumina concussit generum indignata Tonantem. 
In concussit steckt ein fehler. Beim raube der tochter schwoll 
der fluss wie rasend an und wagte den kampf gegen den donnerer, 
aber der traf ihn mit dem blitz; vs. 324: 
Donec vi tonitrus submotus et igne trisulco 
Cessit . Adhuc ripis animosus gurges anhelis 
Fulmineum cinerem magnaeque insignia poenae 
Gaudet et Aetnaeos in coelum efflare vapores. 
Es muss combussit heissen. 
Theb. 9, 759: 
hunc virides non excipietis Amyclae. 
Es ist von einem Böoter die rede; daher setze ich: Erythrae. 


Theb. 10, 756: 
At pius electa murorum in parte Menoeceus cet. 
Ich lese: erecta. V. 760: 
Despexitque acies hominum. 
Theb. 12, 214: 
Et nunc me duram, si quis tibi sensus, ad umbras 
Me tardam quereris Stygiis, fidissime, divis. 
Das komma nach sensus muss fort und hinter umbras stehes. 
Solche bei den alten ganz stereotype wendungen, in bezug auf 
fortdauer und bleibendes bewusstsein der seele erinnern an Tw. 
Agric. 46: si, ut sapientibus placet, non cum corpore eztinguunter 
magnae animae. 
Achill. 2, 1: 
lamque per Aegueos ibat Laertia fluctus 
Puppis, et innumerae mutabant Cycladas aurae. 


Statius. 533 


Das unmógliche innumerae muss innumeras heissen zu Cycladas. 
Theb. 5, 64: 
florebat dives alumnis 
Terra, nec illa Samo fama Delove sonanti 
Peior et innumeris quas spumifer assilit Aegon. 


Ib. 181: sed illis 
Et Paros et nemorosa Thasos crebraeque reluceat 
Cyclades. 


Achill. 2, 3: 
iam raditur alta 
Lemnos, et a tergo descrescit Bacchica Naxos 
Ante oculos crescente Samo; iam Delos cet. 


Offenbar stellt sich Statius der sonst so gelebrte dichter vor, 
Lemnos liege in der nähe von Paros und Naxos; denn denselben 
irrthum begeht er auch Ach. 1, 204. Interessant ist das factum 
auch deshalb, weil es darauf hinweist, dass der dichter doch wohl 
nur theoretische studien nach dem schiffscatalog angestellt hat ohne 
selbst Itälien zu verlassen und mit eigenen augen zu sehen.. Es 
gewährt uns das auch eine gewisse einsicht in seine vermögens- 
verhältnisse, 

Eine zweite abhandlung wird neben ähnlichen versuchen das 
eigenthümliche verbältniss zwischen Statius und Martial in ein hel- 
leres licht zu setzen suchen. 

Hamburg. Heinrich Köstlin. 


——————À——— mm + -— 


Hesiod. Scut. Herc. 243 


haben die handschriften ohne variante: uf dì yuvaixeg tidurtwv 
dni nvoywr Xalxeov o& Bowv xara d' Édguarorro monas, 
Zuwÿos Ixelos, Foya. xAvrov Houtorovo : dass yalxeoy aber neben 
ö&v wie wegen yuvaixes unmöglich sei, hat schon Spitzu. de vers, 
her. p. 99 richtig gesehen, auch richtig XaAxeae emendirt, für das 
also von Köchly nicht Paley anzufübren war: nämlich yadxeae 
verlangt Cwijow TxeAuı und der styl des gedichts, denn das metall 
wird stets zum subject gesetzt, v. 212. 222. 224 u. s. w.: andrer 
art ist 219 sq.: bei zugywv wäre yadxéwy also ganz unpassend. 
Demnach enthält die lange note von Ranke sehr viel unrichtiges 


und unnóthiges. 
Ernst von Leutsch. 


ll. JAHRESBERICHTE. 


29». Quintilianus. 


(S. Philol. XXXIV, p. 740). 


7. Karl Halm, Zur kritik des Quintilianus. Rheinische 
museum 1867, XXII, p. 37—61 enthält eine sehr eingehende be- 
sprechung der oben erwähnten Quaestt. Quintilianeae des referenten, 
besonders der stellen aus dem fünften buche. Dieses hatte nämlich 
Helm, als obiges programm erschien, vollstándig ausgearbeitet und 
fand nun, dass ref. in sehr vielen fallen zu gleichem resultat wie 
er gekommen, an einigen stellen sogar dieselben conjecturen auf- 
gestellt hatte, an andern ist er abweichender meinung , besonders 
tadelt er es, dass ref. die untersuchung der schützung der codd. 
nicht weiter gefübrt habe, ohne zu bedenken, dass dies schon deshalb, 
weil er den Bambergensis nicht einsebn konnte (der sich in Halms 
händen befand), ein ding der unmöglichkeit war. Nach einer ge 
drängten wiederholung dessen, was er über die handschriftenfamilien 
in den sitzungsberichten der k. b. akademie 1866, p. 494 ff. ge- 
sagt hat, zühlt er zuerst p. 40 diejenigen conjecturen des ref. mit 
denen er selbst einverstanden ist, auf, dann bespricht er eine grosse 
zahl von stellen, an denen er abweichender meinung ist, oder — 
soll ich sagen — damals war, denn zu unsrer nicht geringen 
überraschung hat er vieles, was er an dieser stelle zum theil mit 
vielen gründen und heftig bekämpft, in seiner ausgabe gebilligt 
und aufgenommen. V, prooem. 1 verwirft er misericordia gratis 
similibusque — in seiner ausgabe steht es; V, 6, 3 ergänzt er 
so: qui non recipiet condicionem [et iniquam esse condicionem] 4 
a multis contemni iuris iurandi metum dicit — in seiner ausgabe 
steht: qui non recipiet, et iniquam condicionem et a etc.; 10, 64 


Jahresberichte. 535 


widerlegt er mit triftigen griinden die von dem ref. aufgestellte 
vermuthung und hält auch an credamus, wie bei Julius Victor 
steht, fest, nimmt es jedoch in seiner ausgabe zuriick; 10, 90 
verwirft er die conjectur des ref. et vor ex pluribus, nimmt es 
aber, als lesart des Ambr. I in seiner ausgabe auf, ohne zu er- 
wähnen, dass ref., schon so vermuthet hat; 10, 84 tadelt er 
den ref. weil er ,,den vielbestrittenen vers nach der denkbar 
schlechtesten lesart bei Bonnell: et Philocteta Paridi: si impar 
esses libi, ego nunc non essem miser anführt mit der bemerkung: 
haec verba nondum sanata esse videntur. Was soll eine solche 
bemerkung in einem programme? oder dachte sich H. Meister so 
beschränkte leser, dass welche in einem so  missgestalteten 
verse eine sana lectio erkennen möchten?“ Und was soll man 
dazu sagen „die denkbar schlechteste lesart bei Bonnell“ hat in 
seiner ausgabe aufnahme gefunden, der „so missgestaltete vers“ gilt 
ihm jetzt als sana lectio!“ Ref. glaubte zuerst, dass hier ein ver- 
sehn vorliegen müsse, dass diese „denkbar schlechteste lesart* durch 
ein versehn in den neuen text gerathen sei, doch da sich in den 
nachtrigen kein anhaltepunkt dafür findet, so wird man wohl an- 
nehmen müssen, dass vielmehr obiges maassloses urtheil auf einem 
gründlichen irrthum beruht — 10, 94 verwirft Halm die ganz noth- 
wendige correctur des ref. incremento statt incrementis, aber 
in seiner ausgabe nimmt er es auf, jedoch ohne die angabe dass 
es conjectur ist. Von p. 56 an bespricht der verf. noch meh- 
rere stellen des fünften buches, die ref. in seinem programm 
übergangen hat; das meiste findet sich in seiner ausgabe, anderes 
hat er später wieder mit recht verworfen, so 10, 36 finitiones, 
10, 52 idque (ohne tum), ferner sed telo oportuisse nach occidere, 
ferner coniecturas quoque (ohne tum ad); 13, 34 commune plu- 
ribus; 13, 36 die mit reserve vorgeschlagne tief einschneidende 
veründerung; 13, 43 die streichung der angeblichen interpolation 
der geringeren handschriften optime respondendi nach tanta siv 
esset; 14, 1 die streichung der worte rationem ct. Daran schliessen 
sich einige bemerkungen des ref. welche durch diese recension her- 
vorgerufen sind: 

8. Ferdinand Meister, Zu Quintilianus, in demselben 
jahrg. des Rhein. museums p. 460 — 462. Daraus mögen fol- 
gende verbesserungsvorschlige hervorgehoben werden: V, 12, 5 
Ita quae non possunt valere 12, 16 quid pro potente 
amico 10, GO qui servus est, si manumittitur, fit liber- 
tinus 10, 94 finitione (genere specie differentibus propriis) divi- 
sione, remotione, ordine (initio, incremento, summa) similibus, 
dissimilibus, contrariis (mit Rollin) pugnantibus 10, 114 Iuvenien- 
dum contra est, quo distet haec causa a celeris, quae in potestatem 
victoris venire solent VII, 3, 23 Nam illud tertium nisi stultis 
non accidit, ut nihil ad quaestionem pertineut, ut si dicas: 


536 Jahresberichte. 


Equus est animal . nam est equus animal, sed irrationale, quod 
autem commune cum aliis est, desinet esse proprium. Bisher las 
man so: Nam illud tertium nisi stultis non accidit, ut nihil ad 
quaestionem pertineat. Falsa est, si dicas Equus est animal ratio- 
nale, nam est etc. „Hier, wo es sich um feine unterscheidungen 
handelt, konnte Quintilian unmóglich, um eine definition durch eia 
beispiel zu veranschaulichen, sagen: „falsch ist dieselbe, wenn man 
sagen wollte: das pferd ist ein mit vernunft begabtes lebende 
wesen*, Das ist keine definition, auch nicht eine falsche, sonden 
baarer unsinn, wie man ihn nicht einmal denen zutrauen dar, 
welche er selbst stulti nennt, geschweige denen, welchen er seine 
rath ertheilt“, 


9. F. Ritschl, Grammatisches bei Quintilian, in Ritsch 
uud Klette Rhein. museum XXII, p. 598—614. — Ritschl 
unternimmt es in dieser abhandlung mehrere stellen des ersten 
buches, in denen grammatische fragen behandelt werden und an 
denen von den bisherigen herausgebern die verschiedensten zum 
theil wunderlichsten ansichten aufgestellt sind, von den argen 
schäden, welche ihnen anhaften, zu heilen. Wenn irgendwo, so 
war es auf diesem gebiete von grüsster wichtigkeit, dass das 
ganze kritische material wohl geordnet und gesichtet vorlag und 
doch nur dem gewiegtesten kenner der lateinischen sprache kann 
es gelingen dieses material, das doch immerhin mangelhaft bleibt, 
entsprechend zu verwerthen: denn darüber lásst sich nicht zwei- 
feln, dass die alten abschreiber ohne verständniss und ohne interesse 
nachlässig dergleichen abgeschrieben haben und in unsren ältesten 
handschriften kaum noch die spuren der alten überlieferung übrig 
geblieben sind. Ritschl beginnt mit I, 4, 10 und schreibt: quia 
LAM sicut ETIAM scribitur, et VOS ut TVOS. Quintilian gibt 
also ganz einfache und bekannte beispiele des vocalisch gebliebnen 
i und vu. — I, 5, 12 lautet nach seinem vorschlage so: At enim 
adeo vitii geminatione Metioeo Fufetioco dicens Ennius. Darauf 
folgen p. 603 ausführliche nachweisungen über die schreibweise 
von Trasumennus, welche für Quintilian übrigens an unsrer stelle 
2. 13 et Trasumennum pro Tarsumenno multi auctores schon von 
Bonnell berichtigt ist. — I, 6, 27 cum senatus ,,senatus senatui an 
„senati senatu faciat, incertum sit. 1, 4, 8 non enim sic opti- 
mum dicimus ut [aut optumum aut] optimum, et in here 
neque e plane neque i auditur, mit folgender erklärung : „das wort 
optimum (denn als solches musste es doch in irgend einer form 


vorangeschickt werden, natürlich also, da sich nicht OPT; MVM 


setzen liess, in der damals üblichsten) hat in seiner zweiten silbe 
einen mittelton, den man weder mit optumum noch mit der schrei- 
bung optimum selbst genau ausdrückt, weil er weder ganz € noch 
ganz i ist (sondern, dürfen wir hinzusetzen, wie das griechische 


Jahresberichte. 537 


v oder das deutsche ü lautete)“ H. Keil (Addenda z. Halm'schen 
ausgabe p. 367) vermuthet: non enim sic optimum dicimus ut scri- 
bimus optimum: und 2. 10 quia „eb sam“ scribitur sicut. ,,etiam'* 
et „a quo“ ut „acuo“. p. 608 steht der vollständige gesäuberte text 
von I, 4, 7—9, an welchen sich erläuternde bemerkungen schliessen. 
I, 4, 10 stimmt Ritschl im ganzen der ausführung Staenders bei 
und hält duas für unerträglich, da nur dies der sion sein könne: 
»wenn zwei vokalzeichen neben einander stehn, so ist entweder 
das eine gar kein vocal, sondern vielmehr consonant, wie in iam 
und vos, oder aber es sind zwei silben, wie in etiam uud fuos; 
hingegen wenn es zwei vocale sind, die als solche zu einer 
einheit werden, so ist das entweder die alte schreibweise für 
vocallinge, oder — diphthong“ Jedoch statt mit Staender 
diphthongum zu schreiben zieht er dfpdoyyoy vor, mit der über- 
zeugenden bemerkung, dass duas eine alte randbemerkung eines 
lesers sei, welcher einen gegensatz zu dem vorangegangnen aut 
tram longam faciunt vermisste und dass dieses zur ausfüllung der 
lücke, welche für das griechische wort gelassen war, in den text 
gerathen sei. Zum schluss gibt Ritschl eine sehr belebrende er- 
klärung der worte: nisi quis putat etiam ex tribus vocalibus syl- 
labam fieri, si non aliquae officio consonantium fungantur, Unter 
letzterem seien fälle wie quae quoi seruae "Troiae, auch seruei 
serueis oueis nach älterer schreibung zu verstehn, unter erste- 
rem dagegen d. h. uuter einem triphthong seien nicht zu verstehn 
die 2. 11 erwühnten ciceronischen schreibungen AITO MAIIA oder 
das von Julius Caesar empfohlene POMPEII, nicht zu denken sei 
an formen, die hin und wieder bei den dramatikern durch syni- 
zesis einsilbig würden, wie tuae suae dude, oder auch deae meae 
(oder meeis decis). Auch dürfe man nicht denken an ein dreisil- 
biges praeoptavit bei Catull und ähnliches, nicht an ein zweisilbiges 
praeesse pracerit, da dies, wenn es zweisilbig sein sollte, nur mit 
zwei vocalen geschrieben wurde: gemeint könne nur sein die alte 
schreibung AEI für ae, die uns zwar nicht durch die alten gram- 
matiker, wohl aber durch inschriften bekannt sei, z. b. CAEICILIVS 
auf einem grenzsteine der Pataviner und Atestiner aus dem jahre 
613, CONQVAEISIVEI auf dem meilensteine der via Popillia aus 
dem j. 622 u. a., welche Quintilian selbst schwerlich aus dem stu- 
dium der inschriften, sondern aus irgendwelchen alten lehrbüchern 
kennen gelernt habe. 

10. Karl Halm, Lücken im letzten capitel der rhetorik 
des Quintilian, im Rhein. museum XXIII, p. 218 — 222. Auf 
wenig seiten werden eine betrüchtliche zahl von stellen, an denen 
zum theil noch niemand anstoss genommen hatte, sehr glücklich 
durch treffliche ergänzung des fehlenden verbessert: 2. 14 quo dif- | 
filius videatur esse quod pollicentur 10. varias res cognoscere — 
(ferner ad traditionem) und reliqua est exercitatio quae 17 


538 Jabresberichte. 


non quod ne fieri quidem potest omnia (vorher si utilia 
velimus legere mit Christ) 20, geometrae et musici et, ferner tot 
annos non in percipiendo echauserunt sed in praecipiendo 21 
hat schon Bonnell verbessert; mit beziehung auf Cic. de Fin. 2, 2, 1 
und de oratore I, 22, 103 glaubte ref. folgende änderung vor- 
schlagen zu können: inlusisse tot malis quot senectus habet universae 
Graeciae. credimus Gorgiam, qui summae senectutis quaerere auditores 
de quo quisque vellet audire iubebat, aber diese schreibweise hat ihre 
grossen bedenken, audire ist zweifelhaft, weil sich kein anbaltepunct 
dafür in den handschriften findet; auch swmmae senectutis dieser 
genitiv, welcher durch die geringeren handschriften empfohlen wird, 
ist nicht unbedenklich. Es ist daher das sicherste die stelle so zu 
lesen, wie sie schon in der Bonnell'schen ausgabe steht, Eine än- 
derung daran hat Halm vorgeschlagen, die dem ref. ganz unver- 
ständlich ist, nämlich statt des vollständig unanstössigen quaerere 
zu schreiben quaeri. Wie kann darin der sinn, der in der stelle 
sein muss, enthalten sein und was bedeutet überhaupt qui quaeri 
auditores iubebat? 

11. Carolus Halm, M. Fabi Quintiliani institutionis ora- 
toriae libri duodecim. Pars prior. Lipsiae in aedibus B. G. Teub- 
neri. a. MDCCCLXVIII. 

Die praefatio beginnt mit der besprechung der handschriften, 
welche dem texte zu grunde gelegt sind und da lesen wir denn 
zu unsrer nicht geringen überraschung gleich im anfang: Codes 
Ambrosianus, liber optimae notae etc. Mit dieser cha- 
racterisirung fällt ohne weiteres ein gut theil der früheren behaup- 
tungen und schroff abweisenden urtheile über andre gelehrte, be- 
sonders Zumpt und Bonnell, und wenn Halm in seiner abhandlung 
über die textesquellen der rhetorik des Quintilianus p. 508 aus- 
führlich darthat, dass , die defecte classe, soweit sie reiche, zur 
hauptsächlichen grundlage der texteskritik dienen müsse, aus der 
vollständigen classe, (zu denen Ambr. | gerechnet wird obgleich 
der vierte theil desselben fehlt) sich trotzdem, dass sie sehr stark 
interpolirt sei und von fehlern der schwersten art geradezu wim- 
mele, doch eine anzahl von verbesserungen des textes gewinnen 
liessen, im ganzen nicht sehr viele, meistens nur ergänzungen von 
kleineren lücken, die durch nachlässigkeit der schreiber entstanden 
seien“, und zunächst nur die partien, welche im Bernensis fehlen, 
von Studemund sich hatte vergleichen lassen, so änderte sich in 
folge dieser genauen collation sein urtheil über den werth dieser 
handschrift dermassen, dass er eine vollständige vergleichung der- 
selben für eine kritische ausgabe für unerlässlich hielt, wie er 
ausdrücklich in der einleitung sagt. In der abhandlung über die 
textesquellen des Quint. p. 512 anm. tadelt er Zumpt, weil er deo 
wahren werth des Ambr. I nicht erkannt habe und ihn besonders 
wegen der vier ersten bücher lobe, dieses urtheil müsse er gera- 


Jahresberichte. 539 
dezu auf den kopf stellen; denn in den vier gerühmten büchern 
sei der codex neben dem Berner fast gar nicht zu gebrauchen, 
während man in den späteren“ u. s. w.: jetzt finden wir Zumpts 
urtheil insofern gerechtfertigt, als Halm ausdrücklich constatirt, 
dass mehrere spätere bücher viel nachlüssiger geschrieben seien 
als die vier ersten. Denn mit diesen worten soll offenbar nicht 
gesagt sein, dass die vier ersten bücher nachlässig oder gar sehr 
nachlüssig geschrieben sind, sondern im gegentheil gut oder we- 
nigstens ganz leidlich, nur müsse man gehürig scheiden zwischen 
erster und zweiter hand, welche nach einem andern codex zwar 
manche flüchtigkeitsfehler verbessert, aber vieles falsche hineinge- 
tragen und die erste lesart vielfach geradezu beseitigt habe. Halm 
sagt selbst, dass viele optimae lectiones erst jetzt durch die neue 
collation aus ihm gewonnen seien und dass viele lesarten des 
. Ambros. I, welche von Zumpt und Bonnell verzeichnet seien, nicht 
von erster, sondern zweiter hand herrührten. Darauf ist ange- 
geben, wie weit die übrigen handschriften, vorzüglich Bernensis 
und Bamb. G, neben dem Ambr. I haben berücksichtigung finden 
kónnen. | 

12. Gleichzeitig mit dem zweiten theile (buch VII — XII) 
erschien eine abhandlung von Carl Halm in den sitzungsberichten 
der k. b. akademie der wissenschaften in München. Jahrg. 1869, 
band II, p. 13—30, wo Halm ,seine kritische ausgabe des Quin- 
tilian“ mit einigen bemerkungen vorlegt. Nach allgemeineren be- 
merkungen folgt eine betrachtung einzelner stellen, an denen er 
sein kritisches verfahren nachweist: viele heilt er dadurch, dass 
er die bandschriftliche lesart zu ihrem rechte bringt, andere durch 
correctur, besonders auch durch ergänzung und vervollständigung 
der lückenhaften überlieferung: in bezug auf ersteres ist interessant 
XII, 10, 14 parum superstitiosum 10, 39 ef indistinctus 
(ohne et non asper) 10, 69 atque id ipsum non sit oratoris 10, 
21 sed quadam 10, 45 atque adfectius 10, 56 aptandus (aber 
schon Obrecht hat so geschrieben) 11, 5 were dicendi; in bezug 
auf das zweite 10, 31 in quam 10, 44 quod si non eveniret, 
omnes pares essent: at idem homines aliter de re alia locuntur et 
servant personarum discrimina. 10, 46 nimium crebra 10, 49 
nam plurimi 10, 50 at quod libris dedicatum in exemplum 
edatur id 10, 55 quae tamen 10, 59 sed saepe id etiam 11, 18 
adice tot genera ludendi et insanam corporis curam, peregrinationes, 
rura, calculorum anziam sollicitudiem, incitamenta libidinum ct 
vinum (venerum?) et flagrantibus omni genere voluptatum | animis, 
ne ca quidem tempora idonea, quae supersunt. Weniger anspre- 
chend ist die von ihm gebilligte conjectur Wolfflins 10, 55 si vero 
quando impediant, denn es ist von der handschriftlichen überlie- 
ferung steterunt quae impediant soweit entfernt, dass von einem 
anschluss an dieselbe füglich nicht mehr die rede sein kann; in 


540 Jabresberichte. 


dieser erkenne ich nichts andres als sed et erunt quae impe- 
diant; das folgende schlage ich vor in dieser mich weniger be- 
friedigenden fassung zu lesen: brevitate temporis a iudice dati 
multum ex eo quod potuit dici recidetur (wenn nicht reciderunt 
beizubehalten ist). Zu einer ünderung des gleich darauf folgenden 
quaedam in quae tamen ist ein zwingender grund nicht vorhanden. 
10, 59 steht que id etiam in den besseren handschriften, woraus 
Halm wie oben bemerkt ist, schrieb saepe id etiam, einfacher ist 
estque id etiam. 

Von den vorgeschlagnen ergünzungen ist gut und nothwendig 
10, 47 ut in gradus 10, 66 inter se intervalla, dagegen über- 
flüssig 10, 53 sint nach laturique, wo man leicht aus dem vorher- 
gehenden dentur ergänzt. Die verbesserungsvorschlige zu 48 und 
57 sind mit recht nicht in die ausgabe aufgenommen worden. 
Auch 11, 3 ist keine lücke vor illo anzunehmen, also nicht zu 
schreiben de illo, die stellung der worte quae occasio de illo fuit 
dicendi würde doch sehr sonderbar sein, wahrscheinlicher ist es, 
dass in illo der name dessen, welcher sich so über Domitius Afer 
äusserte, enthalten ist, vielleicht M. Caelius oder Aelius Stilo. 
Zu 10, 50 sei beiläufig bemerkt, dass die alte conjectur impetum 
posse genügt, zu einer weiteren ünderung in valere kein grum 
vorliegt. Endlich 11, 12 ist die verbesserung Christ's nicht so 
sicher, wie Halm meint, welcher nicht nur eine lücke annimmt, 
sondern auch dieser zu liebe ein andres wort ündert und schreibt: 
si cedas naturae, Das handschriftliche credas ist durch quod 
repugnamus gesichert: vgl. VIII Prooem. 12 credere modo qui 
discet velit. Passend scheint die ergänzung 10, 48 quis utile 
(mit Buttmann) esse neget? 10, 70 aliter concitabit oder vielmehr 
. concitabit aliter nach alüer. 

Um nun zu dem texte selber überzugehn, so ist derselbe nach 
den oben dargelegten gesichtspuncten festgestellt mit einer sicher 
heit und meisterschaft, die man um so mehr bewundert, je mehr 
man sich damit beschäftigt. Die kritische grundlage, welche Halm 
gelegt hat, wird schwerlich bestritten werden und bestritten wer- 
den künnen; es ist unendlich viel werth, dass unter der menge der 
vorhandnen zum theil sehr hoch geschützten handschriften eine so 
enge abgrenzung von ihm festgestellt worden ist, dass der ganze 
wust von varianten, den wir in der Spaldingschen ausgabe aufge- 
speichert finden, beseitigt worden ist und nur einige wenige band 
schriften zur constituirung des textes nöthig erscheinen. Allerdings 
bat Halm in seinen ansichten über den werth der handschriften 
öfters geschwankt, seine ansichten wiederholt geändert, bevor er 
zu dem letzten resultat gelangt ist und ohne grund herbe urtheile 
ausgesprochen gegen diejenigen, welche die handschriften anders 
geschützt haben. Der unangenehm berührende, meisternde ton, der 
um so übler berührt, da er ungerecht ist und geeignet denen, 


Jabresberichte. 541 


welche die sache nicht weiter verfolgen, die nicht wissen, dass 
Hulm solche ansichten, die er früher lebhaft bekümpft hat, spiiter 
ganz ruhig acceptirt, ein falsches urtheil über die personen, gegen 
die der angriff gerichtet ist, beizubringen, ist mit dem wegfall der 
polemik verschwunden, in der ausgabe ist erfreulicher weise davon 
keine spur zurückgeblieben. Mit der trefflichen benutzung der 
haudschriften, welche aufs neue mit der grössten sorgfalt zum 
grossen theil von Halm selbst verglichen sind, geht die conjectural- 
kritik hand in hand: indem dieselbe sich an die überlieferung müg- 
lichst eng auschliesst, werden viele stellen, welche bisher im argen 
lagen, mit überraschender sicherheit geheilt, da wo bisher noch 
niemand anstoss genommen, das richtige wiederhergestellt, die re- 
sultate andrer glücklich und geschickt verwerthet, nicht selten 
durch kleine änderungen, wie umstellungen, verbessert. Es liegt 
in der natur der sache, dass es gerade auf diesem gebiete nicht 
an widerspruch fehlt und derselbe ist ja auch gelegentlich schon 
erfolgt. Wie dies aber bei der grossen zalıl eigner conjecturen 
nicht zu verwundern. ist, dass sie nicht alle stichhaltig sind, so 
möchte man auch nicht selten wünschen, dass vermuthungen, die 
in der adnotatio critica vermerkt sind, in den text aufgenommen 
wären. Verhältnissmässig gering ist die zahl eigner conjecturen 
in den ersten büchern, im zweiten buche nicht mehr als 19, die- 
selben mehren sich hauptsächlich vom sechsten an, in dem er 
nicht weniger als 41 eigne conjecturen aufgenommen hat, in 
erstaunlicher weise, doch ohne dass man sagen könnte, dass die 
strenge des herausgebers gegen sich selbst irgendwie nachgelassen 
bätte und wenn in einzelnen partien der frühere text kaum noch 
wieder zu erkennen ist, so werden wir es dem herausgeber nur 
dank wissen, dass er mit solcher energie und bewundernswerthem 
scharfsinn durch die auf den ersten blick unlösbaren räthsel sich 
glücklich hindurchgearbeitet und für alle zeiten klarheit geschaffen 
hat. Auf den druck ist die äusserste sorgfalt verwendet, die 
indices die ich zum theil ganz genau mit meinen eignen ver- 
glichen und dadurch controlirt habe, sind mit der grüssten sorgfalt 
angefertigt, sie enthalten auch nicht wenige citate, welche unter 
dem texte nicht notirt sind, aufgefallen ist mir nur, dass ein citat 
aus Horat. Carm. IV, 13, 12 zu VIII, 6, 17 welches allerdings 
auch bei Spalding und Bonnell fehlt, übersehn ist. Die conjecturen 
andrer gelebrter sind sorgfältig registrirt, aber freilich bei aller 
sorgfalt laufen doch manche irrthümer mit unter, welche durch die 
grósse und schwierigkeit der aufgabe hinlünglich entschuldigt wer- 
den. Die menge guter alter ausgaben ist nämlich ziemlich gross, 
in denen viele stellen entweder durch conjectur oder durch gute 
bandschriften hergestellt worden sind; mauches gute aber, was in 
denselben steht, ist vollstindig in vergessenheit gerathen und seit 
langer zeit nicht mehr beachtet. Daher kommt es, dass nicht wenige 


542 | Jahresberichte. 


stellen in neuerer und neuester zeit, wieder so emendirt worden 
sind, wie sie dort schon lange lauten. 

Um dies nachzuweisen stellt ref. eine anzahl von conjecturen 
zusammen, welche von Halm neueren gelebrten beigelegt werden, 
während diese lesarten sich sammt und sonders schon in der Ley. 
dener ausgabe von 1665 finden, ohne, was für den vorliegenden 
zweck nebensáchlich ist, zu untersuchen, in welcher zeit und in 
welcher ausgabe sie sich zuerst nachweisen lassen. Es sind dies 
folgende : 

1, 5, 18 corripitur ut (Keil). 

I, 5, 68 aut ex duobus (Meister). 

V, 10, 92 togatorum (Halm). 

VI, 3, 8 a scurris (Halm). 

VI, 3, 38 Manciae (Pighius). 

VII, 1, 3 alii, in der anmerkung (Obrecht?). 

VII, 2, 13 ut cum, in der aum. (Christ). 

VII, 2, 56 quam adicere, ebenfalls in der anm. (Spalding). 

VH, 7, 7 ius (Halm). 

VII Prooem. H dissolvi peroratione (Spalding). 

VIII Prooem, 19 sint ipso (Spalding). 

VIII, 5, 19 vitiosae ut a (Halm), doch uti. 

XII, 10, 51 aptius, in der anmerkung (Obrecht). 

XII, 10, 61 aliquandoque ut (Obrecht). 

XII, 10, 64 copia verborum atque (Halm). 

Alle diese änderungen stehn schon in der oben erwäbnten 
Leydener, nicht wenige auch in älteren ausgaben z. b. der Loy- 
ner von 1534 und der Kölner von 1541, (in letzterer auch VI, 
3. 38 Manciae). 

Ausserdem aber schrieb 

1, 4, 13 nicht Ritschl zuerst cecidit, sondern Gibson. 

I, 4, 21 nicht ein anonymus scrutabitur mihi ille, sondern 
Burman im anhang scrutabitur mi (pro mihi) ille. 

VII, 3, 36 !) nicht Christ, sondern Spalding etiamsi, Christ 
liess nur similis weg. 

IX, 3, 67 significans rührt von Burman her, nicht von Obrecht, 
in dessen ausgabe significat steht. 

X, 1, 2 fluitabit et qui nicht Halm, sondern Meister, s 
Fleckeisens Jahrbb. 1863, p. 189. 

X, 3, 10 quasi frenis nicht Meister, sondern Zumpt. 

X, 7, 3 possit nicht Bonnell, sondern Frotscher. 

X, 7, 20 neque vero tanta sit nicht Halm, sondern Jeep, & 
Philol. XXXIV, p. 743. 


1) Die zahl 36 fehlt in der ausgabe. 


Jahresberichte. 543 


Auch in der Adnotatio critica sind viele conjecturen neueren 
elehrten beigelegt worden, die sich sämmtlich in dem texte der 
rebrfach erwähnten Leydener ausgabe von 1665 finden. Folgende 
abe ich mir gelegentlich notirt: 

I, 1, 15 prima (Obrecht). 

I, 4, 17 fuit ut Menerva (Spalding). 

I, 6, 31 sive illa ex (Halm). 

I, 6, 36 C. Granius (Spalding). 

I, 7, 27 proposui (Spalding). 

Hi, 1, 6 ex iis (W. Meyer). 

II, 16, 6 aliquando etiam (Spalding). 

Il, 17, 28 concilium (Spalding). 

ll, 19, 3 naturae materia (doch natura materiae), ars doctrinae 
it (Spalding). 

HI, 6, 23 quam Flavius (Spalding). 

III, 8, 9 in Panegyrico conqueritur. (Spalding). | 

Il], 11, 25 de iis (Spalding). 

IV, 2, 53 quidam etiam (Obrecht). 

V, 10, 62 diducit (Halm). 

VI, 1, 36 quale sit si Spalding (quale si die L. A.). 

Vl, 1, 47 iia neque illum (Meister). 

VI, 3, 6 salsum (Rollin u. a.). 

VIII, 3, 68 alii in extremo (Meister) (cohaerentes die L. A.). 

VIII, 4, 25 et in cellis (Spalding). 

IX, 2, 77 denique dicendo (Obrecht). 

X, 1, 72 legantur (Osann). 

X, 1, 94 multo (Osann). 

X, 7, 3 aliquando (von Bonnell gestrichen). 

XI, 1, 28 si criminis esse loco (Halm) (loco esse die L. A.) 

XI, 3, 22 concedere (Burman). 

XII Prooem. 4 vel tutioris (Burman). 


Indem ich zur besprechung von einzelnheiten übergehe, wähle 
h zunächst das erste buch um diejenigen stellen in demselben 
1 erwähnen, an denen ich mit dem herausgeber nicht überein- 
immen kann. 


I, 1, 2. Nicht ganz sicher trotz des Ambr. I scheint fuerunt 
1 dem satze sed hi pauci admodum fuerunt, wo man nicht das 
erfectum, sondern das prüsens sunt erwartet: gerathener scheint 
3 mit Bg, wie schon Regius conjicirt hat, zu schreiben: fuerit 
rgumentum. 

1, 5 ziehe ich die lesart der alten ausgaben quae, auf wel- 
aes nur das que in MS hinweist, dem handschriftlichen quo vor, 
a es nicht auf die verschiedenen grade des falschen ankommt ; 
uch der folgende mit nam eingeleitete satz begründet nur die 
satsache, dass das gute leicht in schlechtes umgewandelt wird, 


544 Jahresberichte. 


nicht aber umgekehrt das fehlerhafte in richtiges. Hier hätte wohl 
die lesart des Argentoratensis nunquam erwähnung verdient. 

1, 8 würde ich plane dem plene vorziehn, s. 1, 20. * 

1, 10. Halm bemerkt zu plurimis, dass diese unzweifelhafl 
richtige lesart nur in A steht, während die andern pluribus haben, 
Aber nicht jetzt erst ist das richtige aus A hergestellt, nicht allein 
Aldus schrieb so, dasselbe findet sich auch schon in der Baseler 
ausgabe von 1555 und in der Kölner von 1555. 

1, 11 bezeichnet Halm habere paedagogosque als die lesart der 
alten ausgaben. Dies bedarf jedenfalls der berichtigung , in ihnen 
heisst es vielmehr gewóhnlich so: v. habere n. p. paedagogos 
(oder auch paedagogosque), in der Aldina: paedagogosque pueros 
habere. |n demselben paragraphen ziehe ich ab his, was durch 
Ab empfohlen ist, dem ab iis vor. 

1, 13 recht ansprechend ist die conjectur des Regius hin: 
enim accidunt, wie %. 32 hinc enim accidit 11, 1, 3 hinc ergo ac- 


cidit VIII prooem. 3 unde existimant accidisse und XI, 2, 10 unde 


accidit. | 
1, 15 uurichtig ist, wie oben bemerkt, die angabe, dass 
prima von Obrecht herrühre, bei der übrigens nothwendig hinzu- 
gefügt werden musste, dass derselbe auch non vor posset einschiebt: 
es steht schon in der Leydener ausgabe vou 1665 dagegen hat 
sich Burman und in neuerer zeit Gernhard ausgesprochen, letzterer 
deshalb, weil es der bei Quintilian üblichen wortstellung wider- 
streite; um dies zu beweisen vergleicht er 1, 18 aetas prior 2, 4 
in aetate prima 11, 2 in aetate prima, übersieht . aber Prooem. 6 
cuius prima aetas, eine stelle, die seine behauptung umstösst. 

In ähnlicher weise scheint die bemerkung Halm’s zn 1, 18 
über den gebrauch von ipse ille im gegensatz zu hic ipse und is 
ipse etwas zu allgemein gefasst zu sein; ipse ille kommt allein 
in solcher stellung bei Quintilian vor, aber IX, 4, 26 lesen wir 
auch ipsum hoc und VIII, 2, 3 ipsum id. 

1, 20. Statt plane steht in den meisten ausgaben plenam, 
was sich allerdings dem sinne nach sehr gut empfiehlt. 

Auffallend und kühn ist die verbindung amaritudinem refor- 
midare: ich möchte deshalb vorschlagen zu lesen: amaritudine 
semel percepta, so dass also studia als object zu reform. zu er- 
günzen ist. 

1, 26 ist an dem überlieferten notum kein anstoss zu neh- 
men, die conjectur Heindorf's inventum ist demnach als überflüssig 
zu beseitigen. 

2, 9. Nach Quintilian's ansicht ist es ganz unzweifelbafi, 
dass ein reduer gar nicht gedacht werden kann, der nicht auch 
in moralischer beziehung tadellos ist, darum ist die conjectur des 
Badius etiam si posset wohlberechtigt. 


Jahresberichte. 545 


Zu 2, 4 ist zu bemerken, dass nicht A allein, wie notirt ist, 
corrumpantur hat, sondern auch T von zweiter hand. 


Die worte tam hercule quam conservatae sanctissime utrobique 
opinionis sind richtig von Halm erklärt: ,,es gibt viele beispiele 
dafür (dass die sitten in den schulen verdorben werden) sowie 
dafür, dass der gute ruf an beiden orten (in der schule und zu 
hause) treu bewahrt wird. Aber der sinn, welchen man erwartet, 
ist dieser: es gibt viele beispiele dafür, dass an beiden orten der 
gute ruf sowohl verletzt, als auch treu bewahrt worden ist. Des- 
halb ist ein wort einzuschieben, welches den gegensatz zu conser- 
vatae sanctissime bildet; in L steht es sogar, nämlich laesae, (in 
den alten ausgaben gewöhnlich perditae), nur mag es nicht 
vor, sondern nach hercule gestanden haben. In der auch sonst 
üblichen form lese verband sich die erste silbe leicht mit der ebenso 
lautenden letzten des vorhergehenden hercule und so verschwand das 
wort allmählich vollständig aus den guten handschriften. 

In demselben paragraphen scheint mir die stellung der worte: 
nam et potest turpis domesticus esse praeceptor, nicht unbedenklich 
zu sein, lieber würde ich mit Bg und andern schreiben nam et 
potest turpis esse domesticus praeceptor. 


2, 7 nimmt Halm aus A audiunt auf, warum nicht lieber 
mit B in übereinstimmung mit dem vorangehenden nos docuimus 
auch audierunt? 

2, 24. Sehr auffallend sind die worte ea nobis ingens palma. 
Unter dem siegespreis, um den es sich hier handelt, kann schwer- 
lich etwas anderes verstanden werden, als die jeden monat von 
neuem festgestellte rangordnung der schüler unter einander: das 
kann aber kaum durch palma ausgedrückt werden, sondern hier 
liegt uns, wenn nicht alles trügt, ein fall vor, wo À und Bg von 
zweiter hand richtig corrigirt sind, in diesen steht námlich palmae 
contentio: daran schliessen sich dann sehr passend die worte ducere 
vero classem mulio pulcherrimum an. 


2, 20. Es ist kein grund vorhanden die lesart in A velit, 
wozu puer leicht als subject ergánzt werden kann, aufzugeben, es 
ist dies dem so unbestimmten velis entschieden vorzuziehen. 

2, 90 ist loquitur nicht ohne anstoss; subject dazu kann 
nichts andres sein, als animus, wer aber möchte sich so ausdrü- 
cken? Sehr nahe liegt es mit Par. 2 und 5 loquimur zu schreiben. 


9, 14 folgt Halm Zumpt, welcher et oder id nach quamlibet 
gestrichen hat: zu einer ánderung der überlieferung liegt aber 
kein grund vor, warum soll man nicht mit B lesen quamlibet id? 
Die früheren ausgaben haben meist quamquam et, die Pariser von 
1520 quamquam id. 

Mit recht hat Halm aus der übereinstimmenden lesart der 
guten handschriften iniuriae geschrieben iniuria est; indessen ent- 


Philologus. XXXV. bd. 3. 35 


546 Jahresberichte, 


steht aus dieser änderung die unbequemlichkeit, dass est auf der- 
selben zeile zweimal wiederkehrt. Könnte man nicht das erste 
est, welches noch dazu nach servile leicht eingedrungen ist, 
streichen ? 

4, 1 halte ich an grammaticis mit B fest, weil in dem fol- 
genden von dem griechischen und dem lateinischen grammatiker 
die rede ist. 

A, 4 ziehe ich den indicativ utuntur mit A dem conjunctiv 
utantur, welchen man hier nicht erwartet, vor, 

4, 9 bemerkt Halm dass notam sich nur in den ausgaben, 
nicht aber in den handschriften finde; dies ist sehr zu bezweifeln, 
wenn wir nicht das zeugniss Gibson's missachten wollen, welcher 
es ganz bestimmt ausspricht und es (vielleicht im Joann.) gesehn 
hat. Damit ist aber zugleich dem worte seine stellung nach ad- 
spirationis gesichert. 

4, 13 cecidit schreibt Halm mit unrecht Ritschl zu, wie oben 
schon bemerkt ist, es findet sich bereits in den ausgaben von 
Obrecht und Gibson. 

Die conjectur Spaldings lautus für lotus verdiente in den text 
aufgenommen zu werden, dagegen war nicht mit À zu ündern 
mille talia, sondern mille alia hier wie II, 15, 23. IX, 3, 1 bei- 
zubehalten. * 

Nachdem vorangegangen ist Neque has modo moverit muta- 
tiones verdient im folgenden die lesart des B. sed et quae ent 
schieden den vorzug vor der des A. in welchem et fehlt. 

Am ende des paragraphen möchte ich am lielsten zu der frü- 
heren lesart aetatis fuerunt zurückkehren, obgleich diese redensart, 
wie Spalding bemerkt, ungewöhnlich ist: es steht übrigens auch in 
A, wo ac lases fehlt, und eine spur davon scheint in B in de 
silbe as übrig geblieben zu sein. 

4, 14 ist das zweite ipsa vor alteri so auffallend, dass ma 
fragen darf, ob man dem Quintilian eine solche nachlüssigkeit is 
ausdruck zuschreiben darf: mir scheint es rathsam dasselbe m 
streichen. — In der adnot. critica steht 20 falsch vor littera 
statt vor ul. | 

4, 16 die angabe über Seyfferts conjectur konnte genauer 
sein. Wie ich bereits in den Jahrbb. für philologie 1862, p. 65 
mitgetheilt habe, lautet dieselbe nach einer mir von Seyffert per- 
sönlich gemachten mittheilung notrix Culchidis. 

4, 17 ut vor Menerva steht, wie oben bemerkt, nicht zuers 
in der Spalding'schen ausgabe, sondern in sehr vielen alten um 
neuen; dasselbe verdiente wohl in dem texte zu stehn. 

Ebenso ist schon oben bemerkt, dass 4, 25 scrutabitur miki 
ille von Burman in den Addenda herrührt. 

4, 28 ist die conjectur Keil's, nümlich et vor quaedam nicht 
nóthig. 


Jahresberichte, $47 


5, 5 ist vielleicht Primo zu ündern. 

5, 18 ut vor unius ist, wie oben bemerkt, unrichtig als con- 
jectur Keil's bezeichnet, es findet sich in sehr vielen ausgaben. 

9, 20 ist in vor iriumpis und 38 per vor quas nach A ein- 
gesetzt: diese wiederholung der präposition scheint Quintilian nicht 
eigenthümlich zu sein, deshalb móchte ich sie an beiden stellen mit 
B streichen. | 

5, 22 die worte in hoc tragen sehr offen den stempel einer 
interpolation an sich, sie könnten mindestens ebenso gut hier, wie 
vor den folgenden substantiven fehlen. Das citat zu 5, 20 muss 
heissen Cat. 84. 

Zu 5, 28 war ausserdem zu citiren Aen. IV, 525. 

5, 29 alia — alia, ist nicht obne bedenken: müsste es nicht 
heissen in alia? da an zweiter stelle alias in A. steht, so liegt 
die annahme, dass an der ersten das s nur aus versehn wegge- 
fallen ist, sehr nahe.  Indessen bin ich durchaus nicht für alias 
eingenommen, und stimme Spalding bei, welchem diese worte als 
glossem verdächtig erscheinen, | 

5, 30. Namque ist conjectur des Regius, durch die hand- 
schriften bestätigt, ebenso 11, 3 nimius. 

5, 32. Auf grund des A, in welchem statt Îwraxsouovg 
miotacismus steht, ist vielleicht nach ersterem et uvraxıomovg 
einzuschalten , welches bei der ähnlichkeit der worte leicht aus- 
fallen konnte. Dieser putaxtouog wird bei den griechischen rhe- 
. toren oft genug erwübnt, so dass es nicht unwahrscheinlich ist, 
dass Quintilian ihn hier besprochen hat.  Dieselbe vermuthung hat 
auch Claussen, wie später erwähnt werden wird, aufgestellt. 

5, 43. Das gut beglaubigte quamquam id klingt ausseror- 
dentlich steif und ungelenk, besser ist es mit A quod zu schreiben, 

5, 57 fehlen die citate aus Cicero und Horaz; dasselbe gilt 
von 2. 65. 

5, 68. Die conjectur des ref. aut ex duobus steht ebenfalls 
schon in der Leydener ausgabe. 

In demselben paragraphen kann epi vor praepositio kaum ent- 
behrt werden; da nämlich der zweite theil des wortes raeda ge- 
nannt ist, so entspricht es der einfachheit und bestimmtheit Quin- 
tilian's durchaus nicht, dass der erste theil ausgelassen, resp. mit 
praepositie bezeichnet sein solle. In A steht epi auf rasur von 
zweiter hand, aber es steht auch p d. i. prae, der anfang des fol- 
genden wortes, auf rasur, eins kann wie das andere nicht ent- 
behrt werden, 

Die worte neque Graecus tamen neque Gallus utitur conposito 
sind jn hohem grade verdächtig und scheinen der unnütze zusatz 
eines glossators zu sein, welcher jeden auch den leisesten zweifel 
über die auffassung der stelle vermeiden wollte: denn aus dem fol- 
genden Romani suum ex alieno utroque fecerunt ist es ja hiuling- 


$48 Jahresberichte, 


lich klar, dass die Griechen sowie die Gallier die zusammensetzung 
nicht kannten; das aber auch nur vorauszusetzen heisst dem Quin- 
tilian eine grosse gedankenlosigkeit zutraun, denn wenn auch die 
Griechen und Gallier sich der zusammensetzung bedient hätten, so 
brauchten die Römer sie nicht erst zu bilden. 

6, 14. Die conjectur des Gallaeus, welcher cum nach wi 
eingeschoben hat, ist überflüssig, vgl. Addend. p. 367, überhaupt 
nichts zu ändern: dagegen darf dasselbe cum 6, 29, wo es Hala 
mit A gestrichen hat, nicht fehlen: es handelt sich hier um einen 
concreten fall, in welchem die nothwendigkeit der etymologie 
nachgewiesen wird. 

Die vermuthung Christ's, dass 6, 29 ementiri nach ne zu 
schreiben sei, ist zwar wegen des gleichen vorangehenden bucl- 
staben sehr einfach, aber nicht nothwendig , da an mentiri kein 
anstoss zu nehmen ist. ) 

6, 31. Was Halm vorschlägt sive illa ex graecis steht 
bereits in vielen alten und neuen ausgaben, auch der Spaldingschen, 
ebenso ist 36 C. Granius nicht conjectur Spaldings, sondern steht 
schon u. a. in der Leydener ausgabe. 

7, 1 dürfte es sich sehr empfehlen hoc nicht mit A in den 
text aufzunehmen. 

7, 19 ist nicht bemerkt, dass Regius hi vor Syllae conji- 
cirt hat, 

7, 21. Nicht unbedenklich ist Halm's vorschlag primum in 
Gai, obwohl man allerdings in hier erwartet, für (inscriptione em- 
pfiehlt H. Keil unter Halm’s zustimmung in d. Addend. p. 367 dea 
plural inscriptionibus) dasselbe in hut er auch IV, 5, 22 durch 
conjectur hinzugefügt. 

7, 27. Nicht allein Spalding liat proposui und nicht e 
zuerst, sondern so steht in den meisten ausgaben, in einigen auch 
praeposui. 

7, 33 halte ich mit B an agendi fest. 

8, 5. Die zu heroi angegebnen stellen würden passender zu 
5, 28 citirt sein, wo das wort zum ersten mal varkommt. 

9, 6 verdiente bemerkt zu werden, dass schom. Regius aus 
oratores, was er im Flor. vorfand, rhetores conjicirt hat, Dies 
conjectur ist auch in die meisten ausgaben übergegangen, Spalding 
aber erklärte sich dagegen, da an der richtigkeit von praeospiera 
um so weniger zu zweifeln sei, als dies auch in der ähnliches 
stelle II, 1, 1 praeceptoribus eloquentiae, latinis quidem sempe, 
sed etiam graecis interim vorkomme. Da sie durch A hestätigt 
ist, so steht ihrer aufnahme kein hinderniss entgegen. 

10, 13 wird der schlusssatz dadurch, dass mit A quid ver 
de philosophis. eingeschoben wird, viel gefälliger, als er es jetst 
ist; auch. schliesst sich das folgende duces maximos. et ala gegen 


Jahresberichte. 549 


satz oder auch als eteigerung sehr schün nn diesen an, während 
jetzt beide unvermittelt neben einander stehn. 


10, 18 ist Hyberbolus druckfehler für Hgperbolus und auf 
derselben seite unter dem texte soll 2 statt 1 stehn. Non uno 
loco ist eine sehr ansprechende conjectur Gesner’s, welche wohl 
aufgenommen zu werden verdiente, 

10, 29. Ac si statt At si, wie man frülrer las, vconjitirte 
Spalding, theilte aber auch in der Praef. p. LX XIX mit, dass eso 
durch Tur. bestátigt werde. | 


10, 39. Nicht unbedenklich ist es, mit B veris similia her- 
zustellen, während es an allen andern stellen veri similis heisst. 
Ohne grund ist das folgende wort geomeiria von Christ ümge- 
ündert, warum soll es nicht subject sein? Eine fortsetzung dés 
lier gesagten folgt, nachdem eine reihe von einzelheiten bespro- 
chen sind, $2. 46 in den worten: quid quod se eadem geometria 
tollit ad rationem usque mundi? Dadurch scheint es ausser allem 
zweifel zu sein, dass an unsrer stelle nicht zu ändern ist. 

Ebenso hat 10, 42 die vermuthung Halins set talia für sed 
alia geringe wahrscheinlichkeit. 

Wie 11, 14 gegen A iis nicht his geschrieben ist, so dürfte 
es sich auch wohl ‚empfehlen in dem folgenden paragraphen de iis 
zu schreiben. | 

Nach dieser musterung des ersten bnches wenden wir uns 
zum achten und auch in diesem, in welchem Halm dér conjectural- 
kritik einen weiten spielraum gegeben hat, sind die stellen ver- 
hältnissmässig selten, an denen ref. andrer méinung ist. 

VIII Prooem. 3 möchte Halm lieber afuerint als das einfache 
fuerint, die ähnliche ausdrucksweise I, 6, 34 jedoch ludus, quia 
ait longissime a lusu dürfte weld geeignet sein, von jeder verün- 
derung abzumahnen. In demselben paragraphen verdient placent 
den vorzug vor placet der besseren handschriften: denn in dem 
relativsatze erwartet man offenbar einen dem vorangegangnen op- 
tima ähnlichen begriff. 

Prooem. 8 empfiehlt Halm quaeque post statt quae post, was 
durchaus ohne anstoss ist, zu schreiben. 

Prooem. 11 rühren die worte dissolvi peroratione nicht von 
Spalding her, wie oben bemerkt ist, sondern haben schon 
frühzeitig, vielleicht durch Aldus, eingaug in die ausgaben ge- 
funden. Ebenso ist es 19 Halm und auch schon Spalding ent- 
gangen, dass sint in den ülteren ausgaben, wie der Leydener steht ; 
zu anfang desselben satzes haben geringere handschriften sed, was 
ref. der conjectur Zumpts a£ vorzieht, | 

Erwähnenswerth war, dass Prooem. 13 Rollin die worte de 
virtute elocutionis, die er in seinen handschriften fand, (sie stehn 
auch in G) gestrichen hat. 


550 Jahresberichte. 


Prooem. 23 lässt sich das activum rechtfertigen, die conjectur 
Spaldings obumbrantur und strangulantur ist nicht nothwendig. 

Prooem. 30 nimmt ref. nicht nach sonderu vor laborabit eine 
lücke an, welche vielleicht in folgender weise auszufüllen ist: qu 
non satis instructus erit laborabit. 

2, 2. Künnte man der überlieferung durch die schreibung 
causa et necessitas postulent sich nähern, immerhin aber gesteht 
ref. dass die gewóhnliche lesart causae necessitas postulet ihm am 
meisten zusagt. 

2, 8 schliesst sich der in der adn. critica gemachte vorschlag 
Halm's cum quod commune est aliis nomen noch mehr als seine in 
den text aufgenommene conjectur cum commune et aliis nomm 
an die überlieferung an. 

2, 17. Nach loquacitate konnte et leicht in die handschriften 
eindringen; nach beseitigung dieser conjunction und mit beibe- 
haltung der emendation Christs, also in dieser fassung quod dicere 
nolunt ipsa scheinen alle bedenken beseitigt zu sein. 

2, 19 conjicirte Spalding nihili, ref. nihil putant referre. 
Was Zumpt in demselben paragraphen vorgeschlagen hat comms- 
tatis, hat sich auch ref. vor jahren bei vergleichung des Tur. 
notirt, doch ist eine änderung von emutatis nicht nüthig. 

2, 24. Die conjectur Halm's est für id hat wenig wabr- 
scheinlichkeit, weiter ist die einschiebung von iam vor ad ebenso 
wenig nóthig, wie die conjectur Christ's descendamus, d 
verdient Spaldings vorschlag quando für quod volle beachtung. 

3, 5 ist die conjectur Christ's, der ipsum nach ferrum hinzu- 
gefügt hat, nicht zweifellos. 

Tantum vor timeretur ist schon von Regius gestrichen. 

3, 6 macht Halm den vorschlag sed vor sanguine einzuschie- 
ben, derselbe empfiehlt sich an und für sich nicht, weil eine aus- 
drückliche bezeichnung des gegensatzes nicht nothwendig erscheint, 
um so weniger aber, als der hauptsatz durch dasselbe sed einge 
leitet ist und eine wiederholung dieser conjunction geradezu ur 
schön sein würde. Dasselbe sed steht unbeanstandet 2. 10 vor 
idem, am liebsten würde ref. es auch dort beseitigt sehn, geradeso 
wie es in dem folgenden satze pulcher aspectu est athleta ... 
idem certamini paratior fehlt, weil dieser zweite satz doch keinen 
gegensatz zu dem unmittelbar vorhergehenden bildet, 

3, 11 bedarf es keiner conjectur in den worten illud obsr- 
vatione dignius, quod hic ipse honestus ornatus materiae genere 
esse debebit variatus, wo mit Tur. zu schreiben ist decet, wss 
Spalding passend erklärt Ita demum decet hic ornatus, si fwril 
pro materiae genere variatus, 

3, 14 ist nicht bemerkt, dass materiae von Burman conjicit 
ist, ebenso wenig, dass 43 delecta von Gesner und 76° cantari von 
Regius wiederhergestellt ist. 


Jahresberichte. 551 


3, 44 sind die citate aus Sallust nicht angegeben. 

Nicht nothwendig scheint 9, 53 die einfügung von etiam 
ich vitanda, wie Christ vorgeschlagen hat. 

9, 59 ist aoynucateotoy auf der viertletzten silbe accentuirt. 

3, 68 findet sich, wie oben bemerkt, in der Leyd. ausgabe 
is von dem ref. conjicirte in vor extremo, ebenso 4, 25 die ver- 
uthung Spaldings et in vor cellis. | 

3, 86 ist die übliche lesart Non tamen satis eloquentiae est 
| etc. ohne anstoss; der überlieferung von A eloquentia ea wer- 
‘n wir jedoch näher kommen, wenn wir schreiben: non tamen 
itis eloquenti ea. | 

4, 24 beharrt ref. bei der früher ausgesprochnen, auch von 
olte im Philologus gebilligten vermuthung, dass die worte huc 
- Achillis ein einschiebsel seien. 

4, 25 fehlt die angabe des citats Phil. II, 27, 67. 

9, 7 ist kein grund vorhanden et vor id, welchem bald dar- 
f ein zweites et vor passim entspricht, mit Julius Victor und 
alding zu streichen, welcher letztere allerdings auch et an 
veiter stelle beseitigt hat. 

9, 19. Wie oben bemerkt steht schon in der Leyd. ausgabe 
liosae uti. | 

9, 28 hat Regius clarus statt claris geschrieben, was ref. 
zieht. Passend vergleicht Gernhard zu unsrer stelle 6, 4 ut in 
atione quamlibet clara proprio tamen lumine eluceat. — 

6, 5 wiewohl die guten handschriften auf ac recte zurück- 
hren, so ist es doch mehr als zweifelhaft, ob man dies für das 
htige halten darf, da sich kaum ein beispiel dafür wird nach- 
eisen lassen, dass ac vor r steht. Schwerlich wird es aber ge- 
igen in diesem ac oder hac (B) ein andres wort oder vielmehr 
ste eines andern wortes zu entdecken: deshalb ist es das sicherste, 
ie dies auch bisher wohl ausnahmslos geschehn ist, ac oder hac 
berücksichtigt zu lassen. Halm hat Christs conjectur apte, an 
r an und für sich nichts auszusetzen ist, aufgenommen: noth- 
»ndig ist apte neben recte nicht und somit ebenfalls zu streichen. 

Im folgenden hat Halm an mehreren stellen einige oder melı- 
re worte mit Christ gestrichen, ohne dass ein triftiger grund 
r ein solches doch immerhin gewaltsames verfahren zu erkennen 
ire, so 9 ut Livius Scipionem a Catone adlatrari solitum refert 
‚ et a toto et a partibus 29 et ex factis, quibus persona sig- 
tur: thalamo quae fira reliquit impius. und mit Spalding 23 
ius vis est, pro eo, quod dicitur, causam, propter quam dicitur, 
nere. | 

6, 17 capitis nives ist wie oben bemerkt, citat aus Horat. 
rm. IV, 13, 12. 

6, 19. Statt signandisue, wie Halm conjicirt bat, scheint es 
facher zur handschriftlichen lesart et signandis zurückzukehren. 


552 Jabresberichte. 


6, 26 ist nicht erwähnt, dass Spalding richtig erkannt bat, 
dass die worte ef apud Tragicos ab Aegialeo als glosse zu strei- 
chen sind. 

6, 40 fehlt zu dentes albos die angabe, dass es aus Aen. XI, 
681 stammt. 

6, 47. An verbis, was Halm nach A vor velle gestrichen, hat 
schon Spalding anstoss genommen. 

6, 66 ist übersehn, dass auch die worte dici tropus possii 
auf Spaldings vermuthung beruhn; Gernhard vermuthet At id qui- 
dem est, propter quod tropus sit, quia. 

6, 71 haben die worte huius rei zu mannichfachen ündernngs- 
vorschlägen veranlassung gegeben, vielleicht aber sind nicht so- 
wohl diese, als das vorhergehende figuram zu ändern und zu 
schreiben curam hwius rei. 

An diese bemerkungen môge sich eine besprechung derjenigen 
kritischen beiträge, welche nach dem erscheinen der Halm’schen 
ausgabe veröffentlicht sind, anschliessen. 

13. Zunächst registriren wir eine kleine anzahl von con 
jecturen, welche Moriz Haupt im Hermes hat erscheinen lassen. 
Zuerst begegnen wir der vielbesprochnen stelle I, 4, 8, welche er 
IV, p. 35 in folgender nicht überzeugenden fassung darbietet: non 
enim sic optimum dicimus ut ocimum. Ebendaselbst empfiehlt er 
VI, 3, 97 so zu lesen: felicitas est, quam vocant sapientiam, offen- 
bar deshalb weil es dem ursprünglichen verse facilitas est, quam etc. 
sehr nahe kommt. Indessen überzeugend ist auch diese ünderung 
nicht, ref. hält vielmehr an dem handschriftlichen hereditas fest, 
welches dem allgemeinen begriff in felicitas vorzuziehn ist. 

VM, 2, 33 hat das handschr. encenia mehrere verbesserungs- 
vorschläge hervorgerufen, so schrieb Gallaeus pro encaenio (i. e. 
tirocinio), Burman per encomia, Gesner pro encomio, Halm ver- 
muthet pro re levi oder etwas ühnliches, Haupt IV, p. 335 ne 
pro naenia ducendum scelus primum. 

VIII Pr. 12 an einer stelle, welche die mannichfachsten bes- 
serungsversuche aufzuweisen hat, liest Haupt aperta quaedam are 
est; ref. ist auch von der richtigkeit dieser conjectur nicht über 
zeugt, sondern entscheidet sich vielmehr für Halm’s vermuthung 
materia quidem varia est. 

VII, 2, 13 schreibt er navis silataria statt navis saecaria, 
3, 24 porricere statt pollicerent mit berufung auf Verg. Aen. 5, 
238, 776 Macrob. Sat. 3, 2; ferner 3, 54 cui stasin (oder cra- 
ow) cum declamans 6, 42 nam fit longa et impedita, «bi conge 
stioribus eam iungas, wo congestioribus etwa soviel bedeutet wie 
cumulatioribus , endlich 6, 64 nachdem er sich für ceris (nicht ir 
ceris) und gegen die annahme einer lücke, wie Halm will, nach 
alio (i. e. alium in finem) erklärt hat, schreibt er plurimis moli 
scripta, quam quo eum qui maxime placeret. experiretur. 


Jahresberichte. 553 


Im Hermes V, p. 317. behandelt Haupt die bis zur unkennt- 
lichkeit in den handschriften entstellten worte in VIII, 6, 33. Das 
resultat der untersuchung, dem der ref. im ganzen beistimmt, ist 
folgendes: Sed hoc feliciter evaluit bezieht sich auf das unmittelbar 
vorhergehende, auf laureati postes, dann folgen die worte adianoeta 
vix ferimus in Graecis, ocoeluditui ist nicht zu entritbselo, es ist 
der dativ, abhängig von videmur und enthält den namen eines 
grammatikers oder andern schriftstellers, den Quintilian im scherze 
vir bonus nennt (??), der letzte satz lautete so: dure etiam iungere 
arquitenentem et dividere (mit Obrecht). septentriones videmur ; zu 
arquitenentem ist Aen. 3, 75, zu septentriones Georg. 3, 381 zu 
vergleichen. 

14. Richard Volkmann, die rhetorik der Griechen und 
Römer. Berlin. 1872. (S. Philol. anz. V, 7, p. 321) In 
diesem trefflichen buche bespricht Volkmann in sehr beach- 
tenswerther weise mehrere schwierigere stellen, an denen man 
zum theil bis jetzt noch keinen anstoss genommen hat, so p. 73 
aum. über III, 11, 6. An einer früheren stelle p. 64 weist Volk- 
mann nach, dass Hermagoras atzior alzlov statt cvvéyov gebraucht 
hat, wenn der verklagte zu seiner vertheidigung die veranlassung 
zu seiner that, die das aizov des klägers ausmacht, angibt und 
zeigt dann a. a. o. dass Quintilian dieselben worte mov aizíov 
für das lateinische causa ex causa gebraucht. Wiewohl die hand- 
schriften exastsov haben, so ist doch diese vermuthung nicht un- 
wahrscheinlich. 


V, 10, 32 (vgl. p. 170) stimmt er mit L. Kayser (in seiner 
besprechung von Volkmann's Hermagoras in Fleckeisens Jahrbb. 
1866, p. 844) dabin überein, dass die worte quam quidam As, 
ali duvauıy nominaverunt als glosse zu streichen seien. 


V, 10, 54 (vgl. p. 175) hält Volkmann mit grosser wahr- 
scheinlichkeit sew fine nach dem vorangegangnen finitione für eine 
dittographie, die folgenden worte nam wutroque modo traditur für 
ein dieselbe vervollständigendes glossem. 


IX, 2, 103 (vgl. p. 216) empfiehlt er cvAAoys» statt dia 
Aayüv: eine vermuthung, die dem ref. ganz passend zu sein scheint, 


IX, 3, 87 empfiehlt Volkmann p. 126 &vodog statt &90006 
zu lesen: auch dagegen hat ref. nicbts einzuwenden. 


15. Jo. Nic. Madvig, Adversaria critica ad — scriptores 
latinos. Hauniae MDCCCLXXIII bespricht auf wenigen seiten 
p. 935—541 nicht weniger als 16 stellen aus verschiedenen bü- 
chern, welche er zum grössten theil im engsten anschluss an die 
überlieferung glücklich wiederherstellt. Denn es verdient ent- 
schieden billigung, dass er 1, 4, 3 loquendi statt loquendo ge- 
schrieben haben will, theils darum, weil der sinn den genitiv und 
nicht den ablativ verlangt, theils weil bei sine und cum überhaupt 


554 Jahresberichte. 


micht das gerundium steht. Ebenso wenig ist es zweifelhaft, dass 
I, 6, 14 die lesart des Ambr. I non, welche auch zuerst im Berner 
codex stand, wofür spüter nomina in den text eingedrungen ist, 
mit Madvig aufzunehmen ist, also: uf non, quamvis etc. Richtig 
sind ferner die conjecturen V, 14, 12 hic potest videri deesse 
intentio und VI, 3, 102 quae de usu ipso... complexus sum, 
audeo confirmare plane [esse] necessaria 4, 9 Neque iam 
cum his ipsis monitoribus clam res fit (so Spalding aus cla- 
rescit), quidam faciunt, ut aperte quoque rixentur VII, 10, 13 
copias suas partim ad casus proeliorum retinentis, partim per 
castella tuenda custodiendasve urbes . . . dividentis . (suas hat 
Madvig ausgelassen, wahrscheinlich nur aus versebn) IX, 2, 47 wi 
illa statim prima, quae ducitur a negando, quam nonnulli &vit- 
goaciw vocant, 2, 69 aperta figura perdit hoc ipsum, quo figura 
est 2, 100 Comparationem equidem video figuram nunc esse, cum 
sit interim . . . causae genus, etsi lalis eius forma, qualis est 
pro Murena: „vigilas tu . . . et cetera“, nescio an orationis potius 
quam sententiae sit. 4, 6 Neque, si pravi pedes vim detrahuni 
rebus . . . . compositionis est iudicandum. XI, 1, 3 si genus 
sublime dicendi parvis causis, parcum limatumque grandibus . . . 
adhibeamus? wiewohl auch parcum genus dicendi nicht gerade üb- 
lich ist; wenn pressum nicht von der überlieferung zu sehr abwiche, 
würde es unbedingt vorzuziehn sein. 

Nicht nothwendig scheint I, 10, 1 die an und für sich höchst 
einfaehe und ansprechende verbesserung posui in den worten Haec 
‘de grammatice, quam brevissime potui, non ut omnia dicerem 
sectatus, quod infinitum erat, sed ut maxime necessaria. Madvig 
meint, dass in dem hauptsatze das verbum nicht fehlen dürfe, weil 
sich an das subject desselben sectatus anschliesse, aber unbedingt 
nothwendig ist es nicht, da es sich auch auf potui beziehn kann. 
Weniger einfach und der wortstellung wegen weniger empfehlens- 
werth ist die änderung IV, 5, 8 ut quo quoque de re dicturi 
simus ordine appareat. Sehr einfach und leicht ist V, 10, 64 die 
conjectur et ratio, quamvis sita ez diverso, eadem est, aber ge- 
rade sila befriedigt nicht. Sehr wenig ansprechend ist der neue 
versuch die mehrfach besprochene stelle IX, 4, 63 zu heilen non 
enim cohaerent aliis sed praecedentibus serviunt, quae exordium 
sumunt, ut clausula;. quamlibet sit enim composita ipsa . . . ve- 
nerimus. Ret. hält an der conjectur des Regius nec statt sed 
fest, obgleich dieselbe ziemlich gewaltsam ist: somit ist vielleicht 
so zu schreiben: non enim cohaerent aliis, nec praecedentibus ser- 
viunt: exordium sumunt, cum clausula , quamlibet sit composita 
ipsa, gratiam perdet, si...venerimus. Endlich scheint auch die zu 
X, 2, 13 vorgeschlagne änderung cum et verba (so mit der Cólner 
ausgabe von 1527) . . . et compositio cum rebus accommodanda 
sit, tum nicht nothwendig zu sein. 


Jahresberichte. 555 


16. Quaestiones Quintilianeae, scripsit. Joannes D. D. 
Claussen dr. ph. im 6sten supplementbande der jahrbücher für 
classische philologie. Leipzig 1872.( 1873, p. 319—394. 

In dieser abhandlung macht der verf. eine ganze anzahl sehr 
beherzigenswerther, trefflich begründeter verbesserungsvorschläge. 
So p. 320 zu I, 4, 16 Sic Oduooeus, quem "OALEEa fecerant 
Aooles, ad Ulixen deductus est, zu I, 4, 27 Iam quosdam illa tur- 
babunt, quae declinationibus non feruntur. Nam et quaedam 
participia (an verba Halm) an appellationes sint, dubitari potest, 
quia aliud. alio loco valent ut lectum et sapiens; (et Halm) quae- 
dam verba appellationibus similia ut fraudator nutritor p. 322, zu 
I, 5, 6 hoc secundum divisione complexione spatio sono contineri 
mit verweisung auf 2. 18, zu I, 5, 7 nach der Berner handschrift: 
doctiores multa adicient. Vel hoc primum, quod barbarum 
pluribus modis accipimus: unum gente, quale sit ... Alterum 
genus barbari accipimus, quod fiat animi natura, p. 323 nimmt 
er I, 5, 12 die handschriftliche lesart at in eadem vitii gemina- 
tione gegen Ritschl, welcher wie oben erwähnt worden ist, im 
Rh. museum bd. 22, p. 598 At enim adeo vitii geminatione vor- 
geschlagen hat, mit recht in schutz, wie dies auch von Bergk in 
Fleckeisens Jahrbb. f. phil. u. paed. 83, p. 328, wozu zu ver- 
gleichen ist Ritschl im Rh. museum 23, p. 218 ff. und von Bü- 
cheler, de declinatione Latina p. 54 geschehn ist. Grosse wahr- 
scheinlichkeit bat die p. 324 aufgestellte vermuthung, dass in I, 
5, 25 die worte Haec de accentibus tradita ein einschiebsel spá- 
terer zeit und somit zu streichen sind; unzweifelhaft richtig scheint — 
mir auch die bemerkung zu I, 5, 31 dass die worte nach acuta, 
welche nach Halms änderung lauten: quoniam est in flexa et acuta, 
nach der Berner und Bamberger handschrift: qui in eadem flexa 
et acuta und die im Ambrosianus fehlen, nichts weiter als eine 
dittographie sind und deshalb ebenfalls gestrichen werden müssen, 
weniger gewiss scheint es, ob auch die worte ne sit aliqua vox 
sine acuta, welche im Ambrosianus erst von zweiter hand hinzuge- 
fügt sind, zu streichen seien. P. 327 bespricht Claussen eine ver- 
muthung, auf welche ich ebenfalls gekommen bin, cf. p. 547, I, 
5, 32 nach iwraxıououg die worte et uvraxiomove einzu- 
schalten, nicht sowohl deshalb, weil auch dieser fehler häufig von 
den grammatikern getadelt wird, sondern hauptsächlich, weil bei - 
der ühnlichkeit dieser worte leicht eins ausfallen konnte und. im 
Ambr. sowie im Bamb. zweiter hand nicht ?wraxsouovs sondern 
miotacismus steht. Ueberzeugend ist p. 328 die conjectur 1, 5, 33 
recta locutio und die streichung des ganzen satzes I, 5, 62 quia 
duabus longis sequentibus primam brevem acui noster sermo non 
patitur, scheint gerechtfertigt, während schon G. Hermann, dem 
neuerdings Keil und Halm zugestimmt haben, die worte duabus 
longis sequentibus für unecht erklärt hat. — Da bekanntlich urbs 


556. Jahresberichte. 


ohne weiteres Rom bezeichnet und Quintilian VI, 3, 108. VII, 2, 8 
5, 9 dies ausdrücklich bestütigt, so darf man allerdings daran an- 
stoss nehmen, dass I, 6, 12 Romanae hinzugefügt ist, um so mehr, 
als dies adjectivum nicht in allen handschriften denselben platz hat, 
sondern bald vor bald nach urbis steht. — Nach den sorgfäl- 
tigen nachweisungen p. 329 über Quintilian's sprachgebrauch dürfte 
es kaum zweifelhaft sein, dass I, 6, 22 nicht auch zu dicia ac 
scripta der dativ hinzuzufügen, sondern vielmehr die präposition 
a, welche nach scripta so leicht ausfallen konnte, hinzuzufügen 
ist, — P. 330 nimmt Claussen mit recht daran anstoss, dass aus 
dem Ambr. I, 7, 1 hoc vor nos hinzugefügt ist, während offenbar 
dieser satz mit dem vorhergehenden quod Graeci 0g9oygaq(a» vo- 
cant auf das engste zusammenhängt und nur durch ein komma zu 
trennen ist: im folgenden paragraphen streicht er das erste wort 
ut, weil irgendwelche vergleichung hier nicht stattfindet, um so 
sicherer, als im Ambr. ursprünglich nicht ut, sondern et geschrie- 
ben war, was vielleicht nur aus einer wiederholung des schlusses 
des vorhergehenden wortes habet entstanden ist. — P. 331 wird 
darauf aufmerksam gemacht, dass 1, 7, 6 nach den vorange- 
gangnen imperfecten haberet und videremur nicht sit, sondern esset 
folgen muss. — Bedenken erregt I, 7, 21 der vorschlag C. pri- 
mum Caesaris institutione traditur facium: diese änderung 
nähert sich allerdings der überlieferung des Ambr. instructione, 
allein es ist fraglich, ob man bei dem substantivum institutio die- 
selbe bedeutung wie bei dem verbum instituere annehmen darf. 
Ebenso scheint mirs doch nicht so ganz selbstverstündlich |, 7, 22 
die präposition in vor libris hinzuzufügen. 

Die periode III, 1, 11 würde allerdings durch die von Claussen 
vorgeschlagenen änderungen, nümlich qui nach quoque einzuschalten 
und et vor artem zu streichen, an deutlichkeit sehr gewinnen. 

IV, 1, 32 streicht Claussen mit 0. Ribbeck actione, dessen 
platz in den handschriften ebenso schwankt, wie dies oben zu I, 
6, 12 bemerkt ist, weil es der bedeutung nach anstóssig ist — 
VII, 1, 26 ist mit Claussen zu schreiben propositione divisa, 
VII, 4, 13 ut si Ti. Gracchus, weil in den besten handschriften 
AG nicht si sondern sit steht. — VIII, 3, 35 will Claussen statt 
Caecilius den grammatiker L. Cinciws, weil sein name der hand- 
schriftlichen überlieferung cincilius sehr nahe kommt, an dem 
schlecht bezeugten Caecilius aber aus andern gründen anstoss zu 
nehmen ist, eingesetzt haben.  Ansprechend ist p. 334 die heilang 
einer mehrfach corrigierten stelle IX, 4, 145 Non tamen mirabor 
Latinos magis indulsisse compositions quam Aiticus, quo minus in 
verbis habebant suavitatis et gratiae, wo die besten Codd. 
habeant veritatis haben. — Nicht übel ist p. 335, X, 1, 38 
nach Graecos omnes eine lücke nachgewiesen und folgendermaassen 
ergäuzt: persequamur et poetas et historicos — X, 1, 48 


Jahresberichte. 553 


wird die handschriftliehe lesart non utriusque operis sui ingresew, 
gegen die von Halm gebilligte änderung des Badius non in 
utriusque operis sui ingressu in schutz genommen, X, 1, 61 die 
. lesart der Strassburger handschriften spiritu magnificentia statt 
spirilus magnificentia vertheidigt. P. 336 nimmt Claussen X, 1, 
95 nach prius eine lücke an und will die ganze stelle so geändert 
haben: Alterum ud et iam prius [Ennio temptatum] sa- 
turae genus, sed non sola carminum varietate mixtum condidit Te- 
rentius Varro, — P. 337 empfiehlt Claussen zu XII, 10, 28 
Zephyris et Zopyris, doch ist es ihm entgangen, dass diese ünde- 
rumg schon früher vorgenommen ist und sich unter andern auch in 
der ófters erwühnten Leydener ausgabe findet. — Zum schluss 
vertheidigt Claussen mit recht XII, 11, 12 die handschriftliche 
lesart si credas . Natura, welche Christ so verändert hat: si cedas 
naturae . Natura. 

In dem II. abschnitt p. 339—359 behandelt Claussen einge- 
hend die quellen Quintilians für den literaturgeschichtlichen abriss 
X, 1, 46—84 und bezeichnet als solche vorzugsweise Cicero und 
Dionysius von Halicarnass, namentlich aber des letztern leider sehr 
lückenhafte schrift de compositione verborum, mit welcher Quin- 
tilian in plan und ausführung übereinstimmt. Darauf wird gezeigt, 
wie Quintilian auch in dem folgenden abschnitt, von 2. 85 an, in 
dem er die römische literatur behandelt, sich öfters auf die ur- 
theile anderer bezieht. 

Zum schluss wendet sich der verf. gegen die sonderbare von 
L. Mercklin im Rh. M. XIX, p. 1 ff. aufgestellte hypothese über 
den parallelismus im 10ten buche @uintilians und weist die halt- 
losigkeit derselben kurz und treffend nach. 

Im einzelnen spricht er sich p. 356 zu X, 1, 81 gegen 
Halms änderung tamquam und mit Caesar für die streichung von 
Delphico aus, p. 357 bestreitet er mit recht die richtigkeit der 
X, 1, 90 von Halm vorgenommnen veränderung von at in sed. 

Der dritte abschaitt p. 359 — 394 handelt von: des. quellen 
Quintilian’s in bezug auf die grammatik und weist nach, dass für 
I, 4, 6 — 19 und I, 7, 1 — 31 sowie I, 5 und 6 von dem ver- 
fasser eine quelle benutzt worden ist, welche auf Verrius Flaccus 
und Varro beruht, nümlich Q. Remmius Palaemon, gestorben im 
j. 77 n. Chr., dessen Quintilian an mehreren stellen gedenkt und 
von dem bei Priscian ein fragment über das H erhalten ist. 

P. 389 1f. wird nachgewiesen, dass die zweite hauptquelle 
für grammatische fragen Cicero ist, neben ihm M. Valerius Mes- 
sala, dann C. Julius Caesar, als verfasser einer schrift über die 
analogie, einen gegenstand, den auch dessen. lehrer M. Antonius 
Guipho und Antonius Rufus behandelt haben, welche beide von 
Quiutilian genannt werden. 

Als quellen für die etymologie werden p. 391 ff. Gavius 


558 . Miscellen. 


Bassus und Julius Modestus, L. Aelius Stilo, hauptsächlich aber 
M. Terentius Varro genannt; ausserdem noch die beiden gramma- 
tiker L. Cincius und Santra. 

Ueber die griechischen grammatiker p. 393 ff. ist wenig zu 
bemerken; Quintilian nennt an mehreren stellen Aristoteles, kennt 
ibn aber nur aus Dionysius von Halicarnassus und Cicero, ausser- 
dem Aristarchus, Aristophanes, Apollodorus, Eratosthenes, Euphorion 
und Callimachus. 

Von andern schriftstellern hat Quintilian speziell für. seine 
grammatischen zwecke erwübnt resp. benutzt den Dionysius von 
Halicarnass, Catull, Lucilius, C. Asinius Pollio, @. Asconius Pe- 
dianus, Augustus, 

(Schluss folgt.) 


Breslau. | Ferdinand Meister. 


Eur. Androm. 36: 


&yQ 10 zg009tv oùy Exovo’ èdetaum, 
vuv O° ixhfAorza* Zeus rad‘ eldeln péyas 
38 ws oùy Exovon tad ExowwWFny Mya. 

Hier hat Nauck wohl richtig vs. 38 als einen von spüterer hand 
eingeschobenen erkannt: die wiederholung des oùy &xovc« ist un- 
ertrüglich, zumal in der gegenwärtigen lage der Andromache dieser 
umstand ganz gleichgültig erscheint, so dass die berücksichtigung 
des Zeus grade um dieses ausdrucks willen sich sonderbar aus- 
nimmt. Aber mit dem auswerfen dieses verses ist die stelle nicht 
geheilt: denn wenn Andromache fortfährt: 


GAN ov ope nelIw, BovAeras dé pe xzaveiy 

mario te Juyuroi MevtAewg ovvdea tade* 
so hat ogé keine beziehung und eben so versteht man se(J'w nicht, 
da in irgeud verhandlungen mit Hermione Andromache nicht ge- 
wesen, auch sonstiger einfluss auf erstere von letzterer nach dem 
hier gesagten nicht ausgeübt worden. Daher müssen bier also ein 
paar verse ausgefallen sein: diese lücke war dem schreiber unseres 
archetypus noch bekannt und hat er sie nach kräften auszufüllen 
gesucht, dasselbe also hier geleistet, was v. 7 éuoò népuxer xt. 
ein vers, der aus verkennen der construction entstanden. Hieraus 
folgt, dass der satz Ze)g tad’ sideln ufyog nicht sicher zu er- 
klären: wahrscheinlich bereitet rade das folgende vor, nämlich wie 
ich zum frieden zu wirken gesucht habe: Andromache zeigt gott- 
vertrauen, vrgl. unt. 258 9zoì yag etoovrur ade. 


Ernst von Leutsch. 


HI. MISCELLEN. 


A. Zur erklärung und kritik der schriftsteller. 


12. Zu Homer. 


ö 0’ Extra per lua Balve Ieoîo. 

Man könnte fragen, warum der dichter in dieser formel — 
sie findet sich viermal 8, 406. y, 30. s, 193. 7, 38 — die ver- 
stärkte form des präteritums faîve anwendet. In der diese frage 
berührenden programmabhandlung (Ueber die bedeutung des aug- 
ments bei Homer. Graudenz 1874) glaubte ich annehmen zu 
müssen, dass das imperfectum an diesen stellen in temporalem sinne, 
um die dauer der handlung auszudrücken, gesetzt sei. Doch die- 
ser annahme widerspricht der sonstige sprachgebrauch Homers zu 
sehr. In den bei weitem meisten fällen nämlich lässt sich das 
imperfectum durch unser steigen oder klettern wiedergeben; 
so A, 437 ix dè xai avroè Buivov (vgog) E, 364 5 d’ à di- 
peor FBauvev, nag dé oi ‘Tous EBuwvev Q, 529 ö &” oluwgas amo 
TEÜQy Ov Buive xopübe. B, 416 av d doa TrAfuayos vnos Bair’. 
6, 302 avéBaw’ vreowia, vgl. ferner B, 351. 510. 611. 619. 
I, 311. E, 837. I, 589. A, 518. M, 375. 444, N, 665. O, 
384. P, 541. 3, 68. A, 459. B. 172. y, 12. 483. 492. d, 760. 
&, 103, 179. 471. 563. 2, 5. 523. 534. 638. p, 146. 229. È, 
356. o, 145. 190. 221. 499. 549. c, 206. 252. z, 125. 600. 
% 142. 182. wy, 85. 

Ausserdem wird das imperfectum vom beschützen gefallener 
gebraucht: E, 299 ápgi d de’ avido Baive Mw wy cha TE- 
noi uic. P, 4 apgi d ag’ avid Baiv dg mg meoù mograxe 
unınn — — ws megì Margdxio ‘Baive EavdFòs Meré)aos. Er 
trat mit ausgespreizten beinen über dentodten dürfte 
den sinn des griechischen imperfectums hier noch nicht erschópfend 


560 Miscellen. 


wiedergeben; der dichter will durch dasselbe auch noch das ener- 
gische feststehen ausdrücken, wie es demjenigen zukommt, 
der seinen platz behaupten will. 


Endlich findet sich das imperfectum noch e, 371 dug’ bi 
doveats faire. Mit recht erklärt Hentze hier œugè — foie 
durch „er umklammerte mit den beinen“. Denn die verstärkte 
form des präteritums soll auch eine verstürkuug der bedeutung 
anzeigen. Diese verstärkung besteht eben in der grösseren an- 
strengung der beine, wie eine solche ja vorauszusetzen ist beim 
steigen und weiter an den eben erwähnten stellen, wo dugi 
(negt) Paive steht. Sie wird auch in der formel 6 0° £mera per 
iyıa Baive Feoîo für faire anzunehmen sein. Die gottheit — 
e, 193 ist es Kalypso, an den drei anderen stellen Athene — 
schreitet voran, 7y50«:0 xapnalluwç heisst es an allen vier stellen; 
der sterbliche, an den beiden ersten stellen ist es Telemach, an 
den beiden letzten Odysseus, folgt ihr, vermag aber nur mit an- 
strengung aller kräfte gleicheu schritt zu halten d. i. in 
die fusstapfen derselben zu treten. Ich glaube, was der dichter 
mit setzung des imperf. hier beabsichtigte, tritt bei dieser erklä- 
rung deutlich genug zu tage. 


Doch auf einige der oben angeführten stellen muss ich bier 
noch zurückkommen ; es sind das folgende: 
B, 351 quan 19 dre vqvoiv èv (én’) wxumogowy FBasvov 
"Moytio, Toulecor qóvov xai xjoa qégovrec. 
B, 510 wy pi» nevrjxovra véeg xlov, Ev dè &xacım 
xovgor Bowtwy Exurov xal tixocs Baïvoy. 
B, 611 zoAé&g 0° ày voi éxuorn || Aouades avdges èBasvor, 
B, 619 vig Enovio. Fouì, modfes O^ Eußaıvov "Entiot. 
Gewöhnlich erklärt man hier à» »gvoi éfawo» durch sie 
zogen in den schiffen ab. In dieser bedeutung findet sich 
allerdings mehrmals der aorist von faí»o in verbindung mit è» 
ynvol, vgl M, 16 "Aoysioı d' à» vqvoi pliny dc nareld’ Efnoar, 
ferner a, 211. B, 18. 27. y, 131. à, 656. c, 181; und vom be 
steigen der schiffe braucht Homer sonst in der regel die prüposi- 
tionen dy& oder ézi cum genit. Aber meiner meinung nach ist 
hier grösseres gewicht auf die verbalform als auf die präposition 
zu legen. Da das verstürkte prüteritum sonst immer eine verstär- 
kung der bedeutung anzeigt — meistens auch die übrigen vom 
prüsensstamme gebildeten verbalformen: so haben der conjunctiy, 
optativ, imperativ und infinitiv auch regelmässig die bedeutung 
steigen, vgl. o, 219. 447. ©, 291. A, 512. o, 209. E, 255. 
M, 50. A68. I7, 396. 6, 473. 708. , 101. 178. 562. 4, 637. 
ws 145; nur das participium und der indic. praes. zeigen bis- 
weilen eine freie anwendung , aber in der bedeutung abziehen 
werden sie nirgends gebraucht — nach dieser analogie alse wer- 


Miscellen. 561 


den wir auch für die oben erwähnten vier stellen die bedeutung 
steigen annehmen müssen. Sie ist je auch in „verbindung mit 
&y nichts unerhörtes; wir lesen 4, 311 i» d° ágyóg £f moAv- 
unus "Odvootvc, wo jedd=h auch eine andere erklärung zulässig 
ist, und À, 5 i» dè ta mila AuBôvres éBnoauer. Statt der üb- 
lichen präpositionen iv zu setzen dürfte der dichter an dreien der 
fraglichen stellen durch das hinzugefügte zahlwort zevmjxovia, mo- 
Aécc veranlasst sein: funfzig, viele stiegen in die schiffe und fanden 
auch raum in denselben. Nur für B, 351 lässt sich der grund, 
warum 2» gesetzt ist, nicht einsehen. Vielleicht ist daher das 
schwanken der lesart zwischen à» und émi zu erklären. 


Graudenz. Skerlo. 


13. Zu Aeschines. 


Aesch. H, 50: AußE dj uos xai tiv EnıcroAnv jv roper maga 
Dilinnov qígovrc. èmedi d° Gveyvwo9n, antyete, Egg, vy 
anodxQuow, xal Aovzov ouiv dou BovAsvoacOa, Dass Gnéyere in 
diesem zusammenhang nicht zu erklären und deshalb die annahme 
eines schreibfehlers berechtigt ist, ist eine vou allen kritikern, 
wie es scheint, zugestandene thatsache : die beiden mir bekannt 
gewordenen vorschläge, entweder einfach Zyere oder unAwg £yere 
zu ändern, konnten keinen beifall finden, weil sie zum mindesten 
willkührlich mit der überlieferung verfuhren. Sollte indessen in 
Alléyer nicht AMéyere, d. h. Ga’ éyere zu suchen sein? Ae- 
schines schildert die stolze und rücksichtslose kürze des Demosthenes 
bei gelegenheit der berichterstattung vor dem volk. Dazu scheint 
mir das schroffe &14’ recht gut zu passen. 

Als muster zur ausfüllung des abgekürzten „gedankens dient 
Dem. IX, 25: xai té dei rovg &AÀovg Mysw; GAN nueis uÿroi 
xai Aaxedaonoı moheuety @Gopeda deiv. Vgl Rehdantz zu - 
VII, 52: „mit élu pflegt unmittelbar die hervorgehobene 
thatsache einzutreten*, » 


Darmstadt. A. Weidner. 


14. Etymologica. 


Habet Et. M. p. 436, 57 haec: goyxauer Fonuer dia tov 7 
yocgeras. Hewdrurôs zeQi madwy . quae Lentzius mendum subesse 
verbis zegi nudwy ratus orthographiae Herodiani tribuit IT, p. 418 
fgm. 47 ubi rescribendum esse censet: Zonxauer Zonuos du 10% 
7 vedperas. “Howdiavds negi ögFoygaplag . sic ut, inquit, 707- 

Philologus. XXXV. bd. 3. 36 


562 Miscellen. 


xupev ub eloixuuer distingueretur . eaque de re alterum quoque 
ex hoc fragmentum concinuavit p. 518, 18 nonxauer dia 100 i 
yodqerar, 10 dì eloyxcuev dic mig € dıy3oyyov . quod quamvis 
sagaciter excogitatum , tamen minime verum mihi videtur esse, 
totus enim locus Etymologici valde corruptus est . verba tamen 
illa zegi maur prorsus recte se habent. Adscito namque codice 
V. qui praebet nonuev . Nenxupev xui Cvyxon 7 Nenner, statim in- 
tellegetur scribendum esse: Jouer NEoNXa ev xai Gvyxony NONE. 
“Howdiurög negi nudwr . Gvyxon?) enim ipsum illud s@9og est 
quod fonxauey vocabulum passum est cum fieret foguer. 

Potuit praeterea etiam tale quid extare in Etymologico quale 
Lentzius suspicit fuisse . nempe ad lemma jonxeuey . dit tov 7 
yo qaas. 

Ceterum gravioribus omnino vitiis hunc locum  deformatum 
esse sequentia docent, quae 79708 vocabulum explicant . verba 
enim &zò tov t0eldw ad unum 7078070 quadrare iam Sylburgius 
vidit . hoc tamen verbum nunc in Et.M. frustra quaeres. Attamen 
neque hic codicis V. ope destituti sumus; cum enim habeat: 70708 
cow tò Gopobw xıl. non erit dubium quin in communi omnium 
codicum archetypo haec fere scripta fuerint: 705oei, adscriptis eis 
quae nunc solus V. „praebet et quae omnia adscribere piget, se- 
quebatur 7708070° ano roù dge(Ów égetow. 

Simili eoque mirabili vitio eadem verba laborant in Hesychii 
lexico . quod cum habeat 2g/g&* + éxoure et 70708070” fepooro . 
nossev . énérnxro, non mihi est dubium quin explicationes sedes 
suas commutaverint et restituendum sit: 700° 7owooro. nosker 
(2) . èrrtanzro . et Nong8&070° diexootei, ubi id unum mili 
obscurum est quid 7045er sibi velit, quod sensu prorsus caret. 
fortasse pro eo rescribendum est 07700Év cuius priora elementa 
oz facile omitti potuerunt a librario post terminationem prioris 
vocabuli 7ouoczo . referenda est haec adnotatio ad Iliadis M 56 
ut oxjovtsy Homeri 6xoAontoow explicet. 

Jam omnia optime quadrant nec est quod amplius de emes- 
danda + éxguze scriptura desperemus . neque iure Mauricius 
Schmidt haec verba in adnotationes relegavit, cum emendata in 
textum recipienda essent. 

Jam oblata occasione ne quis a me expectet quod praestare 
nec possum nec volo, de &»ózo4« vocabulo cum pollicerer me ali- 
quando acturum esse (indicis philologi vol. VI, p. 144) ignarus 
eram iam institutam atque omnibus numeris absolutam esse quae- 
stionem ab Aem. Woernero in Curtii studior. grammaticor. vol. 
VI, p. 347. sqq. quare ne yhavx sig 9qvac ferre iudicer pro- 
missi me absolutum iri spero. 


Gedani. Georgius. Schoemann. 


Miscellen. 563 


15. Virg. Aen. I, 454—456: 


dum, quae fortuna sit urbi, 
artificumque manus inter se operumque laborem 
miratur, videt Îliacas ex ordine pugnas. 

Diese stelle hat den auslegern viel zu schaffen gemacht. 
Schon die alten gehen in der erklürung auseinander. Servius 
erklärt artificum manus inter se durch habebat urtificum compara- 
tionem. Genauer drückt sich dagegen Ascensius aus: dum mi- 
ratur, quae fortuna i. e. quae felicitas et prosperitas perficiendi sit 
urbi ... et manus artificum et labores (sic!) operum inter se i.e. 
certo ordine aut iusta et aequali proportione operantium, ita, ut inter 
se consentirent et opera iustis proporlionibus dispartirentur, dum ergo 
haec miratur, videl. pugnas Iliacas: er bezieht also inter se auf ma- 
nus und labores zugleich und denkt dabei an die innere überein- 
stimmung der kunstwerke und die gleichheitliche vertheilung der 
arbeit, Er lässt es uber ebenso wie Servius unbestimmt, an welche 
kunstwerke zu denken ist; ähnlich Heyne: dum varii generis et 
artificii opera comparat; Wagner bezieht artificum manus bestimmt 
auf ars sive pingendi ratio cuique artifici propria; so auch 
Gossrau. Allen diesen erklirungen gemeinsam ist, dass dem 
Aeneas eine vergleichende thätigkeit zugeschrieben wird. Da- 
gegen sieht Ladewig ein, dass derartige kuuststudien für Aeneas, 
zumal in seiner damaligen lage, doch sehr ungehörig gewesen 
wären, und ist deshalb geneigt zu inter se ein certantes zu er- 
gänzen. Doch zweifelt er schon ob inter se überhaupt vom dichter 
herrühre. Ribbeck zweifelt nicht mehr und ändert mit gewohnter 
energie; er schreibt flugs intrans. Damit ist die stelle allerdings 
auf einmal sehr durchsichtig geworden, aber auch sehr seicht und 
ihrer poetischen schünheit theilweise verlustig gegangen. — Die 
bisherigen auslegungsversuche befriedigen allerdings nicht. Man 
darf weder bei mirari an eine vergleichung noch bei artificum 
manus an die im folgenden beschriebenen gemälde denken. Gegen 
das erstere erheben sich psychologische bedenken, gegen dus letztere 
logische. Es heisst dum miratur, videt. Was neben dem videre 
hergeht, muss entweder etwas anderes sein als wieder ein sehen, 
oder es muss auf ein anderes object gerichtet sein. Nun schliest 
mirari allerdings, wie aus dem unmittelbar vorausgehenden dum 
lustrat ersichtlich ist, ein sehen ein, also — muss das object 
des mirari ein anderes sein als das von videre; man darf also an 
die Iliacae pugnae, die in den gemälden dargestellt sind, nicht 
denken. Mirari hat aber ein dreifaches object: 1) quae fortuna 
sit urbi; 2) artificum manus inter se; 3) operum labor. — Aeneas 
betritt den tempel der Juno, an dem, wie Donatus richtig sah 
“cum nondum perfectum esset), noch gebaut wird (s. v. 447 con- 
lebat), der aber doch zum grössten theil fertig ist (s. v. 448 f.), 


36* 


564 Miscellen. 


und wundert sich über das glück der stadt, die sich in solcher 
grossartigkeit erhebt; vor und um sich sieht er die wimmelnde 
schaar der am werk d. h. am bau des tempels und der stadt be- 
schäftigten arbeiter, die einander — das gleichniss von dem bie- 
nenschwarm, wo auch trotz des scheinbar regellosen durcheinanders 
die grósste ordnung herrscht, wirkt noch lebendig fort — in die 
hünde arbeiten, und so bekommt er den lebhaftesten eindruck von 
der gewaltigen anstrengung, deren es bedarf, um solche opera, wie 
die stadt und der tempel sind, aufzuführen. Während er in diese 
betrachtungen versunken ist, fällt sein blick auf die darstellungen 
aus dem trojanischen krieg. Für die attributive verwendung eines 
inter se bei manus, die dem griechischen sprachgebrauch entlehnt 
ist, finden sich bei dem dichter unzählige beispiele. Wie häufig 
sie auch schon in der damaligen prosa war, zeigt die sorgfaltige 


arbeit von Gg. Englert „über den attributiven gebrauch adver- 
bialer bestimmungen bei Livius*. 


Augsburg. Fr. Mezger. 


16. Zu Properz. 


Propert. El. IV (V), 4, 55: 
Sic hospes pariamne tua regina sub aula, 
Dos tibi non humilis prodita Roma venit. 
Madvig sagt: (in Tarpeiae oratione) haec est codicum scriptura: 
Sic hospes pariamne tua (Cj. pariam tua ne), ex qu 
leniter iuvando nascitur haec et verbis et sententiis perapta: 
Si hoc spectas, par eamne tuam regina sub aulam, 
Dos tibi non humilis prodita Roma venit. 
Ich vermisse hier das leniter iuvare, und sonst noch allerlei _ 


Könnte man sich nicht näher an die handschriften halten? Setzea * 
wir z. b. 


Sim sospes pereamve tua regina sub aula cet. 
„Sei ich lebend oder todt, königin, in deiner halle, Rom bleibt dir 
als herrliche mitgift“. 


Hamburg. Heinrich Kósilin. 


————— ————M———— e 





17. Zu Martial. 


Martial. Epigr. 5, 45: 
Dicis formosam, dicis te, Bassa, puellam. 
Istud quae non est dicere, Bassa, solet; 
Von irgend einem der den scharfen witz des epigramms nicht 


Miscellen. | 565 


fassen konnte, ist das quae non est für das alte quod non est in 
den text gekommen. Was diese interpunction bei dieser form 
des gedichtchens bedeuten soll, weiss gott. Es muss heissen: 


Dicis formosam, dicis te, Bassa, puellam. 
Istud quod non est dicere, Bassa, soles. 


Die pointe besteht darin, dass das komma zwischen est und dicere 
fehlt und doch nicht fehlt. Natürlich muss es nebenbei soles heissen. 
Also: istud quod non est, dicere, Bassa, soles: „du sagst gern was 
nicht wahr ist, du prahlst* und istud quod non est dicere, Bassa, 
soles „was nicht zu sagen ist, was man nicht sagen darf, thust du, 
Bassa“, istud und solere mit obscöner andeutung. 
Martial. Epigr. 5, 46: 
Basia dum nolo nisi quae luctantia carpsi, 
Et placet ira mihi plus tua, quam facies, 
Ut te saepe rogem, caedo, Diadumene, saepe: 
Consequor hoc, ut me nec timeas nec ames. 
Dieses fade gedichtchen kann in dieser form unmöglich von Mar- 
tial sein. Für caedo lasen andere cedo, und daher stammt das nec 
— mec, was dann allerdings einen sinn giebt, aber einen durchaus 
verdrehten. Lesen wir aber caedo, so müssen wir ohne frage 
bessern : 
consequor boc ut me sic timeas ut ames. 
Der dichter mag gern widerstand; daher quält er den geliebten, 
um ihn nachher zu versóhnen: amantium irae amoris integratio 
est. Er erreicht damit, dass Diadumenos ihn so fürchtet dass er 
ihn liebt; dass die kiisse um so feuriger siud, weil sie die versóh- 
nung feiern. 
Martial. Epigr. 7, 8 lautet der schluss: 
Festa coronatus ludet convitia miles, 
Inter laurigeros cum comes ibit equos. — 
Fas audire iocos levioraque carmina, Caesar, 
Et tibi, si lusus ipse triumphus amat. 
Das et vor tibi im letzten verse hat die alte und richtige lesart 
sic tibi, si verdrängt. Es ist eine feine empfehlung seiner scherze, 
als wenn sie über den strang hauen wollten; die soldaten werden 
hohnvolle bittere wahrheiten gesungen haben: der dichter wird 
das in seinen versen versüssen. 
Hamburg. Heinrich Köstlin. 


18. Zu Horatius. 


Hor. Ep. I, 20, 24 ist statt solibus aplum von W. Herbst 
æolibus «sium vorgeschlagen und von Fleckeisen angelegentlich 


566 Miscellen. 


empfohlen worden (N. jahrb. 1873, p. 830, 1875, p. 643 sq. ))). 
Düntzer hat diese vermuthung eifrig bekämpft, W. Roscher da- 
gegen glaubte die conjektur von Herbst durch die änderung so- 
libus atrum vollenden zu können. Neuerdings hat E. Eichler 
(Zschr. f. ósterr. gymn. XXVII, 4, 261) die überlieferung durch 
folgende erklärung zu vertheidigen gesucht: ,,solibus aptum be- 
ziehe sich auf die fähigkeit des körpers, die wirkung der sonnen- 
strahlen durch verinderung der hautfarbe leicht merken zu lassen“; 
Es bedarf indessen kaum der bemerkung, dass auch diese erklä- 
rung keine einfache und klare vorstellung gewährt. Unter diesem 
widerstreite der sich quälenden interpretation und emendation er- 
scheint es vielleicht nicht unangemessen, an Juven. VII, 58.zu 
erinnern: omnis acerbi [npatiens, cupidus silvarum | aptusque bi- 
bendis Fontibus Aonidum, was E. Matthias (de scholiis Iuv. 30 sq.) 
passend erklärt: denique (poeta egregius) ingenio ne sit duro atque 
tardo, sed docili et capaci et , Pindarici fontis quod non expalluit 
haustus. Der dichter bekennt also von sich, dass er zwar praecanus, 
aber dennoch recht gut empfänglich für die sonne, d. h. darum 
noch nicht schwächlich oder unbeweglich sei. Dies wollte wall 
auch der Schol. Acron. sagen: durae cutis hominem et ad laborem 
fortem. Das sole uti ist bekanntlich nicht jedermanus sache: wer 
also empfánglich dafür ist, zeichnet sich durch eine besondre eigen- 
schaft aus. Treffend ist bereits von W. Hartel vergliches wor- 
den Ovid. Art. am. I, 237: vina parant animos, faciuntque caloribus 
(liebesgluth) aptos, und Met. XIV, 25 (von der Circe) neque enim 
flammis habet aptius ulla "Talibus ingenium, [Die bemerkunges 
von H. A. Koch im Rh. mus, XXX, 480 sind mir leider unbe 
kannt]. Vgl. Teuffel’s bemerkung zu Hor. Sat. M, 5, 43 ami 
cis aptus. 


1) Vgl. G. Krüger in N. jahrb, 1874, p. 470. 
Darmstadt. A. Weidner. 


19. Zu Livius. 


Liv. X XI, 33, 4: quicquid adiecissent ipsi terroris satis ad perni- 
oem fore rati, perversis rupibus iurta invia ac devia adsudi 
decurrunt. Statt des verdorbenen perversis haben die neueren heraus- 
geber nach Kreyssigs vorgang die lesart einer jüngeren handschrift, d. i 
die conjectur eines abschreibers, diversis aufgenommen. Dies würde, 
wie Wolfflin erklärt, ,von den felsen rechts und links des weges 
herab“ bedeuten; der zusammenhang erfordert aber, da die berg- 
bewohner jene felsen erst aufsuchen mussten, einen ausdruck mil 
der von Weissenborn dieser lesart gegebenen bedeutung: „auf, an 
den felsen auf verschiedenen punkten“, wie Polybios 3, 51, 9 
zura nisiw puéon rmooorecoriwv 10v Pupßagwv sagt. Da rupe 


Miscellen. 567 


keine wegbezeichnung wie iter, via, pars u. a. ist, so müsste es in 
diesem sinne die praeposition per bei sich haben. Aehnliche bedenken 
sprechen gegen per diversa rupibus, was Hertz aufgenommen hat. 
Annehmbarer wäre Madvigs transversis rupibus, geht aber, ebenso 
wie die eben genannten änderungen, von der überlieferten lesart 
zu weit ab: man müsste denn etwa den fehler aus irriger vertau- 
schung mit dem anfang von perniciem erklären wollen. Einfacher 
und zugleich, da die composita von vadere ein weiterdringen unter 
überwindung von hindernissen bezeichnen, dem sinn der stelle ent- 
sprechend dürfte pervasis rupibus sein, vgl. Liv. 25, 14 per se 
quisque omnes per aequa atque iniqua loca pervadunt; 22, 14 per 
omnia arta praeruptaque velut. caeci evadunt. 

Da adsuetus aliquid in der guten prosa nicht vorkommt, so 
sind mancherlei verbesserungen vorgeschlagen worden: in invia 
(wie Liv. 24, 5), ad invia, invio devioque. Weissenborn ent- 
scheidet sich für die leichte besserung in invia, Wölfflin hält, weil 
Livius auch sonst poetische, zumal von Vergilius gebrauchte wen- 
dungen hat, an der handschriftlichen überlieferung fest; wir wür- 
den mit jeder von beiden lesarten uns zufrieden geben, wenn uns 
nicht schiene, dass noch ein tieferer fehler vorhanden sei. Die be- 
griffe, welche iuxta (oder pariter, aeque) verbindet, müssen ein- 
ander ausschliessen, wie z. b. in den von Wölfflin und andern an- 
geführten beispielen VI, 6, 18 parere atque imperare iuxta paratus, 
24, 10 die ac nocte iuxta intentus, 9, 13 iuxta, obsidentes obses- 
sosque inopia vexavit, 5, 6 iuxta hieme atque aestate bella gerere, 
1, 54 absentium bona iuxta atque interemptorum ; dies ist aber bei 
iuzta invia ac devia nicht der fall: denn alles unwegsame und un- 
gangbare ist eben als solches, weil reisende es umgehen müssen, 
auch abseits des weges gelegen und die invia sind daher in den 
devia schon mit enthalten, so zwar dass devius, wie das lexikon 
lehrt, auch in die bedeutung von invius übergehen kann. Daher 
vermuthen wir, dass Livius ivrta in vias atque devia adsueti 
geschrieben, ähnlich wie 38, 23 ruunt caeci per vias per invia. 
Das wort invia hier nicht zu wählen veranlasste ihn wohl der 
gleichklang desselben mit in vias. 

Weiterhin (2. 5) heisst es: tum vero simul ab hostibus simul 
ab iniquitate locorum Poeni oppugnabantur plusque inter ipsos, sibi 
quoque tendente ut periculo prius evaderet quam cum hostibus cer- 
taminis erat. Da es viele tausende waren, von welchen jeder zu- 
erst der gefahr entrinnen wollte, so ist der superlativ, und weil 
es sich um die priorität der subjecte, nicht die von prädicaten, 
handelt, das adjectiv nothwendig; aus primus ist durch weglassung 
des striches über dem ersten vocal prius geworden. 


Hof. | G. F. Unger. 


568 Miscellen. 


B. Auszüge aus schriften und berichten der ge- 
lehrten gesellschaften so wie aus zeitschriften. 


Archiv des vereins für geschichte und alterihümer der herzoj- 
thümer Bremen und Verden und des landes Hadeln zu Stade. 5. 
1875. — P. 429: Krause, eisen in hünengrübern. — P. 459: 
die Römermünzen in dem hünengrabe von Fickmühlen. Der Miıl- 
sumer goldring. Die münzen, die aus der zeit der bestattung selbst 
stammen, gehôren der zeit der Flavier und Antonine an. Es sind 
zusammen vierzig stück, die sich jetzt im gôttinger archäologischen 
institut (als fundort ist Bederkesa genannt) befinden. 

Mittheilungen der gesellschaft für Salzburger landeskunde. 
XV. vereinsjahr. Salzburg 1875. Das heft selbst enthält nichts, 
was philologisches interesse hat. Dagegen handelt eine beigegebene 
schrift von Walz: über die grabdenkmäler von St. Peter und 
Nonnberg zu Salzburg, in deren einleitung auf die alte römische 
begräbnisstätte am Pirglstein bei Salzburg hingewiesen wird. Die 
dort gefundenen, jetzt grösstentheils in der münchener pinakothek 
aufgestellten gegenstände bieten ein reiches material für die älteste 
geschichte des landes. — Die abhandlung selbst bezieht sich auf 
die christliche zeit. Doch finden sich p. 74 sq. interessante beob- 
achtungen über die entstehung und fortbildung von wappen, die 
als urdeutsche einrichtung nachgewiesen werden. Den ursprung 
derselben findet der verf. mit heranziehung der worte des Tacitus: 
Scuta tantum lectissimis coloribus distinguunt, in genau bestimmten 
allgemein bekannten erkennungszeichen auf dem schilde des mannes. 

Sitzungsberichte der philosophisch - philologischen und histori- 
schen classe der k. b. akademie der wissenschaften zu München. 
1875. Bd. II. Heft 1. — P. 1: Unger, der attische kalender 
wührend des peloponnesischen krieges. Vf. behandelt 1) jahre der 
alten oktaeteris, ol. 87, 1 bis ol. 89, 2; 2) das übergangsjabr 
ol. 89, 3; 3) die neue oktaeteris; 4) tagzahl der monate. — 
| P. 67: Emil Schlagintweit, die tibetischen handschriften der königl. 
hof- und staatsbibliothek zu München. — P. 89: Lauth, könig 
Nechepsos, Petosiris und die Triakontaëteris. 

Bulletin de la société des antiquaires de France 1870. 1. trim. 
Quicherat, nachricht von einem zu Vieux en Valromey (Ain) ge 
fundenen tempel des Mithra, nebst folgender auf einem aus den 
trümmern hervorgezogenen cippus befindlichen inschrift : 

DEI.I.M —. 
PATRI.PATRV 
M.G.RV 
EVTACTO 
C.R.VIRI 
LIS . FIL. 


Miscellen. 569 


d. h. Dei invicti Mithrae patri patrum Gaio Rufio Eutacto Cajus 
Rufius Virilis filius. Auf einem stein zeigt eine andere inschrift 
den alten namen Vessitonimagus für Vieux, der schon anderweitig 
bekannt geworden war. 


Derselbe : 


RAVCI VIC 
ANI VENE 
TONIMAGI 
NSESOBEI... 
MERITA 


nachricht von email-werkstatten, welche von Bul- 


liot auf dem mont Beuvray (dem alten Bibracte) entdeckt worden 
sind nebst bemerkungen von Lasteyrie iiber die den alten Celten 
(namentlich Britanniens) bekannt gewesene kunst des emaillirens. — 
AUmer: grabschriften aus einem neuerdings im jetzigen bett des 
“Rhône in Lyon aufgefundenen römischen kirchhof. 


2) 


3) 


D (ascia) M 
€. POMPEI 
ZOSIMI 
POMPEIA-RVFINA 
LIBERTA-ET-VXOR 
PATRONO-PIENTIS 
SIMO-ET-SIBI-VIVA 
SIMVL-ET-PACTVME 
IVSION 
ETPOMPEIVSSABEL 
LVSHEREDESEIVS 
POSVERVNTETSVB 
ASCIADEDICAVER 


(uli) . . . IA 
(juliae) MARCELL 
INA(e): LIBERTA 
LIBERTO 1VLIO 
DECMINO (sic) 
CONIVGIKARIS 
SIMO VIVA 
VIVOPOSVIT 


D (ascia) M 
ETMEMORIAEAETERNAE 
BITTIAETITIAEFEMINAE 
SANCTISSIMAEETINCOM 
PARABILI-MORIBVS sanc 


570 | Miscellen. 


TAEETSABINIOSANCTOCOn 
IVGIVIVOIVLIVSDIVICIAcus 
ETSABINIVSSANCTIN VSFILi 
PARENTIBVSKARISSIMis 
PONENDVMCVRAVERVNT 
ETSVBASCIADEDICAVE 

R VNT 


4) Die merkwürdigste der inschriften, wegen der sonderbarkeiten 
der sprache, ist die folgende: 


D quiETI (asciu) M 
ET MEMORIAE AETERNAE 
MASPETIA SEVERINA VALE 
RIO MESSORI CONIVGI 
INCOMPARABILI QVI 
PLVS MEREBATVR QVAM 
FACIO CVM QVEM VIXI 
ANNIS XXIII QVOD ILLE 
MI DEBVIT FACERE SI FATA 
BONA FVISSENT IDEM AS 
TAT MEMORIAM PONI 
VALERIVS SILVICOLA ET 
FILIA FLVENTIS LACRI 
MIS ORFANITATEM CVM 
PERDIDERVNT PATREM 
INCOMPARABILEM ET 
POSITA EST ARA QVI GES 
SIT IN CANABIS SINE 
VLLA MACVLA SIC SCRIP 
SIT MASPETIA SILVINA 
SI FATI CONDI CIONEM 
REDDIDEROVT LICEatmi 
ARAM MERERi ET MeMO 
RIAM MEAM PONI . 

PPP CCC SVb ASCiA DDD 


Canabae war das kaufmännische viertel in Lyon, wahrscheinlich 
dasjenige, welches jetzt Bourg-Chanin heisst. [S. Lagarde Psalterii 
versio memphitica 155, wo canaba als syrisch nachgewiesen wird.] 


(ascia) 


PRIMITIVI- AC 
TORISPRAEDI 
ORVMHORVM 

VIVVSSIBIPOS 


Miscellen. 571 


TERISQVESVIS 
FECITETSVBAS 
CIADEDICAVIT 


— De Witie, irdene lampe von rómischer arbeit (mit abbildung): 
ein sitzender mann, der auf ein gerippe zeigt, wührend ein neuge- 
borenes kind in windeln eingewickelt zu seinen füssen liegt, offen- 
bar ein philosoph, der über leben und tod betrachtungen anstellt, — 
Egger, nachricht von einem griechisch - lateinischen Onomasticon, 
welches in einer bandschrift des neunten jahrhunderts von Bou- 
cherie in Montpellier entdeckt worden ist und wahrscheinlich von 
Julius Pollux, dem lehrer des Commodus, herrührt. 

2. trimester. Conchéris: entdeckung eines römischen amphi- 
theaters in Paris rue Monge (dessen reste, wie später mitgetheilt 
wird, leider nicht erhalten worden sind) — Allmer, Lyoner 
inschriften : . 

1) d M 
iuliae MARCELLINAE 
herEDES P-C 
sex.(?)VERIVS 
ParaMYTHIVS 
iulia GRATILLA 
et iul. DECMINVS 


2) D M 
ael FeSt AVGG 
liB TABVL XL 
gal ....  AELIVS 
parthe NOPAEVS 
AVGG LIB 
pOS VIT 


d. h. Diis Manibus M. (oder L.) Aelii Festi, augustorum duorum 
liberti, tabularii quadragesimae Galliarum M. (oder L.) Aelius 
Parthenopacus, augustorum duorum liberius posuit. Aus dieser in- 
schrift schliesst Allmer, dass die verschüttung des rómischen kirch- 
hofs durch den sich ein neues bett wühlenden Rhóne nach Marcus 
Aurelius statt gefunden haben muss. 


3) B M 
. ELI FELICIAN 

... INIA CHRY 

... CONIVGI 

VIVA VIVO 

. . VB ASCIA 

. EDICAVIT 

. LIB 


572 Miscellen. 


— De Witte, über ein gefäss von rother erde, in Blain (Loire- 
inférieure) gefunden; die figuren sind ein todter krieger und ein 
von einer frau geführter gefangener; aus den worten DECIBAL.. 
und PART(hicus) in den sonst unverständlichen inschriften geht 
hervor, dass dieses gefáss auftritte aus Trajans feldzügen dar- 
stellte. —  Quicherat: grabschrift eines freigelassenen aus Marseille: 


KOPYNO?OI 

OEYMEAON 

TOSAIIEAEY 

OQ EPOI 

— Villegille: geschnittene steine (Mercur, Mars, bonus eventus etc.) 
in Paudy (Indre) gefunden. — Quicherat: sarkophag mit sculp- 
turen aus der besten rômischen zeit, welche kinder auf der jagd 
darstellen, aus Bastelicaccia (Corsica). — Quicherat: über die 


auffindung des alten römischen theaters in Besancon durch Castan. — 
Egger: über einen von Mariette aus Sakkarah mitgebrachten grie- 
chisch-ägyptischen papyrus, welcher steuerlisten enthält. — Flouest: 
über die bei Essarois (Cöte-d’Or) gefundenen reste eines gallo- 
römischen altars; an der völligen gleichheit der basis und des auf- 
satzes zeigt sich die gallische arbeit. 

3. trimester. Quicherat: aus einer von Cessac in Ahun (bei 
Limousin) aufgefundenen inschrift eines meilensteins : 


[IMP CAES] 
M. ANT. GOR 
DIANO.PIO 
FELICI. AV[G] 
P.M. TR.P. [I1]1.CO. 
H.P.P.F.XX 
[A]V.LXXXHII 


d.h. Fines XX, Augustoritum leucae XXXIIII wird gezeigt, dass 
der heilige Martial, der nach der iiberlieferung an diesem meilen- 
stein gegeisselt worden ist, erst unter Decius nach Gallien hat 
gekommen sein können. — Marion: pfahlbauten im see Clairvaux 
(Jura). — Egger: frauen als stüdtische beamte auf Syra. 

4. trimester. Creuly: erklärung einer von Orelli und andern 
bereits gedruckten inschrift auf Isis Myrionyma und Serapis. — 
Egger: über die griechischen und lateinischen wôrter für tinte 
uéiav, atramentum, encaustum, encautum und ihre ableitungen, mit 
benatzung des oben erwähnten von Boucherie aufgefundenen ono- 
masticon des Julius Pollux. —  Henzey: über einen griechischen 
thürzapfen aus Macedonien (mit abbildung). 

1871 nicht erschienen. 

Revue crilique d’histoire et de litterature (s. oben p. 384) 


Miscellen. 573 


1869, nr. 30: Nutzhorn, die entstehungsweise der Homerischen 
gedichte, mit einem vorwort von Madvig, ein buch, welches die 
einheit der beiden epischen gedichte verficht; lobende anzeige von 
H. Weil, dem der verf. nur oft zu weit geht. — Steger, plato- 
nische studien; anerkennende anzeige von Heitz. — C. L. Ur- 
lichsii Commentatio de Vita et Honoribus Agricolae, anzeige von. 
de la Berge, dem der verf. Hübner's ansicht, es sei der Agricola 
des Tacitus eine laudatio funebris (Hermes I, 438 fig.) nicht wi- 
derlegt zu haben scheint. — Lucian Müller, Geschichte der klas- 
sischen philologie in den Niederlanden; anzeige von C. Thurot, 
der einige lücken andeutet. — Annuaire de l'association pour l'en- 
couragement des études grecques. Anzeige von A. C., die inhalts- 
angabe enthaltend. — Nr. 31: Westphal, Prolegomena zu Ae- 
schylus tragödien; anerkennende anzeige von H. Weil, der beson- 
ders zur Prometheus-trilogie seine eigne abweichende ansicht ent- 


wickelt. —  Goettlingii Opuscula Academica. ,,Der verf. schreibt“, 
sagt der ungenannte recensent, ,ein klares, leichtes und lebendiges 
latein, das in Deutschland nicht häufig ist*. — Nr. 32: L. von 


Sybel, De repetitionibus verborum in fabulis Euripideis, Tournier, 
der das buch anzeigt, findet das verfahren des verfassers, wieder- 
holte wörter durch corrigiren zu entfernen, willkürlich, erkennt 
jedoch seine kenntnisse an. — Hampke, kritische und exegetische 
bemerkungen über das erste buch der politik des Aristoteles (Lyck, 
1863); Susemihl, De Aristotelis politicorum libris I et II quae- 
stiones criticae (Greifswald 1867. 1869); Spengel, Aristotelische 
studien HI. Zur politik und ókonomik (München 1868). Anzeige 
von Ch. Thurot, der, was ihm zusagt, hervorhebt und aus ma- 
nuscripten der Pariser bibliotheken varianten mittheilt, welche die 
alte lateinische übersetzung mit dem text Bekker’s darbietet. — 
Nr. 33: Kirchhoff, die composition der Odyssee; ,die schlüsse des 
verf. sagt H. Weil in seiner eingehenden beurtheilung, ,,sind be- 
streitbar, seine beobachtungen sind beinahe alle richtig und beleh- 
rend“. [S. Phil. Anz. 1l, 1, p. 36]. — Nr. 34: H. Weil, de l'ordre 
des mots dans les langues anciennes comparées aux langues modernes, 
empfohlen in ausführlicher inhaltsangabe durch .X. — Krauss, 
M. Tullii Ciceronis epistularum emendationes; billigende anzeige 
von Ch. M. —  Esselen, geschichte der Sigambern; beurtheilung 
von Reuss, der, trotz aller anerkennung für den sammelfleiss des 
verfassers, über mangel an methode und anordnung klagt. — 
La revue Celtique, von Gaidoz eben begründet, wird den lesern 


empfohlen. — Nr. 35: Wattenbach, anleitung zur griechischen 
palaeographie; der berichterstatter uw. 7. wünscht den Franzosen 
ein übnliches buch. — Zink, der mytholog Fulgentius; wohlwol- 


lende anzeige von Comparetti, der darauf aufmerksam macht, dass 
Reifferscheid's aufsatz über das buch de aetatibus mundi et ho- 
minis (Rhein. mus. 1868, p. 133 flg.) einige lücken seiner arbeit 


574 Miscellen. 


ausfüllen kann und die versicherung giebt, dass das von Lersch 
(de abstrusis sermonibus) als fraglich. erwähnte buch Fulgentius 
super bucolica et georgicu Virgili sich in der that in der biblio- 
thek von Padua befindet, aber nicht von Fulgentius herrührt; so 
wie schliesslich bedauert, dass Zink nur gedruckte exemplare des 
Fulgentius, nicht die handschriften benutzt hat, durch welche viele 
einzelheiten seines buchs eine andre gestalt gewinnen würden. — 
Nr. 36: Decharme, de thebanis artificibus, sehr anerkennende beur- 
theilung von Geffroy, aus welcher man erfáhrt, dass der verf, 
mitglied der schule von Athen, vor dieser dissertation eine samm- 
lung noch nicht veröffentlichter béotischer inschriften herausge- 
geben hat. — Mowat, Noms propres anciens et modernes, anzeige 
von =, der besonders den theil der schrift bemerkenswerth findet, 
welcher von dem afrikanischen element in der lateinischen ono- 
mastik handelt. — Nr. 37: Jülg, die griechische heldensage im 
wiederschein bei den Mongolen (Würzburg 1868) und Gerland, 
Altgriechische märchen in der Odyssee (Magdeburg 1869), beide 
abhandlungen zusammen angezeigt von Comparetti, welcher in be- 
zug auf die zweite sagt, dass, wenn man so fortfährt, die mytho- 
logie selbst eine mythe werden wird. [S. Phil. Anz. Il, 4, p. 193.] — 
Curtius, Studien zur griechischen und lateinischen grammatik. 
M. bd. 1. heft; wieder angezeigt von Ch. Thurot, mit bemer- 
kungen desselben über wortbillung. — Biicheler, Hymnus Cereris 
Homericus, lobende anzeige von Heitz. — Biicheler, Quinti Ci- 
ceronis reliquiae (mit benutzung des Berliner mauuscr. in dem 
buche de petitione consulatus) augezeigt von Ch. M., der sich 
über den ermüdenden schrägdruck alles dessen, was nicht zu den 


worten des alten schriftstellers gehört, beschwert. — Nr. 38: 
O’Dongvan und Stokes, Cormac's Glossary translated; auzeige von 
aidoz. —- Büchsenschülz, traum und traumdeutung im alterthume, 


anzeige von Z. — Volkmann, Synesius von Cyrene; „der philo- 
logische theil“, sagt Ch. Thurot, „ist die schwache seite der arbeit‘, 
und giebt einige emendationen: s. Phil. Anz. l, p. 175. — Nr. 39: 
Eisenlohr, Analytische erklärung des demotischen theils der Roset- 
tana, angezeigt von Maspero, der die erklärungen oft überflüssig 
und meist zu weitschweifig findet. — Nr. 40: Pierron, L’lliade d'Ho- 
mere, texte grec revu et corrigé d'apres les documents authentiques 
de la récension d’Aristarque, accompagné d'uu commentaire critique 
et explicatif, précédé d'une introduction etc., streng verurtheilt 
von Heitz. [S. Phil. Anz. H, 4, p. 184.] — Nr. 41: Hoffmann, 
de Hermeneuticis apud Syros Aristoteleis; anzeige von Martin, der 
die gelebrsamkeit des verfassers rühmt, aber über seinen mangel an 
anordnung und sein wenig klares latein klagt. — Polak, Observa- 
tiones ad scholia in Homeri Odysseam, Lugduni Batavorum 1869, be- 
sprochen von Ch. Thurot, der das buch lobt und eine anzahl emenda- 
tionen giebt. — Van Swinderen, Disquisitio de aere Malacitano et 


Miscellen. 575 


Salpensano (Groeuingen); Giraud, La lex Mulacitana (Paris), ange- 
zeigt von y. w., der die mühe bedauert, welche beide gelehrte 
sich gegeben haben, Asher’s angriffe gegen die echtheit der in- 
schrifteu zu widerlegen. — — Mommsen, T. Livii lib. HI—VI quae 
supersunt in codice rescripto Veronensi; rülımende berichterstattung 
von Ch. M. — Nr. 42: Steitz: die werke und die tage des He- 
siodos, angezeigt von Heitz, der mit dem verf. wenig einverstanden 
ist und über mangel an anordnung in der composition des buchs 
klagt. — Montée, La philosophie de Socrate, unbrauchbar nach 
Ch. Thurot, der dies urtheil durch anführungen rechtfertigt. —- 
Eussner, Specimen criticum ad scriptores quosdam latinos pertinens; 
anzeige von Ch. M., der mehreres billigt, bei anderm seine abwei- 
chende meinung angiebt. [S. Phil, Anz. I, n. 1, p. 22.] — Nr. 44: 
Wecklein, Curae epigraphicae ad grammaticum graecam et poetas sce- 
Bicos pertinentes; empfehlende anzeige von X. — Bielchowsky, De 
Spartanorum syssitiis, mit geringen einschränkungen gebilligt von 
Caillemer. — Zingerle, Ovidius und sein verhiltniss zu seinen vor- 
güngern; anzeige von Heitz, der die vielen gleichen versenden nicht 
der nachahmung der dichter untereinander, sondern dem mosaikartigen 
bau. ihrer versification zuschreibt: s. Phil. anz 1, nr. 4, p. 209. — 
Nr. 45 : Volquardsen, Untersuchungen über die quellen der griechischen 
und sicilischen geschichte bei Diodor; inhaltsangabe von Heitz: 
s. Phil. Anz, 1, p. 208. — Asher, Rechtsgeschichtliche abhand- 
lungen, heft 1. Hecht, die römischen kalendarienbücher; anzeige 
von Ch. M., den besonders die epigraphische seite dieser rümischeu 
hypothekenbücher interessirt hat. — Nr. 46: Pott, Etymologische 
forschuugen auf dem gebiete der indo-germanischen sprachen, 2te 
auflage. M. bd. 3te abth. Wurzeln mit consonantischem ausgange. 
Wurzelwörterbuch der indogermanischen sprachen M. b. 1. abtheil. 
Wurzeln auf rlaute und |. Rühmende anzeige von Ch. Thurot, 
der aus der vorrede die vergleichung des philologen und des lin- 
guisten heraushebt. — Nr. 47: Pierron, L'Miade d’Homere bd. 2 
(s. v. nr. 40); anzeige von Heitz, welche einige änderungen in 
der behandlung gegen den ersten band feststellt, sonst aber nicht 
günstiger ist. -— Nr. 48: Comte de Vogüé, Mélanges d'archéo- 
logie orientale, und Syrie centrale. Ausführliche anerkennende, 
mit einigen ausstellungen verbundene anzeige vou xy. — Blass, 
Hyperidis orationes IV cum ceterarum fragmentis, empfohlen von 
H. Weil. — Nr. 49: Bücheler, Academicorum philosophorum index 
Herculanensis (Greifswald 1869) anzeige von Heitz, — Monginot, 
Cornelius Nepos, texte latin d'apres les travaux les plus récents avec 
un commentaire critique et explicatif et une introduction: tadelude 
und ausführliche anzeige von Ch. M.: s. Phil. Anz. II, 4, p. 212. — 
De Witte, Recherches sur les empereurs qui ont régné dans les 
Gaules au Ill. siècle de l’ère chrétienne; rühmende anzeige von Bar- 
thélemy. — Nr. 50: Oppert, Mémoire sur les rapports de l'Egypte 


576 Miscellen. 


et de l'Assyrie dans l'antiquité, éclaircis par l'étude des textes 
cunéiformes. Rühmende anzeige von Maspero. — Christ, Pindari 
carmina; anzeige von Thurot, mit einigen bemerkungen über me- 
trik. — Nr. 51: Benfey, Geschichte der sprachwissenschaft und 
orientalischen philologie in Deutschland; wohlwollende anzeige von 
Bréal, der einige einzelbeiten bessert. — Kampen, de parasitjs 
apud Graecos sacrorum ministris; nach der anzeige von Caillemer 
lässt die abhandlung viel zu wünschen übrig. — Lumbroso, Do- 
cumenti greci del Regio Museo Egizio di Torino; angezeigt von 
Heitz. — Robert, Epigraphie de la Moselle 1. heft: €. B. macht 
auf die wichtigkeit der erscheinung aufmerksam. — Nr. 52: 
Sauppe, Lexilogus Xenophonteus: der berichterstatter Ch. Thurot 
hätte eine systematische anordnung lieber gehabt als die alpha- 
betische; er macht eine anzahl einwendungen gegen einzelheiten. 

1870 und 1871. Nr. 1: Läebert, De doctrina Taciti: em- 
pfeblende anzeige von de la Berge, der nur einzelnes aussetzt. — 
Nr. 2: Madvig, M. 'Tulli Ciceronis de finibus bonorum et malorum 
libri V: rühmende anzeige von Ch. Thurot, welcher die varianten 
des. pariser cod. 6331 giebt und einige von Madvig's noten ab- 
weichende erklärungen beibringt. — Nr. 4: Comparetti, Edipo e 
la mitologia comparata, und Müller, Hermes - Sórameyas und die 
vergleichende mythologie. Anzeige von B#@al, dessen aufstellungen 
im ersteren der beiden bücher angegriffen waren, und der für die 
in Frankreich hauptsächlich durch ihn vertretene vergleichende my- 
thologie eine lanze einlegt. — Nr. 6: Bunsen, Die einheit der 
religionen im _zusammenhange mit den völkerwanderungen der ur- 
zeit und der geheimlehre. Maspero, der das buch anzeigt, findet 
es schwerfällig und ohne beweiskraft in seinen aufstellungen. — 
Laubert, die griechischen fremdwörter eingeleitet und lexikalisch 
erklärt; empfohlen, mit einigen zusätzen. — Nr. 8: Unger, Ad 
Th. Bergk de Ammiani Murcellini locis controversis epistola crities 
und Gardhausen, Conjectanea Ammianea codice adhibito Vaticano 
(Kiel 1869): anzeige von William Cart, welche das erstere buch 
stark tadelt, das andere sehr lobt. — Nr. 9: Corpus inscr. let. 
Vol. IH. Inscriptiones Hispaniae latinae. Ed. Hübner. Die natür- 
lich sehr anerkennende anzeige von Boissier giebt eine entwicklung 
der ansichten, welche der berichterstatter selbst über den cultes 
der kaiser in Rom und in den provinzen hat, und in folge deren 
er in der lesung einiger inschriften von Hübner abweicht, besonders 
in der frage, ob in verschiedenen fallen Augusti (gen.) oder Au- 
gustalis oder endlich Augur zu lesen sei. — Nr. 10: Heitz, Frag- 
menta Aristotelis, als 2te abtheil des IV. bd. der bei Didot er- 
schienenen ausgabe von Aristoteles werken: anzeige von Ch. 
Thurot, der eine anzabl von bedenken und conjecturen beibringt. — 
Nr. 11: G. Curtius, Grundzüge der griechischen etymologie, an- 
gezeigt von Bréal. ‘ 


L ABHANDLUNGEN. 


XVII. 
Zu Thukydides buch III. 


So viel auch in neuester zeit für den 'Thukydides durch die 
treffliche ausgabe Classens und durch die verdienstreichen beitráge 
Stahls und anderer gewonnen worden ist, so findet sich doch noch 
manches, das mich zu bemerkungen veranlasst. 

12, 3 sì yàg duvaroì que 2x tov toov xoi dvtensBovdevoat 
xal avreueddjoas (viele handschriften dvremiueAAz00s), vf. des quaç 
ix tov Opoíov én’ Exelvoss sivas; diese viel versuchte stelle hat 
Classen, indem er nach Krüger dvripaAAoa( to Eds muüuc Ex tov 
ópo(ov in ëxeivous tévav aufnahm, mit richtiger interpunction und 
erklärung geschrieben: &? yàg duvazoè juev dx tov lov xoi avre- 
mfovlsdons, xal OvriueAA oos u Èdes dug dx tov Opolov En’ 
Exetvovs té vor. Nur nehme ich an x nach dmiueAAn0cı anstoss, 
welches nicht etwa nur entbehrlich, sondern auch sinnwidrig ist. 
Es kann hier nümlich nicht davon die rede sein, dass die Mity- 
lenáer den Athenern gegenüber einigermassen abwarten wür- 
den, wenn die Áthener ihnen gegenüber mit einem angriffe zügerten, 
sondern bei gleichen machtverhültnissen würden die Mitylenüer so 
lange warten als jene. 7% hat man in neuerer zeit hergestellt 
aus z(, das seinen ursprung nur dem irrthum verdankt, dass man 
glaubte xai imflovisóco, xoi avupeAdjoas verbinden zu müssen, 
während xaí vor émifovitico, wie Classen richtig bemerkt nur 
proleptisch zu xoi émiucAA cas des nachsatzes steht. Darum ist 
T» zu streichen. 

— 15, 1 xai s» bg m “Arruxny 2oßornv Toig ve Evud goi mag 
obos xarà tiyos Èpoatov tévas ig tov loduòv toig dio pégeow 
Philologus. XXXV. bd. 4. 37 


578 Thukydides. 


wc movmoomevos. Herwerden schreibt xani tig ds nr “Arzano 
ZoBodns und tilgt we momooueros. Wäre etwas zu ändern, so wollte 
ich lieber xazi 17 & tiv "Arm éofolÿ und wg mosnooperor, 
wozu mit dem scholiasten 27» #0f047v zu verstehen, beibehalten. 

17, 1 iy szoig nAsioraı dn visg au wwroig Evegyoè made 
&yévorto. Das ungeeignete x«@AAsı schliesst Classen in klammern 
und weist auch die vorschlüge xai «AA und xaè nAngsıg als nicht 
entsprechend ab. Eine lücke ist offenbar vorhanden, aber wie 
dieselbe auszufüllen bleibt immer ungewiss, da das überlieferte xxAÂes 
keine stütze giebt. Sinngemäss möchte etwa zai zAwımos sein, 
vgl. II, 13, 8, Perikles weist nach zgwjgesc tag mÀw(povg zQia- 
xocíag (ovcac). So würden neben dem im dienst begriffenen auch 
die dazu jeden augenblick verwendbaren bezeichnet. 

20, 3. Die Platäer berechneten nach der zahl der backstein- 
schichten die hóhe der mauer, durch die sie von den sie belagernden 
Thebanern eingeschlossen waren, um damit die länge der leitern 
zu ermessen, auf denen sie die ihnen geeignet scheinende stelle der 
mauer ersteigen wollten: $aóíwg xuSogwuérou ig 0 ÉfovAovro wet 
telyoug.  Unnóthig wollte Stahl öcov statt èç 0cov. Es handelt 
sich nur um den geeigneten infinitiv, der zu éàg 0 éfevAovio zu 
denken ist, der ist aber nicht xaJogá», sondern wie die natur der 
sache verlangt avafalvew. 

22, 2 fcav de svoradeig te vj Ono xol Tow aesotegor 
oda puovov vnodedeuévos acgasíag Evexa tig mQÓc r0» ngo. 
So konnten die Platäer auf dem schlüpfrigen boden wenigstens mit 
dem unbesohleten rechten fuss (wie Classen gegen Krüger richtig 
erklärt) fester auftreten. Eine interessante parallele liefert die 
siegreiche schlacht der Appenzeller am Stoss im juni 1405, wo 
den Appenzellern ihr eben so einsichtiger als tapferer führer graf 
Rudolf von Werdenberg aus dem geschlechte der Montfort rietb, 
die schuhe auszuziehen wie er selber that und barfuss auf dem 
vom regen durchnässten boden sicherer schreitend den feind anzu- 
greifen; s. Joh. Müller, Schweizergesch. buch II, cap. VII, p. 723. 

9. 3 wera dé aviòv ob Enduevos $E iq! Éxategoy rv nvoywy 
&ywgovwv, Emesta quoi GAlos peta toviovs Eo» dogattors dre 
Bawov. Diese von Classen eingeführte umstellung , durch welche 
GvéBouvor und &ywgov» die plätze, die sie in der vulgata einnehmes, 
vertauschen, kann man ungeachtet der einrede von Schütz als 


Tiliukydides. 579° 


durch die natur der sache geboten nur billigen. Die Thebaner 
hatten die stadt mit zwei mauern eingeschlossen und darauf in 
gewissen entfernungen von einander thürme gebaut, die von der 
innern mauer jeweilen an die äussere reichten. Unter den thürmen 
waren durchgänge zwischen den die stadt umschliessenden mauern, 
auf den thürmen selbst befanden sich wachen der 'Thebaner. So 
konnten die zwölf in den zwischenraum beider thürme, in das 
peconveytoy hinaufgestiegenen Platüer nicht sogleich die thürme 
ersteigen wollen, sondern es wandten sich (êywçour) von ihnen 
sechs gegen den eingang unter dem thurme rechts, die andern 
sechs gegen den links und warteten bis @AAos yof hinaufstiegen, 
avéfawor, aber nicht auf die thürme, sondern in das usconvQyio». 
So verstárkt erst griffen sie die thürme an und tódteten die dar- 
auf befindlichen wachen und wehrten von den thürmen die heran- 
kommenden 'Thebaner ab, wie cap. 23 sehr anschaulich er-. 
zühlt wird. 

27, 1 of Motianvaios — üvayxalorını EvuPalvew moog rovg 
"“AInvatovg dia téde. Hier erklärt Classen di rade doch irrig 
„aus den eben genannten gründen“. Vielmehr folgen die gründe 
erst in den 2. 2 und 3 und im anfang des cap. 28 erzählten 
‚umständen. 

30, 2 xarà uiv Iddaccar xai navy, f Exeivol te üvtA maro, 
ensyevélotar av tiva oplor moléusov xoi Yuwv 9 alan tvyyave 
paluora oùoa. Stahl widerspricht mit recht der auffassung Clas- 
sens, der mit Herbst Philol. XVI, 304 das activ zu verstehende 
avéAnsoros auch zu Ax], aber hier in passivem sinne gedacht 
wissen will. Stahl erklärt Jahrbb. 97, 116: „wo jene keinen 
angriff erwarten und von unserer seite die kraftanstrengung (VI, 
34, 9) vorzugsweise gerade statt findet“. Ich aber fasse «Ax 
einfach als stirke, worunter Teutiaplos die vierzig anwesenden schiffe 
der Peloponnesier versteht. Ein prádicat zum zweiten gliede ist 
nicht hinzuzudenken, sondern dieses liegt in zuwy, wie dessen her- 
vortretende stellung zeigt: ,,und die stürke (jetzt) zufällig wesent- 
lich auf unserer seite ist“. 

31, 1 ónug dx modews Oguuueros v1» "Twvíav Anooınowosv 
(ZAnida — ágix9ui) xai mv ng0codoy ravi psylotny oùour ’A9n- 
valwv [fr] dptiwos, xoi Gua, nv Épooudoi avıoic, danavn Oploı 
yfyvmus. Mit ausnahme, dass Stahl 7» beibehält, stimme ich we- 

37° 


584 Thukydides. 


sentlich seiner erklärung bei, denn opfosy muss sich nothwendig 
auf das subject, also nicht auf die Athener, sondern auf die &440; 
xuvéç, also auf die mit den Lakedämoniern es haltenden Joner und 
Lesbier beziehn. Diese wollen nämlich durch den abfall Joniens 
den Athenern die bedeutendsten einkünfte abschneiden und zugleich 
dieselben behufs einer blokade der Athener (7» igoguuiciw avroïc 
für sich gewinnen. Nur stimme ich Classen darin bei, dass 7» vor 
agpélwos zu tilgen ist; denn mit dem abfall Joniens träfe das ab- 
schneiden der dortigen einkünfte zugleich ein und ist daher mit 
dem folgenden absichtssatze xa? Gua danavy (die kosten) oyla 
ylyvmœ (oder etwa ngooylyvytas?) eng zu verbinden. 

32, 3. Classen denkt daran die parenthese Gp@ytes — maga- 
BaAsi» ans ende des 2. 1 nach roùç moAAouc zu versetzen. Aber 
dem steht entgegen dass, weil ö pèv nämlich "4fAx(dag im anfang 
von 2. 3 subject ist, ”AAxldag im anfang von cap. 33 lässig und 
unnütz würe, passend aber nach der parenthese. Aber auch diese 
steht am rechten ort, weil nicht nur an jene ersten niederge- 
metzelten gefangenen zu denken ist, sondern auch an die zuletzt 
genannten Chier xai twy &AÀcv Teva. 

37, 2 xai üxovrag agyouévous [of] oùx 3E wr av yagtinode 
BAanroutvos avtol, Axgowvras tuwy. Das in vielen handschriften 
fehlende of ist seit Poppo observ. p. 21 mit recht fast allgemein 
verworfen, aber doch wird dadurch der asyndetische übergang al 
zuschroff. Zu vermuthen ist der ausfall von wc, welches leicht 
durch das ende des vorausgegangenen doyopuévovg verschlungen 
wurde. 

38, 1. Kleon tadelt es, dass man die frage wegen begnadi- 
gung der abgefallenen Mitylenäer wieder zur verhandlung bringt 
und dadurch eine roóvov diare:87 veranlasst, & gore moog ré? 
jÓixgxórov püllor, i yao moJuv 16 dodoarts Aufivitog À 
devi èreEtogeras. Wohl in seltenen fällen ist es wahr, dass 0 
zuJu» — imtkéoytro:, wohl aber zumeist in dem falle, wo af 
das angethane unrecht nicht sogleich die rache folgt, sondern eine 
zoovov duurufn dazwischen tritt; aber gerade dieser fall mus 
bezeichnet werden, und das geschieht durch einsetzung von ovis, 
woran schon Dóderlein dachte und wieder Oncken, der Eos I, 314 
passend ovzw yao Ó maddy vorschlug. 

40, 3 dE avayxns te xadecorditas dei modgutouc. Nicht al- 


-. — AL - 


Thukydides. |. 585 


lein, weil sie abhüngig sind, wie Krüger erklárt, sondern auch 
darum, weil sie sogar eine milde bestrafung nicht vergessen, viel- 
mehr erbittert bleiben werden, wie auch das folgende oùdèr 7000» 
modeulovs vrrodesnoptvove zeigt. 

2.5 17 te avij inulo dEwoare apuvacda: xai un avadyy- 
zoregos oí Ó,agssyovisg ıwv Erifovdevoaviwv pavivar. Classen 
übersetzt „mit gleicher strafe“ und bemerkt: „der satz hätte nach 
zj avij fortgeführt werden sollen: 7 elxdg qv avrovg vuag auv- 
vaca, xoarjcavrag Sur". Vielmehr sagt Kleon: erreichet zwei 
zwecke mit der nümlichen strafe, nehmet erstens rache, und zwei- 
tens zeiget euch nicht unempfindlicher als die beleidiger, sondern 
als menschen von natürlichem gefühl. Geltet ihr nämlich als 
dvaiyntos, so setzet ihr euch der verachtung aus; also zugleich 
vermittelst der rache wehret die verachtung ab. 

2.6. In der stelle of u) Eur nçopaos rwà xoxdüg morourtes 
EneEtoyovias xal diodduvtas tov xivduvor VUqgopuipevos 1où Üzo- 
Assnoufvov 2yFeov hat Classen Stahls treffende emendation di04- 
Auvas statt dióAAvyra, aufgenommen. Dass aber ro» vor xlvduvor 
nicht in avzoy zu ändern war, wird er nach Stahls Jahrbb. 97, 
p. 109 gegebenen erláuterung jetzt wohl auch selbst anerkennen. — 
Eben so stimme ich Stahl bei, wenn er 2. 8 das von Classen vor 
0g av dplorraus eingesetzte wg abweist. 

42, 5 109 um rvyovra yon ovy onws Inusovv ad und 
aupater. Classen bemerkt zu yvwung: „vollständiger, aber in 
derselben bedeutung wie u zuywv 2. 3“. Aber wessen yvwyn ist 
gemeint, des sprechers oder des djuoç? Keines von beiden. Dö- 
derlein wollte in Seebode's Archiv 1826 auf etwas künstliche 
weise yrwuwns mit Cyusovy verbinden. Ich halte yywung für ein 
glossem und erkläre zöv un zuyorıa wie Q. 3 „der es (nämlich 
zov 00900) nicht getroffen hat“, wie auch wir sagen: er hat es 
getroffen. 

44, 2 f| te yàg ánognvo nave ädmobyra adroug, où dea 
zoUro xal aroxteivar xedevow, el un Evugtoor iv 1e xai Éyoyras 
se Euyyvauns, tiv, el Tj mode: un dGyadov quivazas. Da dem 
sprecher in beiden fällen das staatsinteresse massgebend ist, seine 
resolution aber im zweiten auffallend erscheinen könnte, so ver- 
suche ich ovd’ 7» xai Eyovrag 1 Evyyrwunc, 2&v (nämlich avzovs 
xelevow). dá» mit Burgess, Lindau und Stahl. 


586 Thukydides. 


45, 4 af 0 Glow Euvivglar 0077 vw avdewaur, we Exaom 
tig xarkyeras $m dvnxéciov Tivög xociccovog, PEdyovow dg toùs 
xvduvovs. Stahl Jahrbb. 97, 106 hat recht, dass er statt doy7 
einen accusativ verlangt, aber auch Schütz hat recht, wenn er ge- 
gen ihn roy ardewrrwv festhält. Nur führt das &xaorn mg auf 
einen plural, und so schreibe ich ógyag rd» &v9Qumwr. 

9. 6 verbinde ich wie Stahl p. 116 êx tw» uxodeccrégur mit 
xıyduyevsıv „von geringern mitteln ausgehend es riskiren“, und 
behalte mit ihm die lesart œuroy bei bezüglich auf £Exæoroç, denn 
es ist offenbar von überschützung die rede. Classen nimmt avr 
wieder auf, unter welchem Arnold die vorausgehenden begriffe 
GlevFeolag und .&0y75 versteht, was schwer zu begreifen ist 
Classen dagegen erklärt 2mi mAfor te avımr „über die wirklichkeit 
hinaus“, das wäre aber nicht aörwv, sondern eher zwv Yraoyorım. 

46, 2 èxelvwg dì tiva (anocräour moÀw) fvuva oix uv 
apewvov 7 viv suoacsevacacdue, modiogxla TE magatevetotas È 
tovoyatov.  Ungeachtet der einrede Stahls (p. 110) stimme ich 
doch, wenn man nicht gegen die handschriften nagacxevacestas 
schreiben will, Classen bei, der a» vor &usısov einsetzt. Denn 
dass zaoacxevacacda: als auf die zukunft bezüglich gedacht wird, 
was Stahl verneint, zeigt auewov 7 vvv. 

47, 3 nera xaraoınosıs Toig duvaroîc Toy AvdoWmuv 0 
BovAovres uodiota. Vielleicht ist 0 vor zü» avdewrwr zu ver 
setzen „was sie am liebsten in der welt wünschen. 

49, 1 tosavia piv 6 diodoros eine fndesoür di rd» yw- 
por. Statt uév, welches in $n9ecdv dé keinen eigentlichen ge- 
gensatz hat, da kein weiterer sprecher eingeführt wird, schreibt 
man seit J. Bekker mit der. grossen mehrzahl der handschriften 
allgemein rocuvra dé. Geeigneter aber zum abschluss der debatte 
scheint doch. rosoÿra d7, was eine zwar nicht vorzügliche pariser 
handschrift bietet. | 

51, 2 éfovAero Où Nix(ag tir guduxny avrodey — cho, 
rov; te ZIlelonovrnolous Onuws pun mowyvras Exnlouc adıoder. 
Hier hat Stahl, nachdem Krüger an die einsetzung von oxomiv 
vor önwg gedacht, mit cxondv statt o7wç ohne zweifel treffend 
emendirt. 

52, 5. Viel schwierigkeit macht die construction in den worten: 
of d^ Èheyov obinodpevos paxgotega elmeiv xoà moordEavres GUY 


Thukydides. 587 


avrav — xal èredPovres Fisyov. Ich vermuthe zu dem ersten 
KAsyov sei ein object ausgefallen, ein infinitiv, etwa doAoyr0e03 «s. 
Auf die schneidige kurze frage der Lakedämonier an die Platäer, 
ob sie den Lakedámoniern im bestehenden kriege etwas gutes er- 
wiesen hätten, gehen die Platäer nicht ein, erklären sich aber 
bereit in längerer erürterung sich zu vertheidigen. Ferner wird 
xat vor émeAJOvig in of zu ändern sein bezüglich auf die von 
den Platáern bestellten zwei sprecher. 

53, 1 xai Ev dixactaîs oix êr œAlois dekausvo, woneg xol 
Zou£v, yevéodas 7 piv. Mit recht erklären sich Krüger und 
Schütz für Heilmanns oùx d» aAÀosg statt ovx à» addosc „weil wir 
es nicht angenommen hátten vor andern richtern, wie wir es 
wirklich thun, als vor euch zu stehen. — Ein versehen ist es, 
wenn Classen 2. 4 énecsveyxaueror in el êneonréyxaode auflöst, 
es steht für ed èmsonveyxaueda. Kbenfalls aus versehen ist bei 
Classen 54, 1 xai vor zovg addoug "EAinvag ausgefallen. . 

56, 7 xai v0 ÉupgéQov un Gdo c vouloa, 1j xv vua oy 
roig Gyadoïç ora» ast PeBarov Tv ydQw Tic doter? Eovor xoi 
r0 naQavrixa nov [ipiv] wpfliuov xadiotita:i. Schon längst 
hatte ich mit annahme von Heilmanns Zyovos statt vulg. &ywos 
den satz als einen allgemeinen angesehen und darum Yuiv, welches 
man aus dem ganz sinnwidrigen qui corrigirt hat, gestrichen: 
sibr müsst den vortheil (in bundesgenössischen verhältnissen), nur 
darin finden, wenn biedern bundesgenossen, welche die dankbarkeit 
für die ihnen erwiesene bravheit immer treu bewahren, auch das 
etwa augenblickliche sich als nützlich erweist*, Doch müchte ich 
lieber zó Evugpéoor als subject ansehen und xai è6 zo magawríxa 
schreiben: , wenn es auch für den augenblick (námlich der noth) 
sich vortheilhaft einstellt“. Also auf treuer dankbarkeit beruhe 
unter rechtschaffenen bundesgenossen der wahre vortheil auch in 
augenblicklichen gefahren. 

58, 1 rà» ze dwoear avianatjoas, ovrobg pui) xielvesv oUg 
p?) (oder und’?) vuir mofne. Classen weist mit recht Krügers 
auffassung, der mit dem scholion avzovg als ÿuäç avrovg verstehen 
wollte, zurück und erklärt aÿrouç, wie schon Haacke und Poppo 
gethan, mit Onfalovs, wobei mir dann aber uwyôé erforderlich 
scheint: „dass sie diejenigen nicht tódten, welche zu tödten auch 


588 "Thukydides, 


euch nicht ziemt*, nümlich die ihr doch an verdienst und bedeutung 
hóher stehet als die Thebaner. 

& 5. Da éonuoire kein futurum sein kann, so schreibt Stahl 
mit recht lega re Fewv — égnuoürres xoà Ivolag tac narglow 
twv Écouuérur xai xtcavtwy apasenosoFe und erklärt: indem 
ihr die heiligthümer der götter verödet, werdet ihr auch die von 
ihren stiftern herrührenden väterlichen opfer beseitigen. 

59, 2 Zutig te — alrovueda suis, Jeods — Exiflonputro, 
melcas tade. An neîca, habe ich schon längst anstoss genommen 
und zec97vos vermuthet. Denn die von Poppo angeführten er- 
klärungen: wir bitten die gôtter ut vobis persuadeant haec, und wi 
. haec vobis persuadeamus passen nicht, und Poppos richtigere auf- 
fassung: ut vos patiamini vobis haec persuaderi und Classens : „wir 
begehren bei euch gehör zu finden mit dieser unserer bitte“ ver- 
langen z&c37vo. „Wir erbitten für uns, indem wir die gotter 
anrufen, dass ihr euch dazu bewegen lasset“. Auch verlangt im 
folgenden Stahl mit recht ze nach zgogegopevos, denn zuerst wer- 
den die gótter angerufen, dann die eidschwüre vorgehalten. 

63, 4 xalros tas Önolag yapırag pui) \ürudıdavas alaygov 
alor À Tac peta dixasocvvns piv dperdndeloas, dg adınlav di 
arodidoutvag. In dieser schwierigen und, wie man aus Popp 
sieht, schon lange vergeblich versuchten stelle hat auch Classes 
schwerlich das richtige getroffen, wenn er nach Dukas vorgang 
un avudıdovas auch zum zweiten theil nach amodidouévag ver 
stehen will. Der erforderliche gedanke ist ohne zweifel: erwie- 
sene gutthaten nicht gleichmässig vergelten ist schmachvoll, aber 
sie zur ausübung von unrecht vergelten ist noch schmachvoller, wie 
nun die Platáer thun, da sie den dank den Athenern so erweisen, 
dass sie ihnen zur unterjochung der Hellenen beistand leisten. 
Diesen durch die sachlage für die rede der Thebaner gebotenes 
gedanken stellt man am leichtesten her wenn man schreibt: m 
&noóido0sa, el oloyoóv, uüAloy di — darodidoptras (nämlich 
&modovvoi). et konnte nach anodıdovas leicht verlorengehn um 
di „schimpflicher fürwahr* eignet sich für das zweite glied, das 
den gróssern nachdruck hat. 

67, 1 xoi ravza — tovtov Evexa EnsknAoper xai wait 
óudv xai nuay, Iva dues uiv eldyre dixalws adrdr xatayvwto- 
uevos, mueis dà En Sovwregow reuuwgnuéros. Falls man aus di- 


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Thukydides. 589 


dire zu mueïc-ergänzen wollte edduev, so entstände die sonder- 
barkeit, als ob die Thebaner erst jetzt, aus ihrer eben gehaltenen 
rede wissen sollten, dass sie an den Platáern erlaubte rache neh- 
men. Dieser unmüglichkeit würde abgeholfen, wenn man mit Krü- 
ger schriebe Zuág — tersuwonpévovc. Allein den Thebanern ist 
darum zu thun, dass klar an den tag komme, und so wäre qoi- 
v&ptJo, das wie Classen annimmt dem redner vorschwebt, zu er- 
günzen. Allein dieses wird leichter erreicht, wenn man statt eld7:6 
schreibt payÿre, woraus sich zu jets von selbst versteht pavo». 
68, 1 don toy 1e &ÀÀov yoovoy nélour dijder adtove — 
Novyalsv xol Ort Uorsoov, X noù tov megureuylbeodus moos(yovro 
evroig, xowotg elvar xar exeive, wo ovx edéEavt0, fyovpevos ti 
Éavrdv» dixalu Bovidcss Exanovdo, Hin in’ avımv xaxwe 
menovSévay xrí. In dieser vielfach versuchten stelle ändere ich dre 
in Ow, da der dem zd» &Adoy ygóvov entsprechende zeitpunkt mit 
VoTepor à noù tov neostesyltecdas ngot[yovro adioîs genügend 
bezeichnet ist, dann behalte ich &, welches Classen und Stahl 
(p. 111) streichen, bei als nothwendiges object von mgoefyovto 
— sowohl als von èdéfavro, tilge dagegen mit Krüger «c, wofür 
Stahl ws d° vorschligt. So wird die construction einfach und 
klar. Im folgenden hat Arnold an der ungewöhnlichen bedeutung 
des fovAnos mit grund anstoss genommen und glaubt 77 favr@v 
fovAnos sei verfälscht oder aus einem schol. entstanden. In der 
that wird hier der begriff ,rechtsanschauung* also (vgl. 82, A) 
dıxaswoeı verlangt. Demnach schreibe ich 77 avrwy diıxamwass, 
nach der Platäer eigener rechtsanschauung seien sie (die Lakedä- 
monier) bereits &xonovdos, bestehe also kein vertragsverkältniss 
mehr für sie mit den Platüern, und so seien diese ebenfalls als 
ExOnovdos erlaubter weise von ihnen feindlich behandelt worden, 
82, 1 xai iv uiv slon»g ova av Eyovrwv mQOqacw oùd Erol- 
puwv nagaxalsty ovrovc, modtuouuérwy dé xai Evupaylas apa 
Éxarfgoig 17 TW Évavrlwr xaxcot xal oplow avtoig Ex tov 
avrou ngoOsowj0t dadlws al énuywyai roig vewtegllew ti Bovdo- 
pévosc émoglborro. Im wesentlichen trete ich der art wie Stahl 
p. 121 diese stelle auffasst und seiner übersetzung bei: „und wäh- 
rend sie im frieden zwar keinen anlass gehabt háütten und nicht 
geneigt waren sie herbeizurufen, wurde hingegen im kriegszustande 
zugleich auch die herbeiziehung von bundesgenossenschaft den 


590 | Thukydides. 


neuerungssüchtigen beider parteien zur schädigung der gegner und 
eigenen machtvermehrung leicht bewerkstelligt*. Nur darauf mache 
ich aufmerksam, dass, während in oùx av éyovrw» die häupter der 
parteien gemeint sind, das éro{uwr sich nicht auf diese, sondern 
auf die masse der bürger, die ihrer partei anbangen, also auf die 
oraciwrus, sich beziehen muss, die ohne zweifel nicht so geneigt 
waren. Deswegen scheint mir auch Krüger mit recht érofuuwr 
ovtwy zu verlangen: „sich auch nicht solche fanden, die bereit 
willig waren sie herbeizurufen“. 

9. 4 acqpadea dè 10 Émflovisucac9os, ünorgonsjg mQOgaos 
evioyoc. Ohne in die vielen divergirenden auffassungen näher ein- 
zutreten glaube ich am sichersten mich an die überlieferung zu 
halten, welche àoqdAea ist, das man in Gopañela geändert hat. 
Das verbum dazu ist nicht das zunächst vorausgehende 7006c:£37, 
sondern das an der spitze der ganzen periode stehende évoulody, 
um so gewisser als dieses zu allen folgenden gliedern gedacht 
werden muss. „Als sicherung galt das tückische nachstellen‘ und 
gerade wegen der gefährlichkeit dieser gesinnuug ist als apposition 
hinzugefügt „als schünklingender vorwand der abwehr*. 

Q. 5 xoi 6 piv yadenalywy moròs asl, 6 d’ avidléywy aiio 
Vmomiog. Hier passt 6 yuAsnalvwv schwerlich, der gegensatz 0 
dvuléywv zeigt was erfordert wird, nämlich 6 move’ Znawir. 
Wer alles gut hiess, was der vorsteher seiner genossenschaft 
(Eraselo) wollte, galt immer für treu, wer ihm aber widerredete, 
war verdüchtig. Denn es soll gezeigt werden, wie eben das heti- 
rienwesen die quelle so vieler verderbnisse war. 

9. 6 xol ur» xai 10 Evyyerèc tov Erasgıxov cKAAOTQLW regor 
Éyévero dia To #roruutegov sivas Groopaclorwgs 1oÀuy»* où yap 
pera Ty xepéruv vouwv wpellag al toravias Esvodos, diia 
naod rovg Evvectwrug mheovsEla. Classen erklärt ov peta zw 
xesuévwv vouwv wedlac „dergleichen verbindungen waren nicht 
zum frommen der bestehenden gesetze eingegangen, sondern mit 
beiseitesetzung derselben zu zwecken persönlicher vortheile*, Ich 
halte diese auffassung des ersten theiles nicht für richtig. Es 
müsste heissen odx mi iy xesuévuv vouwv wpella.  Vielmebr 
ist der sinn: nicht um mit hülfe der bestehenden gesetze den 
éralgous zu helfen, sondern gerade den bestehenden gesetzen und 
sitten zuwider um vortheil zu gewinnen. Dass bei den vouox 


Thukydides. 591 


auch an sitten zu denken zeigt eben der umstand, dass die rück- 
sichten auf das &uyyer&s gegenüber dem Zrasgıxov zurückgesetzt 
wurden. È 

9. 7 6o» d° of woddot xaxovgyos Ovreg detuoè xéxdnvras 7 
duadeis dyadot. Classen verwirft mit recht Krügers auffassung, 
der xaxovoyoı mit defsof und Guadñeïg mit &yadof verbindet und 
ersteres ,,gewandte schelme“, letzteres „ungebildete biedermänner“ 
übersetzt. Aber auch Classens erklärung, dass in chiastischer ord- 
nung dem xuxovoyoı Ovrec gegenüber ayadol sc. Ovrsg subject sei, 
ist nicht richtig. Der sinn verlangt als subject GuauSeïç (hier 
soviel als ev Pes) und &yudof als prädicat: „die meisten, wenn 
sie schurken sind, heisst man leichter geschickt und gewandt als 
leute von schlichter einfalt brav. 

%. 8 oic Evufaln imp3ovroc ti diangutacda:. Nicht wie 
Krüger und Classen erklären „welchen es gelang auf gehässige 
" weise etwas durchzusetzen“, sondern mit bezug darauf, dass xa- 
xodoyos Ovısg eben deétot hiessen „auf beneidenswerthe weise“. 
Je feiner die spitzbüberei, desto rühmlicher und beneidenswerther. 

83, 2 xpelocovs dé Orreg mavrec AoyuGpi) dg TO avéAmortov 
tov Beßalov un madeiv uülloy moosoxdnovy v motevoai Edvvarro. 
Da es sich hier, wie das vorausgehende 77 yvwpu7 &míorog und 
dann wieder mozevoas zeigt, um treue und vertrauen handelt, nicht 
um unerwartetes, so vermuthe ich 2¢ zò amıozov, „da sie sich 
durch klügelndes überlegen und berechnen besser verstanden zum 
misstrauen am zuverlässigen“. Auch billige ich Onckens édéyoyro 
statt dvvavro. 

89, 5. Da hier von der bewegung des meeres ein intransitivum 
sich entfernen verlangt wird, so dürfte man statt Groorélley ver- 
muthen az0077)vas. 

110, 2 xai tH an Grgan dua rmagecxevatero Bondeir En’ 
avrovc. Warum hier Classen wogecxsvatero als passivum erklärt, 
ist nicht einzusehen. Es heisst: er rüstete sich mit den andern 
truppen zu hülfe zu ziehen. 

111, 2 of d’ Apurounidiui zul of GAdos 6001 per *** Pru yyavoy 
oùrws. Die unzuverlässigkeit aller frühern erklärungs- und emen- 
dationsversuche hat Classen überzeugend dargethan und Stahl p. 111 
stimmt ihm bei. Beide gelehrte kommen mit ihren vorschlägen 
der sache nahe, Classen mit wovovueros, wofür man eher wewo- 


592 Thukydides. 


vwuévos erwartet, Stahl mit w£vovzes, aber doch muss nicht so 
sehr das bleiben als das verlassensein hervortreten, Darum ver- 
muthe ich delesupévos, wovon uev ein trimmer ist. 

112, 1 zov à' &lacow Éruyor oi "Apngaxöras nooavaßarızg. 
Da dvaBaivey bei Thukydides wie Classen bemerkt, sich nie ohne 
präposition mit dem blossen accusativ findet, so vermuthe ich eiyo» 
statt Èrvyoy. 


Buch IV. 


Wie viel durch Classens ausgabe der vier ersten bücher ge- 
wonnen worden ist und welchen dank er sich besonders durch 
seine feine erklärung erworben hat, ist wohl allgemein anerkannt 
und man hat nur zu bedauern, dass seit 1869, d. h. seit dem 
vierten buche, die fortsetzung auf sich warten lässt. (1875 er- 
schien aber auch das fünfte). Indessen erschien aber auch Stahls 
textausgabe mit kritischen anmerkungen, deren erster band von 
1873 mir leider erst mit dem zweiten im sommer 1874 zuge- 
kommen ist. Mit grossem scharfsinn und mit besonnenem urtheil 
hat sich Stahl um die textkritik sehr verdient gemacht, (aber in 
der überarbeitung der kleineren ausg. Poppo's 1875 auch um die 
erklärung). So sehr ich nun auch durch die fleissigen und gründ- 
lichen arbeiten der beiden gelehrten im verständniss des Thuky- 
dides bekenne gefürdert worden zu sein, so habe ich doch, nach- 
dem ich seit mehr als funfzig jahren mit benutzung aller mir zu- 
günglichen hülfsmittel den schriftsteller mehrmals durchgearbeitet, 
über einiges bedenken und abweichende meinungen, welche ich zur 
förderung der sache, sei es dass sie beifall oder widerlegung fin- 
den, hier vortrage. 

4, 1. Die vierzig schiffe, welche die Athener nach Sicilien 
schickten, wurden durch einen sturm nach Pylos getrieben. Demosthe- 
nes, der aber kein commando hatte, empfahl Pylos zu befestigen. ‘9 
dè ovx Ènedev ovte tovg OIQUTNYOUG ovre TOÙS OTQATIWTAG VOTE 
xal roig tafsagyoss xowwoas, nouyabor tno Ankolas, nés avıois 
toig OrpauwWraıg oyoAulovow Soun 2oEmeoe meQuotaorw éxzelyrout 
to ywetor. So Classen, der mit Dobree das handschriftliche jov- 
yatev in fovyatoy verwandelt, während Stahl fovyoQev, vme 
&nàolac weygı xif. Dieses wäre richtig, wenn nur uxù unlola 
nicht vor méyes sondern etwa hinter oyodaCovos» stünde, Zwar 


Thukydides. 593 


finden sich, wie Stahl bemerkt, bei Thukydides betonte begriffe 
mehrmals conjunctionen und relativen vorangestellt; allein man 
sieht nicht warum hier vzàó anAolug so sehr betont sein sollte, so 
dass Krüger diese stellung mit recht unerträglich fand. Dagegen 
entspricht ouyabor imo dnmAofag vollkommen dem zusammenhang. 
Da die führer der flotte den rath des Demosthenes abwiesen, so 
sollte man erwarten, dass sie auftragsgemüss nach Sicilien oder 
laut 3, 1 nach Kerkyra eilten. Allein sie wurden verhindert 
durch die unmöglichkeit der fahrt. Darum 7cvyabo». 

9, 1 ab zgvígeig aire Hour adito and rv ratadepdecdr. 
Classen findet afzeg, da Thukydides dieses eg sonst nur in be- 
ziehung auf einen vorausgenannten oder bekannten umstand ge- 
braucht, hier unpassend und vermuthet af megsjour, welches Stahl 
aufgenommen hat. Dieses wäre eher geeignet, wenn von einem 
verlust vorher die rede gewesen würe. Da aber Demosthenes von 
seinen fünf schiffen zwei mit auftrügen nach Zakynthos geschickt 
hatte, so sind nur die scbiffe gemeint die noch bei ibm waren: 
So scheint sich af sugjouy zu empfehlen. 

9. 2 oplos dì roù telyous zavın aodevecrarov Üvroc éntond- 
00090 avrods jysizo neotuunoecFas. Diese worte haben von 
je her den erklärern viele schwierigkeit gemacht, obschon man 
richtig erkannte, dass der sinn sein müsse, gerade wegen der 
schwäche der mauer werde der feind sich dahin verlocken lassen. 
Diesen sinn glaubte ich zu erreichen durch änderung des émoxa- 
caca, in énvonéotas, die feinde werden geneigt sein hierhin zu 
folgen. Da die schwache seite der befestigung vorher bezeichnet 
war, so versteht sich ein tavry zu émonéodas aus dem vorausge- 
henden von selbst. So haben wir nicht nöthig noo9vpujocc3o, mit 
Dobree und Stahl zu streichen. "Emwzópevos lesen wir auch 35, 3. 
Mit vergnügen sah ich spüter aus Poppo's anmerkung unter dem 
text, dass schon Reiske iz,07z£69o, vorgeschlagen hatte. 

10, 1 Ouoce qwofoa roig évartiowg xai Ex tovtwy ay negi- 
yevopevog.  Billigung verdient dass Stahl vor xoi ix rovro» ein 
wg einsetzt, das durch das vorausgehende os; leicht verloren 
ging. — Eben so, wenn er jetzt, anders als früher, 2. 3 schreibt 
tou te yee ywelov 10 duoéufaroy muéreooy (günstig für uns) 
voullw, 0 nevovwv uiv vuv» Evuuayoy ylyvetas, VIr0gwoncaci 
dì xalmeg yalenov oy eUmogoy Foras underòs xwdvortos, wo È 


594 Thukydides. 


zwar nur in geringern handschriften sich findet, . aber nothwendig 
ist, da, wenn man nicht o vor oder etwa nach uevoyrwy uéy ein yag 
einsetzt, ein unleidliches asyndeton entstelt, dem auch Classen da- 
durch, dass er die worte uesoriwr — &v ı@ Tom ndn wie Haacke 
und Böhme als parenthese betrachtet, schwerlich abgeholfen hat. 
Im folgenden ist man allerdings versucht zu schreiben vzoywen- 
caviwy, wie Poppo thut; aber Classen schützt den dativ mit recht. 
Es heisst: (uns) zurückweichenden gegenüber ist (für den feind) 
der zugang obwohl schwierig, dennoch leicht, wenn niemand hin- 
dert. Und der dativ erklärt sich um so eher, da das zwi», wel- 
ches bei £vuuayoy zu denken auch zu üroywonoaw sich versteht. 
12, 3 ini modi yag trote tic dong dv wj) tore roig uiv 
nnsiewrar padre sra, xai ta meba xgarloroıg. Mit recht er- 
. klárt Classen hier ézofes als intransitiv, doch fasse ich nicht wie 
er will 2zi noAv rj; dogs als subject „das übergewicht des rufes“, 
sondern als adverb: ,,weithin im rufe that es, galt es für die La- 
kedämonier die trefflichsten im landkriege zu sein. Ueber zoseiv 
vgl. VII, 6, 1 zavıov Emoles abroig waxüv te xai undì uayeodu. 
20, 1 nachdem die Lakedámenier den Athenern bemerkt, wie 
versöhnung und daraus freundschaft für beide theile vortheilbaft 
sei, setzen sie auseinander, welche nachtbeile die fortsetzung der 
feindschaft für beide theile bringt, wenn nämlich das avıjxeoror, 
d. h. die gefangennabme der in Spakteria eingeschlossenen Spar- 
tiaten erfolgen sollte, so würden die Lakedámonier zu dem óffent- 
lichen noch ewigen privathass gegen die Athener hegen, die Athe- 
ner aber die vortheile der versóhnung und freundschaft, zu deren 
annahme die Lakedämonier sie auffordern, verlieren. Dieser sino : 
wird erreicht, wenn man mit Classen nach Haase schreibt à @ 
avayxn Gldsov fui» (statt vulg. Suir) Ey9Qav nQog vj. xow7 xai 
idtav Exe, imag (statt vulg. quäc) dè cron9 vas Gy vv agora 
Aovpeda. Stahl aber behält an ersterer stelle óu;» und an der 
zweiten nuag und bemerkt, zu vuüç zeige sich kein gegensatz. 
Derselbe findet sich aber in dem vorausgehenden, dass die Lake- 
dämonier einen ewigen bittern hass gegen die Athener hegen 
müssten. Und wenn er weiter sagt, es sei nicht klar, wie die 
Athener dessen beraubt werden könnten was die Lakedämonier ver- 
langten, denn ozeon Piva könne nur von dem gelten, der an der 
erlangung seines wunsches gehindert werde, so ist zu erwiders, 


Thukydides. 595 


dass in dem zegoxaiovueta nicht nur die aufforderung zum frie- 
den, sondern wie der zusammenhang aus 10, 1 zeigt, zugleich 
auch die vortheile im anerbieten der spartanischen freundschaft ent- 
halten sind, deren die Athener bei der ablehnung verlustig geben 
würden. Dagegen verdient es billigung, dass Stahl 2. 2 vor £vu- 
gogas mit dem schol. z7¢ einsetzt. 

24, 1 dv tourm dé où Ev tH Zixellu, Zugaxooios xoi oi 
Evupayos. Unnöthig tilgt hier Stahl oí vor év 77 und versetzt 
es vor Zvgaxócio,, weil es ausserhalb Sicilien keine Syrakusaner 
gebe. Aber man setze nur ein komma nach Zixellu, da Zuoa- 
xocio, xai où Evuuayos apposition zum vorigen ist, 

25, 2 xoi vexnDPévreg (die Syrakusier und ihre bundesgenossen) 
Uno twv ASyvaiwy dik Tayovs anéinhevony ws Exaoroı Érvyov sic 
ta olxeiu otgatoneda [td ve è v 17 Mecoóvg xai à 16 'Pyyte] 
play vaiv darmodécavtes. Die sachlichen schwierigkeiten dieser 
stelle hat Classen aufgedeckt. Nur darin hat er zu viel einge- 
räumt, dass die Athener bei 2» 76 '"Pyyío gemeint seien. Von 
ihnen kann unmöglich die rede sein, da die Syrakusier und bun- 
desgenossen subject sind und nachher dzoAécavreg sich allein 
wieder auf diese bezieht. Zudem, wenn beide kämpfenden parteien 
gemeint wären, müsste es heissen éxazegos, nicht £xocrow Die 
stelle wird einfach in ordnung gebracht dadurch, dass man td te 
— ‘Pıylo tilgt als glossem, womit jemand die oixei« orparonsda 
angeben wollte. Dass Thukydides nicht bestimmen wollte wohin 
die besiegten antnAsvcov, zeigt sein ausdruck wg $xocros Pryor. 
Die Lokrer waren nicht im hafen von Rhegion, sondern nur im 
- gebiete dieser stadt, und ip 76 “Pnyl@ ist missverständlich aus dem 
folgenden ix 776 Pnytvwy vom interpolator entnommen. — So 
hatte ich lüngst niedergeschrieben und sah seitdem mit vergnügen, 
dass auch Stahl die eingeklammerten worte ausschliesst. 

28, 2. Classens auffassung dieser stelle halte ich für die rich- 
tige. Kleon glaubte es sei dem Nikias mit seinem anerbieten das 
commando über die in Pylos abzutreten nicht ernst. Wie Kleon 
aber merkte, Nikias würde es ibm wirklich abtreten, so zog er 
sich zurück dediws 707 xai ovx av oloptvóg of aviov ToAunons 
Unoywo7joat. uvdis dì 6 Nextag PxfAeve. Zwei gründe sind es, 
die den Kleon bestimmen es auszuschlagen, 1) furcht, 2) die mei-- 
nung Nikias würde sich nicht entschliessen dem Kleon das erste 


596 Thukydides. 


commando abzutreten und etwa mit der zweiten stelle sich zu be- 
gnügen (vroywonou), was immer widerwärtigkeiten zur folge 
haben würde. Stahl dagegen setzt ein punkt nach 707, beginnt 
mit xai oùx &v olousvog, so dass Nikias subject ist, tilgt das 
punkt nach vroywejoas und dé nach av. Aber in diesem falle 
könnte der neue satz nicht füglich mit xoi oùx dv olouevoc be- 
ginnen, sondern es müsste eher heissen dedıws 707. © dè Nuxlas 
oix à» olouevos — vroywpqous avdis Éx£Asve. 

30, 2. Dadurch dass Stahl nach Poppos conjectur émei (statt 
xal) &rò rourou schreibt und im folgenden die von Krüger und 
Classen gemachte umstellung annimmt, hat die periode die nöthige 
klarheit gewonnen. 

32, 1 & re taig sUvaîc tte avadapBuvorvras rà onde. Cla 
sen und Stahl erwähnen beide Haase's conjectur xai vor Ërs, ohne 
sie aufzunehmen, was doch nöthig ist; denn die überfallenen gv- 
Auxec konnten nicht èv raîs evvutg sich bewaffnen, sondern die 
einen waren éy taic evvaic, die andern noch daran sich zu be 
waffnen. Es ist aber jenes vor £r, nóthige xaf irrig vor Aa9óvi& 
versetzt worden, wo ich es als unnütz streiche. —;foa30yrzeg tritt 
so nur energischer hervor und wird durch das folgende oiouétrvov 
— misty begreiflich gemacht. 

2. 4 xutu vwtov te ded Éuelloy aùroîc, 7 yweroesay, ol no 
wos Éceodui [tuoi] xai [oi] anogwraros. Classen tilgt xol 
nach q«Aoí mit unrecht, da es epitatisch ist; Stahl aber tilgt mit 
recht yslo{ als aus 33, 2 geholtes glossem, da es durch das fol- 
gende rofeuuaos — Eyovres GAxnv unnütz wird. Dagegen tilge 
ich den artikel vor &zogutaros, da der sinn ist: im rücken 
mussten die Athener den Spartanern sogar die grössten schwierig- 
keiten machen. 

33, 2 yugíu» te yolenórgn xoi $mo rjc nolv Zonulas rga- 
yéwy Ovtw». Classens vorschlag, ze in 77 zu ändern, halte ich 
nicht für nóthig. Es werden zwei umstünde genannt, welche den 
attischen leichtbewaffneten jeweilen das zurückziehen erleichterten, 
wührend durch die gleichen umstünde den Lakedümoniern die ver- 
folgung erschwert wurde, 1) die unebenheit des terrains, und 2) 
weil dasselbe bisher öde, (durch gestrüppe) schwer zu bewandeln 
war. So ist xa( nicht epitatisch, sondern dem ze entspricht xof, 
das freilich statt zQayéwv Ovıwv ein zgayórgrs erwarten liess. 


Thuk ydides. 593 


36, 3 ruv Ilsoowv kannte zwar der leser aus der erinnerung 
an Herodots erzüblung sich hinzudenken, aber das ist doch nicht 
eine manifesta causa es mit Stahl als interpretamentum auszu- 
schliessen, und dem zegıeAgovrwv tw Megowy entspricht das au- 
plBolos ovra. 

38, 4 1a Gila disoxevalovro ws ig nAovv xai rove ardoac 
roig tomodogoss diedidocav ig guâauxÿr. Es waren wohl ver- 
schiedene anordnungen zur abfahrt zu treffen, so dass es nicht 
nôthig scheint das seltenere dieoxevatorvio nach Classens vorschlag 
mit zagecxevalovzo zu vertauschen, wohl aber glaube ich, ist ru 
te GAdda zu schreiben. 

44, 2 1 dè an omarıa roUrQ 1H TQOmQ, où xard O(wEiw 
moÀÀjv oudè tayelag qvync yevouévnc. Hier hat Stahl geholfen 
mit seiner emendation 76 «Ur tooz@ d. h. in der gleich ruhigen 
weise des rückzugs, wie 2. 1 vom andern theile des korinthischen 
heeres erzählt war.  Betreffend das vorausgehende iv dè 77 19077 
tavrn bemerkt zwar Classen mit anführung vieler beispiele, dass 
es Thukydides sonst nur vom in die fluchtschlagen des feindes ge- 
brauche, aber das hindert nicht, dass es wie auch bei andern 
schriftstellern hier in der allgemeinern bedeutung „wendung zur 
flucht* vorkomme, zumal érga zorro of Kopfvdıoı vorausgeht. 


47, 3 noosovrag Stahl mit Ducker richtig statt z0oci0vzag. 


51, 1 Xios tò reiyoc méQuéiloy 1d xawòv xedevoaviwr *A3n- 
yalwy xai unontevodvtwy ig avtove 1 vewregieir. Hier ist aò- 
zovg von Krüger und Classen in avrovg geändert, aber damit die 
schwierigkeit nicht beseitigt. Ich vermuthe daher ès ogác avrovg. 
Die Athener argwöhnten, uürous (die Chier) wollten c opie (gegen 
die Athener, für die sich wegen xelevoavrwy und vzontevody toy 
das subjectspronomen ops natürlich ergiebt) tè vewregueir, und 
ogäs konnte nach ëç leicht ausfallen. Vgl. 48, 1 èxfevov ogüg 
(die eingesperrten), sì Bovdovtas avrovg diapFelgew, wo aÿroÿc 
auf die Athener geht. — Dagegen im folgenden bezieht sich 
megì cqüg wieder auf die Chier, die sich garantien von den Athe- 
nern hatten geben lassen. 


52, 3. Einleuchtend ist Stalıls emendation &x zug "Jógg für xoi 
vig Idns und statt 77 &AÀg zagaoxev; die aufnahme des von Poppo 
und Krüger vorgeschlagenen 77» @AAnv nagaoxsunv, abhängig von 

Philologus. XXXV. bd. 4. |. 88 


594 Thukydides. 


novetodas. Trefflich ist ferner Jahrbb. 1870, p. 331 ff. Stahls aus- 
einandersetzung der topograpbischen verhältnisse auf Kythera, in 
cup. 54 überzeugend 2. 1 seine emendation «so Mad«oons statt 
ini Padacon und wahrscheinlich ebendort seine vermuthung x3r- 
zaxoG(o.c (gp) statt diogrdlors (18). 

57, 4 rovg ix rz; vjoov, wie Lindau vorschlügt, hatte ich 
schon längst vermuthet statt roùç i» 77 vn0@, nach cap. 40, 2. 

61, 1 xo? — énayeodas xai tovg xivduvovs mooGAaufárur, 
voulous te Cracow uadicia pIelgew Tay noAsıs x«l tiv Sixellar. 
Der zusammenhang verlangt allerdings wie Classen bemerkt cum 
singulas civitates tum universam Siciliam. Er meint das zu er- 
reichen dadurch, dass man padiote vor ij» Zixellur versetze. 
Einfacher scheint mir zu schreiben tac 18 noAsıg xai tv Zixellar 
„die einzelnen staaten sowohl als besonders Sicilien“, da in der 
formel ze — xaí das zweite glied gewöhnlich das stärkere ge- 
wicht hat. Auch vermuthe ich statt vowfous te sei an die inf- 
nitive anschliessend zu lesen vouícavrag. 

62, 2 7 doxeïre, el 10 u tour dyadòv n et 10 tà drunlu, 
oùy nouyla paddov n noÀsuog 10 pèv navoai av Exarkgw, 10 dè 
Evrdaodowm, xai tag nuas xai laungorgag dxevOvvorégac Ew 
mv slgjrqy. So die überlieferung, die grosse schwierigkeiten 
macht. Denn wenn man die nominative jovyfa und #oAsuoç bei- 
behält und die infinitive, wie die meisten ausgaben, in «von, und 
Euvdiacwoas verändert, so begreift man nicht, wie nach doxeire 
diese construction unabhüngig folgen kann. Um dieses zu vermei- 
den schreibt Stahl nach Herwerden jovyfuy und zoàeuorv, womit 
der erste satztheil bis Suvdsaowoas in ordnung kömmt, aber im 
folgenden xai où doxeite rag tiuds xté.; erwartet wird. Ich 
glaube der fehler liegt zunächst in doxeire, wofür, woran schon 
Haacke dachte, doxet zu schreiben ist, denn ze konnte leicht aus 
el 19 re entstehen. Da nun die frage 7 Ooxet — ovy jovylu 
püAÀov n nóÀeuog — Evrdscowoas eine entschieden bejahende ant- 
wort erwartet, so folgt dass auch der zweite freilich anakoluth 
im acc. c. infinitivo folgende fragetheil xa? rag nuàg — 3» elogvm 
zu bejahen ist. So bedarf es nur der veründerung des doxeirs 
in doxei. 

63, 1 dia 10 dréxuagrov déos xoi dia Tù jdn poBegous na- 
görrag “A3nvafovs. Eine so fehlerhafte construction dsc 10 ge- 


Thukydides. 595 


Begovg ist doch dem Thukydides nicht zuzumuthen. Allerdings hat 
weder did roc noch did To — nugsivos wahrscheinlichkeit, aber 
wie nach Classen ein absoluter acc. participii mit did 7ò verbunden 
sein solle ist nicht einzusehen. Ich vermuthete daher vor nag- 
ovrag sei óg&» ausgefallen, als scharfer gegensatz zu zov égurodc, 
kann mich aber auch Stahl anschliessen, der nach 707, wozu er 
d£og hinzudenkt ein komma setzt, so dass pofegovg magorvtac’ AIn- 
ralovs eine appositive bestimmung dazu bildet. — Wenn aber 
Stahl 2. 2 statt yy dì Gmoriouvres allo braxovowpuer schreibt 
amotiouvres d Gloss vsaxovcoutvow so ist das freilich eine den 
vorausgehenden neSduevos und Zforrsg entsprechende und rheto- 
risch zugespitztere form, aber im sinne wird dadurch nichts geän- 
dert. Denn Hermokrates will sagen, wenn man seine rathschlüge 
nicht befolge, sondern sich z. b. an die Athener anschliesse, sei 
die nothwendige folge, dass man ihnen werde txuxovev. Zudem 
geben die handschriften keinen anlass zu veründerung. Betreffend 
ein bedenken wegen der ellipse bei où seg? rov Tıuwmpnoussmı ver- 
weise ich auf meine anmerkungen zu Lysias 12, 2. 74. Jedoch 
ist vielleicht nach zsva einzuschieben Zoraı. 

64, 1 muy :o pälloy 7 Guvrovutvoc. Classen fasst die 
partt. futuri mit recht in potentialer bedeutung. Das würde aber 
deutlicher durch einsetzung von av nach émwy, da ich als ver- 
treter eines mächtigen staates mehr an angriff denken könnte als 
im falle wäre einen abzuwehren. 

67, 3 önwg roig ix ins Mwwas Admwaloıs aparnc On ein 
j yvlaxn. Classen erklärt „damit den Athenern das aufpassen 
unklar und unsicher würde*, und citirt II, 42, 4. VIII, 92, 11. 
Aber an beiden stellen wie überall hat &qayncs passive bedeutung, 
während es hier von der gvAaxn der Athener auf Minoa activ 
verstanden werden muss ,,damit die wache es nicht merke“. Auch 
Poppo's dougic befriedigt nicht. Ich dachte an anumdeln dì 7 


guiaxy. 
68, 5. Classens vorschlag im anhang, den satz &opulesu dé 
avtoig — nagnoov nach és wayyy und vor Suvéxesto zu versetzen, 


scheint mir unnóthig. Nachdem erzahit ist, dass die den Athenern 

befreundete partei der Megarer das thor öffnen wollte, angeblich 

um die vor dem thore stehenden Athener anzugreifen, während mito 

denselben verabredet war, sie sollten durch das geöffnete thor in 
38* 


596 Thukydides. 


die stadt einbrechen, so kommt nachher die erklürung, warum 
diese verrätherischen Megarer, welche die anwesende entgegenge- 
setzte partei zu fürchten hatten, ihren anschlag xaz’ aopadsar 
glaubten ausführen zu kónnen, nämlich darum, weil nach verab- 
redung 4000 athenische hopliten und 600 reiter in der nacht vor 
Megara angelangt waren. Durch diese nachträgliche erläuterung 
wird der zusammenhang klar. Nachdem ich dieses schon geschrie- 
ben, fand ich mit vergnügen Jahrbb. 1870 Stahls übereinstimmende 
auffassung, der zudem den artikel of vor «no zng "Edevotves und 
vor z%y vuxra mit recht tilgt, ohne dass jedoch an die stelle des 
erstern àÀÀos zu setzen wire. 

69, 1. Die Athener beabsichtigten die Peloponnesier auf Nisis, 
das am meere liegend durch lange mauern mit Megara verbundes 
war, von dieser verbindung abzuschneiden, wozu dann g. 2 eim 
queermauer zwischen beiden schenkeln aufgeführt wird. Wenn es 
aber 2. 1 heisst zj» Nlousuv evdùs mepistelyitov, so ist das ei 
gentlich kein wegstery(Cew, sondern, wie 130, 7 zeigt, ein dmo- 
reıylleıw, somit vermuthe ich zz» Niouar edduc anerelytov. — 
€. 2 streicht Stahl 275 Moulug und vermuthet nach zeiyn, wo 
Classen mit recht ein verbum vermisst, sei 7ye einzusetzen. _ 

72, 4 tov uiv yao innagyor ıwv Bowiwv xai &AXovg ru 
où zoÀAovg ngog adınv my Nicuaur mgoceÀáGayreg of  A9nruloi 
xai ünoxtelvuvres toxvdevoav xai — tnoondvdovg nétdoco. 
Für zçoceldouvres schreibt Classen ohne zweifel richtig xgos- 
Macaviag, aber xul vor amoxreivuvreg ist eher mit Schütz zu tilgen 
als mit xoi vor zw» ze vexgwy in correspondenz zu bringen. Es 
verdankt seinen ursprung der vermuthlich sehr alten fälschung 
nooceldoavtes, das eine verbindung mit dmoxie(vavreg zu erfordera 
schien. Auch Stahl tilgt es in seiner ausgabe. Im folgenden wo 
Ullrich mit recht an reAsvr70avreg anstoss nahm, schreibe ich »xy- 
covıss, wozu sich fefaíwg besonders gut eignet: „keine partei mit 
entschiedenem sieg trennten sie sich“. So haben wir nicht nöthig 
mit Stahl ovdèv vor oùdsreoou einzusetzen. 

73, 2 xaAog dà Evopitov oplow Auyorson Eyes, dua gir 
td un Znıyeigeiv — ügboı, èredi ye iv paveg@ Edeka» éroipn 
Ovres auureodon, xal avrotg donso drovità tiv vlxny dixalws dr 
wFeoFtos. Hier schreibt Stahl in der meinung, es folge eis 
zweites von éwe07 abbüngiges dem ima) — idesEay parallele 


"l'huk ydides. 597 


glied, édsxalwour und avarldecIaı für dv 1098090: Letzteres 
mit recht, aber dixafws ist nicht in édexulwoay umzuündern, son- 
dern xai avroig i)» víxg» dixaiwe üvatt3e0das hängt ab von 
&vouibor. Denn sie glaubten dieses sei eine folge ihres vorher 
beschriebenen verhaltens, 

. è. 4 verdient gewiss Stahls treffliche emendation roùç dè 
Evunaons tig dvvuuews uéoos Exuctov xivduveven xui ix Tv 
mugoviwy slxotws 2IEAsıv roAuav unbedingte billigung , indem er 
mvduveverv, das vor elxorwg JéAsw ToAuav eine lästige häufung 
von infinitiven giebt, versetzt und statt xaf schreibt xai £x. 
Nur ziehe ich éxaorwy mit Classen vor, wofür auch dsadudévtwy 
roy Evundons xara modes 74, 1 spricht. 

75, 2 avrog dì xoi 7 crgun schreibt Classen im gegensatz zu 
den verlorenen schiffen wohl richtiger als das früher von Stahl bei- 
behaltene avrds te xoi 7 croatia. Jetzt aber (1875) auch Stahl 
wie Classen. 

80, 3 goflovutvos aviwv (der Heloten) rj» veornın xoi to 
nAndocg. Die unhaltbarkeit des veoryra ist wohl allgemein aner- 
kannt und auch Poppo’s versuch, es sei ein £v did dvoiw für rc 
vedınrog 10 77905, ist kaum annehmbar. Aber auch oxaotnta, 
das in einigen handschriften mehr einem alten emendationsversuche 
gleicht uud eigentlich „linkisches wesen“ bezeichnet, während ibm 
Classen und Stahl die bedeutung ,,tolldreistes wesen“ beizulegen 
suchen, befriedigt nicht. Das erforderliche scheint mir deworne«. 
Denn auf die ,gefáhrlichkeit* der Heloten weist auch die folgende 
parenthese bin. 

85, 6 xoà ydo où puovov om adroi avIloracde, adda xoi 
olg ay éntw, 1000» ng uot mooouo. Stahl tilgt uovov. Allein 
wenn auch nach dem bekannten elliptischen gebrauche das oöy öz 
der sinn herausküme ,ich rede nicht davon, dass ihr euch wider- 
setzet“, so wird doch uovov durch das folgende da xai gerecht- 
fertigt. Eher wäre ozs zu streichen. 

Q. 7 xalto oigatia ye 770 nv viv éyw Eyo imi Niowar 
iuov Bondıfoavıog ovx NIEnoav “AFnvaios nÀfoveg Ovreg  ngoc- 
plEu, wore oùx elxdg vnlrn ye abiode tw i». Nicalu orgasm toov 
nijFos ey vuas dmocttiAo. Dass Stahl rj i» Nicala als 
glossem streicht, daran thut er recht. Aber wenn er erklürt: cum 
Athenienses ad Nisaeam, quamquam plures erant, mecum pugnam com- 


598 Thukydides. ' 


mittere noluerint, non veri simile est eos navali quidem exercitui 
pares copias contra vos missuros esse, s0 begreife ich nicht, wie 
die Athener daran denken sollten dem navali exercitui (dieses kann 
je our der Athener, nicht der Akanthier seemacht sein) pares copias 
gegen die Akanthier zu schicken. Vielmehr wird Brasidas sagen, 
es sei nicht denkbar, dass die Athener eine seinem beere, mit dem 
sie es bei Nisäa scheuten sich in einen kampf einzulassen, gleiche 
truppenzahl auf schiffen absenden werden. Dazu wäre aber ravry 
ynérnv erforderlich, so dass es hiesse: «ort ovx clxóc rev ry (was 
vorher hiess 170° nv viv Eyw) vnlrmr ye avrovg oreardy low 
nindos Ep’ suds drooretdui. Richtiger aber wäre dp’ zug, die 
Spartaner und Akanthier. 

86, 4 o) yàg GvoracukOQv x0, od’ cag? riv Eleudeglur 
voullw inmig£gew, el-doviWousm. Für das sinnwidrige ovd’ dcaq7 
schlägt Classen vor ovó «onacınv. Mit geringerer änderung 
glaubte ich das gleiche zu erreichen durch odd” av cag „ich bin 
nicht gekommen um mich an politischer parteiung zu  betheiligen, 
auch glaube ich nicht die freiheit euch als eine sichere zu brin- 
gen, wenn ich“, Später aber führte mich e2-dovAwoa:ps darauf 
ein av zum infinitiv zu setzen, also auch ovd’ a» cap, wie schon 
Bauer vorschlug und jetzt Stahl aufgenommen hat. 

95, 2 iv dé pia payn Tivde te ng00xTa0sE xoi bury 
mällor èhevFegovre. Classen erklärt zwar mooox1üo9e und sv 
Fegovzte hier nicht wie III, 58, 5 dgnwoure, wo Stahl richtig der- 
poUrvreg emendirt, für contrahirte futurformen, sondern glaubt, die 
beiden prüsensformen stehen dem futurum sehr nahe. Vielmehr 


sind beides imperative, ganz passend am schlusse seiner reflexion, : 


gleichsam: ,,mit einem schlage gewinnet dieses land und schütset ; 


in noch höherm masse die freiheit des eigenen“. Und gleich dar- 
folgt zwenoure. 

98, 2. Hier hat Stahl mit mgd zov statt móc roig evidest 
emendirt und ebenso %. 8 mit efxecv statt eineiv, dann auch eine 
frühere conjectur Poppo's onevdovow statt onévdovosy mit recht 
aufgenommen. | 

106, 1. Die bewohner von Amphipolis entschliessen sich auf 
die milden bedingungen des Brasidas zur übergabe der stadt, ei 
piv “ASivaios dia 10 &opevos dv èEKDeîv, nyoumeror oùx dv ópole 
oplow sivus ta deva xai apa où ngocdsyoperos BojFeray ly 1078, 


CM Ras 


Thukydides 599 


6 de ullos bpidos modews te Pv 1 low où OcreQuOxOuevos xal 
xırdvrov nagu dota» dquíutvos Ich glaube man irrt, wenn man 
mit Classen und Stahl oix èv ouolw mit 7000» erklärt. Die sach- 
lage führt zu folgender erklärung: die in Amphipolis ansässigen 
Athener, wenn sie den capitulationsbedingungen nicht beitraten, 
sahen bei müglicher gewaltsamer einnahme der stadt, eben weil 
sie Athener waren, für sich nicht gleiche, sondern grössere ge- 
fahren als die übrigen einwohner; wenn sie aber annahmen, ver- 
loren sie zwar ibre dortigen liegenschaften, konnten jedoch, wenn 
sie auszogen, wenigstens ihre fahrhabe retten. Die übrigen Am- 
phipolitaner dagegen verloren nicht 2v z@ Tom wie die ausziehen- 
den Athener ihr amphipolitanisches bürgerrecht und ihrer liegen- 
schaften und wurden der gefahr ledig. 

Im anhang zu diesem capitel rechtfertigt Classen und Stahl 
den Thukydides gegen den von Grote und nachher auch von On- 
cken erbobenen verdacht, als ob er als stratege und patriot nicht 
seine schuldigkeit zur rettung von Amphipolis gethan habe, mit ge- 
nauer erörterung aller umstünde überzeugend. 

108, 6 x«i on 10 nowıov Aaxedasuoviwv dgyuiviuv EusAAor 
728100080904. — Beachtenswerth (mit vergleichung von I, 99, 2, wo 
es von den Athenern heisst 7ouv dé ws x«i adiwe of ~AInvaios 
ovxéts önolws dv ndovÿ &gyovrsg) ist Gebhardts conjectur doyov- 
zwv statt dgywriwy „sie wollten versuchen wie sie es hätten unter 
dem regiment der Lakedaimonier. Ein ähnlicher gedanke 114, 4 
ovd’ av opwy nuguouuérous uviods [10v Aaxedasuoriwr] — ob 
piv "Admruïos pulaxdc — dérepror dg tag Moles, Ö dé Èc tnv 
Auxsdaluovu — [équf£uevoc] orounu re meocumooréiiew éxédeve. 
Das bei prosaikern in der bedeutung ,,auftrige ertheilend und an- 
empfeblend“, wie hier Classen annimmt, ungewöhnliche égséusvoc 
ist auffallend. Einige geringere handschriften gaben unpassend 
dgépevog. Auch die herausgeber sind über die bedeutung unglei- 
cher meinung. Mir scheint es entbehrlich und ein glossem zu dg 
ıny Auxedaluoru herrührend von einem, der nicht einsah, dass 
aus dieneunov zu 2; inv Aaxedaluova ein néunwy hinzuzu- 
denken ist. 

117, 2 iov; yàg di avdgug neoi mAslovog Eno ıovrıoxowl- 
cacdas, ws E Boac(dug evruye, xoi Euellor ni peilov ywor- 
Cavtog «UrOU xai drilnadu xatuotjourios TOY piv GrÉQ&GO UE, Toig 


600 Thukydides. 


Ó' ix tov Toov auvvomevoe xıvduvevew [xai xoatnoesr]. Krüger 
that recht xoà xgaznoev zu streichen. Beiderseits ist von be 
fürchtungen die rede. Die Athener befürchteten, Brasidas möchte 
noch grössere fortschritte machen, die Lakedämonier dagegen, sie 
möchten die auf Spakteria verlieren und selbst, wenn Brasdss 
weiter glück habe und ein gleichgewicht herstelle, dass sie doch 
mit der andern mannschaft sich (Z5 Yoov) wehrend den kampt fort- 
setzen (xtvduvevery) müssten, Von hoffnungen bei fortsetzung des 
krieges ist im 4. 2 auf keiner seite die rede, auch nicht vom 
xgurnoeıv der Lakedümonier, welches unverständig hineingesetzt 
worden ist. 'Qc Er, Boacíduc edrüyss ist doch temporal zu ver- 
stehen ,,wie noch Brasidas glück hatte“, folglich die Athener zum 
frieden geneigter waren.  lrrig meint Classen mit Herbst, xai 
Euelloy sei vom standpunkt der Athener aus gesagt. Es sind 
alles erwägungen der Lakedümonier. 

126, 2 of ye und and molut)» tosoviwv frere, dv ol; 
où m0ÀÀol OAlywy agyovow, alla missovww uülior éléccouc. Die 
stelle nrachte von jeher, besonders wegen ov zodAol, viele schwie- 
rigkeiten, denen auf einmal abgeholfen wird, wenn man mit Ste- 
phanus of 04406 schreibt, was auch die neuesten ausgaben nicht 
beachtet haben. Brasidas beruft sich in der anrede an sein heer 
auf das wegen seiner politischen einrichtungen stolze nationalgefühl 
der Spartaner. Schon Poppo hat bemerkt, dass à» alg sich auf 
tosovrwy beziehen müsse, welches durch den relativsatz seine er 
klärung erhält: „ihr Lakedámonier seid ja auch nicht aus solchen 
staaten da, in welchen die menge über wenige (denn rg» mit 
Krüger vor éAfywy einzusetzen ist nicht nôthig) regiert, sondern 
vielmehr umgekehrt“, Warum iy» aig sich nicht (wie Stahl 1875 
sagt) auf zovovzwy beziehen solle, sehe ich nicht ein. Denn wenn 
sich tocovzwy auf das voraufgehende 717906 nepofñodas éréqur 
bezüge, so dass man wore nANFos meyoßnodaı ÉrfQu» zu roioviw 
hinzuzudenken hätte, wie er meint, so wäre doch ein «AA vor 
iv als où moddAol unentbehrlich. Torstrik hat in diesem bande hft 1, 
p. 103 ff. zu dieser rede des Brasidas manche recht gute bemer- 
kung geliefert, aber wenn er dv aig tilgt und où in ov verwat- 
delt, das sich statt àv «ig auf rodırsıw@v rosoutwr beziehen soll, 
so kann ich da nicht beistimmen, denn im deutschen sagt mu 
wohl: „von solchen staaten her, wo“ statt „in welchen“; aber is 


Thuk ydides. 601 


griechischen ist es schwerlich zulässig. Und wäre ov überliefert, 
so wäre man versucht es in éy aig umzuändern. 

130, 5 zoig AInvaloıs tv nvÀdv dvosouérwr. Classen 
. meint vor dvovyouévwy sei av erforderlich, weil die thore geöffnet 
werden würden, was ja nicht in erfüllung gegangen sei. Allein 
die demokratische partei war wirklich daran sie den Athenern zu 
öffnen, und sie wurden geöffnet, freilich nicht iu folge von capi- 
tulation (oix ano EvuPacews Q. 6), weswegen die athenischen 
truppen Mende, als wire es durch sturm eingenommen, plünderten. 


Aarau. R. Rauchenstein. 


Zu Cornelius Nepos. 


Timol. 3, 4 ist in dem anstössigen cum tantis esset opibus, 
us vielleicht ein (nach tantis) ausgefallenes munitus herzustellen: 
cum tantis munitus esset opibus. 

Hamilc. 1, 4 ut statim mente agitaret, . . bellum | renovare 
Romanosque armis persequi, donicum aut virtute vicissent aut 
vici: manus dedissent. Grossen anstoss erregt donicum. Virtute 
findet sich in codd. Dan. u. Parc. allein seine erklärung ist nicht 
ohne schwierigkeit, Wenn man erklärt „dass die Römer an tapfer- 
keit überlegen seien, wusste er. Er glaubte aber, dass die Car- 
thager dessen ungeachtet gesiegt hitten, wenn sie im anfange des 
krieges besser geführt wären“ (Nipp.), so ist diese beziehung des 
wortes auf mögliche gedanken des Hamilcar jedenfalls etwas dunkel. 
Die übrigen handschriften haben utrte — ut certe — certe, worin auch 
wohl etwas anderes stecken kann, als cod. Dau. u. Parc. aus der 
corruptel gemacht zu haben scheinen. Betrachten wir den sinn des 
ganzen satzes, so meint Hamilcar eigentlich, die Römer zu bekriegen, 
donec victi manus dedissent, fügt aber in dem vicissent hinzu, dass 
der krieg auch auf die gefahr hin unternommen werden müsse, 
dass das kriegsglück nicht den Carthagern sondern den Rómern 
günstig sei. Dieser gedanke findet ausdruck , wenn man liest: 
donec communi Marte vicissent aut cet. „bis sie, wie bei dem 
gleichen kriegsglücke möglich, siegten, oder (vielmehr) . .“ Das 
einmalige aut scheint gerade angemessen, um auf das zweite glied 
den nachdruck zu legen. 

Clausthal. W. Lattmann. 


XVIII. 


Zeno aus Elea. 


Die erste quelle sowohl der religion als auch der philosophie 
war den Griechen die betrachtung der erscheinungen der aussenwelt. 

Staunend über das erhabene wirken verborgener gewalten in 
der natur, dessen segensreiche oder verderbliche folgen sich ihren 
offenen und empfänglichen sinnen tüglich zeigten, lernten sie hóbere 
wesen ahnen und glauben; sinnend über die sie umringenden dinge 
mit ihrem werden und vergehen begannen sie nach der entstehung 
und nach den ursachen der dinge zu fragen. 

Und wie sie von jenen höheren wesen sich mit dichtender 
phantasie vorstellungen bildeten und ihnen bestimmte gestalten 
gaben, so waren auch ihre ersten erklärungen der entstehung aller 
dinge nur poetische gebilde. 

Doch waren dieselben nicht völlig willkürlich, sondern die 
erscheinungen der aussenwelt, durch deren bemerktwerden sie ur- 
sprünglich hervorgerufen wurden, wirkten mindestens zum theil 
bestimmend auf sie ein: den göttern wurden gestalten gegeben, 
welche der den einzelnen von ihnen zugeschriebenen wirksamkeit 
zu entsprechen schienen ; die entstehung der welt aber wurde nach 
analogien erklärt, welche das sichtbare werden in der natur darbut. 

Allem aber, was in der natur wurde, schien ein stoff zu grunde 
zu liegen, nirgends sah man neue wesen aus nichts entstehen; is 
der pflanzenwelt keimten neue gebilde aus vorhandenen hervor, in 
der thierwelt wurde aus der begattenden vereinigung des männ- 
lichen und weiblichen neues leben geboren. 


Zeuo aus Elea. 603 


Diese momente des werdens, welche den Griechen aus der 
offenen und unbefangenen betrachtung der natur zunüchst klar ent- 
gegentraten, hielten sie anfangs auch bei der erklürung der ent- 
stehung der welt fest. Fern lag ihnen daher der gedanke einer 
weltschópfung aus nichts; vielmehr setzen alle alten griechischen 
kosmologen irgend etwas ursprüngliches voraus, aus dem durch 
keimen, zeugen und gebären sich die mannichfaltigkeit der sicht- 
baren dinge sammt den góttern entwickelt. 


Den vorgang der weltbildung selbst fassen sie dabei als eine 
thatsache auf, die sie nicht wissenschaftlich , etwa als das natür- 
liche resultat aus gegebenen stoffen und kräften, erklären wollen, 
sondern die sie mythologisch erzählen. Sie wollen nicht das wun- 
derbare, das in dem vorgange liegt, erforschen, sondern setzen es 
einfach als etwas nothwendiges , das sich nicht wegdenken lässt, 
voraus, oder stellen es als die wirkung der unbegriffenen macht 
hóherer wesen dar. 


Es ist klar, dass eine solche welterklärung noch nicht philo- 
sophie genannt werden kann; sie ist aber die unmittelbare vor- 
stufe der griechischen philosophie. 


Durch die alten kosmologien ist die frage nach der entate- 
hung der dinge angeregt und die betrachtung auf die gesammtheit 
der erscheinungen hingeleitet worden.  Philosophisch wurde diese 
betrachtung , sobald man sich nicht begnügte die entstehung der 
welt in erdichteten mythen zu erzáhlen, sondern sich bemühte die 
gruudlage und die natürlichen ursachen der gesammtheit der er- 
scheinungen zu finden. 


Die ersten Griechen nun, welche zu wirklich philosophischen 
bestrebungen vorgeschritten waren, beschüftigten sich vor allem 
mit der frage nach der sul%tanz der dinge und suchten zunächst 
zu erkennen, woraus alle dinge bestünden. Sie forschten also 
nicht sowohl nach der möglichkeit und ursache des werdens, als 
nach der grundlage dessen, was ist. 


In diesem punkte stimmen die drei ältesten philosophischen 
schulen bei den Griechen, die der älteren ionischen physiker, der 
Pythagoráer und der Eleaten, überein. Sie alle wollen haupt- 
süchlich die substantielle grundlage oder das eigentliche wesen der 
dinge erkennen. 


604 Zeno aus Elea. 


Ausgegangen von der unmittelbaren beobachtung der natur 
glaubten es die lonier in einem körperlichen urstoffe zu finden. 
Aus dem urstoffe, den sich die einzelnen glieder der schule ver- 
schieden beschaffen dachten, erzählten sie, sei durch hervorkeimen, 
durch ausscheiden, oder durch verdichtung und verdünnung die 
mannichfaltigkeit der welt hervorgegangen. Nach der möglichkeit 
oder der ursache der weltbildung aus dem urstoffe fragen sie nicht. 

Die Pythagorüer gingen in ihren philosophischen reflexionen 
über die sinnlichen erscheinungen in so fern hinaus, als sie in deu 
zahlen das wesen aller dinge zu finden glaubten. Durch die be- 
schäftigung mit der mathematik war ihr blick für ordnung und 
gesetzmässigkeit geschürft worden, Es war deshalb natürlich, dass 
ihnen, sobald sie sich der betrachtung der echt sinnlichen erschei- 
nungen zuwandten, die gesetzmüssigkeit in vielen derselben über- 
raschend entgegentrat. Als princip und zugleich als ausdruck der 
gesetzmüssigkeit hatten sie in der mathematik die zahlen kennen 
gelernt; iu ihnen glaubten sie daher auch in dem maasse das wesen 
aller dinge gefunden zu haben, dass sie behaupteten: alles ist zahl. 
Aus dieser grundlage liessen sie durch mathematische construction 
die welt in ibrer mannichfaltigkeit entstanden sein. Was die ent- 
stehung veranlasst bat, scheinen auch sie nicht erklärt zu haben. 

Bei demselben streben nach erkenntniss des wesens der dinge 
entfernen sich die Eleaten noch weiter von dem körperlichen ur- 
stoffe der lonier und gelangen zu einem begriffe, der noch ab- 
stracter ist als die zahl der Pythagoräer. Sie bestimmen als sub- 
stanz der welt das seiende ohne weitere bestimmung, das seiende 
an sich. Von diesem seienden behaupten sie, dass es eins, unge- 
worden und unveründerlich, sei. Sie leugnen also überhaupt das 
werden und kónnen deshalb auch, sobald sie zur klaren entwick- 
lung ihres princips gelangt sind, weder nach der weise noch nach 
der ursache des werdens fragen. 


[Zu der ganzen einleitung vgl. Zeller, die philosophie der Grie- 
chen, I, dritte auflage.] 


Zu dem kreise von philosophen nun, welche mach der in 
Unter-Italien gelegenen stadt Elea, in der die bedeutendsten von 
ihnen gelebt haben, die Eleaten genannt werden, gehört auch der- 
jenige, mit dessen lehren wir uns im folgenden ausführlicher be- 
scháftigen wollen. 


Zeno aus Elea. "^ 605 


Da derselbe aber nicht der urheber, sondern hauptsächlich 
nur der vertheidiger der eleatischen philosophie ist, so wird es 
nothwendig zuerst die lehren seiner vorgänger, in soweit er sie 
zu vertheidigen und zu beweisen sucht, in ihren hauptzügen dar- 
zustellen. 

Der begründer der eleatischen schule war Xenophanes. Aus 
seiner vaterstadt Kolophon verbannt kam er auf seinen wande- 
rungen auch nach Elea, wo er vielleicht gegen ende des sechsten 
jabrhunderts v. Ch. g. eine zeitlang lebte und lehrte. Im alter- 
thum war er besonders durch seinen scharfen tadel der erzühlungen 
des Homer und Hesiod von den góttern und durch sein ankümpfen 
gegen den polytheistischen volksglaubeu bekannt geworden. (Vgl. 
M. Sengebusch, Diss. Hom. I, p. 129 sqq.). Er lehrte, dass die 
gottheit ewig sei, eins, durchaus gleichartig, frei von jeder be- 
schrünktheit, unveründerlich, das alles umfassende wesen. In ihr 
sah er alles seiende mit inbegriffen; und da er sie für ewig und 
eins hielt, so behauptete er damit zugleich auch, dass das seiende 
eins, ungeworden, unveränderlich sei. Ob er dabei auch schou das 
werden und die veründerung der einzeldinge oder die bewegung 
in der welt geleugnet hat, scheint zweifelhaft zu sein. Der um- 
stand, dass er, unabhüngig von seiner einheitslehre der gottheit und 
des seienden, die entstehung der mannichfaltigkeit des weltalls 
ähnlich den älteren ionischen physikern beschrieben zu haben scheint 
ohne dieser beschreibung eine blos hypothetische bedeutung beizu- 
legen, lässt darauf schliessen, dass er das werden und die vielheit, 
welche uns die sinnlichen erscheinungen zeigen, nicht als schein 
und täuschung dargestellt hat. 


[Ueber Xenophanes vgl. ausser Zeller a. a. o. p. 452 ff. be- 
sonders noch: F. Kern im programm des stadtgymnasiums zu 
Stettin, ostern 1874. Die interessante und geistreiche abhandlung 
stellt die bedeutung des philosophen gegenüber den vielfachen un- 
terschützungen, welche derselbe von Aristoteles her erfahren hat, 
in helles licht, geht aber in der darstellung dessen, was Xeno- 
phanes für die entwicklung der eleatischen philosophie überhaupt 
gethan haben soll, wohl zu weit, zumal die historische zuverläs- 
sigkeit der pseudoaristotelischen schrift nee Zevopurovg meg Zi- 
ywvoc meg? Togylov, auf welche diese darstellung sich stützt, doch 
immer noch sehr zweifelhaft ist.  (Vrgl. auch oben heft 2, 
p. 373. — E. v. L.)] 


Den von Xenophanes aus theologischer speculation gefundenen 


606 Zeno aus Elea. 


urgrund der dinge bildet sein schüler Parmenides aus Elea in rein 
philosophischer form und consequenter durchführung zu einem me- 
taphysischen principe aus. Er legt den satz zu grunde: nur das 
seiende ist, das nichtseiende ist nicht. Das seiende ist alles; denn 
nichts ist ausser dem seienden, alles ist von ihm erfüllt. Es ist 
ungeworden und unvergánglich, untheilbar, unbeweglich, durchaus 
gleichartig. Es giebt also keine vielheit von dingen, kein werden 
und vergehen und überhaupt keine bewegung. Die üusseren er- 
scheinungen sind schein und táuschung; nur dem vernünftigen den- 
ken dürfen wir vertrauen. 

In diesen sátzen haben wir den kern der lehre des Parmenides 
und denjenigen theil derselben, welchen Zeno zu vertheidigen und 
zu beweisen sucht. Die physikalische erklärung der weltbildung, 
welche auch Parmenides, ebenso wie Xenophanes, gegeben bat, 
aber ausgehend, wie er selbst andeutet, von der gewöhnlichen, fal- 
schen vorstellung der menschen, so dass die erklärung selbst keine 
wahrheit haben konnte, scheint Zeno nicht berücksichtigt zu haben. 
(Vgl. Zeller a. a. o. I, p. 477 und 495.) 

Zeno, der sohn des Teleutagoras, wurde etwa in der 71. 
ol. (496—492 v. Chr. g.) zu Elea, einer pflanzstadt der Phokäer 
an der westküste Lucaniens, welche von den Rómern Velia ge- 
nannt wurde, geboren. Von jugend an war er ein eifriger schüler 
und bevorzugter liebling des Parmenides, dem er sich nicht nur 
in seinen philosophischen studien, sondern auch in seinen sittlichen 
und politischen bestrebungen angeschlossen zu haben scheint. Nach 
den berichten der alten war er ein durch kórperliche und geistige 
eigenschaften ausgezeichneter mann. Sie rühmen seine hohe gestalt 
und sein angenehmes äussere, seine genügsamkeit und sein stolzes 
selbstbewusstsein , seine liebe zur freiheit und zum vaterlande, be- 
sonders aber seinen energischen character und festen willen, den 
er sowohl durch seine handlungen als auch durch sein scharfes 
uud consequentes denken bewies. 

Den gróssten theil seines lebens brachte er in seiner vater- 
stadt zu und betheiligte sich eifrig an der gesetzgebung und en 
den politischen bestrebungen in derselben. Doch reiste er auch 
nach Athen, woselbst die bedeutendsten männer, unter denen beson- 
ders Perikles genannt wird, seinen philosophischen vortrigen bei- 
wobnten. Auf die dauer aber konnte ihn weder der glanz Athens 


Zeno aus Elea. 607 


noch die ehrenvolle aufnahme, welche er daselbst fand, von seiner 
heimath fern halten. In dem streben für das wohl derselben soll 
er auch seinen tod gefunden haben. Als er nämlich seine vater- 
stadt, so wird berichtet, von einem tyrannen befreien wollte, wurde 
er entdeckt, ergriffen und getédtet. Durch sein benehmen hierbei 
erwarb er sich aber den hóchsten rulm. Denn die aussicht auf 
den qualvollsten tod konnte seinen festen sinn sowenig beugen, 
dass er durch nichts zu bewegen war, dem tyrannen gestündnisse 
zu machen, sondern ihm vielmehr offen zeigte, wie sehr er ibn und 
alle seine strafen verachte. 


[Unsere kenntnisse von Zeno's leben beruhen hauptsächlich 
auf folgenden stellen der alten: 

1) Plato, Parmenides, cap. 1. 2) Diogenes Laertius lib. IX, 
QQ. 25—29. 3) Suidas unter Zeno und Elea. 4) Plutarchus, vit. 
Pericl. cap. 4 und 5, und Adversus Colotem cap. 32. 5) Strabo, 
lib. VI, p. 252. 6) Cicero, De nat. deor. cap. 33, und Tuscul. 
II, 22. 

Andere stellen geben an besonders: Zeller, Gr. phil. I, p. 492 
und Bernhardy in seiner ausgabe des Suidas zu dem worte Zyrwr. 

Abgedruckt sind die wichtigsten stellen bei Mullach, Fragm. 
phil. Gr. I, p. 266. 


Specialschriften über Zeno's leben giebt es, so viel mir be- 
kannt ist, nicht. Von allgemeinen werken, in denen die nach- 
richten über ihn zusammengestellt sind, hebe ich hervor: Die gesch. 
der philos. von Hegel (bd. I, p. 303 f), von H. Ritter (bd. I, 
p. 487 f), von Brandis (bd. I, p. 406 ff), von Zeller (bd. I, 
p. 492 f); die Historia phil. Graeco- Romanae ez fontium locis 
contexta, H. Ritter, L. Preller (p. 115); die erwähnte fragmenten- 
sammlung von Mullach (p. 266 sq.); Peter Bayle's philos. wörter- 
buch von L. H. Jacob und Pauly's real-encyclopädie unter Zeno. 
Ueber Elea vgl. auch noch Fr. Kern a. a. o. p. 1.] 


Ueber Zeno's geburtszeit besitzen wir keine bestimmten an- 
gaben. Plato a. a. o. sagt, er sei gegen vierzig jahre alt nach 
Athen gekommen, wo sich der damals noch sehr junge Socrates 
mit ihm unterhalten habe. Socrates geburt wird in die zeit von 
471—409 v. Chr. gesetzt, (S. Ueberweg, Geschichte der phil. 1, 
p. 83 und Zeller, Il, p. 43 anm.). Da Socrates aber doch schon 
ziemlich erwachsen gewesen sein muss, so kann die zusammenkunft 
nicht vor 455 gewesen sein, und Zeno könnte danach* nicht vor 


608 Zeno aus Elea. 


495, also etwa gegen ende der 71. ol, geboren sein. Hiermit 
stimmen die angaben der alten über seine blüthezeit nur ungefähr 
überein. 

Suidas setzt dieselbe in ol. 78 (468—464 v. Chr.), Diog. 
Laert. IX, 29 in ol. 79 (464—460), Eusebius Chron. in ol. 80 
(460—456). Da die Griechen als blüthezeit die ersten jahre des 
vierten decenniums zu bezeichnen pflegen, so würde die angabe 
des Diogenes, welche wahrscheinlich auf der autorität Apollodors 
beruht (vgl. Mullach a. a. o.), auch das ende der ol. 71 als Zeno 
geburtszeit bezeichnen. Hiermit stimmt auch Ritter a. a. o. über- 
ein; ebenso Rixner, Handbuch der geschichte der phil. p. 114, 
welcher Zeno’s blüthe gegen 460 v. Chr. setzt. Deshalb scheint 
ol. 70, welche Brandis und Pauly a. a. o. als Zeno's geburtszeit 
annehmen, ein zu früher termin zu sein; Ueberweg, Gesch. d. phil. 
I, p. 61, dagegen geht mit der angabe von 490—485 wohl etwas 
zu tief berab. Zeller berechnet aus Plato’s angaben als Zenos 
geburtszeit die jahre 495 — 490 v. Chr., hält aber Plato's bericht 
für unbistorisch, weil die angaben über das alter des Parmenides 
in demselben mit anderen nachrichten darüber nicht stimmen. Die 
angaben über Parmenides zeit gehen aber überhaupt zu weit aus- 
einander, als dass daraus die unzuverlässigkeit Plato's gefolgert 
werden dürfte. Als reine fiction ist Plato's bericht wohl um s 
weniger anzusehen, als nicht der geringste grund für ihn vorlag, 
das alter der beiden philosophen so genau anzugeben, wenn er 
eben nicht darüber unterrichtet gewesen würe. Jedenfalls stimmt 
seine angabe über Zeno's geburtszeit, wie gezeigt ist, mit dea 
wahrscheinlichsten sonstigen zeugnissen der alten überein. Beiläufig 
bemerkt findet sich in Zeller's worten, Zeno sei um 495 — 490 r. 
Chr., ol. 70 oder 71, geboren, ein versehen; es müsste heissen 
ol. 71 oder 72, da ol. 70 mit 496 v. Chr. schon endigt. 

Zeno's aufenthalt in Athen wird durch Plato, Plutarch, Sui- 
das a. a. o. und durch den pseudoplatonischen dialog Alcibiades |, 
p. 119 bezeugt. Dagegen berichtet Diogenes IX, 28, Zeno babe 
seine vaterstadt mehr geliebt als den glanz Athens und sei niemals 
zu den Athenern gereist (ovx Znudnunous TO maeQamav mods ai- 
rovc. Vergl. ausgabe von Westermann. Paris 1850). Da aber 
Suidas unter dem worte ’Eisl« die stelle des Diogenes fast wört- 
lich wiedergiebt, statt rd maganav aber za noAAu schreibt, so ist 


Zeno aus Elea. 609 


anzunehmen, dass er diese lesart gefunden hat. Ausserdem scheint 
mir auch der zusammenhang bei Diogenes durchaus 70 0244 zu 
erfordern; denn es hätte ja kaum einen sinn hervorzuheben, dass 
Zeno sein vaterland mehr geliebt habe als die herrlichkeit Athens, 
so dass er niemals nach Athen gereist sei; ganz berechtigt ist es 
dagegen zu betonen, dass er, obwohl er Athens herrlichkeit ken- 
nen gelernt hatte, dort doch nicht dauernd bleiben, sondern lieber 
in seiner unbedeutenderen vaterstadt leben wollte. Brandis und 
Mullach schreiben in der stelle deshalb auch mit recht z& 70940 
statt 70 magazzav. | 

Zeno's unternehmen gegen einen tyrannen und die dabei be- 
wiesene characterstärke ist im alterthume sehr berühmt gewesen. 
Das ereigniss wird daher auch von vielen erwähnt, in den einzel- 
heiten stimmen aber die berichte über dasselbe durchaus nicht 
überein. Es steht selbst nicht fest, ob der tyrann über Elea 
herrschte, auch nicht, ob Zeno bei dem ereigniss den tod fand; 
doch wird dies durch die mehrzahl der angaben bezeugt. Noch 
unsicherer ist der name des tyrannen, sowie die bestimmten thaten 
und endlich die todesart des Zeno. Sicher wird nur das ereigniss 
im allgemeinen und die seelenstärke, welche Zeno bei demselben 
bewiesen hat, angegeben. Vgl. Zeller a. a. o. So viel vom leben. 

Die philosophischen lehren des Zeno scheinen schon bei seinen 
zeitgenossen bedeutendes aufsehen erregt zu haben und werden 
auch von den nachfolgenden schriftstellern vielfach erwähnt. Doch 
sind wir über die gesammte wissenschaftliche thätigkeit unseres 
philosophen nur dürftig unterrichtet. 

Als feststehend darf angenommen werden, dass er nie beab- 
sichtigte ein selbständiges system aufzustellen, sondern dass er 
seinen ganzen scharfsinn der vertheidigung der lehren seines mei- 
sters Parmenides widmete. Man hatte nümlich, wie Plato berichtet, 
die all-einheitslehre des Parmenides vom standpunkte der siun- 
lichen wahrnehmung aus lächerlich zu machen gesucht. Dagegen 
strebte Zeno zu beweisen, dass aus den auf sinnlicher wahrneh- 
mung beruhenden meinungen sich noch weit grössere widersprüche 
ergäben. Dadurch dass er also die unmöglichkeit der gewöhnlichen 
ansichten durch die sich aus ihnen ergebenden ungereimten folge- 
rungen darthat, wollte er die wahrheit der eigenen lehren, oder 
vielmehr der des Parmenides, feststellen. Wegen dieses verfahrens 


Philologus XXXV. bd. 4 39 


616 Zeno aus Kies. 


ist Zeno vom Aristoteles der erfinder der dislektik genannt wer- 
dem, Er hat diese dialektik aber in einer schrift angewendes, 
welche Plato im dialoge Parmenides einfach :£ yedupata, 16 
yedupa oder 10 cuyyre«upa nennt. Aus dieser bezeichnung darf 
man vielleicht schliessen, dass demselben andere schriften unseres 
phalosophen überhaupt nicht bekannt waren. Nach den andeutungen 
des Plato und naeh der form der uns erhaltenen zenonischem sätze 
ist es wahrscheinlich, dass die schrift eine anzahl von einzelnen 
selbständigen beweisfükruagen enthielt. Bei jeder beweisführung 
wurde eine behauptung der gegner des Parmenides als bedingungs- 
satz nebst den widersprechenden folgerungen daraus voraufgestellt 
und dann der beweis hinzugefügt. Den voraufgestellten hypetheti- 
sehen satz nebst folgerung nennt Plato uw09eoç, das ganze aber, 
die 67709055 nebst dem beweise, Adyos. 

Es ist leicht einzusehen, dass für eine solche beweisführung 
die poetische form der früberen philosophen wenig geeignet war. 
Dem scharfen und consequenten denken Zeno's konnte nur die 
knappe form der prosa genügen (vgl. Pauly, Real-encycl. unter 
Zeno) Die angabe, dass er sich der form des dialoges bedient 
habe, erscheint sehr zweifelhaft. So viel sieh erkennen lässt, hat 
er mat bisweilen, stast aus dem bedingungssatze gleich die folge- 
rungen zu ziehen, gefragt, was aus der aufgestellten behauptung 
zu schliessen sei, und die antwort damn iu dem machfolgenden be- 
weise gegeben. 

Die fragmente, welche wir aus Zeno's schrift besitzen, sind 
gering, und bei den meisten ist es ausserdem noch zweifelbaft, eb 
sie genaw und wörtlick überliefert sind. Jedoeh genügen die an- 
gaben der altem in so weit, dass wir uns ein im gamzen klares 
bild von Zeno's lehren entwerfen können. 


[Die belegstellen dafür, dass Aristoteles den Zeno den er- 
finder der dialektik genannt hat, s. bei Mullach, Fragm. p. 266, 
anm. 6. 


Seine scharfsinnige beweisführung und seine gewandtheit im 
disputirem waren berühmt. Plato legt ihm deshalb den namen des 
helden aus dem naehhomerischen trojanischen sagenkreise bei, der 
wegen seiner klugheit und wegen seiner zahlreichen erfinduages 
vielgepriesen wurde, er nannte ihn den ’Eisazızög Darapıdas 


Zeno aus Eles. 6 


(Phaedr, p. 261). Der als sheptiker und besonders als sillográph 
bekannte Timon aus Phlius nennt ihn aber wegen seiner gewohnheit, 
aus einer behauptung zwei widersprechende folgerungen zu ziehen, 
aupotegoyiwocos. Vgl. Mullach p. 207. — Zeller I, p. 496 f. 

Bei Diogenes, IX, 26, heisst es: gégetas yovv avzov Pila 
zoÀÀ)c cvvécews yépovra. Bei Suidas unter Zeno aber: £ygowsy 
"Egidag, ’Eöiynow rev '"EuntdoxMovg, mods 10ùç guAocógovg megi 
gvoews. (So giebt Bernhardy den text. Zeller glaubt, dass mit 
MQOS TOUS gpidocogovs und zgi quoswg zwei werke bezeichnet 
sind) Die art jedoch, wie Plato Zeno's schrift citirt, und der 
umstand, dass auch Simplicius in Phys. f. 30, a nur eine schrift 
(30 0vyyoaupa) des Zeno kennt, scheint Zeller's meinung zu be- 
stätigen, dass das figA(o des Diogenes vielleicht nur die einzelnen 
abschnitte der einen schrift bezeichnen soll und die anführungen 
des Suidas, soweit sie nicht offenbar falsch sind, mur verschiedene 
titel für dasselbe werk bedeuten. Vgl. Zeller I, p. 494 anm. 

Die oben gegebene auffassung der von Plato erwähnten 20706 
und vro9ées in Zeno's schrift scheint mir besonders dadurch be- 
stätigt zu wérden, dass Aristoteles und seine erklárer die ganzen 
einzelnen sütze des Zeno, also voraussetzung, folgerung und beweis, 
gewöhnlich mit Aoyog bezeichnen. Platos worte: zzv xgustyy 9nó- 
Feosy tov ngwtou Aoyov sind dann dahin zu erklären, dass es sich 
überhaupt um die erste vr03e0:5 und um den ersten Aóyog han- 
delt, so dass daraus nicht zu schliessen ist, dass der erste Aoyog 
mehrere vzoJécng gehabt hätte Vgl. dagegen Zeller a. a. o., 
" Brandis, I, p. 409, Ueberweg, I, p. 62. 

Diogenes, III, 47, berichtet, dass Zeno zuerst dialoge ge- 
schrieben habe, fügt aber hinzu, dass Aristoteles und ebenso Favo- 
rinus dasselbe vom Alexamenus behauptet hätten (s. Brandis, I, 
p. 408 g.. Danach bleibt es allerdings noch zweifelhaft, ob Ari- 
stoteles dem Zeno den dialog überhaupt abgesprochen hat. Die 
form jedocb, in welcher uns die lehren des Zeno überliefert sind, 
widerspricht der angabe des Diogenes. Das von Simplicius in 
Phys. f. 255, a. (s. Brandis, I, p. 409, Zeller, I, p. 502) erzählte 
gesprüch zwischen Zeno und Protagoras kann offenbar nicht aus 
Zeno's eigeneu schriften , sondern nur aus den berichtem anderer 
schriftsteller geschüpft sein; denn es wäre doch wunderlich, wenn 
Zeno sich selbst in seinen dialogen redend eingeführt hätte. In 

89* 


017 Zeno aus Elea. 


Pauly's Real-encycl. a. o. wird jedoch angenommen, dass wenigstens 
ein theil von Zeno's schriften in dialogischer form abgefasst gewesen 
sei, und auch Ritter, I, p. 488, scheint dem Diogenes glauben zu 
schenken. Eine, wie mir scheint, richtigere ansicht hat schon Ten- 
nemann, Gesch. d. phil. I, p. 192 85), in den worten ausgesprochen, 
dass Zeno nicht verschiedene personen redend eingeführt, sondern 
nur seine gedanken in fragen und antworten gekleidet habe. 

Diese auffassung, der auch Zeller, p. 494 anm., beistimmt, 
wird durch Arist. el. Soph. c. 10 bestätigt. Denn dass Zyvwy 
in dieser stelle nur zu 6 2owr@v und nicht auch zu 6 @70xgsv0- 
uevog gehöre, wie Prantl, Gesch. d. logik , I, 911), behauptet, 
scheint mir unhaltbar; denn es wire wunderlich, dem einen particip 
einen namen hinzuzufügen, das andere ganz unbestimmt zu lassen. 
Der artikel ö bei &owrw» dient nur zur schürferen unterscheidung 
desselben Zeno ein mal in der rolle des fragenden, das andere mal 
in der des antwortenden. Für meine obige speciellere annahme 
scheint die form zu sprechen, in welcher Simplicius f. 130, b 
(S. Mullach. Fragm. p. 269, 3) Zeno's sátze über den raum mittheilt. 
(Beiläufig sei bemerkt, es wird in Anonymi vita Platonis p. 9, 
18, in Westermanus ausgabe des Diogenes, die meinung erwühnt, 
dass sogar auch Parmenides schon dialoge geschrieben habe). 

Die wichtigsten angaben über Zeno's lehren finden wir bei 
Aristoteles in der Metaphysik und Physik und bei den erklärern 
dieser schriften, besonders beim Simplicius. Ausdrücklich als wört- 
liches citat aus Zeno's schrift wird, so viel ich sehe, nur eine 
stelle bezeichnet Simpl. f. 30, a. Doch giebt Simplicius auch 
wohl noch an anderen stellen Zeno's eigene worte. 


Abgedruckt finden wir die betreffenden zeugnisse der alten 
in den öfter angeführten werken von Mullach, I, p. 267—270, 
Ritter und Preller, p. 115—119, Brandis, I, p. 409—417, Zeller, 
I, p. 498—506. 

Dass die dem Aristoteles fälschlich beigelegte schrift pi 
Eevopavoug, Zivwvog xoi Togylov nicht von Zeno, sondern von 
Melissus, Xenophanes und Gorgias handelt, kann nach den unter- 
suchungen von Mullach, Fragm. I, p. 271— 276 und Zeller, I, 
p. 432— 449, als sicher angenommen werden. Vgl. auch Pauly, 
Real-encycl. unter Zeno und F. Kern a. a. o. anm. 50]. 


Zeno’s lehren sind besonders deshalb vielfach missverstanden 


Zeno aus Elea. | 613 


worden, weil man sich nicht immer des zweckes, dem sie dienen 
sollen, klar bewusst blieb. Parmenides hatte, indem er der sinn- 
lichen wahrnehmung die zuverlässigkeit absprach und nur dem 
richtigen denken vertraute, die vielheit und jede veründerung und 
bewegung des seienden geleugnet. Natürlich musste eine solche 
lehre dem von den sinnlichen erscheinungen ausgehenden gewöhn- 
lichen verstande verkehrt und lächerlich erscheinen und die ver- 
achtung und den spott der menschen erregen. Zur abwehr des 
spottes konnte es, wie Zeno richtig erkannte, kein wirksameres 
mittel geben, als zu zeigen, dass die spötter selbst noch grössere 
ungereimtheiten zu behaupten schienen. Ueberzeugt von der rich- 
tigkeit der lehren seines meisters verzichtete Zeno darauf, ein 
eigenes philosophisches system zu entwickeln, und verwandte seinen 
ganzen scharfsinn und seine grosse dialektische gewandtheit auf 
die bekämpfung der gegner des Parmenides. Die beschränkung 
seiner philosophischen bestrebungen verhinderte aber nicht, dass 
dieselben sowohl an und für sich als auch für die entwicklung 
der philosophie bis in die neuste zeit hinein höchst interessant und 
bedeutungsvoll wurden. 

Alle uns zuverlässig aus Zeno’s lehren überlieferten sätze, 
welche die schwierigsten probleme der metaphysik berühren und 
grössten theils eine für die begriffsentwicklung jener zeit bewun- 
dernswerthe consequenz des denkens zeigen, gewinnen durch die 
beziehung auf die all-einheitslehre inneren zusammenhang. Da uns 
dieselben jedoch offenbar weder überall in ihrer ursprünglichen 
verbindung noch vollständig aufbewahrt sind, so ist es nicht zu 
verwundern, dass die richtige bedeutung einiger derselben für den 
grundgedanken zweifelhaft erscheint. 

Die darstellung der einzelnen sätze selbst beginne ich mit der 
frage des Zeno an Protagoras, welche uns Simplicius mit folgenden 
worten berichtet : 

„Sage mir, Protagoras, macht ein korn oder der tausendste 
theil eines kornes durch seinen fall geráusch?* Als derselbe 
es verneinte, sagte er: „macht aber der scheffel körner durch 
seinen fall geräusch oder nicht?“ Und als derselbe bejahte, 
dass der scheffel geräusch mache, sagte Zeno: „was also? 
besteht kein verhältniss zwischen dem scheffel körner und dem 
einen oder dem tausendsten theile des einen?‘ Als dieser es 


614 Zeno aus Elea, 


zugab, sagte Zeno: „was also? wird nicht dasselbe verhültmies 
auch zwischen dem einen gerüusch und dem andern besteheni 
Denn wie die dinge, welche gerüusch machen, so verhält sich 
auch das gerüusch des einen zu dem des anderen. Da dem 
aber so ist, so wird, wenn der scheffel korn gerüusch macht, 
auch das eine korn und der tausendste theil des kornes ge- 
räusch machen“. | 

(Simpl. in Phys. fol. 255, a zu Arist. Phys. VII, 5. S. Mul- 
lach p. 269. 1. — Zeller p. 502), 

Die form dieser darstellung beweist, wie ich schon oben er- 
wähnt habe, ganz klar, dass Simplicius dieselbe nicht aus einer 
schrift des Zeno entnommen hat. Vielmehr móchte man dieser 
form wegen vermuthen, dass Zeno den satz überhaupt nicht ge- 
schrieben, sondern nur im gesprüche mit Protagoras geäussert habe, 
dass das gesprüch aber nachtrüglich wahrscheinlich von einem so- 
phisten aufgezeichnet worden sei. Jedenfalls kann Prantl’s behaup- 
tung a. a. o., dass schon Zeno jene technik der sophisten und Me- 
gariker geübt habe, welche darauf ausging, den gegner in irgend 
einer festgehaltenen zuspitzung des ausdrucks zu fangen, als durch 
jenes gesprüch begründet nicht anerkannt werden. Denn dem Zeno 
ist es sicher um die sache und nicht um einen scheinbaren sieg 
im disputiren zu thun. Auch stimmt die frage an Protagoras, 
richtig aufgefasst, ebenso wohl zu Zeno's zweck, als sie einen be- 
rechtigten gedanken enthält. Zeno will nämlich beweisen, dass die 
sinnlichen wahrnehmungen dem denken gegenüber keinen glauben 
verdienen. Zu dem ende zeigt er an einem beispiele, dass unsere 
sinne äussere erscheinungen nicht erkennen, welche uns das denken 
als vorhanden anzunehmen zwingt. Er stellt hiermit also einen 
gewissermassen directen beweis der unzuverlässigkeit der sinne auf. 

[Den zuletzt ausgeführten gedanken haben zum theil aud 
Ritter, I, p. 491, und Brandis, I, p. 409, in der frage des Zeno 
gefunden. In dieser auffassung scheint mir aber dieselbe auch des 
schärfsten denkers jener zeit, in der die erkenntniss pbysikalischer 
gesetze noch sehr gering war, nicht unwürdig zu sein. 

Das allgemeinere, was Zeller, I, p. 502, in der frage findet, 
scheint mir weder in dem wortlaute derselben zu liegen, noch einen 
klaren zusammenhang mit dem zwecke aller zenonischen beweise 


zu haben. Der überlieferung bei Simplicius, ebenso wie Zeller, 
nicht streng folgend und dadurch den, wie ich glaube, einfachen 


Zeno aus Elea, - 615 


sinn des satzes verdunkelnd giebt denselben auch E. Wellmann im 
Osterprogramm des gymnasiums zu Frankfurt a. 0. von 1870.] 


Die übrigen sátze des Zeno sollen die widersprüche und un-_ 
möglichkeiten aufzeigen, in welche einerseits die annahme der viel- 
heit des seienden, andererseits die der bewegung das denken ver- 
wickelt. 


A. Das seiende kann nicht vieles sein, Denn wenn vieles 
würe, so müsste es: | 
1) zugleich unendlich klein und unendlich gross sein; 

a) unendlich klein: denn das viele besteht aus einheiten; eine ein- 
heit ist aber nur das, was nicht getheilt werden kann; was 
nicht getheilt werden kann, hat keine grüsse; denn wenn es 
grosse hat, ist es theilbar; das, was keine grósse hat, wird, 
zu einem anderen seienden hinzugefügt, dasselbe nicht ver- 
grössern, noch, von ihm hinweggenommen, es verkleinern; was 
aber, zu einem anderen hinzugefügt oder von ihm hinwegge- 
nommen, dasselbe weder vermehrt noch vermindert, ist nichts ; 
das viele besteht also aus einheiten, welche nichts sind; folg- 
lich ist das seiende, wenn es vieles ist, unendlich klein, denn 
es besteht aus einheiten, welche nichts sind. 


Die alten haben diesen satz grössten theils missverstanden, 
sie geben daher auch keine zusammenhängende darstellung dessel- 
ben. Der zweck jedoch und der zusammenhang aller, besonders 
aber der gedankengang der übrigen speciell gegen die vielheit ge- 
richteten zenonischen beweise machen es durehaus wahrscheinlich, 
dass die zerrissenen und vielfach unrichtig gefassten angaben der 
alten eine der gegebenen ähnliche verbindung bei Zeno hatten. 


Die in betracht kommenden stellen sind hauptsächlich folgende 
zwei: 1) die dem Alexander von Aphrodisias entnommene erzäh- 
lung des Eudemus bei Simpl. f. 21, a (s. Zeller, I, p. 499 anm.). 
2) Simpl. f. 30, a (s. Zeller, I, 498, anfang der anm.) 


Zwei punkte sind am meisten in dem beweise missverstanden 
worden: einmal hat man geglaubt, dass Zeno, indem er sagt, dass 
das viele aus einheiten bestehen müsse, welche nichts sind, nicht 
nur das viele, sondern auch das eins aufheben wolle, (S. die aus- 
führangen des Simplicius bei den beiden oben angeführten stellen 
und Seneca Epist. 88. Vgl. Tennemann 1, p. 202 ff, wo bei- 


616 - Zeno aus Elea. 


läufig in anm. 75. Arist. Metaph. IV statt III citirt ist); zweitens, 
dass er annehme, man gelange zu diesen grüssenlosen einheiten 
durch fortgesetzte theilung. Letztere auffassung giebt uns Por- 
phyrius bei Simpl. f. 30, a (Zeller I, p. 501). Da nun Simplicius 
selbst bei dem beweise der unendlichen grüsse des vielen nur die 
behauptung der unendlichen kleinheit desselben, aber nicht den be 
weis dafür mittheilt, so haben auch neuere forscher die ausführung 
des Porphyrius als zuverlässig gelten lassen. 


Wir haben aber in ihr nicht nur, wie Zeller a. a. o. sich 
viel zu unbestimmt ausdrückt, nicht die ursprüngliche zenonische 
fassung, sondern dieselbe ist grundfalsch. Zeno ist so weit eat- 
fernt, sich gleichsam wie durch einen sprung die theilung so weit 
gebracht zu denken, dass die theile nicht mehr theilbar sind, das 
er gerade, wie mehrere der folgenden beweise zeigen werden, 
darin unlösbare schwierigkeiten findet, dass die theilung nie zum 
abschluss gebracht werden kann. In unserem satze sagt er nicht 
weiter, als dass das viele aus einheiten bestehen muss, eine einbeit 
aber nur das ist, was untheilbar ist. Ob es solche einheiten giebt, 
oder wie sie entstehen, ist ihm für den zusammenhang gau 


gleichgültig. 


[Es ist um so nothwendiger, die falsche darstellung des Por 
phyrius zurückzuweisen, weil dieselbe nicht nur zu einem gà 
lichen missverstehen des beweises von der unendlichen kleinheit, 
sondern auch noch zu einer mindestens ungenauen auffassung de 
beweises von der ‚unendlichen grosse des vielen geführt hat, x. b 
bei Brandis I, p. 411 f. Ritter et Preller p. 117 b), Ueberweg |, 
p. 62, Mullach I, p. 267, E. Wellmann a.a. o. Strümpell p. 50, 
hat zwar den zusammenhang unseres beweises besser aufgefasst, 
doch hat auch er sich durch Porphyrius verleiten lassen, die ut 
theilbaren einheiten als aus theilung entstanden zu denken, Al 
eine mögliche deutet Ritter I, p. 493 die richtige erklärung sx 
Vollständig und genau aber entwickelt sie Zeller I, p. 498.] 


b) Unendlich gross: denn jedes einzelne des vielen muss irgend 
eine grüsse haben, weil das, was keine grüsse hat, nicht ist; 
an jedem aber, was grüsse hat, muss ein theil (oder deutlicher: 
ein ende, eine grenze) von dem anderen entfernt sein; von des 
aber, was die theile trennt (was zwischen den theilen liegt) 
gilt dasselbe; es muss auch grósse haben, und ein theil mus 


Zeno aus Elea. — 617 


von dem anderen durch ein dazwischenliegendes getrennt sein, 
und so fort in's unendliche; denn niemals wird das dazwischen- 
liegende der art das letzte sein, dass nicht von dem einen ende 
desselben zu dem anderen ein abstand würe. Es muss also 
jedes der vielen seienden aus unendlich vielen theilen, welche 
grósse haben, bestehen, also unendlich gross sein. Wenn daher 
vieles ist, so muss es zugleich klein und gross sein, so klein, 
dass es keine grüsse hat, so gross, dass es unendlich ist. 

(Simpl. fol. 30, b bei Mullach I, p. 269. 2, Zeller I, p. 500°), 
Brandis- I, p. 4124), Ritter I, p. 493 !), Strümpell p. 51, Ritter 
et Preller p. 116.) 

In dem texte findet sich bei den herausgebern eine kleine 
verschiedenheit, die für das verstündniss nicht gleichgültig ist. 
Ritter, Strümpell und Zeller geben die betreffende stelle so: e dè 
Éonv, Gvoyxn, Exaotov ufysQOg và Eyes xaì máyog xai àntycw 
adroù TG Éregoy and Tod Érfgov. xai ntgi roU nQoUyovrog O aùtoG 
Aéyoc' xai yàg éxsivo es uéyedoc xal nooË£es avıov v. Brandis 
und Ritter et Preller weichen darin ab, dass sie vor xai anéyey 
ein komma und letztere auch noch ze statt 74 setzen. Mullach 
stellt aber auch noch avrov vor uéyeSoç und scheint mit rücksicht 
auf zo) noovyovros ähnlich zu verstehen wie E. Wellmann den 
passus giebt: „ein theil ragt über den anderen vor und über diesen 
wieder ein anderer und so fort iu's unermessliche*. Ich halte diese 
änderung der stelle nicht für zulässig und ov:o$ vor zö Éregov 
für durchaus nôthig. Es bezieht sich nemlich auf £xacroy und ist 
ein von zö £regov abhüngiger genitivus partitivus. Denn die worte 
zd Eregov ano tov érégou antyeıw bedeuten nicht, wie Mullach 
übersetzt und auch Hegel (I, p. 312) und Zeller (I, p. 500) zu 
verstehen scheinen, dass das eine der vielen dinge von dem an- 
deren, sondern dass das eine ende (oder die eine grenze) eines 
jeden der vielen dinge, die ausdehnung haben, von dem anderen 
ende entfernt sein muss, Denn in wie fern die einzelnen dinge 
von einander entfernt sein müssen, weil sie grosse haben, ist nicht 
einzusehen; sie müssen, wie in dem satze von der unendlichen viel- 
heit gezeigt werden wird, von einander entfernt sein, weil sie 
eben einzelne und getrennte sind. Wohl aber müssen die enden 
oder die grenzen jedes einzelnen dinges von einander entfernt sein, 
in so fern das ding grösse, also ausdehnung hat. Die bedeutung 


618 Zeno aus Elea. 


von rob ngovyovros ergiebt sich aus der unter b gegebenen dar- 
stellung des satzes, Es bezeichnet das zwischen den grenzen eines 
dinges, das grüsse hat, liegende, das über die grenze hervorrs- 
gende, nicht nacb aussen über die grenze heraus (das wäre sinn- 
los), sondern nach innen hinein, einem anderen endpunkte des 
dinges entgegen. 


Die nach meiner ansicht richtige auffassung des beweises 
giebt auch Ritter I, p. 493 oben. Dass Brandis, Ritter et Preller, 
Ueberweg ihn nicht genau ausdrücken, ist schon erwäbnt, und 
auch Strümpell p. 50, folgt nicht dem uns von Simplicius aus- 
drücklich als wörtliches citat bezeichneten texte. 


2) Der zahl nach zugleich begrenzt und unbegrenzt; 

a) begrenzt: denn die vielen dinge müssen so viele sein, als sie 
sind, weder mehr noch weniger: wenn sie aber so viele sind, 
als sie sind, so sind sie der zahl nach begrenzt ; 

b) unbegreuzt: denn zwischen den dingen müssen, (wenn sie näm- 
lich wirklich einzelne und getrennte sind), andere sein, zwischen 
diesen trennenden aber und denen, welche getrennt werden, 
wieder andere und so fort in's unendliche; folglich sind die 
dinge an zahl unbegrenzt. 


(Simpl. f. 30, b. S. Zeller I, p. 500 ?), Brandis I, p. 412 q), 
Mullach I, p. 269. 2). 


Strümpell (p. 49) drückt den letzten satz nicht gut aus, in 
dem er ihn so beginnt: „um vieles sein zu können, muss es zer- 
legbar sein. Ist es dies, so hat es theile u. s. w.“; denn um das 
zerlegbarsein kümmert sich Zeno hier nicht, sondern um das zer 
legtsein. Aus der vielheit des seienden folgt eben, dass es zerlegt 
ist. Er lásst also auch hier wieder die vielen einzelnen dinge al 
einheitliche gelten, ohne zu fragen, ob sie es wirklich sind; dem 
das ist für seinen beweis von keiner bedeutung. 

Allerdings hatte Zeno darin, dass aus der vielheit oder dem 
getheiltsein des seienden die theilbarkeit folgte, für die sieh keine 
grenze und kein abschluss denken lüsst, etwas unbegreifliches ge- 
funden, und es ist wahrscheinlich, dass der aus Eudemus bei Simpl. 
f. 21, a (s. Brandis I, p. 416y), Zeller I, 499 anm.) erwähnte 
ausspruch des Zeno den sinn hat, dass bei der annahme der viel- 
heit und der daraus folgenden theilbarkeit des seienden sich nicht 


Zeno aus Elea. 619 


begreifen lasse, welches dena die wirklichen eiuheiten seien, aus 
denen die vielheit doch bestehen müsse, weil die theilbarkeit der, 
wirklichen dinge, überhaupt einmal zugegeben, sich niemals als 
erschöpft denken lasse. Denn wir haben oben gesehen, dass er als 
einheit nur das absolut untheilbare gelten liess, von ihm aber fand, 
dass es keine grüsse haben könne, dass er andererseits aber auch 
erkannte, dass das wirklich seiende grosse haben müsse. Hierin 
lag ein widerspruch, den er nur dadureh beseitigen zu können 
glaubte, dass er die vielheit und theilbarkeit des seienden gänzlich 
verneinte. Vermuthlich hat Zeno in seinem werke, bevor er zu 
den vier gegebenen einzelnen beweisen überging, diesen fundamen- 
talwiderspruch auseinandergesetzt. Denn dass er sowohl den be- 
griff der einheit als auch den des wirklich seienden in der ange- 
gebenen weise im voraus bestimmt hat, bezeugt Simplicius (fol. 
90, a und b. S. Zeller I, p. 498!) und 500!)) ganz klar. 
Dabei hat er wahrscheinlich die wendung gebraucht, dass, wenn 
überhaupt die theilbarkeit zugegeben wird, jedes ding in zwei 
theile zerlegt werden kann und jeder theil wieder in zwei andere 
und so fort in's unendliche. Auf diese ausführung aber, glaube 
ich, ist hauptsüchlich das zu beziehen, was die alten von einem 
beweise aus der zweitheilung erwähnen. Wenn aber Aristoteles, 
wie es nach Phys, I, 3. 187, a, 1 (s. Zeller I, p. 500°)) schei- 
nen kann, dem Zeno die meinung beilegt, dass man durch theilung 
wirklich zu atomen, d. b. untheilbaren einheiten, gelangen kônne, 
so ist das eben, wie gezeigt ist, ein entschiedener irrthum. 

In den vier beweisen selbst bedurfte Zeno des begriffes der 
unendlichen theilbarkeit nicht weiter und er hat ihn, wie aus den 
würtlichen citaten des Simplicius klar hervorgeht, in ihnen auch 
nicht ausdrücklich angewendet. In ihnen stellt er sich in sofern | 
ganz auf den stendpunkt der gewühnlichen meinung, dass er an- 
nimmt, es seien viele einzelne dinge wirklich vorhanden; wenn sie 
aber vorhanden sind, führt er fort, müssen sie so und so beschaffen 
sein; dann aber ergeben sich die und die widersprechenden folge- 
rungen. ‘Wenn man diesen standpunkt berücksichtigt, wird man 
auch wicht auf den gedanken kommen, als ob Zeno durch den in 
dem satze von der unendliehen kleinheit gegebenen begriff der ein- 
heit mit der all-einheitslehre des Parmenides in widerspruch ge- 
riethe und das eine seiende aufhébe. Denn der dort gegebene 


620 Zeno aus Elea. 


begriff folgt ihm erst aus der nach der gewóhnlichen meinung vor- 
handenen vielheit und theilbarkeit des seienden. 


[Aus den voraufgehenden erörterungen wird auch klar sein, 
auf einer wie üusserst schiefen auffassung dieser beweise die mei- 
nung Ueberwegs (I, p. 62) beruht, dass Zeno in ihnen „das bei 
der fortschreitenden theilung bestündig sich erhaltende umgekehrte 
verhältniss zwischen grüsse und vielheit der theile, wodurch stets 
das gleiche produkt sich herstellt, ausser acht gelassen uud die 
beiden momente: kleinheit und vielheit gegen, einander isolirt habe“. 


Ein fernerer satz des Zeno ist gegen das sein des raumes 
gerichtet. Welchen zusammenhang derselbe niit der gesammten 
beweisführung hat, kann zweifelhaft erscheinen. Die meisten for- 
scher meinen zwar, dass auch durch ihn die annahme der vielheit 
des seienden bekämpft werden soll, inwiefern dies aber auch wirk- 
lich geschieht, zeigen sie nicht. Andere glauben, dass durch die 
aufhebung des raumes die möglichkeit der bewegung  geleugnet 
werden solle, weil ohne raum bewegung undenkbar ist. (Vgl 
Mullach I, p. 267). 


Die letztere ansicbt wird, obwohl sie an sich nicht wider 
sinnig ist, dadurch sehr unwahrscheinlich, dass ung, soviel ich sehe, 
die alten nicht die geringste andeutung geben, dass Zeno seinen 
satz in diesem sinne angewendet habe, dagegen in bestimmter zahl 
vier andere beweise als diejenigen aufzühlen, welche er gegen die 
bewegung gerichtet habe. Man kann deshalb wohl mit sicherheit 
annehmen, dass dieser beweis die vielheit des seienden bat treffen 
sollen; — in wie fern, lässt sich aus dem gemeinsamen zwecks 
aller beweise erkennen. 


Nichts ist ausser dem seienden, hatte Parmenides gelehrt, das 
seiende ist alles, alles ist von dem seienden erfüllt, das seiende ist 
eins. Dagegen entsteht der einwurf, dass alles, was ist, in etwas 
sein müsse; dies etwas ist der raum; es müsste also auch dw 
eine seiende im raume sein; ist es aber im raume, so ist zu dem 
seienden der raum als ein zweites da und das seiende ist nich 
mehr eins. 


Deshalb sucht Zeno das sein des raumes in folgendem satz, 


der als der dritte der gegen die vielheit gerichteten bezeichnet 
werden kann, zu widerlegen: 


Zeno aus Elea. 621 


3) Wenn alles, was ist, im raume ist, so muss auch der raum, 
wenn er ist, im raume sein, und so fort in's unendliche. 
Da demnach der raum nicht sein kanu, ohne selbst in einem 
raume zu sein, so kann der raum überhaupt nicht sein. 


(Arist. Phys. IV, c. 1, p. 209, a, 23 und c. 3, p. 210, b, 22. 
Simpl. f. 130, b. S. Zeller I, p. 501 !), Brandis I, p. 413 r)). 


Dass Zeuo diesen beweis gegen den speciellen oben ange- 
führten einwurf, mag derselbe wirklich erhoben sein, oder mag. 
ihn Zeno nur als naheliegend erkannt haben, gerichtet hat, scheint 
die form, in welcher er überliefert ist, zu bestütigen. Zeno tritt 
der gewühnlichen annahme, dass der raum ist und dass alles, was 
ist, im raume ist, mit der frage entgegen, worin denn dann der 
raum selbst sei, und zeigt, dass gerade aus jener aunahme folgt, 
dass der raum nicht sein kann. Simplicius giebt die darstellung 
des Zeno offenbar nicht ganz; denn dieser kann nicht ernstlich 
behaupten, dass alles, was ist, im raume ist, weil er dann mit dem 
sein des raumes das seiende überhaupt verneinen würde. Vielmehr 
ist jenes die gewöhnliche annahme seiner gegner, und er übt auch 
bier nur das verfahren, dass er die gewóhnliche annahme durch 
die sich aus ihr selbst nothwendig ergebenden folgerungen wi- 
derlegt. 

Plato sagt im Phädrus 261 D, Zeno habe verstanden den 
zuhörern dasselbe als ähnlich und unähnlich, als eins und vieles, 
als rubend und bewegt erscheinen zu lassen. Auch im Parmenides 
127 E, erwühnt er, Zeno habe gesagt, dass, wenn vieles sei, das- 
selbe ähnlich und unähnlich sein müsse. Da wir nirgends beweise 
finden, in denen speciell die ühnlichkeit und unähnlichkeit derselben 
dinge aufgezeigt wird, so ist es wahrscheinlich, dass Plato mit 
jenen worten allgemein das verfahren des Zeno, aus der gewóhn- 
lichen meinung sich widersprechende und entgegengesetzte prüdicate 
für die dinge zu folgern, hat characterisiren wollen, und dass Zeno 
die ähnlichkeit und unähnlichkeit derselben dinge in keinen beson- 
deren beweisen dargethan bat. Dieselbe allgemeine bedeutung 
baben offenbar auch die worte des Isokrates (Helen. laud. init.), 
Zeno versuche zu zeigen, dass dasselbe möglich und unmöglich sei. 
(Vgl. Zeller I, p. 497). Wir haben also hiermit die beweise, 
durch welche Zeno die annahme der vielheit des seienden zu wi- 


622 Zeno aus Elea, 


derlegen sacht, so weit kenmen gelernt, als sie une die altea atf- 
bewahrt haben. 

Aus der lehre des Parmenides, dass nur das seiende ist, das 
nichtseiende nicht ist, folgte, wie wir sahen, nicht blos die ein- 
heit, sondern auch die unveründerlichkeit des seienden, folgte also, 
dass es kein werden und vergehen, dass es überbaupt keine be 
wegung gebe. Natürlich musste auch diese behauptung dem ge- 
wöhnlichen verstande höchst wunderlich und unsinnig erscheinen. 
Es war deshalb sehr wichtig, die möglichkeit der bewegung zu 
widerlegen. Zeno versucht dies in vier beweisen, deren inhalt 
Aristoteles in der Physik VI, 9 im zusammenhange kurz angielt. 
Der sinn derselben ist dadurch im allgemeinen gesichert. Da aber 
der begriff der bewegung ein so überaus schwieriger ist, so kann 
es nicht auffallen, dass dennoch auch diese beweise zum theil eine 
schiefe und falsche auffassung erfahren haben. 

Der grundgedanke der vier beweise aber ist der, dass der 
begriff der bewegung und die annahme der möglichkeit derselben 
zu widersprüchen führen, welche nicht gelöst werden können, wenn 
die bewegung nicht überhaupt aufgehoben wird. 

Es sind aber im einzelnen 

B) die beweise gegen die bewegung folgende: 
$) es ist keine bewegung möglich, weil sie keinem anfang ge 

winnen kann. Denn ehe das bewegte au des ende der m 
durchlaufenden bahn gelangt, muss es zuerst die hälfte der 
bahn durehmessen, ehe es aber das ende der hälfte erreicht, 
muss es wieder erst hiervon die hälfte zurücklegen. Da wir 
uns num diese theilung nie beemdigt und also durch dieselbe 
nie den anfang der bahn erreicht denken können, so können 
wir uns auch nieht denken, dass das, was sich bewegen soll, 
über den anfang hinausgekommen ist, dass also die bewegusg 
einen anfang gewonnen hat. 

(Arist. Phys. VE, c. 9, p. 239, b, 9 und c. 2, p. 233,4 
21. Simpl. f. 236, b. 8. Zeller I, p 502 *), Brandis I, p. 4183), 
Mullach p. 269. 4). 

Dass Aristoteles dem sinn des satzes richtig ausdrückt, west 
er sagt, es werde darin behauptet, dass es mich möglich sei, is 
einer endlichen zeit eine unendliche menge von thetlen zu dare 


Zeno aus Elea. 623 


messen, scheint mir sehr zweifelhaft. Wollte Zeno dies geltend 
machen, so konnte er ja einfach sagen, jede entfernung sei in’s 
uaendliche theilbar, enthalte also unendlich viele tbeile, dieselben 
könnten aber nieht in einer endlichen zeit zurückgelegt werden. 
Daraus aber, dass er, wie die worte des Aristoteles und Simplicius 
klar bezeugen, davon ausging, dass das bewegte immer erst zur 
hälfte der bahn gelangen müsse, geht deutlich hervor, dass der 
gedankengang des Zeno der oben angegebene gewesen ist. Zeno 
kann ja auch gar nicht, ohne sich selbst zu widersprechen, von 
unendlieh vielen theilen als vorhandenen reden; denn er hat, wie 
wir sahem, behauptet, dass, wenn das viele ist, es so viel ist, als 
es ist, also der zahl nach begrenzt; wenn daher die unendlich 
vielen theile wirklich sind, so sind sie eben auch so viele als sie 
sind, sind mithin bestimmt, Er findet vielmehr auch hier wieder 
die ganze sehwierigkeit darin, dass die theilbarkeit des ausge- 
dehnten niemals als abgeschlossen gedacht werden kann, dass wir 
also auch hier dureh die theilung niemals den letzten theil, also 
auch niemals den anfang der bahn erreicht und somit das, was 
sich bewegen soll, niemals über den anfang der bahn hinausge- 
kommen denken können. 

fAehnlich scheinen auch Hegel, Gesch. d. phil I, p. 314, 
Brandis I, p. 413 und besonders Herbart, Metaph. HI, p. 265, 
Strümpell p. 51 f. und Döring, Kritische gesch. der philos. p. 41 f. 
den sinn des beweises aufgefasst zu haben. Die darstellung Zel- 
lers I, p. 502, welche sich der des Simplicius anschliesst, kann 
ich nicht für zutreffend halten.] 


2) Das langsamste, z. b. eine schildkróte, kann von dem schnellsten, 
z. b. dem Achilleus, niemals im laufe eingeholt werden; denn 
das verfolgende muss erst dahin gelangen, von we das flie- 
hende den lauf begann, so dass das langsame immer irgend 
einen vorsprung haben muss. 

(Arist. Phys. VI, c. 9, p. 239, b, 14. Simpl. f. 237, a, S... 
Brandis I, p. 414t), Zeller p. 503 ?), Mullach a. a, o.) 

Ueber die durchaus unzuverlüssige nachricht des Favorinus bei 
Diog. Laert. IX, 29, dass schon Parmenides sich dieses unter dem 
mamen des Achilleus berühmten beweises bedient habe, vgl. Zeller 
a, #. 0. Auch dieser satz ist verschieden verstanden und beurtheilt 
worden. Die fassung, in welcher uns derselbe überliefert ist, 


624 Zeno aus Elea. 


und welche ich auch oben belassen habe, stellt den sinn nicht ganz 
sicher fest. Die meisten ausleger sind mit Aristoteles darin einig, 
dass derselbe im grunde nur eine verschiedene. form für den ersten 
sei. Aristoteles findet einen unterschied nur in der weise der thei- 
lung, indem nämlich hier die jedes mal von dem verfolgenden noch 
zu durchmessende entfernung nicht die hälfte der zuletzt durch 
messenen zu sein braucht. Dieser auffassung schliesst sich an Ger- 
ling, de Zenonis Eleatici paralogismis molum spectantibus p. 9. — 
Zeler I, p. 508 oben, findet den unterschied darin, dass der zu 
durchmessende raum im ersten beweise feste, im zweiten aber be- 
wegliche grenzen habe. Gerling, in der erwähnten schrift, und 
Ueberweg, System der logik p. 387 f., glauben Zeno's ganze ar- 
gumentation dadurch umstossen zu können, dass sie dieselbe auf 
die fallende geometrische reihe reduciren. Sie sehen also in ihm 
nichts als die nach irgend einem gleichbleibenden verhältniss fort- 
gesetzte theilung der ursprünglichen entfernung der beiden sid 
bewegenden körper. Diese theilung würde sich von derjenigen, 
welche wir in dem ersten satze fanden, hauptsächlich durch dis 
entgegengesetzte richtung, in welcher sie vor sich geht, unter 
scheiden; denn jene sucht den anfang, diese aber das ende de 
weges zu erreichen. Da aber die summe jeder fallenden unend- 
lichen geometrischen reihe einen endlichen werth hat, die entfer- 
nungen aber, welche das verfolgende in dem satze des Zeno nad 
und nach zu durchmessen hat, eine solche reihe bilden, so ist, be 
haupten Gerling und Ueberweg, die summe aller dieser entfer- 
nungen eine endliche grüsse. Eine analoge reihe bilden auch di 
zeittheile, welche zur durchmessung der einzelnen raumtheile nôthig 
sind, die summe derselben ist also auch eine endliche grösse; folg- 
lich durchmisst das verfolgende alle jene raumtheile in einer em 
lichen zeit, Achill holt also die schildkróte in einer endlichen 
zeit ein. 

Wie bündig aber diese mathematische beweisführung aud 
erscheint, so kann sie dem begrifflichen denken doch wenig gt 
nügen. Denn schon eine reihe, deren gliederzahl unendlich wire, 
kinnen wir uns gar nicht vorstellen, weil wir uns dieselbe niemal 
bis zu einem letzten gliede geführt denken können. Wir gewinne 
in der mathematik auch die summe der unendlichen fallenden reit 
nur dadurch, dass wir durch einen sprung die glieder bis auf eine 


Zeno aus Elea. 625 


grósse gebracht denken, welche gleich null ist. Jener mathe- 
matische beweis lehrt uns also im grunde auch nur, dass wir zu 
dem letzten gliede, das gleich null ist, in diesem falle zu dem 
punkte, wo die beiden sich bewegenden dinge zusammentreffen, 
nur durch einen sprung im denken gelangen können. Die schwie- 
rigkeit, das erreichen jenes punktes zu begreifen, bleibt. 

. Dazu scheint es mir aber auch noch zweifelhaft, ob damit, 
dass die zu durchmessenden entfernungen als glieder einer fal- 
lenden geometrischen reihe angesehen werden, schon die ganze 
schwierigkeit erkannt ist, welche Zeno durch den satz hat be- 
zeichnen wollen. Denn um zu zeigen, dass es nicht denkbar ist, 
das letzte glied der reihe zu erreichen, hätte es nicht der zwei 
sich bewegenden dinge bedurft, es hätte vielmehr genügt, im ge- 
gensatze zu dem ersten beweise zu sagen: „wenn sich aber auch 
etwas bewegt, so kann es doch ein ziel nicht erreichen, weil es, 
nachdem es die hälfte der zu durchmessenden entfernung zurück- 
gelegt hat, wieder die hälfte der hälfte und so fort in’s unendliche 
zurücklegen muss“. Der unterschied der beiden sätze würde dann 
darin bestehen, dass in jenem die unmöglichkeit über den anfang 
des weges hinauszukommen, in diesem das ende desselben zu er- 
reichen, bewiesen würde. 

Da Zeno aber zwei sich bewegende dinge annimmt, so ist es 
wahrscheinlich, dass er noch eine andere schwierigkeit hat be- 
zeichnen wollen. Dieselbe finde ich auch in den worten, mit denen 
uns Aristoteles den sutz berichtet, angedeutet. Es wird nämlich 
nicht von dem verfolgenden, sondern von dem fliehenden ausge- 
gangen; dass das fliehende immer einen vorsprung haben muss, 
wird hervorgehoben. Dadurch wird es aber wahrscheinlich, dass 
Zeno's gedankengang nicht der von Ueberweg angenommene war, 
sondern etwa folgender: was sich continuirlich bewegt, muss auch 
in dem allerkleinsten zeitraum vorrücken ; nun braucht aber auch 
das schnellste zeit, um eine entfernung zu durchmessen; es braucht 
also auch Achill einen zeitabschnitt, um den anfänglichen vor- 
sprung der schildkröte zu durchlaufen; bewegt sich die schildkröte 
unterdessen continuirlich, so muss sie in dem bestimmten zeitab- 
schnitt wieder einen bestimmten vorsprung gewinnen, den zu durch- 
eilen Achill wieder einen bestimmten zeitabschnitt gebraucht, und 
so fort in's unendliche. Da also Achill zur durchmessung eines 

Philologus. XXXV. bd. 4. 40 


626 Zeno aus Elea, 


jeden vorsprunges einen bestimmten zeitraum gebraucht, so mus 
die sich continuirlich bewegende schildkröte im demselben auch 
immer wieder einen bestimmten neuen vorsprung gewinnen, sie 
muss also bis in's unendliche einen bestimmten vorsprung bebaltes. 
Es kann also der abstand zwischen beiden nicht mur nicht gleich 
null, sondern nicht einmal unendlich klein werden, — Ich ge 
winne den begriff des unendlich kleinen ja auch nur durch die 
ins unendliche fortzusetzende theilung ; da nun aber das continuirlich 
sich bewegende auch in einem unendlich kleinen zeittheil vorrücker 
muss, so kann der raum, den es in einem nicht unendlich kleinen 
zeitabschnitt durchmisst, kein unendlich kleiner sein; braucht als 
Achill, um den vorsprung der scbildkróte zurückzulegen, eines 
endlichen zeitraum, so muss dieselbe in ihm stets wieder einen ver- 
sprung gewinnen, der nicht unendlich klein ist. 

Dass dies der wahre sinn des „Achilleus“ ist, macht mir der 
wortlaut desselben bei Aristoteles durchaus wahrscheinlich. Mau 
lóst aber die schwierigkeiten in ihm nicht, soudern umgeht sie, 
wenn man die geschwindigkeit der beiden sich bewegenden dinge 
durch ein abstractes zahlenverhültniss ausdrückt und den ganzes 
satz auf eine mathematische formel reducirt. 

Ausserdem handelt es sich hier aber auch gar nicht um da 
verhältniss der geschwindigkeiten, sondern darum, dass das sich 
continuirlich bewegende in jedem nicht unendlich kleinen zeitab- 
schnitt einen nicht unendlich kleinen weg zurücklegen muss, das 
also Achill die schildkröte nur einholen kann, wenn er einen nicht 
unendlich kleinen abstand in einem unendlich kleinen zeittheile 
durcheilt. Da nun dies aber sowohl der auf sinnlicher wabroe- 
mung beruhenden anschauung als der annahme einer geschwindig- 
keit, d. h. der annahme, dass die bewegung zeit erfordert, wider- 
spricht, so kann Achill die schildkröte überhaupt nicht einholen. — 
Zeno sucht also in diesem satze auch keineswegs direct zu be 
weisen, dass die bewegung nicht ist, sondern dass die der scheis- 
baren wahrnehmung folgende meinung von derselben zu de 
grössten widersprüchen führt. Denn die sinnliche wahrmehmesg 
zeigt uns, dass sich gleichzeitig in derselben richtung bewegende 
körper oft einholen, das denken lehrt uns, dass dies unmöglich ist 
Wir können daher, folgert er wieder, diesen widerspruch nich 
anders lüsen, als dass wir die bewegung überhaupt aufheben. — 


Zeno aus Elea. 627 


Dass der satz aber so aufgefasst von dem ersten ausserordentlich 
verschieden ist, bedarf keines weiteren beweises. 


[Schwer móchte es sein, auch bei diesem satze nachzuweisen, 
was Prantl, zu Arist. Phys. VI, anm. 17, behauptet, „dass allen 
jeuen sophistischen beweisen Zeno's der "hauptfehler zu grunde 
liegt, dass er eben die continuität der bewegung und der zeit ver- 
nichtet*. Dieser beweis stützt sich gerade auf die continuität der 
‚bewegung. — Peter Bayle a. a. o. hat ähnliche gedanken, wie 
ich sie im Achilleus unmittelbar gegeben finde, im anschluss an 
alle sätze des Zeno, wie er wenigstens meint, auf eigene hand 
entwickelt. Den tieferen inhalt des ,Achilleus* selbst aber hat er 
nicht gesehen. Vgl. hierüber auch E. Wellmann a. a. o p. 6 ff, 
der offenbar selbst in dem satze auch keine weitere schwierigkeit 
angedeutet findet, als die frage nach der müglichkeit der unend- 
lichen theilbarkeit einer endlichen grósse.] 


3) Der fiegende pfeil ruht. Denn ein sich bewegender körper, 
z. b. ein abgeschossener pfeil, nimmt immer einen ihm (dem 
körper) gleichen raum ein, er ist also in jedem moment in 
einem ihm gleichen raum. Wenn er aber in einem ihm glei- 
chen raum ist, so ruht er; er ruht also in jedem moment, 
folglich ruht er immer. 

(Arist. Phys. VI, 9, 239, b, 30 und 5. "Themist. f. 55 b 
und 56, a. Simpl. f. 236, b. S. Brandis I, p. 415v), Zeller 
I, p. 504 ?)). | 


[Von den beiden stellen des Aristoteles ist die eine zu kurz, 
die andere giebt keinen verständigen sinn, Sie lautet ‚nämlich : si 
y&Q Gel, qnow (intel. Zivwr), Noemer may A novel Tul, Gray J] ROT 
zd Tcov, For, d del 10 pegôueroy iv 19 viv, Gxlvqror Tv peo0- 

opeérny siva dictov. Uebersetzt man den satz mit Srav durch: 
„so lange es in einem ihm gleichen raume ist“, so ist der folge- 
satz unsinnig; denn so lange es in einem ihm gleichen raume ist, 
ruht es und bewegt sich nicht. Will man aber mit Prantl (zu 
Arist. Phys. Vl, anm. 18) verstehen: ,,so lange es sich gleich- 
mässig verhält“, so könnte der schluss daraus nur so lauten: 
„nun ist aber das bewegte immer in dem jetzt, in dem jetzt kann 
es sich aber nur gleichmässig verhalten, es muss also entweder 
ruhen oder bewegt sein“. Dass Aristoteles den untersatz, „wäh- 
rend eines einzelnen jetzt ist keine zeit dazu, dass der pfeil sich 
bewege“, als selbstverständlich sell übergangen haben, ist, dà durch 
ihn doch erst sinn in seine worte kommen würde, ebenso unglaub- 
lich, als der gedanke selbst Zeno's anschauungen widerspricht. 


40* 


628 Zeno aus Elea, 


Denn wie wir auch den vorigen beweis auffassen mögen, so viel 
ist aus ihm klar, dass Zeno auch für den kleinsten zeittheil die 
bewegung festhalt. — Dazu kommt noch, dass Themistius das 
xara 10 Toov durch xaza To icor favi dixorquu umschreibt, 
also unzweifelhaft den dem bewegten gleichen raum darunter ver- 
steht. — Auch die stelle des Diogenes Laertius IX, c. XI, 72, 
auf welche Fr. Kern in seiner o. a. abhandlung üher Xenophanes, 
anm. 74, aufmerksam macht, nach welcher dem Zeno die worte 
zugeschrieben werden: 70 xırovusvov ovre dy @ dor, 16 rq) zwei 
ovre iv @ un tor, dürfte, wie sie offenbar vorzugsweise unsern 
satz trifft, dufür sprechen, das xara 10 Toov auf den raum zu be 
ziehen. — Die stelle des Simplicius ist unklar. Verstebt er 
unter seinem xaza 10 toov Éaurÿ „sich gleichmässig verhalten“, 
so sind seine worte ,,10 é 16 viv xara 10 Too» Éuur@ Or os 
xıreizas‘ unsinn; denn es ist gar nicht abzusehen, warum etwas, 
weil es sich in dem jetzt gleichmässig verhält, sich nicht 
bewegt; es kann ja sehr wohl sich darin in dem jetzt gleich- 
müssig verhalten, dass es sich gleichmüssig bewegt. Vielleicht ge- 
hört dieser satz des Simplicius dem Zeno selbst an und hat dea 
sinn, dass etwas, was in dem jetzt in einem ihm gleichen raume 
ist, sich nicht bewegt, — was mit dem oben aus Diogenes ange- 
führten satze sehr wohl zusammenstimmt. 

Zeller vermuthet auch, dass die stelle bei Aristoteles gelantet 
habe: 2 yay, puow, 9"0tuti nav, Stav p xuta 10 Toor, Eon, dD’ di 
10 geooperov Ev zQ viv xura TO toov, axlvmror x1À., also den 
oben gegebenen sinn ausgedrückt habe. Herbart, Metaph. Il, p. 234, 
Hegel, Gesch. d. phil. I, p. 323, geben dieselbe auffassung, Strüm- 
pell p. 53, zieht dieselbe vor. Auch der auseinandersetzung von 
Dübring a. a. o. p. 42 ff. liegt wohl die oben angegebene af 
fassung des satzes zu grunde.] 


Der widerspruch in der bewegung, den Zeno durch den „fie 
genden pfeil* bezeichnen will, liegt darin, dass wir in der tha 
den sich bewegenden körper nur als erfüllend einen ihm gleichen 
raum denken können, und dass wir ihn daher, wenn die bewegung 
zeit erfordert, auch wäbrend der zeit der bewegung uns nur ab 
stets in einem ibm gleichen raum befindlich vorzustellen vermögen. 
Wir können, wie Bayle p. 910, richtig sagt, den körper nicht 
zugleich an zwei orten denken. Wenn er aber stets in einem 
ibm gleichen raume ist, so ruht er. Wir sollen uns also denkes, 
dass der körper als sich continuirlich bewegend keinen moment ss 
demselben orte ist, und doch kónnen wir uns ihn nicht anders sk 
in einem bestimmten ibm gleichen raume iu jedem ausdehnungsloses 


Zeno aus Elea. 629 


zeitpunkte vorstellen. Man glaubt diese schwierigkeit des be- 
griffes durch die hinweisung auf die continuität der zeit lösen zu 
können. Mir scheint aber, dass dies nur die schwierigkeit durch 
einen anderen unfassbaren begriff verdecken, aber nicht das eine 
lebendige vorstellung suchende denken befriedigen heisst. 

Auch Herbarts bemerkung (Metaph. M, p. 235), „dass das 
bewegte nicht geschwindigkeit habe, sofern es an irgend einem 
orte ist, sondern sofern man das sein an diesem orte sogleich wie- 
der aufgehoben denkt; dergestalt, dass man nicht erst setze und 
dann aufhebe, sondern beides unmittelbar verbinde“, kann die 
schwierigkeit des begriffes nicht beseitigen. Denn wenn es, wie 
er vorher sagt, nicht müglich ist, das bewegte auch nur für einen 
untheilbaren augenblick so zu denken, als ob seine stelle eben 
jetzt durch einen einzigen punkt — oder bei körperlichen massen 
durch einen raum, der ihrem volumen genau gleich wire, — zu- 
länglich kónnte angegeben werden, und dass man die vorige und 
folgende stelle mithinzunehmen müsse, um den begriff des ankom- 
mens und hindurchgehens zu gewinnen, — so scheint mir gleich- 
sam die dauer der bewegung überhaupt verloren zu gehen. Denn 
wenn wir uns das bewegte nicht einen untheilbaren augenblick 
au einem bestimmten orte denken dürfen, so kann, scheint es, die 
ganze bewegung überhaupt keinen moment dauern; denn sonst 
muss doch nothwendig der körper in jedem ausdehnungslosen zeit- 
moment in einem ihm gleichen raume sein.  Glaubt man dieser 
schwierigkeit durch die binweisung auf die continuitàt der zeit, 
des raumes und der bewegung entgehen zu kónnen, so wird man, 
scheint es mir, nothwendig auf den gedanken geführt, die bewe- 
gung gleichsam als ein der zeit analoges hinfliessen zu betrachten, 
das sich ebenso wenig als die zeit selbst schneller oder langsamer 
denken lässt. Man würde dadurch auf Bayle's behauptung geführt, 
dass, wenn es bewegung gübe, sie in allen kórpern gleich sein 
müsse (a. a. o. p. 922). Denn wie ich mir denken kann, dass 
mit der grüsseren geschwindigkeit der begriff des durchgehens 
durch jede stelle wachse, wie Herbart meint, ist mir, wenn das 
bewegte überhaupt auch nicht einen ungetheilten moment an einem 
einzigen punkte ist, vôllig unfassbar. Denn schneller kann die 
bewegung doch nicht sein, als dass das bewegte absolut in keinem 
zeittheile an einem orte sich befindet. — Wenn man die conti- 


630 Zeno aus Elea. 


nuität der bewegung in ihrer ganzen strenge auffasst, so scheint 
es mir in der that unmüglich, sich die continuirliche bewegung 
von verschiedener geschwindigkeit zu denken. Dadurch wird maa 
uber unwillkürlich auf den gedanken geführt, dass in der welt 
der erscheinungen bewegungen von verschiedener geschwindigkeit 
nur dadurch entstehen, dass alle bewegungen in derselben fort und 
fort unterbrochen oder gehemmt sind. Die einwendungen, welche 
Bayle gegen diesen gedankeu a. a. o. vorbringt, haben mich die 
unmüglichkeit desselben durchaus nicht einsehen lassen. Die ur- 
sachen der fortgesetzten unterbrechungen aber dürften sich physi- 
kalisch vielleicht recht wohl erklären lassen. _ 

Ich habe diesen gedanken hier über den durch den ,,fliegenden 
pfeil“ unmittelbar gegebenen inhalt nicht etwa deshalb etwas his- 
aus verfolgt, um irgend eine eigene aufklürung geben zu wollen, 
sondern um desto deutlicher zu zeigen, wie berechtigt es war, dass 
Zeno in dem begriffe der bewegung die grössten schwierigkeiten 
und widersprüche gefunden zu haben glaubte. 

4) Wenn in einer bahn zwei gleich lange reihen von (gleich 
grossen) kürpern sich in entgegengesetzter richtung , von der 
mitte der bahn aus, mit gleicher geschwindigkeit an einer 
dritten gleich langen reihe (gleich grosser) ruhender körper 
vorbeibewegen, so bewegen sich die körper der einen reibe 
in derselben zeit an doppelt so vielen kórpern vorbei als die 
der anderen, sie bewegen sich also, trotz gleicher schnellig- 
keit, in derselben zeit die einen eine doppelt so grosse ent- 
fernung als die anderen. Das ist aber ein widerspruch. 

(Arist. Phys. VI, c. 9, p. 239, b, 33. Simpl. f. 237, b 
S. Brandis I, p. 414u), Zeller I, p. 506 !), Mullach I, p. 267 sq.) 

Die erläuterung, welche Aristoteles diesem beweise hinzufügt, 
ist, obwohl Simplicius dieselbe im ganzeu klar und verstündig er- 
klärt, doch sehr verschieden und willkürlich aufgefasst worden. 
Zeller folgt im allgemeinen dem Simplicius; nur am schluss 
weicht er, wie mir scheint aber unnöthig, von ihm ab. — Die 
erläuterung selbst ist folgende: 

„Angenommen in der bahn DE stehen die vier gleichen kör- 
per AAAA so, dass sie an der einen seite den mittleren länges- 
raum der bahn einnehmen; daneben seien, ihnen gleich an grösse, 
die vier gleichen körper BBBB gestellt und zwar so, dass sie vom 


Zeno aus Elea. 631 


anfang der bahn (D) bis genau zur mitte der reihe der AAAA und 
also auch der bahn reichen; daneben seien ferner die ebenso grossen 
gleichen körper CCCC gestellt und zwar so, dass sie vom ende 
der bahn (E) bis zur mitte derselben reichen, also bis an die rechte 


grenze der BBBB. S. fig. I. 
Fig. l.' 


| A1A?A9A4 
D. B:!B'B?B! 





C CC E 


| 


Wenn nun die reihe der BBBB von der mitte aus nach dem ende 
zu und die der CCCC in entgegengesetzter richtung, also vom 
ende her nach dem anfange der bahn zu, sich zu gleicher zeit mit 
gleicher schnelligkeit parallel an einander vorbeibewegen, so wird 
das vorderste B und das vorderste € zu gleicher zeit sowohl das 
eine sich am ende der reihe des anderen als auch an den entge- 
- gengesetzten enden der reihe der ruhenden AAAA befinden, d. h. 
die drei reihen werden in ihrer ganzen ausdehnung neben einan- 
der sein, S. fig. ll. 





Fig. M. 
| A1A2A9A4 
D B‘B5B?B! E 
| C!ICICIC4 | 


Daun ist aber B! nur an der hälfte der AAAA vorbeigekommen, 
C aber, da es an allen BBBB vorbeigekommen ist, die reihe der 
BBBB aber gleich der reihe der AAAA ist, an allen AAAA, Es 
ist also von den beiden sich gleich schnell hewegenden körpern in 
derselben zeit der eine an der halben, der andere an der ganzen 
reihe der stehenden körper vorbeigekommen “. | 

Ich möchte die lesart, welche Simplicius fand, dass das erste y 
an allen a vorbei gekommen sei, das @ aber nur an der hälfte der- 
selben, um so lieber festhalten, als bei der jetzt gebräuchlichen lesart, 
— das erste y sei an allen f vorbeigekommen, das erste f aber nur 
an der hälfte, die nóthige ergünzung von a zu „der hälfte“ sehr ge- 
waltsam ist. (E. Wellmann a. a. o. p. 3, anm. 3 zieht auch, wie 
ich sehe, die erste lesart vor). Auch ist der fehlschluss durch die 


632 Zeno aus Elea. 


form, wie sie oben gegeben ist, gewissermassen etwas verdeckter. 
Wenn nur die kórperreihen verglichen werden, welche wirklich 
neben einander vorbeigekommen sind, und der raum, den jede 
kórper der beiden bewegten reihen zurückgelegt hat, nur an der 
ausdebnung der unmittelbar an der seite befindlichen kórper ge- 
messen wird, dann aber, damit der durchmessene raum an denselben 
kürpern verglichen werden kann, das gleiche für das gleiche ge- 
setzt wird, so ist der irrthum vielleicht eher erklárlich. Dennoch 
aber scheint der fehlschluss in diesem beweise handgreiflich. Denn 
einmal wird die bewegung an einem ruhenden, dann aber an einem 
bewegten gemessen. Dass Zeno dies übersehen hätte, ist nicht 
glaublicb. 

Da wir nun schon hinreichend erkannt haben, dass in des 


zeugnissen der alten der sinn der zenonischen beweise keineswegs 


überall scharf erfasst und "richtig dargestellt ist, so könnte man 
vielleicht vermuthen, dass dies bei unserem satze in besonderem 
grade der fall sei, dass der gedankengang Zeno's vielleicht fol- 
gender gewesen sei: „wenn zwei gleiche grüssenreihen (iu der 
vorhin beschriebenen weise) sich an einander und an einer dritte 
ruhenden vorbeibewegen, so ergiebt sich (nach dem obigen bei 
spiele) folgendes: C! ist an der ganzen reihe der B vorbeigekon- 
men, B! an der ganzen reihe der C. Es hat also sowohl B! als 
C! einen der ganzen reihenlänge gleichen raum durchmessen, beide 
zusammen also deu doppelten. Dagegen ist B! nur an der halbes 
reihe der A vorbeigekommen, die A selbst ruhen; der raum also, 
welcher, wenn die reihe der B mit der der A verglichen wird, in 
ganzen durchmessen ist, betrügt nur eine halbe reihenlünge. Nu 
ist zwar klar, dass, wenn zwei körper sich gleich lange mit der 
selben geschwindigkeit bewegen, mit der sich eben so lange ei 
körper bewegt, jene zusammen einen doppelt so grossen reas 
durchmessen müssen, wie dieser; in unserem beispiele sehen wir 
aber, dass die zwei einen vierfach so grossen raum durchmasses 
als der eine; es legt also jeder der bewegten körper im derselbes 
zeit die halbe und auch die ganze reihenlänge zurück“. Unzwei- 
felhaft ist auch in diesem zusammenhange des beweises ein febl- 


schluss nachzuweisen, er dürfte aber kaum so auf den ersten blick . 


erkennbar sein, wie bei der gewönlichen erklärung. Denn ver 
gleichen wir mit der reihe der A den ort des C! und B! in fig.! 


Zeno aus Elea. 633 


mit demjenigen derselben in fig. Il, so sehen wir klar, dass jedes 
von ihnen nur einen der halben länge der A gleichen raum durch- 
messen hat, dass von beiden zusammen also wirklich nur eine be- 
wegung gemacht ist, die der ganzen länge gleich ist; vergleichen 
wir aber dann ihre stellungen selbst unter einander, so ist jedes 
von ihnen an der ganzen reihe vorbeigekommen , scheint also die 
doppelte der wirklichen bewegung gemacht zu haben. — Diesen 
gedanken dürfte auch Hegel (Gesch. d. ph. I, p. 325), obwohl er 
die erläuterung in der gewöhnlichen weise giebt, in dem beweise 
gefunden haben, und ebenso Bayle a. a. o. p. 912 f. 

Offenbar zeigt aber auch in dieser versteckteren form der 
letzte beweis nicht jene zwingende energie und consequenz des 
denkens, wie sie uns in den anderen beweisen entgegentritt. Ja, 
es muss befremden, dass Zeno, wie wir ihn kennen gelernt haben, 
diesen satz in dem allgemein, so viel ich sehe, angenommenen zu- 
sammenbange aufgestellt hat. Dieses befremden ist auch wohl von 
fast allen, welche die beweise des Zeno aufzufassen suchten, em- 
pfunden und mehr oder weniger deutlich ausgesprochen worden. 
Deshalb dürfte die frage berechtigt sein, ob Zeno seinen satz 
wirklich in dem zusammenhange ausgesprochen hat, in welchem er 
im allgemeinen verstanden wird. 

[ch babe zu anfang gezeigt, dass Zeno in dem satze vom 
fallenden korn (A 1) gleichsam einen directen beweis der uuzuver- 
lässigkeit der sinne im binblick auf die aunahme der vielheit von 
dingen giebt. Denn unsere sinne, das war das resultat des satzes, 
erkennen üussere erscheinungen nicht, welche uns das denken als 
vorhanden anzunehmen zwingt. Dasselbe, meine ich, hat Zeno in 
etwas anderer weise durch den letzten satz im hinblick auf die 
annnahme der bewegung zeigen wollen. Wenn wir verschiedene 
bewegungen mit den sinnen verfolgen und auffassen , so kommen 
wir zu resultaten, welche mit dem durch die bewegungen er- 
reichten stande der dinge nicht übereinstimmen. Denn wenn wir 
die beiden sich bewegenden reihen in dem obigen beispiele an ein- 
ander beobachten, so sehen wir deutlich, dass B! an der ganzen 
reihe der C, und C! an der ganzen reihe der B vorübergekommen 
ist; vergleichen wir dann aber die veränderung ihrer stellung an 
der reihe der ruhenden A, so sehen wir, dass sie in wirklichkeit 
nur die hälfte der länge einer jeden reihe durchmessen haben. 


634 Zeno aus Elea. 


Wir kommen also zu einem widerspruche der sinnlichen wahrneb- 
mungen, welchen uns nur das denken auflösen kann. Wie Zeno 
also in jenem ersten satze einen directen beweis für die unzuver- 
lässigkeit der sinne giebt, so bringt er in dem letzten einen sol- 
chen beweis für die zuverlässigkeit des denkens in einem falle bei, 
in dem der widerspruch der sinnlichen wahrnehmung klar vorliegt. 
Es sind daher jener erste und dieser letzte satz des Zeno nichts 
anderes als beweise für die behauptung des Parmenides, dass die 
üusseren erscheinungen schein und täuschung sind und. dass wir 
nur dem vernünftigen denken vertrauen dürfen. 

Dass aber der zusammenhang unseres beweises von vorne 
herein nicht richtig aufgefasst worden ist, kann um so weniger 
befremden, als allerdings das nächste ziel desselben ein anderes ist, 
als das der drei gegen die bewegung direct gerichteten sätze. 
Denn in ihnen sucht er zu beweisen, dass die bewegung für das 
denken unmôglich ist, — während doch die sinnliche wahrnehmung 
dieselbe constatirt, — in unserem beweise aber zeigt er, dass die 
sinnliche wahrnehmung in bezug auf die bewegung dem denkes 
gegenüber keinen glauben verdient, weil sie uns widersprüche in 
der factischen bewegung zeigt, welche erst das denken auflös. 
Es ist also weder der erste satz unmittelbar gegen die vielheit, 
noch der letzte unmittelbar gegen die bewegung gerichtet, aber es 
unterstützt jener die beweise gegen die vielheit und dieser dieje- 
nigen gegen die bewegung insofern, als sie durch je ein in bezug 
auf die vielheit und auf die bewegung gewähltes beispiel zeiges, 
dass nicht die sinnliche wahrnehmung, sondern nur das denken uns 
wahrheit giebt. | 

Das sind also die uns erhaltenen beweise, durch welche Zeno 
die gegner des Parmenides zu widerlegen und die lehren desselben 
zu erhärten versucht hatte. Diesem zwecke scheint, wie erwähnt, 
Zeno seine ganze philosophische thütigkeit gewidmet zu haben. 

Dass auch er, wie alle seine vorgänger, eine mehr oder we- 
niger phantastische und willkürliche erklärung und beschreibusg 
der erscheinungswelt gegeben habe, ist durchaus unwahrscheinlich. 
Das denken hatte ibm unlösbare widersprüche in den erscheinungen 
aufgezeigt und ihn dadurch überzeugt, dass die erscheinungen uw 
wahr und nichtig seien; er wollte deshalb auch nicht diese unwahres 
erscheinungen erklüren, sondern dem denken vertrauend ohne rück- 


Zeno aus Elea. 635 


sicht auf die erscheinungen die wahrheit erkennen. Diesen ge- 
danken hatte zwar auch schon Parmenides gehabt und dennoch in 
der von den früheren philosophen hergebrachten weise eine physi- 
kalische erklürung der erscheinungswelt, wenn auch mit dem vollen 
bewusstsein, dass sie keine wahrheit habe, gegeben; aber Parme- 
nides hatte auch noch die alte dichterische form der darstellung 
festgehalten; er sah daher in dieser semer erklürung etwa ein 
poetisches gebilde. Zeno’s diulektische prosa war für erzeugnisse 
der phantasie kein passendes kleid. 

Unsere besten zeugen wissen auch nichts von einer physik 
des Zeno; was Diogenes (IX, 29) und Stobäus (Ecl. I, 60) darüber 
berichten, verdient keinen glauben. (Vgl. Zeller I, p. 495 mit 
der anm.). 

Die beurtheilung, welche Zeno's beweise gefunden haben, ist 
sehr verschieden. Man hat in ihnen zum theil nicht viel mehr als 
rhetorische und sophistische kunststücke finden wollen, es ist aber 
auch ihr werth und ihre grosse bedeutung für die entwicklung der 
philosophie in vollem masse anerkannt worden. 

Die speculationen der philosophen vor Zeno waren, wie wir zu 
anfang sahen, auf die welt der erscheinungen gerichtet. Vou der 
betrachtung der aussenwelt erhielten sie ihren anstoss und der erklä- 
rung derselben waren sie gewidmet. Die form dieser ültesten philo- 
sophie war dogmatisch. Es genügte ihr ansichten und principien auf- 
zustellen, welche geeignet schienen das werden und sein der welt zu 
erklüren. Behauptungen traten also behauptungen gegenüber, alle 
erschienen mehr oder weniger willkürlich, allen fehlte die sichere 
begründung. Aber die betrachtung der äusseren erscheinungen 
führte allmählich zu der erkenntniss, dass die sinnlichen wahrneh- 
mungen nicht zuverlüssig seien, dass die erscheinungen, deren wir 
uns durch die sinne bewusst werden, für das denken widersprüche 
enthalten, dass wir daher durch die sinne das wahre wesen der 
dinge nicht erfassen können, dass nur das denken wahrheit zu 
geben vermag. | 

Zu dieser anschauung war Parmenides gelangt und ihr ent- 
sprechend entwickelte er seine all-einheitslehre im schroffen gegen- 
satze zu den sinnlichen erscheinungen. Eine solche lehre frappirte, 
aber angesichts der so offenbar widersprechenden thatsachen ver- 
mochte sie nicht zu überzeugen, ihre gründe waren nicht zwin- 


636 Zeno aus Elea, 


gend, die gauze lehre erschien vielmehr unsinnig. Es galt daher 
die erscheinungswelt selbst anzugreifen, die widerspriiche in der- 
selben aufzuzeigen uud den schein der wahrheit, den dieselbe bet, 
dadurch zu vernichten. | 

Diese aufgabe nahm Zeno in angriff. Er suchte nicht die 
durch denken entwickelten und als wahr erkannten lehren seines 
meisters direct zu beweisen, sondern die auf sinnlicher wabrneb- 
mung beruhenden meinungen und anschauungen an ihnen und ass 
ihnen selbst zu widerlegen und zu vernichten. Dieses verfahren 
hat man ein dialektisches genannt. Es ist aber nicht dialektisch 
ın dem sinne, in welchem Kant (Kritik der r. vernunft p. 88) das 
wort dialektisch fasst, als kritik des logischen oder formalea 
scheins, sondern als kritik der erscheinungen. 

Das resultat desselben ist zunächst ein negatives; aber das 
resultat der wahren dialektik ist überhaupt null, das negative (vgl. 
Hegel, Gesch. d. phil. I, p. 311). Es.ist aber das vernichten der 
gewohnten meinungen, das aufdecken der widersprüche in den auf 
guten glauben aus der erscheinungswelt entnommenen begriffen im 
hohen grade geeignet, das denken zu wecken und zur genaueren 
untersuchung der erscheinungen und der aus ihr stammenden be 
griffe anzuregen. Die erscheinungen sind da, die sinne überzeuges 
uns fort und fort von ihrem dasein; aber das denken zeigt um, 
dass sie nicht möglich sind. Sobald dies erkannt ist, genügt e 
. nicht mehr, allgemeinen dogmatischen sätzen andere entgegenza- 
stellen; hier bleibt nichts übrig, als auf die erklärung und das 
begreifen der erscheinungen gänzlich zu verzichten, oder durch eis- 
gehendere untersuchungen sowohl der erscheinungen als auch des 
erkennens die berichtigung der begriffe und die lósung der wider 
sprüche zu suchen. 

Nach beiden richtungen hin hat die dialektik des Zew 
gewirkt. 

Man hat behauptet, Zeno verfahre in seinen beweisen sophi 
stisch, ja er wolle mit denselben zum theil wohl nur andere tie 
schen und verspotten. Wie verkehrt eine solche ansicht ist, bat 
hoffentlich die gegebene darstellung hinreichend bewiesen. Nichts 
lag dem Zeno ferner, als durch scheinbeweise seine ansichten s8 
bestätigen. Ihm ist es mit allen seinen sützen voller ernst. Er 
bemüht sich die aus der erfahrung gewonnenen begriffe klar um 


Zeno aus Elea. 637 


lebendig zu erfassen und findet dabei widersprüche, die er nicht 
zu lósen weiss; was er aufdeckt, was er beweist, sind nicht er- 
dichtete schwierigkeiten, sondern solche, an die er fest glaubt, weil 
die consequenz des denkens sie ihm als unvermeidlich darthut. 
Nachdem er sie aber erkannt hat, stellt er sie auch in ihrer ganzen 
schroffheit dar, und indem er der richtigkeit des denkens unbe- 
dingt vertraut, erklärt er die erscheinungen überhaupt für unwabr. 

Zeno's strebeu ist also an sich durchaus kein sophistisches, 
d. h. nur auf den schein der wahrheit und auf die form des 
scheines gerichtetes. Dass aber seine dialektik eine ursache und 
ein hülfsmittel der sophistik wurde, ist nicht zu leugnen. 

Indem Zeno die widersprüche in den begriffen der ausdehnung 
und der theilbarkeit, so wie der veründerung und bewegung auf- 
deckte, stellte er metaphysische probleme, die man zu lösen un- 
fühig war. 

Die all-einheitslehre der Eleaten selbst konnte nicht befrie- 
digen; denn theils war sie absolut unfühig über die erscheinungs- 
welt aufzuklären, theils liess sich aber auch das eine seiende selbst 
nicht obne alle jene widerspruchsvollen eigenschaften denken. 

Dazu stand der eleatischen lehre von der unveründerlichkeit 
des einen seienden schroff die lehre des Heraklit von dem ewigen 
flusse und der steten veränderung der dinge gegenüber. Aucb sie 
widersprach der sinnlichen wahrnehmung, aber zu widerlegen ver- 
stand man auch sie nicht. 

Es ist deshalb nicht zu verwundern, dass man an der müg- 
lichkeit, die erscheinungen richtig zu erkennen, verzweifelte, dass 
man das streben darnach aufgab, dass man die müglichkeit des 
wissens überhaupt leugnete. Negativ war auch das resultat der 
dialektik des Zeno gewesen; man fand daher in diesem leugnen 
eine gewisse verwandtschaft mit derselben, vor allem aber fand 
man in der form derselben ein willkommenes werkzeug, um eine 
art von system in das leugnen zu bringen, demselben den anschein 
der wissenschaftlichkeit zu geben und es unwiderleglich und über- 
zeugend zu machen. Jetzt wurde die dialektik wirklich logik des 
acheins (vgl. Kant a. a. 0.); man strebte ja nicht mehr darnach 
die wahrheit zu erkennen, denn das hielt man für unmüglich; son- 
dern die eigenen behauptungen überzeugungskräftig zu machen, 
ibnen den schein der wahrheit zu geben. 


638 Zeno aus Elea. 


Es erging also dem Zeno zunüchst, wie den meisten baba 
brechenden geistern; die äussere form lernte man ihm ab; — in 
die bedeutung seiner forschungen, in die zu denselben treibenden 
gedanken wusste man nicht zu dringen. 

Die erste wirkung von Zeno's lehren könnte also als eine 
schädliche, alle wahre philosophie vernichtende erscheinen. Aber 
es ist längst erkannt, wie nothwendig die lehren der sophistes 
waren, wie nothwendig es war, die müglichkeit des erkennens und 
wissens zu leugnen, um der philosophie neue gebiete und neue 
bahnen der forschung zu eröffnen. 

Wenn einmal die möglichkeit die wahrheit zu erkennen ge- 
leugnet wurde, so folgte daraus, dass nicht nur unsere ansichten 
von den äusseren erscheinungen, sondern dass unsere gedanken 
überhaupt, dass also auch unsere sittlichen begriffe, nach denen 
wir unsere handlungen bestimmen, unzuverlässig sind , dass wir 
wenigstens über ihre richtigkeit nicht entscheiden können. Eine 
solche anschauung aber wird dem denkenden subjecte unerträglich; 
sein inneres bewusstsein von den sittlichen hegriffen ist zu stark, 
zu unmittelbar , als dass er sie für trügerisch und willkürlich au- 
erkennen könnte. Die hauptsache aber ist, dass das denkende 
subject dadurch, dass man ihm alle fähigkeit sicher zu erkenne 
abgesprochen hat, auf sich selbst aufmerksam geworden ist. Was 
kann ihm die betrachtung der aussenwelt nützen, wenn es sich 
sagen muss, dass es sie doch nicht erkennen kann? Es muss des 
halb erst über sich selbst klarheit zu gewinnen suchen. Die philo- 
sophische betrachtung wendet sich zu dem ende von der aussenwek 
auf das denkende und wollende subject; sie hórt auf kosmologisch 
zu sein und fängt an logisch, psychologisch und ethisch zu werden. 

Dadurch dass die sich dem denken darbietenden widersprüche 
in der erscheinungswelt als unlösbar dargestellt waren, wurde die 
betrachtung auf das reine denken gerichtet. 

Diese wendung erkennen wir selbst auch bei den sophisten: 
denn dieselben verhalten sich nicht ausschliesslich verneinend, son- 
dern stellen schon auf das denken gerichtete positive lehren auf. 
(Vgl. K. v. Reichlin-Meldegg, der parallelismus der alten usi 
neuen philosophie p. 25). 

Das ist der entwickelungsgang der griechischen philosophie 
von den sophisten zu Sokrates, Plato und Aristoteles, Die lebres 


Zeno aus Elea. | 639 


des Zeno haben aber im hohen grade bedingend auf ihn einge- 
wirkt. Sobald aber die philosophie wieder neue, fruchtbare ge- 
biete gewonnen hatte, begann Zeno's thütigkeit auch positiv vor- 
| theilhaft zu wirken. 

Zuerst hatte er die form gefunden, um dem blossen dogma- 
tismus wirksam entgegenzutreten, behauptungen und meinungen 
anzugreifen, widersprüche in ihnen aufzudecken und das feld für 
die walrere erkenntniss frei zu machen. Zwar war diese form 
von den sophisten zu zwecken missbraucht worden, die dem Zeno 
entschieden fern gelegen hatten, aber üusserlich war sie selbst von 
ihnen vervollkommnet worden, und Sokrates wusste sie in einer 
weise umzubilden und onzuwenden, welche allein den fortschritt 
der wissenschaftlichen betrachtung und erkenntniss zu sichern 
vermochte. 

Die Megariker, welche die ethischen betrachtungen des So- 
krates mit der eleatischen einheitslehre verknüpften , indem sie 
behaupteten, das gute sei eins, bekümpften im bewussten anschlusse 
an die form der zenonischen beweise die gewöhnlichen  ansichten 
von der vielheit der sittlichen begriffe. (Vgl. Ueberweg I, p. 93 f.). 
Zwar konnten auch ihre lehren zunächst nur negativ auf die ent- 
wickelung der philosophie einwirken, sie wurden aber dennoch 
bedeutungsvoll, weil sie eine genauere untersuchung und bestim- 
mung der sittlichen begriffe veranlassten. 

Es sind derartige dialektische, kritische und selbst skeptische 
bestrebungen deshalb vou nicht geringem wissenschaftlichem werthe, 
weil durch sie das ansehen eines geisttödtenden dogmatismus ver- 
nichtet wird und weil sie zu genauer untersuchung und allseitiger 
begründung der wissenschaftlichen aufgaben zwingen. — Aber 
nicht allein auf die form, sondern auch auf den inhalt der fol- 
genden philosophie wirkten Zeno’s sätze bestimmend ein, und diese 
wirksamkeit reicht bis in unsere zeit. 

Denn durch sie waren die probleme, welche die uns so nahe 
liegenden und vertrauten und doch so unendlich schweren begriffe 
des körperlichen und ausgedehnten, der veränderung und bewegung 
der zeit und des raumes, der continuität und des getheiltseins 
stellen, klar geworden, und eine gewissenhafte und umsichtige spe- 
culation konnte sich ihrer untersuchung fortan nicht mehr dauernd 
entziehen. | 


640 Zeno aus Elea. 


In den lehren des Parmenides und Zeno, sagt Herbart (Me- 
taph. 1, p. 501), zeigte sich die erste regung des metapbysischen 
erkennens. Die durch sie gestellten probleme forderten nothwea- 
dig auflósung. 

So sehen wir denn auch die ausgezeichnetsten philosophen der 
alten und der neuen zeit ihre eigene entwickelung der betreffenden 
metaphysischen begriffe an Zeno's beweise anknüpfen. Plato geht, 
um den begriff des eins und der bewegung zu entwickeln, von 
ihnen aus; Aristoteles bespricht sie wenigstens an den betreftenden 
stellen seiner untersuchungen, obwohl er, weil er ihren inneren 
zusammenhang, ihren ausgangspunkt und ihre absicht, nicht überall 
klar erkannt und hinreichend genau untersucht hat, nicht den nntzea 
für seine eigenen forschungen aus ihnen zieht, den zu gewähren 
sie wohl im stande waren. (Vgl. Herbart, Metaph. I, p. 503). 

Wie von den neneren philosophen besonders Bayle, Hegel und 
Herbart (an den angeführten orten), ferner Trendelenburg (Log. 
unters. abschnitt VI, p. 213 ff), Ueberweg (a. a. o.), Dühring 
(Gesch. d. ph. p. 40—48; vgl. von demselben: Cursus der philo- 
sophie als streng wissenschaftlicher weltanschauung und lebensge- 
staltung. Leipzig 1875, z. b. p. 18, 64, 433 f.) die zenonischen 
sätze besprochen und eigene erörterungen schwieriger metaphysi- 
scher begriffe an sie geknüpft haben, ist oben für meinen zweck 
ausreichend angedeutet worden. | 

Nur eine frage drängt sich uns noch auf und mag hier we- 
nigstens kurz berührt werden. Wie steht die philosophie jetzt zu 
den von Zeno angeregten problemen? Hat sie eine allseitige lö- 
sung derselben gefunden? 

Herbart, der mit den Eleaten in dem ausgangspunkte ibrer 
philosophie, in dem streben die widersprüche der sinnlichen erfah- 
rung zu lösen, viel ähnlichkeit hat (vgl. K. v. Reichlin-Meldegg 
a. a. o. p. 9) sucht, ausgehend von Zeno's sützen, den begriff der 
bewegung zu erklären. Aber wir haben schon gesehen, dass sich 
auch gegen seine scharfsinnigen auseinandersetzungen zum thel 
schwere zweifel erheben. Hegel aber, der grosse dialektiker, sagt 
in seiner geschichte der philosophie (I, p. 312 und p. 326): ,,Zene’ 
dialektik der materie ist bis auf den heutigen tag unwiderlegt; 
man ist noch nicht darüber hinausgekommen und lässt die sack 
im unbestimmten liegen“. — „Zeno hat die bestimmungen aufg* 


Zeno aus Elea. 641 


fasst, die unsere vorstellung von raum und zeit enthäit; er hat 
sie in seinem bewusstsein gebabt und hat darin das widerspre- 
chende gezeigt. Kant’s antimonien sind nichts weiter, als was 
Zeno hier schon gethan hat“. 

Trendelenburg, der sein ganzes system auf dem princip der 
bewegung auferbaut, behauptet demgemäss natürlich das vorhan- 
densein der bewegung, erklürt sie aber für undefinirbar. (A. a. o. 
p. 150). Von den beweisen des Zeno gegen dieselbe aber sagt 
er: „Man hat sie wie spitzfindigkeiten auf sich beruhen lassen, 
aber entkräftet hat man sie nicht“: a. a. o. p. 215. 

Diihring, welcher mit scharfsinn und klarheit bemüht ist, die 
von Zeno gestellten probleme ins rechte licht zu stellen und zu 
lösen, muss in betreff der bewegung doch auch anerkennen, ,,dass 
bei ihr für unser denken immer ein unerkennbarer rest übrig 
bleibt, da wir darauf verzichten müssen, in den grund der erschei- 
nungen einzudringen“. Wenn er aber behauptet, Zeno's irrthum 
beruhe darin, „dass er etwas blos gedankliches (nämlich die dem 
gedanken nach mögliche unendliche theilbarkeit) als reales ding 
setze; blosse ideen seien noch keine dinge, sonst könnte einer 
etwa auch einen raum mit fünf dimensionen für existirend er- 
klären, weil er vorgäbe, er könne sich einen solchen denken“ 
(vgl. E. Wellmann a. a. o. p. 32), so dürfte dies nicht zutreffend 
sein. Denn Zeno spricht nicht von begriffen, die jemand etwa als 
gedacht vorgeben kann, sondern von begriffen zu deren annahme 
jeder durch consequentes denken gezwungen wird; und die wider- 
sprüche, welche zwischen diesem uothwendigen denken mit der 
wirklichkeit, wie sie in die erscheinung tritt, besteht, sind es ja 
eben, welche er aufgefasst und dargestellt hat. 

Somit scheint es denn, dass Zeno’s probleme auch jetzt noch 
nicht ihre volle lösung gefunden haben, und es dürfte der schluss 
berechtigt sein, dass dieselben, ebenso wie der begriff der unend- 
lichkeit der zeit und des raumes, den wir doch absolut denken 
müssen, für den menschlichen verstaud überhaupt nicht völlig er- 
fassbar sind. 

Gewiss ist es aber auf’s höchste anzuerkennen, dass Zeno in 
einer zeit, wo das denken noch so wenig geübt, wo an die fest- 
stellung allgemeiner begrifie kaum gedacht worden war, durch 
eigenen scharfsinn die widersprüche in diesen schwierigen meta- 

Philologus. XXXV. bd. 4. 41 


642 Zeno aus Elea. 


physischen begriffen aufzufinden und klar und bestimmt darzu- 
stellen wusste. 

In der that zollen auch jene genannten hervorragenden philo- 
sophen, welche in vorgeschrittener zeit selbst bemüht waren durch 
eigenes nachdenken metaphysische begriffe schritt für schritt zu 
entwickeln und in lebendiger anschauung klar zu erfassen, den 
bestrebungen Zeno's diese verdiente anerkennung. Vereinzelt finden 
sich freilich auch entgegengesetzte urtbeile. So erklärt ein ge- 
lehrter forscher unserer zeit Zeno's grundsütze des philosophirens 
nur „für erzeugnisse einer mit kindischer eitelkeit auftretenden 
verstandesschürfe* (Prantl, Gesch. d. logik I, p. 10 f), oder als 
„einfäle der dem griechischen nationalcharacter eigenthümlichen 
kindisch impertinenten zuversicht auf rhetorische geltendmachung 
einer jeden caprice“ (derselbe zu Arist. Phys. VI, anm. 18). 
Selche ihrem gehalte nach ebenso schiefe und unwahre als ibrer 
form nach abstossende urtheile können nur der ausfluss eines 
höchst oberflächlichen verständnisses der philosophischen bestre- 
bungen des Zeno sein. 

Es genügt dagegen daran zu erinnern, dass neben philosopher, 
wie Hegel nnd Herbart, auch die ausgezeichnetesten forscher in 
der geschichte der griechischen philosophie, ich nenne vor allen 
Zeller, sowohl den scharfsinn in Zeno’s lehren, als auch ihre be- 
deutung für die entwickelung der philosophie vollkommen aner- 
kennen. 


Gartz a. 0. Ferdinand Schneider. 


Soph. Electr. 1 


will Nauck zo:? entfernt wissen und èv Toolaç néd@ herstelle: 
aber soré ist vortrefflich, da 1) überhaupt es den alten in solchen 
umschreibungen als formelhaft gefiel: s. unt. 695 zoù zo xAdvór 
‘Enados “Ayapéuvovos orouteuu’ üyelQavróc more, und 2) es so 
zu sagen eine concession gegen die zuschauer ist, welche dadarch 
sofort in die alte zeit versetzt werden sollen: vgl. Soph. Philoct. 
5: daber ist dieser fall von stellen wie unt. 11 u. s. w. wohl 2 
unterscheiden. Ernst von Leuisch. 


XIX. 


Untersuchungen über die platonischen 
handschriften. 


In einer reihe von abhandlungen haben wir beiträge zur 
ichtung der platonischen handschriften gegeben. Um hier zu 
inem relativen abschluss zu gelangen, ist es nothwendig, die unter- 
uchung auf alle handschriften, soweit sie von Bekker und mir 
erglichen worden sind, auszudehnen. Selbstverständlich werden 
vir die sicheren ergebnisse jener abhandlungen nur ganz kurz, 
bne die beweisführung zu wiederholen, am gehörigen ort verwer- 
hen; das was sich als unrichtig oder schief herausgestellt hat, 
vird dagegen eine neubehandlung und grössere ausführlichkeit 
rfahren. 

Bezüglich der überlieferung der platonischen schriften wurde 
on uns festgestellt, dass die anordnung der dialoge in den hand- 
chriften nach den tetralogien des Thrasyllus erfolgte, und dass 
lle unsere handschriften auf einen archetypus zurückgehen, wel- 
her aus zwei bünden bestand, von denen der erste die sieben 
rsten tetralogien, der zweite die zwei letzten enthielt, Auf diese 
‘estalt des archetypus weisen unsere beiden ältesten handschriften, 
er Clarkianus und der Parisinus hin: der Parisinus enthält die 
wei letzten tetralogien und entspricht also dem zweiten band des 
rchetypus, der Clarkianus entspricht dem ersten, ist aber nicht 
ollstándig, denn es fehlt ihm die VII. tetralogie. Dadurch ist die 
berlieferung dieser tetralogie eine eigenthümliche geworden. 
iachgemüss zerfällt also die untersuchung in drei theile: 


41° 


644 Platon. 


I. die handschriften der sechs ersten tetralogien (Clarkianus); 
II. die handschriften der VIII. und IX. tetralogie (Parisinus); 
III. die handschriften der VII. tetralogie. 

In der vorliegenden abhandlung behandeln wir lediglich die 
handschriften der sechs ersten tetralogien. 

Wenn wir die Bekker'schen handschriften der sechs ersten 
tetralogien durchgehen, so finden wir bei allen dialogen eine glie- 
derung der handschriften in zwei familien, wie folgende tafel zeigt: 
Euthyphr. 361, 6 gore dova ANWDST : êorsy TZYBCEHu 
Apolog. 132, 8 ov add. AIJODST : om. TAZYBCEHgu 

» 116, 20 &rdoss om. AZZODST : add. TARY BCEHg 
Crit. 163, 8 Sr — ’Ic9uov om. HOWDS, pr. A: add. TEYBCER — 
Phaedo 11, 5 ws zayıcın add. AAIIDGs : om. IT'ASYCEHIL |, 

» 40, 6 ante rosa ?ra. om. rà 9(4 11 Gs : add. TAZYCEHIL © 
Cratyl. 9, 7 àonv add. AAIIGZEY : om. TABCEFHIXm 
Theaetet. 257, 16 gacì add. XAIT : om. TAZZYBCEFH 

„ 318,8 wavy — 21 Acyov om. AA et pr. I :0m. FAZZYBCEFA 
Soph. 130, 18 zoí(vvv om. USM : add. TAZZYBCEFH 

» 228, 13 sivas add. UAT : om. TAZZYBCEFH 
Politic. 329, 17 zıwa om. Ad : add. TAZZYBCEFH 

» 23945, 2 sivas add. UAH : om. T'ASSYBCEFH 
Parm. 12, 17 iv add. XAITDR : om. TAZZYBCHletpr.EF 

» 47, 1 tò om. ALMDR : add. FAZSYBCEFHIQ 
Phileb. 201, 8 na» — tovvarılov om. 9L4,pr. IT: add. T'AS ZBCEFH 
Symp. 377, 4 ign tov AAIIZYDKwp : &yn l'EFruntjt 

» 984, 6 aide xal AAIIZYDKwp : Gad Goa xai T'EFrunit 
Phaedrus 84, 14 xai om. 9(L27/7/DGNOPT : add. T'AS SDOBCEFH 
Alcib. 1 308, 4 ody add. UAH : om. TEZYBCEFHUp 
Alcib. II 286, 14 aër add. YANG : om. T'ESYBCEFw 

» 287, 2 ao’ om. AANG : add. TEZYBCEFuv 
Hipparch. 232, 8 dv om. YANG : add. TEZBCEFwye 

, — 237, 23 Em add, WATE : om. TZIBCEFwye 
Amator. 296, 12 dei om. AO : add. T'ESBCEFuye 
Theag. 265, 23 zwv ante rovywvrwv om. UOr : add. T'ESBCEFy_ 
Charm. 338, 10 post «ver. om. dmomun AOG : add. T'EZBCEFr" 
Lach. 287, 5 xoi un dewwv add, 9(01G : om. FESBCEwyl 
Lysis 135, 7 navy ys add. AOr : om. TESBCEuyef 
Euthydem. 402, 4 oo add. AOr : om. TEZBCEwyef 





Platon. 645 


Protag. 238, 2 oùx om. AOr : add. TEZBCErwye 
» 243, 1 mov add. UOr : om. FZESBCErwy 
Gorg. 80, 14 xara gvow add. AAZYO(E) : om. TBCEFIVW 
» 85,1 Tów add. ATADESTOV : om. BCEFI 
» 117, 6 xarx 10 compu om. 9L42Y : add. TOBCEFIVW 
» 107, 13 we add. 9LZZY V(X) : om. FBCEFIW !) 
Meno 334, 6 0 om. 9[44.XYot : add. IY BOEFr 
» 327, 8 àváuvgow — 9 Reyer add. 9452 Ybr : om. TBCEFr 


Ueber den werth der beiden familien für die platonische textes- 
kritik werden wir bei einer andern gelegenheit ein motivirtes ur- 
theil abgeben; nur das eine sei uns gestattet gleich hier hervorzu- 
heben, dass wir die erste familie als die ältere bezeichnen, weil sie den 
Clarkianus, die älteste aller in der tafel aufgeführten handschriften, 
in sich schliesst. Ehe wir mit erfolg die frage über den werth 
der beiden familien behandeln können, müssen wir offenbar zuerst 
erforschen, in welchem verháltniss die einzelnen handschriften in 
jeder familie zu einander stehen, und durch welche handschrift 
oder handschriften wir das reinste bild einer jeden familie erhalten. 


a) Ueber die handschriften der ersten (ülteren) familie. 


1. Ich habe in meinen Studien p. 55 die frage unentschieden 
gelassen, ob der Vaticanus 40 in den dialogen der IL, HI., IV. 
und V. tetralogie und im Euthydem, Protagoras, Meno und zum 
theil im Gorgias unmittelbar oder mittelbar aus dem Clar- 
kianus stamme. Ich glaube jetzt auf grund nachstehender beispiele 
die mittelbare abstammung behaupten zu kónnen. Vergleichen 
wir nämlich Phileb. 244, 3 yon] dei 4 Politic. 270, 20 où pir] 
ovxouv 4 Lys. 136, 3 uiv] uiv oiv © 165, 12 naw pèv ovr] 
wave ye pév ©, so liegen hier offenkundige interpolationen vor. 
Es ist aber gewiss die annahme nicht zulüssig, dass diese interpo- 
lationen sofort beim abschreiben vorgenommen wurden; wir müssen, 
um jene erscheinungen zu erklüren, zwischen dem Clarkianus und 
dem Vaticanus zum mindesten noch ein glied ansetzen, in dem 


1) Wie man sieht, ist im Gorgias eine scharfe scheidung der 
handschriften in zwei klassen wegen des schwankenden charakters 
verschiedener codices nicht möglich. Manche handschriften bleiben 
eben derselben quelle nicht treu; so geht z. b. I anfangs mit BCEF, 
spüter mit V. ) ® 


646 Platon. 


jene interpolationen über der zeile oder am rande standen, von 
wo aus sie in den text eindrangen. Noch andere stellen beweisen, 
dass wir ohne ein zwischenglied gewisse lesarten des fO nicht 
erklären können. Nehmen wir z. b. Theaet. 316, 14, so finden 
wir statt dAÀ' aor, wie im Clarkianus geschrieben steht, in 
4 de au. Setzt diese lesart nicht eine vorlage voraus, in der 


die worte also geschrieben waren: dian? Oder nebmen wir 
Phaedrus 87, 6 wo wir lesen: 16 yàg vynidvour zouro xal warm 
tedecrovgyov Éouxey èvrevdtv coder elovévas. Wir finden statt 
vyniovour in 4 byniòv slg. Dieser fehler setzt aber einen zwei 
fachen process voraus; es musste einmal statt jwrAovovy geschrie- 
ben sein virAóv ovv; nlsdann musste an diesem ody wegen des 
vorausgegangenen 7&g anstoss genommen und dafür mit interpo- 
lation eig wegen des nachfolgenden gesetzt werden. 

Aus 4 ist im Symposion, wie ich in einer kleinen abbandlung 
gezeigt habe, w geflossen. 


2. Im Hermes bd. XI, p. 112 u. f. haben wir den ns 
weis geliefert, dass aus JZ durch D die handschriften pKq SU - 
NOPR?) geflossen sind. Im Phaedrus ist durch D aus /7 ned 
eine andere sippe, nämlich S@r hervorgegangen. Dass diese drei : 
handschriften auf's engste zusammenhängen, beweisen folgende 
stellen: 77, 10 wo doxw om. S@r 78, 4 ad om. Xr 96, 2 } 
iv dppotegu om. Zr et pr. ®. Die abstammung der drei han 
schriften aus D, welcher, wie gesagt, wiederum aus 77 stamm 
erhárten nachstehende beispiele: 53, 9 GuIufboyres] vello 
ZDNOP, pr. D 21, 23 èrwvvplav] inv Enwvuulay SDNO 
32, 5 uo, om. ZODNO 22, 1 wtEuo] uiv Essen SDNO 2 
18 xôtegor add. SMDr et rc. 7 41, 18 vrrovecvior] Unovgarin 
ZODN et corr. IZ 52, 11 Zowpevor] écwuérwy PDNOr, pr. Z | 
rc. II 102, 12 usurvuxer] peuymuoveuxey ZODNOPr et cor. ' 
106, 1 uelluw] ueitor ZODT, rc. M 20, 16 dì] yag SDNO 
20, 1 einwv rov X et corr. D. Man sieht, dass öfters Z alles 
mit D zusammengeht. Dies ist daraus zu erklären, dass @r sce | 


mehr umgestaltungen des textes erfahren haben. Diese beide | 
| 















2) Dasselbe scheint auch für Q im Parmenides zu gelten, du 
Bekker bis etwa 8, 5 verglichen hat. 


Platon. 647 


handschriften stehen in nüherem zusammenhang; man vergl. 58, 21 
utr auldovs om. Dr 75, 1 xoi 6 Avolus om. Dr. Wie es scheint, 
stammt r aus (D. Vgl 94, 7 get deiv woneg Eoıxev S et pr. ®, 
ged deve y° Fouxer r et corr. D 36, 17 olovoiotexny r et corr. 
®. Die fortschreitende verderbniss kann darlegen: 94, 7 dvevgeiv 
tégvnr TID, viv téyynr sbosiv ZD, réyvyv ebgeiy r 20, 1 cinov 
av] elzoviog UATID, slnoy tov X et corr. D, einwy 10v dé Q, 
sinu Tode r. 

3. Noch zwei andere handschriften zeigen sich im Phaedrus 
und in anderen dialogen in gesellschaft von II, nämlich T und 
G. Dass T auf's innigste mit I1 zusammenhängt, haben wir 
durch aufdeckung einer beiden handschriften gemeinsamen grösseren 
lücke in der apologie (Hermes bd. X, p. 171 u. f.) dargelegt. 
Eine kleinere lücke haben beide handschriften im Phaedrus; sie 
lassen nämlich die worte 42, 19 xaSooa dé cwpeocvwyy weg. 
Was das verhältniss der zwei codices zu einander anlangt, so kann 
der ursprung von T aus 71 nicht mit voller sicherheit behauptet wer- 
den, sie kónnen auch beide aus einer quelle geflossen sein. Die ent- 
. scheidung der frage hat geringe bedeutung für uns; denn auch im 
letzten fall muss, da T viel verdorbener ist als 77, lediglich 77 in 
betracht gezogen werden. 

4. G gehört im Phaedrus, Cratylus, Alcibiades II, Hipparchus 
Phaedo zur guten handschriftenfamilie. Auch diese bandschrift, 
welche übrigens ebenfalls sehr verdorben und interpolirt ist, gehört 
wie T zur llgruppe. Man vergl. Phaedrus 22, 10 zoe? om. G 
et pr. TIT 24, 9 2oqwpévws] èoupevos IGT — Phaedo 18, 11 
Oye — 12 Epn om. IIG Hipparch. 238, 6 ërole] now IIG. 
Aber bei G weisen verschiedene indicien deutlich auf abstammung 
von II hin, z. b. Phaedrus 42, 11 wwyzg ovoa G et corr. II 
Hipparch. 238, 4 Keiov] xloy II, xtova G. Wie man sieht, liegt 
hier in G eine verderbniss vor, die auf der lesart von 17 als 
grundlage ruht. Dieselbe erscheinung haben wir 240, 14, wo wir 
finden öyzıwa uérios zQoxov UA, Ovisva uèv rov 100n0v II, 0v- 
ava uèv tgomov G. Besonders deutlich zeigt der Cratylus die 
engen beziehungeu zwischen 77 und G z. b. 6, 9 doxei] tl yàg 
div Go rig yalı add. in marg. re. IT, doxsi tf yag av Gado mg 
gain G 6, 8 &vdowros] 16 avrà add. rc. IT, &v9Qgwnog 16 
avi G 10, 3 7005 jas] Ovra add. rc. II, mods nuas nia G 


648 Platon. - 


40, 10 perolwo] xalwe G, in marg. II 64, 11 xoi ante um- 
xoévas om. GI], eius loco habent 10. dixasov G et vc. IT 75,22 
dvoyó»] uiv add. rc. IT, dvoyov piv G 76, 11 dior] diuo» II, 
duiov re. II, G 32, 22 inxovoud coi] yo. zul Exsxadéous re. Il, 
dmxullon G 85, 2 dijiwpa tov cwparos IT, dijiwpa Toviw 
10 ouuars G, corr. I] 49, 14 önonoAwr] yo. xai moon 
rc. II, èrmoxondv G 74, 9 noocndérres] noooredévres Ens 
yo. G et rc. IT. Nach diesen beispielen ist es wahrscheinlich, 
dass G aus /7 stammt, Wie sehr die überlieferung in dieser 
handschrift getrübt ist, lehrt schon ein flüchtiger blick in dea 
Bekker'schen apparat. 

Wie steht es nun mit den dialogen, welche G nicht mit II 
gemeinsam hat, nämlich mit Charmides, Laches und den Definitiones! 
Auch hier gehört G zur ersten familie: vgl. Charm. 338, 10 post 
dven. om. émorqun AOG : add. TEZBCEFrwy Lach. 287, 5 
xoi un der add. AOrG : add. TEZBCEvytt Def. 567, 29 
#5 — 30 yon om. G, in marg. ponunt AQ : add. ZSPKbiq. 
Im Charmides und Laches ist die ableitung aus 9(, nicht © nach 
einigen beispielen anzunehmen; vgl. Charm. 346, 2 yévowo] ye 
oo À, ye otosro G 307, 20 Zn’ éuavroù AG, tw aro O. 
In den Definitiones stammt G wahrscheinlich aus 2; vgl. 566, 13 
diadeois — 14 sùvoulas om. G, in marg. ponit. 2 569, 9 
dçern doypiopuot] deerne Aoyiouòs G et corr. 2 — 568, 30 wiye- 
voUc] evvovs G; om. pr. 2, in marg. ponit A. Die starke ent 
fernung von der ursprünglichen überlieferung der guten hand- 
schriftenfamilie (bes. im Charmides und Laches) zeigt wiederum 
ein blick in den kritischen commentar Bekkers. 

Aus dem gesagten ergibt sich sonach das resultat, dass die 
ganze handschrift G völlig entbehrlich ist. Was G neues und 
gutes gibt, ist als conjectur zu erachten. 

5. Im Phaedo finden wir, dass G mit /®s zu einer familie 
vereinigt ist. Man vgl. 55, 4 £raïge om. ADGs 57, 6 dar on. 
58, 10 av om. 80, 4 riv post xal om. 56, 11 dirw»] üxowr 
65, 17 Qéye post owupíag ponunt 91, 8 o] Smeg. Die vier 
handschriften 4@Gs, welche mit %/7 im Phaedo} die gute hand- 
schriftenfamilie bilden, stammen also aus einer quelle. Ueber 
blickt man folgende beispiele: 27, 18 £yrz] £yovca IMGs, in 
marg. 70. IT 53, 8 oleodaı yon] oïeodal ye xod 46s, r 


Platon. | 649 


add. re. ZZ 57, 2 5; Avnmg9p om. ll, xai Avnn97 post 1069 add. 
rc. IT, 5095 xoi Avanti ADGs 89, 14 109 déçu vsgeldes| 
xatw post déoa add. rc. IT, tov déoa xatw unepelds ADGs 
108, 18 ye uos om. pr. II, ante réyyn ponunt; TA®G8 et re. N 
125, 15 st yon mossîv;] ante 10 add. sine rc. IT, eine 1 TA®GS, 
so ersieht man wiederum, dass dieselben auf eine ableitung jener 
mutterhandschrift aus 77 hinweisen, zumal da wir nur solche bei- 
spiele ausgewählt haben, in denen die correcturen lediglich von ZZ, 
nicht zugleich von 9( gegeben werden. Es kommt noch hinzu, 
dass in den vier blüttern, welche im Phaedo von einer jüngeren 
hand eingelegt sind, 4@Gs ebenfalls mit 77 harmoniren. Vgl. 12, 
21 y om. Z4I1IDGs 13, 8 osavroù Alls 13, 13 zagovoav 
quir J4IIDGs 14, 7 Eaviov 4Ils 15, 20 ye add. AIIDG 
16, 3 prius co, om. Æ10s 19, 16 undèv toviwv adınv AIIDG8 
20, 2 vosavra. TIG 21, 9 mwas éxpéouv AI1DGs. Die an- 
nahme, dass die mutterhandschrift von ADGs aus II stamme, ist 
sonach nicht unwahrscheinlich, der Vaticanus 40 gehört ja nicht 
dem zwölften jahrhundert an, sondern dem funfzehnten, wie ich in 
einer kleineren abhandlung des nüheren dargethan habe, ist also je- 
denfalls viel jünger als IZ. Dass auch O Gs jünger sind, erscheint 
mir nicht zweifelhaft, Von der handschrift @ ist weiterhin noch 
zu bemerken, dass dieselbe auch in der Apologie und im Crito 
von Bekker collationirt ist. Auch hier macben die beispiele eine 
abstammung der handschrift aus JZ wahrscheinlich vgl. 91, 1 cavsy 
$ àoern IIODST 95, 17 ovv av ® et re. II, pr. enim cum 
DS ow om. 114, 20 gof9jcouar DDS et corr. IT 130, 20 
Zuavroy IPDS 132, 19 poi] ue ODS 120, 13 adda xai 
Gp av OD et corr. I1. Crito 164, 14 si] etneo dn DWDS et 
rc. IT Die ganze handschriftengruppe ist stark interpolirt. Die inter- 
polationen standen im Phaedo zum grössten theil in uusern ausgaben, 
bis wir zum ersten mal in unsern Nov. Commentationes den aus- 
führlichen nachweis erbrachten, dass diese interpolationen auszu- 
stossen seien. Besonders stark ist 4 interpolirt, wie dies folgende 
beispiele zeigen: 38, 3 neos] Urrouvijori. 42, 15 dp’ ov] dre 
38, 16 £wc] Stay 42, 18 ywoic] avev 120, 18 uùdor] Ao- 
yov» 12,19 izzío] iy té w. Schon daraus ersieht man, dass 
zwischen der mutterhandschrift und 4 mehre zwischenglieder anzu- 
nehmen sind. Von einem zwischenglied. lässt sich die zeilengrösse 


050 Platon. 


auf folgende weise bestimmen: Bekker bemerkt zu 114, 19 xui — 
20 mveüua om. 4 114, 20 desvovg] véovg. Die worte, auf 
welche sich diese angaben beziehen, lauten: xoi 2xsi Evrawgos- 
pevov :Q yoQ To nveuua desvovs. Nehmen wir an, dass in einer 
vor 4 liegenden handschrift die worte xa — des] eine zeile bil- 
deten, welche ein abschreiber übersprang, so verstehen wir sofort, 
wie rfovs in den text kommen konnte. Wie so oft geschieht, 
wurde für das unverständliche rovg das nächstliegende bekannte 
(wenn auch hier ganz unpassende) wort »éovc gewällt. 

6. Im Cratylus und im Symposion finden wir mit den hand- 
schriften der ersten familie £2Y vereinigt. Wir werden unten 
ausfübrlicher über diese handschriftenfamilie handeln, vorlüufig be- 
merken wir, dass die massgebende unter ihnen Y ist. Es unter- 
liegt keinem zweifel, dass Y (mit ZF) im Cratylus und Sympo- 
sion aus der ersten handschriftenfamilie stammt. Man  ersieht dies 
schon aus den Bekker'schen collationen, durch meine collation des 
Y für den Cratylus ist die übereinstimmung noch grüsser gewor- 
den. Wir geben nur einige beispiele: 3, 7 avz@ zóregor 9L4IIY Z3, 
xooregov G 3, 11 dou» 7 où add. AAIIYZEZG 11, 21 i« 
om. XANSY,pr5 50,5 ÖnoroAoüuvsog om. pr. AAIIY 67,7 
co om. AAIT et pr. Y 80, 12 xai 10 Tv om. A et pr. ANYS 
82, 4 Reyes] pégers AAT, pr. Y 48, 5 ngmocev £v ou] 3e- 
poopévoy 9L4IISY et pr. X 25, A xadeîr ©] xaxsivo AA, 
pr. Y. Der text der ersten handschriftenfamilie hat aber in Y 
schon eine ziemliche trübung erfahren, es ist manches in den text 
gedrungen, was wir bei 9[7/7 nur am rande oder über dem texte 
finden z. b. 101, 22 £yo» add. Y, om, Nd et pr. II 14,2 
icr,» add. YES, supra versum À; auch aus der zweiten familie 
ist manches hinzugesetzt worden z. b. 120, 1 eivas om. AAIT, add 
YZ£; endlich ist Y auch durch eigene interpolationen heimgesucht 
worden z. b. 44, 4 zooxezo, dé] moocxeuus dì xai Y ZT 46,8 
meoù ugerhr] negl rv» ageınv 38, 12 draxoouodour| drosxoëour. 
Wir gehen nun über zum Symposion. Hier scheidet sich die erste 
familie, welche aus den bandschriften AASYIDKwp besteht, is | 
zwei gruppen 2L£ZYw und /7DKyp. Beide unterscheiden sich da: 
durch von einander, dass die zweite gruppe starke interpolationes 
erfahren. Die vier handschriften /7DKp zählen aber nur für eine 
handschrift, denn aus 77 stammt D, aus D aber p, aus p endlich 


Platon. 651 


K. Es haben sonach DpK in wegfal zu kommen, aber auch 7 
ist, obwohl zur ersten familie gehórig, wegen seiner interpolationen 
nicht brauchbar. Wir haben es sonach nur noch mit 9(5Yw zu 
thun. Aber auch von diesen fünf handschriften muss 4£w ausge- 
schieden werden, denn 4 stammt aus À, w aus 4, X endlich aus 
Y. Es bleiben von den neun handschriften also nur zwei AF 
übrig. Ehe wir den werth von Y untersuchen, geben wir erst 
noch einige beispiele zum beweise der zusammengehórigkeit von 
A und Y. 375, 16 amtoperds cov om. AAYw, pr. IT 380, 
10 elvas om. 94 Yw, pr. 7 416, 10 Tr om. ASY 405, 
1 Evvsivas 9L4YIIDKwp : Evvetvar reliqui u. s. w. Mit dem 
Clarkianus verglichen zeigt Y eine reihe von interpolationen, welche 
auch diese handschrift uns vóllig entbehrlich machen, man vgl. 
380, 1 diaroifin] onovdn EY 404, 2 dlyu] Eva Y 444, 15 
:ó] 10 un Y 425, 1 à2ào n] Gdo u 5 EY 457, 3 xçüypua] 
zoüyua 0 Y 448, 15 ogas A, Weiv Y. Ferner beweist Y 
seine inferiorität gegenüber von 9( dadurch, dass bei ihm an ge- 
wissen stellen die verderbniss bereits eine hóhere stufe erreicht 
hat, vgl. 438, 3 au xai xarà rgv wuyyr of zgomow ta THIN 
doso, EnvBvplai, mdoval, Aina, pdéfor, tovtwy Exacta ovdérote 
rà aviù nageoru Éxdorm. Udw geben statt of tedwos mit leichtem 
häufig vorkommenden fehler of zozos Dafür finden wir in Y 
eine höchst unglückliche conjectur, nämlich ofe& Onos. 428, 8 
Sys 10»] oysy' wy Adw; wie man sieht, ist, was ausserordentlich 
oft geschieht, ; mit z verwechselt. In Y ist die verderbniss eine 
stufe weiter gediehen, denn dort lesen wir oye wy. 441, 14 xa- 
tedinero] xazfAunev T0 pr. A, xartlıne to per ras. A, xatédere 
zoig Y 448, 16 rov tl N] vor eineiv 9L4DKwpH, om. Y. 

Auch im Meno müssen wir Y zur ersten familie stellen, da 
die handschrift keine einzige lücke mit der zweiten classe gemein- 
sam hat. Mit Y gehört ausser den von Y abhängigen hand- 
schriften 35 noch in eine gruppe br?) Die ganze gruppe ist 


8) Zwischen Y und r glauben wir einen besonders engen zusam- 
menhang entdeckt zu haben. Bekker berichtet nümlich 338, 1 xaò 
d» dv om. t. Aber auch in Y fehlten allem anschein nach ursprüng- 
lich die worte. Die vergleichung von Yt einerseits und b andrerseits 
ergibt ófters die lesart des archetypos der gruppe 2. b. 380, 3 &v9srov], 

Oeróv y 
iv r, Seroy b, also archetypus &r oder derdy. 


652 Platon. 


für die erkenntniss des platonischen textes werthlos, da sie nur 
eine verschlimmerung des textes der ersten familie darstellt. Bei- 
spiele bietet der Bekker'sche apparat in fülle dar. 

Es ist noch Gorgias übrig. Die scbeidung der handschriften 
macht hier schwierigkeiten, weil die handschriften nicht immer 
derselben quelle folgen. So z. b. stimmt im anfang des dialogs 4 
mit Z2 Y und muss mit Y auf dieselbe quelle zurückgehen. Vgl. 
21, 9 avrog yàg xoÀdg vpnyjow om. ZYV cum pr. 4. Etwa 
von 40, 13 an stammt 4 aus dem Clarkianus. Es kann sein und 
ist wahrscheinlich, dass Y mit seiner dependenz auf dem texte der 
ersten bandschriftenfamilie ruht, allein die ganze gruppe ist ausser- 
ordentlich stark interpolirt und steht mit ihren interpolationen oft 
ganz isolirt da z. b. 75, 21 xai émi tovrw youjpevov 17 (mo- 
Qui) statt xai êni hat FEY xoi un qudoutvov aA dmi. — 87, 
8 ndn 32Y 87, 8 Eur add. Z2Y 20, 17 aga] dea w yop- 
yla EZ, dea w ouxgurg Y 18, 22 zolw] d AZFV 15, 
1 &yadov] dya9óv sivas roig àrFqu roi ZY. Die wertblosigkeit 
von Y in diesem dialog kann nicbt bezweifelt werden. 

7. Von dem Vaticanus v haben wir im Bekker'schen apparet 
collationen zu Lysis, Laches, Protagoras, Euthydemus und Theages. 
Ehe wir über den werth dieser handschrift sprechen, müssen wir 
die bemerkung vorausschicken, dass zwischen r und dem Vindobo- 
nensis nr. 54 der (V) innigste zusammenbang besteht. Die gestörte 
reihenfolge, in der die dialoge vorgenommen worden, ist hiefür 
ein deutlicher beweis. Vgl. Studien p. 8 und p. 66. Es fragt 
sich nun, wie dieser enge zusammenhang aufgefasst werden soll. 
Meine collationen verbunden mit deu Bekker'schen stellen zwei 
sütze fest: 1) dass der Vindobonensis nicht aus t stammen kann; 
dies verbietet eine ganze reihe von stellen, wo wir auslassungen 
in t haben, dagegen nicht in V z. b. Lach. 292, 21 xuxà — 
293, 1 péddovta om. t 261, 21 etre — 262, 1 om. t 
Euthyd. 436, 3 où — 8 oùx om. t u. s. w. Ferner stehen jener 
auffassung solche stellen entgegen, in denen t eine verschlimmerung 
des textes gegenüber von V darbietet z. b. Lys. 120, 6 zi» avmv 
oixbuy] tv avrov olxlav V, rj» olxlav airov v 120, 20 0 wl; 
adiov] avtov 6 vidc v allein 124, 1 quiy] «bro t allein 124, 
16 aÿror] yg t allein. Durch die letzten beispiele und die colla- 
tionen wird weiter 2) festgestellt, dass r nicht unmittelbar aus V 


Platon. 653 


stammen kann. Ein significantes beispiel für diese behauptung 
ist Lach. 292, 15 zagérys, Puggadéa di, à un déos magéyer. 
Im Vat. r fehlen durch ein homoioteleuton die worte ag- 
calta dé — nagéyeu. Schlagen wir nun die worte im V auf, 
so finden wir, dass einem abschreiber hier ein homoioteleuton 
sich gar nicht ergeben kann; denn die worte Sagoadfa dé 
stehen auf fol. 402a, die worte & un déos magéyes auf f. 492b. 
Auch hat t öfters lücken, für die in V kein anlass vorliegt z. b. 
441, 6 zavos] lacuna in vr 440, 10 xovvov] x ante lacunam t. 
Wir stehen sonach vor der alternative, entweder stammt y — und 
dies ist das wahrscheinlichste — durch ein mittelglied oder mehre 
aus V, oder beide handschriften stammen aus einer quelle, wobei 
zwischen t und dieser quelle mehr mittelglieder anzusetzen sind 
als bei V. 

Wir gehen zur werthschätzung der handschrift V über, die 
ja unter allen umstünden gegenüber von r die reinere überlie- 
ferung darbietet 4) Wir sehen nun, dass in den im eingang ge- 
‚nannten dialogen V öfters in übereinstimmung 9(O sich mit be- 
findet. Vgl. Lys. 144, 6 av u wc] dv xoc AOV 139, 7 
yeas Tale] pœluora dida AOV Lach. 262, 4 deiv om. AOV 
Protag. 243, 1 rod add. AOV  Euthydem. 423, 8 xedevcoas. qv 
9 iyd w Evdudmue] xedevoni : 0802 xedevesg (xedevns ©) dr 
jv d’ iyd à Et9vógue AOV . Theag. 269, 23 xai 17] è 

éy é 
mv, xab 1; À 279, 22 dé v, dy A. Auch daraus können 
wir auf die abhüngigkeit des V von 9(O schliessen, weil nur 
gewisse lesarten von V zu erklären sind, wenn man als ihre grund- 
lage die lesarten der guten handschriftenfamilie betrachtet z. b. 
Theag. 280, 7 of] 52 AO, ot r Euthyd. 419, 13 7 ó' oc] 
7 om. 99, V lässt nun auch noch das unverstündliche ó' 0g weg. 
Protag. 199, 13 wos] 3 wos AO, Ono t 157, 21 zov wy] 
mo, wy À, moíov t Also die grundlage von Vr ist, der text 
der guten familie; freilich liegt derselbe jetzt sehr entstellt vor. 
Zahlreiche interpolationen sind in denselben eingedrungen, ferner 
correcturen nach der zweiten handschriftenfamilie. Oefters geht 
diese thätigkeit gleichsam vor unsern augen vor. Mau vrgl. Lys. 


4) Nur wo uns keine angaben für V zur verfügung stehen, neh- 
men wir t. 


656 Platon. 


1 xoi éySçoùc om. Zw Lys. 136, 6 d22€ xoxó» om. St. 
Ueber das verhältniss der drei handschriften zu einander glaube 
ich folgendes eruirt zu haben: « stammt aus Z. Dies zeigen be- 
sonders einige stellen im Clitopho. 474, 1 à»9Quimo] avw pr. 2, 


a 
vage w et corr. = 467, 18 &etorroc I, ag&arıog Cw 
467, 9 nrrovos pr. S, rro» rc. S, frrov w. Dazu kommt noch 
Phileb. 137, 10 ysyvéodwr] ylyvecSa, Zw et corr. X. Die ver- 
wandtschaft von e mit 3 erhellt schon aus der gleichen aufeinan- 
derfolge der dialoge Timaeus und Alcib. I et II in beiden hand- 
schriften. Auch e stammt aus 3. Dafür sprechen Lach. 290, 20 
Adpnayóv| œuayor e et corr. Y Euthydem. 415, 5 Adywr ry 

ov ov ov 

mootoenuixwy Cy, rüv mgorQezUuXOY oywy È, tov mgotoentixdy 
Adyov Ze Lys. 127, 14 drav fj un pecovv reg gu] Stay pi 
picoUv rig pio] Ze cum yg. BCu et mg. Z Theag. 268, 18 
to av quir anexolvato| tl dv ole asr0v droxelracdas e et 70. 
ASBCu. Verfolgen wir nun den ursprung von Z weiter, so 
unterliegt vor allen dingen keinem zweifel, dass Z in den ge 
nannten dialogen zur gruppe B gehört. Vgl. Protag. 174, 2 di- 
Aflouc om. SBCErwye 248, 8 jdq om. SBCErwye  Euthyden. 
422, 1 rov moaypatog om. SBCEwye Hipparch. 245, 23 ny- 
piofnigoas] Auyıoßnınoas ZBCEFwye et pr. I Lach. 262, 18 
quir om. SBCEwye Lys. 113, 6 einov om. BCEuye  Thesg. 
273, 22 rmoMlinv dya9óv] rroAlınv adiòv dyadòv ZCye et pr. B 
Charm. 310, 18 oùrw om. SBCEFwy et pr. E Phileb. 137, 16 
önwc om. SBCEFHw. Wir können aber noch einen schritt weiter 
gehen und behaupten, dass höchst wahrscheinlich Swe durch C aus 
B stammen. Vgl. Protag. 208, 13 é om. ZCrwye, delet B 
182, 6 av] ob» Swe et pr. C Euthyd. 433, 1 Zoyov post 
anegyalerus ponunt ÆCwyel, om. BE 395, 19 we] uev Goye 
410, 1 1 — 3 auadovs peru copoù om. TSCy 452, 15 dre 


0 
xiyor 10 SCwy et pr. I°, dvaxipe 10 B, avaxdwes rà. Fe 
Hipparch. 233, 3 r&v undevög &E(ov om. SCwye 238, 1 Ma- 
vadnvatots] mag’ cInvaloss SCye Lach. 270, 14 5 menorxaner] 
7 pa} nerosjxauer SCEwye et rc. B Lys. 135, 10 yuuv9lo B, 
yiupidlw ZOyf, puuidlw Er, yınıdeiwe 132, 5 &ufàioc] cp- 


Platon. 657 


Pivog ZOyer Theag. 279, 2 aioJévouu] atodwuar TOye et 
yo Bu Charm. 342, 15 duraueda A cum pr. B, Óvvauos 
ZCwy Phileb. 183, 25 émdvuiury] riv imSvutav AZCHw et 
rc. B. | 

Mit C müssen also die handschriften Swe in den oben ge- 
nannten dialogeu eliminirt werden. | | 


2. Im Symposion nehmen wir die grösste übereinstimmung 
des Ambrosianus r mit dem Vaticanus r wahr. Wie diese über- 
einstimmung zu erklären, zeigt Charmides. Hier liegt bei Bekker 
eine collation von r vor, während mir eine collation von V (Vin- 
dobonensis 54) zur verfügung steht. Vergleicht man beide colla- 
tionen mit einander, so macht man folgende entdeckung: Es geht 
anfangs r auf's genauste mit V zusammen, nur dass r öfter in der 
verderbniss etwas weiter fortgeschritten ist. Folgende beispiele kón- 
nen dies bestätigen: 303, 1 soozeoalu] vorepulu Vi 303, 3 xoi 
‘post dn om. 304, 10 Ëyoc] Eyowv 311, 11 zov Ooxei] doxeî 
now 311, 19 7 om. 312, 9 zooyovuv xaratoyvvtw] où 000 
d» oùderi vneoPefinztvar 313, 2 ov idw] &Aoyoy 316, 1 
finden wir merkwürdiger weise r in abweichung von V. und in 
gesellschaft von BC Enrioecu] ovintjosos C et corr. Br Weiter- 
hin lesen wir : 316, 19 novylov cuggoréorsgoc] nouylou xai ow- 
poovéoregog r et rc. C. Es ist gewiss auffällig, dass mitten im 
dialog die gemeinschaft von r mit V aufhört. Allein alles auf- 
fallige verschwindet, wenn wir fol. 331 in V aufschlagen. Dieses 
blatt bat einen abgeschnittenen rand, wodurch sehr viele worte in 
verstümmelter gestalt erscheinen. Auf diesem fol. befanden sich 
die zwei oben angeführten stellen. Danach ist das verhältniss von 
r zu V klar. Als der schreiber zu dem verstümmelten blatt kam, 
nahm er seine zuflucht zu einer andern quelle, der er auch treu 
blieb, als der text des verstümmelten blattes geschrieben war. 
Diese quelle ist aber C gewesen vgl. 325, 19 muvta om. Cry — 
325, 18 drédecav om. Cry"). Da nun r, wie wir p. 653 gesehen 
haben, höchst wahrscheinlich ebenfalls aus V oder, was weniger 
wahrscheinlich ist, mit V aus einer quelle stammt, so erklürt sich 
leicht die überstimmung zwischen r und t. Auch im letzten fall 


7) Unsere behauptung im Hermes X, p. 112 ist also etwas zu 
modificiren. 
Philologus. XXXV. bd. 4. A2 


658 Platon. 


verdient codex r keine beachtung, da in ihm die überlieferung 
viel mehr getrübt ist als in V. | 

3. In Venedig befinden sich zwei handschriften, welche mit 
dem Vindobonensis Y eine gruppe bilden, eine davon Z ist bereits 
von Bekker verglichen worden, die andre nr. 590 (wir wollen sie 
mit M bezeichnen) wurde von uns für einige dialoge und eine 
reihe von stellen verglichen. Schon die aufeinanderfolge der dia- 
loge in den drei handschriften zeigt ihre enge verwandtschaft, es 
folgen nämlich auf die zwei ersten tetralogien Parmenides, Gor- 
gias, Meno, Hippias maior, Symposion, Timaeus, Alcib. I et ll, 
Axiochus, de iusto, de virtute, Demodocus, Sisyphus, Alcyon. In 
= wurde dann noch eine reihe anderer dialoge hinzugefügt. Fer 
ner legen die drei handschriften ihre zusammengehörigkeit durch 
eine anzahl gemeinsamer auslassungen und lücken dar. Vgl. Alcib. 
Il, 307, 4 eddorog — 6 où om. 312, 3 deswov — 4 nodepety om. 
369, 8 za zwv éavrovV om. u. s. w. Soph. 187, 5 heisst es 
xoswv 1j 7 ty, Y hat statt der worte 77 7 r7 eine lücke, ebeuso 
M, in Z ist die lücke von einer jüngeren hand durch 77 Trv aus 
gefüllt, Symp. 467, 4 yéwnrae] lacuna in YM, sie war auch in 
X ursprünglich vorhanden, wurde aber von einer jüngeren hand 
beseitigt. Soph. 209, 23 un»] lacuna in Y MS. 

Das verhältniss der drei handschriften zu einander stellen 
nachfolgende untersuchungen fest: 


1) der Marcianus 590 (M) und Z stammen aus Y, wie dies aus 
folgenden beispielen auf unzweifelhafte weise hervorgeht: Cratyl. 


ö 
28, 2 ini 4Jeic (per ras.) Y, êmdeis MZ 49, 18 avid vod = alge 
(o add. rc.) Y, avıi tov 0 Bilge MX 50, 5 opomododrzoc om. 
pr. Y, add. MZ, rc. Y 50, 16 &goror] &gsrov Y, agrov MZ 
56, 11 éofxos Y, êolxes MZ et rc. Y 60,8 graces Y, dro 
MS, rc. Y 67, 6 ensi] xai post êxei add. vc. Y, émed xoi MI 
67, 7 co, add. MS, rc. Y 80, 12 xai zo öv om. YY, add. 
M3, rc. Y 81, 2 dì om. UY, add. MZ, rc. Y 84, 8 di] 
piv MX et ex correctione Y 85, 11 porn Y, pwrig M, re 


ov 
Y 93, 18 yoyyvaov] orgoyyviov MX, re. Y 111, 5 n] m}, 
xov MZ 112, 15 ovdè Y, oùdèr MZ, rc. Y Theaet. 175, 3 
gj Y, i» MZ, ro Y 186, 15 où Evupergoi] o Evuperoos È, 


Platon. 659 


avunergos ME, rc. Y 193, 15 Avoayov] sexx udyov Y, in 
M und & finden wir statt der rasur eine lücke und erst von junger 
hand Avos ergänzt. 194, 4 ovdiv in Y erasum om. MY 200, 13 
yes Y, sed superior pars literae v abrasa, £y MZ 203, 5 
n Y, w MZ, re Y 262, 18 7óira per? av] 70v av Evi’ 
av Y, sed v ante 1 eras. for” av iP dv MX 286, 8 ravi] 
tavia MZ, corr. re. Y_ 310, 21 dp£piorog Y, dueolorws rc. Y, 
0 

apéoloros M, dueglorws X Soph. 204, 14 àmjsjvotc3q»] 
Exiusyvolodny MZ, pw ex corr. Y (falso Bekkerus). Ich glaube, 
die vorgeführten beispiele genügen vollkommen, um die abhängig- 
keit der handschriften MZ von Y darzuthun. Es fragt sich nun 
nur noch, in welchem verhältniss MZ zu einander stehen, ob sie 
einander coordinirt sind oder ob die eine aus der andern stammt. 
Vergleicht man Alcib. I, 322, 18 éxloruous| éntoras YM, èm- 
610402, so scheint es, dass Z aus M stammt. Und so ist es auch. 
Eine ziemlich grosse anzahl von weglassungen in 2 erklürt sich 
nur dadurch, wenn wir die ableitung von 2 aus M annehmen. 
Es sind solche weglassungen, bei denen die weggelassenen worte 
in M, nicht aber, soweit wir nachgesehen haben, in Y eine zeile 
bilden. Diese weglassungen beziehen sich auf folgende stellen: 
1) Alcib. I, 295, 21 daze — où 6 Seog 2) Gorg. 23, 9 Gr- 
roguxüy üvdon — Ev èxxAnota n 3) Gorg. 142, 4 Eorıv txavdc 
— xatagooreis 4) Gorg. 168, 14 xai rods nolloùç — ix 
zvouvvav 5) Symp. 378, 20 undè Eva — memovnxévur 6) 
Soph. 202, 20 xowwrlag — putJsterov 7) Theaetet. 184, 14 
2oyaofag — 2morjun rovro 8) Meno 347, 6 àuov — 7 cov 

9) 337, 18 xai — 20 co, 10) Soph. 222, 22 do&« — 223,1 
tour 11) Politic. 260, 1 det — 4 jvocnuxgg 12) 275, 11 
zolvov — 12 dn. Nur eine schwierigkeit ist noch zu berühren. 
Im Hippias maior nämlich fehlen in Y die worte 433, 8 «i — 438, 8 
owxourec. Dieselbe lücke hat auch M, dagegen in Z finden wir 
diese lücke nicbt, denn dort stehen die worte auf fol. 182. Wir 
müssen sonach annehmen, dass der schreiber von Z die liicke 
merkte und dieselbe aus einer andern handschrift ausfüllte oder 
was probabler ist, dass noch ein mittelglied zwischen 7M und Z 
liegt. Da Symp. 467, 18 alloy Y weglisst, M dagegen dieses 
wort bat, wird man auch ein mittelglied hóchst wahrscheinlich 


42 * 


660 Platon. 


zwischen Y und M statuiren müssen. Aus € ist wiederum her- 
vorgegangen Venetus 186 und aus dieser handschrift Venetus 184 
(E). Diese abbingigkeit der zwei handschriften von Z hat Mo- 
relli in seiner Bibliotheca manuscripta Graeca et latina. T. I. Bas- 
sani 1802 nachgewiesen. Da dieses buch in Deutschland gar nicht 
bekannt wurde, war die entdeckung ganz verscbollen. Es ist 
ein verdienst von A. Jordan, wieder darauf aufmerksam gemacht 
zu haben 9) 

Aus der vorausgehenden deduction geht also hervor, dass wir 
SSM entfernen und Y als allein massgebend betrachten müssen °). 

Y stammt im Alcib. I et Il aus C vgl. Alcib. I, 316, 4 a$- 
zovg YC et corr. B 322, 18 éntoraca] éntoras YC, Entorao 
AZ 326, 13 my — woak&s om. SYC 362, 1 uvrwy om. 
SYC et pr. Z Alcib. II, 276, 5 rovg om. SZYC 289, 23 
pi mooregor om. ZYCu 291, 1 xaxdg] xaAog YC 292, 16 
guvas piv om. YCv et pr. FS. 

Auch über den ursprung des Y in den dialogen Theaetet, 
Sophista, Politicus scheint kein zweifel obwalten zu können. Da 
hier Y alle lücken mit der zweiten klasse gemein hat, aber keine !?) 
mit der ersten, so ist daran festzuhalten, dass das fundament des 
textes in diesen dialogen auf der zweiten familie beruht. Es 
darf aber auch nicht verschwiegen werden, dass in Y oft die 
lücken der zweiten familie aus der ersten ergünzt wurden umd 
auch darnach correcturen stattgefunden haben z. b. Theaet. 250, 2 
Aey£éro. — deuwgsiras om. TABCEFH : add. XATTZYS 199, 15 
xara) xoi 9L4I2Y Soph. 199, 19 dy add. AAIIZZY : m. 
TABCEFH — Politic, 249, 7 o add. 9L4IIEZY : om. T'ABCEFH. 
Aber man kann sogar noch einen schritt weiter gehen und die be- 
bauptung aufstellen, dass Y in den genannten dialogen mit EF 


3) Ohne kenntniss der von Bekker nicht verglichenen zwischen- 
glieder war es nicht möglich, die abhängigkeit der handschriften von 
einander zu eruiren. 

9) Wenn unsere deductionen richtig sind (und ich wüsste in 
der that nicht, was sich stichhaltiges dagegen sagen liesse), so würe 
dies wieder ein beleg, wie wenig man sich auf die altersbestimmung 
der handschriften in den catalogen verlassen kann. 

10) Politic. 864, 10 lassen zwar ZY mit Nd et pr. TI die worte 
x«i anpiass weg; allein da xai wuaïc vorausging und die auslassung 
sonach ausserordentlich leicht vor sich geben konnte, ist diesem bei 
spiel keine bedeutung zuzumessen. 


Platon. 661 


aus einer quelle stammt. Am deutlichsten tritt das angezeigte 
verhältniss im Politicus zu tage. 283, 19 dn om. SYEF 
et pr. = 299, 19 nav 17) navın ZYCEF 318, 2 
recppara] spayuara EZYF 338, 5 dev] dei ZYEF 
eros 
344, 16 oi» E, ov» SYF 346, 18 efvas] oiv SYEF 
353, 21 dAAgAag] dAlniovs SYEF Soph. 143, 13 xa- 
o 
xamghxov| xoi nqAxóv E, xui nwiıxov F, xal xanzgxóv SY 


a 
166, 5 xuraßdvus] xarafavtes E, xarafaviee ZYF 174, 19 


9 
T9] tod E, tote Y 145, 10 yomuaropdogwxor] yonmaropo- 
où 
gexov SY et pr. EF 258, 5 ov] at EF om. SY), 
Theaet. 299, 1 «42° om. SYEF et pr. = 298, 18 di om. 


ZYE 289, 4 xai om. YEF 184, 10 dndov] roù dniov YEF 
314, 13 &yosuer] Eyousy SYEF et pr. Æ 278, 3 ad] oùv AEF, 
om. Adll. 

Schwieriger ist das verhältniss von Y im Parmenides zu beur- 
theilen; es ergeben sich zwar auch hier vielfache berührungspunkte 
zwischen Y und EF z. b. 5, 17 dei] dy SE et pr. Y, om. F 
21, 1 wos om. ZYEF 25, 1 aga om. YE 36, 19 «440] 
&Àiov YS 39, 1 aga] om. YEI et pr. EF 82, 12 dì om. 
YE et pr. SF 82, 13 rov om. YE et pr. E 78, 10 svo) 
duras] eivaı duvaito cives Y et pr. ZF 12, 7 nıoı om. YEF 
eb pr. Æ 13,21 xoià Gla] xuta 10 oda YEF et pr. 2. Allein 
merkwürdig ist, dass Y mit A 59, 14 das wort yíyrvera, weg- 
lásst. Einer gleichen schwierigkeit begegnen wir im Phaedo, wo 
Y fast immer in gemeinschaft mit A sich befindet und trotzdem 
54, 6 Jnolwr 11, 5 wc ruyoru mit der zweiten familie weg- 
lässt. Dagegen in der Apologie und im Crito, Euthypbro ist Y ent- 
schieden der zweiten familie zuzutheilen: Apol 116, 1 «ro» om. 
YBCEHgs 127, 10 ada’ — 11 yagweioda om. E, in mg. po- 
sunt rc. YBu  Crito 151, 18 xoi do&n om. YBCEHw  Eu- 


11) Es kommt ófters in handschriften vor, dass, wenn in der 
vorlage eine lesart über eine andere gesetzt ist, der schreiber, un- 
schlüssig, welche lesart er nehmen soll, zuerst eine lücke lässt, die 
dann spiter nicht selten auch verschwindet. 


662 Platon. 


thypho 372, 7 tnd wy deo YEu 380, 16 youal or nt- 
ceitas YBCEHu. Man sieht, in einigen dialogen ist der charakter 
von Y schwer zu fassen. Die theilweise übereinstimmung mit der 
ersten (ülteren) familie hat etwas bestechendes und auch mich ver- 
leitet, der mit Y zusammenhängenden handschrift Æ eine bedeu- 
tung einzuräumen, welche ich ihr nach umfassenderen- und genaueren 
studien abstreiten muss. Die handschrift Y ist schon darum, weil 
sie in verschiedenen dialogen verschiedenen quellen folgt, nicht als 
repräsentant zu verwenden. 

4. Für den Coislinianus I°, der sich durch seine abneigung 
gegen den hiatus auszeichnet, ist characteristisch , dass er (ähnlich 
wie Y in einigen dialogen) nicht rein den text der zweiten 
handschriftenfamilie gibt, sondern öfters mit der ersten familie zu- 
sammengeht. Ein belehrendes beispiel gibt der Theaetet. Obwohl 
nämlich hier in I’ entschieden das fundament des textes auf der 
zweiten familie ruht, wie dies z. b. hervorgeht aus: 257, 16 quoi 
add. NO : om. I'ASXYBCEFH 256, 12 padovre d add. 
NAS : om. TAZEYEH et pr. F, pr. B, gibt P7 doch 278, 11 
allein von den handschriften seiner verwandtschaft in übereinstim- 
mung mit AYI/7 statt jue im texte die worte: Q7uo ixi wr 
iv puéoe, eredi 10 nua Ereoov 19 Erto xara dijua ravrôv ton. 
Diese übereinstimmung findet man öfters: Euthyphro 351, 3 oof 
ye ATTIUDST : om. EXBCEFHw  Phileb. 171, 14 nuvyın add. 
ATAII Apol. 110, 6 vouée] voufla slve, ATOD. Wir 
müssen sonach annehmen, dass I° auf eine handschrift zurückgeht, 
die nach einem exemplar der ersten familie corrigirt wurde. 
Selbst nachdem I geschrieben war, wurde noch eine andere hand- 
schrift, nämlich G, zur vergleichung beigezogen und darnach cor- 
rigirt, Vgl. Charm. 304, 20. re delet T, om. G 337, 11 im- 
zagwv add. G et marg. I ‘u. s. f Der Phaedo liefert uns 
den unumstüsslichen beweis dafür. In diesem dialog finden wir 
von pag. 96 Bekker. an zwischen IF und G eine sehr genaue 
übereinstimmung. Es stammt nämlich von hier an I’ eus 6, 
wie folgende drei stellen erweisen: 100, 12 überliefert G statt olo 
te wuev das ungeheuerliche wort Cxofrewue; der schreiber von 
I' liess daher dasselbe weg; erst später wurden die fehlenden 
worte nachgetragen. 110, 2 fehlen in G die worte ov — övo- 
puter, es steht aber dafür eine lücke. I° geht einen schritt 


Platon. 603 


weiter in der verderbniss und beseitigt auch die lücke. 113, 19 
berichtet Bekker: reuévg I’, in G lacuna. Da die handschriften 
der guten familie «407 haben, so musste auch G dies in seiner 
vorlage gefunden haben. Dem schreiber war das wort unbekannt, 
er liess dafür eine liicke, Der schreiber von I’ ergänzte will- 
kürlich diese lücke durch ein wort, das der zusammenhang (es 
heisst Der Gon te x«i isga) leicht an die haud gab. Diese bei- 
spiele zwingen uus also zur annahme, dass I’ den Phaedo gegen 
das ende zu aus G abschrieb und den anfang sowie andere dia- 
loge nach G corrigirte. Wir haben also hier den fall vor uns, 
der uns nicht selten bei platonischen handschriften begegnet, dass 
eine baudschrift ihren text aus verschiedenen quellen entnimmt. 
Schon aus dem gesagten ergibt sich der geriuge werth unserer hand- 
schrift. Die ungünstige meinung über sie steigert sich noch, wenn 
wir die willkürlichen entstellungen des textes etwas näher betrachten. 
Kuthyphro 370, 19 sind irgendwo durch ein homoioteleuton die 
worte özs — 22 dia zoùro in wegfall gekommen; die dadurch 
entstandene lücke ist in J‘ dadurch verkleistert, dass nach gory die 
worte 7 dv’ dAdo ts hinzugefügt werden. Gorg. 18, 21 werden 
nach ovrw die worte Sx xoi &AAwcv tegv@v 7 nude interpolirt. 
Cratyl. 17, 15 zig ovr 6 rd tov] ag’ ovy ovrog 6 IT Protag. 
257, 17 dno] rw — Euthyd. 461, 8 adda] zo d’ ayadov 
Parm. 17, 17 wv] uiv wy Alcib. II, 284, 2 dé] yag Gorg. 
30, 7 1d] xai ra 150, 8 navy je] vai Theaet. 248, 10 
doxovow| doxovew oviwe  Euthyd. 424, 16 «uedgoag] &peAngcag 
zov Soph. 159, 1 zoóg] în Symp. 396, 12 zóv] xai zöv 
423, 18 nàovio»] ndovrov uiv 218, 12 reds] ini Alcib. 1 
338, 8 desvovg] copovg. Die handschrift hat ferner den nachtheil 
erlitten, dass die schriftzüge öfters verblichen sind, und nun die 
willkürlichsten ergánzungen von einer jüugeren hand vorgenommen 
wurden. Einige beispiele aus dem Hippias maior mógeu das gesagte 
beleuchten: 421, 16 ue èxuederions] mado qui supplevit DP 
438, 10 goo» d] o$0 supplevit I 435, 14 ond] üoregor 
supplevit T. 

O. Jahn hat einen unglücklichen griff gethan, indem er diese 
handschrift zum vertreter der zweiten familie im Symposion aus- 
erkor !?). 


12) Man vgl. noch folgende auswahl von interpolationen dieser 


664 Platon. 


5. Wir gehen nun über zur besprechung der so enge mit 
einander verbundenen handschriften BuEFAI, indem wir vorläufig 
von den wenigen handschriften, die sich in einzelnen dialogen zu 
ihnen hinzugesellen, absehen. Wir behandeln zuerst die hand- 
schriften EF. 

Die beiden Parisini E und F bilden nämlich eine eigene 
gruppe; vgl. 342, 21 àx zu» om. EF Amator. 285, 7 elvas om. 
Politic. 256, 1 zoo om. F, in mg. ponit E u. s. f. Auch 
weist die gleiche anordnung der dialoge auf verwandtschaft bin. 
Von beiden handschriften ist F die schlechtere; in ihr ist das ver- 
derbniss des textes viel weiter gediehen als in E, wie dies fol. 


a 
gende beispiele zeigen: Soph. 143, 13 xannAıxor] xoi mndixdy E, 
xai mwiixov F Gorg. 85, 17 dans] Ixus x«i E, dtxass ov F 
Parm. 64, 1 oùx — 2 yutrafaAAo, in mg. rc. F suffectis in con- 
textu his : oùy olov te Foray Tavıu nuoyeë ovre. quae linea sub- 
ducta notantur 330, 5 7 osx] pus oùderos pèv F, qui mox om. 
tog gorw Meno 340, 10 ucdora — 11 av om. F, qui in 
mg. : doxei : tl ovv gig émdvuer udiò yevéodus (willkürliche 
ergänzung) !?) Theaet. 203, 3 voregov] vò» F 212, 12 
ze xai] re Gua xai F Hipp. min. 222, 17 poy9ngortoar] yelow 
F Es kommen noch hinzu zahlreiche weglassungen: Theaet. 
198, 20 xrüraí te pudnuara xoi om. Hipparch. 231, 6 & 
yo éyvoobvreg om. — 'Theaet. 196, 18 sois om. 19 xai om. ^. 
Es unterliegt nach diesen beispielen keinem  zweifel, dass E 
nicht aus F stammen kann. Würde man nun auf grund folgender 


u 00 
angaben Bekker's 85, 21 17 07 E, tf 006 F Theaet. 232, 1 


oc w 
doyw duepevrwuéro E, Ady duegevrwuevos F Politic. 268, 20 


handschrift in diesem dialog: 897, 14 evugvíc] &ouovia 433 16, 
xegdhasov] uicov 353, 15 roërov] aùroù 424, 8 xai &Ados] 6 alles 
404, 12 xai 10] ano 390, 20 avrò] xai avrò. 

18) Es ist lehrreich zu verfolgen, wie willkürlich in den hand- 
schriften offendaliegende lücken ergünzt werden; z. b. Phileb. 239, 15 
nmws yao Gv] otdstégov mg. E, om. AZCFHw et pr. RE; ferner Protag. 
178, 16 222, 7 224, 14 226,7 231, 6. 

14) Für die kenntniss der handschrift ist auch noch folgende 
angabe Bekker's zu beachten: Ion 183, 20 xe; — 189, 20 dia-] horum 
loco vacuum est in F folium. 


Platon. 665 


Oras oF 1006 
anegyioda, F, dnefgyactu E 288, 5 èrayarovius E, 


meocenayayovrag F Hipp. mai. 421, 4 |. nov tt F, our 


Ti sic 
x00v mov E 421, 3 e€eheyyIng E, Beley gs F annehmen, 


F sei nus E abgeschrieben, so würde man nicht.das richtige tref- 
fen, wie aus folgender stelle ersichtlich ist: Alcib. 1 348, 9 ov 

10 nAsovıwv om. F, où — 11 Srosôryzwr om. E. Die handschrift 
E lässt mehr weg als F. Demnach müssen wir die behauptung 
aufstellen, EF stammen aus einer quelle. Welches diese quelle 
gewesen sei, dafür finden wir in dem Bekker'schen apparat keinen 
genügenden anhaltspunkt. Es weisen zwar einige stellen auf € 
hin, allein es ist sehr wahrscheinlich, dass hier mangelhafte an- 
gaben Bekker’s vorliegen oder andere ursachen eingewirkt haben 1°); 
denn den wenigen stellen steht eine sehr grosse menge anderer 
entgegen, welche gegen diese auffassung sprechen. Auch die we- 
nigeu beispiele, aus denen man auf eine ableitung ‘aus B schliessen 
möchte, können den kampf nicht mit den entgegenstehenden auf- 
nehmen, Uebrigens ist die entscheidung der frage für die kritik 
Platon's irrelevant. Denn jedem nur einigermassen einsichtigen 
beobachter wird beim studium des Bekker’schen apparates klar, 
dass diese zwei handschriften von der ganzen sippe am weite- 
sten in der verderbniss des textes fortgeschritten und für die 
kritik gänzlich unbrauchbar sind. Aus den vielen beispielen, die 
dies bestätigen, nur einige: Phaedr. 41, 20 woyıc] mogevortas 
poyes EF 44, 18 mounxóg Ÿ 19v meoi ufunotv tig ados ao- 
pods) momtixov omissis ceteris 70, 15 galveodas] doxeiv qat- 


15) Es sind folgende: Politic. 277, 18 as] rois CF et pr. E 
Parm. 54, 17 &o« om. CEH et p. F Cratyl 112, 14 ovd’) oùdè» 
ZCEFH Gorg. 50, 1 zugevveiv om. C et pr. EF 52, 10 zu nodi 
om. CE et pr. F 95, 13 dv om. CF et pr. E 73, 5 nav om. 
CEFI 85, 8 év ywvia om. CEFI 130, 1 Ewe] ews ay CEF 
Meno 344, 5 iáya9à] ayada CEF Politic. 245, 1 7 om. EF et 
pr. CE 325, 4 Scoamevovres] Segdnovtes ZYCEF 351, 1 äga] fn 
ZYCEF Theaet. 197, 8 Baps, xobqor] Bag? xci xodgoy CE et re. 


rHB Soph. 170, 28 yàg] de CEH et rc. B, om. AZYF et pr. 
| ö ey 
TB Theaet. 274, 16 &v] 8» B, ov A, öv ZYEH Soph. 125, 3 


e e 
éraspov B, Eroov E  Phileb. 183, 25 zei imSvuiav] xai my Enıdvniar 
AZCHw et rc. B Lach. 270, 14 7 nenowmxauer] f un ntnowjxauty 
ZCEwye et rc. B 


666 Platon. 


veodaı 66, 21 où dé] ovd’ via. E et pr. F 88, 12 de] 
zen Charm. 342, 5 aAndıvoig dnmovgyoïs] dAnFevoîg xai. di- 
paovgyoig Lach. 251, 9 dé] yàg E Gorg. 40, 2 xai] 7 EF. 
Ferner lassen EF oft worte des textes weg: Phaedr. 61, 14 
&vayyos om. E et pr. F — Politic. 256, 1 royoss F, in mg. ponit 
E Sympos. 404, 2 voy — 3 ÉEcorra, om. F | et pr. E. In dem 
letzten beispiele finden wir mit EF noch f vereinigt. Ich habe in 
meinen studien p. 66 den nachweis geliefert, dass ( aus E ab- 
geschrieben ist. 


6. Von den handschriften Bu4I hängen ferner enge zu- 
sammen AI; zu ihnen gesellt sich noch der Laurentianus 85, 6. 
Die drei handschriften haben eine grüssere lücke im Cratylus und 
im Parmenides, wie ich Hermes X, p. 174 gezeigt habe. Sie 
stammen also aus einer quelle !9), 


Was nun den werth dieser gruppe anlangt, so ist nicht zwei- 
felbaft, dass sie gegenüber von B die schlechtere überlieferung dar- 
stellt. Die betreffenden handschriften !*) sind viel fehlerhafter (sie 
scheinen auf einen unleserlichen archetypus zurückzugehen) !5) und 
haben mehr interpolationen erfahren 19). Um dies zu erweisen, 
gebe ich folgende beispiele: Cratyl. 13, 5 ri rQvzavov AB : 
negi tov teunavov AIX Laur. 25, 16 ylyınıwı AB : yévntas 
43, 15 mocedò AB : nocudova 46, 18 &z04ÀAc AB : ünol- 
Awva 48, 1 xadhiora UB: xeduorov 50, 16 agoroy AB: 
Fowra 68, 20 sivas AB : xai 73, 19 carey AB: are ovr 
77, 6 fov; À : n ovnois B, ovqoic Theaet. 231, 6 fefon- 
Inxas AB : éffoj39oac 272, 17 As(nezas UAB: Atısınıas 
284, 21 amodovs AB : anoddodc cum rc. B 287, 13 rol» 
AB: ov u. s. f. 


.16) Im Gorgias ist dagegen zwischen I und 4 Laur. keine durch- 
gängige übereinstimmung mehr vorhanden. 

17) Genau verglichen von uns wurde 4 und Laur. für die dialoge 
Cratylus und Theaetet. Wir geben aber im Cratylus nur beispiele, 
bei denen nach dem Bekker'schen apparat sich auch / in gesellschaft 
von 4 und Laur. befindet. 

18) Vgl. 83, 3 óog99«] seas 20, 18 adroîs] nroës. Bes. auffállig 
tritt dies hervor bei 4 im Phaedrus. 

19) Nicht verschwiegen werden darf, dass an einer und der ar 
deren stelle B eine interpolation erfahren hat, von der diese gruppe 
frei ist, z. b. 19, 11 émsld9ov ye dw ddiyov U : EncldIov bliyor A 
Laur. émeAd9ov óÀiyov yàp B cum re. A. 


% 


Platon. 667 


7. Es ist noch übrig, das verhältniss von u zu B näher zu 
bestimmen. Die beiden handschriften zeigen eine auffallende ähn- 
lichkeit. Wie B, so hat auch u ganz dieselben dialoge, ferner 
die ygvox my, den Timaeus Locrus und zwar genau in dersel- 
ben reihenfolge; wie in B, so folgen auch in u auf den Menexenus 
die worte z&Aog rov mewrov BıßAlov. Wir finden in beiden hand- 
schrifien fast ganz dieselben randbemerkungen. Schon die verglei- 
chung einiger dialoge hat gezeigt, dass B die ältere und bessere 
überlieferung darstellt. So hat 1) B das iota adscriptum, selbst 
bei worten, in denen es später gewöhnlich nicht mehr geschrieben 
wurde, während bei u dasselbe fast durchgängig fehlt. 2) Wir 
finden in % interpolationen, welche in B fehlen z. b. Hipp. min. 
221, 2 aloyoor] uloygor xaî 226, 2 adsxovrtes Berrlovg] ddi- 
xouyres ws DtÀr(ovg lon 172, 1 duu dì dvayxaîor] äua dè 
xai dvayxuiov. 3) Auch weglassungen hat u, welche B nicht 
theilt vgl. Apol. 121, 4 xai Bowrtwr om. gu 121, 19 éx we 
Joiov om. u Hipp. maior 452, 16 e om. u. Endlich 4) stehen 
bei u an einer ganzen reihe von stellen worte im texte, welche 
bei B sich am rande oder über der ziele befinden und bei genauerer 
prüfung, die wir später vornehmen werden, sich als interpolationen 

T6 
darstellen, z. b. Hippius maior 421, 4 ousxgüv zov B, ouexgov te 
aw sv 
zov u 452, 19 av B, «v dv u 446, 12 iéysotas B, 
ev MéyecFas u Apol. 90, 11 fva onov duwyr, in B stand höchst 
070v 
wahrscheinlich va, denn es ist über Tra etwas wegradirt, aber 
spiritus asper und accent ist noch sichtbar. Man sollte demnach 
vermuthen, dass s aus B stamme. Und wirklich sprechen noch 
mehre indicien dafür. Ion 184, 16 èx — 17 av werden von v 
weggelassen, es liegt kein homoioteleuton vor; in B bilden diese 
worte eine zeile. Euthyphro 358, 10 areyvwg punctis supra po- 
sitis notavit B, in « ist dafür ein leerer raum. Hipp. mai. 419, 1 
lesen wir in u dxo@vras statt dxgowvım; in B steht zwar 
axgowviat, das g ist aber so klein geschrieben, dass es ausseror- 
dentlich leicht übersehen werden konnte. Jo 181, 6 fehlt in « 
der artikel vor Seog; wir finden ihn zwar in B, aber wiederum 
so klein geschrieben, dass er dem auge des schreibers leicht ent- 


ad Bie. 


668 Platon. 


gehen konnte, Hipp. min. 199, 11 000» pr. B, óc« u, ex emen. 
B. Wenn aber Bekker's adnotatio richtig Amator. 287,3 — 
4 di om. u, so ist jedoch an eine directe ableitung des cod. u 
aus B nicht zu denken; die auslassung in « ist nämlich nur durch 
überspringen einer zeile zu erklären, da kein homoioteleuton da ist; 
in B begiunt zwar die zeile mit xoi, aber d7 steht am anfang der 
nächsten zeile. Wir sind sonach gezwungen, ein mittelglied zwi- 
schen B und u anzunehmen, in dem die in u autgelassenen worte 
eine zeile bildeten. Wie dem auch sein müge, über die inferioritàt 
der handschrift u gegenüber von B kann kein zweifel obwalten. 
Wer B hat, der braucht u nicht mehr; denn wu kann ihm nichts 
neues, was wahr und keine conjectur ist, darbieten. 

Zum schluss ist noch zu bemerken, dass in der apologie aus 
u wahrscheinlich g stammt. 

8. Ueber die handschriften, die sich sonst noch in der 
zweiten familie vorfinden, genügen, da ihr geringer werth offea 
vorliegt, wenige worte. v, eine handschrift des 16ten jahrh. gehört 
im Alcib. II, nach den lücken 289, 23 und 293, 16 zu schliessen, 
mit zu den handschriften, welche aus C geflossen sind. Diese 
handschrift ist übrigens eine der interpolirtesten von allen platoni- 
schen und von einem ganz stupiden abschreiber geschrieben, der 
von dem, was er abschrieb, nicht das geringste verständniss hatte. 
Ein belehreudes beispiel ist Hipp. maior 431, 11, aus welcher 
stelle auch die zeilengrósse einer handschrift, die vor v liegt, 
abgeleitet werden kann. Die handschriften Up im Alcib. I, welche 
aus einer quelle stammen und von denen U mit 328, 7 qulvew 
abbricht, strotzen von entstellungen und willkürlichkeiten; es ge 
nügt 326, 22 zócw av «vtov] toom ov» U, To Opa ov p 1 
betrachten. Bemerkt sei noch, dass die beiden handschriften de» 
text des Alcib. I nur als beiwerk zum commentar des Produs 
geben. Im Phaedo fällt L mit H schon wegen der stelle 48, 19 
ógaró» 7 dogurov elvus À : opurdv elvas ACI, Souròv oiv YHL, 
was eine fortgeschrittenere verderbniss gegenüber den andern gli 
dern der gruppe bekundet. Aus dem Bekker’schen apparat kam 
man sich leicht überzeugen, dass die beiden handschriften Im im Cra- 
tyl., welche aus einer quelle stammen, wegen der grossen will- 
kürlichkeiten unbrauchbar sind. Das gleiche gilt von n im sya 
posion. Die handschrift f verräth ein schwanken zwischen beides 


Platon. 669 


familien und, gibt sonach kein reines bild einer familie. Endlich 
auf die handschriften DIVW im Gorgias müssen wir verzichten 
einmal wegen ihres schwankenden charakters und dann wegen 
ihres zusammengehens mit ZXXY, über welche handschriften wir 
für Gorgias bereits ein verdammungsurtheil gefällt haben. 


9. Durch unsere bisherige untersuchung sind wir zu dem 
resultat gekommen, dass unter den Bekker'schen codices der zweiten 
familie der Parisinus B der beste ist. Allein dieses principat 
müssen wir dieser handschrift entziehen, sobald wir ihn mit dem 
Venetus t (appendix class. 4, cod, 1), den Bekker nur bis zu 
p. 410, 19 im Symposion verglichen, zusammenstellen. Wie wir 
schon früher 2°) bemerkt haben, hat diese alte handschrift die ei- 
genthümlichkeit, dass sie in formen und orthographischen dingen 
vieles mit dem Clarkianus gemein hat. Wenn wir nun diese hand- 
schrift mit dem Parisinus vergleichen, so finden wir, dass bei der 
létztern schon viele interpolationen in den text gedrungen sind, 
welche der Venetus am rande oder über der zeile hat. Der codex 
Parisinus repräsentirt also eine verderbniss des textes in der 
zweiten potenz Wir wollen unsere behauptung durch eine aus- 
wahl von beispielen aus Theaetet, Cratylus und Euthydem beweisen: 

Theaetet 209, 15 varo Ut : &vumviw B, re. t 222, 6 
vewy Ut : og B, ex corr. t 228, 20 xo:à piv cwpara At : 
xora ui» ta cwuata B, ta add. rc. t 235, 19 mods ue Ut: 


1006 Zu: B, re. t 245, 20 7’ av Ut: Y «v noàv B, nol? 
supra versum additum in t 245, 20 yevotov Baosrelus Ut : 
xovolov 7 Paoıdslus B, rc. t 246, 14 Znsoraukvov Ut : ém- 
otapevog B, rc. t 250, 9 Aéyouer At: déyouer B, rc. t 


Ad 
251, 5 uéllor] vader t, uéllor u&lior B 273, 3 ayvosi 
At : ayvosi ab B, av supra versum in t. Ein beispiel ist beson- 
ders belehrend, nämlich Theaetet 219, 18 (163 A), wo es heisst 
An di oxenitov, wg Éouxer, de 6 te oùc xoi 0 Oeodwoov Aóyog. 
Statt Gdn 07 finden wir in t add’ 7d7 (per ras) und über Zosxev 
von m. ll day, iu B lesen wir nun add’ 707 und fox» üà- 
Aux. Cratyl. 64,9 dfxouov At : 10 dixasor B, rc. t 89, 12 
etre un Ut : ere xoi un B, re. t 101, 22 oùrwç At : ovswe 


20) Vgl. Studien p. 84. 


670 . Platon. 


!yov B, ëyoy in marg. add. t. Sehr belehrend ist die verglei- 
chung von stellen, in denen sich die fortschreitende verderbniss von 
t zu B darstellt. 62, 9 did dn iufáAorrag Oei At : dió de 
ZuBallovras B 70, 14 xalrou Aéyes Ut : xalros Myovol B 
77, 6 novns A, Hovns t : n Ovgoig B (0vgoug A und Lauren 
tianus) 118, 6 Eupurset À : éupar sl t, iupavi 7 B. 
Euth ydem. 396, 19 woddol ze &ÀÀAos At : 104400 Te xol Go, B 
nach Bekker (in « ist xa? sicher) 417, 16 nwo yag av] aug 
post av add. B (nach Bekker, in w ist es sicher im texte), dius 
in marg. add, rc. t 426, 13 nüv Onwç Ut: écrrwç B, es 
corr. t 458, 18 gavdos] rave add. B (in u sicher im texte), 
in marg. add. t. 

Auf grund der vorausgehenden untersuchungen sind wir, wie 
ich glaube, zur aufstellung des satzes berechtigt: 

die zweite familie wird in ihrer reinsten ge 
stalt durch den Venetus t erkannt, 

Somit würe für die sechs ersten tetralogien die kritische 
grundlage erkannt: 

als vertreter der ersten (älteren) familie bat 
sich ergeben der Clarkianus, in zweiter linie der 
Tubingensis oder Crusianus und der Venetus 77, als 
vertreter der zweiten (jüngeren) familie der Ve 
netus ft. 

Es wäre nun der werth der beiden familien für die plato 
nische texteskritik festzustellen; das eine hat sich bereits aus 
den bisherigen untersuchungen ergeben, dass durch t die übereis- 
stimmung der zweiten familie mit der ersten eine grössere gt 
worden ist. 

Würzburg. W. Schanz. 


Soph. Elect. 11 


schreibt W. Diudorf, dem Nauck folgt, zazoóg 2 gordo statt des 
bisher üblichen govwy: meines erachtens, obgleich ov; Sophokles 
auch gebraucht, mit unrecht, da qovog von Agamemnons ermordung 
in diesem stücke stehend ist, vgl. vs. 779 govovs marQojovg: dans 
wegen górov vs. 14, mit dem govwy die figur der epanadiplosis 
bildet, s. unt. vs. 580; endlich passt im anfang des stücks das all 
gemeinere gdvoc besser: moy würde zerstreuen. 
Ernst von Leutsch. 


XX. 


Die prüposition cum in verbindung mit demo 
relativum. 


Zweiter artikel. 


In Philo. XXXII, p. 711 ff. habe ich die regel für den ge- 
brauch der prüposition cum in verbindung mit dem relativum durch 
die beispiele aus einer grösseren anzahl von prosaikern fest- 
gestellt und dort bereits (p. 713) bemerkt, dass dieselbe bei den 
dichtern ziemlich entsprechend sein müsse. Es gilt, wie für 
die prosaiker so auch für sie, dass diese verbindung üusserst wenig 
vorkommt: bei einigen schriftstellern, selbst sehr umfangreichen 
finden wir gar keine, bei anderen durchgehends so wenige bei- 
spiele, dass wir in verlegenheit kämen, nach ihnen allein zu sagen, 
was denn eigentlich der gebrauch sei. Es ist aber gegen diesen 
mangel ein sicheres correctiv sowohl durch die beobachtung des 
gebrauches bei den anderen gleichzeitigen dichtern gegeben, als 
auch dadurch, dass wir die belegstellen der prosaischen autoren 
zur vergleichung hinzuziehen; ferner werden wir einen gewichtigen 
beweis für die richtigkeit der regel darin zu finden haben, dass 
wir bei den dichtern das meiner meinung nach weniger geläufig 
auszusprechende cum quo, cum qua, cum quibus (vgl. Comment. 
Einsidl. in Donati Art. min. bei Keil Gramm. Lat. supplem. p. 212) 
an solchen stellen antreffen, wo ebenso gut ein quocum etc. gesagt 
werden konnte: man vergleiche unten die stellen. Auf diese weise 
werden wir trotz der im grossen ganzen geringen anzahl der bei 
den einzelnen dichtern vorhandenen belegstellen berechtigt sein, 
einen endgültigen schluss zu ziehen. 


672 Die präposition cum. 


In den überresten der dichter aus der älteren periode ausser 
Plautus und Terenz finden wir nur bei Ennius und Turpilius 
beispiele und zwar Ennius Annal. 239 Vablen. quocum: 

Haece locutus vocat quocum bene saepe libenter 
Mensam sermonesque suos rerumque suarum 
Congeriem partit: 

Annal. 247: 

Quocum multa volup ac gaudia clamque palamque. 

Turpilius 57 (scaenic. fragm. ed. Ribbeck.) quacum: 

Quom legere te optimum esset atque aequissimum, 
Quacum aetas degeuda et vivendum esset tibi. 
Ferner treffen wir ein quicum an bei Pacuvius 25 (Ribbeck.): 
Án quis est qui te esse dignum, quicum certetur, putet? 
und bei Lucilius XXVI, 65 (ed. Luc. Mueller.) : 
ad libertinus 'Tricorius, Syrus ipse ac masticias, 
quicum versipellis fio et quicum conmuto omnia. 

Was Plautus und Terenz anbetrifft, so haben auch sie 
die prüposition cum dem relativum nur angehängt. 

Für beide schriftsteller giebt bereits Brix in seiner ausgabe des 
Trinummus 2te aufl. im „kritischen anhang* 905 die wenigen 
stellen von quacum bei Plautus, wie die von quocum und quacum 
bei Terenz 1). Wenn er, wie auch Fleckeisen 'Trinum. 905 das 
allerdings sonst bei Plautus gebräuchliche quicum statt des band- 
schriftlichen (!) quocum schreibt, weil sonst nirgends bei Plautus 
quocum. vorkommt, so scheint mir doch diese zurückweisung äusserst 
bedenklich, da einerseits wir überhaupt nur äusserst wenige 
beispiele für cum mit dem relativum bei den schriftstellern an- 
treffen und andrerseits neben quacum bei Plautus selbst die form 
quocum durch die zwei beispiele bei Ennius als für diese zeit ge- 
bräuchliche, wenn anders dies nótbig, belegt ist, abgesehen davon, 
dass es sich auch bei Terenz sicher überliefert findet, Wir wer- 
den also dies einzige, wirklich überlieferte quocum dem Plautus 
wiederherstellen müssen, Für quacum haben wir ausser den von 


1) Quacum steht anscheinend sicher Bacch. IV, 8, 10 (wo B 
quaecum), Cist. II, 3, 44 und rührt in der verdorbenen stelle Cus. II, 
2, 13 von Camerarius her, wo A (Gepp.) B (Par.) qua in geben. — 
Bei Terenz steht quocum Eun. I, 2, 89. Phorm. I, 8, 19. V, 1,82 
(im Bemb., doch quicum fast alle anderen Mss.), quacum Eun. III, è, 
26. Hec. IV, 1, 40 (im Bemb., doch quicum fast alle anderen Ms) 


Die präposition cum. 673 


Brix angeführten, mehr oder weniger sicher handschriftlichen stellen 
noch ein sicheres beispiel in Amphitr. prolog. 114: 
haec ob eam rem nox est facta longior, 
dum cum illa quacum volt voluptatem capit: 
ferner, wenn Geppert richtig (?) conjicirt hat, noch eins in Casina 
II, 5, 10 (214), wo die handschriften eadem, qua geben: 
Stal. Quid istuc est? quicum litigas, Olympio? 
"Olymp. Cum ea, quacum tu semper. 
Die form quibuscum findet sich Cist. IV, 1, 13: 
Crepundia 
Haec sunt quibuscum tu extulisti nostram filiolam ad necem. 


Bacch. III, 6, 35: 

Qui? tibi non meretricum aliarum erat Athenis copia, 

Quibuscum haberes rem, nisi cum illa, quam ego mandas- 

| sem tibi. 
— Rud, IV, 4, 67 (1111): 

Cistellam isti inesse oportet caudeam in isto vidulo, 

Ubi sunt signa qui parentis noscere haec possit suos, 

Quibuscum parva Athenis periit, sicuti dixi prius, | | 
und Rud. V, 3, 7 (1363), wo quibuscum die handschriftliche über- 
lieferung ist, Fleckeisen dagegen nur quibus schreibt : 

uua istinc cistella exceptast modo 

Cum crepundiis, quibuscum hodie filiam inveni meam. 

Falsch steht also cum quo in der Gronovschen vulgate Capt. 
prol. 28 und ebendaselbst auch quicum 1, 1, 33, wenngleich an 
der ersten stelle der vetus codex auch so hat, da das metrum nur 
qui vertrügt. 

Bei Terenz haben wir Andr. I, 1, 36 (63): 

Cum quibus erat cumque una, eis sese dedere: 
eine tmesis anzunehmen, während sich ein seinem sonstigen sprach- 
gebrauch entsprechendes quibuscum findet im Heaut. II, 4, 8 (388): 
Nam expedit bonas esse vobis: nos, quibuscum est "res, 
non sinunt. 

Was die form quicum anbetrifft, welche für alle genera und 
numeri gebraucht wird (vgl. auch Neue Lat. formenl. lI, p. 229—234. 
2. aufl. Brix zu Trinum. 11 und Lorenz zu Most. 166), so fin- 
den wir ausser in den oben angeführten beispielen aus Pacuvius 


Philologus. XXXV. bd. 4. 43 


676 Die präposition cum. 


societas , affinitas erat. Quicum pro cum qua. Virg. Aen. XI: 
Accam ex aequalibus unam, Quicum partiri curas; atque ita fatur. 
Ferner Augustin regul. (Gramm. lat. V, p. 508 Keil): in pronomi- 
nibus hic et haec quis, ab hoc et ab hac qui: inde Virgilius, cum 
de socia Camillae diceret , ait ,,quicum partiri curas“, id est cum 
qua portiri curas. Dann gibt noch Priscian, also im sechsten 
jahrhundert, auch gerade dieses beispiel wieder neben oder viel- 
mehr vor einem Terenzianischen (vgl. Keil. HI, p. 9 Ablativus 
quoque non solum in o, sed eliam in i: „a quo“ vel „a qui“ et 
yt qua“ vel „a qui“. — Virgilius in XI: Accam ex aequalibus unam, 
quicum partiri curas, pro ,quacum“. — ''erentius in eunucho (IV, 
4, 31): Quicum? Cum Parmenone.), wührend merkwürdigerweise 
das andere unicum aus der spüteren zeit bei Statius selbst dem 
Priscian, der sonst in diesem dichter recht gut bescheid weiss 
(vgl. Keil ind. script. IIl, p. 546), entgangen ist. 

Wir trafen, um wieder auf die ablative quo, qua, quibus in 
verbindung mit der präposition cum zurückzukommen, bis Terenz 
(diesen eingeschlossen) nur beispiele an, in welchen die präposition 
cum dem relativum angehängt ist, 

Gehen wir weiterhin zu Lucrez über, so finden wir dagegen 
bei ihm nur cum quibus in I, 818 cum quibus et quali positura 
contineantur. Dieselben worte kommen noch I, 908. 1, 761. 
1008 und 1014 vor. 


Bei Catull findet sich nur éin beispiel, 67, 36: 


Sed de Postumio et Corneli narrat amore, 
Cum quibus illa malum fecit adulterium. 


Bei Vergil haben wir — in den Eclogae kein beispiel — in 
den Georgica éin cum quibus: IV, 533: 
hinc miserabile Nymphae, 
Cum quibus illa choros lucis agitabat in altis, 
Exilium misere apibus ; 
wie in der Aeneis éin cum quo, X, 697: 
prolem Dolichaonis Hebrum 
Sternit humi, cum quo Latagum Palmumque fugacem. 
Horaz hat — in den epoden und episteln kein beispiel — 
in den oden Il, 7, 6 (Pompeius): Cum quo morantem saepe diem 
mero Fregi etc., wie iu den satiren I, 4, 81 noch éin cum quibus: 


Die prüposition cum. 677 


Est auctor quis denique eorum, 
Vixi cum quibus? 
Tibull schreibt II, 5, 37: 
(Puella), Cum qua fecundi redierunt munera ruris. 


Bei Properz haben wir abgesehen von einem cum qua II, 6, 
12 in den ülteren ausgaben, wofür jedoch bei den neueren, Haupt, 
Luc. Mueller et cum quae dormit amica simul gelesen wird, éin 
cum quo I, 6, 3: | 
(Tecum; Tulle,) Cum quo Rhipaeos possim conscendere 
montes 
und éin cum quibus: III, 32, 39: 


Hoc et hamadryadum spectavit turba sororum 
Silenique senes et pater ipse chori 
Cum quibus Idaeo legisti poma sub antro, 


Ovid hat kein beispiel in den drei büchern der Amores, in den 
Remedia amoris, in den Medicamina faciei, im Halieuticon, in den 
vier büchern Ex Ponto und im Ibis: dagegen drei stellen für cum 
qua und zwar in den Metamorph. I, 180: 


Terrificam capitis concussit terque quaterque 
Caesariem, cum qua terram, mare, sidera movit: 
IX, 690: 
cum qua latrator Anubis Sanctaque Bubastis etc. : 
XI, 558: | 
Mergit in ima ratem, cum qua pars magna virorum 
Gurgite pressa gravi neque in aéra reddita fato 
Functa suo est. 
Ferner neun beispiele für cum quo: 
Heroid. Epist. XIT, 198: 
'Te peto, quem merui, quem nobis ipse dedisti, 
Cum quo sum pariter facta parente parens. 
Ars Amat. I, 601: 
Et bene dic dominae, bene, cum quo dormiat illa. 
ebendas. Il, 481: 
Ales habet, quod amet; cum quo sua gaudia iungat, 
Invenit in media femina piscis aqua. 
Metamorph. VI, 324: 
Ipse ducem dederat, cum quo dum pascua lustro, etc. 


678 Die prüposition cwm. 


ebendas. X, 635: 
Unus eras, cum quo sociare cubilia vellem : 


ebendas. XIII, 87: | 
Hune ego poscentem, cum quo concurreret, unus Sustinui etc. : 
"Trist. IV, 4, 24: 
Nec nova, quod tecum loquor, est iniuria nostra, 
Incolumis eum quo saepe locutus eram: 
Fast. II, 809: 
Interimam famulum, cum quo deprensa fereris : 
ebendas, IV, 35: 
Proximus Anchises, cum quo commune parentis 
Non dedignata est, nomen habere Venus. 


Falsch giebt Weber Corp. Poet. Latinorum noch ein cwm quo 
Fast. III, 881 statt cumque hoc. 

Die form cum quibus, wofür sich an drei stellen die contra- 
hirte cum quis findet: Metam. VI, 141 (Weber C. P.L. fälschlich 
cumque his), VII, 671 und XI, 384, kommt bei Ovid viermal vor: 


Heroid. Epist. XIX (XX), 104: 
Ipse dedit leto cum quibus ante feras. 
Metamorph. IX, 11: 
Multorumque fuit (Deianira) spes invidiosa procorum: 
Cum quibus ut soceri domus est intrata petiti, 
Accipe me generum, dixi ; 
ebendas. XIV, 231: 
(socios) dempsisse ligamina ventis, 
Cum quibus isse retro, per quas modo venerat undas. 
Trist. IV, 7, 6: 
Cur tua cessavit pietas, scribentibus illis, 
Exiguus nobis cum quibus usus erat. 


Wenn wir in den bis jetzt von mir angeführten schriftstellers 
nur äusserst wenige beispiele für cum mit dem relativum antrafes, 
so liefern uns die dichter der folgenden zeit trotz ihres theilweise 
sehr bedeutenden umfanges eine noch geringere anzahl von beleg- 
stellen. Bei den beiden noch in das Augusteische zeitalter gebö- 
renden didaktikern Gratius Faliscus in seinem Cynegeticon und 
M. Manilius in seinen fünf büchern Astronomicon finden wir kein 
beispiel, ebenso kommt im folgenden zeitraum der römischen poesie 


Die prüposition cum. 679 


kein beleg vor in den fabeln des Phaedrus, in Columella's de cultu 
hortorum, in den satiren des Persius, in den zehn büchern der Phar- 
salia des Lucan (vgl. jedoch II, 172 cum qua cervice und VIII, 
505 cum qua gente), in den Eclogen des T. Calpurnius Siculus, 
in (des Lucilius lunior) Aetna, in den acht büchern Argonauticon 
des Valerius Flaccus, in den 86 carmina Priapea, in der satira 
der Sulpicia, wie auch kein beispiel im zweiten jahrhundert in dem 
Pervigilium Veneris, im dritten jahrhundert in den praecepta de 
medicina des Serenus Samonicus und in den Cynegetica des Oly m- 
pius Nemesianus, im vierten (bis fünften) jahrhundert in den hun- 
dert rüthselgedichten des Symphosius und in den fabulae des Avian, 
im fünften jabrhundert in des Rutilius Namatianus de reditu suo 
und iu den gedichten des Felix, Florentinus, Luxorius und 
Coronatus. Als ersatz dieses mangels müssen uns die prosaiker 
dienen, welche jedoch, soweit wenigstens ich sie beobachtet habe, 
die prüposition cum dem relativum immer voraugestellt haben, und 
andrerseits die allerdings wiederum ‚sehr wenigen, aber doch in 
ihrem gebrauche constanten beispiele dieser zeit. 


Bei L. Annaeus Seneca kommt, wenn wir ihm nicht 
mit Peiper und Richter in ihrer ausgabe den Agamemnon und Her- 
cules Oetaeus absprechen, in seinen sämmtlichen tragüdien nur éin 
beispiel vor, Agam. 203: 


Mors misera non est conmori cum quo velis. 


Dass Seneca jedoch auch sonst cum dem relativum vorgesetzt 
hat, erhürten schon die stellen aus den fünf ersten büchern seiner 
Epistolae: so I, 10, 1 non habeo, cum quo te communicatum ve- 
lim. I, 10, 2 non invenio, cum quo te malim esse quam tecum. 
Il], 4, 6 (25) te efficis eum, cum quo peccare non audeas. V, 4, 
9 (45) qui neminem videt, cum quo se conmutatum velit. V, 8, 
8 (A8) hic, cum quo ludis, timet. I, 6, 2 (amicitia), cum qua 
homines moriuntur. Il, 7, 10 (19) Ante circumspiciendum est, 
cum quibus edas et bibas. II, 3, 13 (24) illi, quos amant, 
quibus adsueverunt, cum quibus ludunt, si personatos vident, expa- 
vescunt. IV, 3, 1 (32) ah omnibus sciscitor , ubi et cum quibus 
moreris. 


Seine (?) Apocolocyntosis enthält weder in den poetischen 
.noch prosaischen stellen ein beispiel. 


680 | Die präposition cum. 


In der jedenfalls dem Seneca nicht zuzuschreibenden Octavia 
findet sich kein beleg. 

In den in gebundener form abgefassten partieen der satiren 
des Petronius ist zwar kein cum mit dem relativum enthalten, 
dagegen in den in prosa geschriebenen éin cum quo: c. 44 sed 
rectus, sed certus, amicus amico, eum quo audacter posses in tene 
bris micare. 

Die siebenzehn bücher Punica des Silius Italicus geben 
uns pur éin beispiel: 

XV, 650: 

Sternite ductorem, cum quo concurrere fratri 
Sit pudor. 

Statius hat in seinen fünf büchern Silvae, wie in den zwei 
der Achilleis keine stelle und in den zwólf büchern seiner 'Thebais 
nur eine einzige: VIII, 181: 

quis iam omne futurum 
Proferet aut cum quo volucres mea fata loquentur? 

Bei Martial finden wir im liber spectaculorum kein beispiel, 
dagegen in den vierzehn büchern der Epigramme éin cum qw: 
I, 23, 1: 
Invitas nullum nisi cum quo, Cotta, lavaris: 
ferner éin cum qua: X, 84, 2: 

Miraris, quare dormitum non eat Afer? 
Accumbat cum qua, Caediciane, vides, 
und éin cum quibus IX, 34, 6: 
Respiciens Phoebum pariter Phoebique sororem, 
Cum quibus Alcides et pius Arcas erat. 
Ausserdem vergleiche man noch in der in prosa geschriebenen 
einleitung zum zweiten buche die worte: Quid, si scias, cum qua, 
et quam longa epistola negotium fueris habiturus? 
Iuvenal hat ebenfalls den steten gebrauch der voransetzung 
des cum: 
IV, 9: Nemo malus felix, minime corruptor et idem 
Incestus, cum quo nuper vittata jacebat 
Sanguine adhuc vivo terram subitura sacerdos. 

IV, 87: sed quid violentius aure tyranni, 
Cum quo de pluviis aut aestibus aut nimboso 
Vere locuturi fatum pendebat amici?. 


Die prüposition cum. 681 


X, 235: nec vultum agnoscit amici, 
Cum quo praeterita coenavit nocte: 
XIII, 155: Confer et artifices mercatoremque veneni 
Et deducendum corio bovis in mare, cum quo 
Clauditur adversis innoxia simia fatis. 
VI, 531: En animam et mentem, cum qua di nocte loquantur! 
Aus den dichtern der folgenden jahrhunderte (vgl. oben) sind 
mir nur bei dreien belegstellen für cum mit dem relativ bekannt 
und zwar findet sich in dem umfangreichen Ausonius noch éin 
einziges cum quo in dem Epitaphium auf Hector (XIV, 1) 


Hectoris hic tumulus, cum quo sua Troia sepulta est: 


ferner ein cum qua und cum quo in den (in die zeit des 'Theo- 
dorich oder in das mittelalter zu setzenden) elegieen des M axi- 
mianus: Il, 2: 
En dilecta mihi nimium formosa Lycoris, 
Cum qua mens eadem, res fuit una mibi: 
Il, 60 Cum quo consenuit, victor honorat equum: 


endlich in den distichen de moribus ad fWium des sogenannten 
Dionysius Cato: I, 36: 


e Litem inferre cave, cum quo tibi gratia iuncta est. 


Sehen wir jedoch von den drei zuletzt angeführten schrift- 
stellern ab und begnügen wir uns für die constituirung der regel 
über den gebrauch der stellung der práposition cum in verbindung 
mit dem relativum mit den schriftstellern bis Iuvenal incl., so er- 
gibt sich für prosaiker und dichter als resultat: 

In der ülteren zeit bing man dem relativpronomen die präpo- 
sition cum stets an, in der zeit des Cicero und Sallust tritt ein 
schwanken ein, wobei noch die postposition überwiegt, aber schon 
seit Lucrez, Catull bei den dichtern und seit Nepos, Livius bei 
den prosaikern, also jedenfalls in der augusteischen zeit, (etwa seit 
den dreissiger jahren a. Chr.) ist die voransetzung von cum das 
allein gebräuchliche. 

Sollte sich ein quocum, quacum , quibuscum bei den späteren 
irgendwo noch finden, so werden wir dieses entschieden als eine 
ausnahme von der gewóhnlichen stellung cum quo, cum qua, 
cwm quibus zu betrachten haben: dies gilt von der éinen stelle im 
Tacitus gegen seinen gewöhnlichen gebrauch cum qua u.s. w. und 


082 Die prüposition cum, 


von den zwei bei Quintilian und auch bei ihm wiederum gegen 
seinen gewöhnlichen gebrauch, welche allein gegen die aufgestellte 
regel zu sprechen scheinen künnten: sie haben jedoch, wie ich be- 
reits Philol. XX XII, p. 723 dargethan, ihre besondere erklärung. 

Man vergleiche jetzt mit dieser regel das, was Hand Turs. Il, 
p. 170 über die vis peculiaris des dem relativum vorangestellten 
cum sagt. | . 

Wenn mit obigem die regel für die lateinische sprache bis in 
das zweite jahrhundert p. Chr. bestimmt ist, so bleibt doch immer- 
hin die frage interessant, bis wie lange bestand denn dieser con- 
stante gebrauch der voransetzung des cum vor das relativum, wann 
kam ein schwanken wieder vor, seit wann schrieb man wieder 
quibuscum etc., dieses als das regelrechtere ansehend, und ferner 
auch, wie verhält es sich in spüteren zeiten mit dem alten quicum? 

Ich will über diese fragen noch einige bemerkungen zu den 
obigen bier bereits hinzufügen. Um zuvürderst mit der letztes, 
- mit quicum zu beginnen, so taucht es nach Cicero bei den prosai- 
kern zuerst wieder bei Fronto auf, allerdings an einer sonst cor- 
rupten stelle: epist. ad amic. I, 1 quicum mihi . . intercedit. 
Dass wir gerade bei ihm ein solches finden, darf uns nicht auf- 
fällig erscheinen und ist unzweifelhaft durch die lectüre semer 
lieblingsschriftsteller aus ülterer zeit, Plautus, Ennius u. s. w., deren 
genaues studium er bekanntlich dringend empfahl, zu erklären. 
Wenn Fronto aber ad amic. I, 3 schreibt: sic diligo, ut non te 
mere quemquam eorum, quiscum mihi hospitii iura. sunt, Mon- 
tano meo anteponam, so ist dies quiscum statt quibuscum eine sin- 
gularität in der ganzen lateinischen sprache, denn Cie, de domo 
23, 61 ist doch wohl statt quiscum, welches sich im Gembl. und 
Lag. findet, quibuscum zu lesen: und wenn auch die postposition 
des cum durch Fronto’s intimen connex mit den älteren schrift- 
stellern leicht zu erklären wäre, so halte ich doch das quiscwm 
für verdorben: icb glaube nümlich, dass auch Fronto neben dem 
alten quicum nur cum quo etc. dem gebrauche seiner zeit entspre- 
chend gesagt und an der vorliegenden stelle statt quiscum quicum 
geschrieben hat, welches jedoch, weil auf einen plural, wie auc 
bei Plautus u. &. w. bezogen, spüter nicht verstanden und mit leichter 
änderung in die in der silbernen latinität báufige contrabirte form 
veründert wurde. Diese vermuthung bestátigt auch eine stelle is 


Die prüposition cum. 683 


den briefen an Antoninus Pius, das einzige beispiel, welches wir 
bei Fronto sonst noch für cwm mit dem relativ finden, p. 9, 
p. 170 Naber, wo er ganz dem sprachgebrauch seiner zeit gemäss 
schreibt: Supplicavi tibi iam per biennium pro Appiano amico meo, 
cum quo mihi et vetus consuetudo et... intercedit: denn dass 
auch zu Fronto's zeit die anteposition des cum das gebrüuchliche 
war, zeigt ganz schlagend das bei Cicero de Off. III, 19 ange- 
führte sprüchwort quicum in tenebris mices, welches jedoch (vgl. 
auch oben unter Petronius) bei Fronto Ep. ad M. Caes. I, 5 lautet: 
en cum quo in tenebris mices, Für diese letztere verbindung, 
cum quibus etc. habe ich ausser bei den oben mitgetheilten drei 
dichtern noch ein beispiel aus Gellius und zwei aus der zweiten 
hälfte des vierten jahrhunderts bei Aurelius Victor im Philol. 
XXXII, p. 724 angeführt. Ferner muss es für vorliegende frage 
von entscheidendem gewichte sein, wenn wir bei den grammatikern 
stellen finden, in denen bei der erklirung des quicum etc. dieses 
gerade durch cum quo etc. umschrieben wird: es dürfte andrerseits 
nicht auffallen, wenn wir bei einigen von ihnen, welche bei der 
erklürung ihren blick auch auf die stellen der früheren periode 
der sprache richteten, ein dem quicum entsprechendes quocum fán- 
den, schon wegen der analogie der form: und so wird es viel- 
leicht auch geschehen sein, dass Priscian an der oben unter qui- 
cum mitgetbeilten stelle quacum schreibt, wenn ihm anders, wie 
ich nicht glaube, der unterschied in den verschiedenen epochen 
klar war: man vgl. u. a. das nec non etiam quocum etc. Instit, 
XIII, 10 (Ill, p. 29 Keil). Aus dem vierten jahrhundert haben 
wir auch ein sicheres beispiel für cum quo, cum qua bei Arusianus 
Messus (vgl. ob. p. 675), weiterhin bei Augustin (vgl. oben). Indi- 
recte beweise für präponirtes cum könnten wir u. a. auch noch finden 
in Charisius Instit. gramm. lib. II (I, p. 232 und 237 Keil): Item 
cum tertiae personae praeponitur tantum, velut cum illo. nam 
primam et secundam subsequitur , mecum, tecum; item nobiscum, 
vobiscum , cum illis: wie auch in dem commentum des Pompeius, 
das er zur lehre für seine schüler schrieb (V, p. 89 Keil.), worin 
aber von einem dem relativum anzubingenden cum nicht die rede 
ist: V, p. 269 Keil.: Est item una, quae semper postponitur pro- 
nominibus, cum, aliis partibus praeponitur. Si dicas cum paren- 
tibus, cum amicis, cum doctis, ecce modo praeponitur nominibus ; 


684 Die präposition cum. 


postponitur mecum, tecum, nobiscum, vobiscum: nemo dicit cum me, 
cum te, cum nobis, cum vobis. Betrachten wir ferner die erste 
der oben unter quicum mitgetheilten stellen aus der ars Palaemanis, 
mag sie nun aus einer zeit stammen, woher sie wolle (ich glaube 
jedoch, dass sie ein überrest aus einer alten ars ist), so giebt auch 
dieser grammatiker ein unzweifelhaftes zeugniss für die antepo- 
sition des cum: er spricht an dieser stelle über die pronomina, 
also sine ira et studio in betreff von cum. Wäre, so müssen wir 
sageu, das noch zu Cicero's zeit mehr gebräuchliche quocum etc. 
auch zu seiner zeit in gewöhnlichem -gebrauch gewesen, warum 
schrieb er nicht quicum quod significa quocum vel quacum und 
ferner id est quacum partiri, was auch bei einem gerade voraus 
gehenden quicum gewiss viel nüher lag als cum quo, cum qua und 
woraus ebenso gut, was vielleicht jemand als grund der stellung 
von cum quo, cum qua geltend machen móchte, das genus erkannt 
werden kann. Man vergleiche ferner auch u. a. die bemerkung 
im commentar des Eugraphius, also etwa ende des zehnten jabr- 
hunderts, zu Terent. Phorm. V, 1, 32 offendi adveniens Quocum 
volebam et ut volebam conlocatam gnatam, welche worte er erklärt: 
Modo inveni fiiam cum eo nuptam, cum quo esse cupiebam, et eam 
diligi. Also trotz des terentianischen quocum schreibt er doch 
cum quo. Bei Hand Tursell. II, p. 161 finde ich folgende stelle 
angeführt: Festus in Pauli exemplo: funebres tibi dicuntur, cwm 
quibus in funere canitur. Schol. Germanici: Aquila] Dicitur sa- 
gitta Apollinis fuisse, cum qua Cyclopas interfecit, Interessant für 
diese frage ist auch, was ich bereits im vorigen artikel Philol. 
XXXII, p. 713 über die stelle in Plin. Sec. Ep. 2, 14, 2 mitge 
theilt habe. 
Göttingen. A. Greef. 


Sophocl. Elect. 13 


sind alte wie neue gelehrte an x@£edospaunr angestossen: s. 0. 
Jahn: aber éxrgépew ist auferziehen, grossziehen: das medium 
steht, weil der erzieher einen bestimmten zweck verfolgt, den er 
vs. 14 mit aazgi tiuwgdv pévou auch klar ausspricht: er hat also 
dem knaben Orest als lebensaufgabe die rache an den mördern de 
vaters hingestellt und eingeprägt. Ernst von Leutsch. 





ll. JAHRESBERICHTE. 


22>. Quintilianus. 
(Schluss aus ob. p. 534). 


Hieran schliesst sich an 

17. Quaestiones Quintilianeae. Dissertatio inauguralis. Ser. 
ısimirus a Morawski. Posnaniae MDCCCLX XIV. 8. 68 s. 

Im eingang seiner dissertation bestütigt und ergänzt zunüchst 
orawski die ansicht Claussens, dass Quintilian in bezug auf 
ine grammatische unterweisung sich hauptsächlich an Q. Rem- 
ius Palämon anschliesse, dann versucht er die quellen für den 
lgenden abschnitt nachzuweisen und stellt besonders die anspre- 
ende vermuthung, die er näher begründet, auf, dass Quintilian in 
n letzten capiteln des zweiten buches die schrift des Dionysius 
zo te noÀwixüQc quAocogíag moog TOUS xararg&yovrag LL 
Jixwe, die auch Sextus Empiricus in seinem buche xo0ç Öntogag 
nutzt habe, vor augen gehabt habe: ein besondres buch über die 
etorik habe Dionysius hóchst wahrscheinlich nicht geschrieben: 
as Quintilian benutzt habe, stamme aus verschiednen büchern aus 
© Ovvrabıs, néQh ovrvPéoewo Ovoudıwv, megi psunoswo, eol 
A0y76, u.a. ein grosser theil des zehnten buches aus seiner Cen- 
ra Veterum, worüber v. Morawski p. 27 ff. einige berichtigungen 
id ergünzungen zu Claussen's aufsatz gibt. 

Einige stellen des vierten und fünften buches schliessen sich 
1 Caecilius an, von dem v. Morawski nachzuweisen versucht 

33 ff., dass sein buch de figuris, wie es auf Apollodorus ge- 
ibrende rücksicht genommen, so auch von vielen rhetoren, beson- 
rs aber von Alexander Numerius benutzt worden sei, vielleicht 
ich von Dionysius von Halicarnass. 

Ausführlich wird sodann vou p. 41 an über die quellen 
uintilian’s bei der behandlung der figuren und tropen gesprochen: 
1 gegenstand, welcher zu den mannichfachsten vermuthungen und 
mbinationen einladet. 


686 Jahresberichte. 


Besonders erfreulich ist es für den ref. berichten zu können, 
dass auch von zwei für den schulgebrauch bestimmten ausgaben 
des zehntes buches von Quintilian neue auflagen erschienen sind. 

18. M. Fabii Quintiliani institutionis oratoriae liber decimus. 
Für den schulgebrauch erklärt von Dr. G. T. À. Krüger. Zweite 
auf grundlage des Halm'schen textes verbesserte auflage. Leipzig 
1874 bei Teubner. 

Es versteht sich wohl von selbst, dass man von dem ver 
dienten herausgeber dieses buches nicht eine sclavische anlehnung 
an den Halmschen text erwarten durfte; in der vorrede bespricht 
er eingehend eine anzahl stellen, in denen er von demselben ab- 
weichen zu müssen glaubte. 

Die erklärenden anmerkungen sind dem vielfach geänderten 
texte genau angepasst, im einzelnen ist gar manches genauer um 
präciser abgefasst, als in der ersten ausgabe. 

Leider sollte es dem verf. nicht beschieden sein die zweite 
auflage selbst zu besorgen. Er starb nach einer reich gesegneten 
thätigkeit am Aten october 1873. Die herausgabe besorgte der 
sohn des verewigten, Dr. Gustav Krüger, jetzt director des gym- 
nasiums in Görlitz: in der vorrede p. XV und XVI spricht sich 
derselbe über seinen antheil an der neuen ausgabe aus, der selbst- 
verstándlich auch nach des ref. meinung nur darin bestehn konnte, 
sich auf die nothwendigen änderungen zu beschränken. Uebrigens 
änderte er an 6—9 stellen, auf grund neuerer kritischer unter- 
suchungen den text, machte aber diese seine änderungen durch 
eckige klammern kenntlich. 

19. Die zweite ausgabe ist die von E. Bonnell, M. Fabi 
Quintiliani institutionis oratoriae liber decimus. Vierte auflage. 
Berlin Weidmannsche buchhandlung 1873. 

Ueber den werth dieser ausgabe, welche schon vor einigen 
jahren in vierter auflage erschienen ist, auch nur ein wort zu ver 
lieren, würe sicherlich ganz überflüssig: jede neue auflage, aud 
die neueste, ist ein sprechender beweis nicht nur für die eminente 
kenntniss Quintilians , sondern auch für die liebe und treue, mit 
der verf. seit lünger als vierzig jahren die Quintilianeischen studies 
gehegt und gepflegt bat. 

20. Von mittheilungen in philologischen zeitschriften möge 
folgendes erwáhnt werden: 

Im Philologus XXI, p. 307 theilt H. Nolte „Zu Quinctiliar! 
Institutiones oratoriae* folgende verbesserungsvorschläge mit: !l 
1, 4 praesertim in tantum IL 4, 29 pluribus dicuntur, fe 
stidium moveat velut frigidi et repositi cibi, sibi autem 
Il, 15, 1 ante omnia, quid sit rhetorice quaeritur, finitur — 
nicht übel. HI, 1, 12 eius aliqua ferri zu streichen. lif, 
7, 21 quale libidinosus Persa versis in mulierum naturas 
viris 25 putat . at idem IV, Prooem. 4 velut ne 


Jahresberichte. 687 


praefatione IV, 2, 128 ructu acidos spiritus IV, 
3, 16 quorum ut alia praeparata adferimus, sic IV, 4, 9 
velut. quodam ictu excitatus V, 11, 20 nomine adagionem 
97 dicta fictaque VI, Prooem. 1 illam curae meae vo- 
luptatem 4 tester? cui tamen nihil obici, nisi quod vivam, 
potest, sed si non meus casus, at illorum certe (sc. obici potest), 
quos 10 virtutes ingenii, quo nihil praestantius cognovi plu- 
rima expertus, studiique iam tum non coacti (sciunt. praeceptores) 
non modo ad percipiendas disciplinas, sed probitatis 

15 minus perfecta VI, 1, 32 depictam in tabula iuxta 
actorem oder depictam fabulam in sipario. 

Philologus XXII, p. 201 sucht Karl Schenkl nachzuweisen, 
dass Quintilian ausser IV, 1, 68 und IX, 3, 89 auch noch XI, 1, 
24 auf die declamatio Sollusti in Ciceronem hinweise, insofern 
nümlich der ausdruck maligni zunüchst von dem angeblichen Sallust 
zu verstehn sei. W. Jordan im Hermes Xl, p. 306—331 zeigt, 
dass die Controversiae des Sallust das machwerk eines rhetors 
sind, dem Quintilian die drei stellen entlehnt habe. 

Philol. XXIII, p. 46 empfiehlt H. Nolte VI, 3, 59 tangere 
oder tradere nach inquit hinzuzufügen. Schon in früher zeit ist 
hier ein verbum, welches in den handschriften fehlt, eingedrungen, 
gewühnlich findet sich in den alten ausgaben dubitare, Halm hat es 
nach Heusingers vorgang weggelassen. Dem ref. scheint die con- 
jectur Spaldings fimere am angemessensten zu sein. 

VII, 2, 33 schlügt derselbe vor nec pro naenia ducendum, wie 
spüter Haupt vorgeschlagen hat, vgl. oben p. 552. 

VII, 4, 21 will er sanguine vor iunctus oder coniunctus ein- 
schalten, nothwendig ist es nicht. 

VII, 4, 24 halt er die worte huc pertinet elipeus Aiaris et 
pelias Achillis mit dem ref. (s. Philol. XVIII, p. 516) für unecht. 
Halm's bedenken, dass diese notiz für einen interpolator zu gelehrt 
sei, dürfte kaum zutreffend sein. 
| VIII, 6, 28 nimmt Nolte ohne grund an den worten quae sin- 
gula persequi minutioris est curae etiam non oratorem instruentibus 
(das letzte will er so ándern: ef iam non oratorem instruentis) an- 
stoss, der sinn derselben ist folgender: diesen dingen weiter nach- 
zugehn ist zu unwichtig selbst für diejenigen, die nicht den practi- 
schen zweck, die unterweisung des redners vor augen hahen. 

VIIL 6, 31 ändert er aptantes effectibus vocem, recht an- 
sprechend, „indem sie das wort der thätigkeit, oder der verrichtung 
anpassten“; überliefert ist affertibus. 

VIII, 6, 53 möchte Nolte so verbessern: quod Clytaemnestram 
choam, in cubiculo cotylam und 63 differenda igitur quaedam 
et resumenda. 

In den Jahrbb. für phil. und paedag. 1869, p. 180 nimmt 
Max Bonnet X, 7, 6 in den worten ducetur anie omnia rerum 


688 Jahresberichte. 


ipsa serie velut. duce an dem blossen ablativ, der durch duce, wem 
es auch durch velus beschränkt werde, personificirt sei, solchen an- 
stoss, dass er eine änderung für nothwendig hält und wtetur statt 
ducetur in vorschlag bringt.  Indessen scheint dem ref. dieser 
blosse ablativ völlig unbedenklich. 

Ebendaselbst p. 736 schreibt Heinrich Weil X, 1, 65 antiqua 
comoedia cum sincera illa sermonis Attici gratia prope sola 


retinet vim facundissimae libertatis, quae etsi est in insectandis 
vilis praecipua oder antiqua comoedia quae cum u. 8. w. nur 
ohue quae. 


Im N. rhein. museum XXIV, p. 139 empfiehlt Lucian Müller 
in der oft besprochenen stelle X, 1, 95 für prius zu schreiben 
amplius und weist nach, dass diese gauze auseinandersetzung sich 
nur auf die Menippeische satire bezieht. 

Nachdem bereits ein theil dieses jahresberichtes gedruckt war, 
erschienen im Rhein. museum die in den Acta societatis phil. Lips. 
bereits in aussicht gestellten Emendationes Quintilianeae von Georg 
Andresen. Ref. beeilt sich, diese noch in den kreis seiner be- 
sprechung zu ziehn, und, wenn er auch nur sehr selten den re- 
sultaten des verfassers beistimmen kann, weil derselbe seinen autor 
mit zu grosser willkühr bebandelt, dessen ausdrucksweise scharf 
censirt und kritisirt und nach eignem ermessen corrigirt, so er 
kennt er den scharfsinn und den fleiss, welcher auf die arbeit 
verwendet ist, um so bereitwilliger an. 

21. Georg Andresen, Emendationes Quintilianeae in Acta s0- 
cietatis philol. Lipsiae 1875. Tom. IV, p. 361—364 und N. RL. 
museum 1875. Bd. 30, p. 506 — 527. 

Dieselben beziehen sich ausschliesslich auf das erste und zelnte 
buch und betreffen zum theil solche. stellen, die trotz aller bisherigen 
bemühungen der herausgeber noch nicht geheilt sind, theils auch solche, 
an denen bisher noch niemand anstoss genommen bat. Was erstere 
anlangt, so ist ja jeder neue versuch dankbar anzuerkennen, aber bei 
der schwierigkeit des gegenstandes auch nicht zu verwundern, wens 
derselbe statt auf anerkennung, auf widerspruch stösst. Um hier- 
für zunächst einige beispiele zu bringen, so weicht der Rh. M. 
p. 514 allerdings mit grosser reserve gemachte vorschlag zu I, 7, 5 
itemque „cum“, si lempus significaret, per q, si comitem, per t 
scriberetur, viel zu sehr von der überlieferung ab. Ebenso wesig 
wird Andresen auf zustimmung rechnen dürfen p. 519 zu X, |, 
38, wo der von ihm vorgeschlagene zusatz: qui quidem trecenti 
erant statt, der vulgata quibuscum vivebat völlig überflüssig ist, da 
aus dem ganzen satze, zumal aus dem gegensatze ersichtlich, über- 
dies auch allen lesern vollständig bekannt ist, dass es zu Ciceros 
zeit viel redner gegeben hat. — Die geringschützige bemerkung 
über die Bonnell'sche ausgabe hätte sich der verf. ersparen können 

Auch die vielbesprochene stelle über Seneca X, 1, 130 (vgl. 


Jahresberichte. 689 


al. XXXIV, p. 741) glaubt ref. durch Andresen's vorschlag 
‚cta p. 362) nam si similem ei quem contempsit, se esse, si parem 
m concupisset oder, da diese kürze des ausdrucks bei Quintilian 
stoss erregen könnte: nam si similem ei, quem contempsit, se 
se concupissel, si parem mon concupisset oder endlich si similem 
, quem contempsit, se esse, non parem concupisset noch nicht wie- 
rhergestellt. 

Um die einzelnen stellen der reihe nach zu besprechen, so ist 
icta p. 361) X, 1, 105 gegen eornm nichts einzuwenden, folg- 
h die änderung Graecorum, welche schon Franz befürwortet bat, 
cht nothwendig. 

An der dritten ebendaselbst besprochenen stelle X , 2, 3 ist 
lerdings zuzugeben, dass der allgemeine satz necesse est aut si- 
Wes aut dissimiles bonis simus eben wegen seiner allgemeinheit 
th sehr wenig empfiehlt, aber damit ist noch lange nicht er- 
iesen, dass irgend welche ünderung vorzunehmen ist. Andresen 
rmuthet, dass vor dissimiles entweder non oder certe haud aus- 
fallen sei. 

Im Rh. Museum wird zuerst p. 506 besprochen Prooem. 4 und 
att des von Halm eingeklammerten in vor eloquentia empfohlen 
m, mit geringer wahrscheinlichkeit, da man iam an dieser stelle, 

zwischen summam eloquentia manum eingeschoben, kaum 
wartet, 

1, 1, 3 hält Andresen den conjunctiv impendat für unzulässig, 
gegen das futurum für nothwendig, mit unrecht, denn die ein- 
tht und richtige erkenntniss dessen, was noth thut, reicht nicht 
mer aus, eine ernste mahnung ist auch noch in diesem falle ge- 
chtfertigt. | 

1, 20 numquam non fecisse se gaudeat ist nicht ohne be- 
nken, früher las man gewöhnlich nonnunquam scisse se gaudeat, 
»zu schon Gronov, (nicht erst Meyer) Cic. de Fin. 5, 18 ver- 
ichen hat. Andresen schlügt profecisse vor, dem ref. scheint ein 
ort wie satisfecisse passender zu sein, 

2, 16 hält Andresen die einschiebung von non vor vitare für 
bedingt nothwendig und ändert dieser conjectur wegen enim in 
tem um. Indessen ist weder die eine, noch die andre conjectur 
thwendig, die ganze stelle ist von Audresen falsch verstanden, 
r so erklürt: ,,und es ist etwas anderes, sie nicht zu vermeiden, 
3 sie geflissentlich aufzusuchen also von den vollen schulen ver- 
ht, während Quintilian sich dahin ausspricht, dass auch er durch- 
s nicht den besuch überfüllter schulen empfehle, nur dürfe man 
cht so weit gehn, deshalb weil überfüllte schulen zu mei- 
u seien, die öffentlichen schulen überhaupt zu meiden: letzteres 
i nicht nothwendig, man müsse jedenfalls eine verständige wahl 
ffen. 

3, 2 ist nicht der mindeste grund vorhanden hic meus eine 


Philologus. XXXV. bd. 4. 44 


690 Jahresberichte. 


zeile weiter herauf hinter probus autem zu rücken, denn der ge- 
genwürtige text zwingt uns nicht, einen gegensatz zwischen probus 
und hic meus, der nicht besteht, anzunehmen. Der sinn ist einfach 
folgender: der lehrer muss sorgfältig auf die anlage der schüler 
achten, derjenige schüler welcher durch seine nachahmung gern 
lachen erregen will, besitzt keine glückliche anlage, der wabrheft 
talentvolle ist zugleich auch rechtschaffen probus, (probus, iu dem 
sinne, dass er von dem segnis und iacens weit entfernt ist), hic 
meus ist also derselbe wie vere ingeniosus. 

4, 8 entscheidet sich Andresen für non enim sic optimum 
dicimus ut scribimus, H. Keil, was Andresen nicht erwähnt, hat 
vorgeschlagen: mon enim sic opiimum dicimus ut scribimus opti- 
mum, s. die Addenda et corrigenda der Halm'schen ausgabe, weiter 
in 2. 16 mit Sarpe für Hecoba et Hercoles, was aber von der 
handschriftlichen überlieferung sehr abweicht: in demselben pars- 
graphen bezweifelt er die richtigkeit der höchst einfachen und 
ansprechenden conjectur dederont et probaveront , das bestreben, 
die handschriftliche überlieferung in einem einzigen buchstaben zu 
retten, veranlasst ihn zu der folgenden ziemlich gewaltsamen ànde- 
rung, von deren richtigkeit er übrigens selbst nicht überzeugt ist: 
ac ne in graecis id tantum notetur, in locum Y litieracu 
dederunt, set et $ probaverunt. 

5, 47 ist gegen die einfügung der worte et genera nach 
per tempora meines erachtens nichts einzuwenden, bedenklich da- 
gegen ist es 2. 62 aut longa et brevi nach duabus longis 
einzuschalten, zugleich aber das folgende brevem zu streichen. 

6, 14 will Andresen u et s für us, sowie e et s für 4, 
sicherer ist es, wie in den alten ausgaben steht, im anschluss an 
Bern. zu schreiben «, s ebenso e, s. 

6, 26 ist es nicht so ausgemacht, wie Andresen annimmt 
dass quire et nequire zu schreiben ist; und zwar 1) weil & 
von der überlieferung sehr abweicht, 2) weil ein neues beispiel 
in dem zusammengesetzten worte nicht gegeben wird. Die unmit- 
telbar vorhergehenden worte nec plurimum refert , nulla haec an 
praedura sint lassen darüber keinen zweifel, dass ruere oder «r- 
gere vollständig berechtigt ist. 

7, 4. 5 corrigirt Andresen den schriftsteller ohne grund, i 
dem er nicht nur secundae syllabae, sondern auch illa quoque str 

vata est a multis differentia streichen will. Dasselbe gilt 7, 17 
wo er für us in vorschligt ut ill, in dem folgenden worte aber 
die conjectur Halms HICTHE billigt, ferner 7, 20, wo er lw 
garum beseitigen, die folgenden worte so schreiben will: ei s 
iecta longae esset. 

7, 22 ist eine partikel wie af nicht zu entbehren, dafür 
wollte Andresen in setzen, weil sich nirgends bei Quintilian eint 
stelle finde, durch die die richtigkeit von invenire aliquid aliquo 


Jahresberichte. 691 


libro bewiesen werde: dass in vor libro sehr oft fehlt, zeigt ein 
blick in Bonnells Lexicon, die hinzufügung der práposition aber 
gerade an unsrer stelle ist schon von Claussen a. a. o. p. 331 
empfohlen worden und zwar vor libro, vgl. p. 556. 

8, 6 conjicirt Andresen nicht übel amatoria für quae amat. 

10, 5 vor mortalium et statt vel, was indessen kaum noth- 
wendig sein dürfte. 

10, 6 vermag ref. nichts anstössiges zu entdecken, also auch 
die versetzung von effectibus binter diversis nicht zu billigen, 
ebenso wenig wie 10, 10 die umänderung von canebantur in ca- 
nuntur. 

10, 42 findet ref. nichts gegen alia, wofür Halm talia vor- 
schlägt, einzuwenden, deshalb erklárt er sich gegen Andresen's 
ali, ohne zu verkennen, dass dadurch besser und schöner als bei 
Quintilian der gegensatz zu dem folgenden nos facillimum etiam 
imperitis sequamur experimentum hergestellt wird. 

Unbegründete bedenken hat Andresen 11, 12, wo er in dem 
zweiten satz, weil in beiden verben nicht gleiches subject sein 
kónne, elegeris vorschlägt. Eine offenbare correctur des schrift- 
stellers würde es sein, wollte man 12, 6 mit Andresen primo vor 
grammatico deshalb einschalten, weil dann deinde und mox folgt. 
Schön ist am schluss des folgenden 2. 7 die phrase multa fa- 
cere quam diu allerdings nicht, aber nicht so anstössig, dass ein 
grund zu der correctur multa facere quam multum vorläge. 

Von p. 519 an behandelt Andresen mehrere stellen aus dem 
zehnten buche, der umstand dass auch hier zwei stellen im wesent- 
lichen so geschrieben werden, wie dies von Claussen bereits ge- 
schehn ist, nämlich 1, 38 et graecos omnis et poetas et histo- 
ricos et philosophos, wo Claussen nur noch persequamur nach 
Graecos omnes einschiebt, sodann 1, 61 mit Argent. spiritu magni- 
ficentia machen es sehr wahrscheinlich, dass die treffliche arbeit 
vou Claussen dem verf. unbekannt war. An erstgenannter stelle 
1, 38 will derselbe ausserdem et vor oratoribus, wie 2, 15 vor 
inter ipsos gegen die handschriften hinzufügen. 

Selbst 1, 65 hält es ref. für bedenklich poeseos pars 
nach vlla hinzuzufügen. Ebenso wenig theilt er die ansicht An- 
dresen's, dass 1, 70 mala, das im Argent. fehlt, zu streichen sei. 

1, 72 machen die worte si cum venia leguntur den erklárern 
grosse .schwierigkeit, Andresen glaubt diese durch die wenig an- 
sprechende conjectur sicut omnia quae leguntur zu beseitigen. 

1, 83 entscheidet er sich gegen Geels von Halm aufgenom- 
mene emendation vi ac und schlügt dagegen vor, entweder: quem 
dubito scientia rerum an scriptorum copia an eloquendi suavitate 
an inventionum acumine clariorem putem oder quem dubito elo- 
quendi suavitate an inventionum acumine an varietate operum etc. p. 
eins so unwahrscheinlich wie das andere. 


AA" 


692 Jahresberichte. 


1, 102 die worte ideoque immortalem illom Sallusti veloci 
latem diversis virtutibus consecutus est hat Spalding nach der an- 
sicht des ref. richtig erklärt, grund zu einer änderung, wie sie 
Andresen vornimmt, der für velocitatem schreibt auctoritaien 
d. i. klassisches ansehn, ist demnach nicht vorhanden. 


Auch die letzte conjectur zu 1, 104 wo Andresen sehr ge- 
waltsam, wie er selbst zugesteht, vorschlägt vir saeculorum me- 
moria dignus et qui nunc intellegatur statt des überlieferten vir 
saeculorum memoria dignus qui olim nominabitur, nunc intellegitur 
kann ref, nicht für wahrscheinlich halten. 

An diese ausführungen mögen sich zum schluss einige con 
jecturen des ref. zu stellen verschiedener bücher Quintilians as 
schliessen. Zunächst also: 

11, 6, 6 quodsi satis prudenter dicenda viderint, iam prop 
consummata fuerit praecipientis opera. Auffallend doch unbedenk- 
lich ist im ersten paragraphen materias, quas discipulis ad dicen- 
dum dabont , auffallender aber der gebrauch des gerundivums, wie 
er uns hier begegnet; dazu kommt aber noch, dass der gedanke, 
welchen man erwartet, nicht gut und klar durch die wort, 
die jetzt im texte stehn, ausgedrückt ist, nämlich der, dass die 
bemühung des lehrers zurücktreten kann, sobald der schüler ge- 
lernt hat richtig zu disponiren. Deshalb glaubt ref, dass zu 
schreiben sei: quodsi satis prudenter diviserint, iam prope con- 
summata fuerit praecipientis opera. 

Il, 17, 19. Ganz gleichmässig ist in diesem und dem fol- 
genden paragraphen die ausdrucksweise: Hannibal, cum inclusus 6 
Fabio . . . . dedit, ferner nec vero Theopompus Lacedaemonius, 
cum permutato cum uxore habitu e custodia ut mulier evasit, fab 
sam de se opinionem habuit, ferner: orator, cum falso utitur pre 
vero, scit esse falsum, ferner: nec Cicero, cum se tenebras offudiss 
iudicibus in causa Cluenti gloriatus est, nihil ipse vidit. Diese 
gleichfürmigkeit des ausdrucks ist an einer stelle, wo man es gar 
nicht erwartet, am ende des 19ten paragraphen verletzt, hergestellt 
aber wird sie durch hinzufügung von cum, denn nach des ref, a» 
sicht ist zu schreiben: sed, cum illum fefellit, ipse quid verwm 
esset non ignoravit. 

IV, 2, 22 ilud quale sit, tu scias. In der unterweisung 
darüber, wie die erzählung am geschicktesten einzurichtem sei, gilt 
Quintilian unter anderm an, dass der redner dafür sorgen müsse, 
dass die zuhôrer sich nicht langweilten, dass er durch allgemein 
redensarten, wie: „du erinnerst dich“ „es möchte vielleicht über 
flüssig sein dabei zu verweilen“ „aber wozu rede ich länger dave, 
da du es sehr wohl weist‘ für abwechslung sorgen müsse; 
diese redensarten folgt illud quale sit, tu scias, worte, welde 
nicht mit unrecht anstoss erregt haben. Auffallend ist es, das 


CN ~*~ D è a 


Jahresberichte. 693 


dieselben bei Julius Victor fehlen, sie aber deshalb zu verdächtigen 
liegt kein grund vor: wenn nur darum Meyer sie hat streichen 
wollen, so kann ref. seine zustimmung dazu nicht geben. In der 
ausgabe des Campanus fehlen die worte tu scias, so dass also 
illud quale sit von noris abhüngig zu machen ist. Aber abgesehn 
davon, dass diese ünderung ganz willkührlich ist, missfällt sie auch 
deshalb, weil dadurch eine der empfohlenen phrasen geradezu un- 
terdrückt und beseitigt werden würde. Durch eine leichte ände- 
rung glaubt ref. das richtige herstellen zu können, nämlich: illud 
quale sit tu nescias? 

2, 45. Die kürze, welche an Sallust selbst so sehr gepriesen 
wird, erscheint Quintilian für den redner durchaus nicht wün- 
schenswerth: unter den gründen, welche er für seine ansicht gel- 
tend macht, ist einer sehr auffallend, quod (illa brevitas et ab- 
ruptum sermonis genus) otiosum fortasse lectorem minus fallat, 
audientem transvolat, nec, dum repetatur, expectat. Was soll 
das heissen: sie wartet nicht, bis es wiederholt wird? Vielmehr 
kann der sinn, den man in diesen worten erwartet, nur der sein, 
sie wartet nicht, bis es verstanden ist, sondern gleitet rasch an 
dem hörer vorüber. Dieser sinn ergibt sich, wenn wir perci- 
piatur für repetatur schreiben. | 

2, 111 ceterum cur ego iudicem nolim, dum ewm doceo, 
etiam movere? cum ist conjectur des Regius, handschriftliche über- 
lieferung ist ego, so in B, eine lesart, welche offenbar nur durch 
versehn eines abschreibers entstanden ist, welcher das kurz vorher 
stehende ego wiederholt hat, Im Ambr. I und Bamb. von zweiter hand 
fehlt das pronomen, dies ist nach der ansicht des ref. zu billigen. 

V, 7, 8 id quomodo contingat, explicabimus, cum — vene- 
rimus. Id ist conjectur des Regius, ref. empfiehlt dafür quod, 
welches vor dem folgenden quomodo leicht ausfallen konnte. 

11, 18 nam huius quoque generis in eadem oratione reperietur 
exemplum. Ref. hält auch jetzt noch an der in seinen Quaest. 
Quint. II, p. 11 ausgesprochnen ansicht fest, dass statt des futu- 
rums, welches hier nicht am platze ist, das präsens reperitur zu 
schreiben ist. 

VI, 3, 76. Hoc genus dicti consequens vocant quidam atque 
illi simile, quod. Es dürfte sich wohl empfehlen, um den zweiten 
satz lesbarer zu machen est nach atque oder simile, wo es ja sehr 
leicht ausfallen konnte, hinzuzufügen. 

VII, 3, 1. Sequitur coniecturam. finitio . num qui non potest 
dicere nihil fecisse, proximum habebit, ut dicat, non id fecisse quod 
obiciatur . itaque pluribus legibus in isdem quibus coniectura ver- 
satur, defensionis tantum genere mutato, ut in furtis, depositis, 
adulteriis . nam quemadmodum dicimus „non feci furtum, non ac- 
cepi depositum, non commisi adulterium", ita „non est hoc furtum, 
non est hoc depositum, non est hoc adulterium. Es handelt sich 


694 Jahresberichte. 


in diesem paragraphen um die verschiedne art der vertheidigung 
bei diebstahl, anvertrautem geld und ehebruch. Man kann sagen: 
ich habe keinen diebstahl begangen, kein anvertrautes geld em- 
pfangen, keinen ehebruch begangen und bei strengerer scheidung: 
das ist kein diebstahl, das ist kein ehebruch d. h. nicht das ver- 
brechen des diebstahls, des ehebruchs, aber dazu, zu furtum und 
adulterium passt depositum durchaus nicht, man erwartet statt des- 
sen vielmehr ein jenen entsprechendes wort von allgemeinerer be- 
deutung, das etwa dem deutschen ,veruntreuung* oder etwas der- 
artigem gleichkommt. Und in der that weisen die handschriften 
deutlich auf das einzig nothwendige hin, denn in ihnen steht: non 
est hoc initiatio, mit hinzufügung eines einzigen buchstabens ist zu 
" schreiben infitiatio, was hauptsächlich die ableugnung des an- 
vertrauten geldes bezeichnet. 

4, 4. Sed hic de re sola quaestio, iusta sit ca necne. Hi 
ist conjectur des Regius, überliefert ist enim, das ja auch häufig 
durch H bezeichnet wird. Indem wir an dem überlieferten enim 
festhalten, werden wir mit geringfügiger ünderung schreiben: est 
enim de re sola quaestio, 

9, 9. Saepe, utri duorum antecedentium sermo subiuncius 
sit, in dubio est. Die letzten worte lauten in den handschriften 
indubium est, woraus sich leichter dubium herstellen lässt, als 
in dubio. 

IX, 2, 41. Praeponebant enim talia ,,credite nos iniweri ut 
Cicero: haec quae mon vidistis oculis, animis cernere  potestis. 
Diese worte sind bei Cicero noch nicht nachgewiesen und finden 
sich so auch gewiss nicht; dem ref. ist es nicht unwahrscheinlich, 
dass in den worten animis cernere potestis eine verderbniss liegt. 
In der rede pro S. Roscio Amerino sagt Cicero 33, 98 an der 
stelle, wo er die ermordung des Roscius in grausiger weise schi- 
dert: Etiamne in tam perspicuis rebus argumentatio quaerenda oui 
conieciura capienda est? Nonne vobis haec quae audivistis, cernere 
oculis videmini iudices? Diese letzten worte schwebten nach der 
vermuthung des ref. Quintilian vor, derselbe citirte sie, wie öfters, 
frei aus dem gedächtniss. Indessen will ref. auch die weitere ver- 
muthung nicht zuriickhalten, dass die worte bei Quintilian ur- 
sprünglich so gelautet haben: haec, quae audivistis, oculis 
cernere potestis. 

3, 23. Grucci, zagé£rJeoww , nagé£umiwow vocant , dum cm 
tinuationi sermonis medius aliqui sensus intervenit.  Auffallender 
weise wird hier die erklärung der vorangegangnen ausdrücke 
durch dum eingeleitet, und darauf führen allerdings die bestes 
hundschriften, in denen duo steht, man erwartet dafür cum. 

3, 67. Obwohl es dem ref. nicht gelungen ist, diesen a 
schnitt über die aagovoucota in ihrem zusammenhange zu ver 
stehn, so glaubt er doch wenigstens auf ein ühnliches beispiel 


Jahresberichte. 695 


welches Phoibammon oí cynuarwr (Spengel Rhet. gr. III, 47, 
17) citirt, nämlich 6 avFewxog avFownds tor hinweisen zu müs- 
sen. Vielleicht ist so zu schreiben: ef cum verbo idem verbum 
plus significans subiungitur aliquando (aliquando Burman): homo 
est homo. 

3, 77. ‘Oposoztàdevrov + similem. duarum. sententiarum vel 
plurium finem, Es sind mehrfache versuche zur heilung dieser 
stelle gemacht, nicht unwahrscheinlich ist es, dass habet vor finem 
einzuschalten ist. 

4, 124.  Allerum, quod constat membris et incisis, quae 
plures sensus habent. Ein blick auf die varianten lehrt, dass der 
text durchaus noch nicht sicher festgestellt ist; auffallend und 
recht bedenklich ist es, dass et, welches in den handschriften fehlt, 
in allen ausgaben , wie es scheint, aufnahme gefunden hat, ferner 
steht in jenen nicht quae, sondern quod, in S que, endlich hat 
Ambr. I v. zweiter hand habet. Mit recht macht Spalding darauf 
aufmerksam, dass die plwres sensus den abschnitten und gliedern 
beigelegt werden: ohne zweifel sind die worte so zu ändern: 
alterum, quod constat membris incisisque, plures sensus habet. 

XH, 5, 6. Mit grosser theilnahme schildert Quintilian den 
Trachalus, welcher ausser vielen andern vorzügen auch eine sehr 
laute und kráftige stimme besass, dann lesen wir nicht ohne be- 
fremden weiter: sed hoc votum est. Denn das kann man doch 
eigentlich nicht sagen, dass es ein frommer wunsch ist, sondern 
nur das was gleich darauf folgt ein seltnes glück. Ref. hält diese 
stelle für gründlich verdorben und schlägt folgende änderung vor: 
sed haec vocis et laterum est rara felicitas: vrgl. X, 1, 119. 

9, 8. Quod ego adeo longe puto ab oratore perfecto. Auf- 
fallend ist das fehlen des infinitivs: ref. nimmt daher nach puto 
eine lücke an, welche durch hinzufügung von abesse auszu- 
füllen ist. 

10, 59. Itaque illo subtili praecipue ratio narrendi proban- 
dique consistet, sed saepe id eliam detractis ceteris virtutibus suo 
genere plenum. Statt des überlieferten que hat Halm saepe ge- 
schrieben, einfacher dürfte es sein, statt sed das, womit es hüufig 
verwechselt ist, nämlich est herzustellen, also estque id etiam. 

Breslau. Ferdinand Meister. 


Catull. c. XIV». 


Si qui forte mearum ... nobis ist richtig für das überbleibsel eines 
längern gedichts gehalten: es war der anfang desselben, und zwar 
bildete es die vorrede zu einer kleinen sammlung von gedichten, 
welche Catull allein und zwar vor der gesammtausgabe edirt hatte. 
Die gedichte 1—14 sind der herausgabe nach die letzten. 

Ernst von Leutsch. 


lll. MISCELLEN. 


A. Mittheilungen aus handschriften. 


20. Mittheilungen aus einer Tzetzes-handschrift vom Plutus 
des Aristophanes. 


Als ich mich zum zwecke der collationirung der von Brunck 
benutzten codices regii des Aristophanes in Paris aufhielt, kam mir 
auch eine in dem kataloge noch nicht verzeichnete handschrift des 
Plutus in die hände. Dieselbe gehórt zu den durch die franzó- 
sische regierung von M. Mynas, dessen name, von ihm selbst ge- 
schrieben, unten auf der ersten seite steht, erworbenen handschriften. 
Nach meiner rückkehr wurde ich von einem freunde darauf auf- 
merksam gemacht, dass Ritschl durch Dübner eine notiz von dieser 
handschrift erhalten und auch die ihm von demselben mitgetheilte 
collation des stückes der prolegomena, welches sich auf die alexan- 
drinische bibliothek bezieht, in seinen kleinen schriften bereits ver- 
óffentlicht habe. Zu dieser collation habe ich aus meiner abschrift 
nichts wesentliches nachzutragen und bemerke nur, dass die über 
den prolegomenen befindliche überschrift lautet: fffiAog dQsGroga- 
vous them» qégovo uropirnr. 

Ich werde im folgenden eine collation der 206 ersten vers 
des textes (nach der zweiten auflage der ausgabe von Bergk) um 
dann die scholien des "Tzetzes zu den ersten 34 versen mittheilen. 
Das resultat, dass wir für die gestaltung des textes von den 
Tzetzes-handschriften nichts zu hoffen haben, wird bestätigt durch 
eine collation der Wolken, welche ich nach dem bekannten Tzetzes- 
codex der Ambrosiana gemacht habe. 

Der in rede stehende Pariser codex (suppl 655) ist ein bom- 
bycin-eodex des 14ten jahrhunderts. Er enthält ausser dem Plates 
mit den prolegomenen und dem commentare des 'Tzetzes: s 
“Opneov tive (ich bediene mich der von Mynas in der inhalts-angabe 
gebrauchten worte), dann “Agoreldov Adywr teppudyex mit nach 
Mynas’ angabe noch unedirten scholien. Dieser theil ist von einer 


Miscellen. 697 


anderen hand geschrieben, Es folgen bruchstücke aus schriften 
des Aristoteles (meg) xócpov ovoavrov xal üorowv, diadextixn), 
schriften aristotelischer commentatoren und uédodos  dsadextexijc 
lwayvov tod Undrov zu qéAocóqu» tov Iraloù mQog Avdgövızov 
tov facsdfa. Dieser theil ist von einer dritten hand geschrieben. 
Die letzten acht blütter sind von gewöhnlichem papier und erst im 
funfzehnten jahrhundert beschrieben worden. 

Bei der collation des textes füge ich in klammer aus meinen 
collationen die lesarten von vier andern codices bei: 1) des Ra- 
vennas (R), 2) des Venetus (V), 3) des Parisinus I (A saec. XIII) 
und 4) eines Vaticano-Urbinas (Vat. saec. XIII). R? ist die hand 
des scholienschreibers, R? die hand eines nur wenig jüngeren cor- 
rectors, R* dagegen eine viel jüngere hand eines correctors. 

V. 17 ánoxqiwop£vo] arroxgivopitvov (anoxçgsvouérou VA Vat.) — 
v. 18 ovv] fehlt — v. 22 ye] roy (yerdv R rdv VA Vat.) — 
v. 26 u] oe (ce VA Vat.) — v. 31 xoi novngol] zovgoot — 
v. 98 cvpupéoesr] Evupegew (Evupéossr A Vat.) — v. 39 0714] 
079" 6 (059 6 A Vat) — v. 42 êxéleue] Bxéhevoe (êxéleuce 
VA Vat) — v. 43 0 juavio] dé pw’ aim — v. 44 dira] 


fehlt — v. 49 in yv@va:] ist das yvò in rasur von der ersten 
hand — v. 51 in Gére] ist das & in correctur von der ersten 
hand — v. 56 zozegor] aQóregov (ngözego» R? lemma scholii in 


RA Vat.), gYoaosıs] yoacov (goucoy VA Vat.) — v. 57 vor A£- 
ytw] steht über der linie von erster hand yor (ante Afysıy add. R* 
g 
xo Afyew A Vat. — v. 60 éxnmuydava] exnuv9avy (Éxnvy9 vg 
R éxxvvFdvn V) — v. 64 Aiuntoa] diumoav (diunrgav VA 
€ 


djumou Vat) — v. 66 zur] tev (rav VA) — v. 67 dor, è 
décnota] ton décrora (sony déomora ex souv w dfonota R ori 
décnota V Vat. don deonora A) — v. 69 xaralınwv] xata As- 
nav (xára Asnwv V (corr. V?) Vat.? xar’ astòv Undy tr. A) — 
v. 71 ovzovy] oùxoür (ovxoty RVA Vat., in ovxovy corr. V?) — 
v. 72 du] cw (ep R sip’ VA) — v. 73 éçyacec9e] do- 
16086309 (Eeydonosov V oydcectov Vat.2) — v. 74 y, èar] p 
av — v. 75 wir] viv (viv R uéderor pe viv V n£9t098 pou to A) 
— Hv, petleper] fu uedleuey in rasur ist w in ny aber von der 
ersten hand (7v ueOleuey; R ni in margine R* fv usO(suev V 
f» (corr. ex my superscr. dè) uedleusy A vi (supersc. ldov) ue- 
Jíepav Vat.) — v. 78 KAP.] xyo£ (yoe RVA Vat.) — v. 85 88 
Orov neo] éfôrouneo (2Edroumeg RA Vat. sEor0vmeQ V) — v. 90 
Enolnoev] Enolnoe (imofgss RVA Vat) — v. 94 oo] fehlt — 
v. 96 oru] quw (piu VA) — v. 98 édgaxd nw] Ewouxu aus 
Edeaxa nov (sWeaxa mw R éwouxa nov V éweaxa A Vat.) — 
v. 100 rar Zuoü] 1° an’ duos (1° àntuov R tan’ wou ex rino 
&uoUv ut videtur V run duov Vat) — v. 101 éEóps09a] éEo- 


698 Miscellen. 


peta — v. 104 aroMang] ánoMnosg — v. 112 coi d] ov 0 
(où d° RV ov d’ A Vat.) — v. 114 or] Eur (Eur V Eur A 

Vat.) — v. 118 £»99wnoc] avIqwaosg (uvIgwnog RVA Vat.) — 
v. 119 old’ wc] edu (eidws RVA Vat.) — eni] emu corrigirt 
von erster hand aus iw af (éu ei R Zu’ u V Eu’ db A £p d 
(supersc. xn) Vat.) — v. 120 énszotpes us] 2solipes£ pe (envrt- 
wese R ensrotysuey V Ersrolipere A Vat.) — v. 127 moves] #Ô- 
vues, (ndynge RVA Vat.) — v. 131 rd oyugior] 7 Geyvosor (7 
aeyugeov R Vat) — œége] ist zum folgenden verse gezogen. — 


v. 132 1009] tour — v. 135 ovxovr] QUxoUy (ovx ov» R ox 
ovy» V ovxovv A Vat.) — v. 136 xavoc cy] navosıev (navosar 
R Hud CEE VA Vat.) — Tau] tuvi &» (ravia R taùr ay VA 


TUÜT ; E Vat) — 6767) tl di;] Ou te On (0n ri dj R Vat. du di 
yo. Stevan. V ore tl dn. A) — v. 141 diede] dídwc (didwc R 

didus V) — rtaoyvesor] = aoyvesoy (? aervosor R) — v. 142 
nu] 26 (tré RVA) — pévos] puovoy — v. 143 Pu] pie (piu 
V) — v. 145 dy3guimovi] &v dvd quroscs (dv av çuwroscs VA) — 
v. 150 Gray] oz av (0v av R ör’ ar v) — v. 154 zágyvolor] 
vr doyvolou (1 àgyvolov R) — v. 157 6 piv] of uiv, — 6 dî] 
oí dé — Inoevrsxovg] Sngevrinds (9zoevnxag: V Fngeutsxag A) — 


v. 158 KAP.) fehlt (om. R ne V) — v. 160 XPE.] fehlt (omm. 
RV) — v. 163 tec] a (rc RVA) — Alle personen be- 
zeichnungen fehlen bis v. 172 (ebenso bis v. 170 RVA Vat. v. 170 


e 
KAP.| om. RR? yo VA Vat. v. 172 .XPE.] omm. RVOtA xao 


€ . 

Vat. v. 173 KAP.] omm. RV yo A Vat. v. 174 ante versum est 
OÉAÀ xag. Vat. v. 175 .XPE.] omm. RV v. 176 KAP.] omn. 
RV v. 177 XPE.] omm. RV v. 178 ante versum est OA xag. 
Vat.) — v. 165 roig agvyet] rowoQvyst (rosywoposyet R TOI QUE 
lemma sch. in R ruywguyet A) — v. 166 xvaqedes] yvapeve 
(yvapeves A Vat.) — 7 fehlt (om. V) — v. 168 60] 50 — 

v. 169 Aav9avev] dAuvdave (shavFave V) — v. 171 ytyvezui] 
ylretus (ylrerar V) — v. 172 ad dé] tt dat (xf dat R rl dai V 
ı de A) — v. T ovy] ovy’ (ovy R) — Vor v. 172 steht 


xag, vor v. 173 10: vor v. 174 xug (siehe oben zu v. 163) — 
v. 175 d’] durch rasur corrigirt aus dè (dì R) — v. 177 ov] 
ovy (ir R) — Vor v. 178 steht xag. (s. oben) und vor v. 179 


m 
xot (xe A Vat) — v. 178 ov] ovyi (oùyè VA Vat. — v. 184 
x&v] x&v (xav R xai V Ray Vat.) — v. 185 imo mas] in- 
xaJ nn — povor] povog (uovos V Vat., ¢ in rasura A) — 
v. 186 mowiv] motiv (nosiv RVA Vat.) — v. 188 yeyoy'] ytyove 
(yéyovey RV Vat.) — sno] münore — v. 189 dori minor] 


Miscellen, 699 


nuviwy gow (n&viov. Zou R Vat. Fon ruvrwy A) — v. 193 
oödenwmore] ovdé minore (oùdé muore VA Vat. — v. 196 xav] 
xij» (x qv R Vat. xv V xiv A) — avvontai] avion (avons RV 
dwion A Vat) — v. 197 où frwrdy] ovx sivas Buutòv (ovx elvas 
Bewròv RV Vat. &Blwtov A) — adr] avid (avro RV «i10 A) — 
v. 203 derdoraror] derdoruros (desAdtatoc RA Vat.) — 209°] £03" 
(£69? RA Vat. #09 V) — v. 204 dilPaX| ditBarev (dtBadev 
VA) — uc] s/c (1f; VÀ Vat.) — v. 206 xazaxexAeptra] xara- 
xexdescpeva (xuruxexkasouéva VA). 

Ich lasse die scholien zu den ersten 34 versen folgen. Wo 
ich auf die vorhandenen scholien -sammlungen rücksicht nehme, 
richte ich mich nach der ausgabe von Dübner (Paris 1842). 

V. 1 ws doyadfov noayu Fou. ö Fegan dvGgoget zov 
decxorou Énopévov wg le dvdgl. to we molla onmalver vor dè 
avi tov May xeitaı adAayou wugaßoAov xai opolwosw Oniot> xoi 
Erega robuxovra exes Onuawopeva : agyalfov to toyddes xoi 
xoenóv Ègyov yàg maga roig mudusots to dvoyegis exadsizo. 7 
doyuléov 10 Awngóv* ano TOU &Àyog* cAyahtov TOO} tou À elc 
T0 0: moùyua GAayoë pi» xai avro woreg TO Foyer my duc- 
xégeiay Onualves. yu» dè rà &v rj Ovrndela deyopevor tndeyor 
noüyua xai tv Eoyuclav aviov: 

(Die letzte bemerkung von zgäyue dluyou findet sich in 
den Dübnerschen scholien nicht, sonst ist der inhalt wesentlich 
derselbe). 

Vig bri xaè deo: 10 OGy?]u« tovto xal 0 movquxóc 
rgónoc xudsizas VnéQoyov xol &Eoyov xai et T& 1OLOUIOY' avy yo 
totic Aourroïc Feoîs xoà rov rovtwy por Uneg£yovra dla (corr. aus 
diu) ds Ópnoog _purgoxhto xai oly #10 00401 muvtwr davadiv xai 
dyapépvovos® Tew@us tè xai ÉxroQa* xal ta Sela de Aoyıa“ elnate 
tots pudnraïg xai Tí) mérow GA Èvravda 6 nÉrQog xai dc 
vzégoyog "uv padnrwr magednp Fn Th 61708 xal ra un avewto 
ws änagrnodpevog & oùx UE avrov. oùdèr dè émshefpiuor 
7 gouges n Ovoyegés TÔ nagov je doGua, ei unmw avrdy Bovası 
nuvu Gagny les eu. xai twa pi» WevdT THY CyohMoypupuwr Èx- 
Séew 7 Gxuga TIVÙ dé xai tig duc molvpv(ac nra, cos xai 
your tè petayeagpey TO Ovvrokw. xai mifov Tv av Piflo- 
yocquy xutaloew pavllar : 

(Das scholion bei Dübner ist kürzer. Von den beispielen aus 
dem Homer hat es nur das dritte. Interessant ist das hineinziehen 
der parallelstelle aus der bibel, ebenso die weise, wie Tzetzes über 
seine eigene thatigkeit als commentator spricht). 

V. 2 Avopoçür 6 dovdos xuglur Ti BAéntw TOY aUTOÙ 
deonomv yoeuvloy tupAw axodovFovvia Oc LA ó miovrog yuderov 
nos 10, dovdoy yevécdu. xai mhéoy de To, yevkodaı dovAov 
deanótov ágavovroc ein rag Ta ovp gégovra nv pi xal TO) 
decndrn uvıov dobwow tor, uaorizovia:. 7 Wyn yee ovx 


700 Miscellen. 


&& rovg dovdovs decmobeir tv oixeloy Cwputww, zu TUTA piv 
ovtws dy dé zu anodhuve péuqopo ou peta tw Gilwy xoi 
lurgdy Epogog wy üyri tov 10v èuôy deonorqy lacacdas paddy 
xai eeorxdra poevwv xai peaygolwria antneumper 9 (corr. aus 
7) 700 ovx Fou pueluyyolla TupAi dxoAov3 iy BA£movia xui $ 
adtou ódnyevo9os dovAog Afyeras Sts pera déovc Ades xal Alm 
dsonorng ws diovs mosntéos : 

(Die etymologie von dovAog und von deonozns findet sich in 
den Dübnerschen scholien nicht). 

V. 3 Af£aç rg ayıd tov A£En arterie oí yag ásraxol Taig 
perogaîs avr ‚Önnarzwv xgüvsan. us 70 , XQUYAYTES yaQ Epovoi 
ávil rob xexgugucıy xai péon Aöyov xoá ‚reglocnay ThPéaoir x 
dv Tovroig xoi iv tO nalleıg Ep», où pò rovg Feovs xai éréqois 
puglors: Feourwy magayonomxüc vir 0 dovios xuglws ydo de- 
gdnwy 6 xoÀuE xol mis Fequnwy (wohl zu verbessern in dega- 
HEUWY). 

(Das scholion bei Dübner enthält eine bemerkung über den 
antistroph in 7, welche bei Tzetzes fehlt. Dagegen fehlt die be- 
merkung über den gebrauch des participiums und die bedeutung 
von Jeguzo» bei Dübner). 

Die scholien zu v. 4 und v. 5 fehlen in dem Tzetzes-codex. 

V. 6 rov owWuaros yàg oùx da: viv rov dolor not. aürög 
y&Q Exaotos &e To olxéioy compa: xol far, deomosng favroV* ei 
dovAos dì Ta Éavrwr oWuara xvQog xai eovolay oùx Èyovosr all 
où éwymuéros your of deonoras: 

(Die scholien bei Dübner enthalten wesentlich dasselbe). 

Zu v. 7 enthält der Tzetzes-codex kein scholion. 

V. 8 w dè rosta : dobsug Ou} MOTEXGIG ò Gx0 Ar ax 
Aokıv là» xoi guri me TOV rro& Ao&wg pavievopevos* Ws, 008005 
Givy diafàs, wey dàn aoyNv zaruÄUgEr. xai rétyoc zgsroyevei 
Evlsvov dedot evquome Cesc. xoi w Jeln cadauòs dinodeîc dì ov 
réxva ywaıxwv xadlu pugiu: anoddwy di Ellmyogixüs è ö Flog 
wy Aob(ac xudeizas Or LE Ewac elg duo ovx evdudgonür xai 
00% ws GIA Aokwg Texas (corr. aus Feras) xai nogeverus : 

(Das scholion bei Dübner enthält die beispiele von dunkeln 
orakeln nicht). 

V. 9 og Feoniwdsi dvi TOU xencuoloyei Jeomdoyei : rol non, 
dvazeızaı TW dmodhuve wo eldore Ta THY Toy x90vwy tat 
dovra 1° iG0peva ago t éorra : XqvGovg dì rolmovse dg’ écroglas 
175 Zungoodev ày tw Blflw rude degdetons: 

(Die scholien bei Dübner enthalten ausser diesen beiden be- 
merkungen noch eine andere. Die geschichte auf die 'Tzetzes bier 
bloss verweist, ist wahrscheinlich dieselbe erzählung von den mi 
lesischen fischern, welche sich in den Diibnerschen scholien ia 
doppelter form befindet). 

V. 10 péupw dixuluy : »£uecic xoà uépysc diapége. vé- 


Miscellen. 701 


peoss yào N dixala alifacu. pueuyis dì nor: xai ) &dixog.. dia 
TOUTO noocedero TO, disala: 
(Zu-v. 10 findet sich bei Diibner kein scholion). 


V. 11 la1góc xai pávng : : TE0CageS Téxvau GYAXEVTOL rj 
án0ÀÀw» Tobi: ovo lat osxr. paria ti) poveri dì 7 
TE Rosntexai (verschr. statt TOUT UK I) xol zx 00L Aobixal xai Fu- 
pelsui MEQLEYOVIAS téyvas. moog dé 1 »vv yonosuov 17 xwuw la. 
xai TO yehoïor , lurquxny xoi avr magéhuyev” Wo  diaPaln 
dnder tov a&noduve évayrlug éni Lospudw xenoupevov T Te pay- 
"xij xai 17 lorgixi. dia, uiv ToU puovtevparos zovjGoac yQeuvdov 
Hi uovov oùx Èyvwxevar ıl pelo, alu Ar éveoruis TE xai pot 
vousvov. olo» roy tuphoy u ovale dia dì zig largsxiic 6 015 
ógella xai vocovria ovróv burgedons us wy lareds paro ovToG 
épowpéror miguxóta xal UA pehayyolavea xai a&poova vii 
qgovobvroc GREREUYEV" 7 rae oùx Fore dpeoosvag éoyarns Und 
vn PAenovros ödnyeicdus, 10v BAénovza ; duo xai Ororaxtxwg einer 
ws gacw 7704 ol uiv &Moi copdy «Viòv dé y ovo do dì dn 
£oywv wy (nach wy ist ein wort ausradirt , vor, wie es scheint) 
Bien, xolvw tovrov xal rtyvovr pavuv xai Greyyoy largó» : 

(In den scholien bei Dübner werden nur drei téyvas des Apollo 
angeführt, ausgelassen ist die zo&sx. Uebrigens ist in dem ersten 
ubsatz des scholions bei Dübner wohl zu schreiben: éféneuye dè 
7 góc TOUT mary d. h. ohne antwort auf seine frage. xai TG 
770000v015 x. t À. vergl. in dem zweiten absatz: GÀÀd uurnv 
ánéneptye»). 

Zu v. 12 findet sich in dem Tzetzes-codex kein scholion. 

V. 14 7 150007] x’ x avi Toei (corr. aus meovety) : xai moseiv 
el Eu» antuoidy iGu» wc xeynvos yag Boayuretas we To, lerooc 
rouauras nuodévovs Aoyeverus: 

(Zu v. 14 findet sich kein scholion bei Dübner). 

V. 15 roig zupAoig froëueTa : odnyot xai nyswöveg ywó- 
peta vuv rvgÀüv* avılnıwog dè Ó momuxds ovz0g 700706. we 
zo, alavıs de padsora dulgeovs Juudy dover arti soU. alarrog: 
Ecru dè druxdig: 

(Das scholion bei Dübner hat das beispiel aus dem Homer 
nicht und geht in der erklärung des dativs von andern gesichts- 
punkten aus). | 

V. 16 xáui noooficleras. 10 cya rovro xaÈ 6 wosntxds 
rourros xaheîrus ano xouvov* Asímes ydg Tö üxolovOti» And xosvov 
dé Aaufavetas : 

(Die bezeichnung „ano xowov“ findet sich in dem scholion 
bei Dübner nicht). 

V. 17 790: Beuxv tl ano tov dy toÙs ovvie duzov Oc you 
Afyetas 7 án HS n» xolqur gevüc. È CITÒ TW yovımv.  yQvim 
dè Afyovtay ta uso dorguxi GxtvaQua. olus tw KxavIvALidwy 


702 Miscellen. 


(mit übergeschriebenem dorçayailrwr) ai noworeldeg xal ra ruv 
yovooyowy ywraga: 

(la dem scholion bei Dübner steht auch noch eine bemerkung 
zu amoxgsvouévov, sonst wesentlich dasselbe). 


Zu v. 18 enthält der 'Tzetzes- codex kein scholion, ebenso 
zu v. 20. 


V. 21 orépavov tyovra ye : esteparnpogovy of sic Iewoluy 
Su)» dziorritg xal pavrevuuru aoros.  EÉvow thevFsgos* dovior 
xai oux l5?» tiva Creparnpogoy Tosovde ríos tw Tore 7 GAiw; 
IAlyor peyudy yàg tovro doxes nugaßacıs Fawr: 

(Die scholien bei Dübner enthalten noch eine bemerkung zu 
der form runrnoes). | 

V. 22 uà dl’ GA dgelwv : où pau dla’ T0 ua yag poguy 
dmuuonxóv tò dì vai (sic) xatwponxor: © dì vovg où pa 1 
dla où Ge Tüyw qogoUrra 10v Ciégavor y ue Avnm]g th à 
apelwy adıöv Onwg nÀÉov GÀyüc Tg Oreyavov Ting apnonutvos 
xui GOvrwdecréqus was nÀmyüc degoperog xara yupriig xtqung: 

(Das scholion bei Dübner enthält die bemerkung über den 
unterschied zwischen pa und vel nicht). 

V. 23 Ajgoc: où y«Q écynuarsouévoc einwv xoi vBellwv 1 
deonoımp xwpexdg x«l yedolws. xai Mywv uviòv © ZAjoos xoi è 
Anos xai page. où done ravru Afytw 0 xaQluv. GA suv: 

(Die Dübnerschen scholien haben ausser der von Tzetzes in 
den ersten worten verworfenen, und der, welche er billigt, noch 
eine dritte erklärung). 


V. 25 navy cpodea ix nuguAAmAov tavròv tov10 TO oyiua 
xuAeitus : 

(Das scholion bei Dübner ist ausführlicher, ausserdem enthält 
dasselbe noch eine bemerkung zu zwv»9avouci. 


V. 27 xoi xAsniloratov: 10 oyjua nag’ vnovorar axovous 
y&Q 6 olxéenc elmóvrog 10U ÓtGzmórov avróv toy mordiator, Vw 
vores xai rjv. Oevtéquy (ow ayadny sivas xai Enalvov GElær olor 
jv r0, morörarov, 0 dè xai xdentioratoy Eine muoò vnevoe 0 
dovdos ovrt) dè simev ws JéAw» rovg deurds xvioa: ngog yt- 
wa’ 1ob10 y&Q Onovdov xoig xwuwédlu Eorıv. urov dì vw 
votiy tov xÀemilOrG10V, Ovveröv N pAvOTQQLUXOY : 

(Mit recht verwirft Tzetzes die zweite erklärung ,gooviuo", 
welche in den Dübnerschen scholien neben der vorliegenden steht). 


Zu v. 28 und v. 29 enthält der Tzetzes-codex kein scholion. 


V. 30 und 31 fspocvdo: ÖnToges xai ovxopurıas x&v diror- 
pévwg 1à rele Egeis. x&v iegocvAove xal rovg (ürogug xai dr- 
paywyoug smag, tH Evvola oùdè pla ylrerus PauBn néder di 
Ouxopuüvru A€yovtus parFave. 6 G0Àwy vouoyçagwür Ev aJqrux 
negi molhwy Fecpuovs Édero xai roro dì our Gloss Evomodernee 


Miscellen. 703 


coxa & dO» un txptoscda: xai magdoxecIus da 10 Onan 
xai woaîla nuo adbtoig ylvecdas cura’ Og d' ob» 1wag Nieyye 
GixA MiMQKOXOYTUG, Ouxopuvrins 2Akysıo“ VOTEQoy dè zragayonorixag 
i$ avrwy nas pevdws Mywv xad Tivwy Ovxoparınz xadeîta:: 

(Die scholien bei Dübner enthalten ausserdem noch eine zweite 
erzählung zur erklärung des wortes ouxogurrnç). 

V. 31 xai noyngol: movggóg 0 dóAwog xoi mavoveyos mdvngog 
dà 6 movüv xal voc» x«i nüg xexom (+ in correctur) axwe 
Eeqwores. drnxüg dé xai 10» dddvov xai ravovoyov morngow 

ape : 
di (Die Dübnerschen scholien enthalten diese bemerkung nicht). 
melOopuav: oùx Évayriobuas dos quot mgóg Tovro GAG nel- 
Jouo xal Yırmpas. sldug axeıßüs on tw Plw, nAs(ovg tosovres 
nAovrovow: | 

(Die scholien bei Dübuer enthalten nur die bemerkung: ze6- 
Fopar: Isorevw). 

V. 32, 33 und 34 érneonovpevos ovv wydunv: Ügurjowv ob» 
imogsvOn» moog tov Jedr yov» toy GmolÂwva tov Zuor fov 
705 xol cots vouliwy ExreroEe soda: xal ino té 10£wY zig 
eluaeuéyns GvasoeFfvas Trou ed tov (wohl zu schreiben: 2; 70) 
undev 94v. 5 tov Èuòv fo» x«l ziv rig P) Lwiis xoovov 
voulGwr nOn nÀqgovG9os xol Èyyllesv 17 15er] éxretoSevotas 
yao 10 now ras dx petagogas soEorGv. wy toSevoriwy Tuvag, 
nivra xtru9uoci ix qageiQüv ta rokevuara rovréotsy ta Bein: 

(Die scholien bei Dübner enthalten noch eine bemerkung zu 
wc, sonst wesentlich dasselbe). 

V. 33 rudatnweov tov jAenuétvoy xai aFuov où navies qaoty 
ano rov dvvaoduı TAyraı xal, mugov 0 ora mados. We xoi 
ári(uoyoc. nW00ov t’ ely choyows xoi olg texéscow Éderro: dyo 
dì 10» èv mais r—Agmadelars Eveòv xoi mov (der tufstein, stein) 
700n0v Wa yeyovora* wc 7 »iofm puvdeveras. ovd? yàg odd’ 
êxelyn AD oc eyévero’ ng ydo don duvarov AM dannvewdn xoi 
Won &nt)sOuiOm 10 THY Ovupogwv ontoflaAAorr : 

(Die scholien bei Dübner enthalten die erklärung von ralut- 
mwooc, welche Tzetzes billigt, nicht. Nach dem ,,of mdvzec zu 
schliessen, rührt dieselbe von ihm her. Dagegen enthalten sie 
eine bemerkung zu zdv éuòr pé» avrov. Interessant ist in dem 
fragmente des Antimachus das z' sl», weil dadurch die emendation 
awonsvy bestätigt wird, vgl. die adnotatio bei Dübner!) zu dem 
verse). 

Saarbrücken. Friedr. Ad. von Velsen. 


1) Dübner scheint Stoll's fragmentsammlung nicht gekannt zu 
haben: da wird fr. LIL, p. 70 flg. ausführlicher von dem verse gehan- 
delt. Auch vrgl. H. Stephen. Thes. s. v. zwenzös. E. v. L. 


704 Miscellen. 


B. Zur erklärung und kritik der schriftsteller. 


21. Zu Aeschylos. 


Aesch. Eum. 218—222 Herm. heisst es in den handschriften: 

el toîciv olv xtelvovosy GlANAoug yalüc, 

10 un yevífo9os und’ énontevew x016, 

où nu Ogftary y Érdlxwg avdendarziv. 

za pi» yag olda xugru 0’ érJuuouuérnr, 

ta 0 éugavügc xQuccovca» jovyastéguy. 

Dass in dem dritten verse entweder o für y' zu setzen, oder 

0’ hinter éydéxwc zuzusetzen, und dass im zweiten yeréodas ver- 
derbt sei, ist allgemein anerkannt. Die dafür gemachten verbes- 
serungsvorschlàge habe ich aufgezühlt in der dem osterprogramm 
des hiesigen gymnasiums vorausgeschickten abhandlung , p. 28. 
Der sinu der drei ersten verse leidet keinen zweifel. Offenbar 
will Apoll sagen: „denn wenn du gegen die, welche einander 
tüdten, so nachsichtig bist, dass du sie nicht verfolgst (oder büssen 
lässt) noch sie in groll auschauest, so behaupte ich dass du auch 
dem Orest nicht mit recht nachsetzest*. Es ist klar, dass in den 
beiden ersten versen von Klytümnestras that und der art und 
weise wie die Erinyen dieselbe ansehen, die rede ist, während im 
dritten Orests name ausdrücklich genannt ist. Nun aber folgt mit 
za uév — ta dé eingeleitet gerade die umgekehrte beziehung. 
Denn nach der überlieferten lesart muss man den vierten vers auf 
Orest, den fünften auf Klytümnestra beziehen. Dass eine solche 
das verständniss der stelle erschwerende umkehrung der beziehungen 
sprachlich mindestens sehr hart ist, hat von den herausgebern zuerst 
H. Weil erkannt. Er schreibt daher im vierten verse old où 
xaota 0° èvIvpovpéyny, und erklärt 7ouyaséour für verderbt, ohne 
sich auf einen besserungsvorschlag einzulassen. Dass aber die 
handschriftliche lesart verderbt ist, beweisen auch die scholien, in 
welchen nouyusréqur durch das davon ganz verschiedene dodswréoar 
erklärt wird. Ich hatte in meiner oben erwähnten abhandlung, nur 
versuchsweise und bis ein besserer vorschlag gemacht werden würde, 
dafür gesetzt dyg:wtégav. Einen solchen glaube ich jetzt selbst 
machen zu können mit dem worte «oyoAwzfgar. Es genügt zwar 
auch noch nicht allen anforderungen, ist aber entschieden besser 
als dyguwréqur. Es ist wenigstens denkbar dass doyoAwr£gar eine 
randerklärung ox fouyczréquy hervorrufen konnte, Kam nun 
diese statt des richtigen wortes in den text, so musste auch ein 
oberflüchlicher metriker erkennen, dass dann die silbe où zu viel 
war. War dieselbe aber einmal erst geschwunden, und damit des 
richtige logische verhältniss der sátze verkehrt, so war es eine 
fast nothwendige folge dass, um einen wenigstens erträglichen sim 
herzustellen, auch im vierten verse die negation weichen musste, 


Misoellen. 705. 


und so die iiherlieferte lesart entstand. Vom seholiasten aber 
kennte das doch immerhin nicht allzu gewöhnliche wort goyodw- 
téoav recht wohl durch dodswrégar erklärt werden. Die bedeu- 
tung von daoyodog, variis negotiis districtus et intricatus, liegt 
wenigstens dem, was auch wir noch heute mit „intriguant“ be- 
zeichnen, nicht allzu fern. Ich schreibe also v. 221 f. jetzt so: 

Tu piv ydg old’ où sagra 0° è v3vuovpeyny, 

ta Ó' lugavüc nmquocovou» aoyelwrtouy. 

Königsberg i. d. N. Reinhard Schultze. 


22. Ueber Sophok. Antig. v. 582. 


Das zweite stasimon der Antigone ist sehr haufig gegenstand 
sorgfältiger und mitunter sebr umfangreicher uniersuchungen, wie 
von Held (progr. Bayreuth) L. Lange (Jahrb. für phil. und päd. 
bd. 73, p. 164—170) besonders von Kolster (ebend. bd. 95, p. 101) 
geworden; doch wie oft es auch genau eingehenden discussion 
unterworfen ist, es findet sich stets die auffallende erscheinung, 
dass der erste vers eudaluoves, oic) xaxdiv ayevotog aiwy so gut 
als unbeachtet geblieben ist, Es ist dieses um so auffallender, als 
schon G. Hermann an der anscheinenden trivialität des inhaltes 
desselben anstoss genommen und eine erklürung gegeben hatte, 
welche leicht widerspruch erregen konnte und die er heutigen tages 
wohl nicht geschrieben haben würde. Er sagt: Ne quis putet 
ineptam esse hanc sententiam, ut quae nihil aliud. quam felices esse 
qui non sint infelices dicat ,| meminerit. negligentius loqui poetam. 
Hoc enim dicit falices esse, quibus non aociderit insigne aliquod 
malum. Es kounte dem scharfainne Hermanns nicht entgehen, dass 
der dichter, wenn er diese einschrünkung hätte machen wollen, sie 
auch ausgesprochen und ein wort hinzugefügt haben würde, wel- 
ches das non insigne ausgedrückt hütte. Doch fand er den text 
durch sehr gute auctorität, die handschriften, den scholiasten und 
eine erwähnung des verses bei J. Stobáus (Serm. CHI) beglaubigt 
und wurde dadurch wahrscheinlich von einer verinderung abgehalten. 

Wovor Hermann warnte, das trug Wunder kein bedenken als 
exklärung des verses zu geben. Er schreibt mit anschluss an 
Brunck’s übersetzung Felices sunt, qui nihil unquam mali experti 
sunt, indem er eihil unquam eigenmächtig hinzusetzt. In gleichem 
sine übersetzt Böckh (1843) ,glückselige, deren geschick nie 
weh gekostet“; A. Jacob findet in südafuoves den begriff der gott- 
begüustigung ; Schueidewin-Nauck erklärt „günstlinge der gütter*; 
Rloydes blest favoured of gods. Der sehwarm der deutschem über- 
setzer schliesst sich an Böckh an mit ausnahme von Minckwitz. 
Die neuern herausgeber der trogüdie G. Wolff, Meinecke, Sey ftert, 


Philologus. XXXV. bd. 4. 45 


706 Miscellen. 


Wecklein haben eine bemerkung nicht für nóthig erachtet. Auch 
Bovitz lässt in seinen beitrigen zur erklirung des Sophokles die 
stelle unbeachtet. Was jedoch G. Hermann beanstandete, wird mit 
schweigen nicht glatt abgemacht und hier hat er sachlich recht. 

Dass in dem vorliegenden verse unter sèdaluoves nur glück- 
liche menschen zu verstehen und das wort in ganz eigentlicher 
bedeutung zu nehmen sei, erweist der folgende vers, welcher ibnen 
schlechthin unglückliche entgegensetzt oig aztag ovdiv êllelne 
ytveüg ini nàjJog Égnov; doch auch das ganze stasimon entwickelt 
nur den begriff der duodasuoria im gegensatz gegen die an die 
spitze desselben gestellte evdaswovfa. Als beispiel eines solchen 
unglücks wird in der ersten antistrophe das haus der Labdakiden 
angeführt (v. 592) ägyaïu rà Aafdanidàv oxonwy (Olxwv hand- 
schr.) ögwuas nipar apd ove’ (pdmuérwr handschr.) ?mi n1- 
pacs nintovta x. T. 

Aus diesem in den stärksten farben nachdrücklichst entwi- 
ckelten gegensatze gegen die evuda(poveg lässt sich bestimmen, was 
unter diesen zu verstehen sei. Es sind nicht qui nihil mali un- 
quam experti sunt. Der dichter will nicht solche menschen be- 
zeichnen, welche nicht existiren, sondern er stellt sich auf einen 
realen boden und denkt an solche, welche vorhanden sind oder sein 
können. Hätte er gesagt, was die erklirer ibn sagen lassen, so 
hátte er eine inhaltlose phrase ausgesprochen, da wohl jeder irgend 
einmal ein übel zu ertragen gehabt hat. Vielmehr da der dichter 
bei der umfangreich entwickelten dvodasuovfa nur die Labdakiden 
vor augen hat, so folgt hieraus, dass die södulwoveg diejenigen 
sind, welche nicht sind wie sie, also olg ovx ioslo9n FeoFev do- 
pog, bei denen nicht waltet 2070v 7’ Gvosa xal qptvdw» duc 
(v. 603). Die Labdakiden künnen demnach bloss als ausnahme 
unter den sterblichen gelten, während die grössere anzahl der 
menschen ihnen gegenüber als evdafuovec zu betrachten sind. 

Doch mit der feststellung des begriffs der letzteren ist noch 
nicht viel gewonnen, so lange ein logischer fehler im texte unver- 
bessert bleibt. Die aufgestellte behauptung evdaluoves olov xaxov 
&yevoroc alwy ist für sich genommen allgemein; die begründung 
olg dv cd eo Fey douos partiel. Es findet sich also bier 
ein sogenannter ,rabulistenbeweis*, wenn man nicht annehmen will, 
der dichter habe geglaubt, dass alle übel Fe09ey kämen. Da eine 
solche annahme unmüglich ist, so ist eine veründerung des textes, 
durch welche behauptung und beweis in einklang gebracht werden, 
unerlässlich. Leicht wird dieses erreicht und der bezeichnete lo- 
gische fehler gehoben, sobald mit rücksicht auf Pedder, welchem 
begriffe das erforderliche correlat im ersten satze fehlt, um dieses 
herzustellen nur Dewy statt xaxwy geschrieben wird, Danach 
Jauten die verse: 
| Etdatpoves olov Sediv dyevoros alu» 


Miscellen. 707 


olg yüg av ood] Fsodev douos, drag 

oùdèv &AAe(nes x. 1. À. 
Diese veründerung des textes empfiehlt sich nicht bloss als logische 
nothwendigkeit, sondern sie bringt auch den gedanken des ersten 
verses erst in einklang mit den motiven des chorgesanges, führt 
in die mitte der ereignisse des von der gottheit durch stets er- 
neuetes unglück schrecklich heimgesuchten Labdakidenhauses, wel- 
ches nur zu sehr die macht der götter „kostete“ und erhöht die 
firbung des poetischen ausdrucks. 

Gleich unbestimmt und unklar wie der anfang des Stasimon 
ist v. 614 ovdèr forres Ivarw fió:up naurmodis Pig àraç. Nach 
der gegebenen correctur in v. 582 und nach dem zusammenhange 
der ganzen strophe v. 604 — 614 ergiebt sich, dass v. 614 von 
einer einwirkung der gottheit und speciell von seite des Zeus die 
rede sein muss. Man schreibe daher nág Avog statt des sinnlosen 
maprcodes. Leicht konnte die form xag die verschreibung veran- 
lassen, (vgl. Trach. v. 636. Aeschyl. Eum. v. 229. Hik. v. 553, 
wenn gleich letztere stellen in neuern ausgaben corrigirt worden 
sind). Hiermit möchten die vielen versuche das wort raunodss 
zu corrigiren beseitigt sein, wenigstens scheint für die vorgeschla- 
gene ünderung alles zu sprechen. 


Coburg. E. A. J. Ahrens. 


23. Zu dem Hippolytos des Euripides. 


Eur. Hipp. 29—33: 

xai molv piv 9er ınvde yîv Toownyrlav, 

nérgay noQ adınv IlaAAadog xatoyuov 

yüs mode vaov Kingsdos éyxatelouto, 

iodo” Ege Exdnoy" "IExnoAéig 0° Eni 

10 Aoımov wrouaber idovoO c, Sd». 
Die worte klingen seltsam im munde der Kypris; denn ohne er- 
kennbaren grund spricht sie von sich in der dritten person vaov 
Kungudog éyxateloato und idgioIas Oe». Ferner entspricht der 
Eows ExdnAog gar nicht den sonstigen voraussetzungen des dramas, 
sondern steht mit der ganzen exposition desselben in widerspruch ; 
vgl. 39 sqq.: xérrooig Eowrog 7j rado arto Aura oi GV voLOE 
d ovnug olxeıwv vocov x1À.; 271: ovx old’ èAsyyovo” ov yao èv- 
veneı Fédev und die ganze folgende scene, wo die amme die ur- 
sache der krankheit sich zu erforschen bemüht; 392 809: ênel | 
Egos ÉTQWOEr , doxómovv onwc xaAlıor Er autor’ dou 
piv ovv ix tovde, cuyüv ınvde xai xgurisw vooov, wo Phaedra 
selbst die geschichte ihrer leidenschaft erzüblt. Die worte vollends 
*"InzoWrq 0° Em To Aoınöv wvopuber Idguodeos Heavy schlagen der 


MSS 


708 Miseellen. 


entwicklung der handlung im ersten theile des stiickes geradezu 
ins gesicht, abgesehen davon, dass das auf die zukunft hinwei- 
sende ro Aowzróv über die zeit, in der unser stück spielt, hinaus- 
greift und weder mit dem überlieferten wyopaler, das die Phädra 
selbst den gegenstand ihrer leidenschaft offen nennen lässt, noch 
mit dem Meinekeschen «wouolov, das bei den Athenerm die liebe 
zum Hippolytos als allgemein bekannt voraussetzt, einen sinn giebt. 
Ich halte daher die angeführten verse für apäteres einschiebsel; durch 
ihre ausscheidung entsteht in dem zusammenhange keine lücke. 


Hipp. 114 sqq. — Der diener hat den Hippolytes vergeblich 
vor der vernachlässigung der Kypris gewarnt; dieser geht vum 
mahle iu das haus mit den worten: zje an» dè Kungıy mead’ dye 
qaloew Mey. Der diener dagegen : 

nweig dé, tous veoug yàg où pspnréor, 
poovovvTEG OvIWS WG gene dovAois Aێyesy, 
ngo0svboueoda TOLOs Goig dydipace, 
déonowa Kungı. 


Der scholiast verbindet oùrwçs we meines dovAosg Afysıy mit 
nooceviouecda und erklärt es ov peta sodvtelelag Fuowy, dd 
uiv tv zQ0090v5ow monodueda. Dabei verliert jedoch einer- 
seits Aéyes alle bedeutung, das denn auch der scholiast in seiner 
paraphrase, wc mgémzes dovAow, thy evyny novjcopsda , unwillkür- 
lich auslisst, andrerseits verlangt der diener ja auch vom Hippo- 
lytos nichts anderes als eine mOOCPWY7GIS der göttin, ohne von 
opfern zu sprechen (99: xg osv o9 ceuvyr daluov ov „mgooev- 
vénevc;). Kirchhoff und Nauck verbinden peovovrtes ovr ws ws 
ngenes dovioss Aéy ev ; d. h. doch wohl, tamevwe tlg sovc Feovs, 
e008L0s, eine gesinnung, die jedoch nicht bloss den sklaven ge- 
ziemt; überdiess ist auch bei dieser auffassung A&ysıv ohne bedeu- 
tung. Ich möchte ygovouvras einsetzen, das der cod. B (Palatinus 
287) bietet, dieses auf zovg véovg bezieben und die stelle so auf- 
fassen, dass der sklave die worte ovrmc we noëres dovAosg Myew 
euphemistisch spricht in dem sinne von doeßwg, vfgsotixwe, dan 
ibm auf der zunge schwebte, das er aber im hinblick auf sein 
verhültniss zu dem gebieter unterdrückt und mit dieser respectvollen 
wendung (vgl. die ähnliche rücksicht im ausdruck v. 105) um- 
schreibt. Auf diese auffassung scheinen auch die scholien hinzu- 
weisen: dyi) tov üzaggnowiorwg AuÂAd und amagenoraarme Afyu. 
Hipp. 382—386 scheinen mir interpoliert zu sein. Wenn es 

379 aqq. heisst: 

tà xonot ènsorduscda xai „yıyv@onopen, 

00x èartovo ey d°, of pèv dorlac UNO, 

of 0 ndorny meodtrees Gytè Tou xadov 

ahiny Tiv" stot d’ ndovas moAoi Blov, 


so kann man wohl nicht umhin anzunehmen, dass auch dig doyía 


Miscellen. 709 


tier von dem dichter für eine 7dovj angesehen worden sei, eime 
auffassung, die aber der klaren zweitheilang, of uiv doy(ag und, 
of d’ adorno nyodévres Gviè tov xaloù, widerspricht, bei der die 
aeyta und die 7dov7 sich offenbar ausschliessen sollen, Ferner ist 
die durch die worte elo; d’ ndovai modiai ffov eingeleitete specia- 
lisierung der leidenschaften höchst dürftig. Die harmlosen uaxoat 
te Afoyas xal OxoAn, Teomvor wo&ó», dürften doch nicht geeignet 
sein, als reprisentanten der ndovn, des sinnlichen genusses, zu die- 
nen, der den menschen wider seine bessere überzeugung vom 
rechten wege ablenkt, und ihre auffübrung hier rechtfertigt sich 
auch aus dem gesichtspunkte nicht, aus welchem der scholiast sie 
zu etwas höchst schlimmer aufzablähen sucht, wenn er sagt: xa4ddg 
was aloyous Ndords antowwnnoey, ws On dia tovtwy xaxelvac 
Onucdvada’ alta: yao éxelrwr slot wxtixal xrÀ. Vollends schwäch- 
lich aber und unwürdig erscheint der vers, wenn man bedenkt, 
dass die uaxgaè Afoyas doch nicht gar weit und die oyoAy gar 
nicht von der ägyla des v. 380 verschieden ist, wie denn der 
scholiast geradezu erklärt 070%) dadvuta, asgy(a. Endlich ist die 
unterscheidung der beiden arten der «îdws wenig klar, aidwe te, 
dioval d° sioly, 7 piv où xaxj, 1 d° ayFog otxwy. el d° 6 xaigds 
jv caps, ovx av du’ Horn tavi’ Eyovre yodupara; der ausdruck, 
si 0° 6 xoupòs 4» capre, macht dem verstándnisse schwierigkeiten, 
und wie gar die «ldws, welche als &y9os otxwy bezeichnet wird, 
zu den Adovad gerechnet werden kann, ist schwer zu finden. — 
Lisst man die bezeichneten verse weg, so schliesst sich 387 gut 
an 381 an, und das raisonnement der Phädra wird klar und ver- 
ständlich. Durch nachdenken ist sie zu der überzeugung gekom- 
men, dass die schlechtigkeit der menschen (9»nr5r ipgovtis’ 5 
dtpFaoras Bloc) keine folge ihrer naturanlage ist; vermóge dieser 
erkennen wir vielmehr das gute, führen es aber nicht aus, die 
einen, weil sie die dazu erforderliche anstrengung scheuen (@0- 
ytas tro), die anderen, weil sie die sinnliche lust der entbehrungs- 
vollen tugendübung vorziehen (7dovìv xgodévies ytd tov xuloë). - 
Sie aber, Phädra, seitdem sie einmal diese überzeugung von der 
reinen naturanlage und der sittlichen bestimmung des menschen ge- 
wonnen bat, hat den festeu vorsatz gefasst, dieser bestimmung treu 
zu bleiben (oëx #69° bxole qaguoxo diagdegeïr Èuedhov), und 
ven diesem vorsatz erfüllt, hat sie den kampf gegen die von der 
góttin in ihr entzündete leidenschaft aufgenommen, in dessen letztes 
stadiam sie jetzt eingetreten ist mit dem entschlusse des freiwil- 
ligen todes. Die ganze rede ist eine rechtfertigung dieses ent- 
schlusses aus dem gesichtspunkte: , der tod ist das einzig noch 
mögliche mittel, das sittliehe prinzip, das ich mir nach ernster über- 
legung für mein leben aufgestellt, zu wahren“. — Der scholiast 


, 


scheint übrigens zavı’ oùv ind; vyyavov pooroto êyw gelesen 


710 


Miscellen. 


zu haben, das in den zusammenhang und namentlich zu. dem fol- 
genden êuelloy sehr wohl passen würde, 


Guben, 


C. Schliack. 


24. Helladios und Libanios. 


Wer die beiden folgenden stellen des 


Libanios xara Zeßngov III, 
251, 2 


avın (n Tóyz) 4iovvoto Zs- 
xeltav dux» edo TOÙG 
Ovovg ToU margóc otc ni av- 
vev, abın m um vijcov 
"Ayadoxket, xoi 6 marmo, 
Ó xeQaueve oùx exei woe xai 
tl ay Equelay toy £€ÜVO UY OV 
Ayo xai roy °Ataovéa; 
Ma woos ovx x xovg£us 
pér, ‚Ivdois à Entrabev; einw 
TOV dvFgaxéa Bagdviivoy 
moocexvvovY TAÀvesot; puxgóv 
ay Oo3arógac pera TOVTOVE 
dose Sixvdvog xquiD» © 


pay esos. 


und des Photios bibl. p. 530 B. 


Ovndadrov piv vióc Asovu- 
os0g 7" 0 in Zoxellac 
&obag én Teccaguxoyra duoir 
anodéovta, “Aya3Fox2i7g di 
requpéwe xal avròg Ovyyó» 
x00v09 Tixedlac Ggbag* rao d 
“Araevéws (mél Ó' atm 
Oguxlus) Èxtoulas wr xai 
dotàog negev Equelag Il w- 
eos à ó Bacsess Indy 
xovgéoc i nv vioc, Boadvikıs 
dé ug Tiavesür dorgorí rnt» 
avdgaxevg yeyovalc, xai Oo- 
Fayooags Zıxvwvog ir 
Qavwnoev ó pa yesgog. 


vergleicht, wird sofort ein abhängigkeitsverhältniss zwischen beiden 
erkennen; findet er dann, dass er es bei Photios mit einem excerpt 
aus der noayuutelu xonorouadewv des Helladios Besantinoos 
zu thun hat, welches vielfach den wortlaut des in iambischen se- 
naren abgefassten originals bewahrt hat, so wird er anerkennen, 
dass auch dem Libanios dieses vorgelegen hat, Aus dieser wahr- 
nehmung ergeben sich folgende weitere schlüsse. 


Mag jene rede auch in die letzten jahre des Libanios, etwa 
um 390 fallen, so kann in ihr nicht eine schrift benutzt sein, 
deren verfasser zeitgenosse des jüngern 'T'heodosios ist, was nach 
Naber (Photius p. 189) môglich ist. Denn dieser ist erst am 
10. april 401 geboren und am 28. juli 450 gestorben !). Viel- 
mehr ergibt sich hieraus ein neues argument gegen die von Naber 
angenommene, von M. Haupt?) bekümpfte identitit des Helladios 
Besantinoos und Alexandrinos und für die richtigkeit der von Pho- 


D gel. Sievers Studien zur gesch. der römischen kaiser p. 421 


und 4 
2 Tad. lectt. Berol. 1870 p. 5 — Opusc. II, 423. 


VAI 


Miscellen. 711 


tios p. 536 A durch Licinius und Maximian (oder Maximin?) be- 
stimmten lebenszeit des verfassers der chrestomathie. 
Sodann gewinnen wir auch einige verbesserungen des textes, 
Die streichung des xa? vor tov ’Aragv&a bei Libanios durch Wes- 
seling (Diod. Sic. t. II, p. 592) und Bernhardy (Suidas tom. II, 
p. 527) hilft nicht: gerade ein ausdruck der herrschaft wird 
vermisst. Es wird xo; zu halten, jedoch statt tov Aragvéa zu 
schreiben sein r¥gavvoyv Aragvéwc Vergl. Diog. L. V, 1, 
5, 2. 3 ‘Equelay 1óv evvovgov “Aragvéws Orta téeavvov und Lu- 
cian Eun. Q. 9 “Equelav tov evvoüyov tov ix tov Aragréws wW- 
oavvor. Und Bagdviivoy ist bei Libanios in Bagdudsy dy», 
wie bereits richtig im Pal. gr. 282 fol. 216b von m? geschehen, 
zu ändern, bei Photios aber B«gOvAic statt BodóvAAiG zu schreiben. 
Daran schliesst sich die frage, ob aus Libanios auch etwas 
für den text der chrestomathie des Helladios zu gewinnen sei. 
Bekanntlich haben I. Bekker, Naber, M. Haupt (Herm. I, 400. 
Ind. lectt. Berol. 1870 p. 5 sq. = Opusc. II, 424 sq.) aus dem 
excerpt des Photios noch eine reihe trimeter des originals heraus- 
geschült und Meineke hat im Philol. XIV, 20 gerade mit der 
ersten hälfte des in rede stehenden stückes denselben versuch 
gemacht : | 
óvgAdrov uèv vidg nv Asovvosog 
6 vjg Zuxellas teccuoarori agéac Fm, 
duoîr anodéovt’, AyadoxAnç dà xegauéwe 
xadzög Guyvòv rc Tixedlag GoEog yoovov 
vic 0 fiagvéug 
wy ixrouíag xoi dovdos noËer ‘Eguius. 
Man könnte nun geneigt sein den Libanios zur versificirung auch 
der zweiten hälfte heranzuziehen, aber meines erachtens fehlt einem 
solchen versuch die sichre basis, nümlich die gewissheit, dass Li- 
banios sich auch im wortlaut an Helladios angeschlossen habe. 
Ein vergleich des wortlauts beider stellen spricht dagegen. 


Rostock. Richard Förster. 


25. Kritische beiträge zu Demetrius meg? éounvelac. 


Demetrius! schrift ist wohl eine der besten rhetorischen in- 
halts, die aus der späten griechischen zeit vorhanden sind. Deshalb 
wurde sie auch schon oft behandelt, so von Victorius, Gale, Schnei- 
der, und besonders von Finkh. Trotzdem bleiben noch viele stellen 
übrig, die der heilung bedürftig erscheinen, von denen einige hier 
besprochen werden sollen. 

P. 259. 18 Spengel, 2. 2. Hier spricht Demetrius vom umfange 
des x@Aov; manchmal umfasse es einen ganzen gedanken, manch- 


712 MivecHen. 


mal einen vollstindigen theil von emem ganzen gedanken. Dunn 
fährt er fort: we yàp rhe gepde obonc chow revog péon adti: 
04a 0Àng eorty, olov duxtudos xa) ngvc* Wier yop mec 
yoayıv tye toviwy vOv utQU» Exacıov xai Wea péen, ovt xed 
dravolag vos Ang ovens péyadns Bunegilaußdvom’ dv pion 
uva avis GAdxAnoa Orta xai atri. Ein verderbniss liegt hier in 
der hüufung des wortes óAoc im ersten absatz; unmöglich konnte 
der verfasser einer schrift neo? fopnvelas so schwülstig schreiben. 
Wenn wir die letzten worte dieses absatzes mit der beanstandeten 
stelle vergleichen, so ergibt sich, dass 0475 zu streichen ist; denn 
bei selchen vergleichungen pflegt in dieser schrift das verglichene 
mit denselben worten eingeführt zu werden. Es entstand als gles- 
sem zu dem etwas fremdartigen yeıgöc oùons GAov tivo, war am 
rande dieser zeile als correktur beigeschrieben und gerieth so in 
den text. Xeío ist hier eigenthümlich für den gansen arm ge- 
braucht; doch findet es sich vereinzelt in dieser bedeutung schon 
bei Herodot. Il, 121 dnoruuwr iv To Wee t)» yetea. Schneider 
meinte in seiner ausgabe unter beistimmung von Gale, es sei fga- 
ytwy nach siye; ausgefallen. Aber auch ryvc wird für den gan- 
sen arm von der handwurzel bis zur schulter gebraucht, vgl. Eur. 
Or. 1466 Asvxov éupalodou nijyuy otéoro, abgesehen davon, dass 
Demetrius nicht die gesammten theile des armes aufzählen wollte, 
sondern nur vollständige theile (04e uéon). 

260. 28, 2.5 ist die handschriftliche lesart: yoawesew tots dgyi- 
Adyou Poaytow beizubehalten gegen Spengel, der yoatpeser iv roi; 
schreiben will. Man vergleiche nur die folgenden worte p. 261. 1 
oùdè roig Avaxgéorroc, wo sonst nach einem so grossen zwischen- 
raume die prüposition gesetzt sein müsste, wenn sie auch an det 
ersten stelle gestanden hätte. 

264. 18, Q. 17 ist zu schreiben u7xóg té u Fyn xoi zum, 
analog p. 262. 25, 2. 10 xaumiv té teva xai ovorgopnr Lye. 

268. 11, 2.29 ist zu schreiben Gurepyoïsr cy statt cuvegyoier, eint 
vermuthung, die wohl sehr nahe liegt; der plural des verbi beim 
neutrum kommt bei Demetrius vor. Goeller wollte cvvegyoi a» 
haben, aber die form ovvsgyoi bezweifle ich bei Demetrius. Dieses 
kapitel hat sowohl bei Spengel als bei Walz die überschrift sei 
Guovorehevtwy; dieses ist ale glossem zu betrachten, da dieses ein 
theil zum vorhergegangenen abschnitt seo) rogouolwv xwiwy ist, 
im weiteren verlauf wieder von den nugopolwy xw» gesprochen 
wird und am ende dieses fülschlich meg? duosoredsvitwy  überschrie- 
benen abschnittes es heisst: megd pév di 1H» napouolav tana. 
Wäre die überschrift æepè OjosozeAevzuv von Demetrius selbst, se 
hätte er hier am schlusse sagen müssen: oi piv dì rv mago- 
polwy xoi OHOLOTEAEUTUY tata. 

270. 29, 9. 38 nalwvog dé e¥dn duo, 10 uiv mpoxatupxtexdy, ov 
doyes piv puxoa, Anyovos dì recic Pouyetu. Hier ist pf nach 


Mincellen, 713 


pév ausgefallen; vgl. 2. 31 zoeíg uiv fpoytins àgyoom, Ape dé 
pla, wenpe. Die ühslichkeit der vorhergehenden und nachfolgenden 
buchstahen ergibt wohl von selbst die möglichkeit des verderbnisses. 

271. 6, è. 89 strich Schneider xal ver zv iufoAgr, da es deti 
sinne nach aasééssig ist. Vielleicht ist aber xarà r7» dufoXjv zu 
lesen (x = xazd, x = xo); vgl. Ape. p. 360. 1 al &pnyyeer 
xaT jufoÀág mpouvargorrras. 

273. 12, è. 48 alAws uiv yag leuc dvonxoug À tisy ygapupatwy 
ovuninkıc, vwepBoñn O° tugpalvovon 10 péredos Tod owns. 
Hier ist 7508077 grammatisch schwerlich zu rechtfertigen. Zu 
sehreiben ist nach p. 322. 28, 2. 295 1d mè» yàg youùr dAAnyogoür 
arts tov aoFeri xaò Prio» Fin. xoi ama Éupairor tiv adeartay 
avrg vrtofodinòs, ohne zweifel ebenfalls vmsgfloAxoc, da ja die 
abkürzung dieser endung in handschriften häufig verwechselt edet 
ausgelassen wurde. 

273. 22, 2. 48 schreibe ich ayrenzo 9' dv avzov ry me 
yoAonpÉmt.ay statt apyonto d° avrov zur nothwendigen bezeichnung 
des conditionalén verhältnisses. 

278. 27, 2.49 vermuthe ich oloss nad 0 Oouxudlonc xojrdé 
statt oig d. h, lauter solehe starke ausdrücke wendet Thucydides 
an, xexQuytec statt Dod». 

Günzburg a. D. * C. Hummer. 


26. Zu Statius. 


Stat. Silv. 1, 4, 89: 

Nen vacat Arctoas actes Rhenumque rebellem 

Captivaeque preces Veledae et, quae maxima nuper 

Gloria, depositam Dacis pereuntibus urbem \ 

Pandere, quum tanti lectus rectoris habenas, 

Gullice, fortuna non admirante subisti. 

Muse igKur cett. 
Diese stelle ist meines wissens bisher nicht richtig erklärt worden. 
Weber erklärt depositam durch eversam, und Markland, der, wie 
schon Barth vor ihm, die stelle missversteht, baut darauf mit ge- 
wohntem scharfsinn die conjectur arcem für urbem. 

Deponere urbem heisst hier nieht eime stadt zerstören, sondern 

„sie anvertrauen als ein depositum“. So deponere bei Statius Ach. 
1, 385. 2, 240. Silv. 3, 2, 6. Domitian war selbst gegen die 
Dacier gezogen und hatte der proxima cervix ponderis immensi dem 
praefectus praetorio Rutilius Gallicus die sorge für die stadt Rom 
anvertraut; das heisst dus tanti vertoris habenas subire, das ist die 
maxima nuper gloria. Den Daciern ist damals ihre hauptstadt 
nicht zerstört worden; das geschah erst unter Trajan. Die urbs 
ist hier Rom. 


714 Miscellen. 


Stat. Theb. 6, 731 f. 

Constitit inmanis cerni inmanisque timeri (teneri, tueri) 

Argolicus Capaneus. 
Dass Otto Müller mit timeri trotz Gronov und Markland die ein- 
zig richtige lesart aufgenommen, dafür zeugt die entscheidende stelle 
Silv. 4, 6, 36 ff. vom Hercules: 

Deus ille, deus seseque videndum 

Indulsit, Lysippe, tibi, parvusque videri 

Sentirique ingens. 
d. b. zwerg für das auge, riese für das gefühl. So hier in der 
stelle der Thebaide inmanis cerni inmanisque timeri: zitternerre- 
gend für das auge, zitternerregend für das herz. Zu vergleichen 
ist auch die von Otto Müller schon angeführte stelle. Theb. 12, 
222 f. 

Vadit atrox visu, nil corde nec aure pavescens, 

Et nimiis confisa mulis propiosque timeri. 
An dieser letzten stelle möchte ich aber doch einen schlimmen 
fehler verbessern, der den ganzen passus verdunkelt, das aure. 
Zu nec aure sagt ein alter ausleger: contra morem feminarum, ad 
omnia auscultantium per metum. Es muss aber offenbar heissen: 
nil corde nec ore pavescens, starr in ihrem elend, ohne furcht in 
herz und antlitz, und daher ebeh auch propior timeri. 

Silv. 5, 3, 129: 
Maior at inde suum longo probat ordine vitae 
Desunt nonnulla 

Maeoniden aliaeque aliis natalibus urbes cet. 
In meiner abhandlung über Statius, oben 3, p. 516, 2—.6 habe ich 
in der eile abzuschliessen meine eigene besserung wieder umge- 
stossen. Ich bitte deshalb zu ändern : ,,aliaeque aliis mit Gronov 
in aliae quem aliis zu verwandeln, ist unnóthig, da Statius so 
nach griechischer art parataktisch zu reden pflegt, und unrichtig, 
denn Markland sagt und mit recht: infeliciter: nec enim Siatiu 
scripsisse aliae quem alios tam dura elisione, et perpetua 
carminum eius suavitati contraria“, 


Hamburg. Heinrich Köstlin. 


27. Zu Livius. 


Liv. XX XIV, 2, 12: quid enim nunc aliud per vias et compits 
faciunt quam rogationem. tr. pl. suadent, aliam legem abrogandem 
censent? Das fehlerhafte aliam scheint durch versetzung der buch 
staben aus latam entstanden. Die weiber erkühnen sich, die be 
stehende gesetzgebung anzutasten. 


Darmstadt. A. Weidner. 


| 


Miscellen. 715 


28. Beiträge zur charakteristik der sprache des Velleius. 


Ueber den stil des Velleius haben ausführlicher gehandelt Kritz 
in der vorrede zu seiner ausgabe und Sauppe in einer abhandlung, 
welche im schweizerischen museum für historische wissenschaft 1 
(Frauenfeld 1837) p. 133—180 abgedruckt ist. Beide forscher 
haben das gesuchte und künstliche in der redeweise dieses schrift- 
stellers besonders hervorgehoben. In dieser hinsicht ist Velleius 
ein echtes kind seiner zeit gewesen, der zeit, in welcher die rhe- 
torischen declamationen mit ihrem hohlen schwulste den rechten 
aufschwung genommen haben. Freilich waren diese schulübungen 
nicht seine alleinigen vorbilder. Er griff weiter zurück, zu den 
werken des Sallustius und suchte den gekünstelten stil, welcher 
bei diesem schriftsteller ein ausfluss der individualitát war und im 
charakter seiner schriften, als politischer brochüren, eine entschul- 
digung findet, in einem abriss der geschichte nachzuahmen, wo die 
ruhige darstellung der älteren annalisten viel passender gewesen 
wäre, . Kritz und Sauppe haben nun die meisten eigenthümlichkeiten 
des velleianischen stils schon zusammengestellt und richtig gewür- 
digt. Ich werde hier das nachzutragen suchen, was bisher keine 
beachtuug gefunden hat. 


Was zunächst das formale betrifft, fällt bei Velleius auf der 
hüufige gebrauch der sogenannten verba frequentativa und intensiva. 
Folgende beispiele sind hier zu verzeichnen: adsentari, adventare, 
clamitare, consectari, consultare, desponsare, dictitare (5 mal), 
gestare (2), occultare (2), ostentare (2), pensare und repensare 
(4), pollicitari, quaeritare, sustentare (3), venditare, visere und 
revisere (5), vocitare. In den meisten dieser fälle hätte ein einfaches 
zeitwort genügt; eine modification der hedeutung ist selten bemerk- 
bar. Die schriftsteller der silbernen latinität haben jedoch die ab- 
geleiteten formen vielfach bevorzugt. Es ist das eine erscheinung, 
welche von einer verblassung der ursprünglichen bedeutsamkeit der 
wörter zeugt. Eine folge desselben sprachlichen vorganges war 
der gebrauch der composita für einfache verba. Auch dabei lässt 
sich in den meisten fällen ein bedeutungsunterschied nicht fest- 
stellen. Die gleichsam abgenutzten einfachen formen schienen aber 
den schriftstellern für die volle wiedergabe ihrer gedanken nicht 
mehr zu genügen. Besonders auffallende beispiele der art bei Vel- 
leius sind depudet II, 73, 3 für pudet, impellere II, 51, 3. 
70, 1 für pellere, ferner Il, 108, 1 incincti, I, 9, 6 obniti, end- 
lich conquirere 1, 17, 7, wo quaerere wohl ausreichen würde. 

In formaler hinsicht ist ferner bei diesem schriftsteller der 
überaus häufige gebrauch der dritten person plur. perf. activi mit der 
endung ere hervorzuheben. Dieser endung bedienten sich vorzugs- 

weise dichter und geschichtsschreiber, von den letzteren jedoch 


716 Miscelten. 
Caesar nur selten, bei weitem häufiger Sallustius. Dessen einfluss 


werden wir wohl die analoge erscheinung bei Velleius zuzuschrei- 
ben haben, bei welchem die endung ere 60mal wiederkehrt. 


Auf dem gebiete der syntax ist mir bei Velleius besonders 
eine eigenthümlichkeit aufgefallen. Bekanntlich gebramchtem die 
Rômer háufig das participium perf. passivi dort, wo wir uns eine 
substantivums, das die handlung des verbi ausdrückt, bedienen. 
Sie tbaten es besonders, wenn ihnen kein passendes substantiven 
geläufig war, wohl aber auch in anderen fällen. Diese freiheit 
der römischen sprache hat nun Velleius, man könnte sagen, ge 
missbraucht, Er bedient sich dieser ausdrucksweise sehr häufig, 
in allen casus, in verbindung mit verschiedenen präpositioren, 
manchmal in langausgesponnenen sätzen, welche dadurch sehr 
schwerfülig geworden sind. Besonders charakteristische beispiel 
für den letzten fall findet man Il, 43, 3: relicta eius acta in urba 

. victus . . Q. Catulus, . . restituita . . monumenta . ., s 
mulque revocati . . liberi, et praetura . . obita in Hispania, que 
notiora sunt, minus egent stilo; ferner Il, 52, 3: tantum . . pre 
fusum sanguinis et conlisa inter se duo reipublicae capita effes- 
sumque alterum Romani imperii lumen et tot . . caesos viros nen 
recipit enarranda hic scripturae modus. Cf. II, 114, A, wo nod 
part. praes. activi hinzutreten, ferner I, 14, 1, HI, 89, 5. Ich 
erwähne ferner Il, 36, 1: consulatui . . adiecit decus satus 
eo anno Augustus; II, 45, 2: non caruerunt suspicione oppresei 
Ciceronis; II, 124, 3 post redditum caelo patrem et corpus eius 
honoratum; Il, 130, 5 aegritudinem auxit amissa mater. Vergl. 
J, 1, 1. 11, 1. 11, 6. II, 4, 5. 5, 1. 5, 3. 38, 3. 6. 55,2. 97, 1. 
103, 4. 117, 1. 122, 1. 


Als eine folge der rhetorischem bildung wird man es wehl 
bezeichnen können, dass Velleius eine grosse vorliebe für die awe 
drucksweise verräth, durch welche abstracten namen oder geiste- 
eigenschaften eine thätigkeit zugeschrieben wird. So lesen wir: 
I, 15, 3 civitatis severitas et consul Scipio restitere Ii, 87,2 
Brutum Antonii interemit crudelitas H, 98, ? Pisonie virtu 
bellum compressit Il, 119, 8 corpus laceroverat feritas ff, 
125, 2 gladiorum erupit impunitas. Cf. IL, 47, 4. 49, 2. 111, 8 
121, 3. 125, 3. 


Diese beeinflussung des Velleius durch die redeweise der 
schulrhetorik wird uns sehr erklürlich erscheinen, wenn wir be 
denken, dass dieser schriftsteller besonders in kreisen verkehrte, 
die an der rhetorischen bewegung jener zeit regen anthei] nahmen. 
Diesen studien ergab sich bekanntlich der kaiser 'liberius selbst; 
zwei Vimicii Lucius und dessen bruders Publius gleichnamiger enké, 
haben sich durch ihr rednertalent ausgezeichnet. Des letztere 
sohn war aber jener M. Vinicius, an den die schrift des Vellei 


Missellen. 717 


gerichtet ist, Es kann uns deshalb nicht wundern, wenn wir bei die- 
sem schriftsteller sogar direkte nachklünge der schuldeclamationen 
vorfinden werden. Dies ist mir besonders an zwei stellen aufgefallen. 


Ber rhetor Seneca sagt Suas. 6, 21: Quoties magni alicuius 
vri mors ab histericis narrata est, toties fere consummatio totius 
vitae et quasi funebris laudatio redditur. Dies war, wie er sagt, 
besenders die gewohnheit der jüngeren, nach Livius lebenden ge- 
schiehtschreiber (sequentes histerici multo id effwsius fecerunt ). 
Bei Velleius finden wir nun auch so eine laudetio und zwas nach 
erwähnung des todes des Cicero Il, 66. Sie erinnert vielfach an 
gewisse stelleu der bei Seneca erhaltenen declamationen. Beson- 
ders sind su vergleichen Suas. 6, 5 sqq. und 7, 8. Der gedan- 
kengang, ja sogar die ferm sd bei Velleius ähnlich. 

Ferner sind hierher zu ziehen die demokratisehen expectora- 
tionen, welche das capitel II, 128 ausfüllen, Sie waren in der 
kaiserzeit überhaupt, besonders aber in den rhetorenschulen eine 
modesache. Zu vergleichen sind Sen. Controv. I, 6, 4. VII, 6, 18 
und luvenal, der überhaupt vielfach den einfluss der schule verräth, 
Sat. 8, 236 sqq. Die beiden Arpinaten, Marius und Cicero, waren 
das stehende thema in solchen declamationen. Sie fehlen auch bei 
Velleius nicht. 

Endlich erwühne ich hier die hüufigen klagen dieses schrift- 
stellers über die schlechtigkeit der menschen, welche in der samm- 
lung des Seneca besonders stark vertreten sind, 


Breslau. Casimir von Morawski. 


29. Cicer. Nat. deor. 2, $. 143. 


Munitaeque suná palpebrae tamquam vallo pilorum, quibus et 
apertis ooulis si quid incidoret repelleretur, et somno conniventibus, 
quum oculis ad cernendum non egeremus, ut qui tamquam involuti 
quiescerent. Zu diesem locus desperatus bemerkt Ferdinand Lüders, 
dessen zweite auflage der verdienstvollen ciceronianischen chresto- 
mathie hoffentlich nächstens erscheinen wird: ‚die stelle ist ent- 
weder verdorhen (andere lesarten: ut hi — utque — vielleicht un- 
dique) oder doch ven Cicero wieder flüchtig geschrieben. Denn nach 
«lem absoluten ablativ et conniventibus (sc. oculis) musste ein satz- 
glied mit anderem subject als oculi folgen: es folgt aber überhaupt 
Rein verbum finitum, sondern ein abermaliger nebensatz mit zu er- 
&xünzendem oculi (ui qui — quiesc.). Die beste auskunft wäre 
mock, wenn wir statt ut qui ein concretos substantiv setzen dürften, 
ætwa. cribro, colo oder siragulo, nach der offenbar zu grunde lie- 

. stelle Xen. Mem. 1, 4,6... . Gi gotevig per cri 
Gaye, flàtgutQoic arr dvesgu, D, Otay iy odii Agüntus w. 


718 Miscellen. 


den, avaneravruros, iy dé tH invo cvyxizjeras; dig d’ dv undì 
avenos Plamuwow, 790v Brepagldac iupicar depose vt 
ANOYEIOWOR TA vVniQ THY oupuatwv, wg und Ö ix Tis xepadîg 
idows xaxoveyn. Der ganze satz würde durch einen solchen ab- 
lativ in seiner concinnität hergestellt: vallo pilorum, quibus ei 
ap. oc. — repelleretur, et somno conniventibus — stragulo tam- 
quam involuti quiescerent. sc. oculi, wo als einzige anakoluthie 
dasselbe subst. im abl. und nom. übrig bliebe, dagegen die noth- 
wendige beziehung auf quibus (pilis) festgehalten würde“. — 
Auch ohne solchen ablativ, der denn doch ein verzweifeltes 
mittel wäre die verzweifelte stelle zu heilen, lässt sich dieser 
wunsch erreichen. Wie im leben die heuchler mit der harmlo- 
sesten miene daherschreiten, die ehrlichen leute dagegen durch er- 
röthen und erschrecken bei aller unschuld sich als thäter zu ver- 
rathen scheinen, so geht es mit den wörtern in der textkritik. 
Das ut qui ist der ehrliche mann, daher stósst alle welt auf ihn 
als den friedensstörer, und das lammfromme tamquam der verräther, 
der den staat nicht zur rule kommen lässt. Die ganze stelle wird 
durchaus klar und bis auf die herzerfreuende von Liiders be- 
zeichnete anakoluthie concinn, wenn wir nach ut qui das tamquam, 
welches eine in den text gerathene interlinearerklürung zu eben 
diesem ut qui ist, beseitigen, so dass dann quibus zu repelleretur 
und zu involuti (quiescerent) gehört. Dieses quibus — ut qui in- 
voluti quiescerent ist eine leichte ganz natürliche zusammenziehung 
aus quibus — ut qui involuti quiescunt, involuti quiescerent. „Die 
augen sind im wachen von den pallisaden der wimpern geschützt, 
und im schlafe ruhen sie wie leute die in ibre haardecke (osovoa) 
gehüll sind*. Es ist eine wahre erquickung, dass die lateinischen 
klassiker — die Griechen konnten schon nicht mehr mitreden — 
damals noch von zeit zu zeit so schrieben wie man lebhaft spricht, 
dass die rhetorenschulen damals doch noch nicht alle farbe des 
lebens in das einfórmige grau der studirstube hatten verwandeln 


kónnen. 
Hamburg. Heinrich Kóstlin. 


30. Zu Cicero's or. pro Roscio Amerino. 


Cic. p. Rosc. Am. 2. 7 schreibt Halm: Si vobis aequa et he 
nesta isla postulatio videtur, iudices, ego contra brevem postula- 
tionem adfero et, quo modo mihi persuadeo, aliquanto aequioren. 
Wenn die forderung des Chrysogonus den richtern gerecht um 
billig erscheint, dann ist es für Cicero überflüssig, ihr eine we 
tere forderung gegenüber zu stellen; denn dann sind die richter 
in seinen augen banditen und banditen sucht man nicht mit grü= 


Miscellen. 719 


den zu überzeugen. Nein der redner kann die möglichkeit, dass 
Chrysogonos forderung anklang finden könnte, nur ironisch an- 
nehmen. Zum ausdruck dafür dient aber nicht si, sondern nisi 
Das ni vor si ist von dem vorausgehenden worte profiteami ni 
absorbirt worden. Jetzt erst ist die möglichkeit gegeben, der er- 
sten ungerechten forderung eine zweite viel gerechtere gegenüber 
zu stellen. Wer si beibehält, kann in postulatio nicht den inhalt 
der forderung, sondern nur den act oder die form des forderus 
überhaupt finden. Diese erklärung schliesst aber schon contra, 
noch mehr aber brevem postulationem vollständig aus. 


Im folgenden: deinde a vobis, iudices, ut audacium sceleri re- 
sistatis, innocentium calamitatem levetis et in causa S. Roscio 
periculum, quod in omnes intenditur, propulsetis, lässt schon et im 
dritten gliede einen fehler der überlieferung erkennen. Denn die 
haudschriften der Rosciana sind nicht so schützenswerth, dass man 
auf ihre autorität hin eine spracheigenthümlichkeit des jüngeren 
Cicero statuiren möchte. Dazu kommt, dass hier weder eine zwei- 
noch eine dreitheilung statt findet; denn deinde führt eine for- 
derung ein, deren verschiedene seiten in drei gliedern beleuchtet 
werden, ähnlich wie 2. 12: petimus abs te, M. Fanni, a vobisque, 
iudices, ut quam acerrime maleficia. vindicetis, ut quam fortis- 
sime hominibus audacissimis resistatis, ut hoc cogitetis . . eo pro- 
rumpere paratam esse hominum cupiditatem etc. — Endlich ist der 
ursprung des feblers leicht zu erklären. Zuerst fiel vor innocen- 
tium das mit m gleichgestaltete ut aus, und als dies geschehen 
war, wurde zur verbindung wt hinter levetis in et umgeändert. 
Die silbe ni ist nach ut fehlerhaft wiederholt 2. 68: haec magni- 
tudo maleficii facit , ut, nisi paene manifestum parricidium profe- 
ratur, credibile non sit, nisi turpis adulescentia etc, Denn wenn 
das parricidium nicht paene manifestum ist, so ist es selbstver- 
ständlich, dass es nicht glaublich erscheinen darf. Der redner 
will aber sagen: das parricidium ist ein so schweres verbrechen, 
dass, selbst wenn es paene manifestum ist, es dennoch noch nicht 
glaublich erscheint, wenn nicht folgende onueta hinzutreten. Es 
ist also zu ündern: ut, si paene manifestum parricidium proferatur, 
credibile non sit etc. 

2. 124: venio nunc ad illud nomen aureum Chrysogoni, sub 
quo nomine tota societas latet. Als ob Cicero einen besondern bei- 
namen des Chrysogonus im sinne hätte! Nein illud nomen aureum 
ist eine witzige umschreibung für Chrysogonus, und deshalb muss, 
wenn der witz nicht überflüssig erscheineu soll, Chrysogoni ge- 
strichen werden. 


Darmstadt. A: Weidner, 


720 Miscellen. 


C. Auszige aus schriften und berichten der ge- 
| lehrten gesellschaften sowie aus zeitsohriften. 


Mélanges Gréco - Romains tirés du Bulletin de V Académie Im- 
iale des scionces de St-Pétersbourg. Teme III (1869— 1874): 
Ludolf Stephani, Parerga archaselogica XXVI (mit einer 
tafel) p. 1—8. Auf der beigegebenen kupfertafel werden zwei 
unedirte sarkephag -pletten, welche im der kaiserlichen Eremitage 
aufbewahrt werden, mitgetheilt und erläutert, Die unter nr. 1 
mitgetheilte platte stellt das leben des gottes des weins in drei 
arten dar: sein knaben-, sein jünglings- und sein greisen - alter. 
Die erste scene zeigt, wie der gättliche knabe von Satyra und 
Maenaden erzogen wird; die zweite, wie Dionysos als blühender 
jüugliug sich auf Naxos mit seinem gefolge der schlafenden Ariadne 
naht; die dritte endlich, wie er als bärtiger greis die ihm darge- 
brachten epfer eutgegennimmt. Von den unter nr. 2, 3, 4 abge- 
bildeten sarkophag - platten stellt nr. 2 den raub der Kore dar. 
Auf jeder nebenseite des sarkophags zeigen nr, 3 und 4 ausser 
ejnem thymiaterion eine Sphinx, welche sitzend für die ruhe des 
in dem sarkophag begrabenen wache hält und alles nachtheilige, 
welches sich nahen kännte, durch ihre furchtbare kraft zu ver- 
nichten droht. | 
. 4. Nauck, Kritische bemerkungen V, p. 9—102, Hom. 
IL A, 5 wird in olwvoiot ts macs als falsch nachgewiesen das 
bisher gültige 7505 .Die ursprüngliche und angemessene lesart 
olwreiot 1 daite hatte Zenodot, wie aus Ath. I, p. 12 F au er- 
sehen. Die lehre der alten grammatiker hei Homer werde dal 
nar von menschlicher, nie von thierischer nabrung gebraucht, kann 
wenn auch im allgemeinen richtig, doch nicht auf aussehliessliche 
 gelieng apapruch machen, wie, ausser an beispielen aus den tra- 
gikern, an Hom. ll B, 383. Q, 43 nachgewiesen wird. Bie 
lesart daîza wird ferner aus Aeschylos Suppl 801 als mehrere 
jahrhunderte älter denn Zenodot nachgewiesen, auch Manetho IV, 
200 folge ihr. An passender stelle wird dabei die nicht genug 
beachtete mahnung ausgesprochen: nicht den Aristarebischen, sep 
dern den voralexandrinischen Homertext herzustellen sei die auf- 
gabe und das wenngleich unerreichbare, so doch immer anzustre- 
bende ziel der kritik. Hom. Il. P, 160 wird für ngp« Anoıro 
gelesen zyue yévosro nach analogie von K, 453. X, 421. 358. 
E, 63. Odyss. x, 103, wie ja auch lxéoda und yevéoPas ver- 
wechselt erscheinen Odyss. o, 187 oder 223. Hom. Il 4, 187 
wird das ogo dy pév xev als nicht nur unhomerisch, sondern 
überhaupt als uamôüglich beanstandet, ebenso in 4, 202 und den 
zwei stellen der Odyssee c, 361 und &, 259, wo es sich noch fis- 
det.  Vermuthet wird, ea hätten alte diorthoten ogg d» péy des 


Miscellen. 721 


metrums wegen statt £wç uév gesetzt; in diesem falle würde uns 
obliegen 7oc ué herzustellen. Auch Odyss. +, 334 wird roùs àv 
xt xoi nicht für richtig gehalten, dass an dieser stelle weder ay 
noch xe nothwendig oder wünschenswerth sei, lehre Il. H, 182. 
Ob nun roùç aga xoi ndslor, ob anders zu schreiben sei, lasse 
sich nicht wohl entscheiden. Für das fehlerhafte &g ovr’ av xtv 
in ll. N, 127 wird vorgeschlagen: üç ov rol xtv “dong — oùdé 
x °A3yvaln. Für das spätere epos bleibt die verbindung a» xe 
und xe» &v unbeanstandet. Hom. Il. 4, 413 wird nach Nikanor 
interpungirt Gplos, damit dieses aber möglich werde, die präpo- 
sition év getilgt: 2Ac«v dì uéoooror wera oplov, ausserdem aber 
das höchst unbestimmte zuo tidévres als bedenklich angesehen. 
Hom. Il. Z, 133 wird für xei qovoc iyyv9sv avr empfohlen 
éxei uógog iyyv9tv adi. Hom. Od. a, 108 für of pèv Entro 
wird gerechtfertigt of jv &xeidı, da hier wie so oft der vers- 
ausgang gelitten habe, éxei9u steht ebenfalls zu ende des verses 
o, 10. Hom. Od. d, 221 haben die meisten handschriften und 
die jüngeren schriftsteller, welche den vers anführen, x«xcàv èxt- 
Andec anavtwy. Aristarch und Herodian lasen ?2zí(Ag9ov, ebenso 
aber 214730» aecentuirend Ptolemaeus von Ascalon. Spätere autoren 
folgten dem Aristarch. Der einfluss dieser aristarchischen leseart 
wird untersucht und verfolgt. Vermuthet wird, es sei xaxQv Au- 
Jixndèc dmávro» zu lesen, wie Il. X, 83 und ähnliche dichte- 
rische bildungen Aesch. Eum. 893, Soph. Trach. 1021 und Eurip. 
Iph. T. 451 sich finden, Hom. Od. 9, 201 wird für das sinn- 
lose und vergeblich zu erklären versuchte xovqorsgov empfohlen 
xovgotégoss. lbid. 429 wird die verbindung doidijc Guvoy dxovwv 
beanstandet und die möglichkeit und wahrscheinlichkeit nachge- 
wiesen, dass es Go407ç olov axovwy gelautet habe. Soph. Trach. 
1098 heisst der hôllenhund &r000payor téoaç in einer nüchternen 
und sonst nicht vorkommenden bezeichnung. Der verf. batte schon 
vor jahren auf Photius Lex. p. 241, 14 gestützt hier duuluaxov 
téoas vermuthet, später war von Meineke dasselbe wort bei Soph. 
Oed. C. 1568 in avıxdıov erkannt worden, nun wird es auch in 
Hesiod Theog. 310 für aunryavov hergestellt. Dabei wird für die 
etymologie des wortes nicht, wie die alten grammatiker es bei dem 
verwandten apotpdxeros thaten, uayecdas, sondern uosuáy, wor 
paocev, mosmaxıng herangezogen. Auch bei Hes. Theog. 295 
wird für die bezeichnung der Echidna, der mutter des Cerberus, als 
Gungavos vermuthet aualuaxoc. Die betrachtung der zusammen- 
gesetzten adjectiva auf — wnyuvog führt den verf. auf das wort 
oder vielmehr unwort émuryavos im orakel bei Herodot VI, 
19 xaxwv Enıunyave &oywv, wo vermuthet wird es sei zu lesen 
xaxü» Enınoave %gywv nach Emped. 416 und Ion bei Athen. X, 
p. 447 F unter hinzuziehung von Stob. Ecl. phys. p. 856. Auch 
im 'Terpander bei Arrian. Tact. 44, 3 wird ansprechend xadwy 


Philologus. XXXV. bd. 4. 46 


722 Miscellen. 


émnouvos Égywy vermuthet statt des überlieferten xadwy èmsrao- 
eotog Éoywvr. Im orakel bei Aelian fr. 329 ed. Teubn. bei 
Suidas v. róvov ist mepulaëo statt des unerhörten zgogvâaëo er- 
wiesen. Vom neuen bruchstück des Aelian, welches Rasmus und 
Hercher (Hermes I, p. 448) im Etym. Gud. p. 531, 27 gefunden 
zu haben glaubten wird nachgewiesen, das die triviale weisheit, 
welche darin enthalten, gar nicht von Aelian stammt, sondern sich 
nur mit der schreibung der namen Tiruvog und Aldcavds be- 
schiftigt. Vor à» olg sei ws efwev oder eine ähnliche wendung 
mit einer angabe der gemeinten stelle des Choeroboseos ausge- 
fallen. Dem Aelian sei auch fälschlich die aus Suidas v. cofagds 
unter die fragmente aufgenommene declamation (nr. 452 ed. Didot. 
325 ed. Teubn.) zugelegt. Aesch. Prom. 38 wird ovdwxt 
corrigirt in waucev — nach anleitung von vers 8. 30. 252 — 
aus der glosse Zdwxev für Wracey sei um des metrums willen 
noovdwxev geworden. Aesch. Prom. 51 wird dem nothwen- 
digen zusammenhang entsprechend emendirt éyywxa xaurôç, da nach 
ausfal der buchstaben K.4 die übriggebliebene verderbniss durch 
eine falsche änderung verdeckt sei. Aesch. Suppl. 417 ist seit 
"Turnebus doxet deity statt des überlieferten doxeiv dei angenommen, 
der anfang des verses ist aber noch unverbessert geblieben, ob- 
gleich die verderbniss gefühlt worden. Es wird vorgeschlagen ud» 
ouvdoxei deiv. Aesch. Choeph. 759 ist verbessert  qpasdurigia 
statt des überlieferten gpa:dovrigsa. Soph. El. 1148 wird ver- 
muthet yo de jig 07 neoonvdwunv, xdor. Da man KAEI 
statt KA2I las, sah man sich genóthigt das nunmehr müssige À 
zu tilgen, &deAyn aber statt ung setzte ein unverstündiger ver- 
besserer, der sich zur unzeit erinnerte, dass Electra nicht die 
mutter, sondern die schwester des Orestes war. Soph. Oed. R. 
217 wird der ähnliche gang der entstehung der corruptel z5 voow 
aus 1 deo nachgewiesen. Soph. Trach. 468 sei desrw durch 
ähnliche allmälige verunstaltung aus izw entstanden, wie Soph. Oed. 
C. 528 durch lesefehler xA7ow aus éxaow, Trach. 1136 dar 
aus &zÀovv, ibid. 256 ayyıorjex sinnlos und unerhört aus aÿro- 
xeuou. Bekannt ist das schwanken der codices und citate zwischen 
qy9ov( und mde, ydova und zo», zumal aber wurde das zwei- 
silbig gemessene 704ews von den abschreibern durch das ihnen 
besser zusagende y9ovoc ersetzt. So ist zu lesen Soph. Ant. 
187 statt yJovóc — modewc, ebenso Soph. Oed. Col. 926. Soph. 
Ant. 368 statt vouous magelowy y9Jovóc der handschriften — 
vönovg yegalowy molec, und Soph. El. 382 statt ySoróc rid 
ixróg zu lesen mddews rc  éxi0g. Wie die abschreiber gern 
dewóg durch uéyag ersetzten wird an mehreren beispielen nachge- 
wiesen, darnach Soph. Ai. 1235 pueyeda — xaxd corrigirt in 
dewa — nn. Ebenso ist häufig die glossirung von mavoupy 06 
durch xaxovgyoc, wofür aus tragikern wie komikern beispiele an- 


Miscellen. 723 


geführt werden. Soph. Ant. 8 wird nachgewiesen, wie das 
überlieferte tov otgatnydy unmöglich richtig sein könne, als einzig 
möglich und richtig wird zov ugavvov gesetzt und die umwand- 
lung so erklärt, dass zuerst durch einen unwillkürlichen fehler 
zugoavvov in xolgavov verändert und dann von einem verbesserer, 
der das metrum auf kosten des sinnes in ordnung brachte, ozga- 
myov statt xolguvov gesetzt wurde. Dabei wird an Soph. El. 1 
erinnert, wo die lesart auch zwischen OTQAINY | TAVTOS und zuguv- 
ynoavros schwankt. Soph. Trach. 693 ist ófoxouos pari 
geändert in paca déoxouas. Vorausgesetzt wird, dass, nach 
schon früher in den Mélanges Gréco-Rom. Il, p. 705 vom verf. 
nachgewiesenem brauch, von einem abschreiber das dem sinne nach 
zusammengehürige  dégxouos Yaouu agegudiov zusammengestellt 
war und man spáter den choliambus durch substitution des thürichten 
dégxowar yazır zu beseitigen suchte. Die vorgeschlagene verbin- 
dung œquoua depxouas wird durch eine menge von belegen aus 
den tragikern gestützt. Soph. Phil. 57 wird für xAsnıdov em- 
pfohlen xourzréoy, die verderbniss sei entstanden aus dem in vs. 55 
vorhergehenden êéxxléyess. Zu den in den Eurip. Studien Il, p. 152 
nachgewiesenen verderbnissen der art werden noch mehrere stellen 
aus Sophocles und Aeschylus gefügt, so besonders Soph. Phil. 285, 
wo dia yoovov in dea zóvov geändert wird. Eur. Alc. 1154—56 
ist die unmöglichkeit des überlieferten con T évvénw tergaggla 
nachgewiesen und wird dafür zuon 7’ àvvémw zergumioAs gesetzt. 
Eur. Med. 527 wird das vavxAnolas owtergav der handschriften 
geändert in ocwigglas vavxAnoov und zu den in den Eur. Stud, I, 
p. 120 nachgewiesenen verderbnissen der art gefügt: Soph. fr. 
854 bei Stob. Flor. 53, 3 statt xgazovow 7 odévoc xysooi»v zu 
lesen c9évovow 7 xo&rog yegotr und Soph. Oed. Col 113 statt 
des unverständlichen 25 odoù noda wird gelesen éxroduy odov. 
Soph. fr. 227, 1 wird die handschriftliche lesart Gogóc yag 
ovdelc nAnv ov dv nj Jeos gegen die ünderungen Beynen's, des 
herausgebers des Flor.- -Leidense, und M. Seyffert’s im Rhein, Mus. 
XV, p. 614 geschützt. Eur. fr. 600 bei Stob. Flor. 37, 15 
wird ein passender sinn hergestellt durch umtausch von Simo und 
Aoyowc im dritten und vierten verse. "Trag. adesp. 442 bei 
Stob. Flor. 36, 12 dem Menander beigelegt hat schon Valckenaer 
richtig der tragüdie vindicirt. Der schaden des ersten verses ist 
allgemein erkannt, zur heilung ist manches vorgeschlagen, Cobet 
glaubt die stelle durch ein ungeschicktes supplement verfälscht. 
Ebenso der verf., der zu ergänzen vorschligt: «loygov y’ orav we 
yov» ini con poor. Zu den in den Eurip. Stud. II, p. 103 
nachgewiesenen beispielen von falschen supplementen, die auf lücken- 
haft überlieferte stellen aufgetragen sind, werden noch gefügt 
Trag. adesp. fr. 316, wo das sinnlose xoxo 6£ovrog in xoxoU 
zagôyroç, Soph. Trach. 383, wo emendirt wird: öAowıo martes 


46 * 


724 Miscellen. 


of xaxol, padsota dì | Aadgai’ og doxet un neénove’ i694 xaxa. 
Pg. 50 sqq. wird in eingehender grammatischer erôrterung nach- 
gewiesen dass praesentia auf -&J«w mit kurzem alpha der grie- 
chischen sprache durchaus fremd sind. Die formen &uvvaden, 
diwxadev, elxudewv, eigyadew sind aoristformen und auch als 
solche zu accentuiren. Ebenso ist x.&2«w nur eine erfindung der 
grammatiker aus dem aorist uerexlador; GÀxdJew ist schon von 
Dindorf Soph. El. 396 richtig verworfen. Das allein übrig blei- 
bende xela des wird hier nun auch verworfen und an allen über- 
lieferten stellen durch z4&2«t ersetzt. Ueber dieses besonders bei 
den tragikern vorkommende zà«2e«v mit langer wurzelsilbe wird 
ausführlicher nachweis geliefert. Zum schluss werden die drei be- 
lege für eine activform &A{oxw bei Suidas, Diogenianus Vindob. Il, 
66 und Antiatt. p. 110, 13 als nicht annehmbar, da in den beiden 
letzten stellen anders zu lesen ist, erwiesen, Aristoph. Nub. 6 
wird empfohlen &zóAÀow dir, @ modsue, moÀÀow elvexa | Gt’ ovdi 
qÀüv Eteort pos tovs oixéraç im hinblick auf Aristoph. Nub. 1376. 
Aristoph. Av. werden die verse 933 und 934 nicht wie bisher 
dem Peithetaeros zugetheilt sondern dem dichter, der die neue 
stadt zu besingen sich anschickt und eine gabe erhaschen will, 
ebenso vers 947.  Herangezogen wird Acharn. 465 wo Euripides 
verspottet wird und euripideische verse parodirt sind, so wird ge- 
muthmasst, dass Aristophanes auch hier einen vers aus dem Tele- 
phus benutzt. Pherekrates Com. 2, p. 287 bei Ath. IIl, 
p. 75 B wird statt xdumpniapevos xdFevde gelesen xauninweros 
xadevde Dionysius Com. 3, p. 548 bei Ath. IX, p. 405 D 
Èpno9” Éyovra statt pus £yovro. Menander Com. 4, p. 202 
bei Orion Gnomol. 1, 17 #0@v ts für ógov ri. Men. monast. 
281 xal nıwyög statt yog mtwydc. In den worten des Floril. 
Monac. bei Meineke Stob. Flor. vol. 4 p. 277, 23 hatte verf. 
Philol. IX, p. 370 einen iambischen trimeter, den er so herstellte 
7 O° sölaßeın xadov Eos roi; yowuévoi. Diese vermuthung wird 
bestätigt durch das citat bei Didymus de 'trinit. I, 27, p. 81. 
Etym. M. p. 139, 39 hatte A. Lentz Philol XXIV, p. 542 
einen vers vermuthet und emendirt. In der gaisfordschen ausgabe 
des Etym. M. war der fragliche vers schon erkannt und dem Eu- 
polis zugewiesen, desgleichen von H. Jacobi bei Meineke Com. 5, 
p. XC nachgetragen. Nebenbei werden von den bei Düntzer 
Fragm. der ep. poesie Il, p. 116—123 als ungewisse fragmente 
aufgeführten versen nr. XXX als dem Empedocles gehôrig, nr. 
XXXVII als ein bekanntes zuerst von Herodot erwähntes orakel 
und nr. XL als aus Damascenus stammend nachgewiesen. Der 
von Leutsch im Philol. IH, p. 573 gebotene vers in Appendix 
Prov. 2, 15 aus K und beim Greg. Cypr. Paroem. Il, p. 69, 
den H. Jacobi Com. 5, p. CCCLXV anders abtheilte, wird als 
schlichte prosa des Greg. Naz. Orat. I, p. 5 C. nachgewiesen. In 


Miscellen. 725 


den Excerpta Vindob. bei Stob. Floril vol. 4, p. 294 
ed. Meineke hat Boissonade vier aus den briefen des Theophyl. 
Simocatta entlehnte stellen nachgewiesen. Entgangen ist ihm wie 
Ritschl Opusc. phil. 1, p. 571, dass auch nr. 54 aus derselben 
quelle stammt, Epist. 77. Bei Meineke wie bei Ritschl fehlt der 
nachweis der quelle bei folgenden aus Isocr. ad Demonicum stam- 
menden excerpten: 61 (2. 19). 66 (2. 31). 67 (2. 33). 69 (2. 35). 
70 (2. 39). 71 (2. 46). Zw dem von Meletius Anecd. Oxon. 
vol. 3, p. 118, 11 angeführten hexameter werden mehrere auf 
ihn bezügliche stellen angeführt. C. J. 6765, vol. 3, p. 1080 
steht eine inschrift Evgapelrw aldig xa) ya | orürw móvrog 
orarw Ó' ang. Die ächtheit derselben hat Letronne aus palüogra- 
phischen gründen bezweifelt. Franz hatte gemeint die fälschung 
gebe hier ein verloren gegangenes original wieder, verse aus einem 
alten dorischen hymnus.  Nachgewiesen wird als wörtliche quelle 
der dritte hymnus des Synesius p. 320 A. Bei Bergk PLyr. 
p. 1045 ed. II steht unter den elegischen adespota ein unvoll- 
ständiger pentameter ov navia Jeoi nücw Édwxar Eye, den Bergk 
zu emendiren versucht und von einem älteren elegiker ableitet. 
Die mühe erscheint unnütz, da das epigramm der Anthol. Pal. 12, 
96 das vollständige distichon richtig giebt und der dichter der 
Anthologie sich auf Hom. Il. 4, 320 bezieht, ebenso wie Libanius 
Decl. vol. 4, p. 86, 1 und Synesius Epist. 40, p. 180 C. Auch 
die vermuthung Bergks, dass Alpheus in Anth. Pal. 12, 18 die 
worte wvyZc éori "Eows óxóvy aus einem älteren elegiker ent- 
nommen habe, wird als hinfällig bezeichnet, wobei bemerkt ist 
nicht der gott, sondern das apellativum Zgwg sei hier gemeint, wie 
Cic. Acad. pr. If, 44, 135 ipsam iracundiam quasi cotem esse di- 
cebant. Im Epigr. des Archelaus (Anthol. append. 12) bei Antig. 
Car. 19, p. 66, 21 ed. West. wird 7 z&vta CwoSeroïox quoi 
in 7 mzávra Cwoyovovon quos geändert. Babrius 95, 9 wird 
für das überlieferte Adyoic, Ingevdetca empfohlen Aoyoıcı prw- 
Seïou nach Suidas v. qzAov»v. Ibid, 115, 12 wird die hand- 
schriftliche lesart zl yàg vnpwv uos, welche Lachmann, Meineke 
und Schneidewin ändern zu müssen glaubten und die Bernhardy 
Paral. synt. gr. p. 67 durch zehn belegstellen stützte, durch eine 
zweite decade von entsprechenden stellen geschützt. Meineke hatte 
in den Jahrb. f. philol. 1863, p. 387 zu seiner verdienstlichen 
abhandlung ‚de Cercida Megalopolitano poeta et legislatore“ (Epi- 
metrum XII in den Anal. Alex. p. 385—394) eine interessante 
notiz nachgetragen aus einem gedichte des Greg. Naz, (vol. II, 
p. 444 ed. Benedict. Paris 1840). Die sechs verse, von denen 
die drei letzten auch bei Kosmas in Maïs Spicil. Rom. II, p. 254 
stehen, sind gründlich verdorben. Der verf. heilt die stelle unter 
zuziehung einiger verse aus einem andern gedicht des Gregorius 
Naz. svyxgioss Biwy (vol I, p. 394 ed. Paris), indem er die 


726 Miscellen. 


verse so folgen lässt: 1, 2, 4, 5, 3, 6, dabei aber in 5 statt 
télog Tovpurruv liest auroçg roupmiis, in 6 statt adtig Toupñc 
#9 aber zélos tevpwviwr. Thucyd. II, 11, 8 ist in den 
worten m» r&v» Aag Onoùr uaddov N ij» Éavrdr Soar eine 
schwierigkeit, welche die erklärer fortzuschaffen meinen durch eine 
geforderte ergänzung dyovuévny zu bo&v. Es wird gezeigt, wie 
eine solche zumuthung weder gerecbtfertigt sei, noch den ge- 
wünschten erfolg biete, dagegen der erforderliche sinn gewonnen 
werde durch die naheliegende änderung des ögär in deovv. Hy- 
perides bei Stob. Flor. 74, 34 wird unter hinzuziehung des 
folgenden excerptes 35 leicht geheilt indem an 34 sich anschliesst 
yiyvoutyovg poBniéor. Dann wird weiter gelesen 35 "ToU avro). 
Ovx dvdooù anediy, EAU vouov quwiv xugreveir dei tov èlev- 
Ségwy unter hinzuziehung der überschüssigen worte von Gaisford’s 
zweiter handschrift. Die zweite stelle wird nachgewiesen als ent- 
lehnt aus dem neuerdings aufgefundenen ’Ensrugsog des Hyperides 
(V, 140 Cob.). Plut. Mor. p. 525 D. werden die unverständ- 
lichen worte der auch bei Plut. Apophth. Lacon. 55, p. 235 E 
erzählten anecdote cazgayogo 0005 emendirt in cuxga yàg à 
zov&, unter hinzuziehung von Ar. Plut. 1086. Dabei wird denn 
auch das vorhergehende &vayxn in dvayxa geändert, zumal da in 
den Apophth. Laconica die dorische endung überliefert ist. Ari- 
stides vol. 2, p. 670 Dind. wird die stadt Athen genannt rjv 
xowny anavıwv olr(av te xoi tgogov, hier schlägt der verf. vor 
éotlay te xoi teogdv in vergleichung von vol. 1, p. 181 und 
p. 319 und Aelian V. H. 4, 6. Die verbesserung bei Athen. IX, 
p. 409 A Kosxoa statt des überlieferten Kaıxo« wird noch aus 
Demetrius regt romudıwv Vol. Herc. 1, p. 121 ed. Oxon. be- 
glaubigt. Clemens Alex. Protr. p. 35 findet sich ein sprich- 
wort in einem vom verf. schon vor jahren durch umstellung her- 
gestellten trimeter, die überlieferte lesung wird geschützt gegen 
einen änderungsvorschlag von Cobet im 4dysog *Egujg I, p. 244. 
Clemens Alex. Paed. II, p. 185 wird eine eingedrungene 
randbemerkung entfernt und gelesen: we oi PaorÂsïc of avontos 
xadaneg xoi rovc qíAovc, oviw dé xoi 10 Udwo 10 Xodomtor 
ixayduevos. Clemens Alex. Strom. VI, p. 745 wird statt 
ta péyiota xoi ôuopula geschrieben ra dA. ra ouôgprla und 
bei Herodot VII, 23, 3 eine ähnliche corruptel nach entfernung 
des eingeschalteten xoà geheilt in: xwrw ze di) dyívero 2E Toov 
zoïor &ÀÀow 10 Egyov. Procop. Gaz. in Cuiacii Epist. Graecan. 
p. 443 ist emendirt wılooe, Aéywr, atlooe ov’Avakdoyov SéAaxoY 
avtov yao Avakagyor ovmote nrloouç statt des überlieferten 
77008, Alywv, mijoot tov PE avagyou Fviaxov, avrdr ydQ 
avtiogyov ovnote mimoosg. Procop. Caes. de bello Per- 
sico II, 15 vol. 1, p. 222 ed. Dind. wird foeoSas mponoro 
verbessert in È0e0das moo&evos in vergleichung von Alciphr. 3, 72, 2 


Miscellen. 727 


und Eust, Il. p. 485, 17. Von dem durch Valckenaer hinter dem 
Ammonius herausgegebenen kleinen As&ıxov negi nvsvudzwy, 
als dessen verfasser Boissonade Anecd. II, p. 37 den Johannes 
Levita aus Bithynien bezeichnete, wird nachgewiesen, dass es ein 
excerpt sei aus der von diesem Johannes verfassten zusammenstel- 
lung und die verse bei Cramer Anecdot. Paris. vol. 1, p. 397 aus 
der Pariser handschrift nr. 1270, auf grund welcher Boissonade 
sein urtheil fällte, werden als drei iambische trimeter hergestellt. 
In einer delphischen inschrift bei Wescher und Foucart nr. 230, 
p. 170 steht unvòs "Hutov, woraus Benseler in seinem namen- 
lexicon einen monat Huroç = blutmonat aufgenommen hat. Es 
wird nachgewiesen dass hier ein lesefehler statt gefunden für 
MHNOZ . NATOY d.h. uzvóc évatov wie Inscr. Delph. nr. 47, 
p. 92 und nr. 81, p. 73. — Pag. 79— 87 giebt der verfasser 
zahlreiche zurechtstellungen und ergänzungen zu Benseler's namen- 
wörterbuch, dessen vortreffliche arbeit dabei aber in ihrem werthe 
nicht beeinträchtigt werden soll. Verg. Aen. II, 94—96 wird 
der mittlere vers als interpolirt ausgestossen und dann gelesen: 
nec tacui demens, set me, fors si qua tulisset, | promisi ultorem et 
verbis odia aspera movi. Die darauf folgenden verse werden unter 
yergleichung des griechischen ausdrucks gelesen: haec mihi prima 
mali labes. Verg. Aen. VI, 534 loca lurida statt loca turbida. 
Verg. Aen, Vl, 890—899 werden die verse 803—896 aus- 
geschieden und dann gelesen portaque emittit averna für portaque 
emittit eburna. Hiermit wird Vergil von einem unsinn befreit, an 
dem alle bisherigen erklärungskünste gescheitert sind. Beachtens- 
werth ist der erneute nachweis an stellen anderer autoren, wie 
nicht selten falsche lesarten für die kritiker des alterthums ein 
anlass geworden sind zur einschiebung ganzer verse. 

A. Nauck, Bericht über E. Miller's Mélanges de littérature 
Greoque. Die von E. Miller im auftrage der kaiserlichen franzö- 
sischen regierung unternommene reise nach dem Orient liess man- 
cherlei ausbeute erhoffen, durch welche unsere kenntniss der grie- 
chischen literatur erweitert und manche bruchstücke verloren ge- 
gangener schriftsteller zu tage gefördert würde. Ueber alles 
erwarten reichlich ist die ausbeute ausgefallen. Sie ist grössten- 
theils grammatischen inhalts, bietet aber eine überraschende fülle 
von neuen und schätzbaren fragmenten älterer schriftsteller und 
reiht sich würdig an die ziemlich bändereiche literatur der neueren 
anecdota an. Merkwürdiger weise stammt der wichtigste und um- 
fangreichste theil der mitgetheilten texte nicht aus dem Orient, 
sondern aus Florenz und besonders aus dem schon von Fabricius 
und Gaisford rühmlichst erwähnten Florentiner codex des Etym. 
Magnum. Rühmend wird hervorgehoben dass Miller nicht der sitte der 
meisten herausgeber von anecdota gefolgt ist und mit diplomatischer 
genauigkeit den text mit allen handschriftlichen fehlern wieder- 


728 Miscellen. 


zugeben sich begnügt, sondern durch nachweisung der citate und 
vielfache emendation sich wesentlich verdient gemacht habe. Wenn 
ihm hier und da manches entgangen, so sei ihm, der so vieles 
bringe, dadurch kein vorwurf erwachsen. In der eingehenden be- 
sprechung der einzelnen abschnitte des bandes wird nun viel inte- 
ressantes auf grundlage der ausgebreiteten belesenheit und arbeiten 
des berichterstatters nachgetragen. 1. bespricht die bei Miller in 
p. 11— 318 mitgetheilte ausbeute, welche die vergleichung der 
Florentiner handschrift (F) des Etym. M. ergiebt. Einiges neue 
ergiebt sich da zuerst für Homer, z. b. dass man Od. 3, 182 
ehemals gelesen viv d’ Gyoucs (statt Éyouu) xaxoıntı xal adyeds, 
etwas für Antimachos, reicher ist der ertrag für die ly riker, 
Archilochus, Simonides, Hipponax, Alkman, Sappho, Alcaeus, Stesi- 
chorus, Ibycus, Anacreon, Simonides erhalten mancherlei neues, er- 
weiterungen unserer bisherigen kenntniss und berichtigung. Von 
den tragikern gewinnen zuwachs: Aeschylus, Sophocles, Euripides, 
lon, von den komikern: Epicharm, Sophron, Kratinus, Pherecrates, 
Eupolis, Aristophanes, Plato, Alcaeus, Polyzelus, Axionicus, weniger 
Menander. Von den Alexandrinern wird bereichert Kallimachus, 
Euphorion, Apollonius Rhodius, die orphischen gedichte. Eine 
menge von versen, die ohne nennung ihrer verfasser in der Flo- 
rentiner handschrift mitgetheilt werden und die auch von Miller 
als adespota verzeichnet sind, werden von Nauck in ihre stelle ge- 
rückt und berichtigt. Auch für die prosaiker ist ausbeute vorhan- 
den, wenn auch nicht in gleichem masse wie für die dichter. 
II. Werthlos ist dagegen das zweite mitgetheilte stück aus dem 
Etymologicum parvum, das Miller unter dem titel 2rvpoAoyía, dsa- 
qogos ane diagpoowr étuuoloyixdy Exieysicaı p. 319 — 340 mit- 
theilt, 111. Weit erheblicher ist der werth der vier leider nur 
fragmentarisch erhaltenen sammlungen von sprichwörtern, die Miller 
p. 949—384 folgen lässt, weniger durch die vermehrung des über- 
lieferten überaus reichen sprichwörterschatzes, als vielmehr durch 
die grüssere correttheit und gelehrsamkeit der erlüuterungen zu 
bereits bekannten sprichwôrtern. Wir gewinnen daraus für die 
ältere literatur ein nicht zu verschmähendes contingent von neuen 
notizen und für die ergünzung und berichtigung der uns überlie- 
ferten texte der parömiographen manches material. IV. Aus der- 
selben handschrift, welche die sprichwörter enthält, werden von 
Miller p. 397—436 mehrere kleinere abhandlungen grammatischen 
und lexikalischen inhaltes mitgetheilt, die für die gelehrtengeschichte 
des alterthums von nicht geringem interesse sind. Hervorgehoben 
seien von diesen hier nr. 3, welche eine kleine schrift des bisher 
gar wenig bekannten und darum bezweifelten Zenodorus enthält, 
nr. 4 Sountlvov Tooyxvhou negi fAacquuwv xal nóOe» éxaem, 
wodurch uns ein einblick in die bisher fast nur dem titel nach 
bekannte schrift des Suetou'schen werkchens geboten wird, welcher 


Miscelleu. 729 


lehrt dass Sueton die arbeit des Aristophanes von Byzanz in be- 
quemster weise epitomirt hatte, auch die sich anschliessenden ex- 
cerpte aus verschiedenen andern capiteln der A£&sıs des Aristo- 
phanes von Byzanz scheinen sicher von Sueton herzurühren, wie 
auch das mitgetheilte fragment über die spiele bei den Griechen 
gleichen ursprunges erscheint. V. Im letzten abschnitt seines wer- 
kes p. 437—458 hat Miller drei hymnen, die er orphische nennt, 
bekannt gemacht: an die Hekate, an den Helios, an die Selene. 
Von wo er sie her bat, ist nicht mitgetheilt , Nauck glaubt sie 
seien ungefähr im llf. jabrbundert nach Chr. verfasst und bespricht 
und emendirt besonders den hymnus an die Hekate. 

A. Nauck, Bemerkungen zu den sprüchen des Publilius Syrus, 
p. 187 — 206 handelt der verfasser in veranlassung der ausgabe 
des Publilius Syrus von Ed. Wölfflin, da in derselben die griechi- 
schen originale, welche einzelnen sprüchen zu grunde liegen weder 
vollstándig noch durchgängig genau verzeichnet sind, eingehend über 
diese frage, knüpft dann einige auf die textkritik der Sententiae 
des Publilius Syrus bezügliche bemerkungen an und schliesst zum nach- 
weis dessen, dass die metrischen eigenthümlichkeiten des Publilius 
Syrus von den neueren kritikern ófters verkannt worden sind, mit 
einer eingehenden untersuchung der frage, in wieweit Publilius 
Syrus sich den proceleusmaticus gestattet habe. (Schluss folgt.) 

The Dublin review 1869. 4 trim. Subterranean Roma; ge- 
schichte der nachforschungen unter Bosio, Mai, de Rossi; bericht 
über des letzteren werke, besonders über den auszug, den Northcote 
und Brownlow daraus verôffentlicht haben, so wie einiges über die 
kunst der katakomben, p. 393— 420. — 1870 enthält nichts 
philologisches. — — 1871. 1 tr.: Champagny, Etudes sur 
l'Empire Romain; les Césars du troisième siècle. Der verf. des 
aufsatzes sucht besonders die verschiedenheit der ansichten bemerk- 
bar zu machen, welche zwischen den anschauungen Gibbon’s und 
des franzósischen geschichtschreibers besteht, von denen nämlich der 
letztere ein entschiedener freund des christenthums und der kirche 
ist — — 1871 enthält sonst nichts philologisches. — — 1872. 
Nr. 1. 2. 3 enthalten nichts pbilologisches, Nr. 4 oct. bis dec. 
A word on classical studies, in beziehung auf aufsütze in the 
Month, sept. oct. 1872. Neben den heidnischen autoren, so will 
der verf. dieses aufsatzes, sollen auch christliche, wie Chryso- 
stomus und Augustinus in deu schulen gelesen und die in folge 
dessen nöthig werdende beschrünkung der lectüre heidnischer au- 
toren durch ein „concordat“ festgestellt werden. — — 1873. 
Nr. 1. jan.—märz: Etruscan Inscriptions analysed, translated and 
commented upon by the Earl of Crawford and Balcarres, London, 
Murray 1872. Der graf will das etruskische aus dem altgerma- 
nischen erklären, wie schon vor ihm Donaldson und andere gethan 
haben. Es werden proben von den vollständig unter einander v- 


730 Miscellen. 


weichenden auslegungen einer und derselben inschrift gegeben. 
Dennoch scheint dem recensenten der graf den richtigen schlüssel 
zu der verschlossenen thür des etruskenthums gefunden zu haben. 
Nr. 2. 3. 4, so wie jahrgang 1874 nr. 1 und 2 enthalten nichts 
philologisches. — — 1874. Nr. 3 juli bis sept.: Sainte Cécile 
et la Société Romaine des deux premiers Siècles, par Guéranger, 
Paris 1874; wird (vom katholischen standpunkt aus) sehr ge- 
rühmt. — Nr. 4 enthält nichts philologisches. 

The Edinburgh review, nr. 262, oct. 1868 enthält nichts phi- 
lologisches. — Nr. 263, jan. 1869: Beule, Auguste et sa fa- 
mille, 2. édit.; Gréard, De la morale de Plutarque; Comte de 
Champagny, les Antonins 3 voll. Das erste dieser bücher 
scheint dem kritiker zu sehr mit rücksicht auf die Tuilerien (gegen 
den imperialismus) geschrieben zu sein, um als ein sicherer führer 
für die geschichte der römischen kaiserzeit dienen zu können; 
Plutarchs schriften scheinen demselben für die verbesserung des 
zustandes der provinzen unter den kaisern zeugniss abzulegen, ein 
thema, welches das dritte werk und der kritiker in seinem aufsatz 
ausführen, p. 68—102. — Nr. 265, juli 1869: Lecky, History 
of European Morals from Augustus to Charlemagne p. 36—56. — 
Nr. 269, juli 1870: Rawlinson, A manual of Ancient History 
from the Earliest Times to the Fall of the Western Empire, 1869; 
Lenormant and Chevallier, A manual of Ancient History of 
the East to the Commencement of the Median Wars. Der kritiker 
Stellt diese beiden werke zusammen, um aus ihren abweichenden 
aufstellungen und aus den daraus hervorgehenden lücken in unsrer 
kenntniss den schluss zu ziehen, dass man als geschichtswerke 
nicht bücher ansehen kann, ,in welchen fabeln als müglichkeiten 
und  wahrscheinlichkeiten als thatsachen ausgegeben werden“. 
p. 194—176. — — Nr. 270, oct. 1870: Cox, The Mythology 
of the Aryan Nations. Das werk wird als eine erste zusammen- 
stellung einer vergleichenden mythologie anerkannt; in der abfas- 
sung beschwert sich der kritiker über die häufigen wiederholungen. 
Sodann meint derselbe, dass der verf. von seinem einmal vorweg 
eingenommenen standpunkt aus durch interpretation seiue verglei- 
chungen und deutungen in die verschiedenen mythen hineinbringt, 
ein streben, das so weit gehe, dass er in den epischen gedichten 
der alten vólker eine und dieselbe grundlage, einen angeblichen 
sonnenmythus , sieht. „Die comparative theorie, im gegenwärtigen 
zustand, ist wenig besser als eine sinnreiche speculation, welche 
den namen der wissenschaft sich anmasst*. 

1871. 2tes trim. Apr. bis juni; The doctrine of the chori- 
zontes, d. h. derer, welche Iliade und Odyssee verschiedenen ver- 
fassern zuschreiben. Der anschluss der abhandlung an Bernh 
Thiersch, Quaestio de diversa Iliadis et Odysseae aetate ist nur 
ein vorwand. Der verf, des aufsatzes in der review schliesst aus 


Miscellen. 791 


dem umstande, welchen er als unangreïfbar ansieht, dass nur die 
lliade zur zeit Lykurg's, die Odyssee erst in Solon's zeit zum vor- 
schein gekommen ist, dass auch zwischen der abfassung beider 
gedichte eine geraume zeit, 150—200 jahre gelegen haben müsse. 
Diese vermuthung stützt er hauptsáchlich durch den nachweis der 
vorgerückteren bildung, von welcher die Odyssee zeugniss ablegt, 
danu durch einzelheiten des sprachgebrauchs, wie durch die ver- 
schiedenheit des gebrauchs des digamma; so erscheint nach ihm 
$jJog ohne digamma in der lliade, mit dem digamma in der Odyssee, 
endlich durch die verschiedenheit geographischer nachrichten und 
mythologischer vorstellungen, welche er eingehend darlegt. — 
Theod. Martin's Horace (aus Ancient Classics for English Readers), 
mit einigen proben der übersetzung und der biographie des rümi- 
schen dichters. — — 4tes trimester. Oct.—dec.: Jowett, the 
Dialogues of Plato, iranslated into English; die erste erwühnens- 
werthe gesammtübersetzung , welche die Engländer besitzen; denn 
der frühere übersetzer Taylor 1804 hat nur aus Ficinus über- 
tragen. Die arbeit des verf. wird sehr gerühmt, als eine seltsam- 
keit jedoch bemerkt, dass er bisweilen, . namentlich wo bei Plato 
selbst archaismen vorkommen, die veraltete ausdrucksweise der 
englischen bibel anwendet, und dass er hier und da englische verse 
giebt, wo Plato in dichterischer prosa spricht. Gegen einzelne 
stellen werden, was das verständniss anbetrifft, einwendungen er- 
hoben. Es folgt eine eingehende würdigung der platonischen 
schriften, unter denen der kritiker besonders die über politik be- 
wundert. 

1872. ites trim. Jan, — märz: Tyler: Primitive Culture, 
Researches into the Development of Mythology, Philosophy, Religion, 
Art and Custom, mit einigen auszügen über steinverebrung bei den 
Griechen. — —  2tes trim. Apr.—juni: Burn, Rome and the 
Campagna, an Historical and Topographical Description of the Site, 
Buildings and Neighbourhood of Ancient Rome; wird trotz ver-" 
schiedener einwünde sehr gerühmt. Es sind dem werk viele zeich- 
nungen, plane und karten beigegeben. — — Ates trim. Oct.—dec.: 
Aristotle by G. Grote. Edited by A. Bain uud J. Croom Robert- 
son. 2ter bd. „Das werk des berühmten geschichtschreibers Grie- 
chenlands ist ein blosser Torso und doch ein denkmal von glän- 
zendem fleiss“. Die herausgeber haben nichts hinzugefügt, nur die 
citate verificirt. Der kritiker sagt gegen den schluss seiner lan- 
gen beurtheilung: „Wir haben über verschiedene punkte genug uns 
ausgesprochen, um anzudeuten, dass wir nicht glauben, Grote's 
fragment gebe eine in allen beziehungen zuverlässige und befriedi- 
gende auseinandersetzung der philosophie des Aristoteles“. 

1873. ‘tes trim. Jan.—märz: The Recovery of Jerusalem. 
Eine erzühlung der neuen erforschungsreisen, besonders der Eng- 
länder, nach dieser stadt und darlegung ihrer resultate; mit einem 


732 Miscellen. 


plan. — Classical Manuscripts and First Editors im anschluss 
an W. Forsyth, History of Ancient Manuscripts, 1872, J. Tay- 
lor, History of the Transmission of Ancient Books to Modern 
Times und Beriah Botfield, Praefutiones et Epistolae Editionibus 
Principibus Auctorum veterum praepositae. Der kritiker giebt 
einige beispiele von den versehen der abschreiber der alten codi- 
ces. — Die übrigen trimester enthalten nichts philologisches. 

1874. tes trim. Jan.—mürz: ohne philologische beiträge. — 
2tes trim. April — juni: Trojanische alterthümer von dr. Heinr. 
Schliemann (mit photographischen abbildungen), Leipzig 1874. 
„Wenn wir auch dem verf. nicht in allen seinen annahmen und 
schlüssen folgen können, so sind wir doch weit entfernt, die wich- 
tigkeit seiner enideckungen gering anzuschlagen; — — wir be- 
dauern, dass dr. Schliemann den bericht über seine schützbaren 
arbeiten und seine hóchlich interessirenden entdeckungen mit so 
vagen vermuthungen und so unhaltbaren theorien' vermischt hat“. — 
3tes und 4tes trim.: enthalten nichts philologisches. 

The Northamerican review 1868. 2tes trim. Evans, Pompeii, 
ein bericht über die neuesten entdeckungen und die neuesten bücher 
darüber; der verf. klagt über das unregelmüssige erscheinen von 


Fiorelli’s Giornale degli Scavi, von welchem es ihm — ganz wie 
der königlichen bibliothek in Berlin — unmöglich geworden ist, 
neuere nummern zu erhalten. — 3tes trim.: anzeige von Forrar, 


A. Brief Greek Syntax (auf der grundlage der vergleichenden 
sprachkunde). Der anfang wird gelobt, vor der moduslehre wird 
gewarnt, und beispiele aus der behandlung der conditionalsätze zur 
begründung dieses urtheils gegeben, p. 315—322. — — Ates trim.: 
anzeige von Plumtre’s englischer übersetzung des Sophokles mit 
einigen ausstellungen gegen die den griechischen worten gegebene 
auslegung. 

, 1869. ites trim.: anzeige von Cox, Manual of Mythology. 
Der referent, obgleich anhünger der vergleichenden mythologie und 
überzeugt, dass Zeus, Apollo und Hercules sonnengottheiten sind, 
kann doch dem verf. in seiner auslegung des trojanischen krieges 
und in seiner annahme, dass auch Agamemnon und Achilles nichts 
weiter als sonnengottheiten, ohne irgend eine historische unterlage, 


gewesen sein sollten, nicht folgen. — 3tes trim.: Allen, The 
Religion of Ancient Greece; ein aufsatz über das verhältniss der 
mythen zu dem religiósen sinn — das nach dem verf. in Cox's 


oben erwähnten buch ganz unberücksichtigt geblieben ist — und 
über die entstehung der polytheistischen mythen. — tes trim.: 
Fiske, The Genesis of Language, p. 305—307. 

1870. 3ies trim.: anzeigen von Clark’s, Ferrar's, Baudry’s 
werken über vergleichende grammatik und von Peile's Introduction 
to Greek and Latin Etymology; das letztere buch wird sehr em- 
pfohlen. — Ates trim.: Allen, Th. Mommsen; ein aufsatz über 


Miscellen. 733 


dessen römische geschichte, — Anzeige von Bryant’s, The Iliad 
of Homer, translated into English Blank Verse, Boston; wird als 
die beste gelobt und der fünfzeitige iambus als das beste versmass 
für das epos in der englischen sprache empfohlen. 

1871. Nr. 1. Jan.— märz: Cox’s Aryan mythology. Der 
verf. dieses aufsatzes, selbst ein anhünger der vergleichenden my- 
thologie, gesteht doch ein, dass im der anwendung des richtigen . 
princips auf die einzelnen fälle grosse missgriffe gemacht werden; 
im grunde seien eigentlich nur erst einige namen erklärt und 
manche winke zu einer deutung der mythen gegeben. Cox ist 
ganz in Max Miiller’s theorien eingegangen, dem hier besonders 
der vorwurf gemacht wird, die tradition der heroischen zeit ganz 
in mythische elemente aufgelóst zu haben; schwerlich wird, meint 
der kritiker, irgend jemand den auslegungen Cox's in voller aus- 
dehnung folgen wollen. Es werden einige beispiele gegeben, in 
welchen Cox in seiner durch natürliche erscheinungen versuchten 
erklärung der griechischen mythen sich in widersprüche ver- 
wickelt. — Taylor, Classical Study, its Value etc., auszüge 
aus schriften grosser gelehrter, den unterricht in den alten spra- 
chen und literaturen betreffend; der aufsatz des anzeigers dieses 
buches ist eine vertheidigung der humanistischen bildung. — Long, 
The Decline of the Roman Republic, 3ter bd., wird, wie die frü- 
heren, gerühmt, jedoch als auffallend bemerkt, dass der verf. über 
Catilina’s verschwörung sich gar kein urtheil gestattet. — — 
Nr. 2. April—juni: Bryant’s Translation of the Iliad. In der 
(laugen) einleitung stellt der recensent sich, gegen Gladstone, auf 
die seite der chorizonten, nimmt auch nicht die abfassung der 
Iliade von einem einzigen dichter an, ohne jedoch sich für eine 
theorie hierüber zu entscheiden. Von dem englischen hexameter 
will er nichts wissen; er billigt, dass der übersetzer den blank 
verse, ungereimte fünflüssige iamben, gewählt hat; eine probe der 
übersetzung wird gegeben und dieselbe stelle aus vielen andern 
übersetzungen, zum vortheil Bryant’s, angeführt. — Römische ge- 
schichte von Ihne, wird, auch neben Mommsen’s werk, als weniger 
schwierig zu lesen und anziehender für das grosse publicum, für 
empfehlenswerth erklärt. — Goodwin, An Elementary Greek 
Grammar, Boston; im etymologischen theil und in der formenlehre 
im allgemeinen Curtius folgend, giebt der verf. in der syntax 
ausführlicheres, als in schulgrammatiken sonst mitgetheilt zu wer- 
den pflegt. — Westphal, Methodische grammatik der griechischen 
sprache. iter theil, formenlehre. Der recensent wirft dem verf. 
weitschweifigkeit vor und bringt eine ganze reihe von versehen 
und übereilungen bei. Trotz aller fehler glaubt der kritiker doch, 
dass dies werk der neuen auf sprachvergleichender basis gegrün- 
deten griechischen grammatik den weg wird babnen helfen. — — 
Nr. 3. Juli—sept: WW. F. Allen: Die religion der Römer, mit 


734 Miscellen. 


verweisung auf Hartung's, Zumpt's, Becker-Marquardts, Preller's 
schriften über diesen gegenstand. Forts. eines aufsatzes in 1869, 
nr. 3. Der verf. sucht besonders zu unterscheiden, was in der 
römischen mythologie griechischen, und was altitalischen ursprungs 
gewesen ist, bespricht die orientalischen einflüsse, so wie die ur- 
sachen und die nothwendigkeit des verfalls des rómischen glaubens 
in der letzten zeit der republik. — — Nr. 4 Oct.— dec. : 
Whitney: Language and Education; ein wort für die humani- 
stische bildung. — Der gebrauch des conjunctiv's und des optativs 
im sanskrit und im griechischen von Delbrück, nach dem urtheil 
des recensenten, nebst einer kleinen abhandlung von Greenough, 
die einzig richtige behandlung der moduslehre. — M. Müller's 
Lectures on the Science of Language. Der kritiker vertheidigt 
sich gegen die in der vorrede Müller an die frühere recension 
seines werks in der North American review gerichteten vorwürfe. 
Der verf. dieser replik geht so weit zu sagen, dass Müller gar 
nicht zu begreifen verstehe, was ein wort sei; er schliesst: ,Kein 
lebender mann ist so sehr über gebühr gepriesen wie Müller; die 
autoritit, welche ihm beigelegt wird, kann nicht früh genug zer- 
stört werden“. 

1872. Nr. 1. Jan.—märz: Roby’s Latin Grammar, Lon- 
don 1871, „das erste buch dieser art, auf der basis der verglei- 
chenden sprachkunde abgefasst, wenigstens unter den Englindern“. 
Eine gute schulgrammatik auf dieser grundlage wird gewünscht. — 
Nr. 2. Apr.— juni: Whitney, Steinthal, über den ursprung der 
sprache. ,, Nach unsrer ansicht“, sagt der kritiker zum schluss, 
„ist die tiefe Steinthal’s und derer, welche einer ähnlichen ansicht 
folgen, rein subjectiv, und ihr ganzes system muss forigefegt wer- 
den; es muss ihm ein wissenschaftliches, inductives folgen“. — 
Nr. 4. Oct. —Dec.: Lange, Römische alterthümer. Ster bd. ,,0b- 
gleich nicht so originell wie Mommsen, ist der verf, doch stets 
klar; er neigt mehr zu der alten schule“. — Long, The De 
cline etc. Ater bd. (s. v. 1871, 1). „Trotz der zuverlässigen 
gelehrsamkeit des verf.“, heisst es in der kritik, „ist sein buch 
doch nur eine blosse erzühlung der thatsachen; als geschichte des 
allmählichen verfalls und des endlichen sturzes der römischen repu- 
blik, als darlegung der ursachen und des geistigen inhalts dieser 
grossen tragödie ist es ein fehlschlag; dazu fehlt die breite der 
auffassung und die würdigung der allgemeinen ursachen“. 

1873. Nr. 2. Apr.—juni: Myth and Myth-Makers, by Fisk. 
Dies buch, welches die einzelnen mythen nach der methode der 
vergleichenden mythologie behandelt, wird, als sich vor den aus- 
schreitungen des Coxschen werks hütend, gerühmt. Nr. 3 und 4 
enthalten nichts philologisches. 

1874. Nr. 1: Anerkennende recension von Hadley, Iniro- 
duction to Roman Law. — Nr. 2: Anzeige von J. W. White 


Miscellen. | 735 


The Oedipus "Tyrannus of Sophocles, with English Notes, Boston 
1874. Im text und in den erklärungen folgt der verf. dem über- 
aus conservativen Campbell, in der einleitung Schneidewin, in der 
vers-constituirung J. Heinr. Schmidt, dessen buch über metrik der 
verf. ins englische zu übersetzen gedenkt. — — Nr. 3: anzeige 
von Schwegler’s Rómischer geschichte, fortgesetzt von Octavius 
Clason, Berlin, Calvary et comp. 1873.  Ater band. Eine interes- 
sante studie zur älteren rümischen geschichte und verfassung, aber 
kaum eine fortsetzung des Schweglerschen werk's, da dieser vierte 
band den vorhergehenden theilen in der behandlungsweise nicht 
gleichartig ist. — Nr. 4. Oct. — dec.: anzeige von Marquardt- 
Mommsen, Handbuch der Römischen alterthümer IV, 1.  Organi- 
sation des Römischen reichs; „verglichen mit dem früheren Becker- 
Marquardt'schen handbuch ein vollstándig neues werk, hauptsächlich 
wegen der benutzung der erst in der neuesten zeit so reichlich zu 
tage geförderten inschriften“. 

The Westminster review. 1869. 2tes trim.: anzeige von 
Busch, Urgeschichte des Orients bis zu den medischen kriegen, 
nach dem recensenten ein durch verschärftere bibelkritik verbes- 
serter auszug aus Lenormant's werk. — — 1870. ites trim.: 
anzeige von Lenormant und Chevalier, A Manual of the 
Ancient History of the East etc., dessen ägyptischer theil gerühmt 
wird, p. 297 (fortgesetzt im 4ten trim. p. 503). — Anzeige von 
Long, The Decline of the Roman Republic; das werk wird ge- 
lobt wegen der scharfen beurtheilung der handlungsweise Cäsar’s 
und wegen des nachweises der unzureichenden geschichtschreibung 
Sallust’s. — — 1871. ites trim.: anzeige von Stoll, Bilder 
aus dem altgriechischen leben. — tes trim.: Aristophanes, im 
anschluss an Droysen’s übersetzung, Mitchel’s Comedies of Aristo- 
phanes, Frere's Translation of the Birds and Knights; ein aufsatz 
über die kunst des athenischen dichters und über die unzuläng- 
lichkeit seiner übersetzer; p. 291.—322. — Anzeige von Ihne, 
The History of Rome, english edition, von Herm. Peter, 'Ve- 
terum Historicorum Romanorum reliquiae, von Forbiger, Hellas und 
Rom, populäre darstellung des öffentlichen und häuslichen lebens 
der Griechen und Römer. — Ates irim.: Greek Democracy, im 
anschluss an The History of Greece by E. Curtius, translated 
by Ward. Dies ist nicht, meint der berichterstatter, eine blosse 
kritik über die geschichte, wie Grote’s werk, sondern ein wirk- 
licher mit phantasie zu stande gebrachter aufbau derselben. 

1872. Nr. 1. Jan.— märz: Greek Tragedy and Euripides, 
im anschluss an Paley, Euripides with an English Commentary. 
Der verf. bedauert, in seinem (übrigens langen) aufsatz doch nicht 
platz genug zu haben, Euripides gegen kritiker wie Schlegel und 
Müller, die ihn nicht verstanden haben, gerechtigkeit zu verschaf- 
fen; allerdings litt derselbe, so heisst es weiter, unter der concur- 


736 Miscellen, 


renz von nebenbuhlern, welche die hülfsmittel der tragischen kunst 
beinahe erschöpft hatten; dennoch enthält er eigne schünheiten von 
so überaus grossem verdienst, dass man ihn in die erste reihe der 
dichter der welt stellen muss. Gegen den schluss heisst es noch: 
wenn auch Aeschylus grossartig ist in seinen theosophemen, Euri- 
pides dagegen „der menschliche, mit seinem tráufeln warmer thrä- 
nen“, rübrte und beruhigte die herzen. Die zahlreichen anführungen 
sind von dem verf. des artikels selbst (und zwar gefällig) über- 
setzt; aller wahrscheinlichkeit nach bereitet er eine vollständige 
übersetzung des dichters vor. — — Nr. 2. Apr. — juni: The 
Decline of the Roman Republic, by Long. Dem recensenten gefällt 
der wegwerfende ton nicht, in welchem der verf. von andern ge- 
lehrten spricht; er führt dagegen an, dass Long dem werke Napo- 
léon II. das grösste lob ertheilt — — Nr. 3. Juli— sept.: 
Greek Lyrical Poetry, im anschluss an Th. Bergk's dritte ausgabe. 
Der verf. definirt die verschiedenen gattungen der griechischen 
lyrik und giebt einige (gereimte) übersetzungen, theils aus eigner 
feder, theils von Conington; vor Pindar macht er halt, ihn für 
eine besondere studie vorbehaltend. — The Politics of Aristotle. 
Der verf. bemüht sich zu zeigen, dass das buch des griechischen 
philosophen nicht nur mit vergnügen, sondern auch mit nutzen für 
unsre zeit gelesen werden könne; er giebt von dem inhalt des- 
selben eine iibersicht. — Curtius, The History of Greece, 
translated by A. W. Word. Es fehlt dem buch, meint der recen- 
sent, die pittoreske behandlung der einzelheiten, welche man in 
Grote und Thirwall’s geschichtswerken findet; aber er führt dafür 
den ,unsichtbaren zusammenhang aus, welcher durch die entwicklung 
der ganzen nation bindurchgeht*. — — Nr. 4 QOct.— dec. : 
Pindar, im anschluss an Dissen-Schneidewin's und Th. Bergk's aus- 
gaben; mit einzelnen übersetzungsproben, zum theil von Conington. — 
Anzeige von des (vor kurzem verstorbenen) prof. Conington ver- 
mischten schriften, in denen sich unter andern eine übersetzung 
Virgils in prosa befindet. 

Revue critique d'histoire et de litterature, 1870 et 1871. 
Nr. 12: Blade, Etudes sur l’origine des Basques. Sehr ausführ- 
liche, fast auch das folgende heft füllende anzeige eines unge- 
nannten, der das buch für schwerfällig erklärt, aber doch anerkennt, 
dass es das wichtigste über den gegenstand zusammenstellt. — 
Nr. 14: Rabbinowicz, Grammaire de la langue latine (für 
Franzosen) Anzeige von Ch. M. —  Thurot, Extraits de divers 
manuscrite latins pour servir à l'histoire des doctrines grammati- 
cales au moyen - âge; anzeige von P. M., der auf die wichtig- 
keit der schrift für die geschichte der studien des lateinischen und 
für das verstündniss der lateinisch schreibenden schriftsteller des 
mittelalters aufmerksam macht. — 


Aelian. HAn. 12, 21 
— VH. 2, 18 


Ael. Sparl. Hadr. 18 
Aeschin. Ctes. 43 


— 31 
— 32 


Index locorum. 


186. 8 

184. 9. 91 bis 
184. 8. 97 bis 
185 

187. 8 

187 bis 91.2. 5 
191. 2. 7 


191. 5 
186 bis 96 
191 


191. 7 
185 
187 bis 
187. 97 
191. 6 


Philologus. XXXV. bd. 4. 


Aeschin. Tim. 84 
— 37 


UPPER 


— 38 
— 40 
— 41 
— 42 
— 43 
— 44 


— 45 


— 47 
— 48 
— 49 
— 50 
— 51 
— 52 
— 53 
— 54 
— 55 
— 56 
— 57 
— 58 
— 61 
— 62 
— 63 
— 64 
— 65 
— 67 
— 69 
— 70 
— 72 
— 73 
— 74 
— 75 
— 76 
— 78 
— 80 
— 81 
— 82 
— 84 
— 86 
— 87 
— 88 


— 89 


AT 


187 quater 
189 bis 94 


. 187 bis 8. 9 bis 


187. 9 
185 ter 8 bis 9 
189 


186. 7. 96 bis 
186 


187. 90 bis 6 
185 


191.2 bis 6. 8 
190 bis 4. 8 bis 
185 

189 

187. 9. 91 bis 
189 

187 

185 bis 

190 

185. 6 

184. 5. 9 

198 


738 Index locorum. 

Pag. Pag. 
Aeschin. Tim. 90 194 | Aeschin. Tim. 160 189 
— — 91 191. 4| — — 162 186 
— — 92 185. 90. 4| — — 165 186. 98 
— — 93 190| — — 169 189 
— — 94 187| — — 170 185. 6 
— — 95 187 bis90. 6| — — 171 188 
— — 96 185.7. 8. 96| — — 172 195 
— — 97 187. 97 bis|— — 173. 5 188 
— — 98 185. 96| — — 176 186. 8 
— — 99 190. 6| — — 177 186 
— — 100 196|— — 178 186 bis 94 
— — 102 191 bis| — — 180 
— — 108 188. 9| — — 181 194 
— — 105 188| — — 188 194. 5 
— — 106 185. 8| — — 184 186. 96 
— — 107 189 | — — 190. 1 187 
— — 108 190. 1| — — 194 186 bis 
— — 109 188 bis | Aeschyl. Ag. 200 65 
— — 111 187| — Eum. 229 707 
— — 112 104. 7| — Sept. 260 81 
— — 113 194| — — 1017 78 
— — 114 189. 92| — Suppl. 553 707 
— — 115 180. 91| Alcaeus. 15, 4 95 
— — 116 188. 9. 92 | Alciph. epp. 2, 4, 5 316 
— — 117 187. 92 | Aleman. fr. 97 61 
— — 118 188. 91| Anthol. Plan. 158 99 
— — 119 185. 6 bis 7| Apollod. 1, 5, 1 935 
— — 120 186. 7|— 1, 5, 2 246 
— — 121 189. 91| — 3, 13, 6 240. 2 
— — 122 186. 8. 9 Apollon. Lex. 168, 25 43 
— — 123 187. 9. 97| — de synt. p. 309, 28 62 
— — 124 186 | Appian. BMithr. 38 297 
— — 125 186. 7| Apsin. rhetor. p. 708 Ald. 295 
— — 128 184. 95| Apul. Florid. 2, 15 955 
— — 129 186, 95| — Metan. 10, p. 78 sqq. Bip. 2% 
— — 130 186 | Arat. p. 24, 14 63 
— — 181. 8 188| Arcad. 165, 24 48 
— — 135 189 | Aristid. 2, p. 397 322 
— — 136 192. 6| Aristoph. "Avv. 296 330 
— — 137 189| — — 1001 429 
— — 188 199. 98| — Eqq. 148 395 
— — 189. 40. 2 189| — — 749 289 
— — 143 186 bis] — Nubb. 326 - 330 
— — 145 184. 96. 8| — Pac. 174 337 
— — 147 188] — Ran. 73 sq. 755 254 
— — 148 186. 96| — Thesmoph. 95 337 
— — 149 185. 8. 95| — — 881 58 
— — 150 186 | — Vespp. 54 sqq. 312 
— — 151 185] — — 1109 298 
— — 152 185. 98| — Dram. fr. 1. 2. 3. 5. 8 B. 254 
— — 154 186. 7. 9. 96 bis | Aristot. El. soph. c. 10 612 
— — 155 191 bis 7 -— Eth. Nicom. 4, 2 309 
— — 156 186. 8. 98 | — de Gen.et Cors. B. 11, 337 64 112 
— — 157 186. 91. 299 | — Phys. 4, c. 1. p. 209, a. 23. 
— — 159 188. 8, Q8 c. 3. p. 210 b. 22 621 


Index locorum. 739 


Pag 
Aristot. Phys. 6, p. 233 a 21. 
239 b 9 62 


. Pag. 
Constant. Porphyr. Them. 2, 2 205 


p. 2|Corn. Nep. Dion. 6, 4 | 476 
— — 6,0. 9. p. 289 b 14 628.,7| — — Hamile. 1, 4 601 
— — . 33 630 | — — Paus. 1, 3 476 
— Poet. 13 202| — — Timol. 3,4 601 
Arrian. Peripl. P. E. p. 13, 10 144|— — — 4,2 289 
— Disp. Epist. 3 p. 449 906 | Corp. Inserc. Gre, 1, 11 65 
Artemid. Oneir. 1, 8 295| — — — 101 289 
— — 3, 36 891| — — — 108 289. 300 
Athen. 2, 40 B 861| — — — 244 84 
— 5, 48 801} — — — 272 100 
— 5, 51 290 | — — — 357 298 
— 6, 258 814| — — — 594. 749 100 
— 12, 50 p. 539 a 810. 8| — — — 950. 1279 84 
— 13, 51 p. 587 b 810| — — — 1569 "89 
— 18, p. 604 D 226 bis| — — — 1688 96 
— 14, 8 p. 614 e 805|— — — 1710 290 
— 14, 16 p. 622 b. à 808 | — — — 2149 b 84 
— 14, 31 818| — — — 2330—38 289 
Auson. de litt. monos. 15 894| — — — 2347 e. 354 289 
— 14, 1 681|— — — 2386 100 
— Prolus. ludi de VII a 21 292| — — — 2782. 7.812 290 
Bekker. Anecd. p. 278 291|— — — 4283 315 
— 354. 419 292| — — — 4286 294 
— — 72, 17 802| — — — 4335 290 
Cassiodor. Var?. 5, 42 293 | — — — 4614 294 
Caton. RR. 161 139 | — — — 4651. 6750 290 
— — c. 10, 5. c. 14, 2 898. 4| — — — 7029 347 
Catull. 67, 96 676 | Corp. Inserc. Latt. 1, 98 151 
Charis. instit. gramm. I, p. — — — 1, 202 123 
232. 287 K 688|— — 1, 581 147 
Choerobosc. ad Theod. 1, 77, 8 101| — — — 1, 586 140 bis 
Cic. Lael. 7 3981| — — — 1, 594 147. 8. bis 
— Legg. 1, 22, 58, 2, 5, 11 476| — — — 1, 608 sqq. 129 
— Nat. D. 2, 148. 717| — — — 1, 1256 52 
— — — 8, 28 21j;— — — 2,41 123 
— Of. 1, 40, 144 226| — — — 2, 723 147 
— — 1 491|— — — 2, 727 140 bis 
— — 3, 19 688| — — — 2, 729. 38 147 
— Tusc. 1, 47, 114 200| — — — 2, 748 148 
— — 5, 11, 34. 18, 39 sq. 27, — — — 2, 3270 183 
16 114| — — — 3, 1076 147 
— de harusp. resp. 12 330 | — — — 3, 1080 140 
— pro Rosc. 7 718| — — — 3, 1083 147 
— — — 12. 68. 124 719| — — — 3, 1103 648 
— Verr. 8, 41, 95 174| — — — 8, 3201 184 
— Ep. ad Attic. 6, » 491, — — — 4, 230 147 
— — ad Fam. 9, 14, 489| — — — 4, 237 147 
— ad Quint. 1, 1, 1. 49 292) — — — 7, 320 147 
Claudian. Ruf. 1, 252 288| — — — 7, 326 148 
— laud. Stil. 2, 403 810 | Cromer. Anecd. Paris 1, p. 19 310 
Cod. Theod. 15, 7, 12 316 | Demetr. neoi &punv. 259, 18 Sp.2 711 
Colum. 12, 11. 47 176| — 260, 28,5. 262, 25, 10. 264, 
Comm. gre. fr. 3, 628 Mein. 61 18, 17. 268, 11, 29. 270, 
— — — 4, 722 316 29, 38 712 


AT 


140 


P 
Demetr. 271, 6, 39. 273, 12, 


48. 22, 48. 27, 49 


Demosth. pro cor. 120. 180 


— Dionys. 

— Eubul. 25 

— Hal. 32 

— Lacc. 1 

— Neaena p. 1362 
— Phil. 1, 15 


— — p. 538, 15 
Demosth. 9, 25 


Dion. "Cass. 49, 
— — 52, 17 


— 9, 9, 6 
61, 18. 66, 25 
44 


48, 4 


Diomed. 9, p. 487 
Dion. Halic. PAR. 1, 21 
Ennius Annal. 136 V 
— — 239. 47 

Ephem. epigr. 2, p. 155 
2, p. 156 

— 2, p. 160 nr. 10 
— 2, . 162 

2, p. 177 nr. 46 
2, p. 183 nr. 169 


— ——> 
— 
—. 
tn —— 
too 


Index locorum. 


. Pag. 
Ephem. epigr. 2, p. 184 nr. 72 141 

718 — 2, p. 199, 7. 200, 7 133 
289 Et. G. 24, 2 aby udlesv 36 
191 | — 100, 41 43 
191} — 259, 39 59 a. 28 
191 | — 296, 17 59 
191 | — 607, 12 53 a. 20 
298 | Etym. M. 34, 10. 35, 3 66 
47 | — 182, 37 43 
298 | — 813, 55 45 
289 | — 346, 56 61 
820 | — 367, 40 391 
393 | — 408, 32 43 
292 | — 408, 39 20 
561 | — 436, 57 561 
130 | — 444, 16 292 
127 | — 487, 16 59 a 28 
344 | — 518, 18 562 
64 | — 576, 39 300 
944 | — 663, 28 58 
944. 5| — 677, 23 45 
944 | — 763, 27 306 
204 | — 780, 9 57 
344 | — 814, 48 
292 | EtOr. 67, 1 48 
296 | — 75 53 a 20 
349 Eurip. A cest. 549 58 
481| — — 259 
211a. 2| — Androm. 7. 96. 258 558 
292 |— — 530 44 
210. 2| — — 1097 292 
210 | — Bacch. 1128 81 
210.1.2 | — Cycl. 52 88 
210 | — Hel. 491 257 
212| — Hippol. 29—38. 39 707 
205 | — — 99. 105. 14 708 
289 | — — 271. 380. 1 709 
354 | — — 379. 382—6 708 
611| — — 392 sqq. 707 
299 | — Iphig. Aulid. 708 262 
711|— — Taur 292 
628 | — Med. 497 44 
611| — — 621 58 
608 | — Orest. 1466 712 
623. 35| — Phoen. 1625 44 
905 | — Suppl. 1038 58 
206 Eustath. ad Hom. p. 467, 24 44 
174| — — 531, 10 48 
672| — — 995, 32. 36 44 
137|— — 976, 15 305 
152 |— — 1063, 30 43 
139 |— — 1472, 4 291 
144 | — — 1547, 57 61 
184, — — 1547, 62 48 
147! — — 1528, 25 292 


Index locorum. 741 


Pag. Pag. 
Eustath. ad Hom. p. 1878, 56 67 | Hesych. s. &xqavoic 97 
Eutrop. 8, 10 102 — Hovta 96 
Festus c. 21 102 | — wea 87 a. 38 
— p.46 M. 128 , — énalsivar 71 
— » 104 294 | — èmiyesoa 39 
— » 117 396 | — ini Anvaip àydv 291. 2 
— » 177 391 | — éonod’ zones 17. 23. 65 
— » 181 305 | — ‘Epoudiwy | 87 
— » 186 391 | — £y9o, 56 
Flav. Vopisc. Prob. 19 346! — Pevocco9a, 20 
Fronton. ep. ad am. 1, 1, 8 682| — Codoas 67 
— — ad M. Caes. 1, 5 688 | — 5» nsléx(x)ov 67 
Galen de Sen. 1, 15 392 | — Séayor 80 
Gellius NA. 20, 6 154 | — ixuacos 96 
Harpocr. s.4gosdity nardnuos 294 | — ïxpsa 298. 4 
— mflapaoxüvia 231 | — ixréa 96 
— neginolog 289 | — iv 83 
Herodian AOxx. 4, 355, 21 84| — iov éinosyoutyyny 896 
Herod. II, p. 418 fgm. 47 561} — don 58 a. 20 
Herodot. 1, 157 63. A| — xaradsivas 71 
— 2, 121 719 | — xaroöusvos 98 
— 2, 35 390 | — xeia. xijia. xoing. xovóÀgc 96 
— 3, 108 38|— xdola 
— 8, 181 40 | — Malixa 75 
— 3, 150 38] — Medstéwy olxos 300 
— 5, 89 97 | — uoyoi 18 
— 5, 102 88 | — ougy 89 
— 5, 104 50 | — omBal. onicowroor 39 
— 6, 66 68 — nag’ dsysioov 9éa 292 
— 6, 75 44 | — ndoosos 57 
— 7, 189 63 | — nelexo | 67 
— 7, 178 98 | — ó«viór 42 
— 1, 194 88 | — ci Bole 17. 54 
Hesiod. Scut. Herc. 209 sq. 34 533| — codva 23 
— "Theog. 93 200| — onadatev 392 
Hesych. s. assxés. deios 68 | — opides. ogídy 87 
— alepog 22| — roé 58 a. 22 
— ad oilery . 17| — üsdoyos 39 
— aiysipov dia 291. 4| — vreposabouérov. Üneposnsauevos 57 
— dilotvnov 66| — yeavoas 44 
— dxovtes. axtéa 97| — yoavoy 48 
— ala 46 | — youwles 44 
— divas 71| — @dsioy 295. 7 
— ahenyosoy. alivas, alivew. Homer. Il. 1, 311 960 
— dloıma 71| — — 1, 437 559 
— dova 45] — — 2, 351 559. 60. 1 
— davov 56|— — 2, 510. 611. 9 559. 60 
— GywWOTOr 64|— — 2, 781 70 
— dala 471|— — 3, 34 60 a. 80 
— daldyyav 25|— — 3, 811 559 
— dailxıov 71| — — 4, 276 52 
— dauazoilsv 17|— — 4, 490 255 
— dedooxwWs 98 a. 22| — — 5, 90 94 
— digdion. dig9epaloigoc 72|— — 5, 188 43 
— dois $3 a. 22| — — 5, 255 960 


742 Index locorum. 


Pag. Pag. 
Hom. Il. 5, 299 559 | Hom. Od. 1, 16--8 417 
— — 5, 352 47|— — 1, 18—26 418 
— — 5, 364 559 | — — 1, 18. 26 417 
— — 5, 410 4151 — — 1, 27 416 
— — 5, 745. 7 422 | — — 1, 28. 9 415. 20 
— -— 5, 837 559 | — — 1, 29-31 415. 8 
— — 8, 291 560 | — — 1, 32 sqq. 415 
— — 9, 363 421 | — — 1, 33 sq. 417 
— — 9, 589 559 | — — 1, 35.50—5 415 
— — 11, 308 52 | — — 1, 50 sqq. 420 
— — 1], 512 560| — — 1, 55 sq. 421 
— — 11, 518 559 | — — 1, 418 
— — 12, 16. 50 560 | — — 1, 63. 4 420 
— — 12, 375.444 559 | — — 1, 71—5. 74. 5 418 
— — 12, 468 560| — — 1, 88 419 
— — 13, 665 559 | — — 1, 96—8 422 
— — 14, 12 422] — — 1, 100. 1 422 
— — 15, 128 48|— — 1, 211 
— — 15, 384 559| — — 1, 362 57 a. 25 
— — 15, 482 422|— — 2, 18. 27 560 
— — 16, 127 52. 53 a. 20) — — 2, 94 400 
— — 16, 184 57 a. 25] — — 2, 172 559 
— — 16, 396 559 | — — 2, 230—4 420 
— — 17,4 559 | — — 2, 243 48 
— — 17, 294 59 a. 28| — — 2, 358 57 a. 25 
— — 17, 447 52|— — 2, 406. 416 559 
— — 17, 541 559| — — 3, 12. 80 559 
— — 17, 628 415| — — 3, 131 560 
— — 18, 68 559 |— — 8, 483. 92 559 
— — 19, 136 201|— — 4, 473 560 
— — 19, 264 59 a. 28| — — 4, 475 421 
— — 20, 890. 1 422| — — 4, 557—060 420 
— — 91, 287 415| — — 4, 626 255 
— — 21, 297 59 a. 28| — — 4, 656. 708 560 
— — 21, 529 559|— — 4, 751 57 
— — 22, 70 47|— — 4, 760 57. 509 
— — 22, 491 60 a. 30| — — 5, 5.78q.8—12 11.13.21.2 
— — 22, 495 57|— — 5, 3—7 420 
— — 98, 558 89 |— — 5, 28 sq. 421 
— — 24, 12 47|— — 5, 81 421. 2 
— — 24, 459 559 | — — 5, 32 421 bis 
— — 24, 508 62| — — 5, 33. 4. 5. 8. 40 421 
— 1, 1—31 417, — — 5, 41 421 bis 
— — 1, 1—10 410| — — 5, 42 421. 2 
— — 1, 8—9 418| — — 5, 43—91. 44—6 422 
— — 1,3. 4 414 bis | — — 5, 46 sq. 417 
— — 1, 5 sqq. 4121 — — 5,51 494 
— — 1, 5—9 414 | — — 5, 52 sq. 421 
— — 1,9 411| — — 5, 56. 73 424 
— — 1, 10 410. 2. 3) — — 5, 81—4 426 
— — 1, 11—26 416;— — 5, 83. 4 496. 1 
— —],11 412, 3. 6| — — 5, 85 sq. 98 425 
— — 1, 12 412| — — 5, 97 sqq. 422 
— — ], 13 412.6) — — 5,97 425 bis 
— — 1, 15—9 417| — — 5, 98 425 


AUS UNIES 


PEPE EPP ED EP EDP LELLLBLEEEL EL B BL BL C LB B BG BB BB LL BL B BGB gB B B B B LLL LB B B1B 


Index locorum. 


Pag. 
Od. 5, 99 495 
5, 105—11 422 
5, 108 428 
5, 109—70 427 
9, 112 422 
5, 113 421. 2 
5, 114. 5 421 
5, 116. 7 426 
5, 133. 4 422 
5, 140 427 
5, 151. 4-8. 6. 7 426 
5, 157—88. 61. 2 427 
5, 168—70. 1. 2. 90 sq. 426 
5, 193 558. 9 
9, 219. 20. 5—7 438 
5, 971 460 
5, 488 241 
5, 721 420 
7, 38 559 
7, 47 415 
7, 122 9a 17 
7, 251 422 
7, 298 54 
9, 101 560 
9, 103 559 
9, 178 560 
9, 179 559 
9, 398 47 
9, 471 559 
9, 562 560 
9, 563 559 
10, 135 422 
11, 5 559. 61 
11, 528. 34 559 
11, 637 563 
11, 638 559 
12, 145 560 
12, 146. 229 559 
12, 407 54 
13, 110 62 
13, 136. 8 421 
13, 574 415 
14, 178 202 
14, 356 559 
14, 464 47 
15, 145. 90 559 
15, 209. 19 560 
15, 221 559 
15, 414 54 
15, 426 95 
15, 447 560 
15, 499. 549 559 
15, 551 422 
15, 553 62 
16, 290 53 a 20 


— — 17, 


LELEEELE LE EL LG Oe 0/1! L0: ILL 1: 1: 1:44: D IL E PLE EE prt EE ELLE E LL GL  g ng 


Da ee u EL 0 0 :4:1:/t «1:101 E IL GL [L| 11: L1: : 1:1! Eu 


743 

Pag. 

Hom. Od. 17, 49 57 a. 25 
184 415 

17, 445 76 
17, 496 81 
18, 102 34 
18, 131 52 
18, 206. 52. 802 559 
19, 9 a. 25 
19, 103 415 
19, 125 559 
19, 139 400 
19, 181 560 
19, 279 421 
19, 508 415 
19, 600 559 
19, 602 57 a. 25 
20, 127 422 
21, 356 57 a. 29 
22, 142. 82 559 
28, 1 57 à. 25 
23, 85 559 
23, 341 421 
23, 364 57 a. 25 
24, 129 400 
mn. Apoll. 1—178 217 
—18 218 
1—4 218 
2—18 229. 21. 3 
2—4 218. 9 
4 219 
5—11.5 218 
218. 9 

8. 9. 10 218 
11—18 220 
11 221 
12 221. 4. 5 
13 224. 5 
14—18 220. 8 bis 
17 228 
19 sqq. 220. 1 
19 220 bis 8 bis 
20—4 220. 8 
20. 1. 22—4 221 
26. 7. 8. 9 223 
30—44 225 bis 
45 224ter. 
46. 7 224 
47 —80 225 
80. 1 224 
83— 119 225 
87 224 
119. 120 —40 224. 5 
120—384 - 225 
123 221 
125 224 


144 ' Index locorum. 


Pag. Pag. 

Hom. Hymn. Apoll. 126. Hom. Hymn. Cerer. 60—3. 
80. 1 225 4. 7 233 
— — 132 224| — — 68 229 
— — 135. 6 224. 5 bis| — — 76. 7 232 
— — 137-9 225 bis| — — 77 sqq. 223. 4 
— — 187 224| — — 77—81. 77. 80 233 
— — 140 sqq. 140. 1-3. 2 — — 8 229 
44 — 78 225| — — 82—7. 5. 7. 90—4 234 
— — 179—546 217| — — 91 235 
— — 179—81 218| — — 94—7 236 
— — 182—206  218.20.1.2.3|— — 94 236. 7 
— — 207—13 221. 8| — — 96 236 
— — 207 sqq. 221| — — 98 236. 8 
— — 2 220 | — — 99 246 
— — 210—546 228 | — — 101 sqq. 236 
— — 218 221.2| — — 101 237 
— — 914—387 221| — — 10858 236. 7 
— — 214 222| — — 111. 3. 95—44 231 
— — 214—380. 39—43 228| — — 157 237. 8 
— — 9244—'6 222|— — 171 sq. 239 
— — 271—904 228 | — — 181 238 
— — 284 224| — — 188 236 
— — 287-95 222| — — 194—211 238 
— — 356 —78 228|— — 198 238. 9 
— — 875—877 222] — — 200 238.48 
— Hymn. Cerer. 1—19. 3 227| — — 201 238 
— — 5—7. 8—17 228|— — 205 246 
— — 8 251| — — 207 248 
— — 9 227|— — 212—23 240 
— — 17 228 bis| — — 219 243 
— — 18-58 228] — — 221. 25—80 239 
— — 18-21 228.33 | — — 231. 2. 3. 35—41.365q. 240 
— — 18 sqq. 18. 20—58 228| — — 236 241. 2. 3 
— — 9. 383| — — 231—477 242 
— — 21 235|— — 237 240 
— — 22—6 233 | — — 239 241 
— — 22—8 230 | — — 243 242 
— — 23 230.1.2| — — 244 241 
— — 24-6 229 | — — 248 241.2 
— — 25 229. 80. 1| — — 249 240. 2 
— — 27—9 229. 38] — — 250.2 242 
— — 30—2 230 bis 8| — — 253 | 243 
— — 31 228, — — 256.6 244 
— — 82 228 bis| — — 262. 5 243 
— — 94—51 233| — — 268. 68—74 244 
— — 35.6.8 232|— — 270 246 
— — 44 281| — — 276 sq. 236 
— — 45 231. 2| — — 284—91. 87 sq. 244 
— — 46 232] — — 292—802 246 
——51 - 232 bis| — — 802 247 
— — 52—9 238 | — — 302—984. 14-6 253 
— — 52 232| — — 816 241 
— — 57 229| — — 816 sq. 19 248 
— — 58 298| — — 384—438 259 


— 836 248 


Index locorum. 


Pag. Pag. 
Hom. Hymn. Cerer. 888 249 bis | Horat. Carm. 4, 4, 17 480 
— — 888. 9 249. 51|— — 4, 5, 17. 8 490 
— — 342 248|— — 4, 6, 31 487 bis 
— — 347. 8. 9—56. 49. 57 sq. 249 | — — 4, 8, 28. 9 490. 2 
— — 359. 68. 8—70 250 | — — 4, 9, 48. 45 sqq. 492 
— — 363—9 250. 8| — — 4, 11, 10 487. 9 
— — 864 250 | — — 4, 14, 2. 4 - 492 
— — 865 521 — — 4, 15, 8 490 
— — 371 250. 1| — CSaev. 6 487 bis 
— — 3714 253 .— — extr.| 480 
— — 372. 5—85. 85—403. 4. — Epist. 1, 1, 16. 28. 57 482 
9. 10 951| — — 1, . 9, 46 483 
— — 411 250. 1| — — 1, 60 | 293 
— — 412. 28 251| — — 1, 16. 7, 6 483 
— — 433 252 bis| — — 1, 23 482 
— — 434 252 | — — 1, 46. 10, 1. 25. 11, 7. 
— — 434—7 252. 8 16. 12, 1. 14, 6. 15, 8. 
— — 488—40 253 16, 60. 18, 49. 19, 31 483 
— — 44] 252| — — 1, 20, 24 565 
— — 441—738. 42—7. 8. 67 253| — — 2, 1, 484 
— — 473 246 |— — 2, 182 487. 8 bis 
— — 473—82 254| — — 2, 186. 244. 2,8. 71. 
— — 4713-83. 6—9 258 128 484 
— Hymn. Vener. 293 100| — — 2, 3, 108. 28. 209. 27. 
Horat. Carm. 1, 1, 3. 2, 6 479 59. 818. 35. 83. 403. 
— — 1,3, 100 34. 50 484 
— — 1,3, 14 479| — Epod. 5 extr. 6 extr. 9 extr. 
— — 1,6, 17 487 bis 16 extr. 
— —1,6,1 488 — 17,8 480 
— — 1,20, 5 479 | — Sat. 1, 1, 27. 84. 5. 45. 63 
— — 1, 21,1 487 bis sqq. 480 
— — 1, 21, 10 488|— — 1,8 486 
— — 1, 81, 9—16 479| — — 1, 88—100. 91 480 
— — 1, 35,9 492 — 2, 95. 108. 9. 8, 27. 47. 
— — 1, 37, 12 47 56. 7. 64 sqq. 
— — 2,6, 1 48| — — 2, 4, 10. 25 481 
— — 2, 7, 6 676|— — 2, 81 676 
— — 2, 8, 21 487 bis} — — 6, 122. 7, 9 sqq. 481 
— — 2, 13, 1 479| — — 2, 1, 49. 89. 133. 2, 9 
— — 2, 19,5 479 27. 38. 61 sqq. 481 
— — 2, 20, 5. 492 | — — 3, 7. 72 482 
— — 3,1,4 487 bis] — — 8, 130 486 
— — 3, 2,5 479] — — 3, 187. 243. 300 482 
— — 3,8,9 492 |— — 3, 325 487 
— — 8, 8, 26 479| — — 4, 6. 5, 100. 5. 6, 17. 
— — 3, 10, 1. 11, 34. 13, 1 479 28. 85. 7, 61. 8, 29. 482 
— — 3, 14, 9 487 | Hygin. Fab. 12 282 
— — 8, 14, 10. 1 496 | — 1 279 
— — 8, 14, 13 492 | — 15 280 
— — 3, 16, 41 © 480 | — 17 282 
— — 3, 17, 4. 20, 1. 5 499 | — 18 281 
— — 3, 28, 11 480 | — 29 288. 8 
— — 3, 27, 17 492|— 30 284 
— — 3, 27 extr. 480 | — 35 286 
— — 4, 1, 25. 29 487 | — 37 287 


746 Index locorum. 
Pag. Pag. 
Hygin f. 148 284 | Lucian Toxan. 59 296 
Inscrr. grc. Eph. arch. 4082. 97 300 | Lucil. 2, 951. 8, 255. 700. 706. 
— — Rang. Antiq. HA. 2285 299 4, 618. 658. 6, 491. 839 128 
— Boeott. Keil. 30 70 | — 26, 65 ‘ed. Müll. 672 
— Cypriae 1 | Lucret. 1, 761. 818. 908. 2, 
— latt. R. N.Momms. 2241 294 1008. 14 676 
— — 3643 = 3213 Or. 131|— 3, 1064 47 
— — Or. 3312. 24 184 | — 4, 1181 320 
— — Or.H. 6615. 6. 7 182| — 5, 230. 1218 208 
— — — 6618 181 | — 5, 1247 490 
— osc. Ephem. epigr. II, p. Lycurg. Leocr. 8. 9 184 
165 no. 10 116| Lysias Agorat. 92, 55 289 
— 8. Corp. Inscrr., Eph. epigr. — 1,1 265 
Jo. Al. 27, 30 62 | — 1, 16.17. 25 266 
Joann. Apoc. 17, 6 48 | — 1, 27 266. 7 
Jon. fr. 9 48 | — 1, 28 267 
Joseph. A. J. 2, 1, 2 84 | — 1, 32. 7. 40 266 bis 
— — 19, 1, 13 292 | — 1, 42. 266 
Isaeus de Cic. Hered. 16 800 | — 1, 45. 7 266 bis 
Isid. Pelus. Epist. 1, 74 p. 24 B 390 | — 2, 2 273 
— Origg. 10, 253 293|— 2,8 273 bis 
— — 19, 22, 18 391 | — 2, 4. 6 273 
Isocr. Pac. 82 289. 92 | — 2, 7 2778 bis 
Jul. Capit. Gord. 8 346 |— 2, 8 275 
Julian or. I, p. 4a 306 | — 2, 10 273. 5 
Just. 3, 6, 12 226 | — 2, 13. 5. 6 274 
— 7, 6, 7 205 | — 2, 17 218 
— 32, 2, 1 206 | — 2, 18 273. 6 
Juven. 4, 9, 87 680 | — 2, 21 216 
— 6, 531 681; — 2, 21 273 bis 
— 7, 58 566 | — 2, 22 273 
— 8, 236 sqq. 117 |— 2, 28 214. $ 
— 10, 235. 18, 155 681| — 2, 24—8 273 
Lamprid. Elagab. 22 944 | — 2, 24 214 
Liban. c. Sev. 8, 251, 2 710| — 2, 25 275 
Liv. 3, 38 extr. 8394| — 2, 26 273. 4. 5 quater 
— 5, 6. 6, 6, 18 567 | — 2, 27 275 tr. 
-— 6, 39, 11 175 | — 2, 31 276. 7 
— 9, 13 567 | — 2, 32 213. $ 
— 21, 33, 4 566 | — 2, 33. 5. 9 277 
— 21, 33, 5 567 | — 2, 41 275 
— 22, 12, 4 180 | — 2, 48. 9. 51. 2 275 bis 
— 22, 14 567 | — 2, 67 211 
— 22, 25, 10 180 | — 2, 73. 4. 9 215 
— 22, 47,5 204 | — 8, 1. 2. 14 261 
—. 24, 5. 10. 14 567 | — 3, 15 267 bis 
— 84, 2, 12 714 | — 3, 16. 7. 29. 31. 2. 5. 7. 
— 38, 23 567 2 267 
— 39, 17 189 | — 4, 1. 4. 9. 15 261 
— 40, 51,8 298. 316. 7 | — 7, 2 268 
— 41, 27,5 294| — 7, 6 267. 8.9 
Lucan. 2, 172 8, 505 679 | — 7, 10 268 
Lucian Anach. 38 289 | — 7, 22 268 bis 
— Eunuch 9 711) — 7, 28 268. 9 
= Jup. trag. 41 851! — 7, 25 269 


Nonn. Dion. 46, 269 sqq. 


Oppian. Halieut. 5, 228 


Index locorum. 


Pag. Pag. 
268 | Ovid. Heroid. 1, 10 892 
268bis9| — — 2, 118 505 
268 | — — 12, 198 677 
269 | — — 19 (20) 104 678 
277| — Metam. 1, 180 677 
277 bis| — — 6, 53 sqq 397 
277|— — 6, 55 sqq 892 
277 bis| — — 6, 141 678 
271 | — — 6, 324 677 
278 bis| — — 6, 576 392 
269 bis| — — 7, 671.9, 11 678 
272| — — 9, 690 677 
269 | — — 10, 635 678 
270| — — 11, 25 298 
184 | — — 11, 384 078 
270 bis} — — 11, 558 677 
270| — — 13, 87 678 
270 | — 14, 25 566 
2971| — — 14, 231 678 
184 | — Trist. 4, 4, 24. 7, 6 678 
270 | Pacuv. 25 R. 672 
271| Paus. 1, 2, 4 9801 
272| — 1, 8, 6. 14,1 298 
198 | — 1, 18, 861 
845 | — 1, 19, 7 298 
680| — 1, 20, 2 2977 
946 | — 1, 20, 8 298 
530 | — 1, 29, 16 295 
519|— 2, 8, 6 294 
564 | — 2, 12, 4 sq 246 
565| — 2, 14 256 
844. 6| — 8, 12,8. 14, 1 295 
680| — 5, 12, 4 295 
681| — 5, 19, 1 960 
208| — 6, 16, 84 
207 | — 7, 20, 3 294. 8 
207. 81 — 9, 81, 518 
208. 9! — 9, 35, 2 294 
209 | — 10, 39, 4 97 
209 bis Petron. e. 44 680 
209 | Philem, fr. inc. 85 (4, p. 59) 200 
857 | Philon. adv. Flacc. p. $15 290 
47 | Philostr. v. Apoll. 4, 21 800 
102| — — 4, 22 296 
2921 — — 5, 7 293 
566 | — — 6, 11 319 
292 | — v. Soph. 1,9, 1 820 
675 |— — 92, 1, 4 298 
491 | — — 2, 1,5 294. 8 
678|— — 2, 5, 8 299 
398 | — — 2, 8, 2 299. 300 
678 | Photius s. xerexAives 71 
491| — Melıtewv olxog 300 
245 | — uuylorerov 77 
233 | — ne«ogaoxjvie 921 bis 


748 


. Pag. 
Photius s. cwudue 351 
— 1eayırn oxnvn 306 
— Bibl. 53 b. A 712 
— — 81 292 
— — 106, 2 291 
— — 162 291 bis 
— — 851, 16 331 
— — 530 B. 710 
Pind. Dithyr. 8, 7—10 293 
— Isthm. 1, 24 sq 255 
— — ], 56 225 
— 1, 41 255 
— — 1,44 256 
— -- 1, 52 sqq 255 
— — 1,68 256 
— — 2,7 sq. 12 sq. 256 
— — 2, 19 sq. 42 257 
— — 3, 29 sqq. 257 
— — 8, 36. 52 sq. 258 
— — 3, 53 sq. 65 259 
— — 4, 16. 56 sqq. 259 
— — 5, 35 sqq. 42. 45 sq. 260 
— — 5, 59 261 
— — 6, 39 sqq 260 
— — 7,14 260 
— — 7, 5.10. 11— 14 261 
— — 7,31. 33. 47 262 
— — 7, 65 260 
— Nem. 4, 52 257 
— — 7, 71 59 
— Pyth. 1, 44 59 
— — 2, 1--12 431. 6 
— — 2, 9-12 442 
— — 2, 13—20 436 
— — 2, 17 437. 8 
— — 2, 21—52 436 
— — 2, 24 437 
— — 2, 28 438 
— — 2,84 487 
— — 2, 37. 49 sqq. 51 438 
— — 2, 52—5 436 
— — 2, 52 440. 2 
— — 2, 54 sqq. 485 
— — 2, 56 438 
— — 9, 65. 72 439 
— — 2, 73 sqq 433 
— — 2, 81 439 
— — 2, 86 442 
— — 2, 89 sq 440 
— — 2, 89 39.42 
— — 2, 90 sq. 93. 94 sq. 96 440 
— — 4, 146 258 
— — 8,61 200 
— — 12,6 59 
— Scol. 1, 14 100 


n———————— — — M — ne— —M' 
p————————————O—A————————— 


LEE EE EE EEEEL PEPE PPP PP bebe bP bbb bbb  g L g g g 40108 11 


Index locorum. 


— 9,7 


Pag. 

Plat. Alcib. I, 308, 4 Bk. 644 
— — 316, 660 
— — 322, 18 659. 60 
— — 326, 13 660 
— — 326, 22 668 
— — 328, 7 668 
— — 338, 8 663 
— — 348,9 665 
— — 362,1 660 
— II, 276, 5 660 
— — 284, 2 663 
— — 286, 14. 287, 2 644 
— — 289. 23 660. 8 
— — 291, 1. 292, 16 660 
— — 9293, 16 668 
— — 295, 21 659 
— — 307, 4.812,83. 369,8 658 
Amat. 285, 7 664 
— 287,3 668 
— 296, 12 644 
Apol. 36, 6 200 
— 89, 14 654 
— 90, 11 654. 67 
— 91, 1 649 
— 91, 12 654 
— 95, 17 649 
— 110, 6 662 
— 114, 20 649 
— 116, 1 661 
— 116, 20 644 
— 120, 18 649 
— 121, 4.19 667 
— 127, 10 661 
— 130, 20 649 
— 132, 8 644 
— 182, 19 649 
Charm.303, 1 654 
— 304, 20 662 
— 307, 20 648 
— 310, 18 656 
— 337, ll 662 
— 338, 10 644. 8 
— 340, 10 654 
— 342, 5 666 
— 342, 15 657 
— 346, 2 648.54 
— 397,7 654 
Clitoph. 407 A 306 
— 467, 9. 18. 474, 1 656 
Crat. 3, 7. 11 650 
— 6,2 654 
— 6,8 647 
-— 6, 9 647. 54 
— 7,2 654 
644 


Index locorum. 


Pag. 
Plat. Crat. 10, 8 647 
— — 11, 21 650 
— — 13, 5 666 
— — 14,2 650 
— — 17, 15 663 
— — 25, 4 . 650 
— — 25, 16 667 
— — 32, 22 648 
— — 88, 12 650 
— — 40, 10 648 
— — 43, 15 666 
— — 44, 4. 46,8 650 
— — 46, 18. 48,1 666 
— — 48, 5 650 
— — 49, 14 648 
— — 49, 18 658 
— — 50,5 650 bis 8 
— — 50, 16 658. 66 
— — 56, 11. 60, 8 658 
— — 62,9 670 
— — 64,9 669 
— — 64, 11 648 
— — 67, 6.7 658. 95 
— — 70, 4 670 
— — 73, 19 666 
— — 74, 19. 75, 22. 76, 11 648 
— — 77,6 666. 70 
— — 80,2 650 
— — 80, 12. 81, 2 658 
— — 82,4 650 
— — 84,8 658 
— — 85,2 648 
— — 85, 11 658 
— — 89, 12 669 
— — 93, 18 658 
-— — 101, 22 . 69 
— — 111, 5. 112, 15 658 
— — 118,6 670 
— — 120, 1 650 
— — 390 C 869 
— — 405 C 86 
— — 502 B 371 
— Criton. 143, 1.144, 10. 151, 7 654 
— — 151, 18 661 
— — 151, 8 664 
— — 164, 14 649 
— Deff. 566, 13. 567, 29. 568, 
30. 569, 9 648 
— Euthyd. 395, 19 656 
— — 396, 19 670 
— — 399, 23 664 
— — 402,4 644 
— — 404, 11 654 


749 

Pag. 
Plat. Euthyd. 410, 1 656 
— — 412, 10 654 
— — 415, 5 656 
— — 417, 16 670 
— — 419, 13 653 
— — 4922, 1 656 
— — 423, 8 658 
— — 424, 16 668 
— — 426, 13 670 
— — 488,1 656 
— — 436, 3 652 
— — 440, 19 655 
— — 446, 3 656 
— — 452, 15 656 
— — 458, 18 670 
— — 461, 663 
— Euthyph. 351,1 662 
— — 358, 10 667 
— — 861, 6 644 
— — 367,7 970 
— — 370, 19 663 
— — 380, 16 662 
— Gorg. 15, 1 652 
— — 18, 663 
— — 18, 22. 20, 17 21, 9 652 
— — 28, 9 659 
— — 80, 7 663 
— — 88, 15 370 
— — 40,2 666 
— — 40, 18. 75,21 652 
— — 80, 14. 85, 1 645 
— — 85, 17 664 
— — 87,8 652 
— — 107, 13 645 
— — 117,6 655 
— — 142, 4 659 
— — 150, 8 663 
— — 168, 14 659 
— Hipparch. 232, 8 644 
— — 288,3 656 
— — 237, 23 644 
— — 238, 1 656 
— — 988. 4. 6. 240, 14 647 
— — 245, 28 656 
— Hipp. mai. 419, 1 667 
— — , 9 665 
— — 421, 4 665 bis 7 
— — 421, 16 663 
— — 431, 11 | 668 
— — 433, 8. 38, 8 659 
— — 435, 17. 438, 16 663 
— — 446, 12. 462, 16. 19 667 
— Hipp. min. 199, 11 668 
— — 221, 1 667 . 
— — 222, 17 RA 


150 Index locorum. 


Pag. 
Plat. Hipp. min. 226, 2 667 Plat. Phaed. 100, 12 
— Jon. 172, 1. 181, 6. 184, 16 667 | — — 108, 18 
— Lach. 251, 9 666|— — 110, 2 
— — 961, 21 652| — — 113, 19 
— — 262, 4 653| — — 114, 19. 20 
— — 262, 18 656| — — 120, 18. 125, 15 
— — 265, 18 654 | — Phaedr. 20, 1 
— — 270, 24 656| — — 20, 16. 21, 23. 22, 1 
— — 987, 5 684.8| — — 22, 
— — 290, 20 656| — — 22, 18 
— — 292, 15 653|— — 24,9 
— — 292, 21 652| — — 82, 5 
— Legg.7,817C 293|— — 36, 17 
— Lys. 111, 9 654|— — 41, 18 
— — 113, 6 656|— — 41, 20 
— — 120, 6. 20. 124, 1. 16 652|— — 42, 11. 19 
— — 127, 1. 4. 182, 5 656 | — — 44. 18 
— — 195, 7 644 | — — 59,11. 53,9 
— — 185, 10 656] — — 58, 21 
— — 186,8 645| — — 61, 14 
— — 136, 6 656| — — 66, 21 
— — 139, 7. 144, 6 653|— — 70, 15 
— — 165, 12 645| — — 75,1 
— — 319 C 371| — — 77, 10. 78, 14 
— Meno 327, 8. 834, 6 645| — — 84, 14 
— — 337, 18 659|— — 87,6 
— — 840, 10 664| — — 88, 12 
— Parm. 5, 17. 12, 7 661] — — 96, 22. 102, 12. 106, 1 646 
— — 12, 17 644| — — 229 C 
— — 13, 21 661| — — 261 D 
— — 17,17 663| — Phileb. 187, 10. 16 
— — 91,1. 25,1. 86,19. 39, 1 661| — — 171, 14 
— — 47,1 644| — — 183, 28 
— — 59, 14 661| — — 201, 8 
— — 64,1 664 | — — 215, 1 
— — 78, 10. 83, 12. 13 661| — — 244, 3 
— — 330, 5 664| — — 249, 7 
— Phaed. 4, 3. 5,18. 8,1. 18 654| — — 256, 1 
— 1, 5 644. 61| — Polit. 260,1 
— — 12, 19.21.14,7.15,20.16,3 649 | — — 268, 
— — 18, 11. 12 647| — — 270, 20 
— — 19, 16 649 |— — 275, 11 
— — 91, 18 648| — — 283, 19 
— — 88, 8. 16 649| — — 288, 5 
— — 40,6 644 | — — 299, 19. 318, 2 
— — 49, 15. 18 649| — — 829, 17 
— — 48, 19 668, — — 888, 5. 844, 16 
— — 58,8 648 — — 345, 2 
— — 54, 6 661| — — 346, 18. 358, 21 
— — 55,4. 56,11 648 | — Vid. Reip. 
— — 57,2 649 | — Prot. 157, 21 
— — 57,6. 58,10. 65,17. 80,4 648|— — 174, 2. 182, 6 
— — 89, 14 649| — — 199, 13 


91, 8 648 — 205, 11 


Pag 
Plat. Prot. 208, 13 656 
— — 238, 2 645 
— — 248,1 645. 53 
— — 248,8 645 
— — 257, 17 663 
— Reipubl. 283 b. 386 
— — 496 c 376 
— — 501b 371 
— — 5lla 371. 3 
— — bille 971. 2 
— — 534 a. € 372 
— 510 e 373 
— Soph. 130, 18 644 
— — 148, 661. 4 
— — 145, 10 661 
— — 159, 1 663 
— — 166, 5. 174, 19 661 
— — 187, 658 
— — 199, 19 660 
— — 202, 20. 204, 14. 222,22 659 
— — 228, 13 644 
— — 258, 5 661 
— Symp. 209, 23 658 
— — 218, 1 663 
— — 303, 1. 3. 304, 10. 311, 
11. 19. 312, 9. 313, 2. 
316, 1. 19 657 
— — 325, 18. 19 657 
— — 375, 16 651 
— — 877, 4 644 
— — 378, 12 368 
— — 878, 20 659 
— — 879, 2 369 
— — 880, 1. 10 651 
— — 383, 14 369 
— — 384, 6 644 
— — 389, 20. 392, 15 369 
— — 896, 12 663 
— — 397, 6. 401, 8 369 
— — 404, 2 651. 66 
— — 405, 1 651 
— — 410, 19 669 
— — 411,3 869 
— — 416, 10 651 
— — 417, 10 369 
— — 423, 18 663 
— — 425, 1. 428, 8 651 
— — 429, 7 369 
— — 438, 3. 441, 14 651 
— — 443,7 369 
— — 444, 15. 448, 15 657 
— — 448, 16 651 bis 
— — 457,3 651 
— — 401, 9. 465, 22 369 
— — 467, 4 658 


Index locorum. 


751 
. Pag. 
Plat. Symp. 467, 18 659 bis 
— Theaet. 175, 3 658 
— — 184, 10 661 
— — 184, 14 659 
— — ]86, 15 658 
— — 193, 15. 194, 4 659 
— — 196,1 664 bis 
— — 196, 19 664 
— — 199, 15 660 
— — 200, 13. 201, 5 659 
— — 209, 1 669 
— — 212, 12 664 
— — 219, 18. 222, 6. 228, 20 669 
— — 231, 6 666 
— — 232, 1 664 
— — 285, 19. 245, 20. 246, 
14 669 
— — 248, 10 663 
— — 250, 2 660 
— — 250, 9. 251, 5 669 
— — 256, 12 662 
— — 257, 16 644. 62 
— — 262, 18 659 
— — 272, 17 666 
— — 273, 3 661. 9 
— — 278, ll 662 
— — 284, 21 666 
— — 286, 8 650 
— — 287, 13 666 
— — 289,4. 298,18. 299, 11 661 
— — 810, 21 659 
— — 314, 13 661 
— — 316, 14 646 
— — 818, 8 644 
— Teag. 265, 23 644 
— — 268, 18 656 
— — 269, 13 653 
— — 273, 22 656 
— — 279,2 657 
— — 279, 22. 280, 7 658 
— Tim. 28 a. b 971 
Plaut. Amphitr. prl. 99 674 
— — 114 673 
— — 448 162 
— — 545. 969 175 
— — 1066 168 
— Aulul. 1, 2, 11. 2, 26. 3,7 175 
— Bacch. 100 175 
— — 222 178 
— — 998 179 
— — 662 171 
— — 1003 159 
— — 1200 155 
— — 8, 6, 35 673 
— Capt. prol. 28 673 


752 


Index locorum. 


Pag. 
Plaut. Capt. prol. 262 174 
— — 764 156 
— — 838. 59 180 
— — 908 sqa. 159 
— — 1, 1, 88 673 
— Cas. 615 162 
— — 2, 8, 2 175 
— — 2, 18 172 
— — 2, 8, 4 159 
— — 2, 5, 10 (214) 673 
— — 3, 1, 13. 6, 175 
— — 4, 1, 18 678 
— — 4,2,7 175 
— — 4,2, 36 165 
— Curc. 323 159 bis 
— — 2,3, 84 65 
— Epid. 47 171 
— — 1, 1, 11-14. 14 179 
— — 1,1, 21 167 a. 8 
— — 8, 8, 48 175 
— — 5, 2, 25 172 
— Hec. 216 157 
— Men. 63 174 
— — 210 159 
— — 225 175 
— — 575 177 
— — 790 162 
— — 4,8, 21 674 
— Merc. 149 180 
— — 2, 3, 118 674 
— — 5,2 162 
— — 5, 2, 65 674 
— Mil. Gl. 1024 156 
— — 2,2 158 
— — 2, 5, 14. 15 674 
— — 3,1 158 
— Most. 277 157 
— — 570 172 
— — 861 159 
— — 1,2 158 
— — 2, 2, 87 674 
— Pers. 3, 1, 58 (386) 4, 4, 
96 (648) 177 
— Poen. 17 310 
— — 3, 1, 37 157 
— — 8, 5, 171 
— — 5, 5, 7 179 
— Pseud. 5 sq, 154 
— — 104—6 157 
— — 142. 51. 55 sq. 158 
— — 157. 69 sq. 77 173 
— — 181 159 bis 
— — 198 qq. 164 
4 — 201 159. 64 
— — 205-8 180 


a 


Plaut. Pseud. 225—9 
— 233 

— 234 

— 237 sq. 

— 240 

— 241 

— 243—64 

— 243 sqq. 

— 244. 5 

— 247 sq. 

— 248 

— 249 

— 251 

— 252 

— 253. 5 sqq. 

— 255—8 

— 257. 8 

— 259—63 

— 262 

— 264 

— 265—393 

— 268. 9. 84 

— 285 

— 299 sq. 801 sqq. 


— 884—6. 84—9 
— 884 

— 385 

— 987—098 

— 389 

— 390-2 


— 392. 401 sq. 3. 4 sq. 


— 406 sq. 6. 7. 8 


ELLELE E ELLE E EL E EL TL EL PE rb ELE E EH EE OE ELE E E I E EE ELE EL BL Gg g g 
© 
oo 
bo 


Index locorum. 


. Pag. 

Plaut. Pseud. 741 176 Plut. Arat. 23 290. 325 
— — 745—50 174, — Demetr. 12 314 
— — 764 sqq 173| — — 25 905 

— 766 170] — — 34 290. 308. 20. 6 
— — 768. 87 173| — Lyc. 6 316. 7 
— — 855 179 | — Lycurg. p. 271 West. 295 
— — 872 sqq. 874 sq. 178| — Marc. 20 289 
— — 895—904 173, — Pericl. 13 297 bis 
— — 896 sqq 174| — Phoc. 5 292. 319 
— — 896 163|— — 34 290. 8 
— — 905 173, — Sulla 11 290 
— — 928 179| — Timol. 34 289. 90. 2 
— — 951. 2 163|— — 38 289 
— — 1004 179 | — consol. ad Apoll. 14 200 
— — 1010 178 | — Q. Gr. p. 297 F. 72 
— — 1046 sqq. 49 179 | Polluc. 2, 52 58 
—- — 1052. 62 180, — 2, 235 . 991.8 
— — 1064 170; — 3, 94 532.20 
— — 1065 179.80| — 4, 57. 8 318 
— — 1067 174| — 4, 62 319 
— — 1068 sq 178 | — 4, 63 318 
— — 1079—86 165. 74| — 4, 108.9 330 
— — 1089 sq 178 | — 4, 115 351.3 
— — 1205. 44 153 | — 4, 122 334 
— — 1325 178 | — 4, 123 918 
— — 1,4 171| — 4, 124 906 a. 5. 918. 9. 20 
— — 1,4, 16 178 | — 4, 126 324. 7. 8. 35 
— — 2,1 174|— 4, 127 336 
— — 2,1, ll 170) — 4, 128 320. 7. 38 
— — 3,1 178 bis 4| — 4, 130 920 
— — 8, 1, 22 173 bis | — 4, 131. 936 
— — 3,2 173 bis | — 4, 132 304 
— — 4,1 u. 2 173| — 4, 154 354 
— Rud. 243 180| — 4, 155. 64.71 318 
— 444. 1924 175| — 6, 88 61 
— — 4, 4, 67. 5,8, 7 673| — 7, 36 392 
— Stich. 66. 7 175 | — 7, 125 292 
— — 860 159 | — 8, 132 289 . 
— — 537 175 | Polyaen. Strat. 6, 10 292 
— Trin. prol. 15 674 | Polyb. 3, 51, 8 566 
— — 343 156 | — 20, 18, 4 70 
— — 679 167 | — 36, 31 89 
— — 721 179 | Pompej. com. V, p.89. 269K 683 
— — 905 672 | Porphyr. de abstin. 3, 20 296 
— — 4,3 162 | Prisc. 10, 1, 479 36 
— Truc. 2, 2, 31 179 | — 14, 10 (8, p. 29 K.) 683 
— — 2,7,1 159 | Prob. ad Verg. Georg. 3, 25 314 
— — 4,1, 6 176 a. 8 | Propert. 2, 6, 12. 3, 32, 39 677 
— — 5, 16 179 | — 4 (5), 4 564 
Plin. N.H. 3, 5, 62 120 | Ptol. 3, 13, 20 206 
— — 8, 57, 221. 3 347 | Quintil. J. Or. prooem. 4 689 
— — 36, 117 293 | — I, prooem. 6 544 
— — 48, 71 391 | — — — 1,2 543 
Plut. Alex. 4 296 | — — — 1,8 589 
— Arat. 15 819 [| — — — 1, 5 543 

Philologus. XXXV. bd. 4. AR 


754 


P 
Quintil. L Qr I, 1, 8. 10. 11. 


DUMP G Gg LG B BBLBLEFRLBL LLL LB BgBLg LB LT EEE 


LEE LLL EEE PEPE PPE PENTIER 00414101101 


544 
— 1, 15 548. 544 
— 1, 18. 20 544 
— 1, 20 689 
— 1, 26. 82 544 
— 9, 8.4 544 
— 9,4,7 545 
— 9, 16 689 
— 9, 24, 99. 30 545 
— 8,2 689 
— 8, 14 545 
— 4,1 546 
— 4,3 553 
— 4,4 546 
— 4, 7—9 587 
— 4,8 536. 552. 690 
— 4,9 546 
— 4, 10 536. 537 
— 4,11 587 
— 4, 18 542. 546 
— 4 14 546 
— 4, 16 546. 555. 690 
— 4,17 543, 546 
— 4,21 542 
— 4, 95 546 
— 4,97 555 
— 4, 98 546 
— 5,8 547 
— 5,6. 7 555 
— 5, 12 586. 555 
— 5, 18 536 | 
— 5, 18 542. 547 
— 5, 90. 92 547 
— 5, 25 555 
— 5, 28. 29. 30 547 
— 5, 81 555 
— 5, 82 555. 547 
— 5, 83 555 
— 5, 48 547 
— 5, 47 690 
— 5,57 547 
— 5, 62 555. 690 
— 5, 68 542, 547 
— 6, 12 556 
— 6, 14 548, 554. 690 
— 6, 22 556 
— 6, 26 690 
— 6, 27 536 
— 6, 29 548 
— 6, 81. 86 543, 548 
— 7,1 548, 556 
— 7,4 690 
— 71,5 688. 690 
— 7,6 OOS 


Index locorum. 


a ee ee eee TE D EL IET E EE E E EEE 


‘5°! Quintil. L Or. I, 7, 17 


; 1, 11 


EU 


549. 


© 


PPP PP E B EL LL EO EE EL BL E g g g rb bL EE E OL TEE EET ETE EEE 
BENED 


Index locorum. 755 
Pag Pag. 
uint. I. Or. V, 10, 52 535 Quint. I. Or. VIII, 8, 54 552 
— 10, 54 553 | — -- — 8, 68 543. 551 
— 10, 60 535|— — — 3, 86 551 
— 10, 62 5431 — — — 4, 24 551. 687 
— 10, 64 534, 554 | — — — 4, 25 548 
— 10, 84 535/|— — — 5,7 551 
— 10, 92 542| — — — 5, 19 542. 551 
— 10, 94. 96. 114 585|— — — 5, 28 551 
— 11, 18 693| — — — 6, 9. 13 551 
— 11, 20. 37 687 | — — — 6, 17 541. 551 
— 12, 5. 16 535 | — — — 6, 19.23 . 551 
- 18, 34. 36. 43 535 | — — — 6, 26 552 
— 14 1 595| — — — 6, 28 687 
— 14, 12 554| — — — 6, 29 551 
VI, 1, 4. 10. 15 687 | — — — 6, 31 687 
— 1, 32 687 | — — — 6, 33 553 
— 1, 36.47 543 | — — — 6, 40. 42. 47. 64. 66 
— 9,6 543 71 552 
— 8, 8. 38 542|— — — 6, 53 687 
— 3, 59 687 | — — IX, 2, 41 694 
— 3, 76 693! — — — 2, 47.69 554 
— 3, 97 552|— — — 2, 77 543 
— 3, 102 554| — — — 2, 100 554 
— 3, 103 556|— — — 2, 108 553 
— 4,9 554] — — — 8,1 546 
VII, 1,3 542|— — — 8, 23 694 
— 1, 26 556| — — — 3, 67 542. 694 
— 2, 13 542|— — — 3, 77 695 
— 2, 33 552. 687|— — — 3, 87 553 
— 2, 56 542|— — — 8, 89 687 
— 3,1 693 | — — — 4,6 554 
— 3, 28 595/— — — 4, 26 544 
— 3, 36 542| — — — 4, 68 554 
—4,4 694 | — — — 4, 124 695 
— 4, 13 556|— — — 4, 145 556 
— 4,21 687|— — X, 1,2 542 
— 7,7 542|— — — 1, 38 556. 688. 691 
— 9,9 694| — — — 1, 48 556 
— 10, 13 554| — — — 1, 61 557. 691 
VIII, 3 544, 549 | — — — 1, 65 688. 691 
— 549| — — — 1, 70 691 
— ll 549. 59|— — — 1, 72 543. 691 
— 12 540. 552! — — — 1, 81 557 
— 13 549|— — — 1,83 691 
— 19 549. 549 | — — — 1, 90 557 
— 23. 30 550 |—.— — 1, 94 548 
— 2,2 550|— — — 1, 95 557. 688 
— 2,3 544| — — — 1, 102. 104 692 
— 2,8 550. 556 | — — — 1, 105 689 
— 2, 18 592|— — — 1, 130 688 
-- 2, 17. 19. 94 550|— — — 2, 3 689 
— 3, 5. 6. 10. 11. 14 550, — — — 2, 13 554 
— 3, 24 552 |— — — 2, 15 691 
— 3, 35 556|— — 8, 10 542 


756 


Pag. 
Quint. I. Or. X, 7, 6 687 
—- — — 1, 24 687 
— — — 1, 28 548 
— — — 2, 10 544 
— — — 3, 22 543 
— — XI, 4 543 
— — — 10,14.21 539 
— — — 10,31. 89. 44. 45. 46 539 
— — — 10, 47. 48 540 
— — — 10, 49 539 
— — — 10, 50 539. 540 
— — — 10, 51 542 
— — — 10, 53 540 
— — — 10,55.56 539 
— — — 10, 59 539. 540. 695 
— — — 10, 61. 64. 66 549 
— — — 10, 69 539 
— — — 10, 70 540 
— — — 11,3 540 
— — — 11,5 539 
— — — 11, 12 540. 557 
— — — 11, 14. 16. 17 537 
— — — 11, 18 539 
— — — 11, 20. 21 538 
Quint. Smyrn. 11, 76 44 
Schol. Aesch. Eum. 47 320 
— Aeschin. 3, 67 297 
— Apollon. Rh. 2, 754 282 
— Arist. Avv. 997 289 
— — Eqq. 149 930 
— — Nubb. 294 320 
— — Rann. 810 254 
— — Vespp. 1109 297 
— Bav. Demosth. Mid. 17 303 
— Eur. Med. 621 58 
— Hom. Il. 3, 35 60 a. 30 
— Iuven. 8, 185 315 
— Luc. Philops. 29 309. 27 
— — Tim. 49 294 
Senec. Suas. 6, 5. 21. 7, 8 717 


— Controv. 1, 6, 4. 7, 6, 18 717 
— Epistt. 1, 6, 2. 10, 1. 2. 2, 

7, 10 (19) 3, 3, 13 (24) 

4, 6 (25) 4, 3, 1 (32) 5, 


4, 9 (45) 5, 8, 8 (48) 679 
— — 88 615 
— — 90, 20 393. 7 
— Agam. 208 2 


Septuag. Abac. 2, 5 


Serv. ad Verg. Ken. 5,7% an. à 


Index locorum. 


Pag. 
Serv. ad Verg. Aen. 7, 14 991 
Sext. Empir. Hypot. 1, 294 373 
Sil. Ital. 3, 104 74 
— — 12, 375 491 
-— — 15, 650 680 
Simpl. Physic. f.21a 615 
— — 80a 611. 9. 5 
— — 90 b 617. 8 
— — 180 b 612. 91 
— — 986 b 622. 7 
— — 237 a 623 
— — 255 a 611. 4 
Solon. fr. 4 B 367 
Soph. Ai. 180 259 
— Antig. 4 sq 201 
— — 582 705 
— — 603 706 
— — 620 61 
— — ]260 202 
— EL 1 642 
— — 10 499 
— — ll 670 
— — 13 684 
— — 14 670. 84 
— — 42 2 
— — 47 429 bis 
— — 49. 50. 59—66. 63. 514 409 
— — 580 670 
— — 592 706 
— — 614 707 
— — 680 sqq 429 
— — 695 642 
— — 779 670 
— — 1452 429 
— 0. C. 102 89 
— O. T. 914 48 
— Philoct. 5 642 
— Trach. 636 7077 
Stat. Ach. 1, 204 533 
— — 1, 643 531 
— — 1, 657 496 
— — 2,1 532 
— 2,8 533 
— Silv. 1, 1, 27 sq. 61 sqq. 501 
— — |, 1, 97 530 
— — 1, 9. 74 526 . 
— — ], 4, 89 713 
— — 1,5, 41 526 
— — 16,5 527 
— — 2, 1, 121aq 502 
— — 2, 1, 179 507 
— — 9, 3, 27 526 
— — 2, 3, 53 501 
— — 2, 5, 23 527 
— — d $, 4 493 


Index locorum. 


Pag. 
Stat. Silv. 2, 6, 8 sqq. 494 | Stat. Theb. 1, 541 
— — 2, 6, 738qq. 902| — — 2, 265 sqq. 
, 7, 84 516| — — 2, 280 
, 1, 52 526 — 2, 292 sq 
, 1, 116 927 — 2, 380 sq 
‚1, 142 907 2, 430 
, 2, 30 997 4, 59 sqq. 
, 2, 39 507 4, 191. 206 
, 9, 66 528 4, 282 
, 8, 95 sq. 928 4, 298 
, 9, 140 929 4, 563 
, 9, 215 995 4, 687 sq 
‚4, 13 497 4, 719 
, 3, 20sqq. 904 4, 787 
; 9 sq. 905 5, 64. 181 
, 8, 112 sq. 158 sq. 508 5, 954 
, 4, 20 529 5, 280.372. 420 
, 4, 101 sqq. 495, 6 , 595 
, 6, 36 sqq. 714 6, 10 sqq 
, 8, 25 sqq. 503 6, 196 
, 1, 527 6, 485 


m» 
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© © © © 00 O0 O0 I I OD 
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PPE PEPE EPP EEE B g gg g PEE EEE EL E d d gg 


Se Ut IT Ut Ut O7 Q 9 OT OX Gt ox Ut Ut o OT OT Ot Qt OT ox OT OT gt gt ox UT gx jb. qe one oe o ie e CO CO CO CO CO CO GI GI CO CO DO 
SG QT OT OT ox oo GI 92 GO 09 99 CO 69 CO LI 69 69 VI VO 99 O9 VO HA e pi Hi 00 SD se ii. LO LO 
t2 on 


, 9, 92 513 , 331 
105.10. 26 514 , 948 

, 9, 129 714 ‚401 

, 3, 152 516 ‚ 759 532 bis 

, 9, 154 518 10, 418 

, 9, 161 517 10, 756. 60 

, 3, 162 518 11, 398 

, 9, 191 526 11, 403 

, 9, 209 —38 521 11, 413 

, 9, 209 sqq. 519 12, 130 

, 3, 219. 28.31 520 12, 214 

, 9, 250 521 12, 222 

, 9,271. 888q. 522 | Steph. Byz. s. Téfala, Teßalyyn 

, 9,9 522 Touolites 

, 9, 18 523 | Stob. Ecl. 1, 60 

, 9, 14 504 | Strab. 9, 5, 19 

, 9, 24 928 |— 13, 1, 58 

, 9, 46 524 | — 14, 1, 18 

‚9, 79 525 | — 13, 598 

. 1, 12 sqq. 507 | Sueton. Claud. 25 
1, 22 530 | — Domit. 4 944. 5 
1, 72 527 — — 5 
1, 120 sqq. 506 | — Nero 11 
1, 144 500 | — — 12 316. 7. 42 
1, 227 498 | — — 26 316. 7. 
1, 383 sqq. 499 | Suid. s. eiyeígov Ia 
1, 529 sqq. 517! — dm alyeioon Sia 


758 


Pag. 
Suid. s. Boovnf sib 
— Zivur 

— nagacejvsa 321 
- rendre 810. 4 


— rvayixù 306 
Synes. Acero "2, 8 p.128c 21.5 
— Dio 334, 





Tab. Igur. Pn 1% 
Tacit. Ann. 2, 54 97 
— — 2, 8 338 
— — M, 20 342 
— Agric. 1 376 
mJ 582 
Terent. Ad. 862 162 
— Andr. 1, 1, 86 673 
— Heaut. 398 156 
2 175 
174 
678 
169 
165 
168 
"Tertull. Apol. 6 295 bis 
— Res. carm. 42 294 
Themist. £ 55 b^56 a 627 
Theocrit. 22 (20) 98 47 
— 96 init. 298 
— 26 (21), 6 59 
— carm. aeol, 59 
Theogn. 39 sqq. 1081 sqq. 367 
Theognost, 106, 24. 130, 2— 

57. 149, 23 45 
Theophr. Char 3 297 
Thom. Mag. p. 385 s. érziow 195 
Thuc. 1, 30, 1. 50, 11. 63,3. 278 

8 578 

65 

278 

3, 12, 3. 15, 1 577 
20, 8. 22,2. 8 578 

30,.2. 31, 1 579 

37, 2. 88, 1 584 

584 bis 





"58, , I 

— 3, 58, 5. 59, 2. 63,4. 67,1 88 
— 8, 68, 1. 82, 589 
— 3, 82,4 589. 90 
— 3, 82, 5. 6 590 
— 3, 82, 7. 8. 88, 2. 89,5 591 

104 217 
— 3, 110, 2. 111, 2 ESS 


611) — 





Index locorum. 


Pag. 
Thuc. 8, 112, 1 E 
, 4, 592 
— 4,9 1.2 593 
— 4,10, 1 598. 5 
— 4, 12, 8. 20, 1 594 
; 20, 2 595 
— 4, 24,1 595 bis 
— 4, 25, 2. 28, 2 595 
— 4, 80, 2. 82, 1. 4 596 
— 4, 86, 8 593 
— 4, 88, 4 278, 593 
— 4, 44, 4, 47,8. 48, 1. 51, L, 
52,8 
— 4, 54, 1. 61, 1. 62,2. 63, 150 
— 4, 63, 2. 64, 1. 67,3. 68, 5 595 
24601278 LT 2 596 
x f 8 4. 75, 2. 80,8 ie 
_ 1 


2485 6.7 
— 4, 86, 4. 95, 2. 98,2. 16,1 8 
— 4, 108, 6. 114, 4 








—4 117, 509. 600 
EI 106 
, 126 108 sqq. 
= 6,2 fo) 
— 127 ım 
— 4, 128 206 
— 4 180, 5 601 
— 5,2 21 
584 278 
— 6, 2 sqq. 211 a 1 
"o 10 
— 6, 62 211 a. 2 
— 7,61 594 
— 7,28, 4 278 
— 7,32 212 a. 3 
— 8, 93 64. 300 
Tibull. 2, 5, 37 
Tim. Lex Pt ee 190 Ruhuk. 290 
306 
Turpil, 87 672 
Trete. ad Lycophr. 471 211 
Ulpian ad Dem, Mid. 17 320 
Valer, Max. 1, 1, 5 347 
Varr. RR. 3, 5, 18 292 
v, Sat. Men. 509 Bach, 674 
Veget d 179 
7 | Vellei. A. 1,1,1 ne 
— — 1 1l, 1, 6, 14, L 15,8 He 
-—- 1177 "15 
— — 92, 4, 5. 5, 1. 8. 36, 1. 
38, 3. 6. 48, 8 216 
— — 2,45,2 716 bis 
— — 4t, 4. 49, 2 716 


Index locorum. 


Pag. 
Vellei. Pat. 2, 51, 8 715 
— — 2, 52, 3. 55, 2 716 
— — 2, 66 717 
— — 2, 70, 1. 78, 8 715 
— — 2, 87, 2. 89,5. 97, 1. 
108, 4 716 
— — 2, 108, 1 715 
— — 2, 111, 3 114, 4. 117, 
1. 119, 8. 121, 8. 122, 
1. 124, 8. 125, 2. 8 716 
— — 2, 128 717 
— — 2, 180, 5 716 
Verg. Aen. 1, 454 —6 563 
— — 5, 387 sqq. 211 
— — 5, 560 
— — 7,14 405 
— — 9, 60 123 
— — 10, 697 676 
— — 11, 822 674 
— Eclog. 4, 476 488 
— Georg. 533 676 
Vita Sophocl. -3 278 
Vitruv. 1, 5 505 
— 5, 3, 8. 5, 1.3 306 
— 5, 5, 6 332 
— 5, 6, 2. 8 306 
— 5, 8 (7, 1) 931 
— 5,8 905. 32 
— 5,9 296. 302 
— 5,9, 1 297. 305 
— 5,9,9 305 
— 10, 1, 5 387 
Xen. Anab. 1, 3, 8 452 
— — 1,7, 13 467 
— — 1,8, 16 475 a. 20 
— — 1,8, 27. 10, 1 467 
— — 1, 10, 11 464 
— — 2, 4, 19 110 
— — 3,4,7 206 
— — 3, 4, 48 475 a. 20 
— — 4,1, 27 457 
— — 4, 4, 16 470 
— — 4,7,8 457 
— — 4,7, 18 464 
—— 5,2,1 462 
— — 9, 2, 2 454. 9 
— — 5,2, 8. 445. 7. 9. 51. 9. 66 
— —55,2,4 447. 50. 9 
— — 5,2,5 447. 51. 66 


159 


Pag. 
.5, 2, 6 446.9.50.2.9 


Xen. Anab. 5 

——5,2,7 452. 4 
— —5,2,8 450. 8. 9 
— — 5, 2, 9 458 
— — 5, 2, 10 451. 78 
— — 5, 2, 11—13 447 
— — 5, 2, 11 447. 51. 68. 9 
— — 5, 2, 12 447. 68. 9 
— — 5, 2, 18 446. 7 
— — 5, 2, 14 446. 8. 68.9 
— — 5,2, 15 446. 7. 8. 56 
— — 5, 2, 16 446. 8 
— — 5, 2, 17. 19 448. 59 
— — 5, 2, 22 

— — 5, 2, 23 448. 57. 61. 2. 74 
— — 5, 2, 26 460. 4. 5. 6 
— — 5, 2, 27 446. 8. 63. 4. 5. 8 
— — 5, 2, 28 sqq. 454. 61. 2 
— — 5, 2, 28 446. 53. 62. 3 
— — 5, 2, 29 446. 61 
— — 5, 2, 30 446. 75 a. 20 
— — 5, 2, 31 469 
— — 5, 2, 32 470 
— — 5, 3, 9 466 a. 14 
— — 5,5, 4 466 
— — 5, 5, 18 275 
— — 5, 5, 23 462 
— — 5, 6, 11 464 
— — 5, 6, 18. 36 452 
— — 6, 1, 32 452 
— — 6, 2,7 470 
— — 6, 3, 4. 20 452 
— — 6, 3, 22 475 a. 20 
— — 6, 6, 9. 7, 1, 2. 2,6 452 
— — 7, 3, 32 278 
— — 7, 3, 45. 4, 8 475 a. 20 
— — 7, 4, 15 470 
— — 7, 7, 2. 18 475 a. 20 
— — 7, 8, 26 446 
— Cyrop. 5, 4, 2 54 
— Hell. 2, 4, 9 298 
— — 2, 4, 33 471 
— — 4, 4, 3 290 
— — 7, 1,4 77 
— Hipp. 3, 2 295 
— Mem. 1, 4, 6 717 
— — 16,1 195 
— fr. 6, 2 Müll. 14, 2. 21, 19 375 


Zenob. Prov. 2, 27 300 





760 Index 
Index 
Aeschines, neue schriften 181. 


handschriftliche kritik 182. 

V al 48. 

alterthümer, scenische, neue schrif- 
ten 289. 

amphitheatrum, bedeutung 292. 

Aristophanes Plutus, handschritt- 
liches 696. neue scholien zu 
Plutus v. 1—34 699 sqq. 


Athen, wo die schauspiele aufge- 
führt wurden 291. 

caulae, bedeutung 123. 

cum, präpos., mit dem relativ ver- 
bunden, stellung bei den älteren 
dichtern 672. — bei Catull 674. 
6. — Lucrez, Vergil, Horaz 676. 
— Tibull, Properz, Ovid 677. — 
Seneca 679. — Statius, Martial, 
Juvenal 680. 

Elymerstädte, zahl 210. 

familiennamen, rómische, als be- 
zeichnung für einzelne personen 
auf inschriften 142. 

Homer, Odyssee, die gótterver- 
sammlungen des 1. u. 5. buches, 
gemeinsame verse 419. 


Homerische hymnen, anordnung, 
auf Apoll 217. auf Demeter 227. 


Horaz, randglossen von Guiet 477. 

wortstellungen und verbin- 
dungen 492. 

inschriften, oskische 115. - 

Kyprische inschriften 1. 


Kyprischer dialect, schreibweise 3. 
— locativ .13. lange und 
kurze vocale 15 sqq. — schrift- 
licher ausdruck für jod 17 sqq. 
für £ 22 sqq. —  verdoppelung 
der consonanten 26 sq. — gen. 
sing. decl. I 27. — abfall des 
auslautenden ¢ 27. —  optativ- 
formen 41. 

landetrassen, rómische, benennung 

7. 

locativ, accentuation 80. 

Minius, vorname 139. familien- 
name 140. 

n, in der endung des lat. acc. sing. 
ausgefallen 119. 


rerum. 


rerum. 


opus, bedeutung 128. 

oskische verbalformen 127 sqq. 

Pindar, neues fragment 199, — 
zweite pyth. ode, tendenz 431. 
inhalt und gruppirung 430. 

Piso, annalen 198. 

Platonische handschriften 643. 

Pompeii, strassenführung 135. — 
via Joviia 124. — via Pompe- 
iana 121. — via Stafiana 120. 

schauspielergarderobe, alte 351. 

serv—, stamm 132. 

tesseren, theatralische 340. 

theater, griech., bestimmung 295. 
— thymele 308. — scene 304. 
— theatervorhang 310. — seiten- 
eingánge 324. — nagodos 324. 35. 

vehemens 51 ann. 

Velleius, charakteristik der sprache 
115. 

webstühle, einfachste form 385. — 
liegende u. stehende 388. — auf- 
u. abwärts weben 390. — der 
stehende webstuhl 392. — das 
jugum 393. — das weben 397. 
bildliche darstellung 399. — der 
altnordische webstuhl 400. 
der orientalische 402. 

Xenophanes 605. 

Zeno aus Elea 602. geburtszeit 607. 
blüthezeit 608. aufenthalt in 
‚Athen ibid. tod 609. lehrsätze 
613. 

Axwr 37. 

divo bedeutung 47. 

avooia 73. 

anodesxvüvas 97. 

— av fortbildungssilbe 59. 

— avw, verbalendung 61. 

y und è wechselnd 20. 

énvoxnvioy 330. 

£wnsos 58. 

¢ in verbis puris, eingeschoben 43. 

Vier 52. 

nurmélexxoy, münze 67. 

Séatgov bedeutung 291. 

s subscr., ob klingend 9. 

ioros 00%s0s 395. 

» mit c wechselnd 12. 

Sexoc, ob digammirt 34. 


Index locorum zu den excerpten. 761 


$- prifix 39. 

unsowsos 57. 

Unooxnvıov 318. 

— è endung praeposit. adverbien 
56 


naoantracua 334. 

naoacxjria 320. 

nélexuc, münze 67. 

nequoxnysor 330. 

noooxnvıov 315. 

owucnor 351. 

+ aussprache in den alten griech. 
dialekten 8. 


— wy endung des gen. sing. decl. 
II 11. d 8 


Index locorum zu den excerpten. 


Pag. 
722! Men. Com. 4, p. 202. monast. 
8 


Pag. 
Aelian. fr. 329 


Aeschyl. Choeph. 759. Suppl. 724 
417. Prom. 38. 51 722 Pherecr. Com. 2, p. 287 724 
Anecd. Oxon. 3, p. 118, 11 725|Plut. Mor. p. 525 d. 726 
Antig. Cac. 19, p. 66, 21 West. 725 | Poet. lyrr. p. 1045 Bergk. 725 
Aristid. Or. 2, p. 670 Dind.  726|Procop. Gaz. ap. Cuiac. ep. 
Aristoph. Ach. 465. Avv. 933. Graec. p. 448. — Caes. 

4. 47. Nubb. 6 724 de bello Pers. 2, 15 vol. 
Arrian. Tact. 44, 8 721 l. p. 222 D. 726 
Athen. 9, p. 409 a 726 | Soph. Ai. 1935 792 
Babrius 95, 9. 115, 12 725| — Antig. 8 728 
Clement. Alex. Paed. 2, p. 185 — — 187. 868. El. 882. 1148 722 

Protr. p. 35. Strom. 6, — O. C. 113 728 

745 726 | — — 528. 926 722 
Corp. Inser. gr. 3, p. 1030 725| — Philoct. 57 723 
— — latt. 3, no. 1464 213| — Trach. 256 722 
Dionys. Com. 3, p. 548 724| — — 383 723 
EtM. p. 139, 39 724| — — 486 722 
Eurip. Alc. 1154— 6. Med. 527 — — 693 723 

frgg. 600 728 | — — 1098 721 
Herodot. 6, 19 721|— — 1136 722 
Hesiod. Theog. 295. 310 721| — fragm. 227, 1. 854 723 
Hom. Il. 1, 5. 3, 160. 11, 187. Stob. floril. 4, p. 277, 23 724 

202 720 | — — Exc. Vindob. 4, p. 294 
— — 11, 413. 18, 133 721 Mein. 725 
— Od. 1, 108. 4, 221 721| Thucyd. 2, 11, 8 726 
— — 5, 361. 6, 259 720 | Tragg. gr. adesp. fr. 316.442 723 
— — 8, 102 728 


Verg. Aen. 2, 94—6. 6, 534. 
8 


— — 8, 201. 429. 9, 334 721 90—9 127 


Hyperid. ap. Stob. flor. 74, 34 726 


a 


Index rerum zu den excerpten. 
Aegypten u. Syrien, beziehungen | Alesia, lage 381. 


im alterthume v. Oppert 575. 
altügyptische musik 214. 
Aeschylus, prolegomena zu, v. 

Westphal 578. 


Philologus. XXXV. bd. 4. 





altar, gallo- róm. 572. 

Ammian, zu, schriften v. Unger 
u. Gardhausen 576. 

antiquitäten, rim., Alkendorier 28. 


AS 


762 


archäologisches 720. von Vogué 
575 


Aristophanes, übersetzungen 735. 

Aristoteles v. Grote 731. — de 
arte poetica v. Vahlen 380. — 
fragm. v. Heitz 576. — politik 
786. — sprachgebrauch v. Eucken 
383. — erklürer des A. bei den 
Syrern v. Hoffmann 574. 
schriften über A. von Hampke, 
Susemihl, Spengel 573. 

Athena u. Nike geflügelt auf mün- 
zen 215. 

attischer dialect, formenlehre 388. 
— kalender 568. 

attraction der relativsátze v. För- 
ster 284 

ausgrabungen bei Bingerbrück u. 
Kreuznach 213. 

Ausone, lage 382. 

Basken v. Bladé 730. 

Benfey, sprachwissensch. u. orient. 
philologie in Deutschland 570. 
Bóotien, münzkunde und paláogra- 

phie 215. 
Bopp, vergl. gramm., franz. übers. 
980 


Bunsen, die einheit der religionen 
576. 
Caesar, belagerung v. Marseille 


celtische mythologie von Leflocq 
384 


— grammatik v. Ebel 382. 
Chassang, spiritualismus u. ideal 
in der griech. poesie 381. 
Cicero de fin. v. Madvig 576. — 
de Cicerone Graecorum inter- 
prete v. Clavel 384. Cic. 
epistt. emendatt. v. Krause 573. 
Ciceronis, Q., rell. v. Biicheler 574. 
Clemm, griech. compos. 381. 
Cornel v. Mongirot 575. 
Corp. inscrr. latt. v. Hübner 576. 
Corp. scriptt. eccles. latt. v. Hertel 
383 


Corssen, aussprache etc. der lat. 
sprache 884. 

Curtius, grundzüge 576. — studien 
381. 4. 574. 

—, gesch., engl. übers. 735. 6. 

Darwin und die sprachwissenschaft 
381. 

Delbrück, ablat. locat. instrument. 
382. 


Delphisches bilingues denkmal 881. 


Index rerum zu den excerpten. 


denar, athen., mit aramäischer le- 
gende 215. 
Diodor, quellen, v. Volquardsen 


—, eigennamen v. Mowat 574. 

emailwerkstütten bei Bibracte ge- 
funden 569. 

épigraphie de la Morelle v. Ro- 
bert 576. 

epigraphicae curae v. Wecklein 575. 

Euripides, wortwiederholungen v. 
Sybel 573. 

Eusebius, temporum notae v. Gut- 
schmid 381. 

Fulgentius v. Zink 578. 

gallische kaiser v. de Witte 575. 

— „Yölkorgeschichte v. Belloguet 

Gerhard, gesammelte akad. ab- 
handl. 380. 3. 

grabdenkmüler v. St. Peter und 
Nonnberg 568. 

grammat. kenntnisse, lat., im mit- 
telalter 736. 

Griechenland, gótter u. heroen v. 
Seemann 382. 

griech. lyrische dichter 736. — 
griech. tragödie in Euripides 
735. — gr. fremdwörter v. Laube 
576. — grammatiker v. Goodwin 
u. Westphal 733. — syntax v. 
Brief 732. — litteraturgesch. v. 
Burnouf 383. — palaeographie 
v. Wattenbach 573. — griech. 
u. lat. wurzeln v. Bailly 382. — 
altgriech. religion 732. 

Heraclitische briefe v. Bernays 

Hesiod v. Steitz 575. 

glossae Hibernicae v. Nigra 884. 

Homer, Ilias v. Pierron 574. 5. — 
Ilias engl. übers. 738. — Il u 
Od., abfassungszeit 730. 
hymnus in Cererem v. Bücheler 
574. — die composition der Od. 
v. Kirchhoff 573. 

homerische frage v. Hoermann 383. 
— gedichte, entstehungsweise v. 
Nutzhorn 573. 

Huber, Chr. W., gedächtnissrede 
auf 216. 

hünengrüber, eisen u. röm. mün- 
zen darin 568. 

yperides v. Blass 575. 

ahn, aus der alterthumswissen- 
what Ws, 


Index rerum zu den excerpten. 


Jerusalem, erforschungsreisen nach 
731. 
inschr. auf Isis Myrionyma u. Se- 
rapis 572. — etrusc. 729. — gr. 
572. — latt., neue, 213. 568. 9. 
70. 1. 2. 
Johannes Grammat. Alexandr. v. 
Hoche 382. 
Kitchin, katalog der Oxforder bib- 
lioth. 381. 
lampe, irdene, róm. arbeit 571. 
lat. gramm. v. Roby 734. von Rob- 
binowicz 736. 
Long, verfall der röm. republ. 734. 
5. 6 


Longinus de sublim. v. O. Jahn 
381 


Lübbert, grammat. studien 381. 
Luerez v. Martha 382. 
Malacitanische u. Salpensanische 
inschr., schriften v. van Swin- 
deren u. Giraud. 574. 
Marius lager an der Rhone 378. 
marken, byzantinische 215. 
Marquardt-Mommsen, rôm. alterth. 
735. 
Miller, mélanges de littérature 
Grecque 727. 
Mithratempel aufgefunden 578. 
Müller, Luc., klassische philologie 
in den Niederlanden 573. 
—, M., vorlesungen über sprach- 
wissenschaft 734. 
münzen: Adonistempel auf Ma- 
crinusm. 214. — des Vala Aathus 
. (214. 5) und der Zenobia 214. 
— quinae der familie Satriena 
214. 4EOmünzen arabisch. 
prägung 214. — unedirte v. 
Sicil. u. Unterit. 214. von 
Phanagoria mit dem kopfe der 
Livia 214. — armen. ibid. — 
von Ptolemais in Pamphylien 
ibid. — von Amorgos. ibid. — 
aegyptische ibid. — röm. uned. 
ibid. — Alexanders des Grossen, 
goldene u. silberne uned. 215. 
griech. königsmünzen v. 
Aegypten ibid. — von Agrippa 
Iu. II 215. 6. — griech. 215. 
— Satrapenmünzen mit griech. 
inschr. 215. unedirte ibid. — 
CONOB 216. — Pertinaxmünze 
216. 
münzfálschungen 215. 
münzkabinet, berlin., 216. 


763 


münzprobe, rém. 215. 

museum, lateran., antike bild werke 
mythologie v. Cox 782. 3. — v. 
isk. 734. — der arischen völker 
mythologische schriften v. Jüly u. 
Gerland 574. von Comparetti 
u. Müller 576. 

Nomen Ober-Aegyptens, verzeich- 
niss 214. 

numismatik, phônicische 214. 
Onomasticon, griech.- lat. 571. 
Orient, zur geschichte v. Busch 735. 
Ovid v. Zingerle 575. 

apyrus, griech.- aegypt. 572. 
pfahlbauten 572. EXP ' 
Pindar 736. — v. Christ 576. — 
usus syntacticus v. Erdmann 381. 
Plato, engl. übers. v. Jowelt 731. 
— studien v. Steger 573. — de 
bonis in Philebo enumeratis v. 
Hirzel 382. 

Plutarch v. Volkmann 384. 
Fompeli, neueste entdeckungen 


Pott, forschungen 575. 

praetur, ròm., v. Labatut 381. 

Publilius Syrus 729. 

quaestur v. Longpérier 888. 

Quirinalia des Mitellus v. Tegern- 

see 214. 

Rom, nachforschungen über 729. 

— geschichte der stadi v. Reu- 

mont 382. 

Rómer, religion 738. 

röm. alterthümer v. Lange 734. — 
gesch., die Caesaren des 8. saecl. 
729. — reiterei 379. 

die Rosettana v. Eisenlohr 574. 

sarkophag, röm., gef. 572. 

Schliomann , trojan. alterthümer 

scholien zur Odyss. v. Polack 574. 

Seb wogler, róm. gesch., fortsetzung 


Sigambrer, gesch., v. Esselen 578. 

silphium 215. 

Socrates v. Montée 575. 

Sophocles O. T. v. White 784. — 
S. engl. übers. 732. 

sprach verschiedenheit in Europa 


gteine, geschnittene, gef. 572. 
Steinthal, ursprung d. sprache X94. 
syssitien v. Bielchoweky STD. —